Peinlich, peinlich, Prinzessin! / Prinzessin Mia Bd.9
Witzig und kultig wie nie: Band 9 der "Plötzlich-Prinzessinnen"-Bücher!
Dreimal Pech für Prinzessin Mia! Michael, ihre einzig wahre Liebe, ist in Japan, ihre beste Freundin Lilly kündigt Mia die Freundschaft, und dann verbreiten...
Dreimal Pech für Prinzessin Mia! Michael, ihre einzig wahre Liebe, ist in Japan, ihre beste Freundin Lilly kündigt Mia die Freundschaft, und dann verbreiten...
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Produktinformationen zu „Peinlich, peinlich, Prinzessin! / Prinzessin Mia Bd.9 “
Witzig und kultig wie nie: Band 9 der "Plötzlich-Prinzessinnen"-Bücher!
Dreimal Pech für Prinzessin Mia! Michael, ihre einzig wahre Liebe, ist in Japan, ihre beste Freundin Lilly kündigt Mia die Freundschaft, und dann verbreiten irgendwelche prinzessinnen-feindliche User im www fiese Gerüchte über sie. Vor lauter Frust vergräbt sich Mia zu Hause im Bett und lässt sich auf nicht gerade royale Weise gehen. Wie peinlich! Bis ein High-Society-Psychologe ihr rät: "Jeden Tag eine mutige Tat." Aber was ist mutig? Shoppen mit der Ex-Feindin Lana? Das Regierungssystem Genovias auf den Kopf stellen? Endlich auf Michaels Mail reagieren? Mias allergrößte Mutprobe wird das Date mit ihrem hartnäckigen Verehrer JP ...
Dreimal Pech für Prinzessin Mia! Michael, ihre einzig wahre Liebe, ist in Japan, ihre beste Freundin Lilly kündigt Mia die Freundschaft, und dann verbreiten irgendwelche prinzessinnen-feindliche User im www fiese Gerüchte über sie. Vor lauter Frust vergräbt sich Mia zu Hause im Bett und lässt sich auf nicht gerade royale Weise gehen. Wie peinlich! Bis ein High-Society-Psychologe ihr rät: "Jeden Tag eine mutige Tat." Aber was ist mutig? Shoppen mit der Ex-Feindin Lana? Das Regierungssystem Genovias auf den Kopf stellen? Endlich auf Michaels Mail reagieren? Mias allergrößte Mutprobe wird das Date mit ihrem hartnäckigen Verehrer JP ...
Klappentext zu „Peinlich, peinlich, Prinzessin! / Prinzessin Mia Bd.9 “
Witzig und kultig wie nie: Band 9 der "Plötzlich-Prinzessinnen"-Bücher!Dreimal Pech für Prinzessin Mia! Michael, ihre einzig wahre Liebe, ist in Japan, ihre beste Freundin Lilly kündigt Mia die Freundschaft, und dann verbreiten irgendwelche prinzessinnen-feindliche User im www fiese Gerüchte über sie. Vor lauter Frust vergräbt sich Mia zu Hause im Bett und lässt sich auf nicht gerade royale Weise gehen. Wie peinlich! Bis ein High-Society-Psychologe ihr rät: "Jeden Tag eine mutige Tat." Aber was ist mutig? Shoppen mit der Ex-Feindin Lana? Das Regierungssystem Genovias auf den Kopf stellen? Endlich auf Michaels Mail reagieren? Mias allergrößte Mutprobe wird das Date mit ihrem hartnäckigen Verehrer JP ...
Lese-Probe zu „Peinlich, peinlich, Prinzessin! / Prinzessin Mia Bd.9 “
Peinlich, peinlich, Prinzessin! von Meg Cabot Freitag, 10. September, 21 Uhr,
im Lunt-Fontanne-Theater, während der 1. Pause von
„Die Schöne und das Biest" (in der Damentoilette)
Er hat sich noch nicht gemeldet. Ich hab gerade zu Hause angerufen
und Mom gefragt.
Übrigens finde ich es ganz schön gemein von ihr, mir vorzuwerfen,
für mich gäbe es anscheinend auf der ganzen Welt
derzeit nichts Wichtigeres als meine Trennung von Michael.
Weil das nämlich gar nicht stimmt. Echt nicht. Woher hätte
ich denn bitte wissen sollen, dass sie es gerade mit viel Mühe
geschafft hatte, Rocky ins Bettchen zu verfrachten? Oh Mann,
echt. Wenn er solche Einschlafprobleme hat, soll sie eben das
Telefon leise stellen.
Immerhin weiß ich jetzt, dass er sich nicht gemeldet hat.
Was mich übrigens nicht besonders wundert. Ich hab vorhin
im Internet nachgeschaut, wann sein Flugzeug in Japan landet.
Erst in vierzehn Stunden.
Und während des Fluges dürfen Handys nicht benutzt
werden. Jedenfalls nicht, um jemanden anzurufen oder eine
SMS zu schicken.
Oder eine Mail zu beantworten.
Na ja, nicht so schlimm. Echt nicht. Weil er mich ja bald
anruft.
Sobald er meine Mail gelesen hat. Bestimmt. Dann ruft er
mich gleich an und wir versöhnen uns und alles ist wieder
gut.
Es muss einfach wieder gut werden.
... mehr
In der Zwischenzeit bleibt mir nichts anderes übrig, als
mein Leben so weiterzuleben, als wäre alles ganz normal. Na
ja, so normal, wie es sich eben anfühlt, wenn man verzweifelt
auf eine Nachricht von seinem Exfreund wartet, von dem
man sich nach zweijähriger Beziehung getrennt hat, dem
man aber sofort eine Entschuldigungsmail geschrieben hat,
als einem klar wurde, was für einen absolut unverzeihlichen
und fast nicht wiedergutzumachenden Fehler man begangen
hat.
Vor allem wenn man ganz genau weiß, was einen erwartet,
falls man es nicht schafft, sich wieder zu versöhnen. Dass
man dann nämlich dazu verdammt ist, ein trostloses, inhaltsleeres
Leben zu führen und sich aus lauter Einsamkeit in eine
bedeutungslose Affäre nach der anderen mit irgendwelchen
Supermodels zu stürzen.
Äh, Moment ... da hab ich mich wohl kurz mit Dad verwechselt.
Okay, dann eben ohne die Supermodels. Aber ansonsten
wird mein Leben genauso trostlos und inhaltsleer
wie seins. Als ich vorhin neben JP saß und der Vorhang aufging,
ist mir klar geworden, wie grenzenlos dämlich und kindisch
ich mich letzte Woche aufgeführt hab.
Na ja, eigentlich hab ich es vorher auch schon gewusst.
Aber durch »Die Schöne und das Biest« ist es mir erst so
RICHTIG, RICHTIG klar geworden.
Was eigentlich erstaunlich ist, weil Michael und ich in Sachen
Musicals ja eher geteilter Meinung waren. Ich musste
immer meine geballten Überredungskünste einsetzen, um
ihn dazu zu bringen, überhaupt mal mit mir in eins von den
Musicals zu gehen, die ich so liebe. Solche, wo die Mädchen
Reifröcke anhaben und wo überraschend irgendwelche Sachen
von der Bühnendecke herabschweben (wie in »Phantom
der Oper« oder »Tarzan: Das Musical«).
Und wenn er dann AUSNAHMSWEISE mal mitgekommen
ist, hat er sich ständig zu mir rübergebeugt und geflüstert:
»Jetzt versteh ich, warum die das Stück bald absetzen. Es
ist doch total absurd, dass sich ein Mann vor eine sprechende
Teekanne stellt und plötzlich ein Lied darüber singt, wie unsterblich
er in irgendein Mädchen verliebt ist.« Oder: »Wo
soll denn bitte plötzlich dieses Riesenorchester herkommen?
Ich meine, hallo? Die stehen mitten in einem Verlies. Das ist
doch alles total an den Haaren herbeigezogen.«
Mit seinen Kommentaren hat er mir immer das ganze
schöne Erlebnis kaputt gemacht. Und dann ist er auch noch
alle fünf Minuten aufgestanden und aufs Klo verschwunden,
weil er angeblich beim Abendessen zu viel Wasser getrunken
hatte. Dabei wusste ich genau, dass er in Wirklichkeit
bloß auf seinem BlackBerry nachschaut, ob neue Benachrichtigungen
von seinem »World of Warcraft«-Server reingekommen
sind.
Jetzt sehe ich das auf einmal ganz anders. Obwohl es mit
JP echt nett ist, denke ich die ganze Zeit daran, wie schön es
wäre, wenn Michael neben mir sitzen und darüber ablästern
würde, dass »Die Schöne und das Biest« ein Disney-Musical
für unkritische Kleinkinder sei, dass die Musik total verkitscht
und das Ganze im Grunde bloß eine riesige Marketingveranstaltung
sei, damit Touristen viel Geld für teure
T-Shirts, hässliche Kaffeetassen und Hochglanztheaterprogramme
ausgeben.
Aber am meisten fehlt er mir, weil mir erst jetzt schmerzlich
bewusst geworden ist, dass »Die Schöne und das Biest«
in Wirklichkeit die Geschichte von Michael und mir ist.
Damit will ich natürlich nicht sagen, dass ich Bella bin.
Oder Michael das Biest. Das nicht.
Aber der Grundgedanke, dass zwei Leute sich kennenlernen
und miteinander anfreunden und lange Zeit gar nicht
merken, dass sie ineinander verliebt sind, bis es fast zu spät
ist ...
Das ist echt haargenau wie bei uns.
Nur dass Bella natürlich klüger ist als ich. Bella hätte es
nämlich bestimmt nichts ausgemacht, wenn das Biest - lange,
lange bevor Bella in sein Schloss kam - mit Judith Gershner
geschlafen hätte und es Bella nie erzählt hätte.
Nein, das hätte sie garantiert nicht gestört. Weil das alles ja
lange, lange vor der Zeit passiert wäre, in der das Biest und
Bella sich gefunden hatten. Was hätte es also mit den beiden
zu tun gehabt?
Gar nichts. Eben.
Ich kann selbst kaum glauben, wie bescheuert ich mich
Michael gegenüber benommen hab. Aber so kitschig »Die
Schöne und das Biest« auch ist (selbst ich hab heute gemerkt,
dass der Kitschfaktor wirklich ziemlich hoch ist) - das Stück
hat mir die Augen geöffnet. Echt wahr.
Was eigentlich nicht so erstaunlich ist, wenn man bedenkt,
dass die Geschichte so alt ist wie die Menschheit.
Früher hab ich immer gesagt, der Mann meiner Träume
müsste sich eine Vorstellung von »Die Schöne und das Biest«
(der romantischsten und schönsten Liebesgeschichte, die
je erzählt wurde) anschauen können, ohne an den falschen
Stellen zu kichern. Zum Beispiel wenn sich das Biest in den
Prinzen zurückverwandelt oder das Rudel Plüschwölfe die
Bühne erstürmt. (Es ist doch wohl logisch, dass die Wölfe
nicht wirklich gefährlich aussehen dürfen, immerhin sitzen
kleine Kinder im Publikum.)
Oh. Gerade fällt mir was auf. Der einzige Mann - okay,
Junge -, der den »Die Schöne und das Biest«-Test bisher
erfolgreich bestanden hat, ist JP Reynolds-Abernathy IV. Als
Bella sich tapfer bereit erklärte, sich zu opfern, um ihrem
Vater das Leben zu retten, hab ich (bloß ganz kurz) zu ihm
rübergeschaut, und da ist ihm sogar eine kleine Träne die
Wange heruntergerollt.
Michael hat noch nie in einem Musical geweint. Okay, außer
damals bei der Szene, in der Tarzans Affenvater brutal
ermordet wurde.
Allerdings waren das Lachtränen.
Aber jetzt weiß ich, dass das gar nicht so schlimm ist. Ich
hab heute nämlich etwas erkannt. Wahrscheinlich sind Jungs
einfach anders als Mädchen. Nicht nur weil Jungs stundenlang
ernsthaft darüber diskutieren können, ob irgendwann
ein Spin-off von »Blade: Trinity« gedreht wird, das »Nightstalker
« heißt und in dem Abby Whistler wieder von Jessica
Biel gespielt wird.
Oder weil sie nichts dabei finden, mit Judith Gershner zu
schlafen und es ihrer Freundin zu verschweigen, weil das ja
passiert ist, bevor sie mit ihr zusammen waren.
Nein. Sondern weil sie genetisch einfach komplett anders
programmiert sind als wir. Nämlich so, dass sie nicht weinen
müssen, wenn vor ihren Augen auf der Bühne ein Schauspieler
in einem Gorillakostüm erschossen wird, aber einen Film
wie »Notting Hill« für total glaubwürdig halten, obwohl jedes
Mädchen weiß, dass sich eine weltberühmte, superreiche
Hollywoodschauspielerin wie Julia Roberts ja wohl in einer
Million Jahre nicht in einen armen Buchhändler wie Hugh
Grant verlieben würde.
Und das sagt immerhin eine Prinzessin, die sich in einen
Studenten verliebt hat.
Endlich hab ich es verstanden: Jungs ticken einfach anders
als wir.
Und das muss nicht unbedingt schlecht sein. Meine Vorfahren
würden wahrscheinlich sogar sagen: Vive la différence!
Denn obwohl es haufenweise Jungs gibt, die nichts mit
Musicals anfangen können, sind es genau diese Jungs, die
einem zum fünfzehnten Geburtstag eine Schneeflockenkette
zur ewigen Erinnerung an den Jahresendzeitball schenken,
wo sie einem das erste Mal ihre Liebe gestanden haben.
Was, wie ja wohl jeder zugeben muss, extrem romantisch
ist. Oh. Gerade höre ich den Gong. Ich muss wieder rein.
Gleich fängt der zweite Akt an.
Auf den freue ich mich, ehrlich gesagt, nicht besonders,
weil JP sich alle fünf Sekunden zu mir rüberbeugt und fragt,
ob alles okay ist.
Klar, er ist ein guter Freund, und ich verstehe, dass er sich
Sorgen um mich macht, aber was erwartet er denn? Ihm muss
doch klar sein, dass meine Antwort natürlich lautet: Nein, es
ist nicht alles okay! Muss ich ihn etwa daran erinnern, dass
ich mir vor nicht einmal zwei Tagen idiotischerweise meine
Schneeflockenkette vom Hals GERISSEN und dem Jungen
vor die Füße GESCHLEUDERT habe, der sie mir geschenkt
hat? Denkt er etwa, man erholt sich von so einem traumatischen
Erlebnis automatisch, indem man sich ein Musical
mit tanzenden Teetassen anschaut?
JP ist zwar total süß, aber manchmal echt auch ein bisschen
beschränkt.
Wobei Tina absolut recht hatte. Sie hat nämlich irgendwann
mal gesagt, dass JP ihr wie ein schlafender Vulkan vorkommt:
In seinem tiefsten Inneren brodelt das Magma der
Leidenschaft. Die Träne vorhin ist der Beweis. Tina glaubt,
dass er nur der richtigen Frau begegnen muss, die den
Schlüssel zu seinem Herzen besitzt - das er zu seinem eigenen
Schutz mit einem kalten, steinernen Panzer umhüllt
hat -, und dann wird er mit einem Riesenknall explodieren,
genau wie der leise vor sich hin köchelnde Supervulkan im
Yellowstone National Park.
Und Lilly (die übrigens seit unserem letzten Telefongespräch
weder gemailt noch angerufen hat, noch nicht mal
um mich eine »verräterische Freundwegschnapperin« zu
schimpfen, was für sie völlig untypisch ist) war ganz offensichtlich
nicht die Richtige für ihn.
Vielleicht ist JP doch nicht beschränkt. Vielleicht liegt es
einfach nur daran, dass er ein Junge ist.
Na ja, es kann eben nicht jeder wie das Biest sein.
Freitag, 10. September,
23.45 Uhr, wieder zu Hause
Posteingang: 0
Auch keine Nachricht auf dem AB.
Aber Michaels Flugzeug ist auch noch elf Stunden und
dreißig Minuten in der Luft. Nach der Landung ruft er mich
bestimmt gleich an.
Er muss mich doch anrufen, oder?
Okay, darüber denke ich jetzt lieber gar nicht nach. Weil
mein Herz dann nämlich sofort anfängt, so komisch unregelmäßig
zu schlagen und meine Handflächen ganz feucht werden.
Es kam zwar kein Anruf und auch keine Mail, während
ich im Theater war, aber dafür hab ich etwas anderes bekommen.
Und zwar einen Brief, der per Kurier zugestellt
wurde. Mom hat ihn mir (mit ziemlich grimmiger Miene)
überreicht, als ich sie geweckt hab, um zu fragen, ob Michael
in der Zwischenzeit vielleicht angerufen hat. (Ganz ehrlich,
ich hab nicht gewusst, dass sie schon schlief. Normalerweise
bleibt sie immer so lange wach, bis bei David Letterman in
der »Late Show« der musikalische Gast auftritt, und das ist
meistens gegen halb eins. Woher hätte ich denn wissen sollen,
dass heute Fergie eingeladen war und Mom deshalb früher
ins Bett ist?)
Der Brief war eindeutig nicht von Michael, das hab ich sofort
gesehen. Er steckte in einem Umschlag aus elegantem
cremefarbenem Büttenpapier mit einem großen roten Siegel
in der Mitte, in das die Buchstaben D und R eingeprägt waren.
Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie musste ich bei diesem
Umschlag sofort an Grandmère denken.
Deswegen war ich auch nicht sonderlich überrascht, als
Mom ziemlich gereizt sagte: »Deine Großmutter hat angerufen
und gesagt, du sollst ihn sofort aufmachen.«
Dagegen überraschte mich das, was sie danach sagte. »Und
du sollst sie sofort anrufen. Ganz egal wie spät es ist.«
»Ich soll Grandmère nach elf Uhr nachts anrufen?«, fragte
ich verblüfft. Falls Grandmère nicht gerade mit Henry Kissinger
oder irgendeinem anderen Uraltpolitiker zum Essen
verabredet ist, geht sie jeden Abend ohne Ausnahme kurz
vor den Elf-Uhr-Nachrichten ins Bett. Sie sagt immer, wenn
sie nicht ihre acht Stunden Schönheitsschlaf bekommt, hat
sie am nächsten Morgen ganz schlimme Augenringe, die sie
mit nichts wegbekommt - noch nicht mal mit Hämorrhoidensalbe.
»Ja, hat sie gesagt«, knurrte Mom und zog sich die Bettdecke
wieder über den Kopf. (Wie sie überhaupt schlafen kann,
während Mr Gianini neben ihr schnarcht, ist mir ein Rätsel.
Das muss wahre Liebe sein.)
Irgendetwas an diesem Umschlag gefiel mir ganz und gar
nicht, und die Vorstellung, dass ich Grandmère nach halb
zwölf noch anrufen sollte, gefiel mir noch viel weniger. Als
ich in meinem Zimmer war, riss ich den Briefumschlag auf,
zog den Brief heraus, begann, ihn zu lesen ...
... und bekam fast einen Herzinfarkt.
Zwei Sekunden später hatte ich Grandmère am Telefon.
»Ah, Amelia!« Sie klang hellwach. »Gut. Endlich. Hast du
den Brief bekommen?«
»Den von Lana Weinbergers MUTTER?«, hätte ich um ein
Haar gebrüllt. Zum Glück fiel mir noch rechtzeitig ein, dass
wir in einem Loft mit sehr dünnen Rigipswänden wohnen
und dass mein kleiner Bruder direkt nebenan schläft. Des
halb war es klüger, nicht zu brüllen, um ihn nicht aufzuwecken
und den heiligen Zorn meiner Mutter auf mich zu ziehen.
»Meinst du den Brief, in dem sie mich fragt, ob ich auf
der Spendengala, die ihr Frauenclub für afrikanische Waisenkinder
organisiert, eine Rede halten kann? Ja, den hab ich bekommen.
Aber ... woher weißt du überhaupt von dem Brief?
Hast du auch einen bekommen?«
»Pah!« Grandmère schnaubte. »Nein, habe ich nicht. Aber
ich habe Mittel und Wege, um an die Informationen zu gelangen,
die ich benötige. Ich muss dich etwas fragen, Amelia.
Etwas sehr Wichtiges. Hat sie dir in diesem Brief angeboten,
dass du Mitglied bei Domina Rei werden kannst, sobald
du volljährig bist?« Ich konnte förmlich hören, wie ihr dabei
der Speichel aus dem Mund spritzte, so aufgeregt war sie.
»Schreibt sie in ihrem Brief, dass du bei ihnen eintreten kannst,
wenn du achtzehn geworden bist?«
»Ja«, sagte ich. »Aber Grandmère, ich hab noch nie was
von diesem Club gehört. Und ich hab für so was sowieso
auch gar keine Zeit. Ich mache im Moment nämlich eine sehr
stressige Phase durch und muss mich darauf konzentrieren,
nicht völlig die Nerven zu ...«
Ich hätte nichts Falscheres sagen können. Grandmère spie
praktisch Feuer, als sie in ihrem fürstinnenhaftesten Tonfall
fauchte: »Zu deiner Information, Amelia. Domina Rei ist das
einflussreichste Frauennetzwerk der Welt. Mir ist unbegreiflich,
wie du eine so bedeutende Organisation nicht kennen
kannst. Domina Rei ist sozusagen das Opus Dei der Frauen-
verbände. Nur ohne den religiösen Hintergrund.«
Ich muss zugeben, dass mich das doch ein bisschen neugierig
machte. »Echt? Die sind wie Opus Dei? Wie dieser Geheimbund
aus ›Sakrileg‹? Wo die Mitglieder sich selbst auspeitschen
und geißeln? Heißt das etwa, dass die Mutter von
Lana heimlich auch so ein spitzes Stachelband am Oberschenkel
trägt?«
»Selbstverständlich nicht!«, schnaubte Grandmère. »Ich
meinte das natürlich nur im übertragenen Sinn.«
Ich war enttäuscht. Zwar hab ich Lanas Mutter nie kennengelernt,
aber die Vorstellung, dass ein Mitglied der Familie
Weinberger ein Stachelband trägt, dessen Nägel sich
tief in ihr Fleisch eingraben, hätte mich ehrlich gesagt mit
großer Genugtuung erfüllt. (Dem Brief nach zu urteilen,
weiß sie übrigens genauso wenig von mir. Sie schreibt nämlich,
dass Lana die langjährige Freundschaft mit mir sehr viel
bedeute und wie schade sie es fände, dass mein voller fürstlicher
Terminkalender es mir nie erlaubt hätte, zu einer der
vielen Partys zu kommen, auf die Lana mich immer eingeladen
hätte. Äh ... ja klar.)
»Außerdem«, unterbrach Grandmère meine sadistischen
Gedanken über Stachelbänder, »fällt mir gerade ein, dass ich
dir schon einmal von Domina Rei erzählt habe. Die Contessa
Trevanni ist auch Mitglied.«
»Bellas Großmutter?«, sagte ich erstaunt. Grandmère hat
den Namen ihrer verhassten Erzrivalin nämlich nicht mehr in
den Mund genommen, seit Bella - die Enkelin der Contessa -
die Familie Trevanni letztes Weihnachten sehr glücklich gemacht
hat. Sie hat sich nämlich von meinem Pseudocousin
Prinz René ... na ja, wie soll ich es ausdrücken? ... einen Braten
in die Röhre schieben lassen. (Grandmère benutzt dafür
zwar den vornehmeren französischen Ausdruck enceinte,
aber das macht die Sache auch nicht besser. Hat in meiner
Familie noch nie jemand was von Kondomen gehört?)
Mein Vater hat daraufhin ein ernstes Wörtchen mit René
geredet. (Wahrscheinlich hat er auch ein bisschen Geld springen
lassen. René stand nämlich kurz davor, einen Fernsehdeal
für eine Reality-Show namens »Mein Traumprinz« zu
unterzeichnen, in der junge Frauen um die Liebe eines echten
Prinzen - nämlich René - buhlen sollten.) Darauf hat er
sich großzügig bereit erklärt, Bella zu heiraten. Zum großen
Bedauern von Bellas Großmutter fand die Trauung aber unter
Ausschluss der Öffentlichkeit statt, weil René sich mit seinem
Antrag so viel Zeit gelassen hatte, dass Bella schon sehr
deutlich enceinte war. (So was kommt bei den Leserinnen von
Adelsmagazinen wie »Majesty« gar nicht gut an.)
Mittlerweile wohnen Bella und René in einem schicken
Penthouse auf der Upper East Side, das ihnen die Contessa
zur Hochzeit geschenkt hat, gehen gemeinsam in einen Vorbereitungskurs
für natürliche Geburten und strahlen, als
könnten sie gar nicht glücklicher sein.
Grandmère ist so neidisch, weil René Bella geheiratet hat
und nicht mich - dabei gehe ich ja wohl noch zur Schule,
hallo? -, dass sie jedes Mal Gift und Galle spuckt, sobald die
Sprache auf die Trevannis kommt. Am besten spricht man sie
gar nicht darauf an.
»Audrey Hepburn war auch Mitglied bei Domina Rei«, erzählte
Grandmère ehrfürchtig. »Genau wie Grazia Patrizia
von Monaco, Hillary Rodham Clinton, Sandra Day O'Connor
- die Richterin am obersten Gerichtshof - und Jacqueline
Kennedy Onassis. Sogar Oprah Winfrey ist dabei.«
Ich schwieg höflich, weil es mich nicht sonderlich beeindruckte,
dass die Talkshowmoderatorin Oprah Winfrey auch
Mitglied bei Domina Rei ist. »Das ist alles ganz toll, Grandmère
«, sagte ich. »Aber ich hab ja gerade schon erwähnt, dass
ich zurzeit sehr unter Druck stehe und ...«
Grandmère hörte mir wie üblich gar nicht zu.
»Natürlich hat man mich schon vor Jahren gebeten, Mitglied
zu werden. Leider wurde mein Aufnahmeantrag dann
aufgrund eines unglücklichen Missverständnisses abgelehnt,
das mit einem gewissen Herren zu tun hatte, dessen Name
jetzt nichts zur Sache tut.«
»Oje«, sagte ich. »Das tut mir echt leid, aber ...«
»Na gut«, seufzte sie. »Wenn du es unbedingt wissen
musst, es handelte sich um Fürst Rainier von Monaco. Aber
die Gerüchte waren absolut unbegründet! Ich habe ihn keines
Blickes gewürdigt! Was kann ich dafür, dass er so fasziniert
von mir war, dass er mir hinterherlief wie ein junger
Hund? Es ist reine Boshaftigkeit, wenn jemand in sein Verhalten
mehr hineininterpretiert hat als das, was es war: die
harmlose Schwärmerei eines sehr viel älteren Mannes für ein
bezauberndes, vor Witz und joie de vivre nur so sprühendes
junges Mädchen.«
Ich brauchte einen Moment, um zu verstehen. »Du redest
von ... dir?«
»Natürlich rede ich von mir, Amelia! Was ist bloß los mit
dir? Wieso, glaubst du, hat er Grace Kelly geheiratet? Wieso,
glaubst du, hat seine Familie ihm gestattet, sich mit einer einfachen
Filmschauspielerin zu vermählen? Nur deshalb, weil
sie so erleichtert waren, dass er sich bereit erklärte, überhaupt
eine Frau zu heiraten, nachdem ich ihm das Herz gebrochen
hatte.«
Ich schnappte nach Luft. »Grandmère! Heißt das, dass er
deinetwegen aus lauter Kummer schwul geworden ist?«
»Natürlich nicht, Amelia, mach dich nicht lächerlich. Ich ...
ach, lassen wir das. Wie sind wir überhaupt auf dieses Thema
gekommen? Jedenfalls wird die Contessa Trevanni sich vor
Neid in ihren eigenen Allerwertesten beißen, wenn du auf
der Wohltätigkeitsgala ihres Frauenclubs eine Rede halten
darfst. Ihre Enkelin wurde noch nie gebeten, dort zu sprechen.
Natürlich nicht, warum auch? Sie hat in ihrem Leben
nichts erreicht, außer sich schwängern zu lassen, was wahrlich
keine Leistung ist. Abgesehen davon ist sie so unsicher,
dass sie wahrscheinlich vor Lampenfieber erstarren würde,
wenn sie vor zweitausend elegant gekleideten, erfolgreichen
Geschäftsfrauen sprechen müsste, die alle erwartungsvoll zu
ihr hinaufsehen und ...«
Ich schnappte wieder nach Luft, diesmal aber aus einem
anderen Grund.
»Sekunde mal ... zweitausend?«
»Wir müssen uns tout de suite einen Termin bei Chanel geben
lassen«, redete Grandmère ungerührt weiter. »Du solltest
nicht zu auffällig, aber doch jugendlich frisch aussehen. Ich
glaube fast, es ist an der Zeit, dass wir dir ein Kostüm anfertigen
lassen. Kleider sind etwas Wunderbares, aber mit einem
schicken Wollkostüm liegt man immer goldrichtig ...«
»Elegant gekleidete, erfolgreiche Geschäftsfrauen?«, wiederholte
ich wie in Trance. Mir wurde leicht schwindelig.
»Ich habe gedacht, die wären alle so wie Lanas Mutter ...
langweilige Bonzenfrauen mit Kindermädchen, Köchinnen
und Haushälterinnen.«
»Nancy Weinberger ist eine der erfolgreichsten Innenausstatterinnen
von ganz Manhattan«, unterbrach mich Grandmère
kalt. »Sie hat das Apartment eingerichtet, das die Contessa
René und Bella zur Hochzeit geschenkt hat. Alors ... lass
mich überlegen ... Die Clubfarben von Domina Rei sind Blau
und Weiß ... Blau hat dir zwar noch nie besonders gut gestanden,
aber in diesem Fall ...«
»Grandmère?« In mir stieg Panik auf. Ich fühlte mich so
ähnlich, wie wenn ich in letzter Zeit an Michael denke, nur
ohne die verschwitzten Handflächen. »Das schaffe ich nicht.
Ich kann keine Rede vor zweitausend erfolgreichen Geschäftsfrauen
halten. Du verstehst das nicht: Ich stecke gerade
mitten in einer Beziehungskrise, und bevor die nicht
geklärt ist, möchte ich lieber nicht in der Öffentlichkeit auftreten
... Ich glaub sogar, dass ich nicht mal dann, wenn
meine Krise geklärt wäre, vor so vielen Menschen eine Rede
halten könnte.«
»Unsinn!«, widersprach Grandmère resolut. »Erinnere
dich bitte daran, dass du im genovesischen Parlament über
Parkuhren gesprochen hast! Als könnte einer von uns das je
vergessen.«
»Ja, aber das waren alles uralte Männer mit Perücken und
nicht Lana Weinbergers Mutter! Ich weiß nicht, Grandmère.
Vielleicht sollte ich lieber ...«
»Deine absurd kurzen Haare sind natürlich ein großes
Problem. Ich fürchte, bis zur Gala werden sie nicht nachgewachsen
sein. Vielleicht kann Paolo dir Extensions machen.
Ich rufe ihn gleich morgen früh an ...«
»Ich meine das ganz ernst, Grandmère«, sagte ich. »Ich
glaub nicht ...«
Aber es war zu spät. Sie murmelte noch irgendwas und
legte auf.
Toll. Das hat mir gerade noch gefehlt.
Samstag, 11. September, 9 Uhr, zu Hause
Posteingang: 0
Kein Wunder. Er ist ja noch drei Stunden in der Luft. Und
dann muss er ja auch noch durch den Zoll.
Ich muss Geduld haben und ganz ruhig bleiben. Tief
durchatmen und auf gar keinen Fall panisch ...
FtLouie: TINA!!! BIST DU DA?????? Falls du da bist, melde
dich bitte. Ich sterbe!!!!!!!!
Iluvromance: Hi, Mia. Ja, ich bin da. Was ist los? Wieso stirbst
du?????
O Gott, danke lieber Gott. Danke, dass es Tina Hakim Baba
gibt.
FtLouie: Ich weiß zwar, dass das Band, das mich und Michael
verbindet, zu stark ist, um durch ein blödes, kleines
Missverständnis zerrissen zu werden, und dass er
mich bestimmt anruft, sobald er in Japan gelandet
ist, und mir dann sagen wird, dass er mir verzeiht,
und dass dann alles wieder gut wird ... aber ...
Tina! Was soll ich denn machen, wenn er nicht anruft?
Wenn er mir nicht verzeiht? O Gott, ich sag
dir, meine Handflächen sind total verschwitzt!!!!!
Und ich glaub, ganz ehrlich, dass ich vielleicht gerade
einen Herzinfarkt bekomme ...
Iluvromance:
Ganz ruhig, Mia! Alles wird gut! Ganz bestimmt.
Ich bin mir sicher, dass Michael dir verzeiht! Und
dann wird alles wieder wie früher. Sogar noch viel
besser. Weil Paare, die eine Krise erfolgreich überwunden
haben, dadurch sogar noch enger zusammengeschweißt
werden ...
FtLouie:
Du hast recht! Ach, was soll's. Meine Vorfahrinnen
haben viel schlimmere Sachen durchgemacht.
Die mussten gegen plündernde feindliche Horden
kämpfen oder wurden entführt oder mussten Wein
aus dem Schädel ihres ermordeten Vaters trinken.
Ich bin mir sicher, dass Michael und ich uns wieder
versöhnen. Alles wird gut!
Iluvromance:
Ganz bestimmt! Was ist eigentlich mit heute Abend?
Gehst du hin? Aber wenn du so schlecht drauf bist,
hast du wahrscheinlich eher keine Lust, oder?
FtLouie:
Lust worauf?
Iluvromance:
Auf die Siegesfeier zu gehen.
FtLouie:
Welche Siegesfeier?
Iluvromance:
Lilly und Perin machen heute doch eine Siegesfeier,
weil sie die Wahl zum Schülersprecher gewonnen
haben.
FtLouie:
Ich bin auf keine Siegesfeier eingeladen worden.
Iluvromance:
Heißt das, du hast keine Mail bekommen?
FtLouie:
Öh, nein ...
Iluvromance:
Oh.
FtLouie:
Was, oh?
Iluvromance:
Na ja ... ich hätte nicht gedacht, dass sie das ernst
meint.
FtLouie:
Dass wer was ernst meint?
Iluvromance:
Lilly. Sie hat gesagt, dass sie nie mehr mit dir reden
wird, weil du eine verräterische Freundwegschnapperin
bist. Ich hab gedacht, das wäre ein Witz.
!!!!!!!
FtLouie:
WAS? WIE KOMMT SIE DARAUF, SO WAS VON
MIR ZU BEHAUPTEN??? ES WAR EIN HARMLOSER
KLEINER KUSS!!!! UND EIGENTLICH WOLLTE ICH
IHN AUF DIE WANGE KÜSSEN!!!!! ICH HAB BLOSS
AUS VERSEHEN SEINE LIPPEN ERWISCHT!!!!!!
Iluvromance:
Ja, okay. Aber wart ihr gestern Abend nicht zusammen
in »Die Schöne und das Biest«?
FtLouie:
Ja, waren wir. Aber das hat doch nichts zu bedeuten.
Wir sind bloß gute Freunde, mehr nicht.
Iluvromance:
Aber hast du früher nicht immer gesagt, dass du
dir einen Freund wünschst, der sich eine ganze
Vorstellung von »Die Schöne und das Biest« anschauen
kann, ohne an den falschen Stellen zu kichern?
© 2007 Ali Smith
DIE AUTORIN
cbj
ist der Kinder- und Jugendbuchverlag
in der Verlagsgruppe Random House
Für Amanda Maciel
in Dankbarkeit und Liebe
1. Auflage
Erstmals als Taschenbuch Dezember 2010
Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform
© 2008 der Originalausgabe by Meg Cabot
Die amerikanische Originalausgabe erschien 2008
unter dem Titel »Princess Mia«
bei HarperCollins Publishers, New York
© 2008 für die deutschsprachige Ausgabe
bei cbj Verlag in der Verlagsgruppe
Random House GmbH, München
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische
Agentur Thomas Schlück, 30287 Garbsen.
Übersetzung: Katarina Ganslandt
Lektorat: Janka Panskus
st • Herstellung: AnG
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
eISBN: 978-3-641-03919-6
www.megcabot.de
In der Zwischenzeit bleibt mir nichts anderes übrig, als
mein Leben so weiterzuleben, als wäre alles ganz normal. Na
ja, so normal, wie es sich eben anfühlt, wenn man verzweifelt
auf eine Nachricht von seinem Exfreund wartet, von dem
man sich nach zweijähriger Beziehung getrennt hat, dem
man aber sofort eine Entschuldigungsmail geschrieben hat,
als einem klar wurde, was für einen absolut unverzeihlichen
und fast nicht wiedergutzumachenden Fehler man begangen
hat.
Vor allem wenn man ganz genau weiß, was einen erwartet,
falls man es nicht schafft, sich wieder zu versöhnen. Dass
man dann nämlich dazu verdammt ist, ein trostloses, inhaltsleeres
Leben zu führen und sich aus lauter Einsamkeit in eine
bedeutungslose Affäre nach der anderen mit irgendwelchen
Supermodels zu stürzen.
Äh, Moment ... da hab ich mich wohl kurz mit Dad verwechselt.
Okay, dann eben ohne die Supermodels. Aber ansonsten
wird mein Leben genauso trostlos und inhaltsleer
wie seins. Als ich vorhin neben JP saß und der Vorhang aufging,
ist mir klar geworden, wie grenzenlos dämlich und kindisch
ich mich letzte Woche aufgeführt hab.
Na ja, eigentlich hab ich es vorher auch schon gewusst.
Aber durch »Die Schöne und das Biest« ist es mir erst so
RICHTIG, RICHTIG klar geworden.
Was eigentlich erstaunlich ist, weil Michael und ich in Sachen
Musicals ja eher geteilter Meinung waren. Ich musste
immer meine geballten Überredungskünste einsetzen, um
ihn dazu zu bringen, überhaupt mal mit mir in eins von den
Musicals zu gehen, die ich so liebe. Solche, wo die Mädchen
Reifröcke anhaben und wo überraschend irgendwelche Sachen
von der Bühnendecke herabschweben (wie in »Phantom
der Oper« oder »Tarzan: Das Musical«).
Und wenn er dann AUSNAHMSWEISE mal mitgekommen
ist, hat er sich ständig zu mir rübergebeugt und geflüstert:
»Jetzt versteh ich, warum die das Stück bald absetzen. Es
ist doch total absurd, dass sich ein Mann vor eine sprechende
Teekanne stellt und plötzlich ein Lied darüber singt, wie unsterblich
er in irgendein Mädchen verliebt ist.« Oder: »Wo
soll denn bitte plötzlich dieses Riesenorchester herkommen?
Ich meine, hallo? Die stehen mitten in einem Verlies. Das ist
doch alles total an den Haaren herbeigezogen.«
Mit seinen Kommentaren hat er mir immer das ganze
schöne Erlebnis kaputt gemacht. Und dann ist er auch noch
alle fünf Minuten aufgestanden und aufs Klo verschwunden,
weil er angeblich beim Abendessen zu viel Wasser getrunken
hatte. Dabei wusste ich genau, dass er in Wirklichkeit
bloß auf seinem BlackBerry nachschaut, ob neue Benachrichtigungen
von seinem »World of Warcraft«-Server reingekommen
sind.
Jetzt sehe ich das auf einmal ganz anders. Obwohl es mit
JP echt nett ist, denke ich die ganze Zeit daran, wie schön es
wäre, wenn Michael neben mir sitzen und darüber ablästern
würde, dass »Die Schöne und das Biest« ein Disney-Musical
für unkritische Kleinkinder sei, dass die Musik total verkitscht
und das Ganze im Grunde bloß eine riesige Marketingveranstaltung
sei, damit Touristen viel Geld für teure
T-Shirts, hässliche Kaffeetassen und Hochglanztheaterprogramme
ausgeben.
Aber am meisten fehlt er mir, weil mir erst jetzt schmerzlich
bewusst geworden ist, dass »Die Schöne und das Biest«
in Wirklichkeit die Geschichte von Michael und mir ist.
Damit will ich natürlich nicht sagen, dass ich Bella bin.
Oder Michael das Biest. Das nicht.
Aber der Grundgedanke, dass zwei Leute sich kennenlernen
und miteinander anfreunden und lange Zeit gar nicht
merken, dass sie ineinander verliebt sind, bis es fast zu spät
ist ...
Das ist echt haargenau wie bei uns.
Nur dass Bella natürlich klüger ist als ich. Bella hätte es
nämlich bestimmt nichts ausgemacht, wenn das Biest - lange,
lange bevor Bella in sein Schloss kam - mit Judith Gershner
geschlafen hätte und es Bella nie erzählt hätte.
Nein, das hätte sie garantiert nicht gestört. Weil das alles ja
lange, lange vor der Zeit passiert wäre, in der das Biest und
Bella sich gefunden hatten. Was hätte es also mit den beiden
zu tun gehabt?
Gar nichts. Eben.
Ich kann selbst kaum glauben, wie bescheuert ich mich
Michael gegenüber benommen hab. Aber so kitschig »Die
Schöne und das Biest« auch ist (selbst ich hab heute gemerkt,
dass der Kitschfaktor wirklich ziemlich hoch ist) - das Stück
hat mir die Augen geöffnet. Echt wahr.
Was eigentlich nicht so erstaunlich ist, wenn man bedenkt,
dass die Geschichte so alt ist wie die Menschheit.
Früher hab ich immer gesagt, der Mann meiner Träume
müsste sich eine Vorstellung von »Die Schöne und das Biest«
(der romantischsten und schönsten Liebesgeschichte, die
je erzählt wurde) anschauen können, ohne an den falschen
Stellen zu kichern. Zum Beispiel wenn sich das Biest in den
Prinzen zurückverwandelt oder das Rudel Plüschwölfe die
Bühne erstürmt. (Es ist doch wohl logisch, dass die Wölfe
nicht wirklich gefährlich aussehen dürfen, immerhin sitzen
kleine Kinder im Publikum.)
Oh. Gerade fällt mir was auf. Der einzige Mann - okay,
Junge -, der den »Die Schöne und das Biest«-Test bisher
erfolgreich bestanden hat, ist JP Reynolds-Abernathy IV. Als
Bella sich tapfer bereit erklärte, sich zu opfern, um ihrem
Vater das Leben zu retten, hab ich (bloß ganz kurz) zu ihm
rübergeschaut, und da ist ihm sogar eine kleine Träne die
Wange heruntergerollt.
Michael hat noch nie in einem Musical geweint. Okay, außer
damals bei der Szene, in der Tarzans Affenvater brutal
ermordet wurde.
Allerdings waren das Lachtränen.
Aber jetzt weiß ich, dass das gar nicht so schlimm ist. Ich
hab heute nämlich etwas erkannt. Wahrscheinlich sind Jungs
einfach anders als Mädchen. Nicht nur weil Jungs stundenlang
ernsthaft darüber diskutieren können, ob irgendwann
ein Spin-off von »Blade: Trinity« gedreht wird, das »Nightstalker
« heißt und in dem Abby Whistler wieder von Jessica
Biel gespielt wird.
Oder weil sie nichts dabei finden, mit Judith Gershner zu
schlafen und es ihrer Freundin zu verschweigen, weil das ja
passiert ist, bevor sie mit ihr zusammen waren.
Nein. Sondern weil sie genetisch einfach komplett anders
programmiert sind als wir. Nämlich so, dass sie nicht weinen
müssen, wenn vor ihren Augen auf der Bühne ein Schauspieler
in einem Gorillakostüm erschossen wird, aber einen Film
wie »Notting Hill« für total glaubwürdig halten, obwohl jedes
Mädchen weiß, dass sich eine weltberühmte, superreiche
Hollywoodschauspielerin wie Julia Roberts ja wohl in einer
Million Jahre nicht in einen armen Buchhändler wie Hugh
Grant verlieben würde.
Und das sagt immerhin eine Prinzessin, die sich in einen
Studenten verliebt hat.
Endlich hab ich es verstanden: Jungs ticken einfach anders
als wir.
Und das muss nicht unbedingt schlecht sein. Meine Vorfahren
würden wahrscheinlich sogar sagen: Vive la différence!
Denn obwohl es haufenweise Jungs gibt, die nichts mit
Musicals anfangen können, sind es genau diese Jungs, die
einem zum fünfzehnten Geburtstag eine Schneeflockenkette
zur ewigen Erinnerung an den Jahresendzeitball schenken,
wo sie einem das erste Mal ihre Liebe gestanden haben.
Was, wie ja wohl jeder zugeben muss, extrem romantisch
ist. Oh. Gerade höre ich den Gong. Ich muss wieder rein.
Gleich fängt der zweite Akt an.
Auf den freue ich mich, ehrlich gesagt, nicht besonders,
weil JP sich alle fünf Sekunden zu mir rüberbeugt und fragt,
ob alles okay ist.
Klar, er ist ein guter Freund, und ich verstehe, dass er sich
Sorgen um mich macht, aber was erwartet er denn? Ihm muss
doch klar sein, dass meine Antwort natürlich lautet: Nein, es
ist nicht alles okay! Muss ich ihn etwa daran erinnern, dass
ich mir vor nicht einmal zwei Tagen idiotischerweise meine
Schneeflockenkette vom Hals GERISSEN und dem Jungen
vor die Füße GESCHLEUDERT habe, der sie mir geschenkt
hat? Denkt er etwa, man erholt sich von so einem traumatischen
Erlebnis automatisch, indem man sich ein Musical
mit tanzenden Teetassen anschaut?
JP ist zwar total süß, aber manchmal echt auch ein bisschen
beschränkt.
Wobei Tina absolut recht hatte. Sie hat nämlich irgendwann
mal gesagt, dass JP ihr wie ein schlafender Vulkan vorkommt:
In seinem tiefsten Inneren brodelt das Magma der
Leidenschaft. Die Träne vorhin ist der Beweis. Tina glaubt,
dass er nur der richtigen Frau begegnen muss, die den
Schlüssel zu seinem Herzen besitzt - das er zu seinem eigenen
Schutz mit einem kalten, steinernen Panzer umhüllt
hat -, und dann wird er mit einem Riesenknall explodieren,
genau wie der leise vor sich hin köchelnde Supervulkan im
Yellowstone National Park.
Und Lilly (die übrigens seit unserem letzten Telefongespräch
weder gemailt noch angerufen hat, noch nicht mal
um mich eine »verräterische Freundwegschnapperin« zu
schimpfen, was für sie völlig untypisch ist) war ganz offensichtlich
nicht die Richtige für ihn.
Vielleicht ist JP doch nicht beschränkt. Vielleicht liegt es
einfach nur daran, dass er ein Junge ist.
Na ja, es kann eben nicht jeder wie das Biest sein.
Freitag, 10. September,
23.45 Uhr, wieder zu Hause
Posteingang: 0
Auch keine Nachricht auf dem AB.
Aber Michaels Flugzeug ist auch noch elf Stunden und
dreißig Minuten in der Luft. Nach der Landung ruft er mich
bestimmt gleich an.
Er muss mich doch anrufen, oder?
Okay, darüber denke ich jetzt lieber gar nicht nach. Weil
mein Herz dann nämlich sofort anfängt, so komisch unregelmäßig
zu schlagen und meine Handflächen ganz feucht werden.
Es kam zwar kein Anruf und auch keine Mail, während
ich im Theater war, aber dafür hab ich etwas anderes bekommen.
Und zwar einen Brief, der per Kurier zugestellt
wurde. Mom hat ihn mir (mit ziemlich grimmiger Miene)
überreicht, als ich sie geweckt hab, um zu fragen, ob Michael
in der Zwischenzeit vielleicht angerufen hat. (Ganz ehrlich,
ich hab nicht gewusst, dass sie schon schlief. Normalerweise
bleibt sie immer so lange wach, bis bei David Letterman in
der »Late Show« der musikalische Gast auftritt, und das ist
meistens gegen halb eins. Woher hätte ich denn wissen sollen,
dass heute Fergie eingeladen war und Mom deshalb früher
ins Bett ist?)
Der Brief war eindeutig nicht von Michael, das hab ich sofort
gesehen. Er steckte in einem Umschlag aus elegantem
cremefarbenem Büttenpapier mit einem großen roten Siegel
in der Mitte, in das die Buchstaben D und R eingeprägt waren.
Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie musste ich bei diesem
Umschlag sofort an Grandmère denken.
Deswegen war ich auch nicht sonderlich überrascht, als
Mom ziemlich gereizt sagte: »Deine Großmutter hat angerufen
und gesagt, du sollst ihn sofort aufmachen.«
Dagegen überraschte mich das, was sie danach sagte. »Und
du sollst sie sofort anrufen. Ganz egal wie spät es ist.«
»Ich soll Grandmère nach elf Uhr nachts anrufen?«, fragte
ich verblüfft. Falls Grandmère nicht gerade mit Henry Kissinger
oder irgendeinem anderen Uraltpolitiker zum Essen
verabredet ist, geht sie jeden Abend ohne Ausnahme kurz
vor den Elf-Uhr-Nachrichten ins Bett. Sie sagt immer, wenn
sie nicht ihre acht Stunden Schönheitsschlaf bekommt, hat
sie am nächsten Morgen ganz schlimme Augenringe, die sie
mit nichts wegbekommt - noch nicht mal mit Hämorrhoidensalbe.
»Ja, hat sie gesagt«, knurrte Mom und zog sich die Bettdecke
wieder über den Kopf. (Wie sie überhaupt schlafen kann,
während Mr Gianini neben ihr schnarcht, ist mir ein Rätsel.
Das muss wahre Liebe sein.)
Irgendetwas an diesem Umschlag gefiel mir ganz und gar
nicht, und die Vorstellung, dass ich Grandmère nach halb
zwölf noch anrufen sollte, gefiel mir noch viel weniger. Als
ich in meinem Zimmer war, riss ich den Briefumschlag auf,
zog den Brief heraus, begann, ihn zu lesen ...
... und bekam fast einen Herzinfarkt.
Zwei Sekunden später hatte ich Grandmère am Telefon.
»Ah, Amelia!« Sie klang hellwach. »Gut. Endlich. Hast du
den Brief bekommen?«
»Den von Lana Weinbergers MUTTER?«, hätte ich um ein
Haar gebrüllt. Zum Glück fiel mir noch rechtzeitig ein, dass
wir in einem Loft mit sehr dünnen Rigipswänden wohnen
und dass mein kleiner Bruder direkt nebenan schläft. Des
halb war es klüger, nicht zu brüllen, um ihn nicht aufzuwecken
und den heiligen Zorn meiner Mutter auf mich zu ziehen.
»Meinst du den Brief, in dem sie mich fragt, ob ich auf
der Spendengala, die ihr Frauenclub für afrikanische Waisenkinder
organisiert, eine Rede halten kann? Ja, den hab ich bekommen.
Aber ... woher weißt du überhaupt von dem Brief?
Hast du auch einen bekommen?«
»Pah!« Grandmère schnaubte. »Nein, habe ich nicht. Aber
ich habe Mittel und Wege, um an die Informationen zu gelangen,
die ich benötige. Ich muss dich etwas fragen, Amelia.
Etwas sehr Wichtiges. Hat sie dir in diesem Brief angeboten,
dass du Mitglied bei Domina Rei werden kannst, sobald
du volljährig bist?« Ich konnte förmlich hören, wie ihr dabei
der Speichel aus dem Mund spritzte, so aufgeregt war sie.
»Schreibt sie in ihrem Brief, dass du bei ihnen eintreten kannst,
wenn du achtzehn geworden bist?«
»Ja«, sagte ich. »Aber Grandmère, ich hab noch nie was
von diesem Club gehört. Und ich hab für so was sowieso
auch gar keine Zeit. Ich mache im Moment nämlich eine sehr
stressige Phase durch und muss mich darauf konzentrieren,
nicht völlig die Nerven zu ...«
Ich hätte nichts Falscheres sagen können. Grandmère spie
praktisch Feuer, als sie in ihrem fürstinnenhaftesten Tonfall
fauchte: »Zu deiner Information, Amelia. Domina Rei ist das
einflussreichste Frauennetzwerk der Welt. Mir ist unbegreiflich,
wie du eine so bedeutende Organisation nicht kennen
kannst. Domina Rei ist sozusagen das Opus Dei der Frauen-
verbände. Nur ohne den religiösen Hintergrund.«
Ich muss zugeben, dass mich das doch ein bisschen neugierig
machte. »Echt? Die sind wie Opus Dei? Wie dieser Geheimbund
aus ›Sakrileg‹? Wo die Mitglieder sich selbst auspeitschen
und geißeln? Heißt das etwa, dass die Mutter von
Lana heimlich auch so ein spitzes Stachelband am Oberschenkel
trägt?«
»Selbstverständlich nicht!«, schnaubte Grandmère. »Ich
meinte das natürlich nur im übertragenen Sinn.«
Ich war enttäuscht. Zwar hab ich Lanas Mutter nie kennengelernt,
aber die Vorstellung, dass ein Mitglied der Familie
Weinberger ein Stachelband trägt, dessen Nägel sich
tief in ihr Fleisch eingraben, hätte mich ehrlich gesagt mit
großer Genugtuung erfüllt. (Dem Brief nach zu urteilen,
weiß sie übrigens genauso wenig von mir. Sie schreibt nämlich,
dass Lana die langjährige Freundschaft mit mir sehr viel
bedeute und wie schade sie es fände, dass mein voller fürstlicher
Terminkalender es mir nie erlaubt hätte, zu einer der
vielen Partys zu kommen, auf die Lana mich immer eingeladen
hätte. Äh ... ja klar.)
»Außerdem«, unterbrach Grandmère meine sadistischen
Gedanken über Stachelbänder, »fällt mir gerade ein, dass ich
dir schon einmal von Domina Rei erzählt habe. Die Contessa
Trevanni ist auch Mitglied.«
»Bellas Großmutter?«, sagte ich erstaunt. Grandmère hat
den Namen ihrer verhassten Erzrivalin nämlich nicht mehr in
den Mund genommen, seit Bella - die Enkelin der Contessa -
die Familie Trevanni letztes Weihnachten sehr glücklich gemacht
hat. Sie hat sich nämlich von meinem Pseudocousin
Prinz René ... na ja, wie soll ich es ausdrücken? ... einen Braten
in die Röhre schieben lassen. (Grandmère benutzt dafür
zwar den vornehmeren französischen Ausdruck enceinte,
aber das macht die Sache auch nicht besser. Hat in meiner
Familie noch nie jemand was von Kondomen gehört?)
Mein Vater hat daraufhin ein ernstes Wörtchen mit René
geredet. (Wahrscheinlich hat er auch ein bisschen Geld springen
lassen. René stand nämlich kurz davor, einen Fernsehdeal
für eine Reality-Show namens »Mein Traumprinz« zu
unterzeichnen, in der junge Frauen um die Liebe eines echten
Prinzen - nämlich René - buhlen sollten.) Darauf hat er
sich großzügig bereit erklärt, Bella zu heiraten. Zum großen
Bedauern von Bellas Großmutter fand die Trauung aber unter
Ausschluss der Öffentlichkeit statt, weil René sich mit seinem
Antrag so viel Zeit gelassen hatte, dass Bella schon sehr
deutlich enceinte war. (So was kommt bei den Leserinnen von
Adelsmagazinen wie »Majesty« gar nicht gut an.)
Mittlerweile wohnen Bella und René in einem schicken
Penthouse auf der Upper East Side, das ihnen die Contessa
zur Hochzeit geschenkt hat, gehen gemeinsam in einen Vorbereitungskurs
für natürliche Geburten und strahlen, als
könnten sie gar nicht glücklicher sein.
Grandmère ist so neidisch, weil René Bella geheiratet hat
und nicht mich - dabei gehe ich ja wohl noch zur Schule,
hallo? -, dass sie jedes Mal Gift und Galle spuckt, sobald die
Sprache auf die Trevannis kommt. Am besten spricht man sie
gar nicht darauf an.
»Audrey Hepburn war auch Mitglied bei Domina Rei«, erzählte
Grandmère ehrfürchtig. »Genau wie Grazia Patrizia
von Monaco, Hillary Rodham Clinton, Sandra Day O'Connor
- die Richterin am obersten Gerichtshof - und Jacqueline
Kennedy Onassis. Sogar Oprah Winfrey ist dabei.«
Ich schwieg höflich, weil es mich nicht sonderlich beeindruckte,
dass die Talkshowmoderatorin Oprah Winfrey auch
Mitglied bei Domina Rei ist. »Das ist alles ganz toll, Grandmère
«, sagte ich. »Aber ich hab ja gerade schon erwähnt, dass
ich zurzeit sehr unter Druck stehe und ...«
Grandmère hörte mir wie üblich gar nicht zu.
»Natürlich hat man mich schon vor Jahren gebeten, Mitglied
zu werden. Leider wurde mein Aufnahmeantrag dann
aufgrund eines unglücklichen Missverständnisses abgelehnt,
das mit einem gewissen Herren zu tun hatte, dessen Name
jetzt nichts zur Sache tut.«
»Oje«, sagte ich. »Das tut mir echt leid, aber ...«
»Na gut«, seufzte sie. »Wenn du es unbedingt wissen
musst, es handelte sich um Fürst Rainier von Monaco. Aber
die Gerüchte waren absolut unbegründet! Ich habe ihn keines
Blickes gewürdigt! Was kann ich dafür, dass er so fasziniert
von mir war, dass er mir hinterherlief wie ein junger
Hund? Es ist reine Boshaftigkeit, wenn jemand in sein Verhalten
mehr hineininterpretiert hat als das, was es war: die
harmlose Schwärmerei eines sehr viel älteren Mannes für ein
bezauberndes, vor Witz und joie de vivre nur so sprühendes
junges Mädchen.«
Ich brauchte einen Moment, um zu verstehen. »Du redest
von ... dir?«
»Natürlich rede ich von mir, Amelia! Was ist bloß los mit
dir? Wieso, glaubst du, hat er Grace Kelly geheiratet? Wieso,
glaubst du, hat seine Familie ihm gestattet, sich mit einer einfachen
Filmschauspielerin zu vermählen? Nur deshalb, weil
sie so erleichtert waren, dass er sich bereit erklärte, überhaupt
eine Frau zu heiraten, nachdem ich ihm das Herz gebrochen
hatte.«
Ich schnappte nach Luft. »Grandmère! Heißt das, dass er
deinetwegen aus lauter Kummer schwul geworden ist?«
»Natürlich nicht, Amelia, mach dich nicht lächerlich. Ich ...
ach, lassen wir das. Wie sind wir überhaupt auf dieses Thema
gekommen? Jedenfalls wird die Contessa Trevanni sich vor
Neid in ihren eigenen Allerwertesten beißen, wenn du auf
der Wohltätigkeitsgala ihres Frauenclubs eine Rede halten
darfst. Ihre Enkelin wurde noch nie gebeten, dort zu sprechen.
Natürlich nicht, warum auch? Sie hat in ihrem Leben
nichts erreicht, außer sich schwängern zu lassen, was wahrlich
keine Leistung ist. Abgesehen davon ist sie so unsicher,
dass sie wahrscheinlich vor Lampenfieber erstarren würde,
wenn sie vor zweitausend elegant gekleideten, erfolgreichen
Geschäftsfrauen sprechen müsste, die alle erwartungsvoll zu
ihr hinaufsehen und ...«
Ich schnappte wieder nach Luft, diesmal aber aus einem
anderen Grund.
»Sekunde mal ... zweitausend?«
»Wir müssen uns tout de suite einen Termin bei Chanel geben
lassen«, redete Grandmère ungerührt weiter. »Du solltest
nicht zu auffällig, aber doch jugendlich frisch aussehen. Ich
glaube fast, es ist an der Zeit, dass wir dir ein Kostüm anfertigen
lassen. Kleider sind etwas Wunderbares, aber mit einem
schicken Wollkostüm liegt man immer goldrichtig ...«
»Elegant gekleidete, erfolgreiche Geschäftsfrauen?«, wiederholte
ich wie in Trance. Mir wurde leicht schwindelig.
»Ich habe gedacht, die wären alle so wie Lanas Mutter ...
langweilige Bonzenfrauen mit Kindermädchen, Köchinnen
und Haushälterinnen.«
»Nancy Weinberger ist eine der erfolgreichsten Innenausstatterinnen
von ganz Manhattan«, unterbrach mich Grandmère
kalt. »Sie hat das Apartment eingerichtet, das die Contessa
René und Bella zur Hochzeit geschenkt hat. Alors ... lass
mich überlegen ... Die Clubfarben von Domina Rei sind Blau
und Weiß ... Blau hat dir zwar noch nie besonders gut gestanden,
aber in diesem Fall ...«
»Grandmère?« In mir stieg Panik auf. Ich fühlte mich so
ähnlich, wie wenn ich in letzter Zeit an Michael denke, nur
ohne die verschwitzten Handflächen. »Das schaffe ich nicht.
Ich kann keine Rede vor zweitausend erfolgreichen Geschäftsfrauen
halten. Du verstehst das nicht: Ich stecke gerade
mitten in einer Beziehungskrise, und bevor die nicht
geklärt ist, möchte ich lieber nicht in der Öffentlichkeit auftreten
... Ich glaub sogar, dass ich nicht mal dann, wenn
meine Krise geklärt wäre, vor so vielen Menschen eine Rede
halten könnte.«
»Unsinn!«, widersprach Grandmère resolut. »Erinnere
dich bitte daran, dass du im genovesischen Parlament über
Parkuhren gesprochen hast! Als könnte einer von uns das je
vergessen.«
»Ja, aber das waren alles uralte Männer mit Perücken und
nicht Lana Weinbergers Mutter! Ich weiß nicht, Grandmère.
Vielleicht sollte ich lieber ...«
»Deine absurd kurzen Haare sind natürlich ein großes
Problem. Ich fürchte, bis zur Gala werden sie nicht nachgewachsen
sein. Vielleicht kann Paolo dir Extensions machen.
Ich rufe ihn gleich morgen früh an ...«
»Ich meine das ganz ernst, Grandmère«, sagte ich. »Ich
glaub nicht ...«
Aber es war zu spät. Sie murmelte noch irgendwas und
legte auf.
Toll. Das hat mir gerade noch gefehlt.
Samstag, 11. September, 9 Uhr, zu Hause
Posteingang: 0
Kein Wunder. Er ist ja noch drei Stunden in der Luft. Und
dann muss er ja auch noch durch den Zoll.
Ich muss Geduld haben und ganz ruhig bleiben. Tief
durchatmen und auf gar keinen Fall panisch ...
FtLouie: TINA!!! BIST DU DA?????? Falls du da bist, melde
dich bitte. Ich sterbe!!!!!!!!
Iluvromance: Hi, Mia. Ja, ich bin da. Was ist los? Wieso stirbst
du?????
O Gott, danke lieber Gott. Danke, dass es Tina Hakim Baba
gibt.
FtLouie: Ich weiß zwar, dass das Band, das mich und Michael
verbindet, zu stark ist, um durch ein blödes, kleines
Missverständnis zerrissen zu werden, und dass er
mich bestimmt anruft, sobald er in Japan gelandet
ist, und mir dann sagen wird, dass er mir verzeiht,
und dass dann alles wieder gut wird ... aber ...
Tina! Was soll ich denn machen, wenn er nicht anruft?
Wenn er mir nicht verzeiht? O Gott, ich sag
dir, meine Handflächen sind total verschwitzt!!!!!
Und ich glaub, ganz ehrlich, dass ich vielleicht gerade
einen Herzinfarkt bekomme ...
Iluvromance:
Ganz ruhig, Mia! Alles wird gut! Ganz bestimmt.
Ich bin mir sicher, dass Michael dir verzeiht! Und
dann wird alles wieder wie früher. Sogar noch viel
besser. Weil Paare, die eine Krise erfolgreich überwunden
haben, dadurch sogar noch enger zusammengeschweißt
werden ...
FtLouie:
Du hast recht! Ach, was soll's. Meine Vorfahrinnen
haben viel schlimmere Sachen durchgemacht.
Die mussten gegen plündernde feindliche Horden
kämpfen oder wurden entführt oder mussten Wein
aus dem Schädel ihres ermordeten Vaters trinken.
Ich bin mir sicher, dass Michael und ich uns wieder
versöhnen. Alles wird gut!
Iluvromance:
Ganz bestimmt! Was ist eigentlich mit heute Abend?
Gehst du hin? Aber wenn du so schlecht drauf bist,
hast du wahrscheinlich eher keine Lust, oder?
FtLouie:
Lust worauf?
Iluvromance:
Auf die Siegesfeier zu gehen.
FtLouie:
Welche Siegesfeier?
Iluvromance:
Lilly und Perin machen heute doch eine Siegesfeier,
weil sie die Wahl zum Schülersprecher gewonnen
haben.
FtLouie:
Ich bin auf keine Siegesfeier eingeladen worden.
Iluvromance:
Heißt das, du hast keine Mail bekommen?
FtLouie:
Öh, nein ...
Iluvromance:
Oh.
FtLouie:
Was, oh?
Iluvromance:
Na ja ... ich hätte nicht gedacht, dass sie das ernst
meint.
FtLouie:
Dass wer was ernst meint?
Iluvromance:
Lilly. Sie hat gesagt, dass sie nie mehr mit dir reden
wird, weil du eine verräterische Freundwegschnapperin
bist. Ich hab gedacht, das wäre ein Witz.
!!!!!!!
FtLouie:
WAS? WIE KOMMT SIE DARAUF, SO WAS VON
MIR ZU BEHAUPTEN??? ES WAR EIN HARMLOSER
KLEINER KUSS!!!! UND EIGENTLICH WOLLTE ICH
IHN AUF DIE WANGE KÜSSEN!!!!! ICH HAB BLOSS
AUS VERSEHEN SEINE LIPPEN ERWISCHT!!!!!!
Iluvromance:
Ja, okay. Aber wart ihr gestern Abend nicht zusammen
in »Die Schöne und das Biest«?
FtLouie:
Ja, waren wir. Aber das hat doch nichts zu bedeuten.
Wir sind bloß gute Freunde, mehr nicht.
Iluvromance:
Aber hast du früher nicht immer gesagt, dass du
dir einen Freund wünschst, der sich eine ganze
Vorstellung von »Die Schöne und das Biest« anschauen
kann, ohne an den falschen Stellen zu kichern?
© 2007 Ali Smith
DIE AUTORIN
cbj
ist der Kinder- und Jugendbuchverlag
in der Verlagsgruppe Random House
Für Amanda Maciel
in Dankbarkeit und Liebe
1. Auflage
Erstmals als Taschenbuch Dezember 2010
Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform
© 2008 der Originalausgabe by Meg Cabot
Die amerikanische Originalausgabe erschien 2008
unter dem Titel »Princess Mia«
bei HarperCollins Publishers, New York
© 2008 für die deutschsprachige Ausgabe
bei cbj Verlag in der Verlagsgruppe
Random House GmbH, München
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische
Agentur Thomas Schlück, 30287 Garbsen.
Übersetzung: Katarina Ganslandt
Lektorat: Janka Panskus
st • Herstellung: AnG
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
eISBN: 978-3-641-03919-6
www.megcabot.de
... weniger
Autoren-Porträt von Meg Cabot
Meggin Cabot, geb. in Bloomington, Indiana, war schon früh eine Leseratte. Ihre Lieblingsautoren waren Jane Austen, Judy Blume und Barbara Cartland. Nach dem Studium zog sie nach New York City, wo sie zunächst auch als Illustratorin arbeitete, bevor sie sich ganz dem Schreiben zuwandte. Meggin Cabot lebt mit ihrem Mann und ihrer einäugigen Katze Henrietta in New York City.
Bibliographische Angaben
- Autor: Meg Cabot
- Altersempfehlung: 12 - 15 Jahre
- 2010, 284 Seiten, Maße: 12,6 x 18,5 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Ganslandt, Katarina
- Übersetzer: Katarina Ganslandt
- Verlag: cbj
- ISBN-10: 3570400638
- ISBN-13: 9783570400630
Rezension zu „Peinlich, peinlich, Prinzessin! / Prinzessin Mia Bd.9 “
"Meg Cabots Bücher bieten alles, was Mädchen lieben: eine chaotische aber liebenswerte Heldin, Liebeswirren und ein bisschen Glamour aus der Welt der Stars."
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