Der Winterwundermann / Stephanie Plum. Holiday Novella Bd.1
Ein Stephanie-Plum-Roman
Kurz vor Weihnachten und bei Stephanie herrscht nur Chaos. Von wegen, fröhliches Fest. Und dann steht da noch dieser attraktive Typ in ihrer Küche, der nicht weiß, wie er hierher gekommen ist. Stephanie versucht, der Sache auf den Grund zu gehen.
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Produktinformationen zu „Der Winterwundermann / Stephanie Plum. Holiday Novella Bd.1 “
Kurz vor Weihnachten und bei Stephanie herrscht nur Chaos. Von wegen, fröhliches Fest. Und dann steht da noch dieser attraktive Typ in ihrer Küche, der nicht weiß, wie er hierher gekommen ist. Stephanie versucht, der Sache auf den Grund zu gehen.
Klappentext zu „Der Winterwundermann / Stephanie Plum. Holiday Novella Bd.1 “
Stephanie Plum feiert WeihnachtenEs sind nur noch vier Tage bis Weihnachten, doch Stephanie Plums Welt ist alles andere als fröhlich. Weder Baum noch Geschenke sind organisiert, und ihr ist so weihnachtlich zumute wie einem Truthahn zu Thanksgiving. Als ein paar Tage vor dem Fest dann statt des Weihnachtsmanns ein fremder Mann in ihrer Küche steht, ist Stephanie endgültig überfordert. Sie mag ja an seltsame Leute gewohnt sein - man nehme nur ihre Familie -, aber dieser Typ ist tatsächlich sehr merkwürdig. Angeblich heißt er Diesel, ist ziemlich attraktiv, und Stephanie hat keine Ahnung, wie er in ihre Wohnung gekommen ist - oder warum. Hat er womöglich etwas mit dem flüchtigen Spielzeugwarenhändler Sandy Claws zu tun, der ins Winterwunderland entschwunden zu sein scheint? Stephanie versucht, der Sache auf den Grund zu gehen und bekommt es dabei mit wütenden Elfen, explodierenden Weihnachtsbäumen und einem ganz speziellen Herrn zu tun, den ihre Großmutter von der Männerjagd mitgebracht hat ...
Lese-Probe zu „Der Winterwundermann / Stephanie Plum. Holiday Novella Bd.1 “
Der Winterwundermann von Janet Evanovich1
Ich heiße Stephanie Plum, und in meiner Küche sitzt ein Fremder. Ein wildfremder Mann. Wie aus dem Nichts ist er aufgetaucht. Ich will in Ruhe meinen morgendlichen Kaffee trinken und meine Termine für den Tag durchgehen, und auf einmal … Wusch, war er da.
Und was für ein Mann! Er war locker einsachtzig, hatte leicht gewelltes, blondes Haar, zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, tiefliegende braune Augen und einen durchtrainierten Körper. Ich schätzte ihn auf Ende zwanzig, Anfang dreißig. Er trug Jeans, Boots, ein gammeliges weißes Baumwollshirt über der Hose und eine zerknautschte schwarze Lederjacke, die von seinen breiten Schultern herabhing. Er führte einen Zweitagebart spazieren und machte keinen sonderlich zufriedenen Eindruck.
»Na toll. Perfekt!«, sagte er, eindeutig angewidert, und stemmte die Fäuste in die Seiten. Er musterte mich. Mir schlug das Herz bis zum Hals. Ich war total perplex, wusste nicht, was ich davon halten sollte, geschweige denn, was ich sagen sollte. Keine Ahnung, wer der Mann war und wie er sich Zutritt zu meiner Wohnung verschafft hatte. Er jagte mir einen Riesenschreck ein, aber mehr noch als das, er brachte mich auch völlig aus dem Konzept. So als wäre man zu einer Geburtstagsparty eingeladen und käme einen Tag zu früh. Als würde man … ja, was nur. Scheiße, was ging hier eigentlich ab?
»Wie?«, fragte ich. »Was?«
»Dürfen Sie mich nicht fragen, Lady«, sagte er. »Ich bin genauso überrascht wie Sie.«
»Wie sind Sie in meine Wohnung gekommen?«
»Das würden Sie mir sowieso nicht glauben, meine Süße.« Er ging zum Kühlschrank, machte die Tür auf und nahm sich ein Bier, einfach so. Er riss den Verschluss der Dose auf, trank einen satten
... mehr
Schluck und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. »Kennen Sie Star Trek? Da werden die Leute auf die Erde gebeamt. So ungefähr müssen Sie sich das bei mir vorstellen.«
Sitzt also dieser Riesentrottel von Kerl in meiner Küche und kippt sich ein Bier rein. Was soll man dazu sagen? Ich glaube, der Typ ist nicht ganz dicht im Kopf. Anders kann ich es mir nicht erklären, außer ich halluziniere, und der Mann ist gar nicht aus Fleisch und Blut. Vor Jahren, auf dem College, habe ich mal Gras geraucht, aber daran kann es nicht liegen. Von dem Krautzeug kriegt man keinen Flashback. Auf der Pizza gestern Abend waren Pilze. Konnte es von daher kommen?
Zum Glück arbeite ich als Kautionsdetektivin, ich kenne mich also aus mit solchen Gruselgestalten, die unerwartet in Schränken und unter Betten auftauchen. Zentimeterweise schob ich mich durch die Küche vor bis zu meiner Braunbär-Plätzchendose, steckte die Hand hinein und holte meine 38er Smith&Wesson heraus.
»Ach, Gottchen!«, sagte er. »Wollen Sie mich erschießen? Das würde auch nichts ändern.« Er sah sich die Waffe genauer an und schüttelte dann angewidert den Kopf. »Die ist ja nicht mal geladen, Schätzchen.«
»Vielleicht ja doch«, sagte ich. »Ich glaube, es ist noch eine Kugel im Magazin.«
»Das wüsste ich aber.« Er trank sein Bier aus, schlenderte ins Wohnzimmer, sah sich um und ging weiter ins Schlafzimmer.
»He!«, rief ich hinter ihm her. »Was soll das? Was haben Sie da zu suchen?«
Er ließ sich nicht beirren.
»Jetzt reicht es mir«, sagte ich. »Ich rufe die Polizei.«
»Also echt, jetzt«, sagte er. »Ein Scheißtag ist das.« Er schüttelte die Boots von den Füßen, warf sich auf mein Bett und ließ aus der bequemen Rückenlage seinen Blick durchs Zimmer schweifen. »Wo ist denn hier der Fernseher?«
»Im Wohnzimmer.«
»Mann, eye, Sie haben nicht mal einen Fernseher im Schlafzimmer? Krass.«
Vorsichtig trat ich näher ans Bett, streckte eine Hand aus und berührte den Mann.
»Ja, ja, ich bin echt«, sagte er. »Irgendwie. Ist alles dran an mir. Und funktionieren tut es auch.« Er lachte, zum ersten Mal. Ein Lachen zum Niederknien. Blendend weiße Zähne und verschmitzter Blick, Krähenfüßchen in den Augenwinkeln.
»Falls es Sie interessiert.«
Das Lachen gefiel mir gut. Was er von sich gab, weniger. Was sollte das bedeuten: »Echt. Irgendwie«? Und dass alles an ihm dran war und funktionierte – was sollte ich mit der Auskunft anfangen? Mein Herz jedenfalls schlug plötzlich noch einen Takt schneller. In Wahrheit bin ich nämlich ein ziemlicher Angsthase. Aber trotzdem, auch wenn ich nicht gerade der mutigste Mensch auf Erden bin, im Bluffen kann ich mit den Besten mithalten. Ich verdrehte die Augen zur Decke. »Reißen Sie sich am Riemen! «
»Irgendwann kriegen Sie sich schon wieder ein«, sagte er. »Tun sie alle.«
»Wer, sie?«
»Frauen. Frauen liegen mir zu Füßen«, sagte er.
Gut, dass doch keine Kugel im Magazin steckte, wie angedroht, sonst hätte ich diesen Kerl definitiv über den Haufen geschossen. »Haben Sie auch einen Namen?«
»Diesel.«
»Der steht an jeder Tankstelle.«
»Ich habe nur diesen einen. Und wer sind Sie?«
»Stephanie Plum.«
»Wohnen Sie alleine hier?«
»Nein.«
»Gelogen«, sagte er. »Das sieht man Ihnen an, dass Sie alleine wohnen.«
Ich kniff die Augen zusammen und funkelte ihn an. »Wie bitte?«
»Eine Sexbombe sind Sie auch nicht gerade«, sagte er.
»Ihre Frisur ist der reinste Horror. Ihre Jogginghose hängt wie ein Sack. Sie haben kein Make-up, und Sie haben einen miesen Charakter. Aber Sie könnten was aus sich machen, so ist es nicht. Ihre Figur ist nicht schlecht. Welche Körbchengröße haben Sie? 75B? Und Ihr Mund ist auch nicht übel. Hübsche Schmolllippen.« Er schenkte mir wieder sein Lachen. »Bei Ihnen könnte man als Mann schon auf Gedanken kommen.«
Toll. Der Irre, der sich in meine Wohnung eingeschlichen hatte, kommt beim Anblick meiner Lippen auf dumme Gedanken. Mir ist es nicht anders ergangen. Ich hatte auch gleich Bilder von Vergewaltigern und Serienmördern im Kopf. Die Ermahnungen meiner Mutter klingelten mir im Ohr. Nimm dich in Acht vor fremden Leuten. Immer schön die Haustür abschließen. Ja, aber diesmal ist es nicht meine Schuld, erklärte ich ihr. Meine Tür war abgeschlossen. Was sagst du nun dazu?!
Ich nahm seine Boots, ging damit zur Wohnungstür und schleuderte sie in den Hausflur. »Ihre Schuhe sind da draußen «, rief ich. »Wenn Sie sie nicht holen, werfe ich sie in den Müllschlucker.«
In dem Moment trat mein Nachbar Mr. Wolesky aus dem Aufzug, in der Hand eine kleine weiße Tüte vom Bäcker. »Gucken Sie mal«, sagte er. »Jetzt brauche ich schon Donuts zum Frühstück. Das habe ich dem Weihnachtsfest zu verdanken. Der ganze Trubel macht mich ganz kirre, und dann muss ich Donuts essen. Noch vier Tage bis Weihnachten, aber die Geschäfte sind praktisch jetzt schon leergekauft«, sagte er. »Angeblich sind es alles lauter tolle Schnäppchen und Supersonderangebote, dabei werden die Preise vor Weih nachten jedes Jahr raufgesetzt. So ein Beschiss müsste eigentlich verboten werden. Die Politiker könnten sich das ruhig auf die Fahnen schreiben.«
Mr. Wolesky schloss seine Tür auf, schlurfte in seine Wohnung und knallte die Tür wieder hinter sich zu. Der Riegel wurde vorgeschoben, dann hörte ich, wie Mr. Woleskys Fernseher anging.
Diesel stieß mich mit dem Ellbogen zur Seite, ging in den Flur und holte sich seine Boots wieder. »Soll ich Ihnen mal was verraten? Sie sind ziemlich mies drauf.«
»Sie gleich auch!«, erwiderte ich, machte ihm die Tür vor der Nase zu und schloss ihn aus meiner Wohnung aus. Sofort schnappte der Riegel zurück in seine Ausgangsstellung, das Schloss wackelte, und Diesel öffnete die Tür, begab sich schnurstracks zum Sofa und zog sich seine Boots an.
Schwer zu sagen, was da rein gefühlsmäßig so abging.
Zuerst mal war ich verwirrt, verblüfft, und gleich danach bekam ich Schiss. »Wie haben Sie das gemacht?«, fragte ich ihn, mit Piepsstimme und außer Atem. »Wie haben Sie meine Tür aufbekommen?«
»Ich weiß es nicht. So was können wir eben.«
Ich bekam eine Gänsehaut auf den Unterarmen. »Jetzt kriege ich aber wirklich Schiss.«
»Nicht nötig. Ich tue Ihnen schon nichts. Ich soll Ihnen doch angeblich das Leben leicht machen.« Er schnaubte verächtlich und lachte bellend. »Von wegen!«
Tief durchatmen, Stephanie. Bloß nicht hyperventilieren, das käme nicht gut an. Weiß der Himmel, was passiert, wenn ich jetzt aus Mangel an Sauerstoff ohnmächtig würde. Angenommen er wäre ein Außerirdischer und würde mir im Schlaf eine Analsonde einführen? Mir lief es eiskalt den Rücken herunter. Buah! »Was sind Sie für einer?«, fragte ich ihn. »Ein Geist? Ein Vampir? Ein Bewohner von einem anderen Stern?«
Er schlenderte zurück zum Sofa und schaltete die Glotze an. »So ungefähr.«
Ich war am Rand der Verzweiflung. Wie wird man jemanden los, der Schlösser knacken kann? Man kann ihn ja nicht mal von der Polizei verhaften lassen. Selbst wenn ich mich dazu durchringen würde, die Polizei zu rufen – was sollte ich denen sagen? Dass so ein sonderbarer Typ in meiner Wohnung wäre, der irgendwie übermenschliche Fähigkeiten hatte?
»Wenn ich Ihnen jetzt Handschellen anlegen und Sie an ein Bett fesseln würde – was dann?«
Er konzentrierte sich auf den Fernsehschirm und zappte sich durch die Sender. »Ich könnte mich wieder befreien.«
»Und wenn ich Sie erschießen würde?«
»Dann wäre ich ziemlich stinkig. Davor kann ich Sie nur warnen.«
»Könnte ich Sie überhaupt töten? Würde Ihnen das wehtun? «
»Was soll das hier werden? Heiteres Beruferaten? Ich suche gerade einen Sender, der ein Spiel überträgt. Wie spät ist es eigentlich? Wo bin ich überhaupt?«
»Sie sind in Trenton, New Jersey. Es ist acht Uhr morgens. Und Sie sind mir noch eine Antwort schuldig.«
Er schaltete den Fernseher wieder aus. »Trenton? So ein Dreck. Hätte ich mir denken können. Acht Uhr morgens. Wie schön, da habe ich ja noch den ganzen Tag vor mir. Wunderbar. Und die Antwort auf Ihre Frage ist klipp und klar Nein. Es wäre nicht so leicht, mich zu töten, aber wenn Sie Ihr Gehirn anstrengen, fällt Ihnen sicher was Geeignetes ein.«
Ich ging in die Küche und rief meine Nachbarin an, Mrs. Karwatt. »Ich wollte Sie um einen Gefallen bitten. Ob Sie mal kurz rüberkommen könnten?«, sagte ich. »Ich will Ihnen etwas zeigen.« Ein paar Minuten später führte ich Mrs. Karwatt ins Wohnzimmer. »Was sehen Sie?«, wollte ich von ihr wissen. »Sitzt da jemand auf meinem Sofa?«
»Na klar, ein Mann sitzt auf Ihrem Sofa«, sagte Mrs. Karwatt. »Er ist groß, hat blonde Haare, die zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden sind. Ist das die richtige Antwort? «
»Vielen Dank«, sagte ich zu Mrs. Karwatt. »Ich wollte nur etwas überprüfen.«
Mrs. Karwatt ging wieder, Diesel blieb da.
»Mrs. Karwatt hat Sie auch sehen können«, sagte ich zu ihm.
»Sieh einer an.«
Diesel hielt sich jetzt fast schon eine halbe Stunde in meiner Wohnung auf, und weder war sein Kopf um seinen Hals rotiert, noch hatte er versucht, mich zu bezwingen oder zu Boden zu werfen. Ein gutes Zeichen, oder? Wieder meldete sich die Stimme meiner Mutter: Das hat nichts zu bedeuten. Sei vorsichtig. Der Mann könnte ein Irrer sein.
Das Problem war nur, dass die kopfigen Überlegungen, er könnte ein Irrer sein, sich gegen das Bauchgefühl wehrten, dass der Typ eigentlich ganz in Ordnung war. Vielleicht ein bisschen aufdringlich und arrogant und allgemeingefährlich, aber kein Irrer im kriminellen Sinn. Vielleicht war aber auch mein Instinkt getrübt durch die Tatsache, dass der Kerl wahnsinnig sexy aussah, außerdem roch er so gut.
Übersetzung: Thomas Stegers
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2009
by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Sitzt also dieser Riesentrottel von Kerl in meiner Küche und kippt sich ein Bier rein. Was soll man dazu sagen? Ich glaube, der Typ ist nicht ganz dicht im Kopf. Anders kann ich es mir nicht erklären, außer ich halluziniere, und der Mann ist gar nicht aus Fleisch und Blut. Vor Jahren, auf dem College, habe ich mal Gras geraucht, aber daran kann es nicht liegen. Von dem Krautzeug kriegt man keinen Flashback. Auf der Pizza gestern Abend waren Pilze. Konnte es von daher kommen?
Zum Glück arbeite ich als Kautionsdetektivin, ich kenne mich also aus mit solchen Gruselgestalten, die unerwartet in Schränken und unter Betten auftauchen. Zentimeterweise schob ich mich durch die Küche vor bis zu meiner Braunbär-Plätzchendose, steckte die Hand hinein und holte meine 38er Smith&Wesson heraus.
»Ach, Gottchen!«, sagte er. »Wollen Sie mich erschießen? Das würde auch nichts ändern.« Er sah sich die Waffe genauer an und schüttelte dann angewidert den Kopf. »Die ist ja nicht mal geladen, Schätzchen.«
»Vielleicht ja doch«, sagte ich. »Ich glaube, es ist noch eine Kugel im Magazin.«
»Das wüsste ich aber.« Er trank sein Bier aus, schlenderte ins Wohnzimmer, sah sich um und ging weiter ins Schlafzimmer.
»He!«, rief ich hinter ihm her. »Was soll das? Was haben Sie da zu suchen?«
Er ließ sich nicht beirren.
»Jetzt reicht es mir«, sagte ich. »Ich rufe die Polizei.«
»Also echt, jetzt«, sagte er. »Ein Scheißtag ist das.« Er schüttelte die Boots von den Füßen, warf sich auf mein Bett und ließ aus der bequemen Rückenlage seinen Blick durchs Zimmer schweifen. »Wo ist denn hier der Fernseher?«
»Im Wohnzimmer.«
»Mann, eye, Sie haben nicht mal einen Fernseher im Schlafzimmer? Krass.«
Vorsichtig trat ich näher ans Bett, streckte eine Hand aus und berührte den Mann.
»Ja, ja, ich bin echt«, sagte er. »Irgendwie. Ist alles dran an mir. Und funktionieren tut es auch.« Er lachte, zum ersten Mal. Ein Lachen zum Niederknien. Blendend weiße Zähne und verschmitzter Blick, Krähenfüßchen in den Augenwinkeln.
»Falls es Sie interessiert.«
Das Lachen gefiel mir gut. Was er von sich gab, weniger. Was sollte das bedeuten: »Echt. Irgendwie«? Und dass alles an ihm dran war und funktionierte – was sollte ich mit der Auskunft anfangen? Mein Herz jedenfalls schlug plötzlich noch einen Takt schneller. In Wahrheit bin ich nämlich ein ziemlicher Angsthase. Aber trotzdem, auch wenn ich nicht gerade der mutigste Mensch auf Erden bin, im Bluffen kann ich mit den Besten mithalten. Ich verdrehte die Augen zur Decke. »Reißen Sie sich am Riemen! «
»Irgendwann kriegen Sie sich schon wieder ein«, sagte er. »Tun sie alle.«
»Wer, sie?«
»Frauen. Frauen liegen mir zu Füßen«, sagte er.
Gut, dass doch keine Kugel im Magazin steckte, wie angedroht, sonst hätte ich diesen Kerl definitiv über den Haufen geschossen. »Haben Sie auch einen Namen?«
»Diesel.«
»Der steht an jeder Tankstelle.«
»Ich habe nur diesen einen. Und wer sind Sie?«
»Stephanie Plum.«
»Wohnen Sie alleine hier?«
»Nein.«
»Gelogen«, sagte er. »Das sieht man Ihnen an, dass Sie alleine wohnen.«
Ich kniff die Augen zusammen und funkelte ihn an. »Wie bitte?«
»Eine Sexbombe sind Sie auch nicht gerade«, sagte er.
»Ihre Frisur ist der reinste Horror. Ihre Jogginghose hängt wie ein Sack. Sie haben kein Make-up, und Sie haben einen miesen Charakter. Aber Sie könnten was aus sich machen, so ist es nicht. Ihre Figur ist nicht schlecht. Welche Körbchengröße haben Sie? 75B? Und Ihr Mund ist auch nicht übel. Hübsche Schmolllippen.« Er schenkte mir wieder sein Lachen. »Bei Ihnen könnte man als Mann schon auf Gedanken kommen.«
Toll. Der Irre, der sich in meine Wohnung eingeschlichen hatte, kommt beim Anblick meiner Lippen auf dumme Gedanken. Mir ist es nicht anders ergangen. Ich hatte auch gleich Bilder von Vergewaltigern und Serienmördern im Kopf. Die Ermahnungen meiner Mutter klingelten mir im Ohr. Nimm dich in Acht vor fremden Leuten. Immer schön die Haustür abschließen. Ja, aber diesmal ist es nicht meine Schuld, erklärte ich ihr. Meine Tür war abgeschlossen. Was sagst du nun dazu?!
Ich nahm seine Boots, ging damit zur Wohnungstür und schleuderte sie in den Hausflur. »Ihre Schuhe sind da draußen «, rief ich. »Wenn Sie sie nicht holen, werfe ich sie in den Müllschlucker.«
In dem Moment trat mein Nachbar Mr. Wolesky aus dem Aufzug, in der Hand eine kleine weiße Tüte vom Bäcker. »Gucken Sie mal«, sagte er. »Jetzt brauche ich schon Donuts zum Frühstück. Das habe ich dem Weihnachtsfest zu verdanken. Der ganze Trubel macht mich ganz kirre, und dann muss ich Donuts essen. Noch vier Tage bis Weihnachten, aber die Geschäfte sind praktisch jetzt schon leergekauft«, sagte er. »Angeblich sind es alles lauter tolle Schnäppchen und Supersonderangebote, dabei werden die Preise vor Weih nachten jedes Jahr raufgesetzt. So ein Beschiss müsste eigentlich verboten werden. Die Politiker könnten sich das ruhig auf die Fahnen schreiben.«
Mr. Wolesky schloss seine Tür auf, schlurfte in seine Wohnung und knallte die Tür wieder hinter sich zu. Der Riegel wurde vorgeschoben, dann hörte ich, wie Mr. Woleskys Fernseher anging.
Diesel stieß mich mit dem Ellbogen zur Seite, ging in den Flur und holte sich seine Boots wieder. »Soll ich Ihnen mal was verraten? Sie sind ziemlich mies drauf.«
»Sie gleich auch!«, erwiderte ich, machte ihm die Tür vor der Nase zu und schloss ihn aus meiner Wohnung aus. Sofort schnappte der Riegel zurück in seine Ausgangsstellung, das Schloss wackelte, und Diesel öffnete die Tür, begab sich schnurstracks zum Sofa und zog sich seine Boots an.
Schwer zu sagen, was da rein gefühlsmäßig so abging.
Zuerst mal war ich verwirrt, verblüfft, und gleich danach bekam ich Schiss. »Wie haben Sie das gemacht?«, fragte ich ihn, mit Piepsstimme und außer Atem. »Wie haben Sie meine Tür aufbekommen?«
»Ich weiß es nicht. So was können wir eben.«
Ich bekam eine Gänsehaut auf den Unterarmen. »Jetzt kriege ich aber wirklich Schiss.«
»Nicht nötig. Ich tue Ihnen schon nichts. Ich soll Ihnen doch angeblich das Leben leicht machen.« Er schnaubte verächtlich und lachte bellend. »Von wegen!«
Tief durchatmen, Stephanie. Bloß nicht hyperventilieren, das käme nicht gut an. Weiß der Himmel, was passiert, wenn ich jetzt aus Mangel an Sauerstoff ohnmächtig würde. Angenommen er wäre ein Außerirdischer und würde mir im Schlaf eine Analsonde einführen? Mir lief es eiskalt den Rücken herunter. Buah! »Was sind Sie für einer?«, fragte ich ihn. »Ein Geist? Ein Vampir? Ein Bewohner von einem anderen Stern?«
Er schlenderte zurück zum Sofa und schaltete die Glotze an. »So ungefähr.«
Ich war am Rand der Verzweiflung. Wie wird man jemanden los, der Schlösser knacken kann? Man kann ihn ja nicht mal von der Polizei verhaften lassen. Selbst wenn ich mich dazu durchringen würde, die Polizei zu rufen – was sollte ich denen sagen? Dass so ein sonderbarer Typ in meiner Wohnung wäre, der irgendwie übermenschliche Fähigkeiten hatte?
»Wenn ich Ihnen jetzt Handschellen anlegen und Sie an ein Bett fesseln würde – was dann?«
Er konzentrierte sich auf den Fernsehschirm und zappte sich durch die Sender. »Ich könnte mich wieder befreien.«
»Und wenn ich Sie erschießen würde?«
»Dann wäre ich ziemlich stinkig. Davor kann ich Sie nur warnen.«
»Könnte ich Sie überhaupt töten? Würde Ihnen das wehtun? «
»Was soll das hier werden? Heiteres Beruferaten? Ich suche gerade einen Sender, der ein Spiel überträgt. Wie spät ist es eigentlich? Wo bin ich überhaupt?«
»Sie sind in Trenton, New Jersey. Es ist acht Uhr morgens. Und Sie sind mir noch eine Antwort schuldig.«
Er schaltete den Fernseher wieder aus. »Trenton? So ein Dreck. Hätte ich mir denken können. Acht Uhr morgens. Wie schön, da habe ich ja noch den ganzen Tag vor mir. Wunderbar. Und die Antwort auf Ihre Frage ist klipp und klar Nein. Es wäre nicht so leicht, mich zu töten, aber wenn Sie Ihr Gehirn anstrengen, fällt Ihnen sicher was Geeignetes ein.«
Ich ging in die Küche und rief meine Nachbarin an, Mrs. Karwatt. »Ich wollte Sie um einen Gefallen bitten. Ob Sie mal kurz rüberkommen könnten?«, sagte ich. »Ich will Ihnen etwas zeigen.« Ein paar Minuten später führte ich Mrs. Karwatt ins Wohnzimmer. »Was sehen Sie?«, wollte ich von ihr wissen. »Sitzt da jemand auf meinem Sofa?«
»Na klar, ein Mann sitzt auf Ihrem Sofa«, sagte Mrs. Karwatt. »Er ist groß, hat blonde Haare, die zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden sind. Ist das die richtige Antwort? «
»Vielen Dank«, sagte ich zu Mrs. Karwatt. »Ich wollte nur etwas überprüfen.«
Mrs. Karwatt ging wieder, Diesel blieb da.
»Mrs. Karwatt hat Sie auch sehen können«, sagte ich zu ihm.
»Sieh einer an.«
Diesel hielt sich jetzt fast schon eine halbe Stunde in meiner Wohnung auf, und weder war sein Kopf um seinen Hals rotiert, noch hatte er versucht, mich zu bezwingen oder zu Boden zu werfen. Ein gutes Zeichen, oder? Wieder meldete sich die Stimme meiner Mutter: Das hat nichts zu bedeuten. Sei vorsichtig. Der Mann könnte ein Irrer sein.
Das Problem war nur, dass die kopfigen Überlegungen, er könnte ein Irrer sein, sich gegen das Bauchgefühl wehrten, dass der Typ eigentlich ganz in Ordnung war. Vielleicht ein bisschen aufdringlich und arrogant und allgemeingefährlich, aber kein Irrer im kriminellen Sinn. Vielleicht war aber auch mein Instinkt getrübt durch die Tatsache, dass der Kerl wahnsinnig sexy aussah, außerdem roch er so gut.
Übersetzung: Thomas Stegers
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2009
by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Autoren-Porträt von Janet Evanovich
Janet Evanovich, die mit jedem ihrer Romane in den USA einen Nummer-1-Bestseller landet, stammt aus South River, New Jersey, und lebt heute in New Hampshire. Die Autorin wurde von der Crime Writers Association mit dem 'Last Laugh Award' und dem 'Silver Dagger' ausgezeichnet und erhielt bereits zweimal den Krimipreis des Verbands der unabhängigen Buchhändler in den USA.
Bibliographische Angaben
- Autor: Janet Evanovich
- 2009, 2. Aufl., 176 Seiten, Maße: 13,5 x 20,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzung: Stegers, Thomas
- Übersetzer: Thomas Stegers
- Verlag: MANHATTAN
- ISBN-10: 3442546702
- ISBN-13: 9783442546701
Rezension zu „Der Winterwundermann / Stephanie Plum. Holiday Novella Bd.1 “
"Wieder ein urkomisches Abenteuer mit der unbezähmbaren Kopfgeldjägerin Stephanie Plum."
Kommentar zu "Der Winterwundermann / Stephanie Plum. Holiday Novella Bd.1"
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