Segel aus Stein / Erik Winter Bd.6
Der Vater von Winters Jugendliebe Johanna ist verschwunden: Axel Osvald ist nach Schottland gereist, um das Verschwinden seines eigenen Vaters John aufzuklären, der während des II....
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Der Vater von Winters Jugendliebe Johanna ist verschwunden: Axel Osvald ist nach Schottland gereist, um das Verschwinden seines eigenen Vaters John aufzuklären, der während des II. Weltkrieges mit seinem Boot verschollen ist.
Doch Axel Osvald kehrt niemals zurück: Seine Leiche wird in den Bergen über Loch Ness gefunden. War es Mord?
Winter begibt sich auf eine Suche voller Überraschungen.
Segel ausStein von Åke Edwardson
LESEPROBE
Ebbe hatte die Schiffe im Hafenbecken trockengelegt. Sie lagenwie verdreht da, die Buge zeigten auf die Treppenstufen in der Kaimauer.
Zeigten auf ihn.
Er sah die Schiffsrümpfe in der Dämmerung leuchten. DieSonne duckte sich hinter die Landzunge im Westen. Möwen schrien unter einemniedrigen Himmel, das Licht verdichtete sich zu Dunkelheit. Die Vögel wurdenvom Himmel, der wie ein Segel über den Horizont gespannt war, aufs Wasserniedergedrückt.
Alles wurde aufs Meer niedergedrückt. Wurde aufs Meer gedrückt,unter die Oberfläche gedrückt, Druck ... Jesus, dachte er.
Jesus save my soul! Jesussave MY SOUL!
... So wüst und schön sah ich noch keinen Tag!
Er hörte Geräusche hinter sich, Schritte über Pflastersteineauf dem Weg zur Kirche, die auch wie aus Stein gehauen zu sein schien, miteinem Vorschlaghammer aus Stein gehauen, wie alles andere unter dem Segeldieses Himmels. Er schaute wieder auf. Der Himmel hatte die Farbe von Steinangenommen wie alles, was ihn umgab. Ein Segel aus Stein. Alles war aus Stein.Das Meer war aus Stein.
'nes Seemanns Daumen hab ich da, Schiffbruch litt er derHeimat nah!
Hinter ihm hallten Schritte von Menschen, auf dem Weg zu einemMoment des Friedens in der Methodistenkirche. Er drehte sich nicht um. Erwusste, dass sie ihn ansahen, er spürte ihre Blicke im Nacken. Sie taten nichtweh, solche Blicke waren das nicht. Er wusste, dass er sich auf die Menschenhier verlassen konnte. Sie waren nicht seine Freunde, aber sie waren auch nichtseine Feinde. Er durfte sich in ihrer Welt bewegen, und das hatte er langegetan, tatsächlich so lange, dass er MEHR geworden war als sie ... Er war einTeil der Steine, der Felsen, Mauern, Treppenstufen, Häuser, Wellenbrecher, desHimmels, des Meeres, der Wege, der Schiffe, der Trawler geworden.
Die hier lagen.
Die hier unter den Wellen begraben lagen, die sich in den rollendenSteinbrüchen zwischen den Kontinenten bewegten. Jesus, Jesus!
Er drehte sich um. Die Schritte waren verstummt, von derKirche verschluckt, deren Tür jetzt geschlossen war. Hier unten gingen die wenigenStraßenlaternen an, wodurch die Dunkelheit vor der Zeit fühlbarer wurde. Dasdachte er, während er sich in Bewegung setzte. Eine Dunkelheit vor der Zeit.Jeden späten Nachmittag. Vor der Zeit ... und nach der Zeit. Ich lebe diesesLeben nach der Zeit. Eine lange Zeit danach. Ich lebe. Ich bin ein anderer, einneuer. Das andere Leben war nur geliehen, eine Rolle, eine Maske. Manüberschreitet eine Grenze, wird ein anderer und lässt sein altes Ich zurück.
Bei den Treppen zur Straße hingen Kinderkleider zum Trocknenauf dem Hof. Die kleinen Ärmel winkten ihm zu.
Er stand auf der Straße. Über ihm türmten sich die Viaduktewie Eisenbahnschienen, die in den Himmel gebaut worden waren. Da ist die Straßenbahn,die in den Himmel fährt, Jesus lenkt und Gott ist Schaffner. Aber hier hatte esnoch nie Straßenbahnen gegeben. Er war Straßenbahn gefahren, jedoch nichthier. Das war in einem anderen Leben gewesen, das weit zurücklag. Weit zurück.Vor der Vorzeit, bevor er die Grenze überschritt.
In diesem Teil der Stadt zerschnitten die Viadukte den Himmel.Züge waren sie hinaufgedonnert, aber das war lange her. 1969 war der letzte Zuggefahren. Vielleicht hatte er ihn gesehen.
1888 wurde der steinerne Weg in den Himmel gebaut. Hatte erdas auch gesehen? Vielleicht. Vielleicht war er ein Teil des Steins vomViadukt.
Und nichts ist, als was nicht ist.
Sie haben ihn hierher geholt, und hier ist er geblieben.
Nein.
Geblieben ist er wohl, aber nicht aus diesem Grund.
Er überquerte die Straße, bog in die North Castle Street einund betrat den Pub an der Kreuzung. Drinnen war niemand. Er wartete, und eineFrau, die er vorher nur wenige Male gesehen hatte, kam aus dem Hinterzimmer andie Bar. Er nickte zu den Hähnen auf der Theke vor ihr.
»Fullers, oder? « Sie nahm ein Pintglas von dem Stapel abgewaschenerGläser neben der Kasse. Offenbar hatte sie es noch nicht geschafft, die Gläserins Regal zurückzustellen.
Er nickte wieder. Sie füllte das Glas und stellte es vor ihnhin. Er sah, wie sich der trübe Glasinhalt langsam klärte, wie der Himmel nacheinem Unwetter oder der Meeresgrund nach einem Sturm.
Er bestellte einen Whisky und zeigte auf eine der billigerenMarken hinter ihr. Sie stellte das Whiskyglas vor ihn hin. Er trank undschüttelte sich.
»Das wird bestimmt ein kalter Abend«, sagte sie.
»Mhm.«
»Da braucht man was zum Aufwärmen.«
»Hmh. «
Er trank von dem Bier, dann wieder von dem Whisky, spürtedie kalte Wärme im Magen. Die Frau nickte wie zum Abschied und verschwand indem Hinterzimmer. (...)
© der deutschen Ausgabe 2003 by Ullstein Heyne List GmbH& Co. KG, München
Übersetzung: Angelika Kutsch
Åke Edwardson, geboren 1953, lebt mit seiner Frau in Göteborg. Einige Monate im Jahr verbringt das Ehepaar im Süden Spaniens, in Marbella. Bevor Edwardson einer der weltweit erfolgreichsten Krimiautoren wurde, arbeitete er als Journalist u. a. im Auftrag der UNO im Nahen Osten.
- Autor: Åke Edwardson
- 2011, 4. Aufl., 512 Seiten, Maße: 12,5 x 18,6 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzung:Kutsch, Angelika
- Übersetzer: Angelika Kutsch
- Verlag: List TB.
- ISBN-10: 354860515X
- ISBN-13: 9783548605159
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