Nachtmahl im Paradies
Ein Löffel Sehnsucht, ein Hauch Himmel und eine Handvoll Liebe
Sieben Jahre nach dem Tod seiner Frau Elli ist das kulinarische Paradies, das Jacques mit ihr an der Atlantikküste eröffnet hatte, bankrott. Als sein bester Freund ihm kurz...
Sieben Jahre nach dem Tod seiner Frau Elli ist das kulinarische Paradies, das Jacques mit ihr an der Atlantikküste eröffnet hatte, bankrott. Als sein bester Freund ihm kurz...
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Produktinformationen zu „Nachtmahl im Paradies “
Ein Löffel Sehnsucht, ein Hauch Himmel und eine Handvoll Liebe
Sieben Jahre nach dem Tod seiner Frau Elli ist das kulinarische Paradies, das Jacques mit ihr an der Atlantikküste eröffnet hatte, bankrott. Als sein bester Freund ihm kurz vor der Zwangsversteigerung eine amerikanische Teilhaberin präsentiert, steigt Jacques widerwillig auf den Dachboden. Doch statt der wichtigen Unterlagen entdeckt er Ellis handgeschriebene Liebesrezepte wieder. Und während er am selben Abend das erste Gericht kocht, erscheint Elli in der Restaurantküche - und spricht mit ihm. So als wäre sie nie gegangen. Nacht für Nacht kehrt sie zurück und flößt Jacques Mut zu einem Neuanfang ein - und zu einer neuen Liebe ...
Sieben Jahre nach dem Tod seiner Frau Elli ist das kulinarische Paradies, das Jacques mit ihr an der Atlantikküste eröffnet hatte, bankrott. Als sein bester Freund ihm kurz vor der Zwangsversteigerung eine amerikanische Teilhaberin präsentiert, steigt Jacques widerwillig auf den Dachboden. Doch statt der wichtigen Unterlagen entdeckt er Ellis handgeschriebene Liebesrezepte wieder. Und während er am selben Abend das erste Gericht kocht, erscheint Elli in der Restaurantküche - und spricht mit ihm. So als wäre sie nie gegangen. Nacht für Nacht kehrt sie zurück und flößt Jacques Mut zu einem Neuanfang ein - und zu einer neuen Liebe ...
Klappentext zu „Nachtmahl im Paradies “
Ein Löffel Sehnsucht, ein Hauch Himmel und eine Handvoll LiebeSieben Jahre nach dem Tod seiner Frau Elli ist das kulinarische Paradies, das Jacques mit ihr an der Atlantikküste eröffnet hatte, bankrott. Als sein bester Freund ihm kurz vor der Zwangsversteigerung eine amerikanische Teilhaberin präsentiert, steigt Jacques widerwillig auf den Dachboden. Doch statt der wichtigen Unterlagen entdeckt er Ellis handgeschriebene Liebesrezepte wieder. Und während er am selben Abend das erste Gericht kocht, erscheint Elli in der Restaurantküche und spricht mit ihm. So als wäre sie nie gegangen. Nacht für Nacht kehrt sie zurück und flößt Jacques Mut zu einem Neuanfang ein und zu einer neuen Liebe.
Lese-Probe zu „Nachtmahl im Paradies “
Nachtmahl im Paradies von Ben BennettApéritif Bis auf weiteres gestrichen.
Amuse-Gueule
»Haben die Herrschaften gewählt?« Jacques bemerkte einen unschönen Schweißfleck von der beeindruckenden Größe Französisch-Guayanas auf seinem schwarzen Hemd, als er die Bestellung an dem einzigen besetzten Tisch aufnahm. Nun, es war Sommer. Da passierte so etwas schon mal.
»Mathilde?«
Der Gast mit dem Strohhut und dem gezwirbelten Bart warf einen Blick hinüber zu seiner Begleiterin, einer Brünetten, zart wie eine norwegische Forelle und mit Gesundheitssandalen an den nackten Füßen.
»Nun«, zwitscherte diese mit prüfendem Blick in die Speisekarte vor ihrer Nase, »wir hätten gerne beide den hausgebeizten Wildlachs mit konfitierter Roter Bete und Meerrettichmousse. Als Hauptgang dann das Wachtelkotelett mit Aprikosentarte, Selleriemousseline und sautierten Pfifferlingen. Danach sehen wir weiter.«
Jacques stockte der Atem. Eine unangenehme Stille erfüllte die auf das Meer hinausgehende Restaurantterrasse, begleitet vom Klang der sanft an den Strand laufenden Wellen. Bis der pausbäckige Zwirbelbart, der während der Bestellung seiner Begleiterin melancholisch, als müsse er gleich unendlich tief seufzen, die französische Kolonie auf Jacques' Hemd gemustert hatte, schließlich losprustete.
»Sie müssen entschuldigen, maître, meine Frau beliebt zu scherzen. Wissen Sie, wir waren schon mal hier, vor etlichen Jahren. Damals hieß das Restaurant noch anders, und hier wurde Haute Cuisine serviert. Aber keine Angst: Heute sind wir mit etwas Deftigem zufrieden. Wir haben Hunger!«
... mehr
Zufrieden rieb er sich die Hände. Schließlich konnte er nicht ahnen, dass in diesem Restaurant selbst die einfachsten Dinge nicht zwangsläufig begeistern mussten.
»Er sagt es«, ergänzte die Brünette mit einem koketten Augenzwinkern. »Also nehmen wir den Kalbsbraten mit Kroketten in Pfefferrahmsoße. Davon abgesehen muss ich sagen, dass der Meerblick von hier oben nach wie vor atemberaubend ist. Einfach paradiesisch.«
Zumindest dieses Lob, abgesehen von der für seinen Geschmack etwas unglücklichen Wahl des letzten Wortes, nahm Jacques erleichtert zur Kenntnis. Um ein Haar wäre ihm tatsächlich das Herz stehengeblieben. Er schätzte es nicht, auf diese Weise an die Vergangenheit erinnert zu werden. Er wusste es ohnehin - wozu noch solche unter die Gürtellinie zielenden Attacken? Die Fakten lagen so klar auf dem Tisch wie die einst berühmte Ochsenschwanzsuppe des Hauses. Ohne den hinreißenden Meerblick wäre sein über alles geliebtes Paris nur die Hälfte wert. Widerwillig hatte er dies zur Kenntnis genommen. Doch ob die bezaubernde Aussicht allein genügen würde, um diesen märchenhaften, von der Welt im Grunde noch immer angebeteten Ort vor dem Untergang zu bewahren? Ebenso wie die geschichtsträchtigen, nie restaurierten, dafür aber von kostbaren Erinnerungen tapfer gestützten Mauern, die ihm alles bedeuteten? Das stand seit gestern in den Sternen.
Dem Gerichtsvollzieher war nichts anderes übrig geblieben, als mit betrübter Miene festzustellen, dass er und alle anderen diesen dunklen Tag bereits vor langer Zeit hatten heraufziehen sehen. Dass die Katastrophe mit der Verwandlung ihren Anfang genommen hatte. Den Anfang vom Ende sozusagen. Damals hätte man sofort gegensteuern müssen - jetzt war es dafür offensichtlich zu spät. Nun denn: Es lag bereits mehr als sechs, um der Wahrheit die Ehre zu geben, fast sieben Jahre zurück, dass dem Paradies ein paar Buchstaben abhandengekommen waren und es sich sozusagen über Nacht in Paris verwandelt hatte. Ein verheerender Sturm, der in der Dunkelheit über die Küste gezogen war, hatte die Buchstaben a, d und e abgerissen, die nicht zufällig zusammen das Wort »Ade« ergaben und sich in jener Nacht für immer von ihrem angestammten Platz verabschiedet hatten. Übrig geblieben war ein mit den Jahren immer schäbiger gewordenes Paris, das musste Jacques eingestehen. Ein Paris, das außer der in einer überaus eleganten Schreibschrift verfassten, nun lückenhaften rosafarbenen Neonreklame über dem Eingangstor kaum noch etwas gemein hatte mit dem ehemals strahlend weiß getünchten und mittlerweile ebenso abgeblätterten wie abgewirtschafteten Paradies.
Er und seine Elli hatten das Restaurant am Ufer der wildromantischen Atlantikküste über zwei Jahrzehnte lang zur vollen Zufriedenheit ihrer Gäste geführt. Eine Weile hatte sogar ein Stern das Paradies erleuchtet - jener von Michelin, der für alle, die mit Leidenschaft kochen, heller leuchtet als der Nordstern. Und nun lag das Lokal in seinen letzten Zügen. Doch was kümmerte es ihn? Abgesehen davon natürlich, dass ihn die Sache endgültig den Kopf kosten würde.
Über materielle Dinge fühlte er sich seit besagtem Tag vor sieben Jahren, welcher der Verwandlung vorausgegangen war, im Grunde erhaben. Denn im Gegensatz zu der Neonreklame, die nur wenige Wochen nach der eigentlichen Katastrophe zu bröckeln anfing, hatte er damals weit mehr als nur ein paar Buchstaben vom Paradies verloren. Genau genommen waren es vier Buchstaben gewesen, und zwar ganz andere als jene, die der Neonreklame fehlten. Vier Buchstaben, die für ihn persönlich das Paradies ausgemacht hatten. Seinen ganz privaten Himmel auf Erden: E-L-L-I. Gegen diesen Verlust war selbst das heruntergekommene Paris noch immer ein Postkartenmotiv. Sie waren zweiundzwanzig Jahre, einen Monat, zwei Wochen und einen Dreivierteltag lang verheiratet gewesen. Miteinander. Und mit dem Restaurant. Elli war gestorben - und er lebte. Noch immer. Das Leben war eine Klapperschlange.
An jenem dunklen Tag hatte Jacques aufgehört zu kochen und den Hilfskoch zum chef de la cuisine ernannt, um sich selbst fortan dem Schwelgen in Erinnerungen zu widmen. Es sollten eine Reihe Chefköche dieser Güteklasse folgen und den Gästen das Paradies zur Hölle machen. Doch was nutzte das feinste Brot, wenn man niemanden mehr hatte, mit dem man es teilen konnte? Jacques hatte sich diese Frage wieder und wieder gestellt und bis zum heutigen Tage keine schlüssige Antwort darauf gefunden - eine Antwort, die ihn wirklich überzeugt hätte. Im Grunde hatte ihm die ganze Paris-Geschichte insgeheim sogar gefallen. Jeder, der die Stadt Paris ein wenig kannte, wusste, dass sie Himmel und Hölle zugleich war - und so verhielt es sich nun eben auch mit seinem Restaurant. Ellis Tod war die Vertreibung aus dem Paradies gewesen, daher war es Jacques nur folgerichtig erschienen, dass auch das Paradies nicht mehr dasselbe sein konnte wie zuvor. Dass es Federn lassen musste.
»I . Aschenbecherherz.«
Der Porzellanaschenbecher mit der eigenwilligen Gravur, den Jacques Elli geschenkt hatte, stand noch immer auf dem Nachttisch auf ihrer Seite des Bettes. Sie hatte nicht aufhören können zu rauchen, selbst als der Lungenkrebs bereits diagnostiziert war - also hatten sie es mit Humor genommen. Jacques erinnerte sich nicht, ob er es gewesen war, der ihr den Spitznamen verpasst hatte, oder sie selbst. Elli - Elodie, wie ihre Eltern sie getauft hatten, weil der Name sich so schön auf Melodie reimte und sie stolz darauf waren, etwas so Wunderbares komponiert zu haben - hatte über einen robusten Humor verfügt. Und das war nur eine der vielen Eigenschaften, die sie zu der einzigen Frau gemacht hatten, für die Jacques jemals Augen gehabt hatte. Ihre innere Schönheit glich ihrer äußeren. Nun ja, abgesehen von ihrer Lunge.
Die beiden hatten sich in den Sommerferien kennengelernt. In einem kleinen Café in der Normandie, genauer gesagt in Trouville-sur-Mer. An der Côte Fleurie, der Blumenküste, umweht vom milden Wind des Ärmelkanals. Zusammen mit Deauville bildete Trouville das Duo der zwei schönen Schwestern am Atlantik. Deauville war berühmt für seine Pferderennen, sein Casino, sein Filmfestival und seinen Strand, wo die Damen der feinen Gesellschaft seltsam aussehende Hunderassen mit noch seltsameren Namen wie Epagneul Breton oder Dogue de Bordeaux spazieren führten oder ihr winziges Yorkshire-Baby mit rosa Schleifchen im Haar in ihrer Hermès-Handtasche herumtrugen. Nur zwei Stunden entfernt von Paris, war es doch eine andere Welt. Ein Paradies. Endlose, der Zeit entwischte Tage am Strand, Nächte ohne Anfang und Ende. Alles war eins gewesen.
Ursprünglich war Elli nur für zwei Wochen aus dem Elsass hergekommen, zusammen mit einer Freundin. Ihre Eltern betrieben in Straßburg eine Konditorei, in der sie mitarbeitete, obwohl sie viel lieber an der Sorbonne in Paris studiert oder etwas ganz und gar Verrücktes aus ihrem Leben gemacht hätte. Denn schon damals war sie ein überaus kluges Mädchen gewesen, um einiges klüger als er selbst - ohne jedoch jemals damit anzugeben. Er hatte nie einen bescheideneren Menschen als sie kennengelernt, und erst viel später sollte er von einem Philosophen namens Sören Kierkegaard lesen, der behauptete, es sei keine Kunst, ein Mädchen zu verführen - aber ein Glück, eines zu finden, das es wert war, verführt zu werden. Und das war Elli, darauf konnte dieser Kierkegaard Gift nehmen.
Sie war einundzwanzig gewesen. Jacques hatte gerade die Lehre zum Koch abgeschlossen. Sie waren gleich miteinander ins Gespräch gekommen und hatten festgestellt, dass sie eine innige Liebe zu Serge Gainsbourg einte - im Gegensatz zu ihr bestand Jacques jedoch darauf, dass seine Liebe rein musikalischen Ursprungs war - und sie darüber hinaus am selben Tag im Dezember das Licht der Welt erblickt hatten, nur dass sie ihr Ticket bereits ein Jahr vor ihm gelöst hatte. Da war der Gedanke, miteinander durchzubrennen, schnell gefasst. Nun würden sie also tatsächlich etwas ganz und gar Verrücktes aus ihrem Leben machen. Kaum einen Monat später heirateten sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einer winzigen Kapelle am Meer. Das Gotteshaus war so winzig, dass ohnehin keine weiteren Hochzeitsgäste hineingepasst hätten - jedenfalls nicht, ohne dass es dicke Luft gegeben hätte.
Elli sollte nicht wieder zurückkehren in die Konditorei ihrer Eltern. Warum auch? Schließlich hatten sie das Paradies entdeckt. Im Grunde war es nicht mehr als eine Strandbude - ein kleiner Imbiss an einer pittoresk gelegenen Bucht ein paar Kilometer außerhalb von Trouville. Sie übernahmen ihn von einem Pächter, der aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit diversen Schuldnern, die sich wiederum alle einig waren in ihrer pessimistischen Haltung ihm gegenüber, dringend das Weite suchen musste. Er überschrieb seinen Pachtvertrag Jacques und Elli gegen eine Aufwandsentschädigung von fünfhundert Franc. Jacques' und Ellis Konzept sah vor, die Küche ein wenig aufzupeppen und im Gegensatz zu den örtlichen Gepflogenheiten freundlichen Service anzubieten.
Nachdem der rechtmäßige Besitzer der Strandbude die Übernahme des Pachtvertrags im Nachhinein für ungültig erklärt hatte, mussten sie diesen zusätzlich kostenlos bewirtschaften, um ihren Traum nicht vorzeitig versanden zu sehen. Schließlich und endlich zerlegte ein heftiger Wintersturm die Strandbude, so dass Jacques und Elli eines Morgens, es waren keine fünf Monate seit der Übernahme vergangen, vor dem Aus standen. Offenbar mundeten dem Eigner der vom Winde verwehten Holzhütte Jacques' schon damals außergewöhnlich raffinierte Kochkunst und Ellis charmanter Service jedoch derart gut, dass er für sie ein neues, strahlend weiß getünchtes Haus baute. Wie gemacht für ein kleines, feines Restaurant.
Jacques war erst Anfang zwanzig, aber wenn er für etwas ein Gespür hatte, dann für gutes Essen. Sein Vater war Jäger gewesen, bevor ihn einige Kollegen irrtümlich für ein Wildschwein gehalten und erlegt hatten. Seine Mutter hatte das, was der Vater nach Hause gebracht hatte, in einer Art und Weise für den kleinen Jacques und dessen Erzeuger zubereitet, dass ihm der Gedanke daran noch heute das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Sie war ein Naturtalent gewesen. Im vergangenen Jahr war sie leider verstorben, genau wie Elli im Rahmen seines Sieben-Schlechte-Jahre-Programms, doch als Köchin war sie sein großes Vorbild geblieben. Auch wenn sie im Gegensatz zu ihm nie einen Michelin-Stern verliehen bekommen und sich darüber hinaus mehr für ihr Gebetbuch als für Kochrezepte oder den kleinen Jacques interessiert hatte.
Nun war er selbst ein Mann von bald schon nicht mehr neunundvierzig Jahren, der früh alles gewonnen und zu früh alles wieder verloren hatte. Die Zwangsversteigerung käme für ihn einem schalen, misslungenen Dessert nach einem fantastischen Hauptgang gleich, dessen Geschmack er noch immer auf der Zunge spürte - und zugleich dem Amuse-Gueule, der Ouvertüre, dem Anfang für einen neuen, hungrigen Betreiber. Einen neuen Jacques. Einen Jacques voller Kraft und Jugend, der, so wie er damals mit seiner Elli, auf und davon war und darauf brannte, den Grundstein für ein Restaurant zu legen, von dem schon bald die Welt sprechen würde. Er selbst, der echte, alte Jacques, war zu müde, um noch einmal so etwas auf die Beine zu stellen.
Im heutigen Paris wurden Touristen veräppelt, ohne dass Obst überhaupt auf der Karte stand. Lange Zeit hatte das Lokal von seinem Ruf aus vergangenen Tagen gezehrt, doch nun war dieser leider Gottes endgültig verflogen wie der Duft des Kaffees am Ende eines Menüs im Wind des Atlantiks. Jacques spielte mit dem Gedanken, dem Leben Lebewohl zu sagen und seiner Elli nachzufolgen, deren Grab er jeden Tag besuchte. Was ihn daran hinderte, war nicht so sehr das hoffnungslos heruntergekommene Restaurant. Nein. Es waren das Pferd und der Esel.
Wenn er das Dach des weißen, schindelbedeckten Hauses bestieg, konnte er sie sehen. Oberhalb des Restaurants und der kleinen Pächterwohnung befand sich der Piratenmast - eine Aussichtsplattform aus Stahl, die er nach dem Kauf des Anwesens eigenhändig errichtet hatte, weil der ursprüngliche Inhaber trotz aller Zuneigung derartigen privaten Komfort für seine Pächter nicht vorgesehen hatte. Hier hatten er und Elli oft gesessen und den Sonnenuntergang betrachtet, manchmal auch Sonnenuntergang und Sonnenaufgang nacheinander. Hinter dem Haus hatten sie eine kleine Wiese gepachtet. Elli wünschte sich ein Pferd, also schenkte Jacques ihr eins - ein langbeiniges, elegantes Fohlen, dessen erste Laufversuche aussahen wie die eines kleinen Mädchens auf Highheels. Damit es nicht einsam war, stellten sie ihm einen Esel bei. Die Tiere hatten Elli überlebt, und Jacques fühlte sich für sie verantwortlich. Die beiden waren seine Familie. Das Einzige, was ihm geblieben war.
Bis heute hießen sie nur Pferd und Esel, und doch waren sie von dem Moment an zu einem bedeutenden Bestandteil seines Lebens geworden, als Elli eines Nachts mit einem theatralischen Seufzer in seinen Armen festgestellt hatte, dass der Mensch sich nicht wirklich von Pferd und Esel unterscheidet. Jeder Mensch braucht sein Beistellpferd, um nicht einsam zu sein - selbst wenn es nur ein Esel ist. Die Frage, wer von ihnen beiden der Esel sei, ließ sie charmant offen, dafür hauchte sie ihm einen an den feinen marokkanischen Mokka erinnernden Kuss auf den Mund, an dem sie vor dem Schlafengehen noch genippt hatte. Einen Kuss, den er noch heute auf seinen Lippen schmeckte.
Dabei war ihr erster Flirt verlaufen wie das Holpern einer Kutsche auf Kopfsteinpflaster. Eben so, wie es nicht selten zur Standardausstattung der mitunter merkwürdigen Wege zu gehören scheint, die das Schicksal uns einschlagen lässt.
»Wie alt bist du?«, fragte sie ihn, als er sie zum Tanzen aufforderte - so als müsse man erst noch eine Reifeprüfung ablegen, bevor man anfängt, sich zusammen mit einem Mädchen im Rhythmus der Musik zu bewegen. An ebenjenem Sommerabend auf einer Riesenfete am Strand von Trouville, nur wenige Stunden, nachdem sich ihre Blicke im Café Le Central bereits schamlos miteinander vergnügt hatten! Trotzdem: Es konnte kein Zufall sein, dass sie sich hier ein zweites Mal begegneten. Und so flüsterte ihm seine innere Stimme zu, dass es nur ein Kuppler des Himmels sein konnte, der sie hier erneut zusammengeführt hatte.
»Achtundzwanzig«, log er.
»Du spinnst!«, erwiderte sie. Um ihm daraufhin zu verstehen zu geben, dass sie mit Männern, die jünger waren als sie selbst, bisher keine guten Erfahrungen gemacht habe. Ein amüsiertes Lächeln konnte sie dennoch nicht unterdrücken. Damit war das Eis gebrochen.
Bereits wenig später tanzten sie eng umschlungen zu Richard Sandersons Teenie-Hymne »Reality«, dem Soundtrack des Films La Boum - die Fete, der in jenem Sommer ganz Frankreich in ein romantisches Tollhaus verwandelt hatte. »Met you by surprise, I didn't realize that my life would change forever.« Begleitet von den letzten Takten, schenkte sie ihm ein geheimnisvolles Augen zwinkern. Ein Augenzwinkern, das Jungs, die noch grün hinter den Ohren waren, wahrscheinlich gar nicht registriert hätten. Er aber schon. Denn er war bereits ein Mann und kein kleiner Junge mehr. Er las Camus und Sartre - und eines Tages würde er so kochen, wie sie schrieben. Mit derselben Seele, derselben Leidenschaft. Eine gute Küche benötigte keine anderen Zutaten als eine gute Geschichte: ein heißes Herz und einen kühlen Kopf.
Obwohl Jacques noch ein unbeschriebenes Blatt in seiner Zunft war - eine strahlend weiße Serviette -, erkannte er auf den ersten Blick, dass Elli alle Zutaten für das Menü seines Lebens mitbrachte. Rein äußerlich war sie ein verführerisches, süßes Dessert: ihr duftendes zitronengelbes Haar, ihre Lippen, die ihn samtig und rosarot wie überreife Himbeeren anlächelten, ihre avocadogrünen Augen, dazu eine Haut wie kubanischer Kakao. Doch was ihm ihre Augen versprachen, an jenem Abend, als sie endlich barfuß über den von der Glut der Nachmittagssonne warmgehaltenen Sand des Strands von Trouville schwebten, nachdem sie das Potenzial jüngerer Männer doch noch erkannt hatte, war eine verheißungsvolle Vorspeise. Der Vorgeschmack auf einen fantastischen, nicht zu übertreffenden Hauptgang: ihr gemeinsames Leben. Elli war ein Gedicht von einem Gericht, das ihm in zweiundzwanzig Jahren nie schal werden und allzeit munden sollte, ein Leckerbissen, zubereitet mit Liebe und Glückseligkeit - ein Festmahl, in das sich nie ein bitterer Beigeschmack gemischt hatte.
Und nun war das Menü beendet. Der Tisch war abgeräumt. Und zwar mitten während des Essens - eine Unverschämtheit, angeordnet von der Restaurantleitung. Der Nachtisch war Jacques ohne jede Begründung verweigert worden. Schließlich hatte man ihn gebeten, das Restaurant zu verlassen, in dem er sich unversehens einsam und allein wiedergefunden hatte. Diesen wunderbaren Ort, an dem er gerne auf immer verweilt hätte. Stattdessen hatte man ihn nach draußen auf die Straße geworfen, wo er hart gelandet war wie eine Sternschnuppe auf einer Mülldeponie. Es erschien ihm nur folgerichtig, dass ihm außer Hausmannskost nichts mehr gelingen wollte. Elli war das Menü seines Lebens gewesen - und nun war die Küche kalt.
»Du musst dein Haus bis Ende des Monats räumen«, hatte ihm Gérard, der Gerichtsvollzieher, der oft bei ihm und Elli im Paradies zu Gast gewesen war, gestern mitgeteilt.
Jacques besaß ohnehin nichts von Wert, von wahrem Wert. Außer den Dingen, die auf dem Dachboden lagerten. Ihnen galten seine einzige Sorge und seine ganze Hingabe.
Zu allem Überfluss plagten ihn seit einiger Zeit auch noch gesundheitliche Probleme. Das Herz. Er war nicht mehr der Jüngste und er trank zu viel. Doch daran lag es nicht, wenn er Patrice Glauben schenken durfte. Patrice, seinem alten Freund, der zugleich sein Hausarzt war.
»Du leidest am Broken-Heart-Syndrom«, hatte dieser ihm vor einem Jahr mitgeteilt, nachdem Jacques sich endlich aufgerafft hatte, seinen Freund zu einer Konsultation aufzusuchen. Die schmerzhaften Vorgänge in seinem Brustkorb, die ihn seit Monaten vor allem nachts und in den frühen Morgenstunden quälten, hatten ihm keine andere Wahl gelassen.
Zum ersten Mal seit langem lachte Jacques einem Reflex folgend laut auf. Patrice hingegen starrte nur auf den modernen Computer auf seinem Schreibtisch wie einer dieser Großstadt-Yuppies, die im Sommer mit ihren Laptops auf die Terrasse des Paris pilgerten, weil sie allen Ernstes annahmen, sie könnten beides bei ihm haben: WiFi und einen atemberaubenden Meerblick.
»Nein, wirklich«, fügte Patrice mit ernster Miene hinzu und blickte schließlich besorgt vom Bildschirm auf. »Das ist in der Physiokardiologie ein fester Begriff - wenn auch erst seit kurzem. Ein von Studien wissenschaftlich untermauertes Krankheitsbild. Das Blut versickert im Herz. Auslöser sind Stresshormone, die das Herz überfluten.«
»Aber ich stehe nicht mehr unter Stress als sonst.«
»Doch, das tust du. Seit sieben Jahren.«
»Komm schon, Patrice ...«
»Deshalb heißt es ja auch Broken-Heart-Syndrom: weil die Ursache ein gebrochenes Herz sein kann - erwiesenermaßen. Auf jeden Fall spielt die Seele die Hauptrolle dabei. Sie verursacht den Stress.«
»Und was genau hat das alles mit mir zu tun?«, fragte Jacques Patrice kopfschüttelnd - so als hätte ihn sein bis dahin bester Freund und Hausarzt versehentlich mit einem anderen Patienten verwechselt. Ein Fauxpas, der einem Mann seines Alters eigentlich noch nicht unterlaufen sollte, schließlich war er genau wie Jacques erst Ende vierzig.
»Was das mit dir zu tun hat? Nun: Ich finde, es wird Zeit, dass du dich mal wieder nach einer Frau umsiehst. Dass du dich mal wieder verliebst.«
Da wurde es Jacques zu abenteuerlich. Sich nach einer neuen Frau umsehen! Sich verlieben! Er stand auf und verließ den Raum, ohne Patrice noch eines weiteren Blickes zu würdigen.
In all den Jahren, die Elli nun nicht mehr bei ihm war, hatte er nicht eine Frau getroffen, die ihr auch nur annähernd das Wasser hätte reichen können. Frauen wie Elli wuchsen nicht auf Bäumen, nicht einmal in der von der Natur begünstigten Normandie, es waren schließlich keine Äpfel oder Birnen - auf was für einem Planeten ewigen Sonnenscheins lebte Patrice eigentlich? Warum fuhr er selbst denn alle Nase lang nach Paris - in die Stadt, versteht sich -, um sich dort mit zweifelhaften Mädchen herumzutreiben, nachdem er nie geheiratet oder je auch nur eine feste Freundin gehabt hatte? Gerade er musste doch wissen, wie der Hase lief. Drei Wochen lang redeten sie kein Wort miteinander, und einmal musste Jacques sogar die Straßenseite wechseln, als sie sich versehentlich beim Einkaufen begegneten.
Danach versöhnten sie sich wieder. Es war ihr erster Streit in mehr als zwanzig Jahren. Patrice war der einzige Mensch, den Jacques beinahe genauso lange kannte wie Elli. Schließlich sah er ein, dass Patrice ihn, Jacques, möglicherweise genauso gut kannte, wie sie es getan hatte. Sie, die ihm mit ihrem ganz und gar unnötigen Tod das Herz gebrochen hatte. Elli hatte vor nichts Angst gehabt im Leben. Aber er, Jacques, hatte nun vor allem Angst. Und seine größte Angst war, das bisschen, was ihm noch von ihr blieb - das Paris mit allen Erinnerungen, die in seinen Mauern steckten -, zu verlieren.
Einmal am Tag unternahm Jacques zu seiner allgemeinen Erbauung einen Ausflug ins Grüne. Eine Unternehmung, die ihn nicht allzu weit hinausführen sollte, denn das Paris lag bereits mitten im Grünen. Überhaupt gab es nicht viel anderes in der Normandie als dieses nicht enden wollende Grün, das hier bis ans Meer und dort bis an den Horizont und immer weiter zu reichen schien. Im Sommer bunt gesprenkelt mit leuchtend rotem Mohn und lilablauen Kornblumen, im Winter durchzogen von grauen Wasserpfützen.
Jacques hatte es sich angewöhnt, lange zu schlafen. Oftmals erwachte er nicht vor zehn oder elf Uhr morgens. Seine ständige persönliche Anwesenheit im Paris war nicht mehr erforderlich, seit Küche und Service sich auf dem derzeitigen Niveau eingependelt hatten. Ehrlich gesagt schämte er sich deswegen ein wenig, obwohl es ihn eigentlich nicht kümmern musste - das Paris war eben auch nur ein Restaurant wie jedes andere. Nur noch selten verirrten sich Schatten der Vergangenheit an diesen Ort - Gäste aus besseren Zeiten -, und wenn es so war, überließ Jacques sie möglichst einem seiner Kellner. Immer wenn er diesen Gästen, die sich an ihn zu erinnern schienen wie an einen guten alten Freund, tief in die Augen sah, flog die Vergangenheit darin vorüber wie in einem in Gold getauchten Film. Noch bevor das Wort fin auf der Leinwand erschien, sah er sich selbst oder das, was von ihm übrig geblieben war. Ein schrecklicher Anblick, dem er lieber aus dem Weg ging, ja, vor dem er sich bisweilen sogar versteckte.
Überhaupt war das Verstecken - neben dem Schlafen - zu einer seiner Lieblingsbeschäftigungen geworden. Die täglichen Ausflüge gleich nach dem Frühstück gehörten unbedingt dazu. Jacques fuhr noch immer die wunderbare Citroën DS, in einem Kleid aus Lack, genauso golden wie die Bilder der Vergangenheit. La Déesse - die Göttin, wie Kenner sie nur bewundernd nannten. Es war die von Henri Chapron in Paris gefertigte Cabrioversion, die Krönung französischen Automobilbaus. Wenn seine Freunde ihn fragten, ob er nicht endlich auf etwas Modernes umsteigen wolle - denn die DS war bereits eine betagte Dame, die Produktion war 1975 eingestellt worden -, schüttelte er nur den Kopf. Dann schaute er seine Freunde an, als wären sie kleine Kinder, die in ihrer Naivität soeben etwas unendlich Dummes von sich gegeben hatten.
»In diesem Auto habe ich zehn Prozent der besten Zeit meines Lebens verbracht«, sagte er dann immer.
Daraufhin blickten ihn wiederum seine Freunde an, als wäre er ein kleines Kind, das in seiner Naivität soeben etwas unendlich Dummes von sich gegeben hatte.
Dabei war es nur logisch. Vor einigen Jahren hatte Jacques sich an den kleinen Holztisch in seiner Küche in der Wohnung über dem Paris gesetzt, die schon damals dringend mal wieder hätte aufgeräumt werden müssen, um auf einem Zettel folgende Bestandsaufnahme seines Lebens zu notieren:
Elli & Jacques (gemeinsam verbrachte Zeit): Paradies: ca. 35 % Bett: ca. 35 % Piratenmast: ca. 10 % Auto: ca. 10 % weitere Orte: ca. 10 %
Das Auto lag also gleichauf mit dem Piratenmast auf Platz drei und gehörte somit zu den schützenswerten Orten, sozusagen zu Jacques' privatem Weltkulturerbe, das unter keinen Umständen angetastet werden durfte und höchsten Rang genoss.
Mit Elli war er jeden Tag nach dem Frühstück auf den Markt nach Trouville gefahren, um die Einkäufe für das Restaurant zu erledigen. Einen Tag in der Woche schlossen sie das Paradies einfach ab und machten sich auf und davon. Im Sommer an die Strände, die wie prächtige weiße Läufer die Grenze zwischen Meer und Land markierten, über bunte Blumenwiesen, durch schattenspendende Wälder, einer kleinen Landstraße folgend, an der romantische Weiler und Dörfer links und rechts wie Perlen aufgezogen waren. Im Winter, wenn weniger Kundschaft kam und sie es sich erlauben konnten, das Restaurant für mehrere Tage zu schließen, fuhren sie bis nach Paris.
»Gibt es einen schöneren Ort auf dieser Welt, um sein hart erarbeitetes Geld an einem einzigen Tag und in einer einzigen Nacht zu verprassen, nur wir zwei?«, fragte Jacques sie einmal, als sie eines Heiligabends im Stau mitten auf den Champs-Élysées in den milchkaffeebraunen Sitzen ihres Autos festsaßen.
Es hatte zu schneien begonnen - wenn auch nur für Minuten, was dennoch in Paris äußerst selten vorkam.
Da hatte Elli die Hände von dem leise pfeifenden Gebläse genommen und sie ihm rechts und links auf die Wange gelegt. Wie warm sie gewesen waren!
Er fühlte noch heute jeden einzelnen ihrer Finger, wenn er an diesen Moment zurückdachte. Sich etwas Moderneres zuzulegen als ein Auto, in dem sich so etwas ereignet hatte? Pff! Bestanden denn alle Menschen in seiner Umgebung allein aus Körper und Gehirn, hatte denn niemand mehr ein Herz? Das also waren die modernen Zeiten. Wenn sie so aussahen, konnten sie ihm ruhig gestohlen bleiben. Da lebte er, Jacques, lieber weiter in der Vergangenheit.
Die DS stand hinter dem Haus, und wenn er sich morgens - andere Leute pflegten zu sagen: gegen Mittag - zu seiner kleinen Tour aufmachte, kam er stets bei Pferd und Esel vorbei. Zu diesem Zeitpunkt hatte er das Morgengebet in der Regel schon hinter sich. Für gewöhnlich begab er sich dazu nach oben auf den Piratenmast, wo ihm der aufziehende Tag demütig zu Füßen lag. Manchmal jedoch sprach er es auch an der Koppel, während er Pferd und Esel sanft übers Maul strich, so wie an jenem Morgen.
»Lieber Gott, bitte schenke Elli und mir einen wunderbaren Tag. Uns zweien und allen, die wir lieben und die uns lieben. Inklusive Pferd und Esel.«
An dieser Formel hatte er bis heute nichts geändert. Jacques war nicht besonders gläubig. Als er mit Elli durchgebrannt war, hatte er auch sein streng katholisches Elternhaus hinter sich gelassen, und mit ihm jene regelstrenge, eisige Frömmigkeit, die ihm oft genug als edel verkleidete Kaltherzigkeit begegnet war und ihn dem Glauben hatte abschwören lassen. Nur dieses eine kleine Relikt war ihm geblieben, diese zwei Zeilen eines selbst gedichteten Morgengebets, gerichtet an einen Gott, der hoffentlich ganz anders war, als es seine Eltern ihm hatten weismachen wollen. Er wünschte ihnen von ganzem Herzen, dass es nicht ihr Himmel war, in dem sie nun leben mussten.
Es war noch recht früh für Jacques' Verhältnisse an diesem Morgen. Über den Wiesen lag ein feiner silbriger Dunst, den die Sonne sicher bald vertreiben würde. Vom Meer wehte das Geschrei der Möwen herüber. Das Fell von Pferd und Esel war von einem glänzenden Schleier überzogen, während sie ihre breiten, feuchten Nasen wieder und wieder sanft in die Innenfläche seiner Hand stupsten.
»Bis später«, wandte er sich an die beiden, »in etwa zwei Stunden bin ich zurück.«
Nach Ellis Tod hatte er sich angewöhnt, Pferd und Esel wie ganz normale Menschen anzusprechen, so wie sie es früher gemacht hatte - selbstverständlich von ihm belächelt. Nun tat er es selbst und versuchte nachzufühlen, was sie empfunden haben musste. Treu der von ihr begonnenen Familientradition folgend, behandelte er die beiden Tiere so, als wären sie die Kinder, die ihm und ihr verwehrt geblieben waren. Elli hatte nicht schwanger werden können - warum, hatte niemand je mit Sicherheit herausgefunden.
Für gewöhnlich fuhr er nicht länger als ein halbes Stündchen durch die Landschaft, um seine Gedanken für den bevorstehenden Tag zu ordnen und die jeweils süßen oder erschreckenden Träume der vergangenen Nacht hinter sich zu lassen. Doch heute musste er in die Stadt zu seinem Anwalt. Die Umstände zwangen ihn dazu. Das Amtsgericht hatte das Feuer eröffnet.
Die Landstraße schlängelte sich in eleganten Kurven durch eine weite, flache Landschaft in den Pastell- tönen des Sommers. Jacques ließ es langsam angehen. Er hatte keine Eile. Allein der Gedanke an das bevorstehende Gespräch mit seinem Anwalt verursachte ihm Bauchschmerzen. Gemächlich war er mit seiner goldgewandeten Göttin die Auffahrt hinauf bis zur Straße getuckert - er und das Paris waren die letzten Anlieger, bevor das Land ins Meer fiel -, um dann in den sanft dahinfließenden Rhythmus der Landstraße einzutauchen, die er kannte wie seine eigene Westentasche.
Mit einem prüfenden Blick in den Rückspiegel versicherte Jacques sich, dass sein Gesicht sich nicht unangemessen von der Traurigkeit des Anlasses dieser Fahrt im Speziellen und seines Lebens im Allgemeinen abhob. Er konnte zufrieden sein. Es war ihm nicht einmal gelungen, sich zu rasieren an diesem Morgen. Er hatte seinen vernachlässigten Körper in den schwarzen Anzug gezwängt, den er das letzte Mal bei Ellis Beerdigung getragen hatte. Immerhin war der Termin, zu dem er fuhr, nichts anderes als das: eine Beerdigung. Auf seine private Kapitulation folgte nun um sieben Jahre zeitversetzt seine berufliche.
Copyright © 2012 by Blanvalet Verlag, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München
Zufrieden rieb er sich die Hände. Schließlich konnte er nicht ahnen, dass in diesem Restaurant selbst die einfachsten Dinge nicht zwangsläufig begeistern mussten.
»Er sagt es«, ergänzte die Brünette mit einem koketten Augenzwinkern. »Also nehmen wir den Kalbsbraten mit Kroketten in Pfefferrahmsoße. Davon abgesehen muss ich sagen, dass der Meerblick von hier oben nach wie vor atemberaubend ist. Einfach paradiesisch.«
Zumindest dieses Lob, abgesehen von der für seinen Geschmack etwas unglücklichen Wahl des letzten Wortes, nahm Jacques erleichtert zur Kenntnis. Um ein Haar wäre ihm tatsächlich das Herz stehengeblieben. Er schätzte es nicht, auf diese Weise an die Vergangenheit erinnert zu werden. Er wusste es ohnehin - wozu noch solche unter die Gürtellinie zielenden Attacken? Die Fakten lagen so klar auf dem Tisch wie die einst berühmte Ochsenschwanzsuppe des Hauses. Ohne den hinreißenden Meerblick wäre sein über alles geliebtes Paris nur die Hälfte wert. Widerwillig hatte er dies zur Kenntnis genommen. Doch ob die bezaubernde Aussicht allein genügen würde, um diesen märchenhaften, von der Welt im Grunde noch immer angebeteten Ort vor dem Untergang zu bewahren? Ebenso wie die geschichtsträchtigen, nie restaurierten, dafür aber von kostbaren Erinnerungen tapfer gestützten Mauern, die ihm alles bedeuteten? Das stand seit gestern in den Sternen.
Dem Gerichtsvollzieher war nichts anderes übrig geblieben, als mit betrübter Miene festzustellen, dass er und alle anderen diesen dunklen Tag bereits vor langer Zeit hatten heraufziehen sehen. Dass die Katastrophe mit der Verwandlung ihren Anfang genommen hatte. Den Anfang vom Ende sozusagen. Damals hätte man sofort gegensteuern müssen - jetzt war es dafür offensichtlich zu spät. Nun denn: Es lag bereits mehr als sechs, um der Wahrheit die Ehre zu geben, fast sieben Jahre zurück, dass dem Paradies ein paar Buchstaben abhandengekommen waren und es sich sozusagen über Nacht in Paris verwandelt hatte. Ein verheerender Sturm, der in der Dunkelheit über die Küste gezogen war, hatte die Buchstaben a, d und e abgerissen, die nicht zufällig zusammen das Wort »Ade« ergaben und sich in jener Nacht für immer von ihrem angestammten Platz verabschiedet hatten. Übrig geblieben war ein mit den Jahren immer schäbiger gewordenes Paris, das musste Jacques eingestehen. Ein Paris, das außer der in einer überaus eleganten Schreibschrift verfassten, nun lückenhaften rosafarbenen Neonreklame über dem Eingangstor kaum noch etwas gemein hatte mit dem ehemals strahlend weiß getünchten und mittlerweile ebenso abgeblätterten wie abgewirtschafteten Paradies.
Er und seine Elli hatten das Restaurant am Ufer der wildromantischen Atlantikküste über zwei Jahrzehnte lang zur vollen Zufriedenheit ihrer Gäste geführt. Eine Weile hatte sogar ein Stern das Paradies erleuchtet - jener von Michelin, der für alle, die mit Leidenschaft kochen, heller leuchtet als der Nordstern. Und nun lag das Lokal in seinen letzten Zügen. Doch was kümmerte es ihn? Abgesehen davon natürlich, dass ihn die Sache endgültig den Kopf kosten würde.
Über materielle Dinge fühlte er sich seit besagtem Tag vor sieben Jahren, welcher der Verwandlung vorausgegangen war, im Grunde erhaben. Denn im Gegensatz zu der Neonreklame, die nur wenige Wochen nach der eigentlichen Katastrophe zu bröckeln anfing, hatte er damals weit mehr als nur ein paar Buchstaben vom Paradies verloren. Genau genommen waren es vier Buchstaben gewesen, und zwar ganz andere als jene, die der Neonreklame fehlten. Vier Buchstaben, die für ihn persönlich das Paradies ausgemacht hatten. Seinen ganz privaten Himmel auf Erden: E-L-L-I. Gegen diesen Verlust war selbst das heruntergekommene Paris noch immer ein Postkartenmotiv. Sie waren zweiundzwanzig Jahre, einen Monat, zwei Wochen und einen Dreivierteltag lang verheiratet gewesen. Miteinander. Und mit dem Restaurant. Elli war gestorben - und er lebte. Noch immer. Das Leben war eine Klapperschlange.
An jenem dunklen Tag hatte Jacques aufgehört zu kochen und den Hilfskoch zum chef de la cuisine ernannt, um sich selbst fortan dem Schwelgen in Erinnerungen zu widmen. Es sollten eine Reihe Chefköche dieser Güteklasse folgen und den Gästen das Paradies zur Hölle machen. Doch was nutzte das feinste Brot, wenn man niemanden mehr hatte, mit dem man es teilen konnte? Jacques hatte sich diese Frage wieder und wieder gestellt und bis zum heutigen Tage keine schlüssige Antwort darauf gefunden - eine Antwort, die ihn wirklich überzeugt hätte. Im Grunde hatte ihm die ganze Paris-Geschichte insgeheim sogar gefallen. Jeder, der die Stadt Paris ein wenig kannte, wusste, dass sie Himmel und Hölle zugleich war - und so verhielt es sich nun eben auch mit seinem Restaurant. Ellis Tod war die Vertreibung aus dem Paradies gewesen, daher war es Jacques nur folgerichtig erschienen, dass auch das Paradies nicht mehr dasselbe sein konnte wie zuvor. Dass es Federn lassen musste.
»I . Aschenbecherherz.«
Der Porzellanaschenbecher mit der eigenwilligen Gravur, den Jacques Elli geschenkt hatte, stand noch immer auf dem Nachttisch auf ihrer Seite des Bettes. Sie hatte nicht aufhören können zu rauchen, selbst als der Lungenkrebs bereits diagnostiziert war - also hatten sie es mit Humor genommen. Jacques erinnerte sich nicht, ob er es gewesen war, der ihr den Spitznamen verpasst hatte, oder sie selbst. Elli - Elodie, wie ihre Eltern sie getauft hatten, weil der Name sich so schön auf Melodie reimte und sie stolz darauf waren, etwas so Wunderbares komponiert zu haben - hatte über einen robusten Humor verfügt. Und das war nur eine der vielen Eigenschaften, die sie zu der einzigen Frau gemacht hatten, für die Jacques jemals Augen gehabt hatte. Ihre innere Schönheit glich ihrer äußeren. Nun ja, abgesehen von ihrer Lunge.
Die beiden hatten sich in den Sommerferien kennengelernt. In einem kleinen Café in der Normandie, genauer gesagt in Trouville-sur-Mer. An der Côte Fleurie, der Blumenküste, umweht vom milden Wind des Ärmelkanals. Zusammen mit Deauville bildete Trouville das Duo der zwei schönen Schwestern am Atlantik. Deauville war berühmt für seine Pferderennen, sein Casino, sein Filmfestival und seinen Strand, wo die Damen der feinen Gesellschaft seltsam aussehende Hunderassen mit noch seltsameren Namen wie Epagneul Breton oder Dogue de Bordeaux spazieren führten oder ihr winziges Yorkshire-Baby mit rosa Schleifchen im Haar in ihrer Hermès-Handtasche herumtrugen. Nur zwei Stunden entfernt von Paris, war es doch eine andere Welt. Ein Paradies. Endlose, der Zeit entwischte Tage am Strand, Nächte ohne Anfang und Ende. Alles war eins gewesen.
Ursprünglich war Elli nur für zwei Wochen aus dem Elsass hergekommen, zusammen mit einer Freundin. Ihre Eltern betrieben in Straßburg eine Konditorei, in der sie mitarbeitete, obwohl sie viel lieber an der Sorbonne in Paris studiert oder etwas ganz und gar Verrücktes aus ihrem Leben gemacht hätte. Denn schon damals war sie ein überaus kluges Mädchen gewesen, um einiges klüger als er selbst - ohne jedoch jemals damit anzugeben. Er hatte nie einen bescheideneren Menschen als sie kennengelernt, und erst viel später sollte er von einem Philosophen namens Sören Kierkegaard lesen, der behauptete, es sei keine Kunst, ein Mädchen zu verführen - aber ein Glück, eines zu finden, das es wert war, verführt zu werden. Und das war Elli, darauf konnte dieser Kierkegaard Gift nehmen.
Sie war einundzwanzig gewesen. Jacques hatte gerade die Lehre zum Koch abgeschlossen. Sie waren gleich miteinander ins Gespräch gekommen und hatten festgestellt, dass sie eine innige Liebe zu Serge Gainsbourg einte - im Gegensatz zu ihr bestand Jacques jedoch darauf, dass seine Liebe rein musikalischen Ursprungs war - und sie darüber hinaus am selben Tag im Dezember das Licht der Welt erblickt hatten, nur dass sie ihr Ticket bereits ein Jahr vor ihm gelöst hatte. Da war der Gedanke, miteinander durchzubrennen, schnell gefasst. Nun würden sie also tatsächlich etwas ganz und gar Verrücktes aus ihrem Leben machen. Kaum einen Monat später heirateten sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einer winzigen Kapelle am Meer. Das Gotteshaus war so winzig, dass ohnehin keine weiteren Hochzeitsgäste hineingepasst hätten - jedenfalls nicht, ohne dass es dicke Luft gegeben hätte.
Elli sollte nicht wieder zurückkehren in die Konditorei ihrer Eltern. Warum auch? Schließlich hatten sie das Paradies entdeckt. Im Grunde war es nicht mehr als eine Strandbude - ein kleiner Imbiss an einer pittoresk gelegenen Bucht ein paar Kilometer außerhalb von Trouville. Sie übernahmen ihn von einem Pächter, der aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit diversen Schuldnern, die sich wiederum alle einig waren in ihrer pessimistischen Haltung ihm gegenüber, dringend das Weite suchen musste. Er überschrieb seinen Pachtvertrag Jacques und Elli gegen eine Aufwandsentschädigung von fünfhundert Franc. Jacques' und Ellis Konzept sah vor, die Küche ein wenig aufzupeppen und im Gegensatz zu den örtlichen Gepflogenheiten freundlichen Service anzubieten.
Nachdem der rechtmäßige Besitzer der Strandbude die Übernahme des Pachtvertrags im Nachhinein für ungültig erklärt hatte, mussten sie diesen zusätzlich kostenlos bewirtschaften, um ihren Traum nicht vorzeitig versanden zu sehen. Schließlich und endlich zerlegte ein heftiger Wintersturm die Strandbude, so dass Jacques und Elli eines Morgens, es waren keine fünf Monate seit der Übernahme vergangen, vor dem Aus standen. Offenbar mundeten dem Eigner der vom Winde verwehten Holzhütte Jacques' schon damals außergewöhnlich raffinierte Kochkunst und Ellis charmanter Service jedoch derart gut, dass er für sie ein neues, strahlend weiß getünchtes Haus baute. Wie gemacht für ein kleines, feines Restaurant.
Jacques war erst Anfang zwanzig, aber wenn er für etwas ein Gespür hatte, dann für gutes Essen. Sein Vater war Jäger gewesen, bevor ihn einige Kollegen irrtümlich für ein Wildschwein gehalten und erlegt hatten. Seine Mutter hatte das, was der Vater nach Hause gebracht hatte, in einer Art und Weise für den kleinen Jacques und dessen Erzeuger zubereitet, dass ihm der Gedanke daran noch heute das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Sie war ein Naturtalent gewesen. Im vergangenen Jahr war sie leider verstorben, genau wie Elli im Rahmen seines Sieben-Schlechte-Jahre-Programms, doch als Köchin war sie sein großes Vorbild geblieben. Auch wenn sie im Gegensatz zu ihm nie einen Michelin-Stern verliehen bekommen und sich darüber hinaus mehr für ihr Gebetbuch als für Kochrezepte oder den kleinen Jacques interessiert hatte.
Nun war er selbst ein Mann von bald schon nicht mehr neunundvierzig Jahren, der früh alles gewonnen und zu früh alles wieder verloren hatte. Die Zwangsversteigerung käme für ihn einem schalen, misslungenen Dessert nach einem fantastischen Hauptgang gleich, dessen Geschmack er noch immer auf der Zunge spürte - und zugleich dem Amuse-Gueule, der Ouvertüre, dem Anfang für einen neuen, hungrigen Betreiber. Einen neuen Jacques. Einen Jacques voller Kraft und Jugend, der, so wie er damals mit seiner Elli, auf und davon war und darauf brannte, den Grundstein für ein Restaurant zu legen, von dem schon bald die Welt sprechen würde. Er selbst, der echte, alte Jacques, war zu müde, um noch einmal so etwas auf die Beine zu stellen.
Im heutigen Paris wurden Touristen veräppelt, ohne dass Obst überhaupt auf der Karte stand. Lange Zeit hatte das Lokal von seinem Ruf aus vergangenen Tagen gezehrt, doch nun war dieser leider Gottes endgültig verflogen wie der Duft des Kaffees am Ende eines Menüs im Wind des Atlantiks. Jacques spielte mit dem Gedanken, dem Leben Lebewohl zu sagen und seiner Elli nachzufolgen, deren Grab er jeden Tag besuchte. Was ihn daran hinderte, war nicht so sehr das hoffnungslos heruntergekommene Restaurant. Nein. Es waren das Pferd und der Esel.
Wenn er das Dach des weißen, schindelbedeckten Hauses bestieg, konnte er sie sehen. Oberhalb des Restaurants und der kleinen Pächterwohnung befand sich der Piratenmast - eine Aussichtsplattform aus Stahl, die er nach dem Kauf des Anwesens eigenhändig errichtet hatte, weil der ursprüngliche Inhaber trotz aller Zuneigung derartigen privaten Komfort für seine Pächter nicht vorgesehen hatte. Hier hatten er und Elli oft gesessen und den Sonnenuntergang betrachtet, manchmal auch Sonnenuntergang und Sonnenaufgang nacheinander. Hinter dem Haus hatten sie eine kleine Wiese gepachtet. Elli wünschte sich ein Pferd, also schenkte Jacques ihr eins - ein langbeiniges, elegantes Fohlen, dessen erste Laufversuche aussahen wie die eines kleinen Mädchens auf Highheels. Damit es nicht einsam war, stellten sie ihm einen Esel bei. Die Tiere hatten Elli überlebt, und Jacques fühlte sich für sie verantwortlich. Die beiden waren seine Familie. Das Einzige, was ihm geblieben war.
Bis heute hießen sie nur Pferd und Esel, und doch waren sie von dem Moment an zu einem bedeutenden Bestandteil seines Lebens geworden, als Elli eines Nachts mit einem theatralischen Seufzer in seinen Armen festgestellt hatte, dass der Mensch sich nicht wirklich von Pferd und Esel unterscheidet. Jeder Mensch braucht sein Beistellpferd, um nicht einsam zu sein - selbst wenn es nur ein Esel ist. Die Frage, wer von ihnen beiden der Esel sei, ließ sie charmant offen, dafür hauchte sie ihm einen an den feinen marokkanischen Mokka erinnernden Kuss auf den Mund, an dem sie vor dem Schlafengehen noch genippt hatte. Einen Kuss, den er noch heute auf seinen Lippen schmeckte.
Dabei war ihr erster Flirt verlaufen wie das Holpern einer Kutsche auf Kopfsteinpflaster. Eben so, wie es nicht selten zur Standardausstattung der mitunter merkwürdigen Wege zu gehören scheint, die das Schicksal uns einschlagen lässt.
»Wie alt bist du?«, fragte sie ihn, als er sie zum Tanzen aufforderte - so als müsse man erst noch eine Reifeprüfung ablegen, bevor man anfängt, sich zusammen mit einem Mädchen im Rhythmus der Musik zu bewegen. An ebenjenem Sommerabend auf einer Riesenfete am Strand von Trouville, nur wenige Stunden, nachdem sich ihre Blicke im Café Le Central bereits schamlos miteinander vergnügt hatten! Trotzdem: Es konnte kein Zufall sein, dass sie sich hier ein zweites Mal begegneten. Und so flüsterte ihm seine innere Stimme zu, dass es nur ein Kuppler des Himmels sein konnte, der sie hier erneut zusammengeführt hatte.
»Achtundzwanzig«, log er.
»Du spinnst!«, erwiderte sie. Um ihm daraufhin zu verstehen zu geben, dass sie mit Männern, die jünger waren als sie selbst, bisher keine guten Erfahrungen gemacht habe. Ein amüsiertes Lächeln konnte sie dennoch nicht unterdrücken. Damit war das Eis gebrochen.
Bereits wenig später tanzten sie eng umschlungen zu Richard Sandersons Teenie-Hymne »Reality«, dem Soundtrack des Films La Boum - die Fete, der in jenem Sommer ganz Frankreich in ein romantisches Tollhaus verwandelt hatte. »Met you by surprise, I didn't realize that my life would change forever.« Begleitet von den letzten Takten, schenkte sie ihm ein geheimnisvolles Augen zwinkern. Ein Augenzwinkern, das Jungs, die noch grün hinter den Ohren waren, wahrscheinlich gar nicht registriert hätten. Er aber schon. Denn er war bereits ein Mann und kein kleiner Junge mehr. Er las Camus und Sartre - und eines Tages würde er so kochen, wie sie schrieben. Mit derselben Seele, derselben Leidenschaft. Eine gute Küche benötigte keine anderen Zutaten als eine gute Geschichte: ein heißes Herz und einen kühlen Kopf.
Obwohl Jacques noch ein unbeschriebenes Blatt in seiner Zunft war - eine strahlend weiße Serviette -, erkannte er auf den ersten Blick, dass Elli alle Zutaten für das Menü seines Lebens mitbrachte. Rein äußerlich war sie ein verführerisches, süßes Dessert: ihr duftendes zitronengelbes Haar, ihre Lippen, die ihn samtig und rosarot wie überreife Himbeeren anlächelten, ihre avocadogrünen Augen, dazu eine Haut wie kubanischer Kakao. Doch was ihm ihre Augen versprachen, an jenem Abend, als sie endlich barfuß über den von der Glut der Nachmittagssonne warmgehaltenen Sand des Strands von Trouville schwebten, nachdem sie das Potenzial jüngerer Männer doch noch erkannt hatte, war eine verheißungsvolle Vorspeise. Der Vorgeschmack auf einen fantastischen, nicht zu übertreffenden Hauptgang: ihr gemeinsames Leben. Elli war ein Gedicht von einem Gericht, das ihm in zweiundzwanzig Jahren nie schal werden und allzeit munden sollte, ein Leckerbissen, zubereitet mit Liebe und Glückseligkeit - ein Festmahl, in das sich nie ein bitterer Beigeschmack gemischt hatte.
Und nun war das Menü beendet. Der Tisch war abgeräumt. Und zwar mitten während des Essens - eine Unverschämtheit, angeordnet von der Restaurantleitung. Der Nachtisch war Jacques ohne jede Begründung verweigert worden. Schließlich hatte man ihn gebeten, das Restaurant zu verlassen, in dem er sich unversehens einsam und allein wiedergefunden hatte. Diesen wunderbaren Ort, an dem er gerne auf immer verweilt hätte. Stattdessen hatte man ihn nach draußen auf die Straße geworfen, wo er hart gelandet war wie eine Sternschnuppe auf einer Mülldeponie. Es erschien ihm nur folgerichtig, dass ihm außer Hausmannskost nichts mehr gelingen wollte. Elli war das Menü seines Lebens gewesen - und nun war die Küche kalt.
»Du musst dein Haus bis Ende des Monats räumen«, hatte ihm Gérard, der Gerichtsvollzieher, der oft bei ihm und Elli im Paradies zu Gast gewesen war, gestern mitgeteilt.
Jacques besaß ohnehin nichts von Wert, von wahrem Wert. Außer den Dingen, die auf dem Dachboden lagerten. Ihnen galten seine einzige Sorge und seine ganze Hingabe.
Zu allem Überfluss plagten ihn seit einiger Zeit auch noch gesundheitliche Probleme. Das Herz. Er war nicht mehr der Jüngste und er trank zu viel. Doch daran lag es nicht, wenn er Patrice Glauben schenken durfte. Patrice, seinem alten Freund, der zugleich sein Hausarzt war.
»Du leidest am Broken-Heart-Syndrom«, hatte dieser ihm vor einem Jahr mitgeteilt, nachdem Jacques sich endlich aufgerafft hatte, seinen Freund zu einer Konsultation aufzusuchen. Die schmerzhaften Vorgänge in seinem Brustkorb, die ihn seit Monaten vor allem nachts und in den frühen Morgenstunden quälten, hatten ihm keine andere Wahl gelassen.
Zum ersten Mal seit langem lachte Jacques einem Reflex folgend laut auf. Patrice hingegen starrte nur auf den modernen Computer auf seinem Schreibtisch wie einer dieser Großstadt-Yuppies, die im Sommer mit ihren Laptops auf die Terrasse des Paris pilgerten, weil sie allen Ernstes annahmen, sie könnten beides bei ihm haben: WiFi und einen atemberaubenden Meerblick.
»Nein, wirklich«, fügte Patrice mit ernster Miene hinzu und blickte schließlich besorgt vom Bildschirm auf. »Das ist in der Physiokardiologie ein fester Begriff - wenn auch erst seit kurzem. Ein von Studien wissenschaftlich untermauertes Krankheitsbild. Das Blut versickert im Herz. Auslöser sind Stresshormone, die das Herz überfluten.«
»Aber ich stehe nicht mehr unter Stress als sonst.«
»Doch, das tust du. Seit sieben Jahren.«
»Komm schon, Patrice ...«
»Deshalb heißt es ja auch Broken-Heart-Syndrom: weil die Ursache ein gebrochenes Herz sein kann - erwiesenermaßen. Auf jeden Fall spielt die Seele die Hauptrolle dabei. Sie verursacht den Stress.«
»Und was genau hat das alles mit mir zu tun?«, fragte Jacques Patrice kopfschüttelnd - so als hätte ihn sein bis dahin bester Freund und Hausarzt versehentlich mit einem anderen Patienten verwechselt. Ein Fauxpas, der einem Mann seines Alters eigentlich noch nicht unterlaufen sollte, schließlich war er genau wie Jacques erst Ende vierzig.
»Was das mit dir zu tun hat? Nun: Ich finde, es wird Zeit, dass du dich mal wieder nach einer Frau umsiehst. Dass du dich mal wieder verliebst.«
Da wurde es Jacques zu abenteuerlich. Sich nach einer neuen Frau umsehen! Sich verlieben! Er stand auf und verließ den Raum, ohne Patrice noch eines weiteren Blickes zu würdigen.
In all den Jahren, die Elli nun nicht mehr bei ihm war, hatte er nicht eine Frau getroffen, die ihr auch nur annähernd das Wasser hätte reichen können. Frauen wie Elli wuchsen nicht auf Bäumen, nicht einmal in der von der Natur begünstigten Normandie, es waren schließlich keine Äpfel oder Birnen - auf was für einem Planeten ewigen Sonnenscheins lebte Patrice eigentlich? Warum fuhr er selbst denn alle Nase lang nach Paris - in die Stadt, versteht sich -, um sich dort mit zweifelhaften Mädchen herumzutreiben, nachdem er nie geheiratet oder je auch nur eine feste Freundin gehabt hatte? Gerade er musste doch wissen, wie der Hase lief. Drei Wochen lang redeten sie kein Wort miteinander, und einmal musste Jacques sogar die Straßenseite wechseln, als sie sich versehentlich beim Einkaufen begegneten.
Danach versöhnten sie sich wieder. Es war ihr erster Streit in mehr als zwanzig Jahren. Patrice war der einzige Mensch, den Jacques beinahe genauso lange kannte wie Elli. Schließlich sah er ein, dass Patrice ihn, Jacques, möglicherweise genauso gut kannte, wie sie es getan hatte. Sie, die ihm mit ihrem ganz und gar unnötigen Tod das Herz gebrochen hatte. Elli hatte vor nichts Angst gehabt im Leben. Aber er, Jacques, hatte nun vor allem Angst. Und seine größte Angst war, das bisschen, was ihm noch von ihr blieb - das Paris mit allen Erinnerungen, die in seinen Mauern steckten -, zu verlieren.
Einmal am Tag unternahm Jacques zu seiner allgemeinen Erbauung einen Ausflug ins Grüne. Eine Unternehmung, die ihn nicht allzu weit hinausführen sollte, denn das Paris lag bereits mitten im Grünen. Überhaupt gab es nicht viel anderes in der Normandie als dieses nicht enden wollende Grün, das hier bis ans Meer und dort bis an den Horizont und immer weiter zu reichen schien. Im Sommer bunt gesprenkelt mit leuchtend rotem Mohn und lilablauen Kornblumen, im Winter durchzogen von grauen Wasserpfützen.
Jacques hatte es sich angewöhnt, lange zu schlafen. Oftmals erwachte er nicht vor zehn oder elf Uhr morgens. Seine ständige persönliche Anwesenheit im Paris war nicht mehr erforderlich, seit Küche und Service sich auf dem derzeitigen Niveau eingependelt hatten. Ehrlich gesagt schämte er sich deswegen ein wenig, obwohl es ihn eigentlich nicht kümmern musste - das Paris war eben auch nur ein Restaurant wie jedes andere. Nur noch selten verirrten sich Schatten der Vergangenheit an diesen Ort - Gäste aus besseren Zeiten -, und wenn es so war, überließ Jacques sie möglichst einem seiner Kellner. Immer wenn er diesen Gästen, die sich an ihn zu erinnern schienen wie an einen guten alten Freund, tief in die Augen sah, flog die Vergangenheit darin vorüber wie in einem in Gold getauchten Film. Noch bevor das Wort fin auf der Leinwand erschien, sah er sich selbst oder das, was von ihm übrig geblieben war. Ein schrecklicher Anblick, dem er lieber aus dem Weg ging, ja, vor dem er sich bisweilen sogar versteckte.
Überhaupt war das Verstecken - neben dem Schlafen - zu einer seiner Lieblingsbeschäftigungen geworden. Die täglichen Ausflüge gleich nach dem Frühstück gehörten unbedingt dazu. Jacques fuhr noch immer die wunderbare Citroën DS, in einem Kleid aus Lack, genauso golden wie die Bilder der Vergangenheit. La Déesse - die Göttin, wie Kenner sie nur bewundernd nannten. Es war die von Henri Chapron in Paris gefertigte Cabrioversion, die Krönung französischen Automobilbaus. Wenn seine Freunde ihn fragten, ob er nicht endlich auf etwas Modernes umsteigen wolle - denn die DS war bereits eine betagte Dame, die Produktion war 1975 eingestellt worden -, schüttelte er nur den Kopf. Dann schaute er seine Freunde an, als wären sie kleine Kinder, die in ihrer Naivität soeben etwas unendlich Dummes von sich gegeben hatten.
»In diesem Auto habe ich zehn Prozent der besten Zeit meines Lebens verbracht«, sagte er dann immer.
Daraufhin blickten ihn wiederum seine Freunde an, als wäre er ein kleines Kind, das in seiner Naivität soeben etwas unendlich Dummes von sich gegeben hatte.
Dabei war es nur logisch. Vor einigen Jahren hatte Jacques sich an den kleinen Holztisch in seiner Küche in der Wohnung über dem Paris gesetzt, die schon damals dringend mal wieder hätte aufgeräumt werden müssen, um auf einem Zettel folgende Bestandsaufnahme seines Lebens zu notieren:
Elli & Jacques (gemeinsam verbrachte Zeit): Paradies: ca. 35 % Bett: ca. 35 % Piratenmast: ca. 10 % Auto: ca. 10 % weitere Orte: ca. 10 %
Das Auto lag also gleichauf mit dem Piratenmast auf Platz drei und gehörte somit zu den schützenswerten Orten, sozusagen zu Jacques' privatem Weltkulturerbe, das unter keinen Umständen angetastet werden durfte und höchsten Rang genoss.
Mit Elli war er jeden Tag nach dem Frühstück auf den Markt nach Trouville gefahren, um die Einkäufe für das Restaurant zu erledigen. Einen Tag in der Woche schlossen sie das Paradies einfach ab und machten sich auf und davon. Im Sommer an die Strände, die wie prächtige weiße Läufer die Grenze zwischen Meer und Land markierten, über bunte Blumenwiesen, durch schattenspendende Wälder, einer kleinen Landstraße folgend, an der romantische Weiler und Dörfer links und rechts wie Perlen aufgezogen waren. Im Winter, wenn weniger Kundschaft kam und sie es sich erlauben konnten, das Restaurant für mehrere Tage zu schließen, fuhren sie bis nach Paris.
»Gibt es einen schöneren Ort auf dieser Welt, um sein hart erarbeitetes Geld an einem einzigen Tag und in einer einzigen Nacht zu verprassen, nur wir zwei?«, fragte Jacques sie einmal, als sie eines Heiligabends im Stau mitten auf den Champs-Élysées in den milchkaffeebraunen Sitzen ihres Autos festsaßen.
Es hatte zu schneien begonnen - wenn auch nur für Minuten, was dennoch in Paris äußerst selten vorkam.
Da hatte Elli die Hände von dem leise pfeifenden Gebläse genommen und sie ihm rechts und links auf die Wange gelegt. Wie warm sie gewesen waren!
Er fühlte noch heute jeden einzelnen ihrer Finger, wenn er an diesen Moment zurückdachte. Sich etwas Moderneres zuzulegen als ein Auto, in dem sich so etwas ereignet hatte? Pff! Bestanden denn alle Menschen in seiner Umgebung allein aus Körper und Gehirn, hatte denn niemand mehr ein Herz? Das also waren die modernen Zeiten. Wenn sie so aussahen, konnten sie ihm ruhig gestohlen bleiben. Da lebte er, Jacques, lieber weiter in der Vergangenheit.
Die DS stand hinter dem Haus, und wenn er sich morgens - andere Leute pflegten zu sagen: gegen Mittag - zu seiner kleinen Tour aufmachte, kam er stets bei Pferd und Esel vorbei. Zu diesem Zeitpunkt hatte er das Morgengebet in der Regel schon hinter sich. Für gewöhnlich begab er sich dazu nach oben auf den Piratenmast, wo ihm der aufziehende Tag demütig zu Füßen lag. Manchmal jedoch sprach er es auch an der Koppel, während er Pferd und Esel sanft übers Maul strich, so wie an jenem Morgen.
»Lieber Gott, bitte schenke Elli und mir einen wunderbaren Tag. Uns zweien und allen, die wir lieben und die uns lieben. Inklusive Pferd und Esel.«
An dieser Formel hatte er bis heute nichts geändert. Jacques war nicht besonders gläubig. Als er mit Elli durchgebrannt war, hatte er auch sein streng katholisches Elternhaus hinter sich gelassen, und mit ihm jene regelstrenge, eisige Frömmigkeit, die ihm oft genug als edel verkleidete Kaltherzigkeit begegnet war und ihn dem Glauben hatte abschwören lassen. Nur dieses eine kleine Relikt war ihm geblieben, diese zwei Zeilen eines selbst gedichteten Morgengebets, gerichtet an einen Gott, der hoffentlich ganz anders war, als es seine Eltern ihm hatten weismachen wollen. Er wünschte ihnen von ganzem Herzen, dass es nicht ihr Himmel war, in dem sie nun leben mussten.
Es war noch recht früh für Jacques' Verhältnisse an diesem Morgen. Über den Wiesen lag ein feiner silbriger Dunst, den die Sonne sicher bald vertreiben würde. Vom Meer wehte das Geschrei der Möwen herüber. Das Fell von Pferd und Esel war von einem glänzenden Schleier überzogen, während sie ihre breiten, feuchten Nasen wieder und wieder sanft in die Innenfläche seiner Hand stupsten.
»Bis später«, wandte er sich an die beiden, »in etwa zwei Stunden bin ich zurück.«
Nach Ellis Tod hatte er sich angewöhnt, Pferd und Esel wie ganz normale Menschen anzusprechen, so wie sie es früher gemacht hatte - selbstverständlich von ihm belächelt. Nun tat er es selbst und versuchte nachzufühlen, was sie empfunden haben musste. Treu der von ihr begonnenen Familientradition folgend, behandelte er die beiden Tiere so, als wären sie die Kinder, die ihm und ihr verwehrt geblieben waren. Elli hatte nicht schwanger werden können - warum, hatte niemand je mit Sicherheit herausgefunden.
Für gewöhnlich fuhr er nicht länger als ein halbes Stündchen durch die Landschaft, um seine Gedanken für den bevorstehenden Tag zu ordnen und die jeweils süßen oder erschreckenden Träume der vergangenen Nacht hinter sich zu lassen. Doch heute musste er in die Stadt zu seinem Anwalt. Die Umstände zwangen ihn dazu. Das Amtsgericht hatte das Feuer eröffnet.
Die Landstraße schlängelte sich in eleganten Kurven durch eine weite, flache Landschaft in den Pastell- tönen des Sommers. Jacques ließ es langsam angehen. Er hatte keine Eile. Allein der Gedanke an das bevorstehende Gespräch mit seinem Anwalt verursachte ihm Bauchschmerzen. Gemächlich war er mit seiner goldgewandeten Göttin die Auffahrt hinauf bis zur Straße getuckert - er und das Paris waren die letzten Anlieger, bevor das Land ins Meer fiel -, um dann in den sanft dahinfließenden Rhythmus der Landstraße einzutauchen, die er kannte wie seine eigene Westentasche.
Mit einem prüfenden Blick in den Rückspiegel versicherte Jacques sich, dass sein Gesicht sich nicht unangemessen von der Traurigkeit des Anlasses dieser Fahrt im Speziellen und seines Lebens im Allgemeinen abhob. Er konnte zufrieden sein. Es war ihm nicht einmal gelungen, sich zu rasieren an diesem Morgen. Er hatte seinen vernachlässigten Körper in den schwarzen Anzug gezwängt, den er das letzte Mal bei Ellis Beerdigung getragen hatte. Immerhin war der Termin, zu dem er fuhr, nichts anderes als das: eine Beerdigung. Auf seine private Kapitulation folgte nun um sieben Jahre zeitversetzt seine berufliche.
Copyright © 2012 by Blanvalet Verlag, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München
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Autoren-Porträt von Ben Bennett
Ben Bennett, geboren 1970, ist Werbetexter und lebt mit seiner Familie auf Mallorca.
Autoren-Interview mit Ben Bennett
Würden Sie uns ein wenig über sich erzählen - Ihre Hobbys, Lebenssituation, Ihren Traum vom Glück, was Sie ärgert, welche Gabe Sie gerne besäßen ...?Ben Bennett: Nach Stationen in Los Angeles, Mallorca und Südfrankreich lebe ich nun in Barcelona; ich habe den besten fünfjährigen Sohn der Welt, zwei überaus faule, aber ziemlich liebenswerte Hunde und das großartige Privileg, von meinem Traumberuf, dem Schreiben leben zu können - all das bedeutet für mich Glück.Und auch, im hohen Alter von einundvierzig Jahren ;-), noch immer den Glauben an die große Liebe nicht aufgegeben zu haben. „Es geschieht nichts, was wir nicht zuvor geträumt haben." Nach dieser Devise lebe ich. Träumen + handeln = eine gute Chance, ein glückliches Leben zu führen. P.S.: Nicht zu sehr auf andere Leute hören, die angeblich nur das Beste für einen wollen und von allem abraten - und in Wahrheit nur nicht mutig genug sind, ihre eigenen Träume zu leben.
Wie kamen Sie zum Schreiben?
Ben Bennett: Meine Karriere als Schriftsteller begann in der vierten Klasse der Grundschule. Mit der Gründung einer Schülerzeitung und einer Fortsetzungsgeschichte namens „Die Ratten, die nicht zur Schule kamen." Ein kontroverser Bestseller, der von der Schülerschaft begeistert aufgenommen wurde, von den Lehrern weniger.
Wie finden Sie Ihre Themen?
Ben Bennett: Jeden Tag aufzuwachen an dem Ort, an dem ich sein möchte; frei zu sein. Nicht gefangen in einem Leben, das ich eigentlich nicht leben möchte. Wenn ich durchatmen kann, am besten an einem weiten Strand am Meer, kommen die Geschichten zu mir.
An welchem Buch arbeiten Sie gerade?
... mehr
Ben Bennett: Es heißt „Ein weißes Blatt Papier" und handelt von einer Frau, die durch ein Geschenk des Himmels eine zweite Chance bekommt, ihr Leben noch einmal zu leben. Das, was sie falsch gemacht hat, nun richtig zu machen.
Welche Szene daraus war bisher am schwierigsten zu schreiben?
Ben Bennett: Alle. ;-)
Gibt es bestimmte geographische Orte, zu denen Sie oder Ihr Buch einen besonderen Bezug haben?
Ben Bennett: Das Meer. Der Himmel.
Was lesen Sie selber gerne?
Ben Bennett: Querbeet. Von amerikanischen Autoren wie Dirk Wittenborn, Jonathan Franzen und Co. über Haruki Murakami und Paulo Coelho zu Alessandro Baricco und Deutschlands einzigem lebenden Autor von Weltruf, Patrick Süskind, von dem es ja leider nicht allzu viel zu lesen gibt. Martin Suter gefällt mir ebenfalls sehr gut. Plus selbstverständlich Hermann Hesse, wie sollte es auch anders sein?
Möchten Sie uns 3 Bücher für die einsame Insel empfehlen?
Ben Bennett: „Seide" von Alessandro Baricco, „Gefährliche Geliebte" von Haruki Murakami, „Veronika beschließt zu sterben" von Paulo Coelho. Und als Nummer vier und fünf „Nachtmahl im Paradies" sowie, falls Sie noch romantisch wie ein Teenager sind: „Seestern" von Ben Bennett ;-)
Was ist für Sie die größte Versuchung?
Ben Bennett: Davon gibt es ein paar, aber die jugendfreie ist ohne jede Frage guter Rotwein. Der im Übrigen sehr gesund ist (was nicht heißen soll, dass andere Versuchungen es nicht sind...).
Verraten Sie uns Ihr Lieblingsrezept?
Ben Bennett: Ich koche sehr gern. Und liebe alles, was mit Pasta zu tun hat. Dabei folge ich der klassischen italienischen Regel: Das Beste kann so einfach sein. Das gilt auch für Spaghetti Bolognese ...
Was ist für Sie die optimale Entspannung?
Ben Bennett: Einen Café con leche trinken und auf das Meer hinausschauen.
Haben Sie ein Lebensmotto?
Ben Bennett: Träume deinen Traum nicht, lebe ihn. Das klingt nach einem Klischee. Aber die Wahrheit ist: Fast niemand tut es. Weil es so viel leichter ist, sich zu beschweren, warum man etwas nicht tun kann, als das Risiko einzugehen, etwas zu wagen. „Eigentlich würde ich ja lieber..." Ein fast schon standardisierter Anfang eines Satzes in vielen Ländern Europas, den man in Amerika, England oder Skandinavien nur selten vernimmt. Weil die Menschen ihren Träumen dort offen gegenüber stehen. Sie umarmen ihre Träume anstatt sie zu verbannen.
Gibt es eine Person, die Sie persönlich fasziniert?
Ben Bennett: Mein Sohn.
Wollen Sie Ihren LeserInnen eine kurzen Gruß schreiben - wir würden uns freuen!
Ben Bennett: Liebe Ben Bennett-Leserin!
„Es geschieht nichts, was wir nicht zuvor geträumt haben." Dieser Satz könnte der Anfang sein. Für eine neue Liebe. Für ein neues Leben. Es ist nie zu spät. Meine Geschichten handeln von Menschen, die eine zweite Chance bekommen. Als ein Geschenk des Himmels. Warten Sie nicht auf den Himmel - nehmen Sie Ihr Glück selbst in die Hand. Haben Sie keine Angst, Fehler zu machen. Es ist genauso wie es Albert Einstein formuliert hat: „Wer nie einen Fehler gemacht hat, hat nie etwas Neues probiert." Manchmal muss man einfach mutig sein. Unvernünftig. Denn nur so kommt man irgendwann an: am Ziel seiner Träume.
Ihr Ben Bennett
Ben Bennett: Es heißt „Ein weißes Blatt Papier" und handelt von einer Frau, die durch ein Geschenk des Himmels eine zweite Chance bekommt, ihr Leben noch einmal zu leben. Das, was sie falsch gemacht hat, nun richtig zu machen.
Welche Szene daraus war bisher am schwierigsten zu schreiben?
Ben Bennett: Alle. ;-)
Gibt es bestimmte geographische Orte, zu denen Sie oder Ihr Buch einen besonderen Bezug haben?
Ben Bennett: Das Meer. Der Himmel.
Was lesen Sie selber gerne?
Ben Bennett: Querbeet. Von amerikanischen Autoren wie Dirk Wittenborn, Jonathan Franzen und Co. über Haruki Murakami und Paulo Coelho zu Alessandro Baricco und Deutschlands einzigem lebenden Autor von Weltruf, Patrick Süskind, von dem es ja leider nicht allzu viel zu lesen gibt. Martin Suter gefällt mir ebenfalls sehr gut. Plus selbstverständlich Hermann Hesse, wie sollte es auch anders sein?
Möchten Sie uns 3 Bücher für die einsame Insel empfehlen?
Ben Bennett: „Seide" von Alessandro Baricco, „Gefährliche Geliebte" von Haruki Murakami, „Veronika beschließt zu sterben" von Paulo Coelho. Und als Nummer vier und fünf „Nachtmahl im Paradies" sowie, falls Sie noch romantisch wie ein Teenager sind: „Seestern" von Ben Bennett ;-)
Was ist für Sie die größte Versuchung?
Ben Bennett: Davon gibt es ein paar, aber die jugendfreie ist ohne jede Frage guter Rotwein. Der im Übrigen sehr gesund ist (was nicht heißen soll, dass andere Versuchungen es nicht sind...).
Verraten Sie uns Ihr Lieblingsrezept?
Ben Bennett: Ich koche sehr gern. Und liebe alles, was mit Pasta zu tun hat. Dabei folge ich der klassischen italienischen Regel: Das Beste kann so einfach sein. Das gilt auch für Spaghetti Bolognese ...
Was ist für Sie die optimale Entspannung?
Ben Bennett: Einen Café con leche trinken und auf das Meer hinausschauen.
Haben Sie ein Lebensmotto?
Ben Bennett: Träume deinen Traum nicht, lebe ihn. Das klingt nach einem Klischee. Aber die Wahrheit ist: Fast niemand tut es. Weil es so viel leichter ist, sich zu beschweren, warum man etwas nicht tun kann, als das Risiko einzugehen, etwas zu wagen. „Eigentlich würde ich ja lieber..." Ein fast schon standardisierter Anfang eines Satzes in vielen Ländern Europas, den man in Amerika, England oder Skandinavien nur selten vernimmt. Weil die Menschen ihren Träumen dort offen gegenüber stehen. Sie umarmen ihre Träume anstatt sie zu verbannen.
Gibt es eine Person, die Sie persönlich fasziniert?
Ben Bennett: Mein Sohn.
Wollen Sie Ihren LeserInnen eine kurzen Gruß schreiben - wir würden uns freuen!
Ben Bennett: Liebe Ben Bennett-Leserin!
„Es geschieht nichts, was wir nicht zuvor geträumt haben." Dieser Satz könnte der Anfang sein. Für eine neue Liebe. Für ein neues Leben. Es ist nie zu spät. Meine Geschichten handeln von Menschen, die eine zweite Chance bekommen. Als ein Geschenk des Himmels. Warten Sie nicht auf den Himmel - nehmen Sie Ihr Glück selbst in die Hand. Haben Sie keine Angst, Fehler zu machen. Es ist genauso wie es Albert Einstein formuliert hat: „Wer nie einen Fehler gemacht hat, hat nie etwas Neues probiert." Manchmal muss man einfach mutig sein. Unvernünftig. Denn nur so kommt man irgendwann an: am Ziel seiner Träume.
Ihr Ben Bennett
August 2012
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Bibliographische Angaben
- Autor: Ben Bennett
- 2012, 318 Seiten, Maße: 12,4 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442380081
- ISBN-13: 9783442380084
Rezension zu „Nachtmahl im Paradies “
"Reisen Sie [...] in die Welt der Gefühle und lassen Sie sich verzaubern."
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