Perlentöchter
Eine große englische Familiensaga, die alles hat, was das Herz begehrt
Südengland, 1918: In ihrer unglücklichen Ehe spendet nur eine alte Perlenkette Rose Kraft und Trost. Später erbt Rose' Enkelin Caroline die...
Südengland, 1918: In ihrer unglücklichen Ehe spendet nur eine alte Perlenkette Rose Kraft und Trost. Später erbt Rose' Enkelin Caroline die...
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Produktinformationen zu „Perlentöchter “
Eine große englische Familiensaga, die alles hat, was das Herz begehrt
Südengland, 1918: In ihrer unglücklichen Ehe spendet nur eine alte Perlenkette Rose Kraft und Trost. Später erbt Rose' Enkelin Caroline die Perlen. Als auch ihre Welt zusammenbricht, taucht Caroline in Rose' Tagebücher ein und entdeckt eine Geschichte von Liebe, Mut und Verrat.
Südengland, 1918: In ihrer unglücklichen Ehe spendet nur eine alte Perlenkette Rose Kraft und Trost. Später erbt Rose' Enkelin Caroline die Perlen. Als auch ihre Welt zusammenbricht, taucht Caroline in Rose' Tagebücher ein und entdeckt eine Geschichte von Liebe, Mut und Verrat.
Klappentext zu „Perlentöchter “
Eine große englische Familiensaga, die alles hat, was das Herz begehrtSüdengland, 1918. Die junge Rose verliebt sich in den charmanten, weltgewandten Kriegsheimkehrer Charles. Nach einer Blitzhochzeit reist sie mit ihm nach Borneo, wo er eine Plantage leitet. Doch Roses anfängliche Euphorie über ihr neues Leben legt sich schnell: Sie muss Verrat und Enttäuschungen überwinden und um ihr Glück kämpfen. Nur die Perlenkette ihrer Großmutter spendet ihr immer wieder Kraft und Trost. Jahrzehnte später erbt Roses Enkelin Caroline die Perlen - und mit ihnen ein dunkles Geheimnis ...
Lese-Probe zu „Perlentöchter “
Perlentöchter von JANE CORRY Louisa 1897 -- 1898
1
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Schritte. Schwer. Langsam. Gründlich. Genau wie er. Schritte, die den Gang durchqueren und das Dienstmädchen daran hindern, vor ihm anzukommen. Die Tür, die sich öffnet.
Mach die Augen zu, sagt die leise Stimme in Louisas Kopf, während sie ihr Skizzenbuch unter das Kopfkissen schiebt. Tu so, als würdest du schlafen.
Ist es das, was von einer Braut am Morgen danach erwartet wird?
Sie kann jetzt hören, wie er Luft holt. Den Tabak in seinem Atem riechen, als er sich neben ihr auf das Bett kniet, während der Frühlingsregen sanft von außen das Fenster tätschelt. Er bittet jemanden, es zu öffnen, damit sie den Duft der Narzissen draußen einatmen kann statt diesen muffigen Geruch, der in ihrer Nase kitzelt, sodass sie am liebsten niesen möchte, was jedoch überhaupt nichts nutzen würde.
»Ich weiß, dass du wach bist.« Seine tiefe Stimme klingt leicht belustigt, als wäre sie ein Kind und noch im Haus ihres Vaters. Wenn es doch nur so wäre. »Ich wollte dir das hier geben.«
Louisa weiß, worum es sich handelt. Man hat ihr bereits davon erzählt. Jede Frischvermählte erhält es, und nach ihrem Tod geht es an die nächste über. Aber Louisa hat es noch nie gesehen. Bestimmt hatte es seit dem Ableben ihrer Schwiegermutter vor all den Jahren in einer verstaubten Schmuckkassette versteckt gelegen.
Louisa dreht sich um, teils aus Neugier und teils, weil es keinen Sinn mehr macht, sich schlafend zu stellen.
Sein Gesicht taucht vor ihr auf. Ein schönes Gesicht. Klein, mit ordentlichem Schnurrbart, der Mode der Zeit entsprechend. Dunkles Haar. Braune Augen, die ihren Blick festhalten, mit einer Spur von dunklem Moosgrün, wie die schweren Brokatvorhänge hinter ihm, die nur halb zugezogen sind. Eine stattliche Körpergröße, die in seiner knienden Haltung nur geringfügig verringert ist, während er über ihr thront und das Licht verdeckt, das an diesem Frühlingsmorgen durch die leicht geöffneten Fensterläden strömt. Diese höfliche, ehrfürchtige und doch vornehm ärztliche Art, die seine Patienten in den Bann schlägt, unabhängig vom Alter. Am liebsten würde sie kichern, oder liegt es bloß daran, dass sie das hat, was Papa ein »Nervenleiden« nennt, genau wie ihre Mama?
»Es ist wunderschön.« Ihre Stimme klingt seltsam, als wäre auch sie, wie ihr restlicher Körper, vor ein paar Stunden gespalten worden. Unfähig zu widerstehen, nimmt Louisa zuerst eine Reihe in die Hand und dann die andere. Die erste mit dem hübschen Diamantverschluss gefällt ihr besonders, aber auch die zweite ist hinreißend. Wie ein Wasserfall aus Perlen, jede voneinander getrennt durch einen Seidenknoten in einem zarten Netz. Ein Spinnennetz.
»Es gefällt dir.« Der angenehm überraschte Ausdruck in seinem Gesicht erinnert sie an ihren Vater, wenn sie schließlich nachgab und seinen Wünschen gehorchte. »Stur« nannte Papa sie gelegentlich. Unfähig, eine gute Partie vor ihrer Nase zu erkennen, obwohl sie fast zwanzig ist. Entschlossen, ihren eigenen Weg im Leben zu gehen, ungeachtet der Folgen für sie selbst und andere. Und vielleicht hatte er bis gestern in der Kirche recht.
»Lass mich.« Die tiefe, autoritäre Stimme kommt ihren Händen zuvor. Widerstrebend erlaubt sie ihrem neuen Gemahl, dass er ihr die Perlen um den Hals legt, ihren Schwanenhals, wie ihre Mutter früher immer sagte, als sie noch sprechen konnte. Lang. Elegant. Cremeweiß, wie das bestickte Nachthemd darunter.
Während sie sich gegen die Berührung seiner warmen Haut wappnet, versteift sie sich, und plötzlich stockt ihr kurz der Atem, als sie unvermittelt die Kühle der Perlen spürt. Zitternd versucht sie auszuweichen, aber es ist zu spät. Man hört ein Klicken, gefolgt von einem weiteren, mit dem die zweite Reihe geschlossen wird. Sie ist gebunden.
»Was denkst du?« Er hält ihr nun den Handspiegel vor, einen silbern gerahmten Spiegel mit schräg geschliffenen Kanten, der gewöhnlich neben einer Reihe von Kristallflakons und der kleinen cranberryroten Vase auf ihrer Frisierkommode liegt. »Es steht dir«, fügt er mit einem winzigen Zittern in der Stimme hinzu.
Er möchte also, dass es ihr gefällt! Diese Erkenntnis verschafft ihr plötzlich ein Gefühl der Stärke. Wieder stur. Wie damals, als ihr Vater eines Tages aus der Galerie heimkam und berichtete, dass ein Gentleman stundenlang ihr Porträt betrachtet und schließlich um die Erlaubnis gebeten habe, der großen, schlanken, selbstsicheren jungen Frau mit dem weißen Spitzenkragen, der sich von ihren kastanienbraunen Locken abhebt, während sie zum Fenster hinaus auf etwas schaut, das weit außerhalb des Rahmens liegt, seine Aufwartung zu machen.
Zuerst hatte sie leicht belustigt reagiert, bis ihr am folgenden Abend bewusst wurde, dass ihr Vater ihren Bewunderer mit nach Hause gebracht hatte. Dr. James Mason bedurfte wenig Überredung, um zum Abendessen zu bleiben, und machte ihr im Laufe der nächsten drei Monate beharrlich den Hof. Louisa war sich unschlüssig, ob sie ihn mochte oder einfach Angst hatte vor dem Neuen, besonders vor einem Mann, der aus einer viel besseren Familie stammte als sie und dessen Angehörige diese Verbindung nicht befürworteten, weil Louisa keinen Titel trug und die Tage über ihrem Skizzenbuch verbrachte.
»Es ist sehr hübsch.« Ihr höflich-distanzierter Ton lässt ihn zurückweichen, und er steht auf. Nun beugt er sich über sie, mit energischer Miene. Sie zwingt sich, dem Blick ihres neuen Gemahls standzuhalten, entschlossen, ihre Angst nicht zu zeigen. Die moosgrünen Sprenkel helfen. Sie zeigen, dass er nicht perfekt ist. Der Gedanke ist sowohl unterhaltsam als auch tröstend. Schließlich musste sie heiraten! Das wurde von einer Frau erwartet. Ein Ehemann, der nicht ganz perfekt war, würde sich vielleicht damit zufriedengeben, dass sie ihr eigenes Leben lebte, soweit sie dazu in der Lage war.
»Gib darauf acht.« Seine Stimme dröhnt in ihren Ohren. »Es ist ein Familienerbstück.«
Natürlich gebe ich darauf acht, liegt ihr auf der Zunge, leicht gekränkt von seinem Ton - als wäre sie ein Kind, das ein kostbares Spielzeug bekommen hat und ermahnt werden muss, es nicht zu verlieren. Aber er wendet sich bereits ab, und seine Schritte hallen durch den Flur, wo sie das Dienstmädchen hören kann, das die schwere Ziertruhe, die einem von James' Vorfahren gehörte, mit Bienenwachs poliert. Es kommt ihr vor, als habe sich jemand ins Zimmer geschlichen und endlich das Fenster geöffnet. Gott sei Dank. Sie kann wieder normal atmen. Sie wirft einen Blick in den Spiegel und ist nicht unzufrieden mit dem, was sie sieht. Die Perlen stehen ihr. Sie fühlen sich nun auch wärmer an, weniger fremd. Gewöhnten sie sich an sie? Gewöhnten sie sich an einen neuen Hals nach den Jahren mit dem alten?
»Willkommen«, sagt sie lautlos zu ihrem Spiegelbild.
Nun ist sie wahrhaftig verheiratet.
Die seidene Schlinge hatte sich zugezogen.
2
Das Schlimmste am Verheiratetsein, befand Louisa nach einem Jahr, war das Klamme. Diese schreckliche Nässe zwischen den Schenkeln hinterher, und dass sie in das Laken sickerte. Louisa konnte dem Dienstmädchen am nächsten Morgen kaum ins Gesicht sehen, und ihre Hoffnung, dass es vielleicht nichts bemerkte, wurde jeden Abend zerstört, wenn die Bettwäsche aus schwerem Leinen gewechselt worden war.
Dann war da noch der Geruch, der mit nichts Ähnlichkeit hatte, was ihre Nase je zuvor wahrgenommen hatte. Louisa gefiel die Vorstellung, von Gerüchen so viel zu verstehen wie von Farben. Letzteres war eine Begabung, die sie von Papa geerbt hatte, der sich immer einen Sohn gewünscht hatte, den er zum Künstler hätte ausbilden können, so wie er die Kunst gelehrt worden war von dem Mann, den er den großen Meister nannte. Aber dieser Geruch, der nach den Besuchen ihres Mannes blieb, war eine Mischung aus Stallgeruch und dem der farblosen Substanz, die ihr Vater benutzte, um seine Pinsel zu reinigen.
Dennoch schien James zufrieden zu sein.
»Sehr gut«, hatte er letzten Monat in demselben Ton gesagt, den er benutzte, wenn der Koch sein Lieblingsgericht zubereitete, eine Rindfleisch-Nieren-Pastete. Bis dahin hatte er nie etwas gesagt, keinen Ton, abgesehen von dem leisen Stöhnen, das er während des Akts ausstieß. Daher hatte dieses »Sehr gut« Louisa innerlich zum Glühen gebracht, weitaus mehr als der Akt selbst. Anfangs hatte diese ganze Sache sie vollkommen überrascht. Niemand hatte ihr richtig erklärt, was passieren würde. Mama nicht. Ihre Gouvernante nicht. Wäre dieses dumme Mädchen nicht gewesen, mit dem sie gemeinsam Unterricht hatte, hätte sie überhaupt keine Vorstellung davon gehabt.
»Dann wirst du es tun müssen«, hatte Aveline gekichert, als Louisa sie über ihre Verlobung informierte.
»Was denn?«, hatte Louisa erwidert. Sie gefiel sich nicht in der Rolle der Fragestellerin, aber Avelines gepresste Piepsstimme und ihre Unfähigkeit, die Linien auf dem Globus zu verstehen, brachten Louisas schlechte Seiten zum Vorschein.
Als Aveline, die sich in ihrem Haus unten aufhalten und auf eine Art mit dem Dienstpersonal plaudern durfte, die Louisa ganz sicher nicht erlaubt war, ihr daraufhin Einzelheiten ins Ohr flüsterte, hatte Louisa sich diese mit der zügellosen Fantasie ihrer Mitschülerin erklärt. Die Geschichten, die Aveline während des Unterrichts zum Besten gab, erinnerten nämlich stark an Groschenheftromane, von denen Louisa gehört hatte. Aber inzwischen war ihr klar, dass Aveline auf diesem einen Gebiet nicht übertrieben hatte. Bedeutete das also, dass die andere Sache auch stimmte?
Louisa setzte sich in ihrem Bett auf, die langen dunklen Locken über die Schulter gefächert, bevor sie hochgesteckt werden mussten, raffte die Decke an sich und kostete diese Zeit am Morgen aus, wenn James das Zimmer für seine »Runden«, wie er es nannte, verlassen hatte und Louisa sich selbst überließ, bis das Mädchen kam. Seit dem Sommer brauchte sie keine Baumwollbinden mehr, die sich immer so unbequem in ihrer Unterwäsche anfühlten, und nun war bald Weihnachten. War es also möglich, wirklich möglich, dass sie in anderen Umständen war, so wie ihre frühere Mitschülerin es beschrieben hatte?
Zögernd schwang Louisa die Beine über die Bettkante, ging hinüber zu dem hohen Mahagonispiegel und hob ihr langes weißes Nachthemd hoch. Ihr Bauch war tatsächlich leicht gewölbt. Aber das konnte auch an den Speisen liegen, die der Koch auf den Tisch brachte. Früher, als sie noch in ihrem Elternhaus lebte, war ihr oft nicht nach Essen zumute gewesen. Der Anblick ihrer Mutter, die schweigsam und mit leerem Blick am anderen Ende der Tafel saß, hatte ihren Appetit nicht gerade begünstigt.
Armer Papa, dachte sie, während sie ihr Nachthemd fallen ließ und sich kurz richtete, bevor das Dienstmädchen kam. Er hatte kein leichtes Leben. Kein Wunder, dass er immer so lange in seinem Atelier blieb. Ihr Gesicht hellte sich auf, als sie sich daran erinnerte, dass er sie für den heutigen Tag eingeladen hatte, ihm Gesellschaft zu leisten. Vielleicht würde sie sich ihm anvertrauen.
Das Atelier war wie immer ein Durcheinander aus Farben. Grün, Blau, Rot und Orange, alle in Klecksen auf Holzbrettern, die Papa Malpaletten nannte. Normalerweise machte der Ölgeruch Louisas Nase frei, sobald sie den Raum betrat, wie früher auf dem Fischmarkt, wenn sie als Kind die Köchin angebettelt hatte, sie mitzunehmen. Aber heute drehte sich ihr davon der Magen um, und sie spürte einen leicht merkwürdigen Geschmack im Mund, ähnlich wie damals von dem Viertelpenny, an dem sie als Mädchen einmal geleckt hatte, um herauszufinden, wie er schmeckte, was ihr einen strengen Tadel eingebracht hatte.
Nun richtete sich Louisas Blick direkt auf die Staffelei, wo eine schöne Frau mit blauen Augen und passender Haube, die keck unter dem Kinn zusammengebunden war, auf eine ferne, unsichtbare Landschaft hinausblickte.
Es war doch immer wieder dasselbe!
Egal, von wem Papa beauftragt wurde, seine Motive verwandelten sich alle in dieselbe Frau. Kein Wunder, dass er sich über wenig Arbeit beklagte: Nicht alle seine Kunden wünschten, dass die Porträts ihrer Frauen oder Töchter eine auffällige Ähnlichkeit hatten mit der Frau des Künstlers.
»Sie war so schön, deine Mutter.« Ihr Vater redete, ohne sich umzudrehen. »Dieser bezaubernde Schwanenhals.«
Louisa nickte und berührte fast unbewusst ihren eigenen. Sie hatte den gleichen Hals wie ihre Mutter. Beinahe zu lang, dachte sie, obwohl es stimmte, dass die Perlen gut dazu passten. Inzwischen hatte sie sich daran gewöhnt, tatsächlich vergaß sie sogar hin und wieder, dass sie um ihren Hals lagen und geriet dann sofort in Panik, sie könnten heruntergefallen sein. Ein Erbstück wie die Perlen zu verlieren war etwas, was James und ihre Familie ihr nie verzeihen würden.
»Du hättest sie sehen sollen, bevor sie krank wurde.«
Louisa hasste es, wenn ihr Vater so zu reden begann. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass einem dann nichts anderes übrig blieb, als geduldig zuzuhören. Während sie auf die Farben an der Seite blickte, fragte sie sich, ob sie es wagen sollte, ihren Wunsch zu äußern, den sie immer äußerte und den er jedes Mal auf dieselbe Art beantwortete.
»Papa, darf ich ...«
Sie hielt inne.
Er wandte sich um und sah sie nun auf dieselbe Art an wie damals, als sie ihm gesagt hatte, dass sie es vorziehe, nicht zu heiraten, niemals, und dass es ihr eigentlicher Wunsch sei zu malen. So wie er.
»Darf ich ...«, begann sie wieder. Darf ich den Pinsel dort nehmen?, wollte sie fragen. Darf ich die rote Tube auf dem Papier ausdrücken und die flüssige Paste über die Seite wischen?
»Louisa.« Er blickte sie verärgert an. »Ich habe es dir bereits gesagt. Die Malerei ist kein Beruf für Frauen. Nicht für Frauen wie dich. Sie eignet sich sehr gut als Zeitvertreib, aber dabei solltest du es belassen. Bitte, frag mich nicht wieder.«
»Das ist es nicht.« Ihre Worte kamen überstürzt, um die Lüge wettzumachen. »Es ist etwas anderes.«
Er wartete. Nun gab es kein Zurück. »Etwas, was ich eigentlich Mama fragen sollte, aber das ist natürlich unmöglich.«
Er machte nun einen verwirrten Eindruck, was ihre Nervosität nur noch steigerte. »Es handelt sich um eine delikate Angelegenheit, Papa.«
Er legte den Pinsel zur Seite und kam zu ihr herüber. Manchmal fiel es ihr schwer, sich vorzustellen, dass ihr Vater ein echter Künstler war. Ein Künstler, der sehr gefragt gewesen war, bis seine Frau erkrankte, und dessen Werke früher in einer berühmten Londoner Galerie gehangen hatten. »Was ist, Louisa? Bist du krank?«
»Nein.«
Seine Stirn legte sich in Falten, und die dichten grauen Augenbrauen verknoteten sich schier. »Behandelt dein Mann dich gut?«
Sie nickte, und Erleichterung huschte über sein Gesicht. Dann war es, als würde ein Licht aufgehen in diesen milchigen hellblauen Augen, die sie im Laufe der Jahre zu lieben gelernt hatte, aber auch zu fürchten.
»Du bist in Hoffnung?«
Sie lachte, schüttelte den Kopf und nickte dann. »Ich glaube schon. Ich bin mir nicht sicher.«
»Mein liebes Kind!« Er umarmte sie leicht, und die Ölfarbe auf seinem Hemd verursachte ihr einen bitteren Geschmack im Mund.
»Dann werde ich jemanden für dich finden, Louisa. Ich werde jemanden finden, mit dem du reden kannst. Jemanden, der sich mit diesen Dingen auskennt.«
3
Louisa hatte immer ein unbehagliches Gefühl, wenn ihr Vater und Avelines Mutter sich im selben Raum an der Acacia Road aufhielten. Warum, konnte sie nicht ausmachen. Lag es vielleicht an dem weichen amerikanischen Akzent, der, laut Papas bewunderndem Ton, darauf zurückzuführen war, dass die ehrenwerte Mrs Gillingham aus Boston stammte? (Aveline hatte sich definitiv nicht angewöhnt, auf diese Art zu sprechen, aber vielleicht hatte das damit zu tun, dass ihr Vater Engländer war.) Oder lag es daran, dass es Louisa nicht besonders gefiel, wenn Papa sich mit einer anderen Frau unterhielt, während er außerstande war, dies mit seiner eigenen Frau zu tun?
»Wann hat deine Mutter ihr Sprachvermögen verloren?«, hatte Aveline kurz nach ihrem Kennenlernen gefragt. Louisa, die es hasste, über solche Dinge zu sprechen, hatte kurz erklärt, dass ihre Mutter vor Jahren eine seltsame Krankheit erlitten habe, in deren Gefolge ihr rechter Arm schlaff und nutzlos geworden war. Was sie hätte hinzufügen können, aber lieber nicht tat, war, dass ihre Mutter vielleicht nicht im herkömmlichen Sinn sprechen konnte, aber dennoch recht verständlich mit ihrer Tochter kommunizierte, einfach durch den Ausdruck in ihren Augen. Derselbe Ausdruck, der keinen Zweifel daran ließ, dass sie Victoria Gillingham nicht traute, ob ehrenwert oder nicht. Wie jeder wusste, konnten die Amerikaner äußerst flatterhaft sein und viel zu verschwenderisch im Gebrauch von Lavendelwasser. Darum war die letzte Person, von der Louisa aufgeklärt werden wollte, was ihre Niederkunft betraf, Avelines Mutter. Diese tauchte gleich einen Tag nach ihrem Gespräch mit Papa unangemeldet auf und rauschte in das Morgenzimmer, wo Louisa am Pianoforte saß.
»Meine Liebe!«
Die Besucherin nahm direkt gegenüber Platz auf der burgunderroten Chaiselongue. Sie hatte eine äußerst aufrechte Haltung und setzte sich vorsichtig, damit die Falten ihres smaragdgrünen Seidenrocks ordentlich fielen. Das war eine Angewohnheit, die auch Aveline kultivierte und die Louisa verachtete. So gekünstelt! So amerikanisch!
»Ihr lieber Herr Vater hat mir von Ihren Neuigkeiten berichtet. Ich freue mich ja so für Sie!« Mrs Gillingham beugte sich vor und senkte die Stimme - aber nicht ausreichend -, damit das Hausmädchen, das sich, dem Schlurfen nach zu urteilen, draußen in der Diele herumdrückte, nicht mithören konnte. »Was für ein Jammer, dass Ihre arme Frau Mama Ihnen in dieser Zeit keine Hilfe sein kann.«
Oh, aber das kann sie, lag Louisa auf der Zunge, während sie sich widerwillig von dem Pianoforte erhob und auf dem Stuhl neben der Besucherin Platz nahm, wie es das Protokoll diktierte. Mama weiß es. Ich habe es ihr bereits erzählt. Nur weil sie nicht antworten kann, heißt das nicht, dass sie nicht verstanden hat. Erst gestern haben mir Mamas Augen sehr deutlich gesagt, dass ein Kind zu bekommen eine der schönsten Erfahrungen gewesen sei, die sie auf dieser Welt jemals machen durfte, und dass es nicht wehtun werde. Nicht das kleinste bisschen.
»Gerade Sie, bei Ihrem schwachen Nervenkostüm!« Mrs Gillingham tätschelte ihr leicht die Hand. »Aber haben Sie keine Angst. Ich werde Sie in bestimmten Dingen beraten können, und Ihr lieber Gatte ist ja schließlich Arzt.« Wieder ein leichtes Tätscheln. »Nicht, dass Sie ihn für alles konsultieren könnten.
Schließlich gibt es gewisse delikate Themen, die eine Frau nie mit ihrem Mann besprechen sollte. Nun, meine Liebe, gibt es etwas, das Sie mich gerne fragen würden?«
Louisa dachte an das, was sich in ihrem Leben verändert hatte. Die unangenehme Morgenübelkeit nach dem Aufwachen. Die unglückliche Art, wie ihr Mageninhalt sich in den Porzellantopf entleerte, der unter dem Bett bereit stand. Ihre anschwellenden Brüste, die bei jeder Bewegung schmerzten. Und die plötzliche Abscheu, die sie vor ihrem Gemahl empfand, wenn er abends zu ihr ins Bett stieg, ein Gefühl, das er wohl wahrnahm, da er sich angewöhnt hatte, das kleinere Schlafzimmer am anderen Ende des Flurs zu benutzen.
»Ich denke nicht, danke«, antwortete sie und faltete sorgfältig die Hände im Schoß, damit Mrs Gillingham nicht die violetten Farbspritzer entdeckte, die ihre Haut zierten.
»Sind Sie sicher?« Die ältere Frau zog enttäuscht die Augenbrauen hoch.
Louisa antwortete mit einem leichten Nicken.
»Ich verstehe.« Ein frostiger Unterton hatte sich nun in das amerikanische Näseln geschlichen. »In diesem Fall möchte ich auf eine Neuigkeit zu sprechen kommen, von der ich hoffe, dass Sie Ihnen Freude bereiten wird. Ihre liebe Freundin Aveline wird heiraten! «
Liebe Freundin! Louisa hatte Aveline nie wirklich in dieser Kategorie verortet. Sie gehörte ohnehin nicht zu der Sorte Mädchen, die enge Freundschaften pflegte, zum Teil aus Mangel an Gelegenheit. Eine invalide Mutter und ein Künstlervater waren nicht unbedingt der ideale familiäre Hintergrund, um andere anzuziehen, wie Louisa nicht ohne Ironie oft gedacht hatte. Folglich fiel es ihr nun schwer, Begeisterung für Avelines bevorstehende Trauung aufzubringen, und sie musste sich zwingen, freundlich zu klingen. »Ich nehme an, sie heiratet Sir Thomas?«
Mrs Gillingham senkte den Kopf in gnädiger Bestätigung.
Louisa war nicht überrascht. Aveline hatte es seit einigen Monaten auf den armen Mann abgesehen, nachdem sie ihn vor mindestens zwei Jahren wegen seines albernen Geschwätzes als möglichen Bewerber abgelehnt hatte. Zweifelsohne machte sein Titel in den Augen von Avelines Mutter seine Schwatzhaftigkeit hinnehmbar. »Bitte übermitteln Sie ihr meine Glückwünsche.« Sie lächelte ihre Besucherin so herzlich wie möglich an. »Unterdessen bitte ich Sie, es nicht übel aufzufassen, aber ich fühle mich sehr erschöpft.«
Mrs Gillingham erhob sich. Sie war sehr groß, wie Louisa auffiel. Größer, als ihr bewusst gewesen war, aber vielleicht lag das an den zierlichen schwarzen Schnürstiefeln aus Leder, die unter der Seide ihres Rockes hervorblitzten. Zweifellos eine weitere amerikanische Affektiertheit.
»Aber natürlich, mein liebes Kind.« Sie gab Louisa die Hand, und der Geruch von Lavendelwasser war so überwältigend, dass Louisa sich gerade noch beherrschen konnte, um nicht einen Schritt zurückzutaumeln. »Lassen Sie es mich jedoch unbedingt wissen, wenn es etwas gibt, was die liebe Aveline und ich für Sie tun können.«
Louisa wartete ungeduldig auf das Klacken der Vordertür, das Zeichen, dass das Dienstpersonal Mrs Gillingham sicher hinausgeleitet hatte. Dann kehrte sie leise an das Pianoforte zurück und klappte den Hocker auf, der vor dem Instrument stand. Dem Himmel sei Dank! Das Bild, das sie gerade noch rechtzeitig hatte verschwinden lassen, bevor ihre Besucherin eintrat, war unbeschädigt, obwohl die Farbe noch feucht war. Sie hielt es auf Armeslänge von sich, um es sorgfältig zu überprüfen, und rief sich vor ihrem geistigen Auge die Silhouette des Kastanienbaums vor Mamas Fenster in Erinnerung, dessen Stamm rötlich-violette Streifen hatte und den sie oft betrachtete, wenn sie ihrer Mutter die Haare kämmte. Der Ast auf der linken Seite war nicht perfekt, aber für einen ersten Versuch gar nicht so schrecklich. Draußen war Lärm zu hören, das Zeichen, dass ihr Gemahl nach seinen Morgenbesuchen zum Mittagessen nach Hause kam. Rasch legte Louisa das Bild zurück in den Hocker, wo auch der kleine schwarze Malkasten versteckt war, den ihr ein Dienstmädchen in der vorigen Woche besorgt hatte.
Dann setzte sie sich auf den Hocker und begann zu spielen.
In den folgenden Monaten gab es Momente, in denen Louisa versucht war, das Angebot von Avelines Mutter anzunehmen. Nichts, weder die stummen, nervösen Augen ihrer Mutter noch der knappe, höfliche medizinische Rat ihres Gatten bereitete sie auf das starke Anschwellen ihres Bauchs vor oder auf ihre immer schwereren Brüste. Aber das alles verblasste zur Belanglosigkeit, als sie eines Morgens mithilfe ihres Mädchens aus dem Bett kletterte und gleich darauf entsetzt aufschrie, weil Wasser an ihren Beinen auf den Teppich hinablief.
Hinterher verbot Louisa sich jeden Gedanken an die darauf folgenden Gräuel. Die einzige Möglichkeit, diese furchtbaren Qualen auszuhalten, die ihren Körper marterten und ihm weismachten, dass sie den Nachttopf brauchte, war, an das Meer zu denken. An große, graue, granitartige Wellen, die mit einer Wucht jenseits aller Vorstellungskraft niederkrachten. Bloß dass sie ihrer Fantasie entspringen mussten, dachte Louisa in den klaren Momenten zwischen den Schmerzattacken. Denn sie war nie am Meer gewesen, soweit sie sich erinnern konnte, und hatte auch nie die Möwen gehört, die jetzt am Fußende ihres Betts kreischten.
In Gedanken malte sie es. Klatschte große Kleckse Grau und Schwarz und Violett auf das Bild in ihrem Kopf, sodass das Meer mit dem Geruch der Ölfarben toste und die Pinsel die Leinwand peitschten wie die Schmerzen ihren Körper.
Dann, so plötzlich, wie die Wehen begonnen hatten, verebbten sie. Und gerade als Louisa bewusst wurde, dass das Geschrei der Möwen dem eines Babys bemerkenswert ähnelte, kam die Schwärze wie eine dicke Tagesdecke, hüllte sie nach all den Qualen ein auf eine seltsam tröstende Art und hob sie empor an einen Ort, der ihr unbekannt war.
Caroline Juni 1997
IN MEMORIAM PHOEBE ISOBELWRIGHT
Geboren am 8. September 1908
Gestorben am 2. Juni 1997
Ehefrau von Victor Wright
Schwester von Rose und Grace
Tochter von Louisa und Dr. James Mason
Hochgeschätztes Mitglied der Pfarrgemeinde St Giles
4
Sie waren spät dran. Manchmal dachte Caroline, ihr Mann würde selbst zu seiner eigenen Beerdigung zu spät kommen, wenn er könnte. Wahrscheinlich auch zu ihrer. Nur gut, dass sie beide Sinn für Humor besaßen.
»Es gibt keinen freien Parkplatz«, schimpfte Simon, als wäre ein anderer als sie beide schuld daran, dass sie unpünktlich waren.
Sie warf einen Blick auf sein leicht ratloses Gesicht und fragte sich nicht zum ersten Mal, was ein anderer sehen würde. Einen Mann Anfang vierzig, der sich verhältnismäßig gut gehalten hatte. Das »verhältnismäßig« bezog sich auf eine erfüllende, aber anstrengende Karriere, ganz zu schweigen von einer Familie mit drei lauten Kindern. Haare, die seinen Kinderfotos nach zu urteilen früher einmal blond waren, aber in der Sonne immer noch aufhellten. Breite Schultern und stattliche einhundertundelf Zentimeter Brustumfang, dabei war er eher gut gebaut als gut genährt. Seine ungezwungene, angenehme Art, die die Menschen aufhorchen ließ, vielleicht weil er an ihrem Leben immer aufrichtiges Interesse zeigte. Ein Journalist müsse das haben, versicherte er ihr dann mit einer seriösen Nachrichtensenderstimme, obwohl er sie genauso gut an einen Chartssender anpassen konnte oder an alles andere, wenn es darauf ankam, sich auf sein breites Publikum einzustellen. Ein Funkeln in den Augen, das ihr immer half, das Leben von der halb vollen Seite zu betrachten, so wie er das tat. Und ein Lächeln, das sie innerlich zum Schmelzen bringen konnte, trotz allem, auch wenn das hier wirklich nicht der richtige Zeitpunkt war oder der richtige Ort, um an so etwas zu denken.
»Wären wir früher losgefahren ...«, begann sie.
Simon fiel ihr ins Wort, bevor sie ausreden konnte. »Dann hätten wir keinen Spaß gehabt. Oder?«
Seine Hand wanderte über die Automatikschaltung und streichelte sanft die Innenseite ihres rechten Oberschenkels. Caroline musste dem Bedürfnis widerstehen, seine Hand höher zu schieben. Von all ihren Freundinnen war sie die Einzige, die sich nicht beschwerte über den Umstand, dass ihr Mann an so was nicht mehr interessiert war oder dass sie keine Zeit dafür hatten.
Allerdings wusste sie nicht genau, woher sie die Zeit dafür nahmen. Ihr Leben, wie das vieler moderner Paare, war verrückt. Aufstehen um sechs Uhr und in die Zeitungsredaktion fahren (er), die Kinder für die Schule fertig machen (sie), bevor sie später ihr Atelier im hinteren Teil des Gartens aufsuchte. Heute fiel das Atelier aus, was vielleicht ein Grund für ihre leicht gereizte Stimmung war. Sie ertrug es nicht, wenn sie nicht zum Pinsel greifen konnte. Was die Kinder betraf: Dem Himmel sei Dank für die diversen Freunde, die freundlicherweise den Fahrdienst getauscht hatten, damit Simon und sie zu der dreistündigen Autobahnfahrt nach Somerset aufbrechen konnten - das kleine, kopfsteingepflasterte Dorf, das von violetten Blaukissen und wildem Geißblatt überquoll und in dem Großtante Phoebe die letzten sechzig Jahre gelebt hatte.
»Steig schon mal aus.« Simon hielt neben einem grünen Range Rover mit schlammbespritzten Türen und einem schwarzen Labrador, der traurig herausblickte. Sicher gehörte der Hund einem der gut gekleideten Trauergäste, die mit einer Vielfalt an Hüten - inklusive eines gefiederten violetten Turbans - vorbeiströmten.
Sie zögerte, weil sie nicht alleine gehen wollte.
»Wenn du nicht aussteigst«, sagte Simon mit einer leisen Spur von Verärgerung in der Stimme, »kriegen wir keine Sitzplätze mehr. Außerdem hast du Grace versprochen, ihr einen Platz freizuhalten. Ich finde dich schon, sobald ich den Wagen geparkt habe.«
»Und wenn nicht?« Caroline erschrak bei der nur allzu genauen Vorstellung, dass Simon mitten in die Trauerfeier hineinplatzte und sich die Augen dieser blaublütigen Somerset-Gummistiefelträger auf ihn richteten. Grace würde ihr dann bestimmt einen Rippenstoß verpassen und Simons Verspätung laut kommentieren, obwohl sie selbst gerade unpünktlich war. Und Caroline wollte es auch nicht ausschließen, dass Großtante Phoebe, die einzige Person, der es jemals gelungen war, Simon einzuschüchtern, sich plötzlich kerzengerade in ihrem Sarg aufrichtete, in der einen Hand eine Marlboro und in der anderen ein geschliffenes Whiskyglas, und zu erfahren verlangte, warum er nicht pünktlich zu ihrer Beerdigung erschien.
»Mach schon.« Simon trommelte nun ungeduldig mit den Fingern auf das Lenkrad. »Los, geh.« Er warf einen Blick in den Rückspiegel. »Wir halten den Verkehr auf.«
Es blieb ihr nichts anderes übrig. Sie schnappte sich ihre neue türkisfarbene Beuteltasche und hoffte, dass sie Kleingeld für die Kollekte hatte, während sie die langen Beine, die zu ihren besseren Merkmalen zählten neben ihrem kastanienbraunen Haar, das in weichen Locken knapp über ihre Schulter fiel (eine Haarfarbe, die sie anscheinend von ihrer Großmutter mütterlicherseits, Rose, geerbt hatte), aus Simons tiefer gelegtem Cabrio schwang und direkt in eine Pfütze trat. Schon zierten lauter Dreckspritzer ihre neue 15-den-Strumpfhose, die sie nur widerstrebend angezogen hatte, weil sie ein Kostüm statt ihrer üblichen Jeans trug. Der maßgeschneiderte Jerseyrock war ursprünglich, als sie ihn vor Jahren gekauft hatte, ein verführerisches schwarzes Stück gewesen. Nun saß er recht eng in der Taille, war sie doch die sechs Pfund Schwangerschaftsspeck nach den Zwillingen immer noch nicht losgeworden. Immerhin war es ihr gelungen, ganz hinten in ihrem Schrank eine hübsche graue Bluse von Whistles auszugraben, die sie seit der Beerdigung ihrer Mutter nicht mehr getragen hatte.
Die Erinnerung daran beunruhigte und tröstete Caroline zugleich. Mummy hätte von Grace und ihr erwartet, dass sie hier präsent waren. Verstohlen warf sie einen Blick auf ihr Handy, bevor sie durch den Torbogen ging. Immer noch keine Nachricht von ihrer Schwester. »Wo bist du?«, tippte sie.
»Caroline?«
Sie hob den Kopf und erblickte einen Schrank von Mann in einem kastenförmigen Tweedjackett mit einer wunderbar tiefen Stimme, die mehr als nur eine entfernte Ähnlichkeit mit der von Harry Belafonte hatte, wie alle sagten, wenn man ihn bei Familientreffen zum Singen überreden konnte.
»Onkel Geoffrey!«
Es tat so gut, seine Arme um sich zu spüren, sich an seine tröstend breite Brust zu schmiegen und endlich das Gefühl zu haben, dass ein anderer die Verantwortung trug. Seit Mummys Tod hatten weder Caroline noch Grace sich daran gewöhnt, dass sie nun die Ältesten in der Familie waren. »Als wären wir an der Spitze des Baums«, wie ihre Schwester es ausgedrückt hatte. Kurioserweise hatte Caroline in der letzten Zeit ein paar Recherchen über ihre Familiengeschichte angestellt, ausgelöst durch das plötzliche Bedürfnis, Dinge niederzuschreiben, die ihre Kinder später wissen mussten für den Fall, dass sie vielleicht nicht mehr da sein könnte, um sie weiterzugeben. Bislang hatte sie lediglich eine Liste von Namen zusammengetragen, die sie mit ihren üblichen kräftigen schwarzen Tintenstrichen auf einem Blatt Papier notiert hatte. An der Spitze stand ihre Urgroßmutter Louisa, die einen Dr. James Mason geheiratet hatte. Aus dieser Verbindung waren drei Kinder hervorgegangen: ihre Großmutter Rose, ihre Großtante Phoebe und eine weitere Großtante, Grace, nach der ihre Schwester benannt war. Caroline musste weiterforschen, doch sie fand nie genug Zeit. Vielleicht war diese Trauerfeier der Ansporn, den sie benötigte.
Onkel Geoffrey wirkte sichtlich unruhig, während er sich umblickte und auf seine Uhr sah. »Wo steckt Simon?«
»Auf Parkplatzsuche.«
Ihre Blicke trafen sich, und es war nicht nötig, dass er etwas sagte. »Ganz schön viel Betrieb hier. Wir sind extra früh losgefahren, um noch einen Parkplatz zu bekommen. Jedenfalls schön, dich zu sehen.« Sein Blick wanderte anerkennend über ihr Outfit. »Komm und setz dich zu uns.«
Caroline blickte auf die zwei freien Plätze in der Kirchenbank direkt am Mittelgang und auf das Bouquet aus Stargazer-Lilien, deren Duft sie benebelte und ihr leichte Übelkeit verursachte. »Grace wird bald hier sein.«
»Dann wird sie sich irgendwo reinquetschen müssen. Beeil dich, Liebes. Sieht so aus, als wollten sie anfangen.«
Sie sangen bereits das zweite Kirchenlied, als jemand neben Caroline glitt. »Endlich«, wollte sie sagen, bevor ihr bewusst wurde, dass es ihre Schwester war und nicht ihr Mann. »Die Franzosen haben mich aufgehalten.« Grace verdrehte die Augen. Nur ihre Schwester, benannt nach einer lange verstorbenen Großtante, besaß die Unverfrorenheit beziehungsweise die Begabung, ein cremefarbenes Kostüm von Amanda Wakeley zu einer Beerdigung anzuziehen. »Ein Wunder, dass ich überhaupt aus dem Meeting rauskam. War ja klar, dass die alte Krähe tot umfällt, ohne uns vorher Bescheid zu geben.«
Pst, wollte Caroline sagen, aber das war nicht nötig. Mehrere Augenpaare um sie herum sprachen bereits Bände, obwohl Grace, wie immer, den Tadel nicht wahrnahm. Sie registrierte nur Bewunderung, die angesichts ihres Aussehens nicht knapp war. Neid war normalerweise kein Gefühl, unter dem Caroline litt, aber manchmal wünschte sogar sie sich, sie hätte die naturblonden Haare ihrer Schwester geerbt, die diesen Monat zu einem Bob frisiert waren, der an einen glatten Helm erinnerte, und auch ihre schlanke Figur. Aber tatsächlich beneidete sie Grace vor allem um ihr Selbstbewusstsein: um ihr sicheres Auftreten sowohl im Berufsleben als auch im Familienkreis aus der Überzeugung heraus, dass sie stets im Recht war und der Rest der Welt sie mal gern haben konnte. Simon führte diese Selbstsicherheit auf etwas zurück, was er freundlich als »Zuneigung für die Flasche« bezeichnete, und den Duty-free-Ausdünstungen nach zu urteilen, die von ihrer Schwester zusammen mit dem Duft ihres Parfüms Poison ausgingen, hatte er heute vielleicht recht damit.
WozumHenker blieb Simon? Laut dem Programmheft kam gleich die Ansprache. Vielleicht hatte er einen dringenden Anruf von seinen Mitarbeitern bekommen oder vom stellvertretenden Redakteur oder der Rechtsabteilung oder einem der Hunderten von Menschen, die ihn jeden Tag brauchten. Es war erstaunlich, dass er sich überhaupt einen Tag freigenommen hatte.
Grace stieß sie in die Rippen. »Meinst du, sie hat uns was vererbt? «
»Pst«, zischte Caroline, die sich der Blicke ihrer Tante und ihres Onkels schrecklich bewusst war. Wie konnte ihre Schwester an so etwas denken?
»Mach nicht so ein Gesicht!«, flüsterte Grace ihr ins Ohr. »Sie ist uns was schuldig. Das hast du selbst gesagt.«
Zum Glück wurde jetzt wieder gesungen, sodass Caroline ihre Verlegenheit hinter den entschuldigenden Klängen des Kirchenliedes verbergen konnte. Tante Phoebe war eine Stütze dieser kleinen Kirche gewesen, und die kräftigen Stimmen der Trauergemeinde, die bis vor die Tür angewachsen war, sodass es mittlerweile nur noch Stehplätze gab, übertönten Graces anhaltendes Geflüster.
»Hör auf«, zischte Caroline schließlich zurück. »Mummy würde das nicht gefallen.«
Grace schnaubte, aber Caroline sah ihrer Schwester an, dass ihre Worte den beabsichtigten Effekt erzielt hatten. Ihre Mutter würde, wenn sie noch lebte, tatsächlich von ihnen erwarten, sich anständig zu benehmen. Außerdem waren sie es Tante Phoebe schuldig.
Manchmal, dachte Caroline, während sie im Gänsemarsch hinter geraden Rücken in einem Aufgebot von Tweedjacketts und dunkelgrauen Anzügen die Kirche verließ, war es ganz gut, dass es bei Trauerfeiern nicht den »Hat jemand etwas einzuwenden?«-Part gab wie bei Hochzeiten.
Wussten alle diese Menschen hier, wie Tante Phoebe wirklich gewesen war? Und wenn ja, waren sie gekommen, weil sie mit ihrem weitläufigen Herrenhaus und ihren Vogelaugen, die jemanden in einer Entfernung von zweihundert Metern noch erkannten, als die Grande Dame des Dorfes gegolten hatte? Ihre Sehkraft hatte nicht gelitten, aber sie hatte sich über ihr launisches Gehör beklagt. Simon, der sie nicht ausstehen konnte und sie immer als Snob bezeichnet hatte, behauptete damals, das sei nur Gerede und sie könne alles hören, wenn sie nur wollte.
»Da bist du ja!« Sie spürte in der Menge die Hand ihres Mannes auf ihrem Rücken, bevor sie ihn sah. Er tat gerade so, als wäre sie diejenige, die ihn versetzt hatte, statt umgekehrt.
»Hast du den Gottesdienst verpasst?«
»Keineswegs.« Simon grinste breit, als hätte er einen tollen Trick zustande gebracht. »Ich habe draußen jedes Wort verfolgt, zusammen mit den anderen Glücklosen, die es nicht mehr geschafft haben, sich hineinzuquetschen. Offenbar eine beliebte Frau, deine Großtante. Bloß gut, dass es hier Lautsprecher gibt.«
Von wegen, lag es ihr auf der Zunge. Du bist im Wagen sitzen geblieben und hast das Cricketspiel verfolgt, während du so getan hast, als würdest du geschäftlich telefonieren, nicht wahr?
»Und bevor du fragst: Ich bin nicht einfach im Wagen sitzengeblieben und habe mir die Liveübertragung angehört oder mit der Redaktion telefoniert.« Simon neigte den Kopf zu einer gut gekleideten Frau, die aussah wie Ende siebzig, nach Chanel N°19 roch, was zufällig Carolines Lieblingsparfüm war, und eine klassische Kombination im Stil von Jaeger trug, bestehend aus einem violetten Bleistiftrock und passendem Blazer. Die Frau mit dem Turban, der ihr vorhin aufgefallen war! »Ich sagte Ihnen ja, dass meine Frau misstrauisch sein wird. Bitte, Diana, Sie können mein Alibi bestätigen.« »Das stimmt.« Sie sprach mit leicht amerikanischem Akzent. »Wir standen während der ganzen Messe nebeneinander. Ihr Mann hat mir sogar alles über Sie und Ihre reizenden Kinder erzählt, genau wie über seinen faszinierenden Beruf bei einer Zeitung, die ich zufällig regelmäßig beziehe. Außerdem war er so freundlich, mir ein Programmheft zu besorgen.« Der Name Diana kam Caroline irgendwie bekannt vor. »Waren Sie mit Phoebe befreundet?«, fragte sie, ohne unhöflich klingen zu wollen. Es war nicht immer einfach, auf Trauerfeiern zu fragen, wer zu wem gehörte, im Gegensatz zu Hochzeitsfeiern, die normalerweise freudigen Anlass boten. »Wir kannten uns schon sehr lange.« Die Frau schien Caroline neugierig zu mustern. »Ich muss sagen, meine Liebe, Sie sehen noch sehr jung aus dafür, dass Sie drei Kinder haben.« Caroline errötete vor Freude, obwohl sie dieses Kompliment häufiger zu hören bekam. »Ich habe früh angefangen.« Die ältere Frau nickte anerkennend. »Das kann sehr weise sein. Verzeihen Sie mir, bitte, aber ich muss nun gehen.« Sie heftete den Blick auf Simon, als wollte sie auch ihn mustern. »Vielen Dank für Ihre Gesellschaft.« Zusammen machten sie sich auf den Weg zu dem Torbogen, während Diana sich geschickt durch die Menge vor ihnen schlängelte und die Köpfe sich nach ihrem violetten Federturban drehten. »Eine faszinierende Frau«, bemerkte Caroline.
»Du meinst wohl verrückt.« Simon blickte sich um, so wie er das bei großen Anlässen immer tat, ständig Ausschau haltend nach einem bekannten Gesicht oder nach etwas, was sich für eine Story eignete. »Ich nehme an, Grace hat es nicht geschafft?«
O Gott! Auf der Suche nach ihrem Mann hatte sie nach dem Gottesdienst glatt ihre Schwester vergessen. Wahrscheinlich zündete Grace sich in diesem Moment vor dem Altar eine an oder plauderte mit dem Pfarrer, der recht attraktiv war und an Cliff Richard erinnerte. Oder sie bediente sich von dem Messwein, oder vielleicht war sie auch zu dem alten Herrenhaus hinübergegangen, wo die Kirchendamen offenbar den Tee vorbereiteten, sicher in großen Edelstahlkesseln, die von der Gemeindehalle ausgeliehen waren. In den letzten paar Jahren war Grace noch unberechenbarer geworden als zuvor. Weiß der Himmel, wie sie es schaffte, sich in ihrem Job zu halten.
»Sie war da. Sie hat neben mir gesessen und schrecklich unangemessene Kommentare von sich gegeben. Lach nicht, Simon. Das war richtig peinlich.«
»Ist sie das nicht?«
Simon deutete auf eine große, schlanke Gestalt in einem herrlichen cremefarbenen Kostüm, die sich stromlinienförmig durch die Menge auf sie zubewegte wie ein Model auf dem Catwalk. »Simon!« Grace stürzte sich auf Carolines Mann und küsste ihn laut auf beide Wangen. »Ihr ahnt ja nicht, was uns bevorsteht. Da kommt ihr nie drauf! Das Testament wird gleich in der Bibliothek eröffnet. Und ich weiß bereits, was drinsteht!«
Wie üblich bediente sich Grace ihrer ökonomischen Annäherungsweise an die Wahrheit: eine Taktik, die Simons Zeitung bestimmten Politikern unterstellte. Es kristallisierte sich heraus, dass Grace lediglich ein Gerücht aufgeschnappt hatte, als sie eine Abkürzung zwischen den Gräbern hindurch genommen hatte, um die Menge zu umgehen. »Anscheinend hat Phoebe das Haus der Wohlfahrt vermacht.«
Sie würde das nicht ausschließen, dachte Caroline, während sie mit knirschenden Schritten die Auffahrt zu der prächtigen großen Eingangstür hochgingen, die mit der runden Messingglocke in der rechten Steinsäule sicher original georgianisch war. Ihre Großtante - eine Bezeichnung, die Grace nicht in den Mund nehmen wollte, weil, wie sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit betonte, Phoebe sich nicht verhalten habe, wie von der Schwester ihrer Großmutter zu erwarten gewesen wäre - hatte keine leiblichen Kinder. Und obwohl sie Carolines Mutter Helen und deren Bruder Frank großgezogen hatte, nachdem deren eigene Mutter, Phoebes Schwester Rose, gestorben war, hatte Phoebe sich immer distanziert verhalten. »Ihr fehlte das Mutter-Gen«, hatte ihr Onkel Frank einmal dazu gesagt. »Es wäre anders gewesen, wenn sie eigene Kinder gehabt hätte.«
Sicherlich rechneten weder Caroline noch Grace damit, dass sie das Haus erbten. Eher ihr Onkel. Aber eine wohltätige Organisation? Caroline hoffte nur, es würde eine sein, die das Vermächtnis zu würdigen wusste, und nicht eine, die das Geld verwendete, um ihre Vorstandsmitglieder auf eine kostenlose Vergnügungsreise in die Karibik zu schicken. Trotzdem, nun waren sie hier, in der Bibliothek. Verglichen mit dem restlichen Haus, war es ein eher kleiner Raum mit einem langen Mahagonitisch in der Mitte, um den Stühle standen.
Ein großer, kräftiger Mann in einem grauen Anzug, der ihm nicht richtig zu passen schien, bedeutete ihnen, Platz zu nehmen. Selbst Grace wirkte ernst.
»Wir sind heute hier versammelt ...«
Klingt wie bei einer Hochzeit, lag Caroline auf der Zunge.
»... um den letzten Willen von Phoebe Isobel Wright zu verlesen. «
Abgelenkt von den Wandgemälden von engelgleichen Jünglingen im Gehrock mit rosigen Wangen und sehnsüchtigen jungen Frauen mit Porzellanteint, die aus vergoldeten Rahmen starrten, ließ Caroline die Worte an sich vorbeirauschen. Sie hatte ganz vergessen, wie herrlich die Bilder waren! Fast so bezaubernd wie die Regale voller Bücher, von denen sie einige gelesen hatte, als ihre Mutter sie einen Sommer lang hierhergeschickt hatte, damit sie ihre Großtante kennenlernte.
»Wie Sie also sehen können, wird das Haus in Anbetracht der finanziellen Situation Ihrer Großtante verkauft werden, um die Schulden zu tilgen.«
Schulden?
Ihrer Schwester und ihrem Mann stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben. Was hatte sie verpasst?
»Allerdings gibt es ein paar Ausnahmen«, brummte der Notar mit seiner tiefen Stimme. »Abgesehen von den Gemälden und den Schmuckstücken, die ebenfalls verkauft werden, hat Ihre Tante bestimmt, dass eine Perlenkette, die sich, wenn ich richtig informiert bin, seit Generationen in Familienbesitz befindet, an ihre Großnichte Caroline gehen soll.«
Ein zweistimmiges leises Keuchen war zu hören. Eines, wie Caroline bewusst wurde, aus ihrem eigenen Mund, das andere aus dem Mund ihrer Schwester. »Des Weiteren hinterlässt sie Wilfred ihrer Großnichte Grace.«
»Wilfred?«
Wieder reagierten beide Frauen gleichzeitig.
Simon stieß ein lautes Lachen aus. »Das ist aber nicht dieser riesige schwarze Labrador, der schon seit einer Ewigkeit draußen in dem Geländewagen sitzt. Ich war kurz davor, ihn rauszulassen, als jemand kam, um ihn zu holen.«
Der Notar nickte. »Er ist nach einem englischen Kriegsdichter benannt. Ihre Großtante hatte sehr viel für diese Literatur übrig, wie Ihnen vielleicht bekannt ist.«
»Aber Phoebe hatte doch gar keinen Hund.«
Graces Stimme war nur noch ein Piepsen.
»Darf ich fragen, wann Sie sie zuletzt besucht haben?« Es klang fast wie eine Rüge.
Ihre Schwester zog einen Schmollmund. »Vor zehn Jahren.«
Caroline hörte, wie ihre eigene Stimme sich zu Wort meldete. »Ich war letztes Jahr hier.«
»Dann haben Sie den Hund wohl knapp verpasst.« Der Notar blickte sie an. »Ihre Großtante hat ihn erst vor ein paar Monaten aus dem Tierheim geholt.«
»Aber das ist lächerlich.« Grace sprang von ihrem Stuhl auf. »Ich habe einen Job. Einen richtigen Job. Ich kann mich nicht um einen Hund kümmern, geschweige denn um einen ohne Stammbaum. Ich kann mir nicht einmal den Luxus leisten, einen Mann zu haben oder Kinder!«
»Dann schlage ich vor, dass Sie sich das gründlich überlegen.« Die Stimme des Notars war höflich, aber bestimmt. »Es war Phoebes ausdrücklicher Wille, dass Wilfred an Sie geht. Dazu kommen eine kleine Aufwandsentschädigung und ein Begleitbrief.«
Was stand darin? Caroline beobachtete fasziniert, wie Grace den Umschlag an sich nahm und in ihre cremefarbene Clutch gleiten ließ, ohne ihn überhaupt zu öffnen.
Die Rückreise hätte nur halb so lange gedauert, hätten sie nicht immer wieder anhalten müssen, damit Wilfred sich auf diversen Wiesen und Rastplätzen erleichtern konnte.
»Ich wusste, dass der Köter an uns hängen bleibt.«
Caroline war bewusst, dass sie sauer klang, aber sie konnte es nicht ändern. Typisch! Grace haute einfach ab nach London, nachdem sie darauf beharrt hatte, dass Caroline als Einzige von ihnen in der Lage sei, ein vierbeiniges Vermächtnis anzunehmen - schließlich habe sie ein Haus mit Garten, und die Kinder hätten sich schon immer einen Hund gewünscht, oder? Außerdem sei Caroline den ganzen Tag zu Hause und habe nichts Besseres zu tun, als mit ihren Farben herumzumatschen und so weiter und so fort. Also gut, hörte sie sich sagen. Aber verstieß das nicht sinngemäß gegen den letzten Willen ihrer Großtante?
»Wir können ja tauschen. Hund gegen Perlen«, hatte Grace geantwortet.
Vergiss es, hätte sie am liebsten erwidert. Solange sie zurückdenken konnte, hatte ihre Großtante die Kette getragen. Davor hatte sie Carolines Großmutter gehört und davor ihrer Urgroßmutter Louisa, auch bekannt als »die arme Louisa«, obwohl Caroline nicht mehr genau wusste, warum sie so genannt wurde und es nun bedauerte, dass sie den Geschichten ihrer Mutter nicht mehr Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Einerseits spürte sie ein Kribbeln vor Freude, weil ihre Großtante es für angemessen gehalten hatte, ihr die Perlen zu vermachen, was vermuten ließ, dass sie doch etwas für Caroline übrig gehabt hatte. Andererseits war sie wütend, weil sie Grace nachgegeben hatte, was Wilfred betraf, der gerade versuchte, den Sicherheitsgurt auf dem Rücksitz durchzukauen.
»Wir schaffen das schon.« Simons Stimme unterbrach sie in ihren Gedanken, die er lesen konnte wie kein anderer. »Außerdem steht dir das Collier bestimmt. Ich fand schon immer, dass du ein Perlenmädchen bist. Mach schon. Leg es an.«
Sie öffnete das Etui in ihrem Schoß und nahm das Collier heraus. Es waren zwei Reihen. Eine mit einem wunderschönen Diamantverschluss und Perlen, die etwas kleiner waren als die der anderen Reihe. Zwischen jede einzelne Perle war offenbar ein Knoten geknüpft, wahrscheinlich sollte so verhindert werden, dass die Perlen verloren gingen, falls die Kette riss.
Schweigend griff Simon an die Sonnenblende auf der Beifahrerseite und klappte den Spiegel herunter. Caroline öffnete vorsichtig den Diamantverschluss und legte die Kette um den Hals. Die Perlen fühlten sich kalt an auf ihrer warmen Haut, und der Verschluss war knifflig, ungewohnt. Normalerweise trug sie keinen Schmuck außer ihrer Armbanduhr und Ohrringen. Die zweite Reihe war leichter zu schließen, obwohl das Einfädeln des Sicherheitshäkchens so verzwickt war, dass es ihr lange nicht gelingen wollte.
»Es ist wunderschön.«
Simons Stimme klang so belegt, wie wenn sie miteinander schliefen.
»Sie wollte es eigentlich Mummy vermachen.« Die Erinnerungen kehrten nun zurück. »Ich weiß noch, als Mummy im Sterben lag, hat sie Phoebe gebeten, es einer von uns zu geben.«
»Was sie hiermit getan hat.«
»Ja.« Caroline nickte ihrem Spiegelbild zu. Die Perlen fühlten sich bereits wärmer an. Freundlicher. »Das hat sie. Ich weiß, es klingt kitschig, aber es gibt mir das Gefühl, als wäre Mummy noch hier, direkt neben mir.«
Simons große, warme Hand ergriff ihre und drückte sie. »Das klingt überhaupt nicht kitschig. Wenn es dich tröstet, dir solche Sachen vorzustellen, dann kann ich nichts Falsches daran erkennen. Okay, warum machst du nicht ein wenig die Augen zu, während ich uns nach Hause bringe?«
Das Telefon klingelte, als sie vor der Haustür standen und Caroline nach dem Schlüssel kramte. Simon hielt Wilfred fest, der an der Leine zerrte, was vermuten ließ, dass er entweder nicht gut erzogen war oder verständlicherweise verwirrt über sein neues Zuhause. Der Schlüssel war wie immer ganz unten in ihrer Tasche.
»Gott sei Dank, endlich zu Hause.« Simon warf seine Jacke auf die Sitzbank in der Diele und steuerte auf die Hausbar zu. »Ich bin nach dieser Fahrt für niemanden zu sprechen. Möchtest du mit dieser Bestie Gassi gehen, oder soll ich?«
»Kannst du das machen?« Caroline griff zum Telefon. »Ich muss kurz checken, ob es noch einmal die Kinder waren.«
Das Haus war so still ohne sie. Scarlet, so benannt wegen ihrer kupferroten Haare, übernachtete wieder einmal bei einer ihrer zahllosen Freundinnen, während die Zwillinge, Oliver und Charlie, heute im Internat schliefen. Dem Himmel sei Dank für die Flexibilität der Schule, die hin und wieder eine Übernachtung zuließ, nachdem die Jungs vor kurzem ihren zehnten Geburtstag gehabt hatten.
»Hast du ihnen Bescheid gegeben wegen dem Hund?«
Simon hatte bereits die Ärmel hochgekrempelt, und ein Whiskyglas stand auf der Küchenanrichte, während er begann, Zwiebeln für eine Lasagne kleinzuschneiden. Er konnte gut kochen, wahrscheinlich besser als sie, was nicht verwunderlich war, schließlich war sie noch sehr jung gewesen, als sie geheiratet hatten, und er hatte immerhin ein paar Jahre Erfahrung im Kochen als Junggeselle.
»Wegen dem Hund?« Insgeheim hoffte Caroline, dass ihre Schwester ihre Meinung änderte und anrief, um Wilfred zurückzuverlangen. »Ich dachte, wir überlegen uns das erst noch.«
»Was gibt es denn da zu überlegen? Wie Grace schon gesagt hat: Wir haben genug Platz. Ich weiß, sie hat für deine Arbeit nicht viel übrig, aber wir haben schließlich schon oft mit dem Gedanken gespielt, uns einen Hund anzuschaffen. Scarlet ist fast siebzehn, höchste Zeit, dass sie ein bisschen Verantwortung übernimmt, und ... Mist! Schon wieder das verdammte Telefon!«
»Ich gehe schon.«
Wahrscheinlich einer der Jungs, der irgendeinen wichtigen Teil der Sportausrüstung oder die Hausaufgaben vergessen hatte, dachte Caroline, während sie den Hörer abhob, oder vielleicht war es ihr Agent, der manchmal zu den seltsamsten Uhrzeiten anrief, besonders wenn ein großer Auftrag winkte.
»Spreche ich mit Caroline Sweeting?«
Die Stimme war kühl, fast spöttisch.
»Wer ist da?«
»Ist Ihr Mann zu sprechen?«
Caroline gefiel das nicht. Es war etwas passiert. Nicht den Kindern, denn mit ihnen hatte sie eben noch gesprochen. Auch nicht
Aus dem Englischen von Claudia Geng
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2012 by Blanvalet Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München
Schritte. Schwer. Langsam. Gründlich. Genau wie er. Schritte, die den Gang durchqueren und das Dienstmädchen daran hindern, vor ihm anzukommen. Die Tür, die sich öffnet.
Mach die Augen zu, sagt die leise Stimme in Louisas Kopf, während sie ihr Skizzenbuch unter das Kopfkissen schiebt. Tu so, als würdest du schlafen.
Ist es das, was von einer Braut am Morgen danach erwartet wird?
Sie kann jetzt hören, wie er Luft holt. Den Tabak in seinem Atem riechen, als er sich neben ihr auf das Bett kniet, während der Frühlingsregen sanft von außen das Fenster tätschelt. Er bittet jemanden, es zu öffnen, damit sie den Duft der Narzissen draußen einatmen kann statt diesen muffigen Geruch, der in ihrer Nase kitzelt, sodass sie am liebsten niesen möchte, was jedoch überhaupt nichts nutzen würde.
»Ich weiß, dass du wach bist.« Seine tiefe Stimme klingt leicht belustigt, als wäre sie ein Kind und noch im Haus ihres Vaters. Wenn es doch nur so wäre. »Ich wollte dir das hier geben.«
Louisa weiß, worum es sich handelt. Man hat ihr bereits davon erzählt. Jede Frischvermählte erhält es, und nach ihrem Tod geht es an die nächste über. Aber Louisa hat es noch nie gesehen. Bestimmt hatte es seit dem Ableben ihrer Schwiegermutter vor all den Jahren in einer verstaubten Schmuckkassette versteckt gelegen.
Louisa dreht sich um, teils aus Neugier und teils, weil es keinen Sinn mehr macht, sich schlafend zu stellen.
Sein Gesicht taucht vor ihr auf. Ein schönes Gesicht. Klein, mit ordentlichem Schnurrbart, der Mode der Zeit entsprechend. Dunkles Haar. Braune Augen, die ihren Blick festhalten, mit einer Spur von dunklem Moosgrün, wie die schweren Brokatvorhänge hinter ihm, die nur halb zugezogen sind. Eine stattliche Körpergröße, die in seiner knienden Haltung nur geringfügig verringert ist, während er über ihr thront und das Licht verdeckt, das an diesem Frühlingsmorgen durch die leicht geöffneten Fensterläden strömt. Diese höfliche, ehrfürchtige und doch vornehm ärztliche Art, die seine Patienten in den Bann schlägt, unabhängig vom Alter. Am liebsten würde sie kichern, oder liegt es bloß daran, dass sie das hat, was Papa ein »Nervenleiden« nennt, genau wie ihre Mama?
»Es ist wunderschön.« Ihre Stimme klingt seltsam, als wäre auch sie, wie ihr restlicher Körper, vor ein paar Stunden gespalten worden. Unfähig zu widerstehen, nimmt Louisa zuerst eine Reihe in die Hand und dann die andere. Die erste mit dem hübschen Diamantverschluss gefällt ihr besonders, aber auch die zweite ist hinreißend. Wie ein Wasserfall aus Perlen, jede voneinander getrennt durch einen Seidenknoten in einem zarten Netz. Ein Spinnennetz.
»Es gefällt dir.« Der angenehm überraschte Ausdruck in seinem Gesicht erinnert sie an ihren Vater, wenn sie schließlich nachgab und seinen Wünschen gehorchte. »Stur« nannte Papa sie gelegentlich. Unfähig, eine gute Partie vor ihrer Nase zu erkennen, obwohl sie fast zwanzig ist. Entschlossen, ihren eigenen Weg im Leben zu gehen, ungeachtet der Folgen für sie selbst und andere. Und vielleicht hatte er bis gestern in der Kirche recht.
»Lass mich.« Die tiefe, autoritäre Stimme kommt ihren Händen zuvor. Widerstrebend erlaubt sie ihrem neuen Gemahl, dass er ihr die Perlen um den Hals legt, ihren Schwanenhals, wie ihre Mutter früher immer sagte, als sie noch sprechen konnte. Lang. Elegant. Cremeweiß, wie das bestickte Nachthemd darunter.
Während sie sich gegen die Berührung seiner warmen Haut wappnet, versteift sie sich, und plötzlich stockt ihr kurz der Atem, als sie unvermittelt die Kühle der Perlen spürt. Zitternd versucht sie auszuweichen, aber es ist zu spät. Man hört ein Klicken, gefolgt von einem weiteren, mit dem die zweite Reihe geschlossen wird. Sie ist gebunden.
»Was denkst du?« Er hält ihr nun den Handspiegel vor, einen silbern gerahmten Spiegel mit schräg geschliffenen Kanten, der gewöhnlich neben einer Reihe von Kristallflakons und der kleinen cranberryroten Vase auf ihrer Frisierkommode liegt. »Es steht dir«, fügt er mit einem winzigen Zittern in der Stimme hinzu.
Er möchte also, dass es ihr gefällt! Diese Erkenntnis verschafft ihr plötzlich ein Gefühl der Stärke. Wieder stur. Wie damals, als ihr Vater eines Tages aus der Galerie heimkam und berichtete, dass ein Gentleman stundenlang ihr Porträt betrachtet und schließlich um die Erlaubnis gebeten habe, der großen, schlanken, selbstsicheren jungen Frau mit dem weißen Spitzenkragen, der sich von ihren kastanienbraunen Locken abhebt, während sie zum Fenster hinaus auf etwas schaut, das weit außerhalb des Rahmens liegt, seine Aufwartung zu machen.
Zuerst hatte sie leicht belustigt reagiert, bis ihr am folgenden Abend bewusst wurde, dass ihr Vater ihren Bewunderer mit nach Hause gebracht hatte. Dr. James Mason bedurfte wenig Überredung, um zum Abendessen zu bleiben, und machte ihr im Laufe der nächsten drei Monate beharrlich den Hof. Louisa war sich unschlüssig, ob sie ihn mochte oder einfach Angst hatte vor dem Neuen, besonders vor einem Mann, der aus einer viel besseren Familie stammte als sie und dessen Angehörige diese Verbindung nicht befürworteten, weil Louisa keinen Titel trug und die Tage über ihrem Skizzenbuch verbrachte.
»Es ist sehr hübsch.« Ihr höflich-distanzierter Ton lässt ihn zurückweichen, und er steht auf. Nun beugt er sich über sie, mit energischer Miene. Sie zwingt sich, dem Blick ihres neuen Gemahls standzuhalten, entschlossen, ihre Angst nicht zu zeigen. Die moosgrünen Sprenkel helfen. Sie zeigen, dass er nicht perfekt ist. Der Gedanke ist sowohl unterhaltsam als auch tröstend. Schließlich musste sie heiraten! Das wurde von einer Frau erwartet. Ein Ehemann, der nicht ganz perfekt war, würde sich vielleicht damit zufriedengeben, dass sie ihr eigenes Leben lebte, soweit sie dazu in der Lage war.
»Gib darauf acht.« Seine Stimme dröhnt in ihren Ohren. »Es ist ein Familienerbstück.«
Natürlich gebe ich darauf acht, liegt ihr auf der Zunge, leicht gekränkt von seinem Ton - als wäre sie ein Kind, das ein kostbares Spielzeug bekommen hat und ermahnt werden muss, es nicht zu verlieren. Aber er wendet sich bereits ab, und seine Schritte hallen durch den Flur, wo sie das Dienstmädchen hören kann, das die schwere Ziertruhe, die einem von James' Vorfahren gehörte, mit Bienenwachs poliert. Es kommt ihr vor, als habe sich jemand ins Zimmer geschlichen und endlich das Fenster geöffnet. Gott sei Dank. Sie kann wieder normal atmen. Sie wirft einen Blick in den Spiegel und ist nicht unzufrieden mit dem, was sie sieht. Die Perlen stehen ihr. Sie fühlen sich nun auch wärmer an, weniger fremd. Gewöhnten sie sich an sie? Gewöhnten sie sich an einen neuen Hals nach den Jahren mit dem alten?
»Willkommen«, sagt sie lautlos zu ihrem Spiegelbild.
Nun ist sie wahrhaftig verheiratet.
Die seidene Schlinge hatte sich zugezogen.
2
Das Schlimmste am Verheiratetsein, befand Louisa nach einem Jahr, war das Klamme. Diese schreckliche Nässe zwischen den Schenkeln hinterher, und dass sie in das Laken sickerte. Louisa konnte dem Dienstmädchen am nächsten Morgen kaum ins Gesicht sehen, und ihre Hoffnung, dass es vielleicht nichts bemerkte, wurde jeden Abend zerstört, wenn die Bettwäsche aus schwerem Leinen gewechselt worden war.
Dann war da noch der Geruch, der mit nichts Ähnlichkeit hatte, was ihre Nase je zuvor wahrgenommen hatte. Louisa gefiel die Vorstellung, von Gerüchen so viel zu verstehen wie von Farben. Letzteres war eine Begabung, die sie von Papa geerbt hatte, der sich immer einen Sohn gewünscht hatte, den er zum Künstler hätte ausbilden können, so wie er die Kunst gelehrt worden war von dem Mann, den er den großen Meister nannte. Aber dieser Geruch, der nach den Besuchen ihres Mannes blieb, war eine Mischung aus Stallgeruch und dem der farblosen Substanz, die ihr Vater benutzte, um seine Pinsel zu reinigen.
Dennoch schien James zufrieden zu sein.
»Sehr gut«, hatte er letzten Monat in demselben Ton gesagt, den er benutzte, wenn der Koch sein Lieblingsgericht zubereitete, eine Rindfleisch-Nieren-Pastete. Bis dahin hatte er nie etwas gesagt, keinen Ton, abgesehen von dem leisen Stöhnen, das er während des Akts ausstieß. Daher hatte dieses »Sehr gut« Louisa innerlich zum Glühen gebracht, weitaus mehr als der Akt selbst. Anfangs hatte diese ganze Sache sie vollkommen überrascht. Niemand hatte ihr richtig erklärt, was passieren würde. Mama nicht. Ihre Gouvernante nicht. Wäre dieses dumme Mädchen nicht gewesen, mit dem sie gemeinsam Unterricht hatte, hätte sie überhaupt keine Vorstellung davon gehabt.
»Dann wirst du es tun müssen«, hatte Aveline gekichert, als Louisa sie über ihre Verlobung informierte.
»Was denn?«, hatte Louisa erwidert. Sie gefiel sich nicht in der Rolle der Fragestellerin, aber Avelines gepresste Piepsstimme und ihre Unfähigkeit, die Linien auf dem Globus zu verstehen, brachten Louisas schlechte Seiten zum Vorschein.
Als Aveline, die sich in ihrem Haus unten aufhalten und auf eine Art mit dem Dienstpersonal plaudern durfte, die Louisa ganz sicher nicht erlaubt war, ihr daraufhin Einzelheiten ins Ohr flüsterte, hatte Louisa sich diese mit der zügellosen Fantasie ihrer Mitschülerin erklärt. Die Geschichten, die Aveline während des Unterrichts zum Besten gab, erinnerten nämlich stark an Groschenheftromane, von denen Louisa gehört hatte. Aber inzwischen war ihr klar, dass Aveline auf diesem einen Gebiet nicht übertrieben hatte. Bedeutete das also, dass die andere Sache auch stimmte?
Louisa setzte sich in ihrem Bett auf, die langen dunklen Locken über die Schulter gefächert, bevor sie hochgesteckt werden mussten, raffte die Decke an sich und kostete diese Zeit am Morgen aus, wenn James das Zimmer für seine »Runden«, wie er es nannte, verlassen hatte und Louisa sich selbst überließ, bis das Mädchen kam. Seit dem Sommer brauchte sie keine Baumwollbinden mehr, die sich immer so unbequem in ihrer Unterwäsche anfühlten, und nun war bald Weihnachten. War es also möglich, wirklich möglich, dass sie in anderen Umständen war, so wie ihre frühere Mitschülerin es beschrieben hatte?
Zögernd schwang Louisa die Beine über die Bettkante, ging hinüber zu dem hohen Mahagonispiegel und hob ihr langes weißes Nachthemd hoch. Ihr Bauch war tatsächlich leicht gewölbt. Aber das konnte auch an den Speisen liegen, die der Koch auf den Tisch brachte. Früher, als sie noch in ihrem Elternhaus lebte, war ihr oft nicht nach Essen zumute gewesen. Der Anblick ihrer Mutter, die schweigsam und mit leerem Blick am anderen Ende der Tafel saß, hatte ihren Appetit nicht gerade begünstigt.
Armer Papa, dachte sie, während sie ihr Nachthemd fallen ließ und sich kurz richtete, bevor das Dienstmädchen kam. Er hatte kein leichtes Leben. Kein Wunder, dass er immer so lange in seinem Atelier blieb. Ihr Gesicht hellte sich auf, als sie sich daran erinnerte, dass er sie für den heutigen Tag eingeladen hatte, ihm Gesellschaft zu leisten. Vielleicht würde sie sich ihm anvertrauen.
Das Atelier war wie immer ein Durcheinander aus Farben. Grün, Blau, Rot und Orange, alle in Klecksen auf Holzbrettern, die Papa Malpaletten nannte. Normalerweise machte der Ölgeruch Louisas Nase frei, sobald sie den Raum betrat, wie früher auf dem Fischmarkt, wenn sie als Kind die Köchin angebettelt hatte, sie mitzunehmen. Aber heute drehte sich ihr davon der Magen um, und sie spürte einen leicht merkwürdigen Geschmack im Mund, ähnlich wie damals von dem Viertelpenny, an dem sie als Mädchen einmal geleckt hatte, um herauszufinden, wie er schmeckte, was ihr einen strengen Tadel eingebracht hatte.
Nun richtete sich Louisas Blick direkt auf die Staffelei, wo eine schöne Frau mit blauen Augen und passender Haube, die keck unter dem Kinn zusammengebunden war, auf eine ferne, unsichtbare Landschaft hinausblickte.
Es war doch immer wieder dasselbe!
Egal, von wem Papa beauftragt wurde, seine Motive verwandelten sich alle in dieselbe Frau. Kein Wunder, dass er sich über wenig Arbeit beklagte: Nicht alle seine Kunden wünschten, dass die Porträts ihrer Frauen oder Töchter eine auffällige Ähnlichkeit hatten mit der Frau des Künstlers.
»Sie war so schön, deine Mutter.« Ihr Vater redete, ohne sich umzudrehen. »Dieser bezaubernde Schwanenhals.«
Louisa nickte und berührte fast unbewusst ihren eigenen. Sie hatte den gleichen Hals wie ihre Mutter. Beinahe zu lang, dachte sie, obwohl es stimmte, dass die Perlen gut dazu passten. Inzwischen hatte sie sich daran gewöhnt, tatsächlich vergaß sie sogar hin und wieder, dass sie um ihren Hals lagen und geriet dann sofort in Panik, sie könnten heruntergefallen sein. Ein Erbstück wie die Perlen zu verlieren war etwas, was James und ihre Familie ihr nie verzeihen würden.
»Du hättest sie sehen sollen, bevor sie krank wurde.«
Louisa hasste es, wenn ihr Vater so zu reden begann. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass einem dann nichts anderes übrig blieb, als geduldig zuzuhören. Während sie auf die Farben an der Seite blickte, fragte sie sich, ob sie es wagen sollte, ihren Wunsch zu äußern, den sie immer äußerte und den er jedes Mal auf dieselbe Art beantwortete.
»Papa, darf ich ...«
Sie hielt inne.
Er wandte sich um und sah sie nun auf dieselbe Art an wie damals, als sie ihm gesagt hatte, dass sie es vorziehe, nicht zu heiraten, niemals, und dass es ihr eigentlicher Wunsch sei zu malen. So wie er.
»Darf ich ...«, begann sie wieder. Darf ich den Pinsel dort nehmen?, wollte sie fragen. Darf ich die rote Tube auf dem Papier ausdrücken und die flüssige Paste über die Seite wischen?
»Louisa.« Er blickte sie verärgert an. »Ich habe es dir bereits gesagt. Die Malerei ist kein Beruf für Frauen. Nicht für Frauen wie dich. Sie eignet sich sehr gut als Zeitvertreib, aber dabei solltest du es belassen. Bitte, frag mich nicht wieder.«
»Das ist es nicht.« Ihre Worte kamen überstürzt, um die Lüge wettzumachen. »Es ist etwas anderes.«
Er wartete. Nun gab es kein Zurück. »Etwas, was ich eigentlich Mama fragen sollte, aber das ist natürlich unmöglich.«
Er machte nun einen verwirrten Eindruck, was ihre Nervosität nur noch steigerte. »Es handelt sich um eine delikate Angelegenheit, Papa.«
Er legte den Pinsel zur Seite und kam zu ihr herüber. Manchmal fiel es ihr schwer, sich vorzustellen, dass ihr Vater ein echter Künstler war. Ein Künstler, der sehr gefragt gewesen war, bis seine Frau erkrankte, und dessen Werke früher in einer berühmten Londoner Galerie gehangen hatten. »Was ist, Louisa? Bist du krank?«
»Nein.«
Seine Stirn legte sich in Falten, und die dichten grauen Augenbrauen verknoteten sich schier. »Behandelt dein Mann dich gut?«
Sie nickte, und Erleichterung huschte über sein Gesicht. Dann war es, als würde ein Licht aufgehen in diesen milchigen hellblauen Augen, die sie im Laufe der Jahre zu lieben gelernt hatte, aber auch zu fürchten.
»Du bist in Hoffnung?«
Sie lachte, schüttelte den Kopf und nickte dann. »Ich glaube schon. Ich bin mir nicht sicher.«
»Mein liebes Kind!« Er umarmte sie leicht, und die Ölfarbe auf seinem Hemd verursachte ihr einen bitteren Geschmack im Mund.
»Dann werde ich jemanden für dich finden, Louisa. Ich werde jemanden finden, mit dem du reden kannst. Jemanden, der sich mit diesen Dingen auskennt.«
3
Louisa hatte immer ein unbehagliches Gefühl, wenn ihr Vater und Avelines Mutter sich im selben Raum an der Acacia Road aufhielten. Warum, konnte sie nicht ausmachen. Lag es vielleicht an dem weichen amerikanischen Akzent, der, laut Papas bewunderndem Ton, darauf zurückzuführen war, dass die ehrenwerte Mrs Gillingham aus Boston stammte? (Aveline hatte sich definitiv nicht angewöhnt, auf diese Art zu sprechen, aber vielleicht hatte das damit zu tun, dass ihr Vater Engländer war.) Oder lag es daran, dass es Louisa nicht besonders gefiel, wenn Papa sich mit einer anderen Frau unterhielt, während er außerstande war, dies mit seiner eigenen Frau zu tun?
»Wann hat deine Mutter ihr Sprachvermögen verloren?«, hatte Aveline kurz nach ihrem Kennenlernen gefragt. Louisa, die es hasste, über solche Dinge zu sprechen, hatte kurz erklärt, dass ihre Mutter vor Jahren eine seltsame Krankheit erlitten habe, in deren Gefolge ihr rechter Arm schlaff und nutzlos geworden war. Was sie hätte hinzufügen können, aber lieber nicht tat, war, dass ihre Mutter vielleicht nicht im herkömmlichen Sinn sprechen konnte, aber dennoch recht verständlich mit ihrer Tochter kommunizierte, einfach durch den Ausdruck in ihren Augen. Derselbe Ausdruck, der keinen Zweifel daran ließ, dass sie Victoria Gillingham nicht traute, ob ehrenwert oder nicht. Wie jeder wusste, konnten die Amerikaner äußerst flatterhaft sein und viel zu verschwenderisch im Gebrauch von Lavendelwasser. Darum war die letzte Person, von der Louisa aufgeklärt werden wollte, was ihre Niederkunft betraf, Avelines Mutter. Diese tauchte gleich einen Tag nach ihrem Gespräch mit Papa unangemeldet auf und rauschte in das Morgenzimmer, wo Louisa am Pianoforte saß.
»Meine Liebe!«
Die Besucherin nahm direkt gegenüber Platz auf der burgunderroten Chaiselongue. Sie hatte eine äußerst aufrechte Haltung und setzte sich vorsichtig, damit die Falten ihres smaragdgrünen Seidenrocks ordentlich fielen. Das war eine Angewohnheit, die auch Aveline kultivierte und die Louisa verachtete. So gekünstelt! So amerikanisch!
»Ihr lieber Herr Vater hat mir von Ihren Neuigkeiten berichtet. Ich freue mich ja so für Sie!« Mrs Gillingham beugte sich vor und senkte die Stimme - aber nicht ausreichend -, damit das Hausmädchen, das sich, dem Schlurfen nach zu urteilen, draußen in der Diele herumdrückte, nicht mithören konnte. »Was für ein Jammer, dass Ihre arme Frau Mama Ihnen in dieser Zeit keine Hilfe sein kann.«
Oh, aber das kann sie, lag Louisa auf der Zunge, während sie sich widerwillig von dem Pianoforte erhob und auf dem Stuhl neben der Besucherin Platz nahm, wie es das Protokoll diktierte. Mama weiß es. Ich habe es ihr bereits erzählt. Nur weil sie nicht antworten kann, heißt das nicht, dass sie nicht verstanden hat. Erst gestern haben mir Mamas Augen sehr deutlich gesagt, dass ein Kind zu bekommen eine der schönsten Erfahrungen gewesen sei, die sie auf dieser Welt jemals machen durfte, und dass es nicht wehtun werde. Nicht das kleinste bisschen.
»Gerade Sie, bei Ihrem schwachen Nervenkostüm!« Mrs Gillingham tätschelte ihr leicht die Hand. »Aber haben Sie keine Angst. Ich werde Sie in bestimmten Dingen beraten können, und Ihr lieber Gatte ist ja schließlich Arzt.« Wieder ein leichtes Tätscheln. »Nicht, dass Sie ihn für alles konsultieren könnten.
Schließlich gibt es gewisse delikate Themen, die eine Frau nie mit ihrem Mann besprechen sollte. Nun, meine Liebe, gibt es etwas, das Sie mich gerne fragen würden?«
Louisa dachte an das, was sich in ihrem Leben verändert hatte. Die unangenehme Morgenübelkeit nach dem Aufwachen. Die unglückliche Art, wie ihr Mageninhalt sich in den Porzellantopf entleerte, der unter dem Bett bereit stand. Ihre anschwellenden Brüste, die bei jeder Bewegung schmerzten. Und die plötzliche Abscheu, die sie vor ihrem Gemahl empfand, wenn er abends zu ihr ins Bett stieg, ein Gefühl, das er wohl wahrnahm, da er sich angewöhnt hatte, das kleinere Schlafzimmer am anderen Ende des Flurs zu benutzen.
»Ich denke nicht, danke«, antwortete sie und faltete sorgfältig die Hände im Schoß, damit Mrs Gillingham nicht die violetten Farbspritzer entdeckte, die ihre Haut zierten.
»Sind Sie sicher?« Die ältere Frau zog enttäuscht die Augenbrauen hoch.
Louisa antwortete mit einem leichten Nicken.
»Ich verstehe.« Ein frostiger Unterton hatte sich nun in das amerikanische Näseln geschlichen. »In diesem Fall möchte ich auf eine Neuigkeit zu sprechen kommen, von der ich hoffe, dass Sie Ihnen Freude bereiten wird. Ihre liebe Freundin Aveline wird heiraten! «
Liebe Freundin! Louisa hatte Aveline nie wirklich in dieser Kategorie verortet. Sie gehörte ohnehin nicht zu der Sorte Mädchen, die enge Freundschaften pflegte, zum Teil aus Mangel an Gelegenheit. Eine invalide Mutter und ein Künstlervater waren nicht unbedingt der ideale familiäre Hintergrund, um andere anzuziehen, wie Louisa nicht ohne Ironie oft gedacht hatte. Folglich fiel es ihr nun schwer, Begeisterung für Avelines bevorstehende Trauung aufzubringen, und sie musste sich zwingen, freundlich zu klingen. »Ich nehme an, sie heiratet Sir Thomas?«
Mrs Gillingham senkte den Kopf in gnädiger Bestätigung.
Louisa war nicht überrascht. Aveline hatte es seit einigen Monaten auf den armen Mann abgesehen, nachdem sie ihn vor mindestens zwei Jahren wegen seines albernen Geschwätzes als möglichen Bewerber abgelehnt hatte. Zweifelsohne machte sein Titel in den Augen von Avelines Mutter seine Schwatzhaftigkeit hinnehmbar. »Bitte übermitteln Sie ihr meine Glückwünsche.« Sie lächelte ihre Besucherin so herzlich wie möglich an. »Unterdessen bitte ich Sie, es nicht übel aufzufassen, aber ich fühle mich sehr erschöpft.«
Mrs Gillingham erhob sich. Sie war sehr groß, wie Louisa auffiel. Größer, als ihr bewusst gewesen war, aber vielleicht lag das an den zierlichen schwarzen Schnürstiefeln aus Leder, die unter der Seide ihres Rockes hervorblitzten. Zweifellos eine weitere amerikanische Affektiertheit.
»Aber natürlich, mein liebes Kind.« Sie gab Louisa die Hand, und der Geruch von Lavendelwasser war so überwältigend, dass Louisa sich gerade noch beherrschen konnte, um nicht einen Schritt zurückzutaumeln. »Lassen Sie es mich jedoch unbedingt wissen, wenn es etwas gibt, was die liebe Aveline und ich für Sie tun können.«
Louisa wartete ungeduldig auf das Klacken der Vordertür, das Zeichen, dass das Dienstpersonal Mrs Gillingham sicher hinausgeleitet hatte. Dann kehrte sie leise an das Pianoforte zurück und klappte den Hocker auf, der vor dem Instrument stand. Dem Himmel sei Dank! Das Bild, das sie gerade noch rechtzeitig hatte verschwinden lassen, bevor ihre Besucherin eintrat, war unbeschädigt, obwohl die Farbe noch feucht war. Sie hielt es auf Armeslänge von sich, um es sorgfältig zu überprüfen, und rief sich vor ihrem geistigen Auge die Silhouette des Kastanienbaums vor Mamas Fenster in Erinnerung, dessen Stamm rötlich-violette Streifen hatte und den sie oft betrachtete, wenn sie ihrer Mutter die Haare kämmte. Der Ast auf der linken Seite war nicht perfekt, aber für einen ersten Versuch gar nicht so schrecklich. Draußen war Lärm zu hören, das Zeichen, dass ihr Gemahl nach seinen Morgenbesuchen zum Mittagessen nach Hause kam. Rasch legte Louisa das Bild zurück in den Hocker, wo auch der kleine schwarze Malkasten versteckt war, den ihr ein Dienstmädchen in der vorigen Woche besorgt hatte.
Dann setzte sie sich auf den Hocker und begann zu spielen.
In den folgenden Monaten gab es Momente, in denen Louisa versucht war, das Angebot von Avelines Mutter anzunehmen. Nichts, weder die stummen, nervösen Augen ihrer Mutter noch der knappe, höfliche medizinische Rat ihres Gatten bereitete sie auf das starke Anschwellen ihres Bauchs vor oder auf ihre immer schwereren Brüste. Aber das alles verblasste zur Belanglosigkeit, als sie eines Morgens mithilfe ihres Mädchens aus dem Bett kletterte und gleich darauf entsetzt aufschrie, weil Wasser an ihren Beinen auf den Teppich hinablief.
Hinterher verbot Louisa sich jeden Gedanken an die darauf folgenden Gräuel. Die einzige Möglichkeit, diese furchtbaren Qualen auszuhalten, die ihren Körper marterten und ihm weismachten, dass sie den Nachttopf brauchte, war, an das Meer zu denken. An große, graue, granitartige Wellen, die mit einer Wucht jenseits aller Vorstellungskraft niederkrachten. Bloß dass sie ihrer Fantasie entspringen mussten, dachte Louisa in den klaren Momenten zwischen den Schmerzattacken. Denn sie war nie am Meer gewesen, soweit sie sich erinnern konnte, und hatte auch nie die Möwen gehört, die jetzt am Fußende ihres Betts kreischten.
In Gedanken malte sie es. Klatschte große Kleckse Grau und Schwarz und Violett auf das Bild in ihrem Kopf, sodass das Meer mit dem Geruch der Ölfarben toste und die Pinsel die Leinwand peitschten wie die Schmerzen ihren Körper.
Dann, so plötzlich, wie die Wehen begonnen hatten, verebbten sie. Und gerade als Louisa bewusst wurde, dass das Geschrei der Möwen dem eines Babys bemerkenswert ähnelte, kam die Schwärze wie eine dicke Tagesdecke, hüllte sie nach all den Qualen ein auf eine seltsam tröstende Art und hob sie empor an einen Ort, der ihr unbekannt war.
Caroline Juni 1997
IN MEMORIAM PHOEBE ISOBELWRIGHT
Geboren am 8. September 1908
Gestorben am 2. Juni 1997
Ehefrau von Victor Wright
Schwester von Rose und Grace
Tochter von Louisa und Dr. James Mason
Hochgeschätztes Mitglied der Pfarrgemeinde St Giles
4
Sie waren spät dran. Manchmal dachte Caroline, ihr Mann würde selbst zu seiner eigenen Beerdigung zu spät kommen, wenn er könnte. Wahrscheinlich auch zu ihrer. Nur gut, dass sie beide Sinn für Humor besaßen.
»Es gibt keinen freien Parkplatz«, schimpfte Simon, als wäre ein anderer als sie beide schuld daran, dass sie unpünktlich waren.
Sie warf einen Blick auf sein leicht ratloses Gesicht und fragte sich nicht zum ersten Mal, was ein anderer sehen würde. Einen Mann Anfang vierzig, der sich verhältnismäßig gut gehalten hatte. Das »verhältnismäßig« bezog sich auf eine erfüllende, aber anstrengende Karriere, ganz zu schweigen von einer Familie mit drei lauten Kindern. Haare, die seinen Kinderfotos nach zu urteilen früher einmal blond waren, aber in der Sonne immer noch aufhellten. Breite Schultern und stattliche einhundertundelf Zentimeter Brustumfang, dabei war er eher gut gebaut als gut genährt. Seine ungezwungene, angenehme Art, die die Menschen aufhorchen ließ, vielleicht weil er an ihrem Leben immer aufrichtiges Interesse zeigte. Ein Journalist müsse das haben, versicherte er ihr dann mit einer seriösen Nachrichtensenderstimme, obwohl er sie genauso gut an einen Chartssender anpassen konnte oder an alles andere, wenn es darauf ankam, sich auf sein breites Publikum einzustellen. Ein Funkeln in den Augen, das ihr immer half, das Leben von der halb vollen Seite zu betrachten, so wie er das tat. Und ein Lächeln, das sie innerlich zum Schmelzen bringen konnte, trotz allem, auch wenn das hier wirklich nicht der richtige Zeitpunkt war oder der richtige Ort, um an so etwas zu denken.
»Wären wir früher losgefahren ...«, begann sie.
Simon fiel ihr ins Wort, bevor sie ausreden konnte. »Dann hätten wir keinen Spaß gehabt. Oder?«
Seine Hand wanderte über die Automatikschaltung und streichelte sanft die Innenseite ihres rechten Oberschenkels. Caroline musste dem Bedürfnis widerstehen, seine Hand höher zu schieben. Von all ihren Freundinnen war sie die Einzige, die sich nicht beschwerte über den Umstand, dass ihr Mann an so was nicht mehr interessiert war oder dass sie keine Zeit dafür hatten.
Allerdings wusste sie nicht genau, woher sie die Zeit dafür nahmen. Ihr Leben, wie das vieler moderner Paare, war verrückt. Aufstehen um sechs Uhr und in die Zeitungsredaktion fahren (er), die Kinder für die Schule fertig machen (sie), bevor sie später ihr Atelier im hinteren Teil des Gartens aufsuchte. Heute fiel das Atelier aus, was vielleicht ein Grund für ihre leicht gereizte Stimmung war. Sie ertrug es nicht, wenn sie nicht zum Pinsel greifen konnte. Was die Kinder betraf: Dem Himmel sei Dank für die diversen Freunde, die freundlicherweise den Fahrdienst getauscht hatten, damit Simon und sie zu der dreistündigen Autobahnfahrt nach Somerset aufbrechen konnten - das kleine, kopfsteingepflasterte Dorf, das von violetten Blaukissen und wildem Geißblatt überquoll und in dem Großtante Phoebe die letzten sechzig Jahre gelebt hatte.
»Steig schon mal aus.« Simon hielt neben einem grünen Range Rover mit schlammbespritzten Türen und einem schwarzen Labrador, der traurig herausblickte. Sicher gehörte der Hund einem der gut gekleideten Trauergäste, die mit einer Vielfalt an Hüten - inklusive eines gefiederten violetten Turbans - vorbeiströmten.
Sie zögerte, weil sie nicht alleine gehen wollte.
»Wenn du nicht aussteigst«, sagte Simon mit einer leisen Spur von Verärgerung in der Stimme, »kriegen wir keine Sitzplätze mehr. Außerdem hast du Grace versprochen, ihr einen Platz freizuhalten. Ich finde dich schon, sobald ich den Wagen geparkt habe.«
»Und wenn nicht?« Caroline erschrak bei der nur allzu genauen Vorstellung, dass Simon mitten in die Trauerfeier hineinplatzte und sich die Augen dieser blaublütigen Somerset-Gummistiefelträger auf ihn richteten. Grace würde ihr dann bestimmt einen Rippenstoß verpassen und Simons Verspätung laut kommentieren, obwohl sie selbst gerade unpünktlich war. Und Caroline wollte es auch nicht ausschließen, dass Großtante Phoebe, die einzige Person, der es jemals gelungen war, Simon einzuschüchtern, sich plötzlich kerzengerade in ihrem Sarg aufrichtete, in der einen Hand eine Marlboro und in der anderen ein geschliffenes Whiskyglas, und zu erfahren verlangte, warum er nicht pünktlich zu ihrer Beerdigung erschien.
»Mach schon.« Simon trommelte nun ungeduldig mit den Fingern auf das Lenkrad. »Los, geh.« Er warf einen Blick in den Rückspiegel. »Wir halten den Verkehr auf.«
Es blieb ihr nichts anderes übrig. Sie schnappte sich ihre neue türkisfarbene Beuteltasche und hoffte, dass sie Kleingeld für die Kollekte hatte, während sie die langen Beine, die zu ihren besseren Merkmalen zählten neben ihrem kastanienbraunen Haar, das in weichen Locken knapp über ihre Schulter fiel (eine Haarfarbe, die sie anscheinend von ihrer Großmutter mütterlicherseits, Rose, geerbt hatte), aus Simons tiefer gelegtem Cabrio schwang und direkt in eine Pfütze trat. Schon zierten lauter Dreckspritzer ihre neue 15-den-Strumpfhose, die sie nur widerstrebend angezogen hatte, weil sie ein Kostüm statt ihrer üblichen Jeans trug. Der maßgeschneiderte Jerseyrock war ursprünglich, als sie ihn vor Jahren gekauft hatte, ein verführerisches schwarzes Stück gewesen. Nun saß er recht eng in der Taille, war sie doch die sechs Pfund Schwangerschaftsspeck nach den Zwillingen immer noch nicht losgeworden. Immerhin war es ihr gelungen, ganz hinten in ihrem Schrank eine hübsche graue Bluse von Whistles auszugraben, die sie seit der Beerdigung ihrer Mutter nicht mehr getragen hatte.
Die Erinnerung daran beunruhigte und tröstete Caroline zugleich. Mummy hätte von Grace und ihr erwartet, dass sie hier präsent waren. Verstohlen warf sie einen Blick auf ihr Handy, bevor sie durch den Torbogen ging. Immer noch keine Nachricht von ihrer Schwester. »Wo bist du?«, tippte sie.
»Caroline?«
Sie hob den Kopf und erblickte einen Schrank von Mann in einem kastenförmigen Tweedjackett mit einer wunderbar tiefen Stimme, die mehr als nur eine entfernte Ähnlichkeit mit der von Harry Belafonte hatte, wie alle sagten, wenn man ihn bei Familientreffen zum Singen überreden konnte.
»Onkel Geoffrey!«
Es tat so gut, seine Arme um sich zu spüren, sich an seine tröstend breite Brust zu schmiegen und endlich das Gefühl zu haben, dass ein anderer die Verantwortung trug. Seit Mummys Tod hatten weder Caroline noch Grace sich daran gewöhnt, dass sie nun die Ältesten in der Familie waren. »Als wären wir an der Spitze des Baums«, wie ihre Schwester es ausgedrückt hatte. Kurioserweise hatte Caroline in der letzten Zeit ein paar Recherchen über ihre Familiengeschichte angestellt, ausgelöst durch das plötzliche Bedürfnis, Dinge niederzuschreiben, die ihre Kinder später wissen mussten für den Fall, dass sie vielleicht nicht mehr da sein könnte, um sie weiterzugeben. Bislang hatte sie lediglich eine Liste von Namen zusammengetragen, die sie mit ihren üblichen kräftigen schwarzen Tintenstrichen auf einem Blatt Papier notiert hatte. An der Spitze stand ihre Urgroßmutter Louisa, die einen Dr. James Mason geheiratet hatte. Aus dieser Verbindung waren drei Kinder hervorgegangen: ihre Großmutter Rose, ihre Großtante Phoebe und eine weitere Großtante, Grace, nach der ihre Schwester benannt war. Caroline musste weiterforschen, doch sie fand nie genug Zeit. Vielleicht war diese Trauerfeier der Ansporn, den sie benötigte.
Onkel Geoffrey wirkte sichtlich unruhig, während er sich umblickte und auf seine Uhr sah. »Wo steckt Simon?«
»Auf Parkplatzsuche.«
Ihre Blicke trafen sich, und es war nicht nötig, dass er etwas sagte. »Ganz schön viel Betrieb hier. Wir sind extra früh losgefahren, um noch einen Parkplatz zu bekommen. Jedenfalls schön, dich zu sehen.« Sein Blick wanderte anerkennend über ihr Outfit. »Komm und setz dich zu uns.«
Caroline blickte auf die zwei freien Plätze in der Kirchenbank direkt am Mittelgang und auf das Bouquet aus Stargazer-Lilien, deren Duft sie benebelte und ihr leichte Übelkeit verursachte. »Grace wird bald hier sein.«
»Dann wird sie sich irgendwo reinquetschen müssen. Beeil dich, Liebes. Sieht so aus, als wollten sie anfangen.«
Sie sangen bereits das zweite Kirchenlied, als jemand neben Caroline glitt. »Endlich«, wollte sie sagen, bevor ihr bewusst wurde, dass es ihre Schwester war und nicht ihr Mann. »Die Franzosen haben mich aufgehalten.« Grace verdrehte die Augen. Nur ihre Schwester, benannt nach einer lange verstorbenen Großtante, besaß die Unverfrorenheit beziehungsweise die Begabung, ein cremefarbenes Kostüm von Amanda Wakeley zu einer Beerdigung anzuziehen. »Ein Wunder, dass ich überhaupt aus dem Meeting rauskam. War ja klar, dass die alte Krähe tot umfällt, ohne uns vorher Bescheid zu geben.«
Pst, wollte Caroline sagen, aber das war nicht nötig. Mehrere Augenpaare um sie herum sprachen bereits Bände, obwohl Grace, wie immer, den Tadel nicht wahrnahm. Sie registrierte nur Bewunderung, die angesichts ihres Aussehens nicht knapp war. Neid war normalerweise kein Gefühl, unter dem Caroline litt, aber manchmal wünschte sogar sie sich, sie hätte die naturblonden Haare ihrer Schwester geerbt, die diesen Monat zu einem Bob frisiert waren, der an einen glatten Helm erinnerte, und auch ihre schlanke Figur. Aber tatsächlich beneidete sie Grace vor allem um ihr Selbstbewusstsein: um ihr sicheres Auftreten sowohl im Berufsleben als auch im Familienkreis aus der Überzeugung heraus, dass sie stets im Recht war und der Rest der Welt sie mal gern haben konnte. Simon führte diese Selbstsicherheit auf etwas zurück, was er freundlich als »Zuneigung für die Flasche« bezeichnete, und den Duty-free-Ausdünstungen nach zu urteilen, die von ihrer Schwester zusammen mit dem Duft ihres Parfüms Poison ausgingen, hatte er heute vielleicht recht damit.
WozumHenker blieb Simon? Laut dem Programmheft kam gleich die Ansprache. Vielleicht hatte er einen dringenden Anruf von seinen Mitarbeitern bekommen oder vom stellvertretenden Redakteur oder der Rechtsabteilung oder einem der Hunderten von Menschen, die ihn jeden Tag brauchten. Es war erstaunlich, dass er sich überhaupt einen Tag freigenommen hatte.
Grace stieß sie in die Rippen. »Meinst du, sie hat uns was vererbt? «
»Pst«, zischte Caroline, die sich der Blicke ihrer Tante und ihres Onkels schrecklich bewusst war. Wie konnte ihre Schwester an so etwas denken?
»Mach nicht so ein Gesicht!«, flüsterte Grace ihr ins Ohr. »Sie ist uns was schuldig. Das hast du selbst gesagt.«
Zum Glück wurde jetzt wieder gesungen, sodass Caroline ihre Verlegenheit hinter den entschuldigenden Klängen des Kirchenliedes verbergen konnte. Tante Phoebe war eine Stütze dieser kleinen Kirche gewesen, und die kräftigen Stimmen der Trauergemeinde, die bis vor die Tür angewachsen war, sodass es mittlerweile nur noch Stehplätze gab, übertönten Graces anhaltendes Geflüster.
»Hör auf«, zischte Caroline schließlich zurück. »Mummy würde das nicht gefallen.«
Grace schnaubte, aber Caroline sah ihrer Schwester an, dass ihre Worte den beabsichtigten Effekt erzielt hatten. Ihre Mutter würde, wenn sie noch lebte, tatsächlich von ihnen erwarten, sich anständig zu benehmen. Außerdem waren sie es Tante Phoebe schuldig.
Manchmal, dachte Caroline, während sie im Gänsemarsch hinter geraden Rücken in einem Aufgebot von Tweedjacketts und dunkelgrauen Anzügen die Kirche verließ, war es ganz gut, dass es bei Trauerfeiern nicht den »Hat jemand etwas einzuwenden?«-Part gab wie bei Hochzeiten.
Wussten alle diese Menschen hier, wie Tante Phoebe wirklich gewesen war? Und wenn ja, waren sie gekommen, weil sie mit ihrem weitläufigen Herrenhaus und ihren Vogelaugen, die jemanden in einer Entfernung von zweihundert Metern noch erkannten, als die Grande Dame des Dorfes gegolten hatte? Ihre Sehkraft hatte nicht gelitten, aber sie hatte sich über ihr launisches Gehör beklagt. Simon, der sie nicht ausstehen konnte und sie immer als Snob bezeichnet hatte, behauptete damals, das sei nur Gerede und sie könne alles hören, wenn sie nur wollte.
»Da bist du ja!« Sie spürte in der Menge die Hand ihres Mannes auf ihrem Rücken, bevor sie ihn sah. Er tat gerade so, als wäre sie diejenige, die ihn versetzt hatte, statt umgekehrt.
»Hast du den Gottesdienst verpasst?«
»Keineswegs.« Simon grinste breit, als hätte er einen tollen Trick zustande gebracht. »Ich habe draußen jedes Wort verfolgt, zusammen mit den anderen Glücklosen, die es nicht mehr geschafft haben, sich hineinzuquetschen. Offenbar eine beliebte Frau, deine Großtante. Bloß gut, dass es hier Lautsprecher gibt.«
Von wegen, lag es ihr auf der Zunge. Du bist im Wagen sitzen geblieben und hast das Cricketspiel verfolgt, während du so getan hast, als würdest du geschäftlich telefonieren, nicht wahr?
»Und bevor du fragst: Ich bin nicht einfach im Wagen sitzengeblieben und habe mir die Liveübertragung angehört oder mit der Redaktion telefoniert.« Simon neigte den Kopf zu einer gut gekleideten Frau, die aussah wie Ende siebzig, nach Chanel N°19 roch, was zufällig Carolines Lieblingsparfüm war, und eine klassische Kombination im Stil von Jaeger trug, bestehend aus einem violetten Bleistiftrock und passendem Blazer. Die Frau mit dem Turban, der ihr vorhin aufgefallen war! »Ich sagte Ihnen ja, dass meine Frau misstrauisch sein wird. Bitte, Diana, Sie können mein Alibi bestätigen.« »Das stimmt.« Sie sprach mit leicht amerikanischem Akzent. »Wir standen während der ganzen Messe nebeneinander. Ihr Mann hat mir sogar alles über Sie und Ihre reizenden Kinder erzählt, genau wie über seinen faszinierenden Beruf bei einer Zeitung, die ich zufällig regelmäßig beziehe. Außerdem war er so freundlich, mir ein Programmheft zu besorgen.« Der Name Diana kam Caroline irgendwie bekannt vor. »Waren Sie mit Phoebe befreundet?«, fragte sie, ohne unhöflich klingen zu wollen. Es war nicht immer einfach, auf Trauerfeiern zu fragen, wer zu wem gehörte, im Gegensatz zu Hochzeitsfeiern, die normalerweise freudigen Anlass boten. »Wir kannten uns schon sehr lange.« Die Frau schien Caroline neugierig zu mustern. »Ich muss sagen, meine Liebe, Sie sehen noch sehr jung aus dafür, dass Sie drei Kinder haben.« Caroline errötete vor Freude, obwohl sie dieses Kompliment häufiger zu hören bekam. »Ich habe früh angefangen.« Die ältere Frau nickte anerkennend. »Das kann sehr weise sein. Verzeihen Sie mir, bitte, aber ich muss nun gehen.« Sie heftete den Blick auf Simon, als wollte sie auch ihn mustern. »Vielen Dank für Ihre Gesellschaft.« Zusammen machten sie sich auf den Weg zu dem Torbogen, während Diana sich geschickt durch die Menge vor ihnen schlängelte und die Köpfe sich nach ihrem violetten Federturban drehten. »Eine faszinierende Frau«, bemerkte Caroline.
»Du meinst wohl verrückt.« Simon blickte sich um, so wie er das bei großen Anlässen immer tat, ständig Ausschau haltend nach einem bekannten Gesicht oder nach etwas, was sich für eine Story eignete. »Ich nehme an, Grace hat es nicht geschafft?«
O Gott! Auf der Suche nach ihrem Mann hatte sie nach dem Gottesdienst glatt ihre Schwester vergessen. Wahrscheinlich zündete Grace sich in diesem Moment vor dem Altar eine an oder plauderte mit dem Pfarrer, der recht attraktiv war und an Cliff Richard erinnerte. Oder sie bediente sich von dem Messwein, oder vielleicht war sie auch zu dem alten Herrenhaus hinübergegangen, wo die Kirchendamen offenbar den Tee vorbereiteten, sicher in großen Edelstahlkesseln, die von der Gemeindehalle ausgeliehen waren. In den letzten paar Jahren war Grace noch unberechenbarer geworden als zuvor. Weiß der Himmel, wie sie es schaffte, sich in ihrem Job zu halten.
»Sie war da. Sie hat neben mir gesessen und schrecklich unangemessene Kommentare von sich gegeben. Lach nicht, Simon. Das war richtig peinlich.«
»Ist sie das nicht?«
Simon deutete auf eine große, schlanke Gestalt in einem herrlichen cremefarbenen Kostüm, die sich stromlinienförmig durch die Menge auf sie zubewegte wie ein Model auf dem Catwalk. »Simon!« Grace stürzte sich auf Carolines Mann und küsste ihn laut auf beide Wangen. »Ihr ahnt ja nicht, was uns bevorsteht. Da kommt ihr nie drauf! Das Testament wird gleich in der Bibliothek eröffnet. Und ich weiß bereits, was drinsteht!«
Wie üblich bediente sich Grace ihrer ökonomischen Annäherungsweise an die Wahrheit: eine Taktik, die Simons Zeitung bestimmten Politikern unterstellte. Es kristallisierte sich heraus, dass Grace lediglich ein Gerücht aufgeschnappt hatte, als sie eine Abkürzung zwischen den Gräbern hindurch genommen hatte, um die Menge zu umgehen. »Anscheinend hat Phoebe das Haus der Wohlfahrt vermacht.«
Sie würde das nicht ausschließen, dachte Caroline, während sie mit knirschenden Schritten die Auffahrt zu der prächtigen großen Eingangstür hochgingen, die mit der runden Messingglocke in der rechten Steinsäule sicher original georgianisch war. Ihre Großtante - eine Bezeichnung, die Grace nicht in den Mund nehmen wollte, weil, wie sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit betonte, Phoebe sich nicht verhalten habe, wie von der Schwester ihrer Großmutter zu erwarten gewesen wäre - hatte keine leiblichen Kinder. Und obwohl sie Carolines Mutter Helen und deren Bruder Frank großgezogen hatte, nachdem deren eigene Mutter, Phoebes Schwester Rose, gestorben war, hatte Phoebe sich immer distanziert verhalten. »Ihr fehlte das Mutter-Gen«, hatte ihr Onkel Frank einmal dazu gesagt. »Es wäre anders gewesen, wenn sie eigene Kinder gehabt hätte.«
Sicherlich rechneten weder Caroline noch Grace damit, dass sie das Haus erbten. Eher ihr Onkel. Aber eine wohltätige Organisation? Caroline hoffte nur, es würde eine sein, die das Vermächtnis zu würdigen wusste, und nicht eine, die das Geld verwendete, um ihre Vorstandsmitglieder auf eine kostenlose Vergnügungsreise in die Karibik zu schicken. Trotzdem, nun waren sie hier, in der Bibliothek. Verglichen mit dem restlichen Haus, war es ein eher kleiner Raum mit einem langen Mahagonitisch in der Mitte, um den Stühle standen.
Ein großer, kräftiger Mann in einem grauen Anzug, der ihm nicht richtig zu passen schien, bedeutete ihnen, Platz zu nehmen. Selbst Grace wirkte ernst.
»Wir sind heute hier versammelt ...«
Klingt wie bei einer Hochzeit, lag Caroline auf der Zunge.
»... um den letzten Willen von Phoebe Isobel Wright zu verlesen. «
Abgelenkt von den Wandgemälden von engelgleichen Jünglingen im Gehrock mit rosigen Wangen und sehnsüchtigen jungen Frauen mit Porzellanteint, die aus vergoldeten Rahmen starrten, ließ Caroline die Worte an sich vorbeirauschen. Sie hatte ganz vergessen, wie herrlich die Bilder waren! Fast so bezaubernd wie die Regale voller Bücher, von denen sie einige gelesen hatte, als ihre Mutter sie einen Sommer lang hierhergeschickt hatte, damit sie ihre Großtante kennenlernte.
»Wie Sie also sehen können, wird das Haus in Anbetracht der finanziellen Situation Ihrer Großtante verkauft werden, um die Schulden zu tilgen.«
Schulden?
Ihrer Schwester und ihrem Mann stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben. Was hatte sie verpasst?
»Allerdings gibt es ein paar Ausnahmen«, brummte der Notar mit seiner tiefen Stimme. »Abgesehen von den Gemälden und den Schmuckstücken, die ebenfalls verkauft werden, hat Ihre Tante bestimmt, dass eine Perlenkette, die sich, wenn ich richtig informiert bin, seit Generationen in Familienbesitz befindet, an ihre Großnichte Caroline gehen soll.«
Ein zweistimmiges leises Keuchen war zu hören. Eines, wie Caroline bewusst wurde, aus ihrem eigenen Mund, das andere aus dem Mund ihrer Schwester. »Des Weiteren hinterlässt sie Wilfred ihrer Großnichte Grace.«
»Wilfred?«
Wieder reagierten beide Frauen gleichzeitig.
Simon stieß ein lautes Lachen aus. »Das ist aber nicht dieser riesige schwarze Labrador, der schon seit einer Ewigkeit draußen in dem Geländewagen sitzt. Ich war kurz davor, ihn rauszulassen, als jemand kam, um ihn zu holen.«
Der Notar nickte. »Er ist nach einem englischen Kriegsdichter benannt. Ihre Großtante hatte sehr viel für diese Literatur übrig, wie Ihnen vielleicht bekannt ist.«
»Aber Phoebe hatte doch gar keinen Hund.«
Graces Stimme war nur noch ein Piepsen.
»Darf ich fragen, wann Sie sie zuletzt besucht haben?« Es klang fast wie eine Rüge.
Ihre Schwester zog einen Schmollmund. »Vor zehn Jahren.«
Caroline hörte, wie ihre eigene Stimme sich zu Wort meldete. »Ich war letztes Jahr hier.«
»Dann haben Sie den Hund wohl knapp verpasst.« Der Notar blickte sie an. »Ihre Großtante hat ihn erst vor ein paar Monaten aus dem Tierheim geholt.«
»Aber das ist lächerlich.« Grace sprang von ihrem Stuhl auf. »Ich habe einen Job. Einen richtigen Job. Ich kann mich nicht um einen Hund kümmern, geschweige denn um einen ohne Stammbaum. Ich kann mir nicht einmal den Luxus leisten, einen Mann zu haben oder Kinder!«
»Dann schlage ich vor, dass Sie sich das gründlich überlegen.« Die Stimme des Notars war höflich, aber bestimmt. »Es war Phoebes ausdrücklicher Wille, dass Wilfred an Sie geht. Dazu kommen eine kleine Aufwandsentschädigung und ein Begleitbrief.«
Was stand darin? Caroline beobachtete fasziniert, wie Grace den Umschlag an sich nahm und in ihre cremefarbene Clutch gleiten ließ, ohne ihn überhaupt zu öffnen.
Die Rückreise hätte nur halb so lange gedauert, hätten sie nicht immer wieder anhalten müssen, damit Wilfred sich auf diversen Wiesen und Rastplätzen erleichtern konnte.
»Ich wusste, dass der Köter an uns hängen bleibt.«
Caroline war bewusst, dass sie sauer klang, aber sie konnte es nicht ändern. Typisch! Grace haute einfach ab nach London, nachdem sie darauf beharrt hatte, dass Caroline als Einzige von ihnen in der Lage sei, ein vierbeiniges Vermächtnis anzunehmen - schließlich habe sie ein Haus mit Garten, und die Kinder hätten sich schon immer einen Hund gewünscht, oder? Außerdem sei Caroline den ganzen Tag zu Hause und habe nichts Besseres zu tun, als mit ihren Farben herumzumatschen und so weiter und so fort. Also gut, hörte sie sich sagen. Aber verstieß das nicht sinngemäß gegen den letzten Willen ihrer Großtante?
»Wir können ja tauschen. Hund gegen Perlen«, hatte Grace geantwortet.
Vergiss es, hätte sie am liebsten erwidert. Solange sie zurückdenken konnte, hatte ihre Großtante die Kette getragen. Davor hatte sie Carolines Großmutter gehört und davor ihrer Urgroßmutter Louisa, auch bekannt als »die arme Louisa«, obwohl Caroline nicht mehr genau wusste, warum sie so genannt wurde und es nun bedauerte, dass sie den Geschichten ihrer Mutter nicht mehr Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Einerseits spürte sie ein Kribbeln vor Freude, weil ihre Großtante es für angemessen gehalten hatte, ihr die Perlen zu vermachen, was vermuten ließ, dass sie doch etwas für Caroline übrig gehabt hatte. Andererseits war sie wütend, weil sie Grace nachgegeben hatte, was Wilfred betraf, der gerade versuchte, den Sicherheitsgurt auf dem Rücksitz durchzukauen.
»Wir schaffen das schon.« Simons Stimme unterbrach sie in ihren Gedanken, die er lesen konnte wie kein anderer. »Außerdem steht dir das Collier bestimmt. Ich fand schon immer, dass du ein Perlenmädchen bist. Mach schon. Leg es an.«
Sie öffnete das Etui in ihrem Schoß und nahm das Collier heraus. Es waren zwei Reihen. Eine mit einem wunderschönen Diamantverschluss und Perlen, die etwas kleiner waren als die der anderen Reihe. Zwischen jede einzelne Perle war offenbar ein Knoten geknüpft, wahrscheinlich sollte so verhindert werden, dass die Perlen verloren gingen, falls die Kette riss.
Schweigend griff Simon an die Sonnenblende auf der Beifahrerseite und klappte den Spiegel herunter. Caroline öffnete vorsichtig den Diamantverschluss und legte die Kette um den Hals. Die Perlen fühlten sich kalt an auf ihrer warmen Haut, und der Verschluss war knifflig, ungewohnt. Normalerweise trug sie keinen Schmuck außer ihrer Armbanduhr und Ohrringen. Die zweite Reihe war leichter zu schließen, obwohl das Einfädeln des Sicherheitshäkchens so verzwickt war, dass es ihr lange nicht gelingen wollte.
»Es ist wunderschön.«
Simons Stimme klang so belegt, wie wenn sie miteinander schliefen.
»Sie wollte es eigentlich Mummy vermachen.« Die Erinnerungen kehrten nun zurück. »Ich weiß noch, als Mummy im Sterben lag, hat sie Phoebe gebeten, es einer von uns zu geben.«
»Was sie hiermit getan hat.«
»Ja.« Caroline nickte ihrem Spiegelbild zu. Die Perlen fühlten sich bereits wärmer an. Freundlicher. »Das hat sie. Ich weiß, es klingt kitschig, aber es gibt mir das Gefühl, als wäre Mummy noch hier, direkt neben mir.«
Simons große, warme Hand ergriff ihre und drückte sie. »Das klingt überhaupt nicht kitschig. Wenn es dich tröstet, dir solche Sachen vorzustellen, dann kann ich nichts Falsches daran erkennen. Okay, warum machst du nicht ein wenig die Augen zu, während ich uns nach Hause bringe?«
Das Telefon klingelte, als sie vor der Haustür standen und Caroline nach dem Schlüssel kramte. Simon hielt Wilfred fest, der an der Leine zerrte, was vermuten ließ, dass er entweder nicht gut erzogen war oder verständlicherweise verwirrt über sein neues Zuhause. Der Schlüssel war wie immer ganz unten in ihrer Tasche.
»Gott sei Dank, endlich zu Hause.« Simon warf seine Jacke auf die Sitzbank in der Diele und steuerte auf die Hausbar zu. »Ich bin nach dieser Fahrt für niemanden zu sprechen. Möchtest du mit dieser Bestie Gassi gehen, oder soll ich?«
»Kannst du das machen?« Caroline griff zum Telefon. »Ich muss kurz checken, ob es noch einmal die Kinder waren.«
Das Haus war so still ohne sie. Scarlet, so benannt wegen ihrer kupferroten Haare, übernachtete wieder einmal bei einer ihrer zahllosen Freundinnen, während die Zwillinge, Oliver und Charlie, heute im Internat schliefen. Dem Himmel sei Dank für die Flexibilität der Schule, die hin und wieder eine Übernachtung zuließ, nachdem die Jungs vor kurzem ihren zehnten Geburtstag gehabt hatten.
»Hast du ihnen Bescheid gegeben wegen dem Hund?«
Simon hatte bereits die Ärmel hochgekrempelt, und ein Whiskyglas stand auf der Küchenanrichte, während er begann, Zwiebeln für eine Lasagne kleinzuschneiden. Er konnte gut kochen, wahrscheinlich besser als sie, was nicht verwunderlich war, schließlich war sie noch sehr jung gewesen, als sie geheiratet hatten, und er hatte immerhin ein paar Jahre Erfahrung im Kochen als Junggeselle.
»Wegen dem Hund?« Insgeheim hoffte Caroline, dass ihre Schwester ihre Meinung änderte und anrief, um Wilfred zurückzuverlangen. »Ich dachte, wir überlegen uns das erst noch.«
»Was gibt es denn da zu überlegen? Wie Grace schon gesagt hat: Wir haben genug Platz. Ich weiß, sie hat für deine Arbeit nicht viel übrig, aber wir haben schließlich schon oft mit dem Gedanken gespielt, uns einen Hund anzuschaffen. Scarlet ist fast siebzehn, höchste Zeit, dass sie ein bisschen Verantwortung übernimmt, und ... Mist! Schon wieder das verdammte Telefon!«
»Ich gehe schon.«
Wahrscheinlich einer der Jungs, der irgendeinen wichtigen Teil der Sportausrüstung oder die Hausaufgaben vergessen hatte, dachte Caroline, während sie den Hörer abhob, oder vielleicht war es ihr Agent, der manchmal zu den seltsamsten Uhrzeiten anrief, besonders wenn ein großer Auftrag winkte.
»Spreche ich mit Caroline Sweeting?«
Die Stimme war kühl, fast spöttisch.
»Wer ist da?«
»Ist Ihr Mann zu sprechen?«
Caroline gefiel das nicht. Es war etwas passiert. Nicht den Kindern, denn mit ihnen hatte sie eben noch gesprochen. Auch nicht
Aus dem Englischen von Claudia Geng
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2012 by Blanvalet Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München
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Autoren-Porträt von Jane Corry
Jane Corry arbeitete nach ihrem Englischstudium für Medien wie 'The Times', 'The Daily Telegraph', 'The Daily Mail' and 'Woman'. Sie ist Mutter von drei Kindern und lebt mit ihrem Mann an der Küste im englischen Devon.
Autoren-Interview mit Jane Corry
Wie kamen Sie zum Schreiben?Das Schreiben hat sich für mich entschieden. Meine Mutter erzählte, dass ich Geschichten geschrieben habe, seit ich einen Bleistift in der Hand halten konnte.
Wie finden Sie Ihre Themen?
Das Leben. Menschen, die sich unterhalten. Ein seltsames Wort. Ein Bild. Ein Geruch. Meine Kinder. Das Meer. Meine Vergangenheit. Die unbekannte Zukunft.
An welcher Geschichte arbeiten Sie aktuell?
Sie ist in meinem Kopf, also kann ich noch nicht darüber sprechen. Das mache ich nie. Sonst nimmt es dem Erzählen den Reiz. Aber so viel kann ich verraten: Es ist ein Roman inspiriert vom Meer und einer großen Leidenschaft.
Wer sind Ihre Lieblingsautoren? Und warum?
Ich liebe Jane Austen, weil sie über die Liebe geschrieben hat, obwohl sie nie verheiratet war. Ich verehre auch Dickens wegen seiner Charaktere und weil er ein Freund meines Urururgroßvaters war. Und ich mag Maggie O'Farrell, sie schafft es, sich in den Leser hineinzuversetzen. Und ich liebe Anne Tyler, weil sie Geschichten aus diesen winzig kleinen, aber doch wesentlichen Details erschafft, die das Leben des Einzelnen ausmachen.
Welche Bücher haben Sie kürzlich gelesen?
Ich habe gerade ein Sachbuch von Iris Jones Simantel zu Ende gelesen, Far from the East End. Sie ist eine Freundin von mir und hat den renommierten britischen Life Story Award gewonnen.
Wie würden Sie Ihren Roman in einem Satz zusammenfassen?
Drei Generationen von Frauen, jede mit einer großen Leidenschaft für die Kunst, erben dieselbe Perlenkette zusammen mit einem Familienfluch ...
Was hat Sie zu der Geschichte inspiriert?
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Meine eigenen Familiengeschichten, die mir von meiner Mutter weitererzählt wurden, zusammen mit meiner Fantasie und meinem neuen Leben in Devon.
Haben Sie eine Lieblingsfigur?
Vielleicht Rose, weil sie von ihrem gut aussehenden Ehemann am Ende des Ersten Weltkriegs nach Borneo abgeschoben wird, um dann 1939 nach England zurückzukehren, nachdem sie entdeckt hat, dass sie nicht die ist, für die sie sich hielt. Sie muss sich dann zwischen ihrem Mann und dem Mann, den sie wirklich liebt, entscheiden. Bis sie bemerkt, dass die Entscheidung nicht in ihrer Macht liegt. Ich will gar nicht alles verraten, aber wenn Sie das Buch lesen, werden Sie sehen, was ich meine.
Haben Sie ein Lebensmotto?
Ich versuche im Moment zu leben, aber es funktioniert nicht. Ich versuche auch, immer das Beste zu geben, ohne dabei irgendjemanden zu verletzen. Vor vielen Jahren, als ich Prominente nach ihren Lieblingssprichwörtern befragte, nannte die Journalistin Claire Rayner dieses: „Alles geht vorbei." Das trifft sowohl auf gute als auch auf schlechte Dinge zu. Das hilft.
Was ist für Sie die optimale Entspannung?
Ich gehe oft am Meer spazieren. Ich lese auch viel und male. Ich habe vor kurzem mein erstes Aquarellbild verkauft.
Fünf Dinge, die wir noch nicht über Sie wissen:
1. Ich wollte schon immer mal nach Vanuatu reisen, um Verwandte zu besuchen.
2. Ich liebe es, mit meinem gelben VW-Käfer zu fahren, aber ich habe Angst vor Autobahnen (nur als Fahrer, nicht als Beifahrer).
3. Ich habe beim Tennisspielen eine fiese Vorhand.
4. Ich nehme Klavierunterricht.
5. Ich habe einmal Roald Dahl auf einer Auktion getroffen und ihn überredet, mir ein Interview für das Magazin Country Homes zu geben.
Meine eigenen Familiengeschichten, die mir von meiner Mutter weitererzählt wurden, zusammen mit meiner Fantasie und meinem neuen Leben in Devon.
Haben Sie eine Lieblingsfigur?
Vielleicht Rose, weil sie von ihrem gut aussehenden Ehemann am Ende des Ersten Weltkriegs nach Borneo abgeschoben wird, um dann 1939 nach England zurückzukehren, nachdem sie entdeckt hat, dass sie nicht die ist, für die sie sich hielt. Sie muss sich dann zwischen ihrem Mann und dem Mann, den sie wirklich liebt, entscheiden. Bis sie bemerkt, dass die Entscheidung nicht in ihrer Macht liegt. Ich will gar nicht alles verraten, aber wenn Sie das Buch lesen, werden Sie sehen, was ich meine.
Haben Sie ein Lebensmotto?
Ich versuche im Moment zu leben, aber es funktioniert nicht. Ich versuche auch, immer das Beste zu geben, ohne dabei irgendjemanden zu verletzen. Vor vielen Jahren, als ich Prominente nach ihren Lieblingssprichwörtern befragte, nannte die Journalistin Claire Rayner dieses: „Alles geht vorbei." Das trifft sowohl auf gute als auch auf schlechte Dinge zu. Das hilft.
Was ist für Sie die optimale Entspannung?
Ich gehe oft am Meer spazieren. Ich lese auch viel und male. Ich habe vor kurzem mein erstes Aquarellbild verkauft.
Fünf Dinge, die wir noch nicht über Sie wissen:
1. Ich wollte schon immer mal nach Vanuatu reisen, um Verwandte zu besuchen.
2. Ich liebe es, mit meinem gelben VW-Käfer zu fahren, aber ich habe Angst vor Autobahnen (nur als Fahrer, nicht als Beifahrer).
3. Ich habe beim Tennisspielen eine fiese Vorhand.
4. Ich nehme Klavierunterricht.
5. Ich habe einmal Roald Dahl auf einer Auktion getroffen und ihn überredet, mir ein Interview für das Magazin Country Homes zu geben.
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Bibliographische Angaben
- Autor: Jane Corry
- 2013, 542 Seiten, Maße: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Aus d. Engl. v. Geng, Claudia
- Übersetzer: Claudia Geng
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442380812
- ISBN-13: 9783442380817
- Erscheinungsdatum: 16.12.2013
Rezension zu „Perlentöchter “
"Packende Familiensaga!" Alles für die Frau
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