Mauerblümchen

Holly-Jane Rahlens kam nach dem Studium der Literaturwissenschaft und Theater Arts aus ihrer Heimatstadt New York nach Berlin.
Mit Funkerzählungen, Hörspielen und Solo-Bühnenshows machte sie sich dort in den achtziger und neunziger Jahren einen Namen. Außerdem arbeitete sie als Journalistin, Radiomoderatorin und Regisseurin.
«Mein kleines großes Leben» ist Rahlens’ fünfter Roman. Ihr Jugendbuch «Prinz William, Maximilian Minsky und ich» (2003 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet) kam 2007 in einer Drehbuchadaption der Autorin ins Kino.
Sie lebt heute mit Mann und Sohn in Berlin-Charlottenburg.

"Da wächst zusammen, was zusammen gehört!" Diesen legendären Satz von Willy Brandt habe ich immer so verstanden, dass Ost und Westdeutschland wieder eins werden kann. Doch diese kleine, große Erzählung geht weit über diesen Gedanken hinaus: Auf der Oberfläche finden hier zwei ganz unterschiedliche Menschen zusammen. In einer großartigen Liebesgeschichte, die sich vom ersten Blick hin zur Entscheidung fürs Leben entwickelt, kann man ganz ruhig zur Kenntnis nehmen, dass da tatsächlich zusammen kommt, was zusammen gehört. Aber HollyJane Rahlens schreibt nicht nur eine nette Romanze, die selbstverständlich, wie sich das für diese Autorin gehört, die Ereignisse mit unglaublicher Situationskomik würzt. Nein, hier wächst noch etwas viel Bedeutenderes zusammen: Molly ist Jüdin und Mick hat in seinem Leben noch nie über den Holocaust nachgedacht. Möglicherweise war sein Großvater, der im Krieg gefallen ist, ein Nazi, denn er hinterließ eine schwarze Lederjacke, die Mick inzwischen trägt. Und genau diese beiden, Molly und Mick, verlieben sich nicht nur ineinander, sondern entwickeln innerhalb weniger Stunden eine tiefe Sicherheit an Vertrauen zueinander, die man guten Mutes visionär finden darf. Die Autorin hat vollkommen Recht, wenn sie sich wünscht, dass dieses Buch ganz schnell Klassenlektüre werden sollte. Die Themen sind kaum umfassender denkbar: Völkerverständigung, Mauerfall, Vorurteilsbewältigung, kommunikative Kompetenz, Gefühlsanalyse und nicht zuletzt die Entwicklung des vermeintlich hässlichen Entleins zum glücklichen Schwan. In den früheren Büchern dieser Autorin musste man bereits auf den ersten Seiten anfangen, die Lachmuskeln zu trainieren. In diesem Fall behält sie sich den großen Lacherfolg bis zum Schluss vor, aber Schmunzeln darf man natürlich von Anfang an. (Rezension von