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Solaris von Stanislaw Lem
LESEPROBE
- Station Solaris - sagte ich. - Station Solaris, StationSolaris! Tut irgendwas. Mir scheint, ich verliere die Stabilität. StationSolaris, hier ein Anflieger. Empfang.
Und wieder verpaßte ich einen wichtigen Moment, dasAuftauchen des Planeten. Riesig, flach breitete er sich aus; den Ausmaßen derStreifen auf seiner Oberfläche konnte ich entnehmen, daß ich noch weit war.Oder eigentlich - hoch, denn ich hatte schon diese nicht festsetzbare Grenzehinter mir, wo aus dem Abstand von einem Himmelskörper Höhe wird. Ich fiel.Fortwährend fiel ich. Jetzt spürte ich das, sogar als ich die Augen schloß. Ichöffnete sie gleich wieder, denn ich wollte soviel wie möglich sehen.
Ich wartete einigemal zehn Sekunden Stille ab, dann rief ichneuerlich. Auch diesmal erhielt ich keine Antwort. in den Kopfhörernwiederholte sich salvenweise das Geknatter atmosphärischer Entladungen. SeinenHintergrund bildete ein Rauschen, so dumpf und tief, als wäre das die eigeneStimme des Planeten. Den orangefarbenen Himmel im Sichtfenster überzog eineTrübung. Sein Glas wurde dunkel; instinktiv krampfte ich mich zusammen, so gutes meine pneumatischen Bandagen zuließen, bis ich in der nächsten Sekundebegriff: das waren Wolken. Wie hochgeblasen, sauste die Wolkenbank nach obendavon. Ich sank weiter, bald in der Sonne, bald im Schatten, die Kapsel drehtesich um eine senkrechte Achse, und die riesige, wie aufgeschwollene Sonnenscheibetrieb rhythmisch vor meinem Gesicht vorbei, von links erscheinend und rechtsuntergehend. Auf einmal, durch all das Rauschen und Geknatter, begann mirdirekt ins Ohr eine ferne Stimme zu plappern:
- Station Solaris an Anflieger, Station Solaris an Anflieger.Alles in Ordnung. Anflieger unter Kontrolle der Station. Station Solaris anAnflieger, vorbereiten zur Landung zum Zeitpunkt null, ich wiederhole, vorbereitenzur Landung zum Zeitpunkt null, Achtung, Anfang.
Zweihundertfünfzig,zweihundertneunundvierzig, zweihundertachtundvierzig ...
Dieeinzelnen Wörter waren getrennt durch Bruchteile von Miau Tönen, Anzeichen, daßes kein Mensch war, der sprach. Das war zumindest seltsam. Normalerweise renntalles, was lebt, auf den Flughafen, wenn jemand Neuer ankommt, noch dazu direktvon der Erde. Ich konnte jedoch nicht länger darüber nachdenken, denn dergewaltige Kreis, den die Sonne rund um mich zog, bäumte sich hoch mitsamt derEbene, auf die ich zuflog; dieser Neigung folgte eine zweite, in dieGegenrichtung; ich schwankte wie das Gewicht eines riesigen Pendels, und gegenden Schwindel ankämpfend, erblickte ich auf dem wie eine Wand hochstehenden,von schmutziglila und schwärzlichen Streifen gebänderten Planetengefilde einwinziges Schachbrett aus weißen und grünen Pünktchen - die Markierung derStation. Zugleich riß sich etwas mit Geknatter von der Außenseite der Kapsellos: das lange Geschirr des Ringfallschirms, der heftig knisterte; in diesemGeräusch lag etwas unaussprechlich Irdisches - erstmals, nach so vielenMonaten, das Rauschen von wirklichem Wind.
Allesbegann nun sehr schnell zu gehen. Bisher hatte ich nur gewußt, daß ich fiel.Jetzt sah ich es. Das weißgrüne Schachbrett wuchs überstürzt, schon sah ich,es war aufgemalt auf einem länglichen, walfischhaften, silbrig glänzendenRumpf mit seitlich wegstehenden Nadeln von Funkmeßgeräten, mit Spalierendunklerer Fensteröffnungen, und dieser metallene Koloß ruhte nicht auf derOberfläche des Planeten, sondern hing über ihr und zog über tintig schwarzenGrund den eigenen Schatten mit, einen elliptischen Fleck noch tiefererSchwärze. Gleichzeitig gewahrte ich die violett angelaufenen Furchen desOzeans, die schwache Bewegung zeigten, zugleich stiegen die Wolken nach obenfort, am Saum von blendendem Scharlach umfaßt, der Himmel zwischenihnen wurde fern und flach, bräunlich orangefarben, und alles verwischte sich:ich geriet ins Schlingern. Bevor ich zum Rufen kam, brachte ein kurzer Schlagdie Kapsel in senkrechte Lage zurück; im Sichtfenster funkelte inquecksilbrigem Licht, gewellt bis an den rauchigen Horizont, der Ozean; dieknarrenden Leinen und Ringe des Fallschirms hakten sich plötzlich los undflogen über den Wellen dahin, vom Wind getragen, und die Kapsel schaukelteweich, mit dieser eigentümlichen verlangsamten Bewegung, wie gewöhnlich in einemkünstlichen Kraftfeld, und senkte sich hinunter. Das letzte, was ich noch sehenkonnte, waren die gegitterten Fliegerkatapulte und zwei wohl etliche Stockhoch aufragende Spiegel fein durchbrochener Radioteleskope. Etwas stoppte dieKapsel mit dem durchdringenden Laut von Stahl, der elastisch gegen Stahlschlägt, etwas öffnete sich unter mir, und mit einem gedehnten, schnaufendenSeufzer beendete die metallene Nußschale, in der ich aufrecht feststeckte,ihre hundertachtzig Kilometer lange Reise.
- Station Solaris. Null und null. Landung beendet. Ende -vernahm ich die tote Stimme der Kontrollvorrichtung. Mit beiden Händen (ichspürte einen unbestimmten Druck auf der Brust, und die Eingeweide wurden alsunangenehme Last spürbar) faßte ich den Griff hinter meinen Schultern undtrennte die Kontakte, Die grüne Aufschrift ERDE leuchtete auf, und die Wand derKapsel öffnete sich; das pneumatische Bett stieß mich leicht in den Rücken, sodaß ich, um nicht zu fallen, einen Schritt vorwärts machen mußte.
Mit leisem Zischen, fast wie mit einem resignierten Seufzer,verließ die Luft die Windungen des Raumanzugs. Ich war frei.
Ich stand unter einem silbrigen, wie ein Kirchenschiff hohenTrichter. Die Wände herab liefen Bündel farbiger Rohre und verschwanden inkleinen runden Schächten.
Ich wandte mich um. Die Ventilationskanäle röhrten und sagendie Restchen giftiger Planetenatmosphäre ein, die während der Landung hiereingedrungen waren. Leer, wie ein geplatzter Kokon, stand die zigarrenförmigeKapsel auf einem Becken, das in eine stählerne Erhöhung eingelassen war. DieAußenbleche waren schmutzigbraun verrußt. Ich ging eine kleine Rampe hinab.Danach war auf das Metall eine rauhe Plastikschicht aufgespritzt. An denStellen, wo gewöhnlich die fahrbaren Raketenheber entlangrollten, war sie bisauf den nackten Stahl abgewetzt. Auf einmal verstummten die Gasverdichter derVentilatoren, und völlige Stille trat ein. Ich schaute ein wenig hilflos umher,wartete auf das Auftauchen irgendeines Menschen, aber noch immer kam niemand.Nur ein Neonpfeil wies flammend auf ein lautlos gleitendes Fließband. Ichbetrat es. Das Gewölbe der Halle verlief in einer schönen Parabel-Linie nachunten und ging in die Röhre des Korridors über. In seinen Nischen türmten sichStöße von Flaschen für komprimierte Gase, von Tanks, Ringfallschirmen, Kisten,alles in Unordnung hingeschmissen, wie es kam. Auch das gab mir zu denken. DasFließband endete bei einer runden Erweiterung des Korridors. Hier herrschtenoch größere Unordnung. Unter einem Berg Blechkannen verströmte eine Pfützeöliger Flüssigkeit. Ein unangenehmer, starker Geruch erfüllte die Luft. Nachverschiedenen Seiten gingen Schuhspuren, deutlich abgedrückt in diesemklebrigen Saft. Zwischen den Blechbehältern kugelten Schlangen weißerFernschreiberstreifen, zerrissene Papiere und Müll, das sah aus wie aus denKabinen herausgefegt. Und wieder leuchtete ein grüner Anzeiger auf und verwiesmich zur mittleren Tür. Dahinter verlief ein so enger Korridor, daß darin kaumzwei Leute aneinander vorbei konnten. Licht gaben die oberen Fenster, gegen denHimmel gerichtet, mit linsenartigen Glasscheiben. Noch eine Tür, imSchachbrettmuster weiß und grün gestrichen. Sie stand einen Spaltweit offen.Ich trat ein. Die halbkugelförmige Kabine hatte ein großes Panoramafenster;in ihm flammte der nebelverhängte Himmel. Unten verschoben sich lautlos dieschwärzlichen Hügel der Wellen. In den Wänden waren lauter geöffneteSchränkchen. Sie waren angefüllt mit Instrumenten, Büchern, Trinkgläsern miteingetrocknetem Bodensatz, verstaubten Thermosflaschen. Auf dem schmutzigenFußboden standen fünf oder sechs mechanische >marschierende Tischlein,dazwischen einige Lehnsessel, schlaff, denn die Luft war aus ihnen ausgelassen.Nur einer war aufgeblasen, mit zurückgebogener Lehne. In ihm saß ein kleiner,schmächtiger Mensch mit sonnverbranntem Gesicht. Die Haut schälte sich ihm inganzen Fetzen von der Nase und den Jochbeinen. Ich kannte ihn. Das war Snaut,Gibarians Stellvertreter, ein Kybernetiker. Im solaristischen Almanach hatte erseinerzeit ein paar recht originelle Artikel veröffentlicht. Gesehen hatte ichihn noch nie. Er trug ein Netzhemd. bei dem die weißen Haare auf der flachenBrust einzeln durch die Maschen hervorschlüpften, und eine einstmals weißgewesene, auf den Knien fleckige und von Chemikalien verätzte Leinenhose mitzahlreichen Taschen wie bei einem Monteur. In den Händen hielt er einePlastikbirne, so eine, woraus man auf Raumschiffen ohne künstliche Gravitationtrinkt. Er schaute mich an, wie von blendendem Licht geschockt. DieBirne entfiel den gelockerten Fingern und hüpfte ein paarmal nach Art derLuftballons. Ein wenig von einer durchsichtigen Flüssigkeit rann heraus. Langsamwich ihm alles Blut aus dem Gesicht. Ich war zu verblüfft, um etwas zu äußern,und die schweigende Szene dauerte an, bis seine Angst mich irgendwie auf unfaßlicheWeise ansteckte. Ich machte einen Schritt. Und er duckte sich im Lehnsessel.
- Snaut ... - flüsterte ich. Er zuckte, wie unter einem Hieb.Schaute mich mit unbeschreiblichem Abscheu an, krächzte hervor:
- Ich kenn dich nicht, ich kenn dich nicht, was willst du...?
Die ausgeschüttete Flüssigkeit verdunstete schnell. Ichspürte den Geruch von Alkohol. Trank der? War er betrunken? Aber warumfürchtete er sich so? Ich stand immer noch in der Mitte der Kabine. Ich hatteweiche Knie, und meine Ohren waren wie mit Watte verstopft. Den Druck desFußbodens unter den Sohlen empfand ich als etwas noch nicht völlig Sicheres.Jenseits der gebogenen Fensterscheibe bewegte sich rhythmisch der Ozean. Snautwandte die blutunterlaufenen Augen nicht von mir. Die Angst schwand aus seinemGesicht, aber was nicht verschwand, war unsäglicher Ekel. (...)
© List Verlag
Übersetzung: Irmtraud Zimmermann-Göllheim
Stanislaw Lem wurde 1921 in Lwow, Polen, geboren. Neben zahlreichen belletristischen Werken verfasste er theoretische Schriften über Science Fiction und über Gebiete der angewandten Philosophie und der Kybernetik.Sein Schaffen umfasst inzwischen 28 Werke, deren Gesamtauflage fast 8 Millionen Exemplare erreichte. Übersetzungen erschienen in 27 Sprachen, unter anderem in Japan, England, Russland, Amerika, Schweden, Italien, Holland und Frankreich. Sein Hauptinteresse galt der Science Fiction als literarische Gattung. Er starb im Jahre 2006 in Krakau.
- Autor: Stanislaw Lem
- 2006, 288 Seiten, Maße: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Zimmermann-Göllheim, Irmtraud
- Verlag: List TB.
- ISBN-10: 3548606113
- ISBN-13: 9783548606118
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