Sommergeschichte
Roman
Für Christine, die Journalistin, kommt dieser Moment, in dem sie die farbige Besitzerin einer Nobelboutique in der Züricher Innenstadt zum erstenmal sieht, wie ein Blitzschlag. Dabei hatte sie sich nicht so schlecht eingerichtet in ihrem Leben, seit sie...
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Produktinformationen zu „Sommergeschichte “
Klappentext zu „Sommergeschichte “
Für Christine, die Journalistin, kommt dieser Moment, in dem sie die farbige Besitzerin einer Nobelboutique in der Züricher Innenstadt zum erstenmal sieht, wie ein Blitzschlag. Dabei hatte sie sich nicht so schlecht eingerichtet in ihrem Leben, seit sie sich von ihrem Mann getrennt hat und allein mit ihrer kleinen Tochter in der Züricher Innenstadt lebt. Christine bemüht sich um die attraktive Somalierin, und es beginnt eine Geschichte, an deren Ende nichts ist wie vorher.Denn Joan, mit ihren undurchsichtigen Beziehungen zu schwarzen Immigrantenkreisen, führt ihre neue Geliebte auch in die bessere Schweizer Gesellschaft ein. Treffen im parkumsäumten Anwesen eines Arztes am Südufer des Bodensees geben Christine Anhaltspunkte für ihre eigene Herkunft, die sie bisher nicht kannte - und die mit der Flucht jüdischer Bürger über die deutschschweizerische Grenze während der NS-Zeit zusammenhängt.
Diese Geschichte, die um ein Haar in einer Katastrophe endet, ist ein wunderbar geschriebener, spannungsgeladener Zeitroman - über folgenreiche Vergangenheiten und unseren Umgang mit dem Fremden.
Für Christine, die Journalistin, kommt dieser Moment, in dem sie die farbige Besitzerin einer Nobelboutique in der Züricher Innenstadt zum erstenmal sieht, wie ein Blitzschlag. Dabei hatte sie sich nicht so schlecht eingerichtet in ihrem Leben, seit sie sich von ihrem Mann getrennt hat und allein mit ihrer kleinen Tochter in der Züricher Innenstadt lebt. Christine bemüht sich um die attraktive Somalierin, und es beginnt eine Geschichte, an deren Ende nichts ist wie vorher.
Denn Joan, mit ihren undurchsichtigen Beziehungen zu schwarzen Immigrantenkreisen, führt ihre neue Geliebte auch in die bessere Schweizer Gesellschaft ein. Treffen im parkumsäumten Anwesen eines Arztes am Südufer des Bodensees geben Christine Anhaltspunkte für ihre eigene Herkunft, die sie bisher nicht kannte - und die mit der Flucht jüdischer Bürger über die deutschschweizerische Grenze während der NS-Zeit zusammenhängt.
Diese Geschichte, die um ein Haar in einer Katastrophe endet, ist ein wunderbar geschriebener, spannungsgeladener Zeitroman - über folgenreiche Vergangenheiten und unseren Umgang mit dem Fremden.
Denn Joan, mit ihren undurchsichtigen Beziehungen zu schwarzen Immigrantenkreisen, führt ihre neue Geliebte auch in die bessere Schweizer Gesellschaft ein. Treffen im parkumsäumten Anwesen eines Arztes am Südufer des Bodensees geben Christine Anhaltspunkte für ihre eigene Herkunft, die sie bisher nicht kannte - und die mit der Flucht jüdischer Bürger über die deutschschweizerische Grenze während der NS-Zeit zusammenhängt.
Diese Geschichte, die um ein Haar in einer Katastrophe endet, ist ein wunderbar geschriebener, spannungsgeladener Zeitroman - über folgenreiche Vergangenheiten und unseren Umgang mit dem Fremden.
Lese-Probe zu „Sommergeschichte “
Die Autorin dankt der Schweizer Kulturstiftung PRO HELVETIA und der UBS Kulturstiftung für einen Werkbeitrag.
Erstes Kapitel
Linea Donna
1
Eine Wolke verdeckte die Sonne. Kein Wölkchen, eine Wolke, groß und an den Rändern ausgefranst wie irgendein Fleck, ein Land auf der Landkarte. Und man wunderte sich, wo sie herkam, aus heiterem Himmel. Gerade hatte man noch aufgeatmet, glücklich, daß nach endlosen Regentagen, wo man schon beinah alle Hoffnung aufgegeben hatte, die Sonne wieder die Regie übernahm, dem Hoch entsprechend, das von den Azoren heranrückte und das die Wettervorhersagen schon im Titel verkündeten zur allgemeinen Ermunterung: Der Sommer kehrt zurück!
Noch eben hatte man die Wärme gefühlt, wo man ging und stand oder saß, am See, am Bellevue, am Pfauen, Paradeplatz oder Limmatquai, jetzt, um die Mittagszeit, hatte die Jacken ausgezogen und in die Sonne geblinzelt, die nun auf einmal wieder verschwunden war, so daß, wie nie sonst, alles, halb Zürich, gleichzeitig (und ein bißchen vorwurfsvoll) zum Himmel hochsah und zu der Wolke, welche die Order des Tages durchkreuzte. Wie gesagt, war es eine große Wolke, indessen, mindestens in dem Stück Himmel, das man überblickte, weit und breit die einzige. Ein Einzel- und Sonderfall, das hoffte man zumindest. Kurzes schattiges Zwischenspiel und gleich vorbei. Die Wolke aber, einmal derart ins Rampenlicht geraten, ließ sich Zeit.
In dem kleinen Café an der Wühre (ein paar Tische, dicht an die niedrige Ufermauer gerückt, so daß man ohne allen Verkehr seelenruhig auf die Limmat schauen konnte, weshalb die sonst anspruchslose Einrichtung den etwas geschraubten Namen panta rhei trug) waren die meisten Plätze besetzt. Ich hatte mich schon vor einer halben Stunde dort niedergelassen, um ungestört eine Kleinigkeit zu essen und womöglich ein wenig zu mir selber zu kommen, ehe am Nachmittag die Zeitungsarbeit begann: ein Interview heute, zu dem ich nicht die leiseste Lust hatte. Nun saß ich noch immer allein
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an meinem Tisch. Gut so, sehr gut so. Äußerstenfalls würde ich einfach behaupten, daß ich auf jemanden warte und die zwei Plätze reserviert seien. Nicht in der glücklichsten Laune, wollte ich jetzt bloß in Ruhe gelassen sein.
Ein Gedanke, der schon nichts Fruchtbares hervorgebracht hatte, als ihn noch die Sonne beschien, verkümmerte, so im Schatten, gerade ganz.
»Es ist, wie es ist«, sagte eine Stimme, vermutlich der Vernunft, in mir und: »Man muß das Beste draus machen.« Eine Weisheit meiner Mutter. Immer sagte sie diesen Satz, diesen zum Verzweifeln pragmatischen. Patentrezept in allen Lebenslagen. Und vielleicht hatte sie ja recht. Wenn man nur gewußt hätte, was dieses Beste sei. Augenblicklich wußte ich es weniger denn je. In meinem Kopf war manchmal ein solches Durcheinander. Dann wieder eine solche Leere. Glühende, gierige Leere. Vielleicht auch nur Müdigkeit. Als ob es jetzt schon, mit dreiunddreißig Jahren, nur noch ein Älterwerden sei und sonst nichts. Ja, es gab Augenblicke, wo ich nicht einmal mehr sicher war, ob ich es so eilig gehabt hätte mit der Scheidung, und ob der andere Mann, dieser Künstlertyp, der mich kurzfristig angezogen und von dem ich mich längst wieder getrennt hatte, so attraktiv gewesen wäre, hätte damals schon in Aussicht gestanden, daß Martin diesen Job kriegte: die überraschend frei gewordene Stelle des Amerikakorrespondenten, mit der er immer geliebäugelt, aber nie ernsthaft gerechnet hatte. Der reine Glücksfall! Und ich dachte, daß ich vielleicht bei ihm geblieben wäre, hätte er nur einmal wirklich darum gebeten, mich nur einmal energisch zurückzuhalten versucht, verzweifelt oder auch einfach wütend, statt mich so großzügig, so sang- und klanglos ziehen zu lassen: »Wenn du meinst, daß es besser für dich ist ...« Jetzt schrieb er manchmal, daß er uns beide vermisse dort drüben. Und er schickte öfter als am An
Ein Gedanke, der schon nichts Fruchtbares hervorgebracht hatte, als ihn noch die Sonne beschien, verkümmerte, so im Schatten, gerade ganz.
»Es ist, wie es ist«, sagte eine Stimme, vermutlich der Vernunft, in mir und: »Man muß das Beste draus machen.« Eine Weisheit meiner Mutter. Immer sagte sie diesen Satz, diesen zum Verzweifeln pragmatischen. Patentrezept in allen Lebenslagen. Und vielleicht hatte sie ja recht. Wenn man nur gewußt hätte, was dieses Beste sei. Augenblicklich wußte ich es weniger denn je. In meinem Kopf war manchmal ein solches Durcheinander. Dann wieder eine solche Leere. Glühende, gierige Leere. Vielleicht auch nur Müdigkeit. Als ob es jetzt schon, mit dreiunddreißig Jahren, nur noch ein Älterwerden sei und sonst nichts. Ja, es gab Augenblicke, wo ich nicht einmal mehr sicher war, ob ich es so eilig gehabt hätte mit der Scheidung, und ob der andere Mann, dieser Künstlertyp, der mich kurzfristig angezogen und von dem ich mich längst wieder getrennt hatte, so attraktiv gewesen wäre, hätte damals schon in Aussicht gestanden, daß Martin diesen Job kriegte: die überraschend frei gewordene Stelle des Amerikakorrespondenten, mit der er immer geliebäugelt, aber nie ernsthaft gerechnet hatte. Der reine Glücksfall! Und ich dachte, daß ich vielleicht bei ihm geblieben wäre, hätte er nur einmal wirklich darum gebeten, mich nur einmal energisch zurückzuhalten versucht, verzweifelt oder auch einfach wütend, statt mich so großzügig, so sang- und klanglos ziehen zu lassen: »Wenn du meinst, daß es besser für dich ist ...« Jetzt schrieb er manchmal, daß er uns beide vermisse dort drüben. Und er schickte öfter als am An
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Autoren-Porträt von Elisabeth Binder
Elisabeth Binder ist 1951 in Bürglen (Thurgau/Schweiz) geboren. Nach einem Studium der Germanistik und Kunstgeschichte in Zürich war sie Lehrerin, dann Literaturkritikerin beim Feuilleton der »Neuen Zürcher Zeitung«. Seit 1994 ist sie freie Schriftstellerin. 2004 erschien bei Klett-Cotta ihr Roman »Sommergeschichte«. Elisabeth Binder erhielt die Medaille der Schweizer Schiller-Stiftung sowie den Förderpreis zum Mörikepreis.
Bibliographische Angaben
- Autor: Elisabeth Binder
- 2004, 1. Auflage, 301 Seiten, Maße: 13,8 x 21,2 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Klett-Cotta
- ISBN-10: 3608935495
- ISBN-13: 9783608935493
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