Ran an den Mann
Eine Szene wie im Film: Sonnengebräunter Typ kommt in die Kneipe, breite Brust, breites Lächeln. Frau wird schwach.
Nein: Dafür ist Eva zu cool, zu allein erziehend, zu lebenserfahren, denkt sie. Und doch ist da diese Sehnsucht, weil die Töchter Toni und...
Eine Szene wie im Film: Sonnengebräunter Typ kommt in die Kneipe, breite Brust, breites Lächeln. Frau wird schwach.
Nein: Dafür ist Eva zu cool, zu allein erziehend, zu lebenserfahren, denkt sie. Und doch ist da diese Sehnsucht, weil die Töchter Toni und Carolin ihr auf der Nase herumtanzen und auch der Beruf mitunter nervt. Also nimmt sie den Typ doch genauer unter die Lupe. Prickelnd und hinreißend komisch!
Eine turbulente Beziehungskomödie im unverwechselbaren Hauptmann-Ton.
Ran an den Mann von Gaby Hauptmann
LESEPROBE
Eva beachtete ihn nicht, bis sie bemerkte, daß sein Blick sie abtastete. Dabeachtete sie ihn noch weniger. Sie drehte sich auf ihrem Barhocker leicht wegund ihm damit den Rücken zu. So, jetzt konnte er weiterschauen. Aber das Gefühlblieb da und lenkte sie ab.
Sie hatte sich nach einem anstrengenden Tag ein Pils an derBar des Maritim-Hotels gönnen wollen, ganz für sich allein, bevor sie sich zuHause ihren Töchtern und dem unerledigten Haushalt stellen mußte. Sie brauchtedas manchmal. Einfach ein paar Minuten für sich, fern von allem Trubel, jederForm von Chaos und pubertären Ausbrüchen. Auf diese Weise hatte sie ihre Nervenbesser im Griff, ging nicht gleich hoch und konnte auch mal lächeln, stattimmer gleich aus der Haut zu fahren.
Eva nahm noch einen Schluck aus ihrem Glas, und dabei bliebihr Blick zunächst an der Flaschenbatterie hinter der Theke hängen und dann anden Augen, die sie im Spiegel anschauten. Sie starrte zurück. Es war einunglaubliches Gefühl, einfach in ein Paar Augen zu schauen, die zu keinemGesicht gehörten - zwei Whiskyflaschen verdeckten den Rest. Es waren schöneAugen. Dunkle Augen. Und sie bewegten sich nicht.
Langsam drehte sich Eva zu ihrem Barnachbarn. Jetzt hatte erauch ein Gesicht, und die Augen lächelten ihr aus nächster Nähe zu.
»Warum tun Sie das?« fragte sie.
»Was?« wollte er wissen.
Eva schwieg. Wenn er es nicht selbst wußte, was sollte siedann dazu sagen?
Sie wollte sich wieder wegdrehen, und das schien er gespürtzu haben.
»Sie haben schöne Augen«, sagte er schnell.
Eva musterte das Gesicht zu den Augen jetzt etwas genauer.
Ein leichtes Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln, um diebraunen Augen lagen kleine Fältchen, seine Gesichtszüge waren kantig, weichschienen nur die Haare, die leicht gewellt waren und in seine Stirn fielen.
Er müßte zum Friseur, dachte Eva.
»Danke«, sagte sie automatisch.
Alles in allem sah er nicht schlecht aus. Nicht direkt ihrTyp, aber das mußte er ja auch nicht sein, er saß ja nur hier an der Bar.
»Und Sie sind tiefgründig!« fügte er hinzu.
Tiefgründig?
»Haben Sie gerade einen Esoterikkurs für Männer belegt?«
Er mußte lachen und zeigte eine Reihe gleichmäßiger Zähne.
Könnten weißer sein, dachte Eva. Schade.
»Nein«, sagte er. »Ich dachte nur, das kommt gut!«
»Falsch gedacht«, erwiderte Eva, setzte nach einer kleinenPause aber ein »Wenigstens sind Sie ehrlich« hinzu.
Er lächelte noch immer.
»Was bin ich noch?« fragte Eva und strich sich ihrschulterlanges dunkelbraunes Haar nach hinten. Ich müßte eigentlich auch malwieder zum Friseur, überlegte sie dabei. Einen neuen Schnitt, eine neue Farbe schließlich ist Frühling.
»Verheiratet?« tippte er.
»Stimmt!« Wenigstens auf dem Papier, dachte sie und senkteihren Blick auf seine Hände. Sie waren erstaunlich feingliedrig und schmucklos.
»Sie auch!« erklärte Eva ohne zu zögern.
Er hob seine Hände, drehte sie langsam und spreizte dabeidie Finger. »Nicht einmal der Schatten eines Ringes«, erklärte er.
»Das hat ja wohl nichts zu sagen!« Eva zuckte die Achseln.
»Bei mir schon!« Er lächelte wieder und drehte seine Hand inihre Richtung. »Ich heiße Thomas. Thomas Rau.«
Sie lachte, gab aber keine Erklärung, sondern ließ sichZeit, um ihre rechte Hand in seine zu legen.
»Was ist so lustig?« fragte er, und sie stellte ein Glitzernin seinen Augen fest.
»Wir können nie heiraten«, sagte sie und entzog ihm ihreHand wieder.
»Warum?«
»Sie sind zu empfindlich!« behauptete sie.
»Darf man das bei Ihnen nicht sein?«
Eva griff nach ihrem Pilsglas und leerte es. Das Bierschmeckte bitter und war auch noch warm geworden. Dann schaute sie ihn an undmußte wieder lachen.
»Nein, darf man nicht!« Sie lachte noch immer. »Aber derwahre Grund ist: Ich heiße Eva. Eva Kern.«
»Schöner Name!« Er nickte. »Rauher Kern in einer weichenSchale. Paßt doch!«
»Und wo ist die Schale?«
»Ihre Schale ist schon mal sehr hübsch!«
Eva sah sich nach dem Barkeeper um. Das verschaffte ihr dieGelegenheit, schnell in den Spiegel zu schauen. Hübsch war sie heute sicherlichnicht. Sie war abgekämpft hierher gekommen, hatte sich in ihrer Bluse, die sieschon längst ausmustern wollte, wenig attraktiv gefühlt, und außerdem zwickteihre Jeans.
Sie war schon den ganzen Tag nicht mit sich selbst einsgewesen.
»Blöder Spruch!« wies sie ihn zurecht.
»Stimmt!« gab er zu.
Aber Eva hakte nach, wußte eigentlich selbst nicht, wieso:»Warum tun Sie s dann?« fragte sie und machte dem Barkeeper ein Zeichen für einweiteres Pils.
»Ich habe gerade das Buch So flirtet man an der Bar gelesen und versuche nun, alles richtigzu machen.«
Eva zog eine Augenbraue hoch. »Das ist nicht Ihr Ernst«,sagte sie und wußte nicht, ob er einfach bluffte.
»Was müßte ich dann Ihrer Meinung nach tun?« wollte erwissen.
»Sie könnten sich ein Thema ausdenken. Kultur, Politik,Sport - irgendwas.« Sie schaute ihn mißtrauisch an. Nahm er sie etwa auf denArm?
»Okay, lassen Sie mich nachdenken«, sagte er.
Eva rührte sich nicht.
Thomas holte tief Luft, dann richtete er sich auf.
Er war größer, als sie gedacht hatte. Und hatte breiteSchultern, wenn ihr sein Hemd auch etwas zu hellblau war. Sie stand eher aufPastelltöne. Eva schätzte ihn auf etwa vierzig, und auf seinem Kinn sah siejetzt den Anflug eines leichten Tagesbarts. Je länger sie ihn betrachtete,desto besser gefiel er ihr. Oder lag es am Alkohol?
»Nun gut«, sagte er. »Probieren wir s!«
»Dann los!«
»Haben Sie noch Sex, oder golfen Sie schon?«
Ach, du je, dachte sie und verzog das Gesicht.
»Beides!« sagte sie. »Durchgefallen!«
© Piper
Gaby Hauptmann, geboren 1957 in Trossingen, lebt als freie Journalistin und Autorin in Allensbach am Bodensee. Ihre Romane »Suche impotenten Mann fürs Leben«, »Nur ein toter Mann ist ein guter Mann«, »Die Lüge im Bett«, »Eine Handvoll Männlichkeit«, »Die Meute der Erben«, »Ein Liebhaber zuviel ist noch zuwenig«, »Fünf-Sterne-Kerle inklusive«, »Hengstparade«, »Yachtfieber«, »Ran an den Mann«, »Nicht schon wieder al dente« und »Rückflug zu verschenken« sind Bestseller und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und erfolgreich verfilmt. Außerdem erschienen die Erzählungsbände »Frauenhand auf Männerpo« und »Das Glück mit den Männern«, ihr ganz persönliches Buch »Mehr davon. Vom Leben und der Lust am Leben«, das Kinderbuch »Rocky der Racker« und die mehrbändigen Jugendbuchreihen »Alexa, die Amazone« sowie die »Kaya«-Reiterbücher.
- Autor: Gaby Hauptmann
- 2006, 310 Seiten, Maße: 12 x 19 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Piper
- ISBN-10: 3492262074
- ISBN-13: 9783492262071
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