Percy Jackson, Doppelband
"Diebe im Olymp" und "Im Bann des Zyklopen"
- Diebe im Olymp: Irgendjemand hat etwas gegen ihn, da ist sich Percy sicher. Wenig später erfährt er das Unglaubliche: Er ist der Sohn des Meeresgottes Poseidon - und die fiesesten Gestalten der griechischen Mythologie...
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Produktinformationen zu „Percy Jackson, Doppelband “
- Diebe im Olymp: Irgendjemand hat etwas gegen ihn, da ist sich Percy sicher. Wenig später erfährt er das Unglaubliche: Er ist der Sohn des Meeresgottes Poseidon - und die fiesesten Gestalten der griechischen Mythologie sind hinter ihm her.
- Im Bann des Zyklopen
Lese-Probe zu „Percy Jackson, Doppelband “
Percy Jackson - Diebe im Olymp von Rick RiordanAus purem Zufall lasse ich
meine Mathelehrerin in Dampf aufgehen
... mehr
Echt, ich hab nicht darum gebeten, als Halbblut auf die Welt zu kommen.
Wenn ihr das hier lest, weil ihr auch gern eins wärt, dann rate ich euch: Klappt das Buch ganz schnell zu. Glaubt alle Lügen, die eure Eltern euch über eure Geburt erzählt haben, und versucht, ein normales Leben zu führen.
Ein Halbblut zu sein ist gefährlich. Beängstigend. Meistens führt es zu einem schmerzhaften, scheußlichen Tod.
Wenn ihr ganz normale Menschen seid und das hier lest, weil ihr es für einen Roman haltet, alles klar. Weiterlesen. Ich beneide euch darum, glauben zu können, dass das alles nie passiert ist.
Aber wenn ihr euch in diesen Seiten wiedererkennt - wenn sich in euch etwas regt -, dann hört sofort mit Lesen auf. Vielleicht gehört ihr ja zu uns. Und wenn ihr das erst wisst, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch sie es spüren und sich auf die Suche nach euch machen.
Behauptet nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.
Ich heiße Percy Jackson.
Ich bin zwölf Jahre alt. Bis vor ein paar Monaten habe ich die Yancy Academy besucht, ein Internat für Problemkinder, das in der Nähe von New York liegt.
Bin ich ein Problemkind?
Ja. Das kann man durchaus so sagen.
Ich könnte an jedem Punkt meines kurzen, elenden Lebens anfangen, um das zu beweisen, aber richtig schlimm wurde alles erst im vergangenen Mai, als wir eine Klassenfahrt nach Manhattan gemacht haben - achtundzwanzig durchgeknallte Kids und zwei Lehrer in einem gelben Schulbus, unterwegs zum Metropolitan Museum of Art, um sich antiken griechischen und römischen Kram anzusehen.
Ich weiß, es klingt wie pure Folter. Die meisten Schulausflüge von Yancy waren pure Folter.
Aber diese Fahrt wurde von Mr Brunner geleitet, unserem Lateinlehrer, und da hab ich mir doch Hoffnungen gemacht.
Mr Brunner war ein Mann in mittleren Jahren, der in einem motorisierten Rollstuhl saß. Er hatte schütteres Haar, einen struppigen Bart und trug eine ausgefranste Tweedjacke, die immer nach Kaffee roch. Eigentlich würde man ihn gar nicht für cool halten, aber er erzählte Geschichten und Witze und ließ uns im Unterricht Spiele machen. Und er hatte eine umwerfende Sammlung von römischen Rüstungen und Waffen, deshalb war er der einzige Lehrer, bei dem ich im Unterricht nicht eingeschlafen bin.
Ich hoffte also, dass dieser Ausflug ganz nett sein würde. Zumindest hoffte ich, dass ich ausnahmsweise einmal keinen Ärger kriegen würde.
O Mann, da lag ich ja so was von schief!
Bei Klassenfahrten habe ich einfach immer Pech. Wie damals, als wir das Schlachtfeld von Saratoga besucht haben. Da passierte dieses Unglück mit der Kanone aus dem Unabhängigkeitskrieg. Ich hatte natürlich nicht auf den Schulbus gezielt, aber von der Schule gefeuert wurde ich trotzdem. Und auf der Schule davor hab ich, als wir im Haifischpark hinter die Kulissen schauen sollten, auf dem Steg aus Versehen den falschen Hebel berührt und die ganze Klasse musste unerwartet eine Runde schwimmen. Und auf der Schule davor ... na ja, ihr wisst schon, was ich meine.
Auf diesem Ausflug also sollte alles gut gehen, dazu war ich fest entschlossen.
Während der ganzen Fahrt in die Stadt sah ich taten los zu, wie Nancy Bobofit, die rothaarige, sommersprossige Kleptomanin, meinem besten Freund Grover immerzu Stückchen von einem Erdnussbutter-Ketchup-Sandwich an den Hinterkopf warf.
Grover war ein leichtes Opfer. Er war schwächlich. Er weinte, wenn etwas schiefging. Sicher hatte er mehrere Klassen wiederholen müssen, er war der Einzige bei uns, der Akne und den ersten Bartflaum im Gesicht hatte. Und zu allem Überfluss war er auch noch behindert. Er hatte es schriftlich, dass er bis an sein Lebensende vom Sportunterricht befreit war, weil er irgendeine Art Muskelkrankheit in den Beinen hatte. Er hatte einen komischen Gang, jeder Schritt schien ihm wehzutun, aber davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Ihr hättet ihn mal loswetzen sehen sollen, wenn es in der Schulmensa Enchiladas gab.
Jedenfalls beschmiss Nancy Bobofit ihn mit Brotklumpen, die in seinen braunen Locken kleben blieben, und sie wusste, dass ich ihr nichts tun würde, weil ich ohnehin auf Bewährung war. Der Rektor hatte mir mit sofortigem Rausschmiss gedroht, wenn auf diesem Schulausflug irgendetwas Schlimmes, Peinliches oder auch nur leicht Amüsantes passierte.
»Ich bring sie um«, murmelte ich.
Grover versuchte, mich zu beruhigen. »Ist schon gut. Ich ess gern Erdnussbutter.«
Er wich einem weiteren Brocken von Nancys Mittagessen aus.
»Das reicht.« Ich wollte aufstehen, aber Grover zog mich zurück auf meinen Sitz.
»Du bist auf Bewährung«, mahnte er. »Und du weißt, wem sie die Schuld zuschieben werden, wenn irgendwas schiefgeht.«
Im Nachhinein wünschte ich, ich hätte Nancy Bobofit an Ort und Stelle eine reingesemmelt. Von der Schule zu fliegen wäre noch gar nichts gewesen im Vergleich zu den Scherereien, die ich nun bald haben würde.
Mr Brunner führte uns durch das Museum.
Er fuhr in seinem Rollstuhl vor uns her durch weite Galerien mit lautem Echo, vorbei an Marmorstatuen und Glaskästen voller uralter schwarzer und orangefarbener Töpfersachen.
Ich konnte es einfach nicht fassen, dass dieser Kram zwei- oder dreitausend Jahre überlebt hatte.
Mr Brunner versammelte uns vor einer fast vier Meter hohen Steinsäule, auf der eine Sphinx saß, und erzählte uns, dass das eine Grabsäule sei, eine Stele, für ein Mädchen in ungefähr unserem Alter. Er erzählte uns, was an den Seiten in den Stein geritzt war. Ich versuchte, mir das alles anzuhören, weil es ja irgendwie doch interessant war, aber alle um mich herum quasselten, und immer, wenn ich »Haltet doch mal die Klappe« sagte, starrte die andere Lehrerin, Mrs Dodds, mich wütend an.
Mrs Dodds war eine kleine Mathelehrerin aus Georgia und trug immer eine schwarze Lederjacke, obwohl sie schon fünfzig war. Sie sah fies genug aus, um auf einer Harley voll in deinen Schrank zu brettern. Sie war mitten im Schuljahr nach Yancy gekommen, als unsere letzte Mathelehrerin einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte.
Vom ersten Tag an war Mrs Dodds hin und weg von Nancy Bobofit, mich dagegen hielt sie für die reine Teufelsbrut. Sie zeigte immer wieder mit ihrem krummen Finger auf mich und sagte honigsüß: »So, mein Herzchen«, und dann wusste ich, dass mir ein Monat Nachsitzen bevorstand.
Einmal, nachdem ich bis nach Mitternacht Auflösungen aus alten Mathebüchern hatte ausradieren müssen, sagte ich zu Grover, dass ich mir gar nicht vorstellen könnte, dass Mrs Dodds ein Mensch sei. Er schaute mich mit ganz ernster Miene an und sagte: »Du hast ja so recht.«
Mr Brunner redete noch immer über griechische Grabkunst.
Da riss Nancy Bobofi t einen blöden Witz über den nackten Typen oben auf der Stele und ich fuhr herum und sagte: »Kannst du jetzt endlich mal die Klappe halten?«
Das sagte ich lauter, als ich es vorgehabt hatte.
Die ganze Gruppe prustete los. Mr Brunner hörte mitten in der Geschichte auf.
»Mr Jackson«, sagte er. »Möchten Sie einen Kommentar abgeben?«
Mein Gesicht war knallrot. Ich sagte: »Nein, Sir.«
Mr Brunner zeigte auf eins der Bilder auf der Stele. »Vielleicht könnten Sie uns sagen, was dieses Bild darstellt?«
Ich schaute mir die in Stein geritzte Zeichnung an und war total erleichtert, weil ich das Bild erkannte. »Das ist Kronos, der seine Kinder frisst, nicht?«
»Ja«, sagte Mr Brunner, war damit aber offenbar noch nicht zufrieden. »Und das hat er getan, weil ...«
»Na ja ...« Ich zerbrach mir den Kopf, um mich zu erinnern. »Kronos war der König der Götter und ...«
»Götter?«, fragte Mr Brunner.
»Titanen«, korrigierte ich mich. »Und ... er misstraute seinen Kindern, die Götter waren. Und also, ähem, hat Kronos sie aufgegessen, stimmt's? Aber seine Frau hatte den kleinen Zeus versteckt und Kronos stattdessen einen Felsen zu essen gegeben. Und als Zeus dann später größer wurde, hat er seinen Papa, Kronos, dazu gebracht, seine Geschwister auszukotzen ...«
»Uääh!«, sagte eins von den Mädchen hinter mir.
»... und dann gab es einen wütenden Kampf zwischen Göttern und Titanen«, fügte ich hinzu. »Und die Götter haben gewonnen.«
In der Gruppe kicherten einige.
Hinter mir murmelte Nancy Bobofit einer Freundin zu: »Als ob wir das im wirklichen Leben zu irgendwas brauchen könnten. Als ob uns bei einer Jobbewerbung irgendwer sagen wird, ›bitte erklären Sie uns, warum Kronos seine Kinder verspeist hat‹.«
»Und warum, Mr Jackson«, sagte Brunner, »um Miss Bobofits hervorragende Frage anders zu formulieren, spielt das im wirklichen Leben eine Rolle?«
»Reingefallen«, murmelte Grover.
»Fresse«, zischte Nancy, und ihr Gesicht war jetzt noch röter als ihre Haare.
Wenigstens war Nancy jetzt auch erwischt worden. Mr Brunner war der Einzige, der jemals hörte, wenn sie etwas Falsches sagte. Der Mann hatte wirklich Radarohren.
Ich dachte über seine Frage nach und zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, Sir.«
»Aha.« Mr Brunner machte ein enttäuschtes Gesicht. »Na, immerhin ein halber Punkt, Mr Jackson. Zeus hat Kronos in der Tat eine Mischung aus Senf und Wein gegeben, worauf der seine anderen fünf Kinder auswürgte, die, als unsterbliche Gottheiten, vollständig unverdaut im Magen des Titanen überlebt hatten und herangewachsen waren. Die Götter überwältigten dann ihren Vater, schnitten ihn mit seiner eigenen Sense in Stücke und verstreuten seine Überreste im Tartarus, dem dunkelsten Teil der Unterwelt. Und an dieser fröhlichen Stelle legen wir jetzt die Mittagspause ein. Mrs Dodds, würden Sie uns wieder nach draußen führen?«
Die Klasse wanderte los, den Mädchen war das auf den Magen geschlagen, die Jungs rempelten sich an und benahmen sich wie Idioten.
Grover und ich wollten gerade hinterhergehen, als Mr Brunner sagte: »Mr Jackson?«
Ich wusste, was jetzt kommen würde.
Ich sagte zu Grover: »Geh schon mal vor.« Dann drehte ich mich zu Mr Brunner um. »Sir?«
Mr Brunner hatte einen Blick, der einen einfach nicht losließ - intensive braune Augen, von denen man denken konnte, sie wären tausend Jahre alt und hätten alles schon gesehen.
»Du musst die Antwort auf meine Frage finden«, sagte Mr Brunner nun.
»Über die Titanen?«
»Über das wirkliche Leben. Und was der Unterrichtsstoff damit zu tun hat.«
»Ach.«
»Was du von mir lernst«, sagte er, »ist von ungeheurer Bedeutung. Und ich werde von dir nur das Beste akzeptieren, Percy Jackson.«
Ich wurde wütend, dieser Typ setzte mich dermaßen unter Druck.
Ich meine, klar, es konnte schon lustig sein, wenn er an Wettkampftagen eine römische Rüstung anlegte, »Waffen, ho!« brüllte und uns, Schwertspitze auf die Kreide gerichtet, aufforderte, an die Tafel zu rennen und alle Griechen und Römer aufzuzählen, die je gelebt hatten, und zu erklären, wer ihre Mutter gewesen war und welche Gottheiten sie verehrt hatten. Aber Mr Brunner erwartete, dass ich genauso gut war wie alle anderen, obwohl ich Legastheniker und hyperaktiv war und in meinem ganzen Leben nie eine bessere Note als befriedigend gehabt hatte. Nein, das stimmt nicht - er erwartete nicht, dass ich ebenso gut war, ich sollte besser sein. Und ich konnte mir diese ganzen Namen und Fakten einfach nicht merken, mal ganz zu schweigen davon, sie richtig zu schreiben.
Ich murmelte etwas von größere Mühe geben, während Mr Brunner einen langen, traurigen Blick auf die Stele warf, als ob er bei der Beerdigung des Mädchens zugegen gewesen wäre.
Dann sagte er, ich sollte nach draußen gehen und meinen Sandwich essen.
Übersetzung: Gabriele Haefs
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Echt, ich hab nicht darum gebeten, als Halbblut auf die Welt zu kommen.
Wenn ihr das hier lest, weil ihr auch gern eins wärt, dann rate ich euch: Klappt das Buch ganz schnell zu. Glaubt alle Lügen, die eure Eltern euch über eure Geburt erzählt haben, und versucht, ein normales Leben zu führen.
Ein Halbblut zu sein ist gefährlich. Beängstigend. Meistens führt es zu einem schmerzhaften, scheußlichen Tod.
Wenn ihr ganz normale Menschen seid und das hier lest, weil ihr es für einen Roman haltet, alles klar. Weiterlesen. Ich beneide euch darum, glauben zu können, dass das alles nie passiert ist.
Aber wenn ihr euch in diesen Seiten wiedererkennt - wenn sich in euch etwas regt -, dann hört sofort mit Lesen auf. Vielleicht gehört ihr ja zu uns. Und wenn ihr das erst wisst, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch sie es spüren und sich auf die Suche nach euch machen.
Behauptet nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.
Ich heiße Percy Jackson.
Ich bin zwölf Jahre alt. Bis vor ein paar Monaten habe ich die Yancy Academy besucht, ein Internat für Problemkinder, das in der Nähe von New York liegt.
Bin ich ein Problemkind?
Ja. Das kann man durchaus so sagen.
Ich könnte an jedem Punkt meines kurzen, elenden Lebens anfangen, um das zu beweisen, aber richtig schlimm wurde alles erst im vergangenen Mai, als wir eine Klassenfahrt nach Manhattan gemacht haben - achtundzwanzig durchgeknallte Kids und zwei Lehrer in einem gelben Schulbus, unterwegs zum Metropolitan Museum of Art, um sich antiken griechischen und römischen Kram anzusehen.
Ich weiß, es klingt wie pure Folter. Die meisten Schulausflüge von Yancy waren pure Folter.
Aber diese Fahrt wurde von Mr Brunner geleitet, unserem Lateinlehrer, und da hab ich mir doch Hoffnungen gemacht.
Mr Brunner war ein Mann in mittleren Jahren, der in einem motorisierten Rollstuhl saß. Er hatte schütteres Haar, einen struppigen Bart und trug eine ausgefranste Tweedjacke, die immer nach Kaffee roch. Eigentlich würde man ihn gar nicht für cool halten, aber er erzählte Geschichten und Witze und ließ uns im Unterricht Spiele machen. Und er hatte eine umwerfende Sammlung von römischen Rüstungen und Waffen, deshalb war er der einzige Lehrer, bei dem ich im Unterricht nicht eingeschlafen bin.
Ich hoffte also, dass dieser Ausflug ganz nett sein würde. Zumindest hoffte ich, dass ich ausnahmsweise einmal keinen Ärger kriegen würde.
O Mann, da lag ich ja so was von schief!
Bei Klassenfahrten habe ich einfach immer Pech. Wie damals, als wir das Schlachtfeld von Saratoga besucht haben. Da passierte dieses Unglück mit der Kanone aus dem Unabhängigkeitskrieg. Ich hatte natürlich nicht auf den Schulbus gezielt, aber von der Schule gefeuert wurde ich trotzdem. Und auf der Schule davor hab ich, als wir im Haifischpark hinter die Kulissen schauen sollten, auf dem Steg aus Versehen den falschen Hebel berührt und die ganze Klasse musste unerwartet eine Runde schwimmen. Und auf der Schule davor ... na ja, ihr wisst schon, was ich meine.
Auf diesem Ausflug also sollte alles gut gehen, dazu war ich fest entschlossen.
Während der ganzen Fahrt in die Stadt sah ich taten los zu, wie Nancy Bobofit, die rothaarige, sommersprossige Kleptomanin, meinem besten Freund Grover immerzu Stückchen von einem Erdnussbutter-Ketchup-Sandwich an den Hinterkopf warf.
Grover war ein leichtes Opfer. Er war schwächlich. Er weinte, wenn etwas schiefging. Sicher hatte er mehrere Klassen wiederholen müssen, er war der Einzige bei uns, der Akne und den ersten Bartflaum im Gesicht hatte. Und zu allem Überfluss war er auch noch behindert. Er hatte es schriftlich, dass er bis an sein Lebensende vom Sportunterricht befreit war, weil er irgendeine Art Muskelkrankheit in den Beinen hatte. Er hatte einen komischen Gang, jeder Schritt schien ihm wehzutun, aber davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Ihr hättet ihn mal loswetzen sehen sollen, wenn es in der Schulmensa Enchiladas gab.
Jedenfalls beschmiss Nancy Bobofit ihn mit Brotklumpen, die in seinen braunen Locken kleben blieben, und sie wusste, dass ich ihr nichts tun würde, weil ich ohnehin auf Bewährung war. Der Rektor hatte mir mit sofortigem Rausschmiss gedroht, wenn auf diesem Schulausflug irgendetwas Schlimmes, Peinliches oder auch nur leicht Amüsantes passierte.
»Ich bring sie um«, murmelte ich.
Grover versuchte, mich zu beruhigen. »Ist schon gut. Ich ess gern Erdnussbutter.«
Er wich einem weiteren Brocken von Nancys Mittagessen aus.
»Das reicht.« Ich wollte aufstehen, aber Grover zog mich zurück auf meinen Sitz.
»Du bist auf Bewährung«, mahnte er. »Und du weißt, wem sie die Schuld zuschieben werden, wenn irgendwas schiefgeht.«
Im Nachhinein wünschte ich, ich hätte Nancy Bobofit an Ort und Stelle eine reingesemmelt. Von der Schule zu fliegen wäre noch gar nichts gewesen im Vergleich zu den Scherereien, die ich nun bald haben würde.
Mr Brunner führte uns durch das Museum.
Er fuhr in seinem Rollstuhl vor uns her durch weite Galerien mit lautem Echo, vorbei an Marmorstatuen und Glaskästen voller uralter schwarzer und orangefarbener Töpfersachen.
Ich konnte es einfach nicht fassen, dass dieser Kram zwei- oder dreitausend Jahre überlebt hatte.
Mr Brunner versammelte uns vor einer fast vier Meter hohen Steinsäule, auf der eine Sphinx saß, und erzählte uns, dass das eine Grabsäule sei, eine Stele, für ein Mädchen in ungefähr unserem Alter. Er erzählte uns, was an den Seiten in den Stein geritzt war. Ich versuchte, mir das alles anzuhören, weil es ja irgendwie doch interessant war, aber alle um mich herum quasselten, und immer, wenn ich »Haltet doch mal die Klappe« sagte, starrte die andere Lehrerin, Mrs Dodds, mich wütend an.
Mrs Dodds war eine kleine Mathelehrerin aus Georgia und trug immer eine schwarze Lederjacke, obwohl sie schon fünfzig war. Sie sah fies genug aus, um auf einer Harley voll in deinen Schrank zu brettern. Sie war mitten im Schuljahr nach Yancy gekommen, als unsere letzte Mathelehrerin einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte.
Vom ersten Tag an war Mrs Dodds hin und weg von Nancy Bobofit, mich dagegen hielt sie für die reine Teufelsbrut. Sie zeigte immer wieder mit ihrem krummen Finger auf mich und sagte honigsüß: »So, mein Herzchen«, und dann wusste ich, dass mir ein Monat Nachsitzen bevorstand.
Einmal, nachdem ich bis nach Mitternacht Auflösungen aus alten Mathebüchern hatte ausradieren müssen, sagte ich zu Grover, dass ich mir gar nicht vorstellen könnte, dass Mrs Dodds ein Mensch sei. Er schaute mich mit ganz ernster Miene an und sagte: »Du hast ja so recht.«
Mr Brunner redete noch immer über griechische Grabkunst.
Da riss Nancy Bobofi t einen blöden Witz über den nackten Typen oben auf der Stele und ich fuhr herum und sagte: »Kannst du jetzt endlich mal die Klappe halten?«
Das sagte ich lauter, als ich es vorgehabt hatte.
Die ganze Gruppe prustete los. Mr Brunner hörte mitten in der Geschichte auf.
»Mr Jackson«, sagte er. »Möchten Sie einen Kommentar abgeben?«
Mein Gesicht war knallrot. Ich sagte: »Nein, Sir.«
Mr Brunner zeigte auf eins der Bilder auf der Stele. »Vielleicht könnten Sie uns sagen, was dieses Bild darstellt?«
Ich schaute mir die in Stein geritzte Zeichnung an und war total erleichtert, weil ich das Bild erkannte. »Das ist Kronos, der seine Kinder frisst, nicht?«
»Ja«, sagte Mr Brunner, war damit aber offenbar noch nicht zufrieden. »Und das hat er getan, weil ...«
»Na ja ...« Ich zerbrach mir den Kopf, um mich zu erinnern. »Kronos war der König der Götter und ...«
»Götter?«, fragte Mr Brunner.
»Titanen«, korrigierte ich mich. »Und ... er misstraute seinen Kindern, die Götter waren. Und also, ähem, hat Kronos sie aufgegessen, stimmt's? Aber seine Frau hatte den kleinen Zeus versteckt und Kronos stattdessen einen Felsen zu essen gegeben. Und als Zeus dann später größer wurde, hat er seinen Papa, Kronos, dazu gebracht, seine Geschwister auszukotzen ...«
»Uääh!«, sagte eins von den Mädchen hinter mir.
»... und dann gab es einen wütenden Kampf zwischen Göttern und Titanen«, fügte ich hinzu. »Und die Götter haben gewonnen.«
In der Gruppe kicherten einige.
Hinter mir murmelte Nancy Bobofit einer Freundin zu: »Als ob wir das im wirklichen Leben zu irgendwas brauchen könnten. Als ob uns bei einer Jobbewerbung irgendwer sagen wird, ›bitte erklären Sie uns, warum Kronos seine Kinder verspeist hat‹.«
»Und warum, Mr Jackson«, sagte Brunner, »um Miss Bobofits hervorragende Frage anders zu formulieren, spielt das im wirklichen Leben eine Rolle?«
»Reingefallen«, murmelte Grover.
»Fresse«, zischte Nancy, und ihr Gesicht war jetzt noch röter als ihre Haare.
Wenigstens war Nancy jetzt auch erwischt worden. Mr Brunner war der Einzige, der jemals hörte, wenn sie etwas Falsches sagte. Der Mann hatte wirklich Radarohren.
Ich dachte über seine Frage nach und zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, Sir.«
»Aha.« Mr Brunner machte ein enttäuschtes Gesicht. »Na, immerhin ein halber Punkt, Mr Jackson. Zeus hat Kronos in der Tat eine Mischung aus Senf und Wein gegeben, worauf der seine anderen fünf Kinder auswürgte, die, als unsterbliche Gottheiten, vollständig unverdaut im Magen des Titanen überlebt hatten und herangewachsen waren. Die Götter überwältigten dann ihren Vater, schnitten ihn mit seiner eigenen Sense in Stücke und verstreuten seine Überreste im Tartarus, dem dunkelsten Teil der Unterwelt. Und an dieser fröhlichen Stelle legen wir jetzt die Mittagspause ein. Mrs Dodds, würden Sie uns wieder nach draußen führen?«
Die Klasse wanderte los, den Mädchen war das auf den Magen geschlagen, die Jungs rempelten sich an und benahmen sich wie Idioten.
Grover und ich wollten gerade hinterhergehen, als Mr Brunner sagte: »Mr Jackson?«
Ich wusste, was jetzt kommen würde.
Ich sagte zu Grover: »Geh schon mal vor.« Dann drehte ich mich zu Mr Brunner um. »Sir?«
Mr Brunner hatte einen Blick, der einen einfach nicht losließ - intensive braune Augen, von denen man denken konnte, sie wären tausend Jahre alt und hätten alles schon gesehen.
»Du musst die Antwort auf meine Frage finden«, sagte Mr Brunner nun.
»Über die Titanen?«
»Über das wirkliche Leben. Und was der Unterrichtsstoff damit zu tun hat.«
»Ach.«
»Was du von mir lernst«, sagte er, »ist von ungeheurer Bedeutung. Und ich werde von dir nur das Beste akzeptieren, Percy Jackson.«
Ich wurde wütend, dieser Typ setzte mich dermaßen unter Druck.
Ich meine, klar, es konnte schon lustig sein, wenn er an Wettkampftagen eine römische Rüstung anlegte, »Waffen, ho!« brüllte und uns, Schwertspitze auf die Kreide gerichtet, aufforderte, an die Tafel zu rennen und alle Griechen und Römer aufzuzählen, die je gelebt hatten, und zu erklären, wer ihre Mutter gewesen war und welche Gottheiten sie verehrt hatten. Aber Mr Brunner erwartete, dass ich genauso gut war wie alle anderen, obwohl ich Legastheniker und hyperaktiv war und in meinem ganzen Leben nie eine bessere Note als befriedigend gehabt hatte. Nein, das stimmt nicht - er erwartete nicht, dass ich ebenso gut war, ich sollte besser sein. Und ich konnte mir diese ganzen Namen und Fakten einfach nicht merken, mal ganz zu schweigen davon, sie richtig zu schreiben.
Ich murmelte etwas von größere Mühe geben, während Mr Brunner einen langen, traurigen Blick auf die Stele warf, als ob er bei der Beerdigung des Mädchens zugegen gewesen wäre.
Dann sagte er, ich sollte nach draußen gehen und meinen Sandwich essen.
Übersetzung: Gabriele Haefs
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
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Autoren-Porträt von Rick Riordan
Rick Riordan war viele Jahre lang Lehrer für Englisch und Geschichte. Mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen lebt er in San Antonio, USA, und widmet sich inzwischen ausschließlich dem Schreiben. Seine Percy-Jackson-Serie hat den Buchmarkt im Sturm erobert und ist in 32 Länder verkauft worden.
Bibliographische Angaben
- Autor: Rick Riordan
- 814 Seiten, Maße: 13,5 x 21,5 cm, Gebunden
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3863651421
- ISBN-13: 9783863651428
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