Nicht totzukriegen
Roman. Originalausgabe
12 Jahre Ehe für Tom und Nicole. Da lebt man sich emotional schon mal auseinander. Doch als Nicole erfährt, dass Tom eine Affäre hat, erwachen die Gefühle in ihr: Mordgefühle. Und sie schmiedet Mordpläne. Doch dummerweise alle...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Nicht totzukriegen “
12 Jahre Ehe für Tom und Nicole. Da lebt man sich emotional schon mal auseinander. Doch als Nicole erfährt, dass Tom eine Affäre hat, erwachen die Gefühle in ihr: Mordgefühle. Und sie schmiedet Mordpläne. Doch dummerweise alle erfolglos. Denn Tom scheint unsterblich zu sein.
Klappentext zu „Nicht totzukriegen “
Und täglich grüßt der Göttergatte! Nicole und Tom, seit zwölf Jahren verheiratet, haben sich auseinandergelebt. Tom, der seine eigene Firma führt, geht in seinem Beruf auf und hat sich zum Workaholic-Macho entwickelt. Nicole verkümmert emotional an seiner Seite. Als sie erfährt, dass Toms Überstunden neuerdings schlank und blond mit rosa Dessous sind, entwickelt sie Mordpläne. Viele Mordpläne. Und sie kann alle verwirklichen, denn - nach jedem ihrer Morde ersteht Tom wieder auf, als wäre nichts gewesen. Es beginnt die aufregendste Zeit ihrer Ehe ...Für alle Fans von »Mieses Karma«!
Lese-Probe zu „Nicht totzukriegen “
Nicht totzukriegen von Claus Vaske1
»Männer«, sagt Maryam, »werden irgendwann sowieso überflüssig, die Evolution wird sie hinwegfegen, ihr Y-Chromosom verkümmert, sie gleichen sich uns immer mehr an.«
Na toll, dann erledigen wir das, was heute die Männer tun; wir mähen Rasen, kicken - und ein paar von uns werden's, teils aus Neigung, teils mangels Alternative, vermutlich auch miteinander treiben. Eine Welt wie eine Frauenfußballmannschaft - das soll ein Trost sein?
Aber Maryam darf so reden, nicht nur, weil sie meine beste Freundin ist. Sie hat es nicht so mit Männern: Sie ist Scheidungsanwältin, und eine feste Beziehung einzugehen, sagt sie, wäre da in höchstem Grade unprofessionell. Ein verheirateter Kollege ist in ihren Augen ungefähr so glaubwürdig wie eine Diätberaterin, die man mittags bei McDonald's trifft, wie sie heimlich ihr Maxi-Menü mampft.
Mein Stil ist das aber nicht. Liegt vielleicht auch daran, dass ich den Mann gefunden habe, der mich versteht und so akzeptiert, wie ich bin - und er kennt mich auch in meiner ausgeleiertsten Funktionsunterwäsche. Ich bin glücklich verheiratet, eigentlich immer ... na ja, meistens ...
2
... mehr
Mein Sternzeichen ist Wühlmaus, Aszendent Maulwurf. Erst habe ich unterm Küchenfenster ein neues Beet angelegt und Begonien gepflanzt, später dann den Rasenrand zurechtgestutzt und Unkraut gejätet. Jetzt relaxe ich auf der Terrasse, von wo aus ich zufrieden mein Tagwerk überblicken kann. Ich lese und kraule dabei MacLeod den Nacken, der an meiner Seite seiner Lieblingsbeschäftigung nachgeht: die Pitchpine-Dielen der Terrasse vollsabbern.
Mein Leben ist, wie es ist, perfekt, außer dass ich gleich, um von der Sonne nicht zu sehr geblendet zu werden, meine Liege wohl oder übel ein kleines Stück weiter nach rechts schieben muss. Aber dazu müsste ich aufstehen. Stattdessen werfe ich für den Hochleistungsspeichler einen Ball in den Garten, der Labrador schaut zu mir hoch, schaut dem Ball nach, schaut wieder mich an, dann legt er den Kopf zwischen die Pfoten und schließt dösig die Augen. Wir sollten ihn als Einrichtungsgegenstand deklarieren, dann müssen wir wenigstens keine Hundesteuer mehr zahlen. MacLeod ist der faulste Hund der Welt, seine ganze Energie konzentriert er aufs Sabbern. Maryam unterstellt ihm, er sei der einzige Rüde, der beim Sex unten liegen will - weil's bequemer ist.
Die Strahlen der Sonne brechen seitlich durchs Laubdach, ich müsste jetzt tatsächlich die Liege verrücken, wenn ich weiterlesen will. Doch die Story des Krimis zieht sich: Auf Seite 76 hat Commissario Pallentini zwar schon seine neue Assistentin und eine Zeugin vernascht, aber noch keinen blassen Schimmer, wer der Mörder sein könnte. Ich klappe enttäuscht das Buch zu und überlege, wann Tom wohl heimkommt. Wir könnten einen Tisch im Gartenrestaurant reservieren oder zu einem netten Weinlokal im Rheingau rausfahren. Etwas Schönes unternehmen. Er hat sich mit seinem Kumpel Johannes in der Scheunengarage verabredet, um an den Oldtimern herumzuschrauben. Hoffentlich vergreift er sich nicht wieder am Getriebe, das kann erfahrungsgemäß dauern.
Vor zwei Jahren sind wir in diesen Vorort gezogen, nach Hellersheim, raus aus dem Mief der Stadt, rauf auf den Berg, und mit dem Haus haben wir richtig Glück gehabt: Es ist ruhig, die Nachbarn sind nett oder zumindest auf eine sehr friedliche Weise wahnsinnig. Von Niemeyers nebenan wummern wieder dezent The Grateful Dead herüber (wir haben Stunden bei Youtube suchen müssen, um die komische Musik zu identifizieren), die beiden Senior-Sannyasins sind die Generation null der Hippiebewegung, Veteranen der Flower Power, sie könnten als Beweis dienen, dass Kiffen das Leben verlängert. Tom sagt immer, die sind so alt, in den Sechzigern sind sie nur nach Woodstock gefahren, um ihre Tochter abzuholen. Gelegentlich hüpfen sie sogar noch nackt durch den Garten. Quietschfidel sind die beiden - und dazu sehr freundlich. Aber sobald ihre Cannabispflanzung in unseren Garten ausstreut, verklage ich sie.
Hellersheim ist die perfekte Vorstadtidylle, mit dem Auto kaum mehr als zehn Minuten von der Innenstadt entfernt. Noch perfekter wäre es allerdings, wenn Tom jetzt verdammt nochmal nach Hause käme oder zumindest anriefe. Der Apfel, den ich mir aus der Küche geholt habe, hilft nicht wirklich gegen den Hunger. Es ist tote Hose hier draußen. MacLeod hat das Sabbern eingestellt, irgendwo entfernt haben vorhin noch spielende Kinder krakeelt, aber die kriegen jetzt bestimmt ihr Abendessen, und dann geht's ins Bett.
A propos Bett: Ich hätte nicht schlecht Lust, später am Abend mal wieder die Familienplanung in Angriff zu nehmen. Aber dafür müsste mein Herr Göttergatte allmählich mal nach Hause kommen! Gleich ist es zu spät, um noch was zu unternehmen, ich habe aber auch keinen Bock, ihm schon wieder hinterherzutelefonieren. Mir graut davor, wieder allein hocken zu bleiben, und das an so einem traumhaften Frühsommerabend. Ich merke, wie der Ärger in mir hochsteigt.
Das Horoskop sagt, Wühlmäuse mit Aszendent Maulwurf fühlen sich heute einsam und verloren.
3
»Hat er eine andere?«
»Tom? Nie.«
»Das sagen sie alle, Nicole.«
»O - mein - Gott. Für die würde ich töten!« Ich packe Maryam am Arm, sie schaut mich irritiert an. Der Themenwechsel kommt für sie zu plötzlich. Nein, nichts Kriminelles, wir sind nur auf unserer Donnerstagabendafterworkfreundinnenshoppingtour vor dem Schaufenster von Calxadonna angekommen, der ortsansässigen Apotheke für italienische Lederpreziosen. Schöne Schuhe sind wie Medikamente: Man bezahlt für sie viel Geld, fühlt sich danach aber gleich viel besser. Und das fast ohne Nebenwirkungen. Mein Objekt der Begierde ist ein Paar rehbrauner Stiefeletten. Nicht der Hauch eines Makels verunziert das Oberleder, das so weich, zart und unschuldig wirkt wie ein neugeborenes Bambi. Kann ich widerstehen?
»Könntest du mich loslassen?«, bittet Maryam, »mein Arm stirbt ab.«
»Entschuldige.«
Eine halbe Stunde später sitzen wir im Dante, unserem Lieblingscafé, und besiegeln den Kauf mit heißem Kakao und Prosecco. In der Zwischenzeit sind wir in die Boutique gestürmt, ich habe die Bambis anprobiert und entzückt geseufzt, Maryam hat mir versichert, dass die Schuhe a) toll aussähen, b) bestimmt superbequem seien, ich sie c) bestimmt auch zu festlichen Anlässen tragen könne, sie d) sowieso überhaupt nur mir stünden, e) der Preis absolut angemessen und f) der Kauf insgesamt eine lohnende Investition sei. Etwa in dieser Reihenfolge. Wie immer habe ich schuldbewusst gefragt: »Brauch ich die wirklich?«, wie immer hat Maryam gedroht: »Sonst nehm ich sie!«, wie immer habe ich daraufhin stracks auf der überteuerten Hacke kehrtgemacht, um die Kreditkarte zu zücken - aber mit schlechtem Gewissen. Das übliche Ritual.
»Ist dir schon mal aufgefallen, dass die meisten Standesbeamten ledig sind? Die wissen, warum.« Wir sind wieder beim Thema: meine Ehe, aus der irgendwie die Luft raus ist.
Ich beschwichtige: »Ich kenn Tom. Da ist nichts.« »Und ich kenn die Männer.«
»Maryam! Er muss nur viel arbeiten.«
»Schatz, wenn ein Mann woanders wildert, dann wittere ich das zehn Meilen gegen den Wind. Und ›abends lange arbeiten‹ stinkt wie ein Rudel vergessener Dixiklos, Mensch!«
Maryams Welt - das sind Seitensprünge, Trennungen, Rosenkriege. Gesegnet mit einem Dekolleté, so drall, dass in dessen ungeahnten Tiefen vermutlich Kohle zu Diamanten gepresst werden könnte, das aber doch so samtweich verführerisch daherkommt wie CappuccinoMascarpone, ist sie in ihrem Job eine Killervenus.
Als Tochter eines syrischen Geschäftsmannes hat sie sich früh gegen die Dominanz der Männer wehren müssen, als Tochter einer syrischen Mutter hat sie gelernt, ihre üppigen Reize strategisch einzusetzen. Mit Erfolg. Bewusst raubt sie Männern das Denkvermögen bis zum Totalverlust, um so Frauen den Sprung in die Freiheit finanziell zu versüßen. Sie denkt schlecht von den Männern, sie kann nicht anders: Es ist ihre berufliche Bestimmung, überall Ehebruch und Verrat zu wittern.
»Seine Überstunden sind schlank, blond und tragen rosa Dessous. Wetten?«
»Er steht gar nicht so auf rosa Dessous«, kontere ich. »Das sagt er?«
Maryam schaut mich an, als hätte ich angekündigt, am Dienstag für vier Wochen zum Strandurlaub nach Nowosibirsk zu fahren: entsetzt, traurig, mit einer Spur Mitleid. Hastig verkündet sie: »Ich muss noch Eyeliner kaufen.«
Bitte? Maryam hat Eyeliner in ihrer Handtasche, mehrere, immer. Es liegt welcher bei ihr im Bad und auf dem Klo, ein paar dürften unter den Betten ihrer diversen abservierten Exlover verschollen sein, genug Eyeliner, um einen fetten Lidstrich rund um den gesamten Erdball zu ziehen. Und das heißt: Sie kneift. Sie flüchtet, um mir nicht irgendwas Peinliches sagen zu müssen.
Ich sollte mir Gedanken machen. Stehen alle Männer auf rosa Dessous? Vermutlich.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2011
Mein Sternzeichen ist Wühlmaus, Aszendent Maulwurf. Erst habe ich unterm Küchenfenster ein neues Beet angelegt und Begonien gepflanzt, später dann den Rasenrand zurechtgestutzt und Unkraut gejätet. Jetzt relaxe ich auf der Terrasse, von wo aus ich zufrieden mein Tagwerk überblicken kann. Ich lese und kraule dabei MacLeod den Nacken, der an meiner Seite seiner Lieblingsbeschäftigung nachgeht: die Pitchpine-Dielen der Terrasse vollsabbern.
Mein Leben ist, wie es ist, perfekt, außer dass ich gleich, um von der Sonne nicht zu sehr geblendet zu werden, meine Liege wohl oder übel ein kleines Stück weiter nach rechts schieben muss. Aber dazu müsste ich aufstehen. Stattdessen werfe ich für den Hochleistungsspeichler einen Ball in den Garten, der Labrador schaut zu mir hoch, schaut dem Ball nach, schaut wieder mich an, dann legt er den Kopf zwischen die Pfoten und schließt dösig die Augen. Wir sollten ihn als Einrichtungsgegenstand deklarieren, dann müssen wir wenigstens keine Hundesteuer mehr zahlen. MacLeod ist der faulste Hund der Welt, seine ganze Energie konzentriert er aufs Sabbern. Maryam unterstellt ihm, er sei der einzige Rüde, der beim Sex unten liegen will - weil's bequemer ist.
Die Strahlen der Sonne brechen seitlich durchs Laubdach, ich müsste jetzt tatsächlich die Liege verrücken, wenn ich weiterlesen will. Doch die Story des Krimis zieht sich: Auf Seite 76 hat Commissario Pallentini zwar schon seine neue Assistentin und eine Zeugin vernascht, aber noch keinen blassen Schimmer, wer der Mörder sein könnte. Ich klappe enttäuscht das Buch zu und überlege, wann Tom wohl heimkommt. Wir könnten einen Tisch im Gartenrestaurant reservieren oder zu einem netten Weinlokal im Rheingau rausfahren. Etwas Schönes unternehmen. Er hat sich mit seinem Kumpel Johannes in der Scheunengarage verabredet, um an den Oldtimern herumzuschrauben. Hoffentlich vergreift er sich nicht wieder am Getriebe, das kann erfahrungsgemäß dauern.
Vor zwei Jahren sind wir in diesen Vorort gezogen, nach Hellersheim, raus aus dem Mief der Stadt, rauf auf den Berg, und mit dem Haus haben wir richtig Glück gehabt: Es ist ruhig, die Nachbarn sind nett oder zumindest auf eine sehr friedliche Weise wahnsinnig. Von Niemeyers nebenan wummern wieder dezent The Grateful Dead herüber (wir haben Stunden bei Youtube suchen müssen, um die komische Musik zu identifizieren), die beiden Senior-Sannyasins sind die Generation null der Hippiebewegung, Veteranen der Flower Power, sie könnten als Beweis dienen, dass Kiffen das Leben verlängert. Tom sagt immer, die sind so alt, in den Sechzigern sind sie nur nach Woodstock gefahren, um ihre Tochter abzuholen. Gelegentlich hüpfen sie sogar noch nackt durch den Garten. Quietschfidel sind die beiden - und dazu sehr freundlich. Aber sobald ihre Cannabispflanzung in unseren Garten ausstreut, verklage ich sie.
Hellersheim ist die perfekte Vorstadtidylle, mit dem Auto kaum mehr als zehn Minuten von der Innenstadt entfernt. Noch perfekter wäre es allerdings, wenn Tom jetzt verdammt nochmal nach Hause käme oder zumindest anriefe. Der Apfel, den ich mir aus der Küche geholt habe, hilft nicht wirklich gegen den Hunger. Es ist tote Hose hier draußen. MacLeod hat das Sabbern eingestellt, irgendwo entfernt haben vorhin noch spielende Kinder krakeelt, aber die kriegen jetzt bestimmt ihr Abendessen, und dann geht's ins Bett.
A propos Bett: Ich hätte nicht schlecht Lust, später am Abend mal wieder die Familienplanung in Angriff zu nehmen. Aber dafür müsste mein Herr Göttergatte allmählich mal nach Hause kommen! Gleich ist es zu spät, um noch was zu unternehmen, ich habe aber auch keinen Bock, ihm schon wieder hinterherzutelefonieren. Mir graut davor, wieder allein hocken zu bleiben, und das an so einem traumhaften Frühsommerabend. Ich merke, wie der Ärger in mir hochsteigt.
Das Horoskop sagt, Wühlmäuse mit Aszendent Maulwurf fühlen sich heute einsam und verloren.
3
»Hat er eine andere?«
»Tom? Nie.«
»Das sagen sie alle, Nicole.«
»O - mein - Gott. Für die würde ich töten!« Ich packe Maryam am Arm, sie schaut mich irritiert an. Der Themenwechsel kommt für sie zu plötzlich. Nein, nichts Kriminelles, wir sind nur auf unserer Donnerstagabendafterworkfreundinnenshoppingtour vor dem Schaufenster von Calxadonna angekommen, der ortsansässigen Apotheke für italienische Lederpreziosen. Schöne Schuhe sind wie Medikamente: Man bezahlt für sie viel Geld, fühlt sich danach aber gleich viel besser. Und das fast ohne Nebenwirkungen. Mein Objekt der Begierde ist ein Paar rehbrauner Stiefeletten. Nicht der Hauch eines Makels verunziert das Oberleder, das so weich, zart und unschuldig wirkt wie ein neugeborenes Bambi. Kann ich widerstehen?
»Könntest du mich loslassen?«, bittet Maryam, »mein Arm stirbt ab.«
»Entschuldige.«
Eine halbe Stunde später sitzen wir im Dante, unserem Lieblingscafé, und besiegeln den Kauf mit heißem Kakao und Prosecco. In der Zwischenzeit sind wir in die Boutique gestürmt, ich habe die Bambis anprobiert und entzückt geseufzt, Maryam hat mir versichert, dass die Schuhe a) toll aussähen, b) bestimmt superbequem seien, ich sie c) bestimmt auch zu festlichen Anlässen tragen könne, sie d) sowieso überhaupt nur mir stünden, e) der Preis absolut angemessen und f) der Kauf insgesamt eine lohnende Investition sei. Etwa in dieser Reihenfolge. Wie immer habe ich schuldbewusst gefragt: »Brauch ich die wirklich?«, wie immer hat Maryam gedroht: »Sonst nehm ich sie!«, wie immer habe ich daraufhin stracks auf der überteuerten Hacke kehrtgemacht, um die Kreditkarte zu zücken - aber mit schlechtem Gewissen. Das übliche Ritual.
»Ist dir schon mal aufgefallen, dass die meisten Standesbeamten ledig sind? Die wissen, warum.« Wir sind wieder beim Thema: meine Ehe, aus der irgendwie die Luft raus ist.
Ich beschwichtige: »Ich kenn Tom. Da ist nichts.« »Und ich kenn die Männer.«
»Maryam! Er muss nur viel arbeiten.«
»Schatz, wenn ein Mann woanders wildert, dann wittere ich das zehn Meilen gegen den Wind. Und ›abends lange arbeiten‹ stinkt wie ein Rudel vergessener Dixiklos, Mensch!«
Maryams Welt - das sind Seitensprünge, Trennungen, Rosenkriege. Gesegnet mit einem Dekolleté, so drall, dass in dessen ungeahnten Tiefen vermutlich Kohle zu Diamanten gepresst werden könnte, das aber doch so samtweich verführerisch daherkommt wie CappuccinoMascarpone, ist sie in ihrem Job eine Killervenus.
Als Tochter eines syrischen Geschäftsmannes hat sie sich früh gegen die Dominanz der Männer wehren müssen, als Tochter einer syrischen Mutter hat sie gelernt, ihre üppigen Reize strategisch einzusetzen. Mit Erfolg. Bewusst raubt sie Männern das Denkvermögen bis zum Totalverlust, um so Frauen den Sprung in die Freiheit finanziell zu versüßen. Sie denkt schlecht von den Männern, sie kann nicht anders: Es ist ihre berufliche Bestimmung, überall Ehebruch und Verrat zu wittern.
»Seine Überstunden sind schlank, blond und tragen rosa Dessous. Wetten?«
»Er steht gar nicht so auf rosa Dessous«, kontere ich. »Das sagt er?«
Maryam schaut mich an, als hätte ich angekündigt, am Dienstag für vier Wochen zum Strandurlaub nach Nowosibirsk zu fahren: entsetzt, traurig, mit einer Spur Mitleid. Hastig verkündet sie: »Ich muss noch Eyeliner kaufen.«
Bitte? Maryam hat Eyeliner in ihrer Handtasche, mehrere, immer. Es liegt welcher bei ihr im Bad und auf dem Klo, ein paar dürften unter den Betten ihrer diversen abservierten Exlover verschollen sein, genug Eyeliner, um einen fetten Lidstrich rund um den gesamten Erdball zu ziehen. Und das heißt: Sie kneift. Sie flüchtet, um mir nicht irgendwas Peinliches sagen zu müssen.
Ich sollte mir Gedanken machen. Stehen alle Männer auf rosa Dessous? Vermutlich.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2011
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Autoren-Porträt von Claus Vaske
Vaske, ClausClaus Vaske, 1965 in Ankum geboren, lebt heute in Bonn und arbeitet erfolgreich als freier Autor und Texter - er schreibt Gags, Moderationen und Drehbücher für Fernsehen und Werbung. Als Romanautor ist er einzigartig. Wie kein anderer kann er sich in die Gefühlswelten und das Seelenleben von Frauen hineindenken. Nach 'Nicht totzukriegen' ist dies jetzt sein zweiter Roman, bei dem man vor lauter Lachen weinen und vor lauter Weinen lachen muss.
Bibliographische Angaben
- Autor: Claus Vaske
- 2011, 256 Seiten, Maße: 12,5 x 19 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596189802
- ISBN-13: 9783596189809
- Erscheinungsdatum: 14.07.2011
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