Rosenjahre
Meine Familie zwischen Persien und Deutschland
'Mit gerademal zwanzig Jahren beschließt Jasmins Mutter Rosemarie, ihrer großen Liebe in den Iran zu folgen. Eine fremde Welt empfängt sie: die turkmenische Steppe, die Salons von Teheran und das aufregende Leben in einer persischen Großfamilie mit all...
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Produktinformationen zu „Rosenjahre “
'Mit gerademal zwanzig Jahren beschließt Jasmins Mutter Rosemarie, ihrer großen Liebe in den Iran zu folgen. Eine fremde Welt empfängt sie: die turkmenische Steppe, die Salons von Teheran und das aufregende Leben in einer persischen Großfamilie mit all ihren Eigenheiten. Sehr persönlich und in beeindruckenden Bildern erzählt Jasmin Tabatabai vom Leben ihrer Mutter, vom Zauber ihrer iranischen Heimat und von ihrer Kindheit zwischen zwei Welten.
Klappentext zu „Rosenjahre “
Mit gerade mal zwanzig Jahren beschließt Jasmins Mutter Rosemarie, ihrer großen Liebe in den Iran zu folgen. Eine fremde Welt empfängt sie: die turkmenische Steppe, die Salons von Teheran und das aufregende Leben in einer persischen Großfamilie - mit all ihren Eigenheiten. Sehr persönlich und in beeindruckenden Bildern erzählt Jasmin Tabatabai vom Leben ihrer Mutter, vom Zauber ihrer iranischen Heimat und von ihrer Kindheit zwischen zwei Welten.
Lese-Probe zu „Rosenjahre “
Rosenjahre von Jasmin TabatabaiFrische Luft
Ginge es nach meiner Mutter, dann
gäbe es keine Probleme auf der Welt, wenn alle Menschen
jeden Tag nur eine Stunde an die frische Luft gingen. Manches
Übel, ja manche Katastrophe ließe sich vermeiden,
wenn sich die Menschheit an diese einfache Grund regel
hielte, meint sie. Schlechte Laune, Depressionen, Streit?
»Kein Wunder, ihr geht ja nie an die frische Luft!« Eheprobleme,
Krankheiten, Krieg? »Kinder, geht an die frische
Luft!«
»Frische Luft« ist in meiner Familie ein geflügeltes Wort
geworden. Und jeder weiß: Wenn meine Mutter nicht genug
davon bekommt, ist mit ihr nicht zu spaßen.
Tatsächlich meldet sich bis heute jedes Mal, wenn ich meinem
orientalischen Phlegma nachgebe und faul mit einer
Schüssel Popcorn und einem schönen Film ausgestattet auf
dem Sofa liege, die Stimme meiner Mutter in mir. Dann bekomme
ich ein schlechtes Gewissen und ermahne mich, wenigstens
kurz an die frische Luft zu gehen.
Als meine deutsche Großmutter vor einigen Jahren im
hohen Alter starb, fanden wir in ihrem Nachlass sämtliche
Briefe, die ihr meine Mutter zwischen 1958 und 1978 aus
dem Iran geschrieben hatte. Darunter diesen aus der Stadt
Gorgan vom 27. Januar 1958:
Irgendwie habe ich schon seit Jahren darauf gewartet - auf
eine solche Umstellung. Von geschlossenen Räumen und
trockener Theorie auf ein Leben, das eng mit der Natur
verbunden ist. Meine Ideale konnte und werde ich nie in
der Stadt finden, und auf Stühlen sitzend werde ich mich
auch nie entfalten können. Ich muss raus an die frische
Luft und dort meine Kraft herauslassen.
... mehr
Als ich diese Zeilen zum ersten Mal las, musste ich nicht nur
schmunzeln, sondern hatte auch sofort das Bild eines verträumten
deutschen Mädchens vor Augen, das barfuß durch
die Felder der turkmenischen Steppe im Norden Irans läuft.
Ihr Blick schweift über Weizenfelder und das Grün junger
Baumwollstauden, und sie lässt sich von blaugrünen Wäldern
verzaubern, hinter denen sich schneebedeckte Berge
türmen. Vielleicht winkt sie auch einigen Turkmenen zu, jenen
stolzen Nachfahren Dschingis Khans, die vorbeireiten
und über diese Fremde, die ganz allein in der Wildnis spazierengeht,
verwundert ihre fellbemützten Köpfe schütteln.
Meine Mutter im Alter von zwanzig Jahren.
Was hat sie in diese fremde Welt im Orient verschlagen?
Das ist die Geschichte, die ich erzählen möchte.
Wo bitte ist der Damavand?
Als die Lufthansa-Maschine endlich
auf der Landebahn des Mehrabad-Flughafens im Westen
Teherans aufsetzte, war es früher Morgen. Rose streckte
sich beim Aufstehen, um den langen Flug, der ihr ganz
schön in den Knochen steckte, ein wenig abzuschütteln.
Etwas benommen blieb sie am Ausstieg oberhalb der
Treppe stehen. Ihre Augen wurden von der Sonne geblendet,
und sie versuchte, sich an das gleißende Tageslicht zu
gewöhnen. Sie wusste zwar, dass Teheran in einer Höhe
zwischen 1200 und 1700 Metern und etliche Breitengrade
südlicher als München lag, aber das viel intensivere Strahlen
des Lichts überraschte sie doch sehr.
Rose blickte nach oben. Das war er also, der tief azurblaue
persische Himmel, von dem ihr Taba in seinen Briefen
erzählt hatte.
Sie stieg die Treppe hinunter und betrat nun zum ersten
Mal iranischen Boden. Während die anderen Fluggäste geschäftig
an ihr vorbeieilten, blieb sie andächtig stehen, sog
die trockene, dünne Luft ein, die hier am Flughafen freilich
nach Kerosin roch, und versuchte, alles Fremde einzufangen.
Im Norden konnte sie die deutlichen Konturen der
schneebedeckten hohen Gipfel des Elburs-Gebirges sehen,
an dessen Fuß Teheran lag.
Vergeblich versuchte sie, unter all den Gipfeln den sagen
umwobenen Berg Damavand auszumachen. Es handelte sich
dabei, so hatte sie in einem ihrer Bücher gelesen, um einen
erloschenen Vulkan, der mit seiner Höhe von 5671 Metern
der größte Berg Irans und des gesamten Nahen Ostens war.
Zudem war er einer der höchsten frei stehenden Berge der Welt.
Während Roses Blick den Damavand suchte, hatte sie
plötzlich den Eindruck, als würde sie Stimmen hören, die
ihren Namen riefen. Damals war der Mehrabad-Flughafen
noch viel kleiner als heute, man stieg vom Flugzeug direkt
auf die Rollbahn und ging dann zu Fuß zum Flughafenterminal.
Hinter einer Absperrung entdeckte sie eine beachtliche
Menschentraube. Es sah fast so aus, als würden sie allesamt
in ihre Richtung winken.
Rose blieb stehen und blickte sich um. Sie konnte doch
unmöglich gemeint sein. Oder etwa doch? Waren all diese
Menschen ihretwegen hier?
Immer deutlicher wurden nun die Rufe. Ja, ohne Zweifel:
»Rose, Rose!«, lauteten sie. In ihr stieg eine gewisse Panik
hoch. Unter lauter Fremden hatte sie sich noch nie wohl gefühlt,
und gerade jetzt fühlte sie sich müde, wie gerädert,
und ihre Frisur saß nach dem langen Flug schon längst nicht
mehr gut. Dieser vielköpfige Empfang passte ihr gar nicht.
Rose reagierte so, wie sie meistens auf unangenehme Situationen
reagiert: mit Verdrängung. Sie drehte sich um und
schaute sich noch einmal interessiert das Elburs-Gebirge
an. Wo war denn jetzt dieser Damavand? Herrgott noch
mal, wieso konnte man den bloß nirgends sehen?
Sie ließ sich Zeit.
Mit einem Mal hörte sie eine vertraute Stimme: »Meine
Rose, da bist du ja endlich!«
Da stand er nun neben ihr: Taba. Und sie wusste überhaupt
nicht mehr, warum sie jemals an der Reise gezweifelt hatte.
Taba sah noch genauso gut aus wie vor einem halben Jahr
bei ihrem Abschied. Nur ein wenig magerer und noch braungebrannter
als in München war er. Sie fielen sich in die
Arme. Dann wandten sie sich dem Ausgang zu.
»Rose, komm! Meine Familie wartet auf dich. Sie freuen
sich schon so, dich zu sehen! Komm!«
Mein Vater hatte vierzig seiner engsten Familienmitglieder
und Freunde mitgebracht. Vierzig!
Im Iran ist es Sitte, jemanden, der zu einer weiten Reise
aufbricht oder aus dem Ausland, aus der Fremde, aus Fa-
rang, zurückkommt, von einer großen Schar Verwandter,
Freunde und Bekannter am Flughafen verabschieden oder
begrüßen zu lassen. Je größer die Zahl, desto höher der Status
des Reisenden. Da machten alle gerne mit, wenn sie es
nur irgendwie einrichten konnten. Es war jedes Mal ein
kleines Spektakel, das man sich nicht entgehen lassen wollte.
Viel geflogen wurde damals ja noch nicht. Später, als man
sich an die Weltreiserei der Leute gewöhnt hatte, wurden
die Empfangskomitees merklich kleiner.
Für Rose, die aus einem Zwei-Personen-Haushalt kam, mit
wenig Verwandtschaft und einem überschaubaren Freundeskreis,
war es eine Herausforderung, plötzlich mit so vielen
Leuten konfrontiert zu sein. Ihr Unbehagen drohte sogar
ihre Wiedersehensfreude mit Taba zu überschatten.
Unversehens sah sie sich umringt von einem Pulk ihr völlig
unbekannter Menschen. Taba beeilte sich, ihr seine Familie
vorzustellen:
»Sieh, das ist mein ältester Bruder Zia. Und das hier seine
Frau Houri. Die Kleine ist Helis Schwester Goli, und das ist
Houris Sohn Ali... Schau mal, und hier ist Zohre!«
Endlich jemand, den sie kannte. Zohre küsste Rose auf
beide Wangen und umarmte sie.
»Siehst du«, sagte sie, »ich wusste, dass du kommst!«
Taba fuhr indessen unverdrossen fort. »Und das hier ist
Zohres Mutter, meine Schwester Forugh. Und hier ist ihr
Mann Habibollah, und das da sind Rokhi und Reza. Das
Baby ist unsere kleine Setareh, der Name bedeutet ›Stern‹.
Und hier sind noch meine Cousins ...«
Es folgten noch etliche fremde Namen und Gesichter.
Rose hatte aber längst aufgeben, sich alle zu merken, ihr
schwirrte der Kopf. Alle umarmten sie herzlich und küssten
sie auf beide Wangen. Manche wussten, dass sie dabei war,
Persisch zu lernen, und erwarteten nun eine Begrüßung.
Das Einzige, was Rose herausbrachte, war aber: »Pas kuh-e
Damavand kodscha ast? - Aber wo ist denn jetzt der Berg
Damavand?« In feinstem Schriftpersisch, versteht sich.
Das war nun eine recht ungewöhnliche Begrüßung und
wurde von der Menge nach kurzem Stutzen mit entsprechender
Heiterkeit quittiert: Ein deutsches Mädchen, mutterseelenallein
in Teheran, die als Erstes wie eine Forschungsreisende
nach dem Berg Damavand fragt und auch
noch Persisch wie aus dem Buche spricht! Das war ein Ereignis,
von dem man sich in der Familie noch zwanzig Jahre
später erzählte.
Rose wusste natürlich noch nicht, dass ihr Schriftpersisch
die Familie an Tabas damals schon verstorbenen Vater Mir
Sadreddin erinnerte. Der hatte nämlich als Einziger im Verwandten-
und Bekanntenkreis tatsächlich noch wie gedruckt
gesprochen, allen Sprachmoden zum Trotz. Dass
das deutsche Mädchen so sprach wie er, schien den anderen
ein gutes Zeichen.
Das waren sie also, Tabas Verwandte. Herzlich waren sie
und unverkrampft. Und viele - sehr viele ...
Als ich diese Zeilen zum ersten Mal las, musste ich nicht nur
schmunzeln, sondern hatte auch sofort das Bild eines verträumten
deutschen Mädchens vor Augen, das barfuß durch
die Felder der turkmenischen Steppe im Norden Irans läuft.
Ihr Blick schweift über Weizenfelder und das Grün junger
Baumwollstauden, und sie lässt sich von blaugrünen Wäldern
verzaubern, hinter denen sich schneebedeckte Berge
türmen. Vielleicht winkt sie auch einigen Turkmenen zu, jenen
stolzen Nachfahren Dschingis Khans, die vorbeireiten
und über diese Fremde, die ganz allein in der Wildnis spazierengeht,
verwundert ihre fellbemützten Köpfe schütteln.
Meine Mutter im Alter von zwanzig Jahren.
Was hat sie in diese fremde Welt im Orient verschlagen?
Das ist die Geschichte, die ich erzählen möchte.
Wo bitte ist der Damavand?
Als die Lufthansa-Maschine endlich
auf der Landebahn des Mehrabad-Flughafens im Westen
Teherans aufsetzte, war es früher Morgen. Rose streckte
sich beim Aufstehen, um den langen Flug, der ihr ganz
schön in den Knochen steckte, ein wenig abzuschütteln.
Etwas benommen blieb sie am Ausstieg oberhalb der
Treppe stehen. Ihre Augen wurden von der Sonne geblendet,
und sie versuchte, sich an das gleißende Tageslicht zu
gewöhnen. Sie wusste zwar, dass Teheran in einer Höhe
zwischen 1200 und 1700 Metern und etliche Breitengrade
südlicher als München lag, aber das viel intensivere Strahlen
des Lichts überraschte sie doch sehr.
Rose blickte nach oben. Das war er also, der tief azurblaue
persische Himmel, von dem ihr Taba in seinen Briefen
erzählt hatte.
Sie stieg die Treppe hinunter und betrat nun zum ersten
Mal iranischen Boden. Während die anderen Fluggäste geschäftig
an ihr vorbeieilten, blieb sie andächtig stehen, sog
die trockene, dünne Luft ein, die hier am Flughafen freilich
nach Kerosin roch, und versuchte, alles Fremde einzufangen.
Im Norden konnte sie die deutlichen Konturen der
schneebedeckten hohen Gipfel des Elburs-Gebirges sehen,
an dessen Fuß Teheran lag.
Vergeblich versuchte sie, unter all den Gipfeln den sagen
umwobenen Berg Damavand auszumachen. Es handelte sich
dabei, so hatte sie in einem ihrer Bücher gelesen, um einen
erloschenen Vulkan, der mit seiner Höhe von 5671 Metern
der größte Berg Irans und des gesamten Nahen Ostens war.
Zudem war er einer der höchsten frei stehenden Berge der Welt.
Während Roses Blick den Damavand suchte, hatte sie
plötzlich den Eindruck, als würde sie Stimmen hören, die
ihren Namen riefen. Damals war der Mehrabad-Flughafen
noch viel kleiner als heute, man stieg vom Flugzeug direkt
auf die Rollbahn und ging dann zu Fuß zum Flughafenterminal.
Hinter einer Absperrung entdeckte sie eine beachtliche
Menschentraube. Es sah fast so aus, als würden sie allesamt
in ihre Richtung winken.
Rose blieb stehen und blickte sich um. Sie konnte doch
unmöglich gemeint sein. Oder etwa doch? Waren all diese
Menschen ihretwegen hier?
Immer deutlicher wurden nun die Rufe. Ja, ohne Zweifel:
»Rose, Rose!«, lauteten sie. In ihr stieg eine gewisse Panik
hoch. Unter lauter Fremden hatte sie sich noch nie wohl gefühlt,
und gerade jetzt fühlte sie sich müde, wie gerädert,
und ihre Frisur saß nach dem langen Flug schon längst nicht
mehr gut. Dieser vielköpfige Empfang passte ihr gar nicht.
Rose reagierte so, wie sie meistens auf unangenehme Situationen
reagiert: mit Verdrängung. Sie drehte sich um und
schaute sich noch einmal interessiert das Elburs-Gebirge
an. Wo war denn jetzt dieser Damavand? Herrgott noch
mal, wieso konnte man den bloß nirgends sehen?
Sie ließ sich Zeit.
Mit einem Mal hörte sie eine vertraute Stimme: »Meine
Rose, da bist du ja endlich!«
Da stand er nun neben ihr: Taba. Und sie wusste überhaupt
nicht mehr, warum sie jemals an der Reise gezweifelt hatte.
Taba sah noch genauso gut aus wie vor einem halben Jahr
bei ihrem Abschied. Nur ein wenig magerer und noch braungebrannter
als in München war er. Sie fielen sich in die
Arme. Dann wandten sie sich dem Ausgang zu.
»Rose, komm! Meine Familie wartet auf dich. Sie freuen
sich schon so, dich zu sehen! Komm!«
Mein Vater hatte vierzig seiner engsten Familienmitglieder
und Freunde mitgebracht. Vierzig!
Im Iran ist es Sitte, jemanden, der zu einer weiten Reise
aufbricht oder aus dem Ausland, aus der Fremde, aus Fa-
rang, zurückkommt, von einer großen Schar Verwandter,
Freunde und Bekannter am Flughafen verabschieden oder
begrüßen zu lassen. Je größer die Zahl, desto höher der Status
des Reisenden. Da machten alle gerne mit, wenn sie es
nur irgendwie einrichten konnten. Es war jedes Mal ein
kleines Spektakel, das man sich nicht entgehen lassen wollte.
Viel geflogen wurde damals ja noch nicht. Später, als man
sich an die Weltreiserei der Leute gewöhnt hatte, wurden
die Empfangskomitees merklich kleiner.
Für Rose, die aus einem Zwei-Personen-Haushalt kam, mit
wenig Verwandtschaft und einem überschaubaren Freundeskreis,
war es eine Herausforderung, plötzlich mit so vielen
Leuten konfrontiert zu sein. Ihr Unbehagen drohte sogar
ihre Wiedersehensfreude mit Taba zu überschatten.
Unversehens sah sie sich umringt von einem Pulk ihr völlig
unbekannter Menschen. Taba beeilte sich, ihr seine Familie
vorzustellen:
»Sieh, das ist mein ältester Bruder Zia. Und das hier seine
Frau Houri. Die Kleine ist Helis Schwester Goli, und das ist
Houris Sohn Ali... Schau mal, und hier ist Zohre!«
Endlich jemand, den sie kannte. Zohre küsste Rose auf
beide Wangen und umarmte sie.
»Siehst du«, sagte sie, »ich wusste, dass du kommst!«
Taba fuhr indessen unverdrossen fort. »Und das hier ist
Zohres Mutter, meine Schwester Forugh. Und hier ist ihr
Mann Habibollah, und das da sind Rokhi und Reza. Das
Baby ist unsere kleine Setareh, der Name bedeutet ›Stern‹.
Und hier sind noch meine Cousins ...«
Es folgten noch etliche fremde Namen und Gesichter.
Rose hatte aber längst aufgeben, sich alle zu merken, ihr
schwirrte der Kopf. Alle umarmten sie herzlich und küssten
sie auf beide Wangen. Manche wussten, dass sie dabei war,
Persisch zu lernen, und erwarteten nun eine Begrüßung.
Das Einzige, was Rose herausbrachte, war aber: »Pas kuh-e
Damavand kodscha ast? - Aber wo ist denn jetzt der Berg
Damavand?« In feinstem Schriftpersisch, versteht sich.
Das war nun eine recht ungewöhnliche Begrüßung und
wurde von der Menge nach kurzem Stutzen mit entsprechender
Heiterkeit quittiert: Ein deutsches Mädchen, mutterseelenallein
in Teheran, die als Erstes wie eine Forschungsreisende
nach dem Berg Damavand fragt und auch
noch Persisch wie aus dem Buche spricht! Das war ein Ereignis,
von dem man sich in der Familie noch zwanzig Jahre
später erzählte.
Rose wusste natürlich noch nicht, dass ihr Schriftpersisch
die Familie an Tabas damals schon verstorbenen Vater Mir
Sadreddin erinnerte. Der hatte nämlich als Einziger im Verwandten-
und Bekanntenkreis tatsächlich noch wie gedruckt
gesprochen, allen Sprachmoden zum Trotz. Dass
das deutsche Mädchen so sprach wie er, schien den anderen
ein gutes Zeichen.
Das waren sie also, Tabas Verwandte. Herzlich waren sie
und unverkrampft. Und viele - sehr viele ...
... weniger
Autoren-Porträt von Jasmin Tabatabai
Tabatabai, JasminJasmin Tabatabai, geboren 1967 in Teheran, ist eine der angesehensten Film- und Theaterschauspielerinnen Deutschlands. Auch als Musikerin feiert sie große Erfolge. Sie besitzt sowohl die deutsche als auch die iranische Staatsbürgerschaft und lebt mit ihrer Familie in Berlin. www.jasmin-tabatabai.com
Bibliographische Angaben
- Autor: Jasmin Tabatabai
- 288 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Maße: 12 x 18,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: List TB.
- ISBN-10: 3548610730
- ISBN-13: 9783548610733
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