Sündiges Abenteuer
Roman. Deutsche Erstausgabe
Emma Chegwidden ist schön, sittsam und auf ihren guten Ruf bedacht. Bis zu jener Nacht, in der sie in die starken Arme von Michael Durant läuft. Eigentlich sollte seine düstere Ausstrahlung sie erschrecken. Doch sein Verlangen ist zu wild, um ihm zu widerstehen.
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Produktinformationen zu „Sündiges Abenteuer “
Emma Chegwidden ist schön, sittsam und auf ihren guten Ruf bedacht. Bis zu jener Nacht, in der sie in die starken Arme von Michael Durant läuft. Eigentlich sollte seine düstere Ausstrahlung sie erschrecken. Doch sein Verlangen ist zu wild, um ihm zu widerstehen.
Klappentext zu „Sündiges Abenteuer “
Emma Chegwidden ist schön, sittsam und auf ihren guten Ruf bedacht. Bis zu jener Nacht, in der sie in die starken Arme von Michael Durant läuft. Seine düstere Ausstrahlung sollte sie erschrecken, sein Wunsch nach Rache sollte sie abstoßen. Doch sein Verlangen ist zu wild, um ihm zu widerstehen. Emma erkennt rasch, das Michaels Leidenschaft aus einem tiefen Schmerz geboren ist. Sie will sein Herz berühren, um ihn von der Dunkelheit in seiner Seele zu befreien. Doch zunächst muss sie den Mut finden, ihrem eigenen Begehren nachzugeben Lese-Probe zu „Sündiges Abenteuer “
Sündiges Abenteuer von CHRISTINA DODD1
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Moricadia, 1849
Als das Streichquartett aufhörte zu spielen, erkannte Comte Cloutier, dass dieser Moment genau richtig war, um die Aufmerksamkeit aller Gäste in Hörweite auf sich zu ziehen. »Lady Lettice, habt Ihr von dem Geist gehört, der nachts hier durch die Gegend reitet?«
Auf jeden Fall zog er die Aufmerksamkeit des Engländers Michael Durant auf sich, dem Erben des Duke of Nevitt. Auf Lord und Lady Thibaults exklusivem Ball hatte bisher nur wenig seine Aufmerksamkeit zu fesseln vermocht. Diese Veranstaltung war das Ebenbild aller englischen Bälle, an denen er bisher teilgenommen hatte, und ebenso ähnelte er frappierend den preußischen Bällen, den französischen Bällen, den venezianischen Bällen ... Er war durch ganz Europa gereist und hatte unterwegs beobachtet, dass die Reichen einander so lange gegenseitig imitierten, bis einer langweiliger wirkte als der andere.
Auch an diesem Abend spielten die Musiker, die Gäste tanzten, und das Essen war vorzüglich. Das Spielzimmer war gut besucht. Fürst Sandre und seine Schergen verliehen der Veranstaltung einen fürstlichen Hauch.
Aber bisher hatte Michael nichts belauscht, das für ihn von Bedeutung war. Bis jetzt. Und er wusste, das lag daran, dass Cloutier noch nicht realisiert hatte, wie schwerwiegend sein Fehltritt tatsächlich war. Er ahnte nicht, dass er schon morgen fort wäre. Man würde ihn aus Moricadia herauswerfen und nach Frankreich zurückschicken, spätestens dann würde er seinen Hang zur Schwatzhaftigkeit verfluchen.
Sichtlich interessiert näherte Michael sich der Gruppe Verehrer, die sich um Lady Lettice Surtees drängten.
»Ein Geist?« Lady Lettice stieß einen kleinen, schrillen Schrei aus, der eher zu einem jungen Mädchen passte. »Nein! Bitte sagt mir, was es mit diesem Geist auf sich hat.« Ehe Cloutier antworten konnte, drehte sie sich zu ihrer Gesellschafterin um, einer etwa zwanzig Jahre jungen Frau. »Mach dich nützlich, Mädchen!«, schnappte sie. »Fächle mir Luft zu! Mit so vielen Bewunderern zu tanzen ist schrecklich ermüdend. «
Das Mädchen - ein armes, unterdrücktes Ding mit einer Spitzenhaube auf dem stumpfen braunen Haar - nickte stumm. Aus dem großen Retikül, das sie an der Taille trug, zog sie einen elfenbeinfarbenen Fächer mit zarter Spitze, nahm hinter Lady Lettices rechter Schulter Aufstellung und begann, ihrer plötzlich erröteten und erhitzten Herrin frische Luft zuzufächeln.
Lady Lettice beklagte sich: »Es ist hier drin einfach zu warm. Findet Ihr nicht auch, dass es zu warm ist, Lord Escobar? «
Escobar wich nicht von ihrer linken Seite. »In der Tat, Senorita, es ist ungewöhnlich warm für einen Sommerabend in diesen Breiten.«
Es war eine ziemlich plumpe Schmeichelei, Lady Lettice als »Senorita« zu bezeichnen. Sie war eine Witwe in den frühen Vierzigern, ihre Wangen wurden bereits leicht schlaff - im Alter würde das ihr größter Makel sein. Aber ihr Busen war beeindruckend und wurde durch das ungehörig tief ausgeschnittene, gerüschte Mieder des Kleids noch betont. Ihre Taille wurde vom Korsett heftig eingeschnürt, weshalb sie vermutlich nur schwer Luft bekam und es kaum verwunderte, dass das Tanzen sie ermüdete.
Keine dieser Äußerlichkeiten war besonders wichtig. Denn Lady Lettice war wohlhabend, und das halbe Dutzend Männer, das sich um sie drängte, wusste davon. Sie rangelten um den besten Platz neben ihrem vergoldeten Stuhl, boten ihr Kelche mit gekühltem Champagner an, grinsten breit und musterten hinter ihrem Rücken prüfend die hübschen Debütantinnen, die an den Wänden des Ballsaals standen. Mädchen, die allemal hübscher und viel jünger waren, die aber ohne das nötige Vermögen daherkamen, das für eine gute Partie so wichtig war.
»Nun erzählt mir von diesem Geist, Cloutier.« Lady Lettice zog ein weißes Baumwolltaschentuch zwischen ihren Brüsten hervor und betupfte ihre verschwitzte Oberlippe.
»Dieser Geist ... Sie nennen ihn den Schnitter. Er reitet in der Nacht in aller Stille. Eine riesige weiße Gestalt in zerfledderten Lumpen auf dem Rücken eines weißen Pferds. Seine Haut ist totenbleich, seine Kleider sind kaum mehr als Fetzen, und wo seine Augen sein sollten, sind nur schwarze Löcher. Eine Furcht einflößende Erscheinung, dennoch flüstern die Bauern seinen Namen voller Ehrfurcht und behaupten, er sei der Geist von Reynaldo, der seit zweihundert Jahren tot ist und der letzte König moricadischer Abstammung war.«
»Bauern«, sagte Lady Lettice abfällig. »Bauern haben doch keine Ahnung.«
»Da möchte ich Euch nicht widersprechen«, stimmte Cloutier zu. »Aber nicht nur Bauern haben dieses Gespenst gesehen. Reisende, die in diese schöne Stadt kommen, um von dem Heilwasser zu trinken und sich an den Spieltischen zu vergnügen, haben ihn auch gesehen. Es geht das Gerücht, dass man fliehen sollte, falls man kein Moricadier ist und das Pech hat, dem Schnitter zu begegnen. Denn dieses schreckliche Phantom«, Cloutier senkte seine Stimme, »ist das erste Zeichen des drohenden Untergangs.«
Michael schnaubte. Der Laut durchbrach die entsetzte Stille.
Lady Lettice blickte ihn an. »Ihr seid wahrlich impertinent! Wisst Ihr, wer dieser Mann ist?« Sie zeigte auf Cloutier.
Ihre Gesellschafterin mochte ein graues Mäuschen sein, aber sie war ein kluges, aufmerksames Mäuschen, denn sie quiekte leise, als wollte sie Lady Lettice warnen, und wedelte heftiger mit dem Fächer.
Ihre Herrin schenkte der jungen Frau keine Beachtung. »Er ist der Comte Cloutier und stammt aus einer der vornehmsten Familien Frankreichs. Man schnaubt nicht, wenn er spricht.«
»Das tut man sehr wohl, wenn man Michael Durant heißt und Erbe des Herzogtums Nevitt ist.« Cloutier verneigte sich vor Michael.
»Oh.« Lady Lettice versuchte gar nicht erst, von ihrer eigenen Unhöflichkeit peinlich berührt zu sein. Sie war dafür viel zu aufgeregt, da sich offensichtlich ein neuer, aussichtsreicher Verehrer zu ihnen gesellen wollte. »Mylord. Euer Gnaden.« Sie stotterte, weil sie nicht zu wissen schien, wie sie ihn anreden sollte.
Cloutier erwiderte Michaels Blick. Und obwohl er wusste, dass Lady Lettice mit ihrem Bemühen um Michael zu hoch griff, stellte er sie einander vor. »Lady Lettice Surtees, dies ist Lord ...«
»Bitte.« Michael hob die Hand. »In England ist mein Name altehrwürdig. In Moricadia allerdings bin ich nicht mehr als ein politischer Gefangener. Ein Niemand. Ein Mann, der aufgrund der Unterdrückung durch die Herrscherfamilie und Fürst Sandre aus dem ihm vertrauten Leben gerissen wurde. Nennt mich einfach Durant. Es ist der einzig angemessene Titel für einen Mann wie mich, der in Ungnade gefallen ist ... Ich gebe zu, ich sollte mich sogar schämen, den Namen meiner Familie so schäbig zu missbrauchen.« Seine Stimme war ein leises Krächzen.
Lady Lettice war erschüttert. »Ein politischer Gefangener? Ich bin entsetzt, Gentlemen. Entsetzt! Wie ist das möglich? «
»Das einzige Gespenst, das in Moricadia umgeht, bin ich, Mylady. Denn ehe man mir heute Abend erlaubte, mein Gefängnis zu verlassen, war meine Existenz kaum mehr als ein Gerücht.« Michael verneigte sich und schlenderte weiter. Seine Tragödie war so meisterhaft vorgebracht, dass er sich damit vermutlich die Bewunderung des Schauspielers Edmund Kean erworben hätte.
»Der arme Mann.« Lady Lettice flüsterte so laut, dass es jedem in ihrer Umgebung in den Ohren gellte. »Was hat er verbrochen?«
Michael blieb hinter einer Marmorsäule stehen und lauschte.
Zunächst antwortete niemand. Dann erklärte Escobar widerstrebend: »Durant ist mit den de Guignards aneinandergeraten. Ihnen gehört dieses Land. Sie herrschen hier. Der erste de Guignard hat einst König Reynaldo abgesetzt und ließ ihn ermorden. Jetzt unterdrücken die de Guignards die Moricadier und treten sie mit ihren juwelenbesetzten Stiefeln. « Er senkte die Stimme. »Es gibt Gerüchte über eine Rebellion und dass der wahre König zurückkehrt, um seinen Thron zu beanspruchen.«
»Wie romantisch!« Lady Lettice fasste sich ergriffen an den Busen.
»Das ist es, wenn man davon absieht, dass die de Guignards Durant beschuldigen, den Rebellen zu helfen. In den letzten zwei Jahren hat man geglaubt, er habe dafür mit dem Leben bezahlt. Erst kürzlich ist ans Licht gekommen, dass Lord und Lady Fanchere, die Vertraute und Verbündete von Fürst Sandres sind, ihn unter Hausarrest gestellt haben.« Escobars Stimme war nur noch ein Flüstern, als er ergänzte: »Es heißt, er hat die meiste Zeit dieser vergangenen zwei Jahre im mittelalterlichen Kerker unterhalb des königlichen Palasts verbracht.«
Es wurde totenstill, während die Männer zu Fürst Sandre herüberschauten. Er stand am anderen Ende des Ballsaals in der Nähe des kleinen Podiums, auf dem das Streichensemble spielte. In seiner förmlichen Uniform und mit unzähligen Orden an der Brust sah er adrett und weltmännisch aus. Speichellecker umstanden ihn, und er spielte die Rolle des edlen Fürsten ganz selbstverständlich. Er umschmeichelte die Reichen, die nach Moricadia kamen, um zu spielen, und er gestattete sogar, dass sie ihn mit den Schultern berührten. Ein zugänglicher Monarch, ein Hauch Fürstlichkeit fürs Volk.
Michael verabscheute Sandre für das, was er war. Und für das, was er vorgab zu sein.
»Aber ich verstehe nicht«, beharrte Lady Lettice. »Wie können die de Guignards es wagen, einen englischen Adeligen gegen seinen Willen festzuhalten?«
»Die de Guignards haben schon immer viel gewagt und gewonnen.« Cloutier klang verbittert; seine Familie hatte die vergangenen zweihundert Jahre nicht annähernd so heil überstanden.
»Im Falle Moricadias haben sie gewonnen und anschließend König Reynaldos Linie ausgerottet ... Zumindest behaupten sie das. Die Rebellen behaupten aber etwas anderes. Nun, es bleibt die Tatsache, dass die de Guignards sich das alles hier«, Escobar zeigte mit beiden Händen zum Fenster, wo die hell erleuchteten Villen, Spielhöllen und edlen Heilbäder sich an den Hängen der Pyrenäen erstreckten, »unter den Nagel gerissen haben. Aber wir wagen nicht, laut darüber zu zu reden.«
»Warum nicht?« Vor Aufregung wurden Lady Lettices Augen riesengroß.
»Weil Fürst Sandre seine Spione überall hat, und er toleriert keine Andersdenkenden in seinem Land.« Escobar verbeugte sich. »Wenn Ihr mich jetzt bitte entschuldigt? Ich habe da drüben einen alten Freund gesehen, den ich begrüßen muss.«
Michael trat hinter der Säule hervor und nickte dem Mann zu, als dieser an ihm vorbeieilte. Kluger Escobar. Er würde sich eine andere reiche Witwe suchen. Eine, die nicht im Zentrum eines heraufziehenden, möglichen Aufruhrs stand.
Mr Graf, ein gut gekleideter, junger Mann von 22 Jahren mit goldenen Locken, die ihm neckisch in die Stirn fielen, nahm sogleich seinen Platz ein.
Mr Graf hatte letzte Nacht im Spielzimmer eine ziemliche Pechsträhne erwischt; er brauchte eine wohlhabende Braut, und zwar möglichst schnell, bevor sein Vater in Deutschland das ganze Ausmaß des Schadens entdeckte.
Natürlich widmete er der kleinen Gesellschafterin keinen Blick, die noch immer eifrig Lady Lettices Hals Luft zufächerte. Die anderen Verehrer ignorierten sie ebenfalls.
Allesamt Narren. Das Mädchen war wie ein nervöses Kaninchen. Die triste, graue Wolle ihres schlichten Kleids schmeichelte ihrer blassen Gesichtsfarbe nicht, und der Schnitt verbarg vollständig, was durchaus eine schön geformte Figur sein mochte. Sie war dünn und wirkte beinahe zerbrechlich. Sie hatte typisch englische Gesichtszüge, und vielleicht hätte Michael sie sogar hübsch gefunden. Aber sie hielt das Kinn gesenkt, die Augen niedergeschlagen, und die Schultern waren nach vorne gekippt, als fürchtete sie, jeden Augenblick auf die Wange geschlagen zu werden.
Wenn man Michael fragte, wären die Lords und Gentlemen, die verzweifelt um Lady Lettices Aufmerksamkeit buhlten, um sie glücklich in den Hafen der Ehe zu geleiten, gut beraten, wenn sie sich stattdessen ihre geduckte Dienerin anschauten. Michael wusste nicht, ob das Mädchen immer schon so verängstigt gewesen war, aber er würde alles darauf wetten, dass erst Lady Lettice ihren Willen vollständig gebrochen hatte. Die junge Frau wirkte auf ihn, als halte Lady Lettice sie kurz und ließe sie hungern. Auf jeden Fall fürchtete sie sich zu Tode.
Gut möglich also, dass Lady Lettice ihre Verehrer über ihr wahres Wesen täuschte. Doch sobald sie verheiratet war, würde sie dem armen Tropf die Kontrolle nicht überlassen.
Der unglückliche Mr Graf drängelte sich zwischen den ehrgeizigen Count Rambaudi von Piemont und den englischen Lord Bedingfield. Das Ergebnis war desaströs - für die Gesellschafterin. Sie stießen gegen ihren Arm. Der Fächer schlug gegen den Hinterkopf von Lady Lettice und ließ die Löckchen über ihrem Ohr abstehen. Wie ein hungriger Wolf fuhr sie zu der jungen Frau herum. »Du schreckliches Mädchen! Wie kannst du es wagen, mich zu schlagen?«
»Ich wollte nicht ...« Die Stimme der jungen Frau passte zu ihrem Verhalten: leise und verängstigt. Sie zitterte.
In aller Eile richtete Lady Lettice ihre Haarnadeln wieder, doch als die junge Frau versuchte, ihr zu helfen, schlug sie nach ihren Händen. »Verschwinde schon, dummes Ding. Ich sollte dich sofort auf die Straße setzen. Das sollte ich tun.«
»Nein Ma'am, bitte nicht! Es wird kein zweites Mal vorkommen. « Die junge Frau schaute zu den Männern, die sie umstanden, und suchte vergeblich Hilfe. Keiner der verarmten Aristokraten und Gentlemen, schon gar nicht jene, die sie in diese Schwierigkeiten gebracht hatten, scherten sich auch nur im Geringsten um das Schicksal einer Dienerin. »Ich flehe Euch an. Lasst mich bei Euch bleiben.«
»Es tut ihr eigentlich nicht leid«, erklärte Lady Lettice den anderen. »Sie sagt das nur, weil sie eine Waise ohne Familie ist. Ohne meine Freundlichkeit müsste sie verhungern. Nicht wahr, Emma?«
»Ja, Ma'am.« Emma zupfte das Tuch um Lady Lettices Schultern zurecht, dann nahm sie das Taschentuch, das Lady Lettice umklammert hielt, und betupfte ihre Wange.
»Also gut, hör schon auf damit.« Lady Lettice schob sie weg. »Du machst mich rasend. Ich behalte dich, aber wenn du mich noch einmal schlägst ...«
»Das werde ich nicht! Ich danke Euch.« Emma machte einen Knicks. Und noch einen.
»Eigentlich ...« Lady Lettice nahm das Taschentuch entgegen und starrte es nachdenklich an. Michael konnte förmlich sehen, wie ihr Verstand begann zu arbeiten und etwas Bösartiges ersann. »Ich möchte das hier gerne angefeuchtet haben. Geh zu den Waschräumen und mach es nass.«
»Wie Ihr wünscht, Lady Lettice.« Emma nahm das Taschentuch und eilte davon.
»Seht genau hin, Gentlemen«, sagte Lady Lettice. »Das wird unterhaltsam. Dieses dumme Ding hat absolut keinen Orientierungssinn. Sie geht nach rechts, wenn sie nach links muss, nach Norden, wenn ihr Ziel im Süden ist. Die Waschräume befinden sich rechts, daher wird sie nach links gehen.«
Die Männer um sie herum beobachteten, wie Emma zu der Tür ging und zögerte.
Im Stillen drängte Michael sie, nach rechts zu gehen.
Aber wie versprochen wandte sie sich nach links.
Der kleine Kreis der Speichellecker brach in schallendes Gelächter aus.
Michael verzog das Gesicht.
Lady Lettice kicherte. »Möchten die Gentlemen gerne wetten, wie lange es dauert, bis meine dumme Gesellschaftsdame ihren Weg zu mir zurückfindet?«
»Weidmannsheil!«, rief Bedingfield. »Und ich wette, Euer Taschentuch wird noch immer staubtrocken sein, wenn sie zurückkommt.«
Die kleine Gruppe drängte sich um Lady Lettice, und sie machten sich einen Spaß daraus, ein Mädchen zu verhöhnen, das keinem von ihnen etwas Böses getan hatte.
Michael, der schon immer eine Schwäche für Außenseiter gehabt hatte, ging leise davon. Er wollte die bedauernswerte Gesellschaftsdame vor ihrer eigenen Dummheit bewahren.
2
Emma war verloren. Sie lief die hell erleuchteten Korridore auf und ab, stolperte in verdunkelte Zimmer, wohin Paare sich zurückgezogen hatten, um sich zu lieben. Dann stolperte sie rückwärts schnell wieder heraus, murmelte eine Entschuldigung und wünschte, sie wäre in England, wo die Paarungsrituale eher im Geheimen stattfanden und nicht so animalisch waren.
Schließlich fand sie eine Tür zum Garten und trat auf die Terrasse. Sie schaute zu dem Chateau zurück. Von hier konnte sie die Musik aus dem Ballsaal hören und sah die Lichter, die durch die hohen Fenster nach draußen fielen. Wenn sie sich genau umschaute, fand sie den Weg zurück ins Haus bestimmt und konnte dort ihre Suche erneut beginnen.
Aber wie ging es dann weiter? Sie hätte ihre Mission immer noch nicht erfolgreich erfüllt, und sie wusste, was es sie kosten würde, wenn sie Lady Lettices Befehlen nicht gehorchte.
Moricadia war ein wunderschöner kleiner Edelstein hoch oben in den Pyrenäen. Gesegnet mit spektakulären Ausblicken, ländlichen Almen und heißen Quellen, denen man nachsagte, sie könnten die Kranken heilen. Aber Emma stand hier unter dem Sternenzelt, starrte auf einen sprudelnden Springbrunnen und wünschte, sie wäre reich, adelig und schön, statt arm, gewöhnlich und gut ausgebildet zu sein. Was brachte es einer Frau, wenn sie gesunden Menschenverstand und einen scharfen Verstand hatte, wenn ihre Hauptaufgabe doch darin bestand, einem schwitzenden Biest frische Luft zuzufächeln und nachts die von Hühneraugen übersäten Füße zu massieren? Wenn Gott schon keines ihrer Gebete erhörte, hätte sie wenigstens gedacht, Er könne ihr die Fähigkeit verleihen, heil ihren Weg von Punkt A zu Punkt B zu finden, ohne unterwegs verloren zu gehen. Wenigstens dieses eine Mal, damit sie das Taschentuch von dem Biest anfeuchten konnte.
Wie ihr Vater so schön gesagt hatte, war sie immer ein schüchternes Kind gewesen. Aber sie hatte auch immer einen analytisch arbeitenden Verstand besessen, und das war eine Gabe Gottes, die sie nutzen sollte, um ihr Leben und das vieler anderer Menschen besser zu machen.
Daher trat sie an den Springbrunnen und tauchte Lady Lettices Taschentuch in das Becken, bis es ordentlich nass war. Dann holte sie es heraus und wrang es aus.
Als sie ein warmes, kratziges Lachen hinter sich hörte, machte sie einen Satz und ließ das Taschentuch fallen. Sie drehte sich um und stand dem tragischen Engländer Michael Durant gegenüber.
»Ich bin Euch gefolgt, weil ich Euch den Weg zu den Waschräumen zeigen wollte. Wie ich sehe, habt Ihr eine bessere Lösung gefunden.« Er nickte zu dem Springbrunnen.
»Es ist nicht so, wie Ihr denkt.« Das war ihr schlimmster Albtraum. Er würde sie bestimmt an das Biest verraten. Dann würde sie in einem fremden Land auf die Straße gesetzt, ohne irgendwelche Mittel und ohne eine Vorstellung, wohin sie sich wenden konnte. Sie würde bestimmt sterben - oder ein schlimmeres Schicksal als den Tod erleiden. »Ich bin nicht absichtlich hier herausgegangen ...«
Er hielt eine Hand hoch. »Bitte. Lady Lettice hat Eure Fähigkeit, verloren zu gehen, sehr deutlich gemacht. Was sie aber wohl nicht bedacht hat, ist vermutlich Euer Improvisationstalent. Miss ...?«
»Chegwidden.« Sie machte einen Knicks, wie man es ihr in Miss Smiths Schule für junge Damen beigebracht hatte. »Emma Chegwidden.«
Im Ballsaal hatte sie Michael Durant heimlich beobachtet. Dort war er ihr nicht besonders vornehm erschienen. Er war eher ein großer, grobschlächtiger Kerl mit schweren Knochen. Sein schwarzer Anzug war aus feinstem Stoff geschneidert und sprach von einem ausgezeichneten Geschmack, sie hätte drauf gewettet, dass er bei den besten Schneidern Londons ein und aus ging. Doch die Sachen passten ihm nicht gut: Die Anzugsjacke spannte über den breiten Schultern, die Hose schlackerte um die Hüften. Das Ganze ließ ihn wie ein Schlachtross wirken, das man in die Kleidung eines Edelmanns gesteckt hatte. Seine Haare waren rot, ohne einen Hauch Grau. Seine Augen leuchteten hell und strahlend grün. Die Haut war gebräunt; er schien ein Mann zu sein, der sich gern unter freiem Himmel aufhielt.
Er verneigte sich. »Es ist mir ein Vergnügen, Miss Chegwidden. Stammt Ihr etwa von den Chegwiddens in Yorkshire ab?«
»Von ebendiesen.« Wie dumm, erleichtert zu sein, nur weil Durant ihre Familie kannte, die zwar verarmt, aber durchaus respektabel war. Doch seine Worte wärmten sie. »Mein Vater war Vikar in der Kapelle zu Freyaburn nahe St. Ashley.«
»Ich kenne die Gegend gut. Sehr schön dort. Sehr ursprünglich. Vermisst Ihr Eure Heimat?«
»Oh ja. Im Frühling, wenn der Wind über das Moor pfeift und das Heidekraut niederdrückt, dann ...« Ihr Atem stockte. Es war ihr zur zweiten Natur geworden, nie an zu Hause zu denken. Törichte Tränen schossen ihr in die Augen, die sie oft genug zum Gespött der Leute machten.
Aber er sagte nur: »Ich finde, Moricadia unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von England, denkt Ihr nicht auch?«
»Sehr.« Sie schluckte hart und gewann die Fassung wieder. Dann zeigte sie nach Osten. »Die Stadt ist so weltoffen, hell und voller wohlhabender Besucher, die nach Zerstreuung suchen.«
»Eigentlich ist Tonagra«, er nahm ihren Finger und zeigte in die entgegengesetzte Richtung, »eher dort.«
»Oh.« Seine Korrektur war ihr nicht peinlich. Nein, ihr wurde vielmehr bewusst, wie lange es her war, seit sie mit einem anderen Menschen Kontakt gehabt hatte - zumindest einem Menschen, der es nicht darauf anlegte, sie zu erniedrigen. Seine Berührung war warm und drang durch ihren dünnen Baumwollhandschuh. Eine sanfte, leichte Berührung.
»Aber ich habe Euch unterbrochen.« Er ließ ihre Hand los, als sie nicht sofort weitersprach, fragte er: »Miss Chegwidden? «
Leicht verwirrt aufgrund ihrer mäandernden Gedanken sprach sie hastig weiter. »Hier in Moricadia sind die Spielsalons riesig und wunderschön ausgestattet. Und ja, ich wiederhole mich, so viele Besucher! So viel Wohlstand! Die Chateaus sitzen wie kleine Punkte auf den Berghängen, ähnlich den Sternen am Nachthimmel. Aber andererseits sind die Menschen hier so arm, und ich habe das Gefühl, als könnte keine menschliche Behausung und kein Bemühen der Zivilisation diese gewaltigen Berge oder die verwilderten Wälder an den Hängen bezähmen.« Sie erinnerte sich an die enge, gewundene Straße, auf der sie in Lady Lettices Mietkutsche hergekommen waren. Wie die Wälder scheinbar immer näher rückten, wie sie einzelne Felsen entdeckte, die aus dem Dunkel aufragten, wenn sie einen Gipfel erreichten. Emma erschauerte und zog den Schal enger um ihre Schultern.
Als ihr bewusst wurde, dass er sie beobachtete, wurde sie rot.
Im Ballsaal hatte sie ihn für einen Aufschneider gehalten. Noch ein Adeliger, der mit seiner eigenen Tragödie kokettierte, um sich so das Mitgefühl der Anwesenden zu sichern und im Gespräch zu bleiben.
Hier draußen machte er einen ganz anderen Eindruck auf sie. Er schien amüsiert zu sein und brachte mehr als nur ein bisschen Mitgefühl für ihre Misere auf. Doch er sah zu viel. Er verstand ihre Gefühle zu gut, und bei Nacht, da nur die Sterne ihnen Licht spendeten, verfügte er über eine Ruhe, die sie beunruhigte. Wie ein Tiger, der auf seine Beute lauerte. Sie sollte zusehen, dass sie nicht als wehrloses Opfer endete.
Darum musste sie behutsam vorgehen. Für den Moment wirkte Durant auf sie freundlich, doch er konnte genauso widerlich und spöttisch sein wie die anderen Gentlemen, die sich um Lady Lettice drängten. Vermutlich war er noch um einiges gefährlicher, denn er lud sie ein, sich ihm anzuvertrauen.
»Beachtet mich einfach nicht, Mylord«, erklärte sie möglichst gelassen. »Das sind nur dumme Gedanken.«
»Ganz und gar nicht. Sie zeigen großes Einfühlungsvermögen. «
»Ihr seid hier schon sehr lange, nicht wahr?«
»Das stimmt, ja.«
»Ist es Eurer Familie nicht möglich, das Lösegeld zu zahlen? «
»Welches Lösegeld?«
»Das nötig ist, um Euch freizukaufen, damit Ihr heimkehren könnt.«
»Meine Familie wäre von dieser Anfrage aufs Höchste überrascht. Sie halten mich für tot.«
»Wie schrecklich für Eure Familie! Könnt Ihr ihnen nicht heimlich eine Nachricht schicken, um ihren Kummer zu lindern? «
»Ich habe mich dagegen entschieden.«
Entsetzen und Abscheu ließen sie erstarren. »Ihr habt aber doch Familie. Eine Mutter, einen Vater ...«
»Und zwei Brüder.«
»Und Ihr habt entschieden, nicht in den Schoß der Familie zurückzukehren?«
»Ich würde sie niemals bitten, Geld zu schicken, nur damit es die Taschen der de Guignards füllt.«
Sie hätte alles gegeben, wenn sie ihren Vater zurückbekäme. Hätte jeden Betrag gezahlt, hätte gefleht und gebettelt. Und dieser Mann weigerte sich, seinen Verwandten Nachricht zu schicken, weil ... weil ... »Dann ist Stolz der Grund für Eure Zurückhaltung? Ihr wünscht nicht, Moricadia zu verlassen, und der Schmerz Eurer Lieben kümmert Euch nicht?«
Er machte einen Schritt auf sie zu.
Plötzlich erinnerte sie sich wieder, dass sie allein im Garten stand. Niemand wusste, wo sie steckte. Michael Durant war ein mächtiger Adeliger, und sie hatte ihn soeben indirekt kritisiert.
Sie machte einen Rückzieher. »Ich habe wohl meine Grenzen überschritten, verzeiht. Aber Ihr solltet Euch wegen Eures Egoismus' wirklich schämen.«
»Ihr habt in beiden Punkten recht.« Seine Stimme klang höflich und zurückhaltend. »Darf ich Euch behilflich sein, Lady Lettices Taschentuch zu retten?«
Sie schaute in den Brunnen, wo das weiße Quadrat in dem klaren Wasser schwamm. »Vielen Dank, das kann ich allein.« Ohne sich von ihm abzuwenden, beugte sie sich herunter, fasste das Taschentuch mit den Fingerspitzen und wrang es über dem Brunnen leicht aus. »Lady Lettice macht das also, um mich zu beschämen.« Das war eine bittere Pille, die sie nur schwer schlucken konnte. Alle lachten jetzt über sie, und sie konnte nichts dagegen tun.
»Sie ist keine Dame, glaube ich.«
»Nein.« Sie wrang das Taschentuch noch einmal aus und stellte sich vor, es sei Lady Lettices Hals.
»Und keine besonders angenehme Frau.« Er stieg die Treppe hinauf und schaute zu ihr hinunter. »Wollen wir wieder in den Ballsaal gehen?«
Sie dachte, er wollte sie dorthin führen, und folgte ihm misstrauisch.
Er hielt ihr die Tür auf und beobachtete sie, während sie hindurchging.
Sie straffte die Schultern.
»Hier entlang.« Er zeigte zum Ende des Korridors, und während sie gingen, fuhr er fort: »Ich erinnere mich, dass sie die einzige Tochter einer Fabrikantenfamilie war und ihres Vermögens wegen von Baron Surtees geheiratet wurde.«
»Als sie siebzehn war, soll sie eine große Schönheit gewesen sein.« Emma sagte nicht, dass Lady Lettice inzwischen ein großes Biest war. Sie vermutete, dass Durant, der sein Umfeld sehr aufmerksam beobachtete, das bereits erkannt hatte.
»Ich habe zudem gehört, dass Surtees nach gut zwanzig Jahren in dieser elenden Ehe die Flucht gelang, indem er verstarb. «
»Ihr seid wirklich lieblos, Mylord.« Sie atmete tief durch, um nicht laut aufzulachen, während sie sprach. Erst als sie sich wieder unter Kontrolle hatte, fügte sie hinzu: »Aber im Grunde habt Ihr recht. Lady Lettice tut und lässt, was sie will. Sie hat seinen Titel und ihr eigenes Vermögen, das nach der Ehe noch recht unberührt war, engagierte eine respektable Gesellschafterin, die keine eigenen Mittel hat, keine Familie und daher keine Möglichkeit, ihr zu entkommen. Das bin ich, übrigens. Und dann hat sie sich aufgemacht, eine große Europareise zu machen.«
»In der Hoffnung, ihr nächstes Opfer ... äh, ihren nächsten Ehemann kennenzulernen und zu heiraten.«
Seine Größe beunruhigte sie. Sie betrachtete verstohlen seine Hände. Große Hände. Mit dicken Knöcheln und schweren Knochen. Breiten Handtellern. Hände, die von seiner Kampferfahrung gezeichnet waren. Eine weiße Narbe führte quer über einen Knöchel seiner linken Hand. Er hatte etwas oder jemanden geschlagen, und dabei war die Haut aufgeplatzt. Und sie spazierte allein mit ihm durch die Nacht.
Resolut sprach sie weiter: »Ursprünglich hat Lady Lettice nach einem jungen Engländer gesucht, weil sie dachte, es sei eine gute Idee, einen Gentleman zu heiraten, der sie in der englischen Gesellschaft in die höchsten Kreise führt. Aber die jungen Männer waren ihr zu sprunghaft und schmeichelten ihr nicht genug.« Emma fuhr mit dem Finger über die leichte Erhebung an ihrem Kinn. »Darum hat sie sich klugerweise den Gentlemen vom Kontinent zugewandt. Sie sind so viel weltgewandter im Umgang mit Frauen ihres Alters und ihres Reichtums.«
»Das kann ich mir vorstellen. Hier entlang.« Durant wandte sich nach rechts, dann wieder nach links. Er führte sie durch Flure, die von geschlossenen Türen gesäumt wurden und von vereinzelten Kerzen nur spärlich beleuchtet wurden.
»Seid Ihr sicher?« Sie hätte schwören können, dass sie wieder Richtung Garten unterwegs waren.
»Ich verirre mich nie.« Er klang absolut selbstsicher.
Ein lästiger Mann. Er verirrte sich vielleicht nicht, aber er steckte augenscheinlich in Schwierigkeiten. Schärfer als beabsichtigt fragte sie: »Was habt Ihr angestellt, dass man Euch als politischen Gefangenen eingesperrt hat?«
Er blieb stehen.
Sie blieb ebenfalls stehen.
»In Moricadia ist es nicht besonders ratsam, seine Nase in politische Angelegenheiten zu stecken.« Er tippte mit dem Finger gegen ihre Nasenspitze. »Denkt daran.«
Seine Unterstellung erzürnte sie, und sie erwiderte: »Etwas so Dummes würde ich sicherlich nicht tun.«
Seine Augenbrauen, die weich und wohlgeformt waren, hoben sich zweifelnd. »Natürlich nicht. Ihr seid überaus sensibel. «
Erst seine Erwiderung ließ sie erkennen, dass sie ihn tatsächlich gerade als dumm bezeichnet hatte. »Mylord, ich wollte nicht ...«
»Völlig in Ordnung. Ihr habt ja irgendwie recht. Hier.« Er öffnete eine Tür zur Rechten.
Plötzlich waren Musik und Gelächter wieder zu hören, und als Emma durch die Tür spähte, sah sie den Speisesaal, in dem Lady Thibaults Diener bereits für eine mitternächtliche Mahlzeit eindeckten. Dahinter konnte sie durch offene Glastüren den Ballsaal sehen.
Sie konnte ein erleichtertes Seufzen nicht unterdrücken. Sie war rechtzeitig zurückgekehrt und hatte Lady Lettices Zorn nicht auf sich geladen. Außerdem war sie nicht mehr mit dem geheimnisvollen Michael Durant allein.
»Habt Ihr Lady Lettices Taschentuch noch?«, fragte er.
»Ich verliere nichts, Mylord.« Sie zeigte es ihm. Die ganze Zeit hatte sie es festgehalten. »Ich verliere nur mich selbst.«
»Jetzt seid Ihr in Sicherheit. Ich lasse Euch nun allein, damit Ihr in aller Ruhe zu Lady Lettice zurückkehren könnt.« Er verbeugte sich. »Es war mir ein Vergnügen, Miss Chegwidden. «
Sie machte einen Knicks. »Mylord, ich danke Euch von ganzem Herzen.« Sie sah ihm nach, als er davonging. Dieser Mann war wirklich erstaunlich. Auf der einen Seite machte er einen netten Eindruck und rettete sie aus einer Notlage. Andererseits war er so herzlos und ließ seine Familie in dem Glauben, er sei tot. Trotzdem überwog die Dankbarkeit. Denn nur seinetwegen war sie so zeitig in den Ballsaal zurückgekehrt. Das Taschentuch war feucht und Lady Lettices gemeines Spiel hatte sie für sich entscheiden konnte.
Natürlich würde Lady Lettice infolgedessen schlechte Laune bekommen, denn sie verlor nicht gerne. Die nächtliche Pflicht, diese garstige Frau aus ihrem Korsett zu schälen, würde vermutlich noch quälender. Aber manchmal war es eben doch gut zu gewinnen - egal, welche Konsequenzen ein Sieg hatte. Jetzt stand diesem Triumph dank Michael Durant nichts mehr im Wege.
Übersetzung: Juliane Korelski
© 2013 für die deutsche Ausgabe by Blanvalet Verlag, in der Verlagsgruppe Random House, München
Moricadia, 1849
Als das Streichquartett aufhörte zu spielen, erkannte Comte Cloutier, dass dieser Moment genau richtig war, um die Aufmerksamkeit aller Gäste in Hörweite auf sich zu ziehen. »Lady Lettice, habt Ihr von dem Geist gehört, der nachts hier durch die Gegend reitet?«
Auf jeden Fall zog er die Aufmerksamkeit des Engländers Michael Durant auf sich, dem Erben des Duke of Nevitt. Auf Lord und Lady Thibaults exklusivem Ball hatte bisher nur wenig seine Aufmerksamkeit zu fesseln vermocht. Diese Veranstaltung war das Ebenbild aller englischen Bälle, an denen er bisher teilgenommen hatte, und ebenso ähnelte er frappierend den preußischen Bällen, den französischen Bällen, den venezianischen Bällen ... Er war durch ganz Europa gereist und hatte unterwegs beobachtet, dass die Reichen einander so lange gegenseitig imitierten, bis einer langweiliger wirkte als der andere.
Auch an diesem Abend spielten die Musiker, die Gäste tanzten, und das Essen war vorzüglich. Das Spielzimmer war gut besucht. Fürst Sandre und seine Schergen verliehen der Veranstaltung einen fürstlichen Hauch.
Aber bisher hatte Michael nichts belauscht, das für ihn von Bedeutung war. Bis jetzt. Und er wusste, das lag daran, dass Cloutier noch nicht realisiert hatte, wie schwerwiegend sein Fehltritt tatsächlich war. Er ahnte nicht, dass er schon morgen fort wäre. Man würde ihn aus Moricadia herauswerfen und nach Frankreich zurückschicken, spätestens dann würde er seinen Hang zur Schwatzhaftigkeit verfluchen.
Sichtlich interessiert näherte Michael sich der Gruppe Verehrer, die sich um Lady Lettice Surtees drängten.
»Ein Geist?« Lady Lettice stieß einen kleinen, schrillen Schrei aus, der eher zu einem jungen Mädchen passte. »Nein! Bitte sagt mir, was es mit diesem Geist auf sich hat.« Ehe Cloutier antworten konnte, drehte sie sich zu ihrer Gesellschafterin um, einer etwa zwanzig Jahre jungen Frau. »Mach dich nützlich, Mädchen!«, schnappte sie. »Fächle mir Luft zu! Mit so vielen Bewunderern zu tanzen ist schrecklich ermüdend. «
Das Mädchen - ein armes, unterdrücktes Ding mit einer Spitzenhaube auf dem stumpfen braunen Haar - nickte stumm. Aus dem großen Retikül, das sie an der Taille trug, zog sie einen elfenbeinfarbenen Fächer mit zarter Spitze, nahm hinter Lady Lettices rechter Schulter Aufstellung und begann, ihrer plötzlich erröteten und erhitzten Herrin frische Luft zuzufächeln.
Lady Lettice beklagte sich: »Es ist hier drin einfach zu warm. Findet Ihr nicht auch, dass es zu warm ist, Lord Escobar? «
Escobar wich nicht von ihrer linken Seite. »In der Tat, Senorita, es ist ungewöhnlich warm für einen Sommerabend in diesen Breiten.«
Es war eine ziemlich plumpe Schmeichelei, Lady Lettice als »Senorita« zu bezeichnen. Sie war eine Witwe in den frühen Vierzigern, ihre Wangen wurden bereits leicht schlaff - im Alter würde das ihr größter Makel sein. Aber ihr Busen war beeindruckend und wurde durch das ungehörig tief ausgeschnittene, gerüschte Mieder des Kleids noch betont. Ihre Taille wurde vom Korsett heftig eingeschnürt, weshalb sie vermutlich nur schwer Luft bekam und es kaum verwunderte, dass das Tanzen sie ermüdete.
Keine dieser Äußerlichkeiten war besonders wichtig. Denn Lady Lettice war wohlhabend, und das halbe Dutzend Männer, das sich um sie drängte, wusste davon. Sie rangelten um den besten Platz neben ihrem vergoldeten Stuhl, boten ihr Kelche mit gekühltem Champagner an, grinsten breit und musterten hinter ihrem Rücken prüfend die hübschen Debütantinnen, die an den Wänden des Ballsaals standen. Mädchen, die allemal hübscher und viel jünger waren, die aber ohne das nötige Vermögen daherkamen, das für eine gute Partie so wichtig war.
»Nun erzählt mir von diesem Geist, Cloutier.« Lady Lettice zog ein weißes Baumwolltaschentuch zwischen ihren Brüsten hervor und betupfte ihre verschwitzte Oberlippe.
»Dieser Geist ... Sie nennen ihn den Schnitter. Er reitet in der Nacht in aller Stille. Eine riesige weiße Gestalt in zerfledderten Lumpen auf dem Rücken eines weißen Pferds. Seine Haut ist totenbleich, seine Kleider sind kaum mehr als Fetzen, und wo seine Augen sein sollten, sind nur schwarze Löcher. Eine Furcht einflößende Erscheinung, dennoch flüstern die Bauern seinen Namen voller Ehrfurcht und behaupten, er sei der Geist von Reynaldo, der seit zweihundert Jahren tot ist und der letzte König moricadischer Abstammung war.«
»Bauern«, sagte Lady Lettice abfällig. »Bauern haben doch keine Ahnung.«
»Da möchte ich Euch nicht widersprechen«, stimmte Cloutier zu. »Aber nicht nur Bauern haben dieses Gespenst gesehen. Reisende, die in diese schöne Stadt kommen, um von dem Heilwasser zu trinken und sich an den Spieltischen zu vergnügen, haben ihn auch gesehen. Es geht das Gerücht, dass man fliehen sollte, falls man kein Moricadier ist und das Pech hat, dem Schnitter zu begegnen. Denn dieses schreckliche Phantom«, Cloutier senkte seine Stimme, »ist das erste Zeichen des drohenden Untergangs.«
Michael schnaubte. Der Laut durchbrach die entsetzte Stille.
Lady Lettice blickte ihn an. »Ihr seid wahrlich impertinent! Wisst Ihr, wer dieser Mann ist?« Sie zeigte auf Cloutier.
Ihre Gesellschafterin mochte ein graues Mäuschen sein, aber sie war ein kluges, aufmerksames Mäuschen, denn sie quiekte leise, als wollte sie Lady Lettice warnen, und wedelte heftiger mit dem Fächer.
Ihre Herrin schenkte der jungen Frau keine Beachtung. »Er ist der Comte Cloutier und stammt aus einer der vornehmsten Familien Frankreichs. Man schnaubt nicht, wenn er spricht.«
»Das tut man sehr wohl, wenn man Michael Durant heißt und Erbe des Herzogtums Nevitt ist.« Cloutier verneigte sich vor Michael.
»Oh.« Lady Lettice versuchte gar nicht erst, von ihrer eigenen Unhöflichkeit peinlich berührt zu sein. Sie war dafür viel zu aufgeregt, da sich offensichtlich ein neuer, aussichtsreicher Verehrer zu ihnen gesellen wollte. »Mylord. Euer Gnaden.« Sie stotterte, weil sie nicht zu wissen schien, wie sie ihn anreden sollte.
Cloutier erwiderte Michaels Blick. Und obwohl er wusste, dass Lady Lettice mit ihrem Bemühen um Michael zu hoch griff, stellte er sie einander vor. »Lady Lettice Surtees, dies ist Lord ...«
»Bitte.« Michael hob die Hand. »In England ist mein Name altehrwürdig. In Moricadia allerdings bin ich nicht mehr als ein politischer Gefangener. Ein Niemand. Ein Mann, der aufgrund der Unterdrückung durch die Herrscherfamilie und Fürst Sandre aus dem ihm vertrauten Leben gerissen wurde. Nennt mich einfach Durant. Es ist der einzig angemessene Titel für einen Mann wie mich, der in Ungnade gefallen ist ... Ich gebe zu, ich sollte mich sogar schämen, den Namen meiner Familie so schäbig zu missbrauchen.« Seine Stimme war ein leises Krächzen.
Lady Lettice war erschüttert. »Ein politischer Gefangener? Ich bin entsetzt, Gentlemen. Entsetzt! Wie ist das möglich? «
»Das einzige Gespenst, das in Moricadia umgeht, bin ich, Mylady. Denn ehe man mir heute Abend erlaubte, mein Gefängnis zu verlassen, war meine Existenz kaum mehr als ein Gerücht.« Michael verneigte sich und schlenderte weiter. Seine Tragödie war so meisterhaft vorgebracht, dass er sich damit vermutlich die Bewunderung des Schauspielers Edmund Kean erworben hätte.
»Der arme Mann.« Lady Lettice flüsterte so laut, dass es jedem in ihrer Umgebung in den Ohren gellte. »Was hat er verbrochen?«
Michael blieb hinter einer Marmorsäule stehen und lauschte.
Zunächst antwortete niemand. Dann erklärte Escobar widerstrebend: »Durant ist mit den de Guignards aneinandergeraten. Ihnen gehört dieses Land. Sie herrschen hier. Der erste de Guignard hat einst König Reynaldo abgesetzt und ließ ihn ermorden. Jetzt unterdrücken die de Guignards die Moricadier und treten sie mit ihren juwelenbesetzten Stiefeln. « Er senkte die Stimme. »Es gibt Gerüchte über eine Rebellion und dass der wahre König zurückkehrt, um seinen Thron zu beanspruchen.«
»Wie romantisch!« Lady Lettice fasste sich ergriffen an den Busen.
»Das ist es, wenn man davon absieht, dass die de Guignards Durant beschuldigen, den Rebellen zu helfen. In den letzten zwei Jahren hat man geglaubt, er habe dafür mit dem Leben bezahlt. Erst kürzlich ist ans Licht gekommen, dass Lord und Lady Fanchere, die Vertraute und Verbündete von Fürst Sandres sind, ihn unter Hausarrest gestellt haben.« Escobars Stimme war nur noch ein Flüstern, als er ergänzte: »Es heißt, er hat die meiste Zeit dieser vergangenen zwei Jahre im mittelalterlichen Kerker unterhalb des königlichen Palasts verbracht.«
Es wurde totenstill, während die Männer zu Fürst Sandre herüberschauten. Er stand am anderen Ende des Ballsaals in der Nähe des kleinen Podiums, auf dem das Streichensemble spielte. In seiner förmlichen Uniform und mit unzähligen Orden an der Brust sah er adrett und weltmännisch aus. Speichellecker umstanden ihn, und er spielte die Rolle des edlen Fürsten ganz selbstverständlich. Er umschmeichelte die Reichen, die nach Moricadia kamen, um zu spielen, und er gestattete sogar, dass sie ihn mit den Schultern berührten. Ein zugänglicher Monarch, ein Hauch Fürstlichkeit fürs Volk.
Michael verabscheute Sandre für das, was er war. Und für das, was er vorgab zu sein.
»Aber ich verstehe nicht«, beharrte Lady Lettice. »Wie können die de Guignards es wagen, einen englischen Adeligen gegen seinen Willen festzuhalten?«
»Die de Guignards haben schon immer viel gewagt und gewonnen.« Cloutier klang verbittert; seine Familie hatte die vergangenen zweihundert Jahre nicht annähernd so heil überstanden.
»Im Falle Moricadias haben sie gewonnen und anschließend König Reynaldos Linie ausgerottet ... Zumindest behaupten sie das. Die Rebellen behaupten aber etwas anderes. Nun, es bleibt die Tatsache, dass die de Guignards sich das alles hier«, Escobar zeigte mit beiden Händen zum Fenster, wo die hell erleuchteten Villen, Spielhöllen und edlen Heilbäder sich an den Hängen der Pyrenäen erstreckten, »unter den Nagel gerissen haben. Aber wir wagen nicht, laut darüber zu zu reden.«
»Warum nicht?« Vor Aufregung wurden Lady Lettices Augen riesengroß.
»Weil Fürst Sandre seine Spione überall hat, und er toleriert keine Andersdenkenden in seinem Land.« Escobar verbeugte sich. »Wenn Ihr mich jetzt bitte entschuldigt? Ich habe da drüben einen alten Freund gesehen, den ich begrüßen muss.«
Michael trat hinter der Säule hervor und nickte dem Mann zu, als dieser an ihm vorbeieilte. Kluger Escobar. Er würde sich eine andere reiche Witwe suchen. Eine, die nicht im Zentrum eines heraufziehenden, möglichen Aufruhrs stand.
Mr Graf, ein gut gekleideter, junger Mann von 22 Jahren mit goldenen Locken, die ihm neckisch in die Stirn fielen, nahm sogleich seinen Platz ein.
Mr Graf hatte letzte Nacht im Spielzimmer eine ziemliche Pechsträhne erwischt; er brauchte eine wohlhabende Braut, und zwar möglichst schnell, bevor sein Vater in Deutschland das ganze Ausmaß des Schadens entdeckte.
Natürlich widmete er der kleinen Gesellschafterin keinen Blick, die noch immer eifrig Lady Lettices Hals Luft zufächerte. Die anderen Verehrer ignorierten sie ebenfalls.
Allesamt Narren. Das Mädchen war wie ein nervöses Kaninchen. Die triste, graue Wolle ihres schlichten Kleids schmeichelte ihrer blassen Gesichtsfarbe nicht, und der Schnitt verbarg vollständig, was durchaus eine schön geformte Figur sein mochte. Sie war dünn und wirkte beinahe zerbrechlich. Sie hatte typisch englische Gesichtszüge, und vielleicht hätte Michael sie sogar hübsch gefunden. Aber sie hielt das Kinn gesenkt, die Augen niedergeschlagen, und die Schultern waren nach vorne gekippt, als fürchtete sie, jeden Augenblick auf die Wange geschlagen zu werden.
Wenn man Michael fragte, wären die Lords und Gentlemen, die verzweifelt um Lady Lettices Aufmerksamkeit buhlten, um sie glücklich in den Hafen der Ehe zu geleiten, gut beraten, wenn sie sich stattdessen ihre geduckte Dienerin anschauten. Michael wusste nicht, ob das Mädchen immer schon so verängstigt gewesen war, aber er würde alles darauf wetten, dass erst Lady Lettice ihren Willen vollständig gebrochen hatte. Die junge Frau wirkte auf ihn, als halte Lady Lettice sie kurz und ließe sie hungern. Auf jeden Fall fürchtete sie sich zu Tode.
Gut möglich also, dass Lady Lettice ihre Verehrer über ihr wahres Wesen täuschte. Doch sobald sie verheiratet war, würde sie dem armen Tropf die Kontrolle nicht überlassen.
Der unglückliche Mr Graf drängelte sich zwischen den ehrgeizigen Count Rambaudi von Piemont und den englischen Lord Bedingfield. Das Ergebnis war desaströs - für die Gesellschafterin. Sie stießen gegen ihren Arm. Der Fächer schlug gegen den Hinterkopf von Lady Lettice und ließ die Löckchen über ihrem Ohr abstehen. Wie ein hungriger Wolf fuhr sie zu der jungen Frau herum. »Du schreckliches Mädchen! Wie kannst du es wagen, mich zu schlagen?«
»Ich wollte nicht ...« Die Stimme der jungen Frau passte zu ihrem Verhalten: leise und verängstigt. Sie zitterte.
In aller Eile richtete Lady Lettice ihre Haarnadeln wieder, doch als die junge Frau versuchte, ihr zu helfen, schlug sie nach ihren Händen. »Verschwinde schon, dummes Ding. Ich sollte dich sofort auf die Straße setzen. Das sollte ich tun.«
»Nein Ma'am, bitte nicht! Es wird kein zweites Mal vorkommen. « Die junge Frau schaute zu den Männern, die sie umstanden, und suchte vergeblich Hilfe. Keiner der verarmten Aristokraten und Gentlemen, schon gar nicht jene, die sie in diese Schwierigkeiten gebracht hatten, scherten sich auch nur im Geringsten um das Schicksal einer Dienerin. »Ich flehe Euch an. Lasst mich bei Euch bleiben.«
»Es tut ihr eigentlich nicht leid«, erklärte Lady Lettice den anderen. »Sie sagt das nur, weil sie eine Waise ohne Familie ist. Ohne meine Freundlichkeit müsste sie verhungern. Nicht wahr, Emma?«
»Ja, Ma'am.« Emma zupfte das Tuch um Lady Lettices Schultern zurecht, dann nahm sie das Taschentuch, das Lady Lettice umklammert hielt, und betupfte ihre Wange.
»Also gut, hör schon auf damit.« Lady Lettice schob sie weg. »Du machst mich rasend. Ich behalte dich, aber wenn du mich noch einmal schlägst ...«
»Das werde ich nicht! Ich danke Euch.« Emma machte einen Knicks. Und noch einen.
»Eigentlich ...« Lady Lettice nahm das Taschentuch entgegen und starrte es nachdenklich an. Michael konnte förmlich sehen, wie ihr Verstand begann zu arbeiten und etwas Bösartiges ersann. »Ich möchte das hier gerne angefeuchtet haben. Geh zu den Waschräumen und mach es nass.«
»Wie Ihr wünscht, Lady Lettice.« Emma nahm das Taschentuch und eilte davon.
»Seht genau hin, Gentlemen«, sagte Lady Lettice. »Das wird unterhaltsam. Dieses dumme Ding hat absolut keinen Orientierungssinn. Sie geht nach rechts, wenn sie nach links muss, nach Norden, wenn ihr Ziel im Süden ist. Die Waschräume befinden sich rechts, daher wird sie nach links gehen.«
Die Männer um sie herum beobachteten, wie Emma zu der Tür ging und zögerte.
Im Stillen drängte Michael sie, nach rechts zu gehen.
Aber wie versprochen wandte sie sich nach links.
Der kleine Kreis der Speichellecker brach in schallendes Gelächter aus.
Michael verzog das Gesicht.
Lady Lettice kicherte. »Möchten die Gentlemen gerne wetten, wie lange es dauert, bis meine dumme Gesellschaftsdame ihren Weg zu mir zurückfindet?«
»Weidmannsheil!«, rief Bedingfield. »Und ich wette, Euer Taschentuch wird noch immer staubtrocken sein, wenn sie zurückkommt.«
Die kleine Gruppe drängte sich um Lady Lettice, und sie machten sich einen Spaß daraus, ein Mädchen zu verhöhnen, das keinem von ihnen etwas Böses getan hatte.
Michael, der schon immer eine Schwäche für Außenseiter gehabt hatte, ging leise davon. Er wollte die bedauernswerte Gesellschaftsdame vor ihrer eigenen Dummheit bewahren.
2
Emma war verloren. Sie lief die hell erleuchteten Korridore auf und ab, stolperte in verdunkelte Zimmer, wohin Paare sich zurückgezogen hatten, um sich zu lieben. Dann stolperte sie rückwärts schnell wieder heraus, murmelte eine Entschuldigung und wünschte, sie wäre in England, wo die Paarungsrituale eher im Geheimen stattfanden und nicht so animalisch waren.
Schließlich fand sie eine Tür zum Garten und trat auf die Terrasse. Sie schaute zu dem Chateau zurück. Von hier konnte sie die Musik aus dem Ballsaal hören und sah die Lichter, die durch die hohen Fenster nach draußen fielen. Wenn sie sich genau umschaute, fand sie den Weg zurück ins Haus bestimmt und konnte dort ihre Suche erneut beginnen.
Aber wie ging es dann weiter? Sie hätte ihre Mission immer noch nicht erfolgreich erfüllt, und sie wusste, was es sie kosten würde, wenn sie Lady Lettices Befehlen nicht gehorchte.
Moricadia war ein wunderschöner kleiner Edelstein hoch oben in den Pyrenäen. Gesegnet mit spektakulären Ausblicken, ländlichen Almen und heißen Quellen, denen man nachsagte, sie könnten die Kranken heilen. Aber Emma stand hier unter dem Sternenzelt, starrte auf einen sprudelnden Springbrunnen und wünschte, sie wäre reich, adelig und schön, statt arm, gewöhnlich und gut ausgebildet zu sein. Was brachte es einer Frau, wenn sie gesunden Menschenverstand und einen scharfen Verstand hatte, wenn ihre Hauptaufgabe doch darin bestand, einem schwitzenden Biest frische Luft zuzufächeln und nachts die von Hühneraugen übersäten Füße zu massieren? Wenn Gott schon keines ihrer Gebete erhörte, hätte sie wenigstens gedacht, Er könne ihr die Fähigkeit verleihen, heil ihren Weg von Punkt A zu Punkt B zu finden, ohne unterwegs verloren zu gehen. Wenigstens dieses eine Mal, damit sie das Taschentuch von dem Biest anfeuchten konnte.
Wie ihr Vater so schön gesagt hatte, war sie immer ein schüchternes Kind gewesen. Aber sie hatte auch immer einen analytisch arbeitenden Verstand besessen, und das war eine Gabe Gottes, die sie nutzen sollte, um ihr Leben und das vieler anderer Menschen besser zu machen.
Daher trat sie an den Springbrunnen und tauchte Lady Lettices Taschentuch in das Becken, bis es ordentlich nass war. Dann holte sie es heraus und wrang es aus.
Als sie ein warmes, kratziges Lachen hinter sich hörte, machte sie einen Satz und ließ das Taschentuch fallen. Sie drehte sich um und stand dem tragischen Engländer Michael Durant gegenüber.
»Ich bin Euch gefolgt, weil ich Euch den Weg zu den Waschräumen zeigen wollte. Wie ich sehe, habt Ihr eine bessere Lösung gefunden.« Er nickte zu dem Springbrunnen.
»Es ist nicht so, wie Ihr denkt.« Das war ihr schlimmster Albtraum. Er würde sie bestimmt an das Biest verraten. Dann würde sie in einem fremden Land auf die Straße gesetzt, ohne irgendwelche Mittel und ohne eine Vorstellung, wohin sie sich wenden konnte. Sie würde bestimmt sterben - oder ein schlimmeres Schicksal als den Tod erleiden. »Ich bin nicht absichtlich hier herausgegangen ...«
Er hielt eine Hand hoch. »Bitte. Lady Lettice hat Eure Fähigkeit, verloren zu gehen, sehr deutlich gemacht. Was sie aber wohl nicht bedacht hat, ist vermutlich Euer Improvisationstalent. Miss ...?«
»Chegwidden.« Sie machte einen Knicks, wie man es ihr in Miss Smiths Schule für junge Damen beigebracht hatte. »Emma Chegwidden.«
Im Ballsaal hatte sie Michael Durant heimlich beobachtet. Dort war er ihr nicht besonders vornehm erschienen. Er war eher ein großer, grobschlächtiger Kerl mit schweren Knochen. Sein schwarzer Anzug war aus feinstem Stoff geschneidert und sprach von einem ausgezeichneten Geschmack, sie hätte drauf gewettet, dass er bei den besten Schneidern Londons ein und aus ging. Doch die Sachen passten ihm nicht gut: Die Anzugsjacke spannte über den breiten Schultern, die Hose schlackerte um die Hüften. Das Ganze ließ ihn wie ein Schlachtross wirken, das man in die Kleidung eines Edelmanns gesteckt hatte. Seine Haare waren rot, ohne einen Hauch Grau. Seine Augen leuchteten hell und strahlend grün. Die Haut war gebräunt; er schien ein Mann zu sein, der sich gern unter freiem Himmel aufhielt.
Er verneigte sich. »Es ist mir ein Vergnügen, Miss Chegwidden. Stammt Ihr etwa von den Chegwiddens in Yorkshire ab?«
»Von ebendiesen.« Wie dumm, erleichtert zu sein, nur weil Durant ihre Familie kannte, die zwar verarmt, aber durchaus respektabel war. Doch seine Worte wärmten sie. »Mein Vater war Vikar in der Kapelle zu Freyaburn nahe St. Ashley.«
»Ich kenne die Gegend gut. Sehr schön dort. Sehr ursprünglich. Vermisst Ihr Eure Heimat?«
»Oh ja. Im Frühling, wenn der Wind über das Moor pfeift und das Heidekraut niederdrückt, dann ...« Ihr Atem stockte. Es war ihr zur zweiten Natur geworden, nie an zu Hause zu denken. Törichte Tränen schossen ihr in die Augen, die sie oft genug zum Gespött der Leute machten.
Aber er sagte nur: »Ich finde, Moricadia unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von England, denkt Ihr nicht auch?«
»Sehr.« Sie schluckte hart und gewann die Fassung wieder. Dann zeigte sie nach Osten. »Die Stadt ist so weltoffen, hell und voller wohlhabender Besucher, die nach Zerstreuung suchen.«
»Eigentlich ist Tonagra«, er nahm ihren Finger und zeigte in die entgegengesetzte Richtung, »eher dort.«
»Oh.« Seine Korrektur war ihr nicht peinlich. Nein, ihr wurde vielmehr bewusst, wie lange es her war, seit sie mit einem anderen Menschen Kontakt gehabt hatte - zumindest einem Menschen, der es nicht darauf anlegte, sie zu erniedrigen. Seine Berührung war warm und drang durch ihren dünnen Baumwollhandschuh. Eine sanfte, leichte Berührung.
»Aber ich habe Euch unterbrochen.« Er ließ ihre Hand los, als sie nicht sofort weitersprach, fragte er: »Miss Chegwidden? «
Leicht verwirrt aufgrund ihrer mäandernden Gedanken sprach sie hastig weiter. »Hier in Moricadia sind die Spielsalons riesig und wunderschön ausgestattet. Und ja, ich wiederhole mich, so viele Besucher! So viel Wohlstand! Die Chateaus sitzen wie kleine Punkte auf den Berghängen, ähnlich den Sternen am Nachthimmel. Aber andererseits sind die Menschen hier so arm, und ich habe das Gefühl, als könnte keine menschliche Behausung und kein Bemühen der Zivilisation diese gewaltigen Berge oder die verwilderten Wälder an den Hängen bezähmen.« Sie erinnerte sich an die enge, gewundene Straße, auf der sie in Lady Lettices Mietkutsche hergekommen waren. Wie die Wälder scheinbar immer näher rückten, wie sie einzelne Felsen entdeckte, die aus dem Dunkel aufragten, wenn sie einen Gipfel erreichten. Emma erschauerte und zog den Schal enger um ihre Schultern.
Als ihr bewusst wurde, dass er sie beobachtete, wurde sie rot.
Im Ballsaal hatte sie ihn für einen Aufschneider gehalten. Noch ein Adeliger, der mit seiner eigenen Tragödie kokettierte, um sich so das Mitgefühl der Anwesenden zu sichern und im Gespräch zu bleiben.
Hier draußen machte er einen ganz anderen Eindruck auf sie. Er schien amüsiert zu sein und brachte mehr als nur ein bisschen Mitgefühl für ihre Misere auf. Doch er sah zu viel. Er verstand ihre Gefühle zu gut, und bei Nacht, da nur die Sterne ihnen Licht spendeten, verfügte er über eine Ruhe, die sie beunruhigte. Wie ein Tiger, der auf seine Beute lauerte. Sie sollte zusehen, dass sie nicht als wehrloses Opfer endete.
Darum musste sie behutsam vorgehen. Für den Moment wirkte Durant auf sie freundlich, doch er konnte genauso widerlich und spöttisch sein wie die anderen Gentlemen, die sich um Lady Lettice drängten. Vermutlich war er noch um einiges gefährlicher, denn er lud sie ein, sich ihm anzuvertrauen.
»Beachtet mich einfach nicht, Mylord«, erklärte sie möglichst gelassen. »Das sind nur dumme Gedanken.«
»Ganz und gar nicht. Sie zeigen großes Einfühlungsvermögen. «
»Ihr seid hier schon sehr lange, nicht wahr?«
»Das stimmt, ja.«
»Ist es Eurer Familie nicht möglich, das Lösegeld zu zahlen? «
»Welches Lösegeld?«
»Das nötig ist, um Euch freizukaufen, damit Ihr heimkehren könnt.«
»Meine Familie wäre von dieser Anfrage aufs Höchste überrascht. Sie halten mich für tot.«
»Wie schrecklich für Eure Familie! Könnt Ihr ihnen nicht heimlich eine Nachricht schicken, um ihren Kummer zu lindern? «
»Ich habe mich dagegen entschieden.«
Entsetzen und Abscheu ließen sie erstarren. »Ihr habt aber doch Familie. Eine Mutter, einen Vater ...«
»Und zwei Brüder.«
»Und Ihr habt entschieden, nicht in den Schoß der Familie zurückzukehren?«
»Ich würde sie niemals bitten, Geld zu schicken, nur damit es die Taschen der de Guignards füllt.«
Sie hätte alles gegeben, wenn sie ihren Vater zurückbekäme. Hätte jeden Betrag gezahlt, hätte gefleht und gebettelt. Und dieser Mann weigerte sich, seinen Verwandten Nachricht zu schicken, weil ... weil ... »Dann ist Stolz der Grund für Eure Zurückhaltung? Ihr wünscht nicht, Moricadia zu verlassen, und der Schmerz Eurer Lieben kümmert Euch nicht?«
Er machte einen Schritt auf sie zu.
Plötzlich erinnerte sie sich wieder, dass sie allein im Garten stand. Niemand wusste, wo sie steckte. Michael Durant war ein mächtiger Adeliger, und sie hatte ihn soeben indirekt kritisiert.
Sie machte einen Rückzieher. »Ich habe wohl meine Grenzen überschritten, verzeiht. Aber Ihr solltet Euch wegen Eures Egoismus' wirklich schämen.«
»Ihr habt in beiden Punkten recht.« Seine Stimme klang höflich und zurückhaltend. »Darf ich Euch behilflich sein, Lady Lettices Taschentuch zu retten?«
Sie schaute in den Brunnen, wo das weiße Quadrat in dem klaren Wasser schwamm. »Vielen Dank, das kann ich allein.« Ohne sich von ihm abzuwenden, beugte sie sich herunter, fasste das Taschentuch mit den Fingerspitzen und wrang es über dem Brunnen leicht aus. »Lady Lettice macht das also, um mich zu beschämen.« Das war eine bittere Pille, die sie nur schwer schlucken konnte. Alle lachten jetzt über sie, und sie konnte nichts dagegen tun.
»Sie ist keine Dame, glaube ich.«
»Nein.« Sie wrang das Taschentuch noch einmal aus und stellte sich vor, es sei Lady Lettices Hals.
»Und keine besonders angenehme Frau.« Er stieg die Treppe hinauf und schaute zu ihr hinunter. »Wollen wir wieder in den Ballsaal gehen?«
Sie dachte, er wollte sie dorthin führen, und folgte ihm misstrauisch.
Er hielt ihr die Tür auf und beobachtete sie, während sie hindurchging.
Sie straffte die Schultern.
»Hier entlang.« Er zeigte zum Ende des Korridors, und während sie gingen, fuhr er fort: »Ich erinnere mich, dass sie die einzige Tochter einer Fabrikantenfamilie war und ihres Vermögens wegen von Baron Surtees geheiratet wurde.«
»Als sie siebzehn war, soll sie eine große Schönheit gewesen sein.« Emma sagte nicht, dass Lady Lettice inzwischen ein großes Biest war. Sie vermutete, dass Durant, der sein Umfeld sehr aufmerksam beobachtete, das bereits erkannt hatte.
»Ich habe zudem gehört, dass Surtees nach gut zwanzig Jahren in dieser elenden Ehe die Flucht gelang, indem er verstarb. «
»Ihr seid wirklich lieblos, Mylord.« Sie atmete tief durch, um nicht laut aufzulachen, während sie sprach. Erst als sie sich wieder unter Kontrolle hatte, fügte sie hinzu: »Aber im Grunde habt Ihr recht. Lady Lettice tut und lässt, was sie will. Sie hat seinen Titel und ihr eigenes Vermögen, das nach der Ehe noch recht unberührt war, engagierte eine respektable Gesellschafterin, die keine eigenen Mittel hat, keine Familie und daher keine Möglichkeit, ihr zu entkommen. Das bin ich, übrigens. Und dann hat sie sich aufgemacht, eine große Europareise zu machen.«
»In der Hoffnung, ihr nächstes Opfer ... äh, ihren nächsten Ehemann kennenzulernen und zu heiraten.«
Seine Größe beunruhigte sie. Sie betrachtete verstohlen seine Hände. Große Hände. Mit dicken Knöcheln und schweren Knochen. Breiten Handtellern. Hände, die von seiner Kampferfahrung gezeichnet waren. Eine weiße Narbe führte quer über einen Knöchel seiner linken Hand. Er hatte etwas oder jemanden geschlagen, und dabei war die Haut aufgeplatzt. Und sie spazierte allein mit ihm durch die Nacht.
Resolut sprach sie weiter: »Ursprünglich hat Lady Lettice nach einem jungen Engländer gesucht, weil sie dachte, es sei eine gute Idee, einen Gentleman zu heiraten, der sie in der englischen Gesellschaft in die höchsten Kreise führt. Aber die jungen Männer waren ihr zu sprunghaft und schmeichelten ihr nicht genug.« Emma fuhr mit dem Finger über die leichte Erhebung an ihrem Kinn. »Darum hat sie sich klugerweise den Gentlemen vom Kontinent zugewandt. Sie sind so viel weltgewandter im Umgang mit Frauen ihres Alters und ihres Reichtums.«
»Das kann ich mir vorstellen. Hier entlang.« Durant wandte sich nach rechts, dann wieder nach links. Er führte sie durch Flure, die von geschlossenen Türen gesäumt wurden und von vereinzelten Kerzen nur spärlich beleuchtet wurden.
»Seid Ihr sicher?« Sie hätte schwören können, dass sie wieder Richtung Garten unterwegs waren.
»Ich verirre mich nie.« Er klang absolut selbstsicher.
Ein lästiger Mann. Er verirrte sich vielleicht nicht, aber er steckte augenscheinlich in Schwierigkeiten. Schärfer als beabsichtigt fragte sie: »Was habt Ihr angestellt, dass man Euch als politischen Gefangenen eingesperrt hat?«
Er blieb stehen.
Sie blieb ebenfalls stehen.
»In Moricadia ist es nicht besonders ratsam, seine Nase in politische Angelegenheiten zu stecken.« Er tippte mit dem Finger gegen ihre Nasenspitze. »Denkt daran.«
Seine Unterstellung erzürnte sie, und sie erwiderte: »Etwas so Dummes würde ich sicherlich nicht tun.«
Seine Augenbrauen, die weich und wohlgeformt waren, hoben sich zweifelnd. »Natürlich nicht. Ihr seid überaus sensibel. «
Erst seine Erwiderung ließ sie erkennen, dass sie ihn tatsächlich gerade als dumm bezeichnet hatte. »Mylord, ich wollte nicht ...«
»Völlig in Ordnung. Ihr habt ja irgendwie recht. Hier.« Er öffnete eine Tür zur Rechten.
Plötzlich waren Musik und Gelächter wieder zu hören, und als Emma durch die Tür spähte, sah sie den Speisesaal, in dem Lady Thibaults Diener bereits für eine mitternächtliche Mahlzeit eindeckten. Dahinter konnte sie durch offene Glastüren den Ballsaal sehen.
Sie konnte ein erleichtertes Seufzen nicht unterdrücken. Sie war rechtzeitig zurückgekehrt und hatte Lady Lettices Zorn nicht auf sich geladen. Außerdem war sie nicht mehr mit dem geheimnisvollen Michael Durant allein.
»Habt Ihr Lady Lettices Taschentuch noch?«, fragte er.
»Ich verliere nichts, Mylord.« Sie zeigte es ihm. Die ganze Zeit hatte sie es festgehalten. »Ich verliere nur mich selbst.«
»Jetzt seid Ihr in Sicherheit. Ich lasse Euch nun allein, damit Ihr in aller Ruhe zu Lady Lettice zurückkehren könnt.« Er verbeugte sich. »Es war mir ein Vergnügen, Miss Chegwidden. «
Sie machte einen Knicks. »Mylord, ich danke Euch von ganzem Herzen.« Sie sah ihm nach, als er davonging. Dieser Mann war wirklich erstaunlich. Auf der einen Seite machte er einen netten Eindruck und rettete sie aus einer Notlage. Andererseits war er so herzlos und ließ seine Familie in dem Glauben, er sei tot. Trotzdem überwog die Dankbarkeit. Denn nur seinetwegen war sie so zeitig in den Ballsaal zurückgekehrt. Das Taschentuch war feucht und Lady Lettices gemeines Spiel hatte sie für sich entscheiden konnte.
Natürlich würde Lady Lettice infolgedessen schlechte Laune bekommen, denn sie verlor nicht gerne. Die nächtliche Pflicht, diese garstige Frau aus ihrem Korsett zu schälen, würde vermutlich noch quälender. Aber manchmal war es eben doch gut zu gewinnen - egal, welche Konsequenzen ein Sieg hatte. Jetzt stand diesem Triumph dank Michael Durant nichts mehr im Wege.
Übersetzung: Juliane Korelski
© 2013 für die deutsche Ausgabe by Blanvalet Verlag, in der Verlagsgruppe Random House, München
... weniger
Autoren-Porträt von Christina Dodd
Christina Dodd wurde für ihre Romane bereits vielfach ausgezeichnet u. a. mit dem 'America's Golden Heart' und dem 'RITA Award'. Ihre Bücher stehen regelmäßig auf diversen amerikanischen Bestsellerlisten. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und den beiden Kindern in Texas.Juliane Korelski, geboren 1979 in Halle/Westfalen, absolvierte nach dem Abitur eine Ausbildung zur Buchhändlerin und arbeitete bis zum Herbst 2006 in diesem Beruf. Aus Begeisterung für Geschichte entschied sie sich für das Studium der Geschichte und Antike Kulturen an der Universität Düsseldorf. Sie lebt und arbeitet in Düsseldorf.
Bibliographische Angaben
- Autor: Christina Dodd
- 2012, 448 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Korelski, Juliane
- Übersetzer: Juliane Korelski
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 344238057X
- ISBN-13: 9783442380572
- Erscheinungsdatum: 17.12.2012
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