Riebe, H: Oder, mein Fluss

<Roman in Erzählungen>: Das weist auf Zusammenhang, also darauf, dass die einzelnen Erzählungen nie restlos in sich aufgehen. Sie stellen unterschiedliche Stationen dar der e i n e n erlebten Geschichte. Die jeweilig erzählten Ereignisse, so geringfügig sie auch erscheinen, zeigen, verdeckt manchmal, eine jeweilige Verstrickung in unheilvolles Geschehen. So drängt sich z.B. politische Wirklichkeit von außen in die Fantasiewelt kindlichen Spiels und verändert diese bis zum <Zerreißen> (<Expeditionen in die Arktis>). Oder es wetterleuchtet künftiges Unheil über dem Spielen einer kleinen Jungengruppe (<Der Sprung>). Ein kleiner Junge verfängt sich in der für ihn undurchdringlichen Düsternis dumpfen Ahnens (<Eine Fahrt nach Lebus>). Ein Dreizehnjähriger fordert sich, getrieben von den vermeintlichen Vorbildern des <Großen Krieges>, Äußerstes ab, während eine alte Frau in ihrer verkargten Welt verstummt (<Der Junge und die alte Frau>). Immer ist die Oder gegenwärtig, sehr eindringlich manchmal: ein Grenzfluss nunmehr. Der Verfasser lässt es jedoch so nicht stehen (<Eine Brücke über die Oder>). Wie war es damals? Zwei Dialoge fragen zurück (<Gespräche auf dem Oderturm>). Riebes symbolische Erzählweise, die Akribie seiner Bilder führen den Leser dichter an die damalige Wirklichkeit, als es <erzählte Geschichte> im Allgemeinen vermag. Ein im Vollsinne des Wortes e r greifender Versuch, Erleben einer abtretenden Generation dem sozialen Gedächtnis zu bewahren.