Spionin in High Heels / Maddie Springer Bd.1
Roman. Deutsche Erstausgabe
Für die Schuhdesignerin Maddie Springer dreht sich das ganze Leben nur um Mode. Doch dann verschwindet ihr Geliebter Richard spurlos - und mit ihm 20 Millionen Dollar. Bei ihren Nachforschungen findet Maddie heraus, dass Richard ein Doppelleben führt. Da...
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Taschenbuch
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Spionin in High Heels / Maddie Springer Bd.1 “
Klappentext zu „Spionin in High Heels / Maddie Springer Bd.1 “
Für die Schuhdesignerin Maddie Springer dreht sich das ganze Leben nur um Mode. Doch dann verschwindet ihr Geliebter Richard spurlos - und mit ihm 20 Millionen Dollar. Bei ihren Nachforschungen findet Maddie heraus, dass Richard ein Doppelleben führt. Da wird überraschend Richards Boss ermordet, und die einzigen Hinweise auf den Täter sind zwei blonde Haare und der Abdruck eines Stilettos. Schnell gerät sie in das Blickfeld des ermittelnden Detectives. Der attraktive Cop lässt ihr Herz schneller schlagen ...
Lese-Probe zu „Spionin in High Heels / Maddie Springer Bd.1 “
Spionin in High Heels von Gemma HallidayLeseprobe
Ich war spät dran.
Und damit meine ich nicht, dass ich zu lange gebraucht hatte, um mir die Haare zu machen, und deswegen jetzt im Stau feststeckte. Ich meine, ich war wirklich spät dran. Den Warnhinweis auf der Kondompackung, dass kein Verhütungsmittel hundertprozentige Sicherheit garantiere, vor meinem inneren Auge, umklammerte ich das Steuer und dachte verzweifelt: Warum ich? Warum, ach, warum ich? Ich bin doch eine Frau des neuen Jahrtausends. Ich habe immer brav im Sexualkundeunterricht aufgepasst. Ich trage immer ein Notfallkondom in meiner Handtasche mit mir herum. Und nach der ersten außerordentlich peinlichen Erfahrung auf dem Rücksitz von Todd Hansons 82er Chevy nach dem Abschlussball der 11. Klasse, bin ich immer vorsichtig gewesen. Ausgerechnet ich war spät dran. Und ich stand am Rande eines Nervenzusammenbruchs.
... mehr
»Dana?« Stille. »Dana, ich muss mit dir reden.« Stille. »Ich schwöre bei Gott, wenn du da bist und nicht drangehst, werde ich nie wieder ein Wort mit dir sprechen.«
Ich nahm mein Handy in die andere Hand, als ich die Spur wechselte und dabei beinahe mit einem Pick-up zusammengestoßen wäre, auf dem »Wasch mich« in die dicke Staubschicht geschrieben stand, bevor ich weiter verzweifelt den Anrufbeantworter meiner besten Freundin anflehte.
»Dana, bitte, bitte, bitte, nimm ab! Bitte!« Ich lauschte. Nichts. »Okay, dann bist du wohl wirklich nicht da. Aber bitte, bitte ruf mich zurück, sobald du diese Nachricht abhörst. Ich
meine pronto. Dies ist ein Code Red, ein echter Notfall. Ich muss mit dir reden, jetzt sofort!« Beim letzten Wort drückte ich kräftig auf die Hupe, als ein Glatzkopf in einem Kabriolett mich schnitt und dann auch noch die Dreistigkeit besaß, mir den Finger zu zeigen. Willkommen in L. A.!
Ich klappte mein Telefon zu. Dabei brach ich mir einen „French" manikürten Fingernagel ab und versuchte, bis zehn zählend, mich an die Entspannung versprechende Atemtechnik zu erinnern, die ich in dem Yoga-Kurs gelernt hatte, zu dem Dana mich letzten Monat mitgeschleppt hatte. Leider war ich damals ganz damit beschäftigt gewesen, mich beim nach unten schauenden Hund nicht auf die Nase zu legen, wobei ich, glaube ich, sogar zu hyperventilieren begann.
Ich fädelte mich auf den Freeway ein, warf einen Blick auf die digitale Armaturenuhr und stellte nicht ohne Ironie fest, dass ich jetzt nicht nur spät dran war, sondern auch zu spät kommen würde. Und zwar zu einer Verabredung zum Mittagessen mit meinem Freund, Richard Howe. Er hatte um ein Uhr einen Tisch bei Giani's reserviert, und jetzt war es schon zwölf Uhr achtundfünfzig. Ich drückte meine Wildlederstiefel (die meine Kreditkarte bis zu ihrem Maximum ausgereizt hatten, aber sie waren es wirklich wert!) noch ein wenig mehr auf das Gaspedal, nachdem ich mich im Rückspiegel vergewissert hatte, dass keine Polizei in Sicht war. Nicht, dass ich zu schnell gefahren wäre. Nicht viel zu schnell. Aber so, wie der Tag begonnen hatte, war ich nicht gerade scharf auf eine Begegnung mit der Staatspolizei.
Während ich mich nach Motorradpolizisten umsah, warf ich gleichzeitig einen prüfenden Blick in den Spiegel. Nicht schlecht, wenn man bedachte, dass ich gerade den Schock meines Lebens hinter mir hatte. Mein aschblondes Haar war zu einer hübschen halben Banane hochgesteckt - ein paar Strähnen hatten sich gelöst, aber der zerzauste Look war ja in. Ich tupfte ein wenig Raspberry Perfection Lipgloss auf meine Lippen und übersah geflissentlich die obszönen Gesten des Typen im Wagen neben mir. Hey, wenn eine Frau in einer Krise keinen Lippenstift hatte, was blieb ihr dann noch?
Bis ich meinen kleinen, roten Jeep (mit Dach heute, um meine Frisur zu schonen) in die Parkgarage an der Ecke 7th und Grand fuhr, zeigte man mir nur noch zweimal den Finger. Ich befestigte sorgfältig die Lenkradkralle und machte mich auf den Weg zur Kanzlei meines Freundes, wo ich ihn in ... - ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr -- Mist, vor zwölf Minuten hätte treffen sollen! Nun, wenn er den Grund dafür erfuhr, würde er wohl bald andere Sorgen haben als meine Verspätung.
Ich hatte fürchterliche Angst vor diesem Gespräch. Im Kopf hatte ich es schon durchgespielt: Hi, Richard, tut mir leid, dass ich zu spät komme; übrigens, ich bin vielleicht schwanger. Dann würde so ein Geräusch wie im Zeichentrickfilm zu hören sein, wenn Richard so schnell wie der Road Runner durch die Tür war. Seufz! Es gab einfach keinen Weg, ihm so etwas schonend beizubringen. Wir waren erst seit ein paar Monaten zusammen und noch nicht einmal in dem Stadium, wo man untergehakt durch Möbelhäuser schlendert, und jetzt führten wir schon dieses Gespräch? Ich zog im Gehen meinen BH-Träger unter mein Tanktop, sehr darum bemüht, den Anschein einer Frau zu erwecken, die alles im Griff hatte. Die nicht versuchte, sich daran zu erinnern, welche Fernsehwerbung für Schwangerschaftstests frühe Ergebnisse und Digitalanzeigen versprach.
Mit genau vierzehn Minuten Verspätung betrat ich die Kanzlei von Ab, Zocker und Haue. Eigentlich hieß die Firma ja Abrahams, Zucker und Howe, aber ich konnte nicht widerstehen, sie zu verballhornen.
Hinter den Milchglasscheiben führte ein kastanienbrauner Teppich durch den Empfangsraum und dämpfte das Geräusch meiner Absätze, als ich zur Rezeption ging. Das große Oval aus dunklem Holz erstreckte sich an der hinteren Wand des weitläufigen Raumes, zu beiden Seiten flankiert von weiteren Milchglastüren. Dort ging es zu den Konferenzräumen und den Büros. Im Hintergrund waren das leise Klicken von Tastaturen und gedämpfte Unterhaltungen zu hören, die mit vierhundert Dollar pro Stunde in Rechnung gestellt wurden.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte die Barbiepuppe hinter der Rezeption. Jasmine. Oder wie ich sie gerne nannte: PP. Plastikpuppe. Jasmine gab zwei Drittel ihres Monatsgehaltes für kosmetische Eingriffe aus. Diese Woche waren ihre Lippen dank Kollagen auf Proportionen angeschwollen, die Angelina Jolie alle Ehre gemacht hätten. Letzten Monat waren es neue Möpse gewesen, natürlich Doppel-D. Wie immer hatte sie ihr gebleichtes blondes Haar mit reichlich Schaumfestiger bearbeitet, was ihr noch einmal fünf Zentimeter zusätzlich zu den ohnehin schon ärgerlichen ein Meter achtundsechzig verschaffte. Ich bin, könnte man sagen, eher klein und bringe es an guten Tagen auf beeindruckende ein Meter und fünfundfünfzigeinhalb Zentimeter - die Mindestgröße für die Hälfte aller Attraktionen in Six Flags, dem Vergnügungspark.
»Ich möchte zu Richard«, teilte ich Miss PP mit.
»Haben Sie einen Termin bei Mr Howe?« Ihre blauen Augen plinkerten unschuldig (und nicht ohne Mühe, wegen des Stirnliftings vor zwei Monaten), doch ich wusste, sie war alles andere als unschuldig. Jasmines einziges Vergnügen hier bei Ab, Zocker und Haue bestand darin, sich als Herrin über den Zutritt zu den heiligen Hallen hinter den Milchglasscheiben aufzuspielen. Ich sah sie mit schmalen Augen an. »Ja. Zufälligerweise habe ich einen Termin.«
»Ihr Name, bitte?«
Ich versuchte, nicht die Augen zu verdrehen. Seit fünf Monaten holte ich Richard jeden Freitagmittag zum Essen ab. Sie wusste, wer ich war, und dem winzigen Lächeln auf den Angelina-Lippen nach zu schließen, freute sie sich geradezu diebisch über unser Spielchen.
»Maddie Springer. Seine Freundin. Ich habe eine Verabredung zum Mittagessen.«
»Tut mir leid, Miss Springer, aber Sie müssen warten. Er ist gerade mit jemandem im Konferenzraum.«
»Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«, brummte ich und setzte mich in einen der braunen Ledersessel für Besucher. Jasmine antwortete nicht, sondern verzog die überdimensionalen Lippen zu einem Grinsen (das sehr an Elvis erinnerte), während sie, wie ich vermutete, eine Partie Solitaire auf ihrem Computerbildschirm öffnete und so tat, als sei sie sehr beschäftigt. Ich nahm eine Cosmo vom Beistelltisch und blätterte durch die Seiten voller erstrebenswerter Designerklamotten, die ich mir niemals würde leisten können. Und in die ich auch nicht hineinpassen würde, falls ich tatsächlich schwanger war. Oh Gott, was für ein deprimierender Gedanke!
Nach einer, wie mir schien, Ewigkeit, in der ich dem Klicken von Jasmines Acrylnägeln auf ihrer Tastatur zugehört hatte, betrat Richard die Lobby. Trotz meiner stetig wachsenden ängstlichen Unruhe entfuhr mir ein kleiner, zufriedener Seufzer, als ich ihn sah. Richard war eins fünfundachtzig groß, schlank und muskulös. Er war ein leidenschaftlicher Läufer, der in seiner Freizeit für sämtliche Wohltätigkeitsorganisationen Zehn-Kilometer-Läufe mitmachte. Muskeldystrophie, Autismus, sogar der Brustkrebslauf im April. Ganz zu Anfang unserer Bekanntschaft hatte er einmal versucht, mich zu überreden, mit ihm zusammen zu laufen. Nur einmal. Meine Vorstellung von einem Herz-Kreislauf-Training bestand darin, mir während des halbjährlichen Schlussverkaufs einen Weg durch Nordstrom zu bahnen. Joggen war nichts für mich. Außerdem hatte ich mir ausgerechnet, dass ich zu Fuß auf dem kurzen Weg von meiner Wohnung zu Starbucks genauso viele Kalorien wie beim Joggen derselben Strecke verbrannte - vorausgesetzt die Absätze waren hoch genug.
Heute waren Richards blonde Haare sorgfältig zu einer lässigen Welle gegelt, die an den jungen Robert Redford erinnerte. Er trug einen dunkelgrauen Anzug, ein weißes Hemd und eine Krawatte mit geschmackvollem Paisleymuster. Er sah einfach toll aus, und am liebsten hätte ich mich gleich an Ort und Stelle in seine Arme geworfen und all meine Sorgen auf seinen schicken Schultern abgeladen.
Ein zweiter Mann war bei ihm, und die beiden waren in ein Gespräch vertieft. Ich konnte nicht verstehen, um was es ging, aber Richard zog besorgt die sandfarbenen Augenbrauen zusammen.
Der andere Mann trug eine abgetragene Levi's mit verblichenen Stellen an Oberschenkeln und Hintern und einen marineblauen Blazer über einem eng anliegenden schwarzen T-Shirt. Seine Schultern waren breit, und er hatte eine dieser kompakten Figuren, die einen sofort an einen Preisboxer denken ließen. Eine weiße Narbe lief, durch seine Bräune gut sichtbar, durch seine Augenbraue. Er hatte dunkles Haar, dunkle Augen und strahlte eine Härte aus, die man gewöhnlich mit Knasttattoos assozüerte. Ich hoffte, dass Richard sich nicht zusätzlich auf Strafverteidigung verlegt hatte.
Ich wartete, bis sie sich die Hände geschüttelt hatten und der andere Mann die Lobby verließ, bevor ich zu Richard ging.
»Hi, Schatz«, sagte ich und stellte mich auf die Zehenspitzen, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben.
»Hi!« Er starrte immer noch dem mutmaßlichen Verbrecher hinterher, und sein Ton war abwesend, als hätte ich ihn gerade beim Football-Gucken gestört.
»Wer war das denn?«
»Niemand.«
Doch die Art, wie Richard diesem Niemand weiter hinterher-starrte, sagte mir, dass das nicht ganz der Wahrheit entsprach. Wie auch immer, ich hatte andere Sorgen als Richards neuesten Mandanten.
»Du bist spät dran.«
»Was?« Ich wirbelte herum, und Panik stieg in mir hoch wie Galle. Guter Gott, sah er es mir etwa schon an? Wie eine Ertappte blickte ich auf meinen Bauch, als wenn der sich in den letzten dreißig Sekunden bereits gewölbt hätte.
»Wir hatten den Tisch für ein Uhr reserviert.«
Oh. Er meinte, ich kam zu spät.
»Tut mir leid, es war viel Verkehr auf der 405. Dann gehen wir eben woandershin. Wie wäre es mit der Cabo Cantina?«
Richards Blick war noch immer auf die Glastüren gerichtet, durch die der Niemand verschwunden war, und ich fragte mich erneut, wer der Mann wohl gewesen war. Er sah nicht aus wie einer von Richards typischen Mandanten, aber er roch auch nicht nach neuem Wagen wie ein anderer Rechtsanwalt.
»Ich, äh, ich glaube, ich habe heute doch keine Zeit für ein Mittagessen. Es ist etwas dazwischengekommen.«
»Oh, schade!« War ich ein schlechter Mensch, weil ich tatsächlich ein wenig erleichtert war? Wenigstens mussten wir jetzt nicht das Gespräch führen. Das verschaffte mir Zeit, um mir zu überlegen, wie ich die Bombe besser platzen lassen konnte, als mit einem »Richard, wir müssen festere Kondome kaufen«. Hmmm ... Ich fragte mich, ob ich den Kondomhersteller deswegen verklagen könnte.
»Sorry, Maddie! Ich rufe dich später an, ganz sicher.«
»In Ordnung. Ich verstehe schon. Dann sprechen wir uns heute Abend?«
»Natürlich. Heute Abend.« Er drückte mir schnell einen Kuss auf die Wange, bevor er zurück in seine Kanzlei eilte. Jasmine sah gerade lange genug hoch, um noch einmal die Elvis-Lippe zu machen, bevor sie sich wieder ihrem Solitaire-Spiel zuwandte.
Auf dem Weg zurück zu meinem Jeep hinterließ ich eine weitere Nachricht auf Danas Anrufbeantworter. Wenn sie nicht bald ans Telefon ging, würde ich mich gezwungen sehen, Bewerbungen für den Posten der besten Freundin anzunehmen. Der Motor meines Jeeps röhrte durch die ganze Parkgarage. Statt zurück auf den Freeway fuhr ich über den Grand zum Beverly Boulevard. Ich steuerte einen McDonald's Drive-in an und bestellte einen Big Mac, eine große Portion Pommes und einen Strawberry Shake. Heute war nicht der Tag, Kalorien zu zählen.
Ich stellte mich auf den Parkplatz und genoss die Nervennahrung allein in meinem voll klimatisierten Jeep. Den letzten Rest meines Shakes schlürfend, dachte ich darüber nach, was als Nächstes zu tun war. Eigentlich hätte ich mich an die Arbeit begeben müssen, die ich seit heute Morgen, als ich voller Entsetzen auf meinen Kalender gestiert hatte, vernachlässigt hatte. Aber der Gedanke, jetzt kreativ zu sein, schien mir wenig realistisch.
Als kleines Mädchen hatte ich immer davon geträumt, Model zu sein und auf den Laufstegen in Mailand unter den Ahs und Ohs des staunenden Publikums die neusten Kreationen der Designer vorzuführen. Aber in der achten Klasse war dann klar, dass ich niemals Model-Größe erreichen würde. Deswegen begnügte ich mich mit dem Nächstbesten und wurde Modedesignerin. Nach vier Jahren auf der Academy of Art University in San Francisco war ich bereit, mir in der Modewelt einen Namen zu machen. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass es fast genauso schwer war, in der Modebranche Fuß zu fassen wie im Modelgeschäft. Nach einigem Bitten und Betteln und dem Versprechen, jedem, der in der Modewelt in Los Angeles etwas zu sagen hatte, das Auto zu waschen, durfte ich dann schließlich und endlich Kinderschuhe für Tot Trots entwerfen. Okay, es war nicht Mailand, aber ich konnte davon leben. Meistens.
Das Gute war, ich bestimmte meine Arbeitszeiten selbst, arbeitete zu Hause und sah das Ergebnis meiner Arbeit überall an den Füßen modebewusster Knirpse, zum Beispiel die BarbieJelly-Sandalen letztes Frühjahr und die SpongeBob-Pantoffeln in der Herbstkollektion. Im Moment arbeitete ich an EmilyErdbeer-High-Tops -- erhältlich in Schiller-Pink und Glitzerlila, wenn Sie's genau wissen wollen.
Aber im Moment war die Aussicht, den Tag mit Mode für Winzlinge zu verbringen, nicht allzu verführerisch. Kinderschuhe ließen mich an Kinder denken, die mich wiederum an Babys denken ließen, was mich auf Kondome brachte, die ohne ersichtlichen Grund platzen und damit Frauen in eine Lage wie die meine bringen können.
Ich warf einen Blick auf die Uhr des Armaturenbretts. Viertel vor zwei. Dana war sicher gerade auf dem Weg ins Fitnessstudio zu ihrem Step-and-Sculpt-Kurs. Zwischen Castings und kleinen Filmrollen arbeitete Dana als Aerobic-Lehrerin im Sunset Gym. Wenn ich die 101 nähme, würde ich sie vielleicht zwischen zwei Kursen abfangen können.
Ich stellte meinen Shake-Becher ab und legte den Rückwärtsgang ein. In Rekordzeit fuhr ich vor dem Sunset Gym vor, einem riesigen Gebäude aus Beton und Glas. Ich lehnte den Parkservice ab und stellte mein Auto selbst auf dem Parkplatz ab. Oh ja, in L. A. sparen sich die Leute die zweihundert Meter vom Parkplatz zum Fitnessstudio, bevor sie dann auf einem Laufband fünf Kilometer rennen. Unglaublich, aber wahr!
Als ich das Studio betrat, hielt mich ein großer Typ mit kurz rasierten Haaren und Popeye-Armen an der Rezeption an. Er musterte meine fünf Zentimeter hohen Absätze, den Rock von Ann Taylor und meine Schulter, über der keine Sporttasche von Nike hing. Er hatte mich durchschaut. Meine Mitgliedschaft nutzte ich nur, um eine Runde im Pool zu drehen, wenn es draußen mindestens 60 Grad Celsuis hatte.
Nachdem ich meine Mitgliedskarte gezückt und den Pförtner auf Anabolika zufriedengestellt hatte, betrat ich das Erdgeschoss und suchte die Ergometerreihen nach Dana ab. Ich entdeckte sie in der Nähe der Fenster, vor einer Gruppe, die sich die Lunge aus dem Leib steppte. Einen kurzen Augenblick fühlte ich mich schuldig wegen der Unmengen Kalorien, die ich mir zum Mittagessen gegönnt hatte, aber das Gefühl hielt nicht lange an. Auf jeden Fall nicht lange genug, dass ich mich umgezogen hätte und selbst auf ein Step-Board gesprungen wäre.
Stattdessen schnappte ich mir eine eselsohrige Elle und machte es mir auf einer Bank an der Wand gemütlich, um zu warten. Die rotierenden Stepper waren bald fertig und brachen in selbstgefälligen Beifall aus. Die Leiterin des Step-Kurses kam mit wippendem rotblondem Pferdeschwanz zu mir gelaufen. Mit ihrer perfekten Größe 36 sah sie aus, als sei sie gerade den Seiten von Sports Illustrated entstiegen. Und nicht der Ausgabe über Bademoden, sondern der »Frauen-die-Gewichte-heben-und Männer-die-solche-Frauen-toll-finden«-Ausgabe.
»Was gibt's?« Sie betrachtete stirnrunzelnd meine hochhackigen Stiefel.
»Ich habe gerade erst gegessen«, sagte ich zu meiner Verteidigung.
Dana sah mich zweifelnd an, hakte aber nicht nach. Stattdessen begann sie, auf der Stelle zu laufen, während sie weiterredete. »Ich habe deine Nachricht bekommen. Was ist denn so furchtbar dringend?«
»Ich, äh ...« Ich sah über meine Schulter, als wenn ich es besser nicht laut aussprechen sollte. »Ich bin spät dran.«
»Okay, wir beeilen uns. Was gibt's?«
»Nein, nein. Nicht so. Anders zu spät.«
Dana legte nachdenklich den Kopf schief. Dann begriff sie. »Oh mein Gott! Du meinst, du hattest deine Periode nicht?« »Na ja. Ich bin nur ein bisschen spät dran.«
»Kein Wunder, dass du ausflippst.«
»Ich flippe nicht aus. Ich bin ... nur ein bisschen spät dran.«
Dana sah mich mit diesem nachsichtigen Blick an, den ich kannte, seitdem wir dank unserer gemeinsamen Liebe zu New Kids on the Block in der siebten Klasse Freundinnen geworden waren. »Aha. Und deswegen hast du mir heute Morgen vier Nachrichten hinterlassen?«
Ich zuckte zusammen. Waren es tatsächlich vier gewesen?
»Okay, schon gut. Ich flippe aus. Aber nur ein bisschen.«
»Hast du schon einen Test gemacht?«, fragte sie und hüpfte
jetzt wie ein Hampelmann auf und ab.
»Einen Schwangerschaftstest?«
»Nein, einen Algebratest. Jesses, man könnte meinen, du wärst noch nie spät dran gewesen.«
Ehrlich gesagt, war ich das auch nicht. Und das machte mir noch mehr Sorgen. Seitdem ich meine Periode hatte, war ich immer auf die achtundzwanzig Tage pünktlich gewesen. Daher ja meine Panik und die stalkermäßigen Nachrichten auf dem Anrufbeantworter meiner besten Freundin. Hey, Moment mal, wenn sie meine Nachrichten bekommen hatte ...
»Warum hast du mich nicht zurückgerufen?«
Dana setzte ein unheilvolles Lächeln auf, was bedeutete, dass sie entweder einen neuen Freund hatte oder kurz davorstand, jemandem zwanzig Liegestütze aufzubrummen.
»Ich war ja nicht allein.«
»Will ich wissen, wer es ist?«
»Sasha Alesandrov«, sagte sie und begann abwechselnd zweimal auf einem Bein zu hüpfen.
Dana kicherte. Ja, erwachsene Frauen mit einem Prozent Körperfett kichern wie Schulmädchen mit Zahnspangen, wenn es um Männer geht. »Er ist ein russischer Kontorsionist. Sasha ist der Boden der menschlichen Pyramide im Cirque Fantastique. «
Ich versuchte, nicht die Augen zu verdrehen. Dana hatte die unheimliche Gabe, sich immer Männer auszusuchen, die nur für eine Kurzzeitbeziehung gemacht waren. »Und wo hast du den Boden der menschlichen Pyramide kennengelernt?«
»Hier. Er kam letzte Woche mit dem spanischen Trapezkünstler, um zu trainieren. Ich bot ihm an, ihm zu zeigen, wie die Cybex-Maschine funktioniert. In Russland kennt man sie nämlich nicht.«
»Natürlich nicht.«
»Und wir haben uns gleich gut verstanden. Er hat mich gefragt, ob ich seinen Auftritt sehen will.«
Ich hätte wetten können, dass Dana, ohne zu zögern, Ja gesagt hatte. Sie steht auf muskulöse Männer.
»Das reicht. Ich will gar nicht mehr hören«, sagte ich und hielt mir die Ohren zu. Dana kicherte wieder.
»Okay, also ... wie lange bist du schon fällig?«, fragte sie. »Drei Tage.«
»Und deswegen rufst du mich vor zwölf Uhr mittags an? Süße, drei Tage ist doch gar nichts.«
»Dana, ich war noch nie drei Tage zu spät.«
»Dein Glück, dass ich einen Notfall-Schwangerschaftstest zu Hause habe. Ich habe nur noch einen Kurs; dann gehen wir zu mir, und ich mache uns einen Pitcher Margaritas, während du auf das Stäbchen pinkelst. Das wird lustig, du wirst sehen.«
© 2010 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
»Dana?« Stille. »Dana, ich muss mit dir reden.« Stille. »Ich schwöre bei Gott, wenn du da bist und nicht drangehst, werde ich nie wieder ein Wort mit dir sprechen.«
Ich nahm mein Handy in die andere Hand, als ich die Spur wechselte und dabei beinahe mit einem Pick-up zusammengestoßen wäre, auf dem »Wasch mich« in die dicke Staubschicht geschrieben stand, bevor ich weiter verzweifelt den Anrufbeantworter meiner besten Freundin anflehte.
»Dana, bitte, bitte, bitte, nimm ab! Bitte!« Ich lauschte. Nichts. »Okay, dann bist du wohl wirklich nicht da. Aber bitte, bitte ruf mich zurück, sobald du diese Nachricht abhörst. Ich
meine pronto. Dies ist ein Code Red, ein echter Notfall. Ich muss mit dir reden, jetzt sofort!« Beim letzten Wort drückte ich kräftig auf die Hupe, als ein Glatzkopf in einem Kabriolett mich schnitt und dann auch noch die Dreistigkeit besaß, mir den Finger zu zeigen. Willkommen in L. A.!
Ich klappte mein Telefon zu. Dabei brach ich mir einen „French" manikürten Fingernagel ab und versuchte, bis zehn zählend, mich an die Entspannung versprechende Atemtechnik zu erinnern, die ich in dem Yoga-Kurs gelernt hatte, zu dem Dana mich letzten Monat mitgeschleppt hatte. Leider war ich damals ganz damit beschäftigt gewesen, mich beim nach unten schauenden Hund nicht auf die Nase zu legen, wobei ich, glaube ich, sogar zu hyperventilieren begann.
Ich fädelte mich auf den Freeway ein, warf einen Blick auf die digitale Armaturenuhr und stellte nicht ohne Ironie fest, dass ich jetzt nicht nur spät dran war, sondern auch zu spät kommen würde. Und zwar zu einer Verabredung zum Mittagessen mit meinem Freund, Richard Howe. Er hatte um ein Uhr einen Tisch bei Giani's reserviert, und jetzt war es schon zwölf Uhr achtundfünfzig. Ich drückte meine Wildlederstiefel (die meine Kreditkarte bis zu ihrem Maximum ausgereizt hatten, aber sie waren es wirklich wert!) noch ein wenig mehr auf das Gaspedal, nachdem ich mich im Rückspiegel vergewissert hatte, dass keine Polizei in Sicht war. Nicht, dass ich zu schnell gefahren wäre. Nicht viel zu schnell. Aber so, wie der Tag begonnen hatte, war ich nicht gerade scharf auf eine Begegnung mit der Staatspolizei.
Während ich mich nach Motorradpolizisten umsah, warf ich gleichzeitig einen prüfenden Blick in den Spiegel. Nicht schlecht, wenn man bedachte, dass ich gerade den Schock meines Lebens hinter mir hatte. Mein aschblondes Haar war zu einer hübschen halben Banane hochgesteckt - ein paar Strähnen hatten sich gelöst, aber der zerzauste Look war ja in. Ich tupfte ein wenig Raspberry Perfection Lipgloss auf meine Lippen und übersah geflissentlich die obszönen Gesten des Typen im Wagen neben mir. Hey, wenn eine Frau in einer Krise keinen Lippenstift hatte, was blieb ihr dann noch?
Bis ich meinen kleinen, roten Jeep (mit Dach heute, um meine Frisur zu schonen) in die Parkgarage an der Ecke 7th und Grand fuhr, zeigte man mir nur noch zweimal den Finger. Ich befestigte sorgfältig die Lenkradkralle und machte mich auf den Weg zur Kanzlei meines Freundes, wo ich ihn in ... - ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr -- Mist, vor zwölf Minuten hätte treffen sollen! Nun, wenn er den Grund dafür erfuhr, würde er wohl bald andere Sorgen haben als meine Verspätung.
Ich hatte fürchterliche Angst vor diesem Gespräch. Im Kopf hatte ich es schon durchgespielt: Hi, Richard, tut mir leid, dass ich zu spät komme; übrigens, ich bin vielleicht schwanger. Dann würde so ein Geräusch wie im Zeichentrickfilm zu hören sein, wenn Richard so schnell wie der Road Runner durch die Tür war. Seufz! Es gab einfach keinen Weg, ihm so etwas schonend beizubringen. Wir waren erst seit ein paar Monaten zusammen und noch nicht einmal in dem Stadium, wo man untergehakt durch Möbelhäuser schlendert, und jetzt führten wir schon dieses Gespräch? Ich zog im Gehen meinen BH-Träger unter mein Tanktop, sehr darum bemüht, den Anschein einer Frau zu erwecken, die alles im Griff hatte. Die nicht versuchte, sich daran zu erinnern, welche Fernsehwerbung für Schwangerschaftstests frühe Ergebnisse und Digitalanzeigen versprach.
Mit genau vierzehn Minuten Verspätung betrat ich die Kanzlei von Ab, Zocker und Haue. Eigentlich hieß die Firma ja Abrahams, Zucker und Howe, aber ich konnte nicht widerstehen, sie zu verballhornen.
Hinter den Milchglasscheiben führte ein kastanienbrauner Teppich durch den Empfangsraum und dämpfte das Geräusch meiner Absätze, als ich zur Rezeption ging. Das große Oval aus dunklem Holz erstreckte sich an der hinteren Wand des weitläufigen Raumes, zu beiden Seiten flankiert von weiteren Milchglastüren. Dort ging es zu den Konferenzräumen und den Büros. Im Hintergrund waren das leise Klicken von Tastaturen und gedämpfte Unterhaltungen zu hören, die mit vierhundert Dollar pro Stunde in Rechnung gestellt wurden.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte die Barbiepuppe hinter der Rezeption. Jasmine. Oder wie ich sie gerne nannte: PP. Plastikpuppe. Jasmine gab zwei Drittel ihres Monatsgehaltes für kosmetische Eingriffe aus. Diese Woche waren ihre Lippen dank Kollagen auf Proportionen angeschwollen, die Angelina Jolie alle Ehre gemacht hätten. Letzten Monat waren es neue Möpse gewesen, natürlich Doppel-D. Wie immer hatte sie ihr gebleichtes blondes Haar mit reichlich Schaumfestiger bearbeitet, was ihr noch einmal fünf Zentimeter zusätzlich zu den ohnehin schon ärgerlichen ein Meter achtundsechzig verschaffte. Ich bin, könnte man sagen, eher klein und bringe es an guten Tagen auf beeindruckende ein Meter und fünfundfünfzigeinhalb Zentimeter - die Mindestgröße für die Hälfte aller Attraktionen in Six Flags, dem Vergnügungspark.
»Ich möchte zu Richard«, teilte ich Miss PP mit.
»Haben Sie einen Termin bei Mr Howe?« Ihre blauen Augen plinkerten unschuldig (und nicht ohne Mühe, wegen des Stirnliftings vor zwei Monaten), doch ich wusste, sie war alles andere als unschuldig. Jasmines einziges Vergnügen hier bei Ab, Zocker und Haue bestand darin, sich als Herrin über den Zutritt zu den heiligen Hallen hinter den Milchglasscheiben aufzuspielen. Ich sah sie mit schmalen Augen an. »Ja. Zufälligerweise habe ich einen Termin.«
»Ihr Name, bitte?«
Ich versuchte, nicht die Augen zu verdrehen. Seit fünf Monaten holte ich Richard jeden Freitagmittag zum Essen ab. Sie wusste, wer ich war, und dem winzigen Lächeln auf den Angelina-Lippen nach zu schließen, freute sie sich geradezu diebisch über unser Spielchen.
»Maddie Springer. Seine Freundin. Ich habe eine Verabredung zum Mittagessen.«
»Tut mir leid, Miss Springer, aber Sie müssen warten. Er ist gerade mit jemandem im Konferenzraum.«
»Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«, brummte ich und setzte mich in einen der braunen Ledersessel für Besucher. Jasmine antwortete nicht, sondern verzog die überdimensionalen Lippen zu einem Grinsen (das sehr an Elvis erinnerte), während sie, wie ich vermutete, eine Partie Solitaire auf ihrem Computerbildschirm öffnete und so tat, als sei sie sehr beschäftigt. Ich nahm eine Cosmo vom Beistelltisch und blätterte durch die Seiten voller erstrebenswerter Designerklamotten, die ich mir niemals würde leisten können. Und in die ich auch nicht hineinpassen würde, falls ich tatsächlich schwanger war. Oh Gott, was für ein deprimierender Gedanke!
Nach einer, wie mir schien, Ewigkeit, in der ich dem Klicken von Jasmines Acrylnägeln auf ihrer Tastatur zugehört hatte, betrat Richard die Lobby. Trotz meiner stetig wachsenden ängstlichen Unruhe entfuhr mir ein kleiner, zufriedener Seufzer, als ich ihn sah. Richard war eins fünfundachtzig groß, schlank und muskulös. Er war ein leidenschaftlicher Läufer, der in seiner Freizeit für sämtliche Wohltätigkeitsorganisationen Zehn-Kilometer-Läufe mitmachte. Muskeldystrophie, Autismus, sogar der Brustkrebslauf im April. Ganz zu Anfang unserer Bekanntschaft hatte er einmal versucht, mich zu überreden, mit ihm zusammen zu laufen. Nur einmal. Meine Vorstellung von einem Herz-Kreislauf-Training bestand darin, mir während des halbjährlichen Schlussverkaufs einen Weg durch Nordstrom zu bahnen. Joggen war nichts für mich. Außerdem hatte ich mir ausgerechnet, dass ich zu Fuß auf dem kurzen Weg von meiner Wohnung zu Starbucks genauso viele Kalorien wie beim Joggen derselben Strecke verbrannte - vorausgesetzt die Absätze waren hoch genug.
Heute waren Richards blonde Haare sorgfältig zu einer lässigen Welle gegelt, die an den jungen Robert Redford erinnerte. Er trug einen dunkelgrauen Anzug, ein weißes Hemd und eine Krawatte mit geschmackvollem Paisleymuster. Er sah einfach toll aus, und am liebsten hätte ich mich gleich an Ort und Stelle in seine Arme geworfen und all meine Sorgen auf seinen schicken Schultern abgeladen.
Ein zweiter Mann war bei ihm, und die beiden waren in ein Gespräch vertieft. Ich konnte nicht verstehen, um was es ging, aber Richard zog besorgt die sandfarbenen Augenbrauen zusammen.
Der andere Mann trug eine abgetragene Levi's mit verblichenen Stellen an Oberschenkeln und Hintern und einen marineblauen Blazer über einem eng anliegenden schwarzen T-Shirt. Seine Schultern waren breit, und er hatte eine dieser kompakten Figuren, die einen sofort an einen Preisboxer denken ließen. Eine weiße Narbe lief, durch seine Bräune gut sichtbar, durch seine Augenbraue. Er hatte dunkles Haar, dunkle Augen und strahlte eine Härte aus, die man gewöhnlich mit Knasttattoos assozüerte. Ich hoffte, dass Richard sich nicht zusätzlich auf Strafverteidigung verlegt hatte.
Ich wartete, bis sie sich die Hände geschüttelt hatten und der andere Mann die Lobby verließ, bevor ich zu Richard ging.
»Hi, Schatz«, sagte ich und stellte mich auf die Zehenspitzen, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben.
»Hi!« Er starrte immer noch dem mutmaßlichen Verbrecher hinterher, und sein Ton war abwesend, als hätte ich ihn gerade beim Football-Gucken gestört.
»Wer war das denn?«
»Niemand.«
Doch die Art, wie Richard diesem Niemand weiter hinterher-starrte, sagte mir, dass das nicht ganz der Wahrheit entsprach. Wie auch immer, ich hatte andere Sorgen als Richards neuesten Mandanten.
»Du bist spät dran.«
»Was?« Ich wirbelte herum, und Panik stieg in mir hoch wie Galle. Guter Gott, sah er es mir etwa schon an? Wie eine Ertappte blickte ich auf meinen Bauch, als wenn der sich in den letzten dreißig Sekunden bereits gewölbt hätte.
»Wir hatten den Tisch für ein Uhr reserviert.«
Oh. Er meinte, ich kam zu spät.
»Tut mir leid, es war viel Verkehr auf der 405. Dann gehen wir eben woandershin. Wie wäre es mit der Cabo Cantina?«
Richards Blick war noch immer auf die Glastüren gerichtet, durch die der Niemand verschwunden war, und ich fragte mich erneut, wer der Mann wohl gewesen war. Er sah nicht aus wie einer von Richards typischen Mandanten, aber er roch auch nicht nach neuem Wagen wie ein anderer Rechtsanwalt.
»Ich, äh, ich glaube, ich habe heute doch keine Zeit für ein Mittagessen. Es ist etwas dazwischengekommen.«
»Oh, schade!« War ich ein schlechter Mensch, weil ich tatsächlich ein wenig erleichtert war? Wenigstens mussten wir jetzt nicht das Gespräch führen. Das verschaffte mir Zeit, um mir zu überlegen, wie ich die Bombe besser platzen lassen konnte, als mit einem »Richard, wir müssen festere Kondome kaufen«. Hmmm ... Ich fragte mich, ob ich den Kondomhersteller deswegen verklagen könnte.
»Sorry, Maddie! Ich rufe dich später an, ganz sicher.«
»In Ordnung. Ich verstehe schon. Dann sprechen wir uns heute Abend?«
»Natürlich. Heute Abend.« Er drückte mir schnell einen Kuss auf die Wange, bevor er zurück in seine Kanzlei eilte. Jasmine sah gerade lange genug hoch, um noch einmal die Elvis-Lippe zu machen, bevor sie sich wieder ihrem Solitaire-Spiel zuwandte.
Auf dem Weg zurück zu meinem Jeep hinterließ ich eine weitere Nachricht auf Danas Anrufbeantworter. Wenn sie nicht bald ans Telefon ging, würde ich mich gezwungen sehen, Bewerbungen für den Posten der besten Freundin anzunehmen. Der Motor meines Jeeps röhrte durch die ganze Parkgarage. Statt zurück auf den Freeway fuhr ich über den Grand zum Beverly Boulevard. Ich steuerte einen McDonald's Drive-in an und bestellte einen Big Mac, eine große Portion Pommes und einen Strawberry Shake. Heute war nicht der Tag, Kalorien zu zählen.
Ich stellte mich auf den Parkplatz und genoss die Nervennahrung allein in meinem voll klimatisierten Jeep. Den letzten Rest meines Shakes schlürfend, dachte ich darüber nach, was als Nächstes zu tun war. Eigentlich hätte ich mich an die Arbeit begeben müssen, die ich seit heute Morgen, als ich voller Entsetzen auf meinen Kalender gestiert hatte, vernachlässigt hatte. Aber der Gedanke, jetzt kreativ zu sein, schien mir wenig realistisch.
Als kleines Mädchen hatte ich immer davon geträumt, Model zu sein und auf den Laufstegen in Mailand unter den Ahs und Ohs des staunenden Publikums die neusten Kreationen der Designer vorzuführen. Aber in der achten Klasse war dann klar, dass ich niemals Model-Größe erreichen würde. Deswegen begnügte ich mich mit dem Nächstbesten und wurde Modedesignerin. Nach vier Jahren auf der Academy of Art University in San Francisco war ich bereit, mir in der Modewelt einen Namen zu machen. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass es fast genauso schwer war, in der Modebranche Fuß zu fassen wie im Modelgeschäft. Nach einigem Bitten und Betteln und dem Versprechen, jedem, der in der Modewelt in Los Angeles etwas zu sagen hatte, das Auto zu waschen, durfte ich dann schließlich und endlich Kinderschuhe für Tot Trots entwerfen. Okay, es war nicht Mailand, aber ich konnte davon leben. Meistens.
Das Gute war, ich bestimmte meine Arbeitszeiten selbst, arbeitete zu Hause und sah das Ergebnis meiner Arbeit überall an den Füßen modebewusster Knirpse, zum Beispiel die BarbieJelly-Sandalen letztes Frühjahr und die SpongeBob-Pantoffeln in der Herbstkollektion. Im Moment arbeitete ich an EmilyErdbeer-High-Tops -- erhältlich in Schiller-Pink und Glitzerlila, wenn Sie's genau wissen wollen.
Aber im Moment war die Aussicht, den Tag mit Mode für Winzlinge zu verbringen, nicht allzu verführerisch. Kinderschuhe ließen mich an Kinder denken, die mich wiederum an Babys denken ließen, was mich auf Kondome brachte, die ohne ersichtlichen Grund platzen und damit Frauen in eine Lage wie die meine bringen können.
Ich warf einen Blick auf die Uhr des Armaturenbretts. Viertel vor zwei. Dana war sicher gerade auf dem Weg ins Fitnessstudio zu ihrem Step-and-Sculpt-Kurs. Zwischen Castings und kleinen Filmrollen arbeitete Dana als Aerobic-Lehrerin im Sunset Gym. Wenn ich die 101 nähme, würde ich sie vielleicht zwischen zwei Kursen abfangen können.
Ich stellte meinen Shake-Becher ab und legte den Rückwärtsgang ein. In Rekordzeit fuhr ich vor dem Sunset Gym vor, einem riesigen Gebäude aus Beton und Glas. Ich lehnte den Parkservice ab und stellte mein Auto selbst auf dem Parkplatz ab. Oh ja, in L. A. sparen sich die Leute die zweihundert Meter vom Parkplatz zum Fitnessstudio, bevor sie dann auf einem Laufband fünf Kilometer rennen. Unglaublich, aber wahr!
Als ich das Studio betrat, hielt mich ein großer Typ mit kurz rasierten Haaren und Popeye-Armen an der Rezeption an. Er musterte meine fünf Zentimeter hohen Absätze, den Rock von Ann Taylor und meine Schulter, über der keine Sporttasche von Nike hing. Er hatte mich durchschaut. Meine Mitgliedschaft nutzte ich nur, um eine Runde im Pool zu drehen, wenn es draußen mindestens 60 Grad Celsuis hatte.
Nachdem ich meine Mitgliedskarte gezückt und den Pförtner auf Anabolika zufriedengestellt hatte, betrat ich das Erdgeschoss und suchte die Ergometerreihen nach Dana ab. Ich entdeckte sie in der Nähe der Fenster, vor einer Gruppe, die sich die Lunge aus dem Leib steppte. Einen kurzen Augenblick fühlte ich mich schuldig wegen der Unmengen Kalorien, die ich mir zum Mittagessen gegönnt hatte, aber das Gefühl hielt nicht lange an. Auf jeden Fall nicht lange genug, dass ich mich umgezogen hätte und selbst auf ein Step-Board gesprungen wäre.
Stattdessen schnappte ich mir eine eselsohrige Elle und machte es mir auf einer Bank an der Wand gemütlich, um zu warten. Die rotierenden Stepper waren bald fertig und brachen in selbstgefälligen Beifall aus. Die Leiterin des Step-Kurses kam mit wippendem rotblondem Pferdeschwanz zu mir gelaufen. Mit ihrer perfekten Größe 36 sah sie aus, als sei sie gerade den Seiten von Sports Illustrated entstiegen. Und nicht der Ausgabe über Bademoden, sondern der »Frauen-die-Gewichte-heben-und Männer-die-solche-Frauen-toll-finden«-Ausgabe.
»Was gibt's?« Sie betrachtete stirnrunzelnd meine hochhackigen Stiefel.
»Ich habe gerade erst gegessen«, sagte ich zu meiner Verteidigung.
Dana sah mich zweifelnd an, hakte aber nicht nach. Stattdessen begann sie, auf der Stelle zu laufen, während sie weiterredete. »Ich habe deine Nachricht bekommen. Was ist denn so furchtbar dringend?«
»Ich, äh ...« Ich sah über meine Schulter, als wenn ich es besser nicht laut aussprechen sollte. »Ich bin spät dran.«
»Okay, wir beeilen uns. Was gibt's?«
»Nein, nein. Nicht so. Anders zu spät.«
Dana legte nachdenklich den Kopf schief. Dann begriff sie. »Oh mein Gott! Du meinst, du hattest deine Periode nicht?« »Na ja. Ich bin nur ein bisschen spät dran.«
»Kein Wunder, dass du ausflippst.«
»Ich flippe nicht aus. Ich bin ... nur ein bisschen spät dran.«
Dana sah mich mit diesem nachsichtigen Blick an, den ich kannte, seitdem wir dank unserer gemeinsamen Liebe zu New Kids on the Block in der siebten Klasse Freundinnen geworden waren. »Aha. Und deswegen hast du mir heute Morgen vier Nachrichten hinterlassen?«
Ich zuckte zusammen. Waren es tatsächlich vier gewesen?
»Okay, schon gut. Ich flippe aus. Aber nur ein bisschen.«
»Hast du schon einen Test gemacht?«, fragte sie und hüpfte
jetzt wie ein Hampelmann auf und ab.
»Einen Schwangerschaftstest?«
»Nein, einen Algebratest. Jesses, man könnte meinen, du wärst noch nie spät dran gewesen.«
Ehrlich gesagt, war ich das auch nicht. Und das machte mir noch mehr Sorgen. Seitdem ich meine Periode hatte, war ich immer auf die achtundzwanzig Tage pünktlich gewesen. Daher ja meine Panik und die stalkermäßigen Nachrichten auf dem Anrufbeantworter meiner besten Freundin. Hey, Moment mal, wenn sie meine Nachrichten bekommen hatte ...
»Warum hast du mich nicht zurückgerufen?«
Dana setzte ein unheilvolles Lächeln auf, was bedeutete, dass sie entweder einen neuen Freund hatte oder kurz davorstand, jemandem zwanzig Liegestütze aufzubrummen.
»Ich war ja nicht allein.«
»Will ich wissen, wer es ist?«
»Sasha Alesandrov«, sagte sie und begann abwechselnd zweimal auf einem Bein zu hüpfen.
Dana kicherte. Ja, erwachsene Frauen mit einem Prozent Körperfett kichern wie Schulmädchen mit Zahnspangen, wenn es um Männer geht. »Er ist ein russischer Kontorsionist. Sasha ist der Boden der menschlichen Pyramide im Cirque Fantastique. «
Ich versuchte, nicht die Augen zu verdrehen. Dana hatte die unheimliche Gabe, sich immer Männer auszusuchen, die nur für eine Kurzzeitbeziehung gemacht waren. »Und wo hast du den Boden der menschlichen Pyramide kennengelernt?«
»Hier. Er kam letzte Woche mit dem spanischen Trapezkünstler, um zu trainieren. Ich bot ihm an, ihm zu zeigen, wie die Cybex-Maschine funktioniert. In Russland kennt man sie nämlich nicht.«
»Natürlich nicht.«
»Und wir haben uns gleich gut verstanden. Er hat mich gefragt, ob ich seinen Auftritt sehen will.«
Ich hätte wetten können, dass Dana, ohne zu zögern, Ja gesagt hatte. Sie steht auf muskulöse Männer.
»Das reicht. Ich will gar nicht mehr hören«, sagte ich und hielt mir die Ohren zu. Dana kicherte wieder.
»Okay, also ... wie lange bist du schon fällig?«, fragte sie. »Drei Tage.«
»Und deswegen rufst du mich vor zwölf Uhr mittags an? Süße, drei Tage ist doch gar nichts.«
»Dana, ich war noch nie drei Tage zu spät.«
»Dein Glück, dass ich einen Notfall-Schwangerschaftstest zu Hause habe. Ich habe nur noch einen Kurs; dann gehen wir zu mir, und ich mache uns einen Pitcher Margaritas, während du auf das Stäbchen pinkelst. Das wird lustig, du wirst sehen.«
© 2010 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
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Autoren-Porträt von Gemma Halliday
Gemma Halliday arbeitete in den unterschiedlichsten Berufen unter anderem als Schauspielerin, Vorschullehrerin und Telefonmedium, bevor sie Liebesromane zu schreiben begann. Seither wurde sie mehrfach mit Genrepreisen ausgezeichnet.
Bibliographische Angaben
- Autor: Gemma Halliday
- 2010, 327 Seiten, Maße: 12,5 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Zeller, Stefanie
- Übersetzer: Stefanie Zeller
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 3802582594
- ISBN-13: 9783802582592
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