Tales of Partholon - Auserwählt
Band 1
Spannend, romantisch und amüsant!
"Die Leser werden es nicht erwarten können, auch die restlichen Bücher der Serie zu verschlingen."
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Die Highschool-Lehrerin Shannon Parker entdeckt auf einer...
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Produktinformationen zu „Tales of Partholon - Auserwählt “
Spannend, romantisch und amüsant!
"Die Leser werden es nicht erwarten können, auch die restlichen Bücher der Serie zu verschlingen."
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Die Highschool-Lehrerin Shannon Parker entdeckt auf einer Auktion ein antikes Gefäß, das sie auf seltsame Weise magisch anzieht. Sie ersteigert es - und nur kurze Zeit später findet sie sich in einer anderen Welt wieder: in Partholon. In dieser Welt wird Shannon wie eine Göttin verehrt. Zuerst kann Shannon das gar nicht ernst nehmen. Das ist doch alles nur ein Traum. Oder? Und dann ist da dieser ClanFintan, zu dem sie sich so stark hingezogen fühlt. Dann hat Shannon plötzlich Visionen und sie weiß nun, dass sie auserwählt ist: nur sie kann Partholon retten.
Lese-Probe zu „Tales of Partholon - Auserwählt “
Auserwählt von P. C. Cast1. KAPITEL
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Endlich unterwegs. Es fühlte sich gut an, mit dem Mustang den beinah leeren Highway hinunterzubrausen. Wieso hat man das Gefühl, dass Autos immer am besten
fahren, wenn sie frisch gewaschen sind? Ich schob eine CD in den Player, wählte Lied 6 und stimmte Eponine aus vollster unmusikalischer Kehle zu, die über die Nutzlosigkeit der Liebe sang. Beim nächsten Lied überholte ich elegant einen langsam fahrenden Chevy und rief: »Ich liebe es, Lehrerin zu sein!"
Es war der erste Juni, und der ganze Sommer lag noch unberührt und jungfräulich vor mir.
»So viele Tage, an denen ich ausschlafen kann!"
Allein das laut auszusprechen machte mich schon glücklich. In den zehn Jahren, die ich jetzt unterrichtete, hatte ich bemerkt, dass viele Lehrer die schlechte Angewohnheit haben, mit sich selbst zu sprechen. Meine Theorie ist, dass wir unseren Lebensunterhalt verdienen, indem wir reden, und uns sicher fühlen, wenn wir unsere Gefühle laut aussprechen. Es könnte allerdings auch sein, dass die meisten von uns - besonders die von den Highschools - einfach nur total verschroben sind.
Nur leicht Irre entscheiden sich dafür, ihr Leben dem Unterrichten von Teenagern zu widmen. Ich sehe meine beste Freundin Suzanna förmlich vor mir, wie sie das Gesicht verzieht, während ihr ein Schauer über den Rücken läuft, wenn ich genüsslich die neuesten Horrorgeschichten aus dem Englischunterricht an der Highschool vor ihr ausbreite.
„Meine Güte, Sha, die sind so ... hormongesteuert. Schrecklich!"
Suzanna ist der typische Collegeprofessor-Snob, aber ich liebe sie trotzdem. Sie weiß die vielen humorigen Zwischenspiele nur einfach nicht zu schätzen, die einem Teenager täglich servieren.
Jean Valjeans dynamischer Tenor unterbrach meine Gedanken und brachte mich zurück auf die 1-44 East in Oklahoma am 1. Juni.
„Ja, so ist es, das Leben einer Highschool-Englischlehrerin mit Humor. Dazu verdammt, kein Geld zu haben, aber dafür viel Stoff für komödiantische Erzählungen. Oh Mist, hier ist meine Ausfahrt"
Zum Glück bewältigte mein kleiner Mustang die harte, schnelle Rechtskurve auf die US-412 ohne Probleme. Ein Schild zeigte an,
dass Locust Grove noch zweiundzwanzig Meilen entfernt war. Halb mit den Knien, halb mit einer Hand lenkend, kramte ich den Flyer über die Auktion hervor, auf dem ich mir die Wegbeschreibung notiert hatte. Irgendwo zwischen Locust Grove und Siloam Springs sollte es ein Schild geben, das eine Nebenstraße markierte, die wiederum zu einem weiteren Schild und einer weiteren Nebenstraße führte, und so weiter und so fort, bis ich da wäre. Ich las noch einmal: Auktion auf einem einzigartigen Anwesen - ungewöhnliche Offerten - offen für alle - alles muss raus.
»Nun, ganz sicher mag ich verrücktes altes Zeug. Und ganz besonders mag ich günstiges verrücktes altes Zeug."
Meine Schüler sagen, mein Klassenraum sei wie ein bizarrer Zeitsprung. Die Wände und Schränke sind bedeckt und gefüllt mit Drucken von Waterhouse, Postern von Mighty Mouse, von Star-Trek-Modellen und einer unglaublichen Menge Windspiele (die sorgen für gutes Chi).
Und das ist nur mein Klassenzimmer. Sie sollten mal meine Wohnung sehen. Na ja, Sie wären wohl nicht wirklich überrascht. Außer darüber, dass ich zu Hause eine echte Ordnungsfanatikerin bin. Mein Klassenraum befindet sich hingegen im Zustand konstanter Unordnung. Irgendwie finde ich nie etwas, wenn alles einfach zu finden ist. Was auch immer das bedeutet, verdammt.
»Ich muss endlich aufhören zu fluchen!" Es laut auszusprechen würde dem Vorsatz hoffentlich mehr Kraft verleihen. Sozusagen die umgekehrte Pawlow'sche Theorie: Wenn ich es nur oft genug sage, wird es irgendwann passieren.
»Ich ertrage dich heute nicht, Javert." Klack. Les Misdrables verstummten. Stattdessen erklang der Jazzsender aus Tulsa. Ich hätte nicht gedacht, dass ich den hier draußen in dieser Einöde noch empfangen könnte.
Da war das Schild, das den Ortseingang von Locust Grove kennzeichnete. Also wurde ich langsamer, blinzelte einmal und war auch schon wieder außerhalb des Orts. Na gut, vielleicht dauerte es ein kleines bisschen länger als ein Blinzeln. Ich beschleunigte das Tempo nicht. Zeit, innezuhalten und das Grün des Grünen Staates zu schnuppern. Oklahoma im frühen Sommer ist eine erstaunliche Ansammlung von Farben und Formen. Ich bin auf die Universität von Illinois gegangen, und es hat mich immer genervt, dass die Leute über Oklahoma sprachen, als wäre es einfach nur eine rote Staubschüssel oder eine schwarz-weiße Elendsszene aus Früchte des Zorns. Doch wenn ich versuchte, meinen Mitstudenten klarzumachen, dass Oklahoma der „Grüne Staat" genannt wurde, erntete ich nur ungläubiges Schnauben und Blicke, die besagten: Du hast wohl zu viel Steppenläufer gegessen oder dich mit einer Kuh zu viel angelegt, was?
Ich passierte die kleine Ortschaft Leach. Kurz darauf führte die Straße auf eine Anhöhe, und vor mir breitete sich Oklahoma aus, ungezähmt in seiner Schönheit. Ich stelle mir gern eine Zeit vor, in der diese Straßen nur Wege waren und die Zivilisation noch nicht so selbstverständlich. Es muss aufregend gewesen sein, zu der Zeit zu leben - nicht in dem Sinne aufregend, wie sich dem Rektor zu stellen, nachdem er gerade von einer aufgebrachten Mutter darüber informiert wurde, wie entsetzt sie darüber ist, dass ich Guinevere eine Schlampe genannt habe. Viel mehr auf eine raue Art, nach dem Motto: Vielleicht baden wir nicht und putzen uns auch nicht die Zähne, und wir töten unser Abendessen selbst und schleppen unser Wasser mit uns. Wenn ich so darüber nachdenke ... es ist fantastisch, von den Zeiten zu träumen, in denen es noch Cowboys gab, oder Ritter und Drachen, und ich gebe auch zu, dass ich besessen bin von den Dichtern der Romantik und den Schriftstellern von anno dazumal (typischer Lehrerausdruck). Die Realität erinnert mich allerdings daran, dass man damals ohne Penizillin und Zahnpasta auskommen musste. Wie meine Schüler sagen würden: „Und, was ist daran verkehrt?"
„Da ist es! Abzweig Nummer eins."
AUKTION AUF EINZIGARTIGEM ANWESEN HIER ENTLANG
Ein Pfeil zeigte auf die kleine Straße zu meiner Linken. Diese Straße wurde offenbar sehr wenig befahren. Eine Schotterpiste, auf der sich ein Schlagloch ans andere reihte. Irgendwie wand sie sich auf angenehme Art durch die Landschaft, und mir ging das Lied „To Grandmother's House we go" durch den Kopf. Für die nächsten Meilen versuchte ich vergeblich, mich an den Rest des Textes zu erinnern.
AUKTION AUF EINZIGARTIGEM ANWESEN HIER ENTLANG
Ein weiterer Pfeil. Eine Nebenstraße der Nebenstraße. Noch mehr Schotter, nichts zu sehen von einer zweiten Fahrspur. Vielleicht hielt die Abgeschiedenheit des Anwesens die Antiquitätenhändler vom Besuch der Auktion ab. Ich hoffte es, denn
für mich waren sie der Fluch eines jeden nur über geringe Mittel verfügenden Auktionsbesuchers. Langsam verlor ich den Jazzsender, und auf meinem inneren Radio wurde auch nicht länger das Lied über Großmutters Haus gespielt, sondern es lief die Titelmelodie des Films Die Beverly Hillibillies (von der ich mich an jedes einzelne Wort erinnern kann, was ich leicht irritierend finde).
Wo wir gerade von Hillibillies sprechen ... bis jetzt hatte ich noch nicht viele Häuser gesehen. Hm. Vielleicht war das „Anwesen" in Wahrheit ein altes Ranchhaus, mitten auf einem Gelände, das früher einmal eine richtige Farm gewesen war, die irgendwelchen reichen Leuten, ähnlich wie bei Bonanza, gehörte. Nun waren sie alle gestorben, und das Land würde in viele kleine Parzellen aufgeteilt werden, auf denen man ordentliche kleine Mittelklassehäuser baute für die Pendler aus ... was weiß ich. Ich nenne das Jobsicherung, jedenfalls für mich. Die gehobene Mittelklasse hat immer die durchschnittlichen 2,5 Kinder plus 1,5 zusätzliche (aus einer vorherigen Ehe). Diese Kinder mussten den Englischtest bestehen, um ihren Highschool-Abschluss zu schaffen. Gott segne Amerika.
Hinter einer Kurve und nach einer Kuppe tauchte das auf, was ich mir als altes Ranchhaus vorgestellt hatte. „Ach du heilige Schande. Das ist ja das verdammte Haus Usher!" (Ich musste diesen Sommer wirklich an meiner Ausdrucksweise arbeiten.) Ich drosselte das Tempo. Ja, da war wieder ein Schild.
AUKTION AUF EINZIGARTIGEM ANWESEN.
Es stand direkt neben dem Schotterweg, der zum Haupthaus führte. Einige Autos, aber hauptsächlich Trucks (wir waren definitiv in Oklahoma) parkten auf einer Fläche, die offensichtlich einmal ein sehr schön angelegter ... ich weiß nicht, wie nennt man so etwas - es breitete sich über Meter und Meter aus - Vorgarten schien ein zu profanes Wort dafür. Die Auffahrt wurde von großen Bäumen gesäumt, und ich meine wirklich groß, so wie in Vom Winde verweht, nur ohne das herabhängende Moos.
Mir fiel erst auf, dass ich mich mit offenem Mund umschaute, als ein alter Mann in schwarzer Stoffhose und hochgeschlossenem weißem Baumwollhemd mir mit einer orange blinkenden Kelle zuwinkte, wobei sein Gesicht einen leicht irritierten Ausdruck zeigte, den ich mit „Hören Sie auf zu glotzen und fahren Sie weiter, Lady" übersetzte. Als ich auf seiner Höhe war, bedeutete er mir, das Fenster herunterzulassen.
„Tag auch, Miss." Er beugte sich leicht vor und blinzelte in mein Auto. Ein übel riechender Hauch trug die Worte in das klimaanlagengekühlte Innere meines Wagens und dämpfte meine anfängliche Freude darüber, Miss genannt zu werden, da das eindeutig jünger klang als Ma'am. Er war größer, als ich gedacht hatte, und sein Gesicht war von tiefen Falten durchzogen, als hätte er sein ganzes Leben bei Wind und Wetter draußen gearbeitet. Trotzdem hatte sein Teint eine ungesunde, bleiche Farbe.
Guter Gott. Er war der Vater aus Kinder des Zorns von Stephen King.
»Guten Tag. Es ist ganz schön warm heute, was?" Ich versuchte, höflich zu sein.
»Ja, Miss." Igitt, wieder dieser Geruch. »Bitte fahren Sie vor auf das Grün. Die Auktion beginnt pünktlich um zwei."
»Danke." Ich versuchte mich an einem Lächeln, während ich das Fenster hochfuhr und seinen Anweisungen folgte. Was war das für ein Geruch? Es miefte wie etwas Totes. Na ja, er war unglaublich blass; vielleicht ging es ihm nicht gut. Das würde den Gestank erklären und auch, wieso er im Juni ein langärmliges Hemd trug. Ich war ein wirklich gemeines Biest, ihn mit dem Vater aus Kinder des Zorns zu vergleichen.
Der Platz vor dem Haus wird also das Grün genannt. Lerne jeden Tag etwas Neues! Ich zog eine Grimasse und grinste. Klischees sind der Fluch der Gebildeten.
Bevor ich den Motor abstellte, nahm ich mir meine notwendigen paar Minuten (ein Mann hatte mir mal erzählt, er könne den Attraktivitätsgrad einer Frau daran bestimmen, wie lange sie brauchte, um aus ihrem Auto auszusteigen - ich versuche, seeeeehr lange dafür zu brauchen), um meinen Lippenstift zu erneuern. Ich nahm mir auch eine Minute, um das Haus zu betrachten. Streichen Sie das - ich betrachtete natürlich den hochherrschaftlichen Wohnsitz.
Mein erster Eindruck wurde bestätigt. Dieser Ort weckte Assoziationen an Poe und Hawthome. Der Bau war riesig, auf eine ausladende, viktorianische Art und Weise. Normalerweise ziehen mich ungewöhnliche alte Häuser an, dieses seltsamerweise nicht. Ich schaute über den Rand meiner Sonnenbrille, um einen besseren Blick darauf zu haben. Es sah seltsam aus. Ich brauchte einen Moment, um herauszufinden, wieso, dann traf es mich - es sah aus, als wäre es in verschiedenen Etappen entstanden. Das Hauptgebäude war ein großes Rechteck, an das man zwei unterschiedliche Veranden angebaut hatte. Eine rechteckig mit Stufen, die in elegantem Schwung zur Eingangstür führten, und keine fünf Meter weiter eine zweite, runde, ähnlich wie ein Pavillon, die einfach an die Vorderseite des Gebäudes geklatscht worden war, komplett mit Rankgitter und knorrig aussehendem Rosengestrüpp. Wie ein Krebsgeschwür erhob sich ein Turmzimmer an einer Seite des Hauses, und am anderen Ende des Baus zeigte sich ein Seitenflügel mit abfallendem Dach. Das gesamte Gebilde war in einem entsetzlichen Grauton gestrichen und zeigte schon Risse und Falten, wie die Haut eines alten Rauchers.
»Es sollte hier besser wirklich einige einzigartige Stücke geben", murmelte ich vor mich hin. Während ich mich darauf vorbereitete, meinen Blick von Ushers Bleibe loszureißen, lief mir plötzlich ein Schauer über den Rücken. Eine dicke Wolke schob sich vor die Sonne, und das Gefühl, jemand ginge über mein Grab, traf mich wie ein Keulenschlag. Ist es schon spät? Mir scheint, dass das Licht dunkler wird. Mein Englischlehrergehirn produzierte automatisch dieses Zitat aus Medea. Griechische Tragödie, angefüllt mit Rache, Betrug und Tod. Das schien mir auf unpassende Weise passend.
2. KAPITEL
Meine Güte, reiß dich zusammen, Parker!" Lächerlich - ich musste diese schaurige Stimmung abschütteln und endlich in Shopping-Laune kommen.
Die Hitze Oklahomas wartete darauf, mich in die Arme zu schließen, als ich aus dem Auto stieg und den Knopf für die automatische Verriegelung der Türen drückte. Nicht weit entfernt war ein langer Tisch aufgestellt worden, vor dem bereits Auktionsbesucher Schlange standen. Ich nahm an, dass es sich um die Anmeldung handelte, und machte mich auf den Weg dorthin. Dabei richtete ich bereits einen Teil meiner Aufmerksamkeit auf die verschiedenen Anhäufungen von „Kram". Die Ausstellung begann schon hier und zog sich bis hinter das Haus, wo sie sich, für mich nicht mehr einsehbar, über den Garten ausbreitete. Meine Handflächen kribbelten bei dem Gedanken daran, in den verschiedenen Kisten und Kästen zu kramen, aber zuerst einmal die Anmeldung.
„Puh! Ich hätte meine Haare zu einem Pferdeschwanz zusammenbinden sollen." Ich versuchte mich an nachbarlichem Small Talk mit der Matrone vor mir in der Schlange.
„Da sagen Sie was."
Sie fächelte sich mit dem Veranstaltungsflyer Luft zu und musterte meine wegen der Luftfeuchtigkeit gekräuselten und verschwitzten Haare, mein weißes Seidentop, meinen ziemlich hippen (und kurzen) kakifarbenen Gap-Rock und meine langen (und sehr bloßen) Beine.
„Uff."
Sie machte ein Geräusch wie eine Henne, die gerade ein Ei legte. Ich nahm an, dass damit das Ende meines nachbarschaftlichen Geplauders eingeläutet worden war.
„Das Haus sieht aus, als könnte es hier wirklich interessante Stücke geben." Vergeblich versuchte ich, wieder eine Unterhaltung in Gang zu bringen, dieses Mal mit Mr. Geheimratsecke hinter mir.
ja, da kann ich Ihnen nur zustimmen."
Die Geheimratsecken zuckten, als er versuchte, sich den Schweiß aus den Augen zu blinzeln.
»Ich habe gehört, dass hier mehrere Glasobjekte aus der Zeit der Großen Depression angeboten werden sollen, und da wusste
ich, dass ich einfach herkommen musste. Ich finde die amerikanische Glaskunst faszinierend, Sie nicht auch?"
Zu diesem Zeitpunkt hatten seine kleinen Augen meinen Ausschnitt gefunden, und es war offensichtlich, dass er nicht nur Glasobjekte faszinierend fand. „Hm, ja, Glas ist cool." Ich trat einen Schritt vor. Die Matrone war dran, ihr Ticket zu kaufen, aber sie war so damit beschäftigt, Mr. Geheimratsecke dabei zu beobachten, wie er mich beobachtete, dass sie der Frau an der Anmeldung kaum die notwendigen Angaben machen konnte.
„Ich bin gerade sogar dabei", er lehnte sich sehr weit zu mir herüber, viel zu weit, »ein wundervoll informatives Coffee-TableBook zusammenzustellen über die Anfänge der Kunst zu Zeiten der Depression, und erkläre darin, wie man authentische Stücke und Fälschungen voneinander unterscheiden kann."
„Oh, das ist, äh, nett." Er war mir immer noch zu nah, und ich versuchte, ein paar Zentimeter vorzurücken, wobei ich gegen die Matrone stieß, die noch in der Schlange stand und sich gerade ihre Auktionsnummer auf ihren Depressionsbusen klebte.
„Ich stelle Ihnen meine Expertise gern zur Verfügung, wenn Sie ein Stück finden, für das Sie bieten möchten. Ich könnte es nicht ertragen zu sehen, wie eine so bezaubernde junge Lady über den Tisch gezogen wird ..."
Seine Stimme brach. Mit einem gefalteten Stofftaschentuch wischte er sich nervös den Schweiß von der Oberlippe. Ich bemerkte die gelben Flecken, die sein Hemd unter den Achseln zierten. Das Button-Down-Oxford-Hemd war für diese Temperaturen vielleicht nicht ganz die richtige Wahl. „Ich werde es Sie wissen lassen, wenn ich Ihre Hilfe benötige." Gott sei Dank, ich war an der Reihe, mich anzumelden.
„Name, bitte."
Ich konnte beinahe sehen, wie die Ohren von Geheimratsecke größer wurden bei dem Versuch, meine Antwort aufzuschnappen.
„Shannon Parker."
„Ms. Parker, Ihre Nummer ist die 074. Bitte tragen Sie Ihre Adresse hier daneben auf dem Blatt ein. Der Auktionator wird sich bei von Ihnen ersteigerten Objekten auf diese Nummer beziehen. Wenn Sie alle Ihre Einkäufe getätigt haben, geben Sie einfach der Kassiererin Ihre Nummer, und sie wird Ihnen die Rechnung fertig machen."
Die typischen Auktionsanweisungen - ich schnappte mir das Schild mit meiner Nummer und floh, bevor Geheimratsecke sich an meine Fersen heften konnte. Ich werde nie verstehen, wieso kleine Männer sich zu mir hingezogen fühlen. Ich bin keine Amazone, aber sogar in flachen Schuhen komme ich schon auf eins dreiundsiebzig, und da ich High Heels liebe, trage ich selten flache Schuhe. Abgesehen von meiner Größe bin ich auch sonst keine besonders zierliche Frau. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin nicht dick. Ich treibe Sport wie der Teufel, aber irgendwie scheine ich immer fünf bis zehn Pfund mehr mit mir herumzuschleppen, als ich möchte. Ich bin nicht der schlanke, grazile, magersüchtige Typ, der heutzutage so »in" ist - ich bin der kurvige, busige, hüftige, beinige Typ. Und in Gegenwart von kleinen Männern fühle ich mich lächerlich. Ich stelle mir immer vor, dass ich sie sehr wahrscheinlich leicht überwältigen könnte, das nimmt mir sofort jegliches Interesse an allen weiteren Möglichkeiten. Gebt mir einen Mann in der Größe von John Wayne, und ich schmelze dahin wie ein Eis am Stil in einem warmen Mund. Unglücklicherweise ist mein Liebesleben genauso tot wie der gute John.
Der überwiegende Teil der zu versteigernden Objekte befand sich hinter dem Haus in dem einst vermutlich hinreißend gestalteten Garten. Das Zentrum des Ganzen bildete ein abbröckelnder Springbrunnen, verziert mit einer Nymphe. Die einzelnen Auktionsobjekte, Lose genannt, waren in einem groben Halbkreis um den Springbrunnen angeordnet - der offene Teil des Kreises zeigte in Richtung einiger Landmaschinen. Billy Joe Bobs und Bubba Bo Bobs, wie die Leute in Oklahoma auf dem Land so heißen, standen aufgeregt in Gruppen um die Maschinen herum. Der Wind trug die bekannte Oklahoma-Melodie, bestehend aus „Jupps" und „Yeahs", herüber. Einer der Männer hatte einen echten Strohhalm in einer Lücke zwischen seinen Vorderzähnen stecken. Wirklich, ich schwöre es!
Weitere Versteigerungsobjekte waren zu Gruppen zusammengefasst. Bei näherer Betrachtung wurde offensichtlich, dass jemand sehr viel Sorgfalt darauf verwandt hatte, sie thematisch zu ordnen. Auf der einen Seite standen vom Stil her ähnliche Möbel beieinander (Schlafzimmer, Essecken, kunstvoll verzierte Stühle etc.), weiter hinten drängten sich Tische mit Lampen, Beschlägen, Kristall und Glasobjekten. (Ich bemerkte, dass Mr.
Geheimratsecke zielstrebig diesen Tisch ansteuerte.) Kartons voller Schnickschnack und versehen mit der jeweiligen Losnummer waren so angeordnet, dass man sie bequem durchsuchen konnte, ohne den anderen Besuchern in die Quere zu kommen; Gemälde und Bilder standen kunstvoll auf Klapptischen und Staffeleien.
Mich zog es in die Ecke mit der Kunst. Auf dem Weg dahin konnte ich es mir nicht verkneifen, einen begehrlichen Blick auf die Möbel zu werfen; aber dieser eine Blick reichte leider auch schon, und ich war mir ziemlich sicher, dass das Gehalt einer Lehrerin nicht für Einkäufe in diesem Bereich ausreichte.
An den ausgestellten Gemälden angekommen, fiel mir auf, dass der zukünftige Exbesitzer in seinem Geschmack sehr konsequent war. Alle Bilder auf den Staffeleien hatten das gleiche Thema - Mythologie. Ich schlenderte von Wasserfarbe zu Acryl und von da zu Öl. Alles war vertreten, von der Geburt der Venus bis zu einer großartigen Lithographie von Wotans Abschied von Brunhilde.
»Ach du meine Güte, das ist ja zum Schreien!" Ich konnte nicht anders, ich musste die neben mir stehende Flohmarktkönigin anstupsen und auf ein Bild aufmerksam machen. Ein wundervoller Farbdruck zeigte einen riesigen, feurigen Drachen, der eine brüllende Flamme auf eine blonde Kriegerin auf einem weißen Pferd spie. Sie hatte ihr Schwert gezückt und wehrte die Flamme mit einem Schild ab. Ich konnte den Namen des Künstlers nicht entziffern, aber der Titel unten auf dem Bild lautete: Waldfeuer austreten.
»Das muss ich einfach haben", sagte ich kichernd.
„Na ja, es ist irgendwie seltsam", beendete die Flohmarktkönigin in nasalem Ton mein Lächeln.
»Ja, aber der Ausdruck ‚seltsam' gefällt mir nicht. Ich bezeichne es lieber als nicht gewöhnlich." Sie bedachte mich mit einem mitleidigen Blick und ging in Richtung Haushaltswaren davon. Ich seufzte und klappte mein kleines Notizbuch auf. „Objekt Nr. 12 - Drachendruck", schrieb ich mir auf. Ein genauerer Blick auf den Rahmen, und ich fragte mich, ob ich überhaupt eine Chance hatte, es zu ersteigern, aber vielleicht hielten es ja alle für »irgendwie seltsam", und ich würde die einzige Bieterin sein.
Es gab noch mehr interessante Bilder, doch ich hatte mich bereits entschieden, meine finanzielle Energie auf diesen einen Druck zu fokussieren. Vielleicht noch auf eine kleine Urne oder eine Skulptur oder irgendeinen anderen „seltsamen" Kleinkram.
Hinter den Gemälden war Kunsthandwerk ausgebreitet. Einzelstücke standen auf Tischen, dazu Kartons mit diesem und jenem Kram. Wieder schien es jeweils ein Thema zu geben, nach dem die Stücke zusammengestellt waren. Die Skulpturen waren Miniaturausgaben von Statuen, die sehr römisch oder griechisch aussahen und sehr, nun ja, nackt waren.
Das würde ein Spaß werden.
Drei männliche Statuen standen auf einem Tisch. Sie waren alle ungefähr sechzig Zentimeter hoch. Ich hielt inne und schenkte ihnen die respektvolle, angemessene Aufmerksamkeit, die sie zu verdienen schienen. Während ich die Identifikationen und Losschilder las, versuchte ich, keine Stielaugen zu machen. Objekt Nr. 17, Statuette von Zeus, den Blitz zum Abwurf bereit (sehr aktig, sogar nackig und sehr - bereit).
„Sorry, Süßer, ich kann dich leider nicht mit nach Hause nehmen - zu sexy." Ich zwickte seinen Blitz.
Objekt Nr. 18, Statuette eines hellenischen Herrschers, vielleicht Demetrios I. von Syrien. Demetrios war ein großer, muskulöser, nackter Mann. Sehr groß.
„Oh, Baby, ich wünschte, du wärst Galatea und ich dein entzückter Bildhauer." Ich tätschelte seine Wangen und kicherte, wobei ich mich umschaute, ob mich auch niemand beobachtete.
Objekt Nr. 19, Statuette eines etruskischen Kriegers. Zu dünn für meinen Geschmack - an dieser Statur traten nur zwei Dinge hervor seine Waffe und seine Waffe.
„Bye-bye, Jungs. Es ist so ... hart, euch zu verlassen." Ich gluckste über mein Wortspiel und ging zum nächsten Tisch, auf dem ein halbes Dutzend Urnen und Amphoren standen. Mein Blick schweifte über die geschmackvoll gestalteten Tongefäße ...
Plötzlich schien die Erde aufzuhören, sich zu drehen. Jäh und ohne Vorwarnung stand die Zeit still. Das laue Lüftchen und die Geräusche erstarben. Ich spürte die Hitze nicht mehr. Mein Atem stockte. Mein Blickfeld verengte sich, bis meine ganze Aufmerksamkeit nur noch auf eine Vase gerichtet war.
„Oh, Entschuldigung. Ich wollte Sie nicht anrempeln."
Luft brauste in meine Lunge, und die Erde setzte sich mit einem Ruck wieder in Bewegung, als ein freundlicher Mann meinen Ellenbogen ergriff, um mich zu stützen.
„Ist schon okay." Ich atmete tief durch und versuchte zu lächeln.
„Ich habe wohl nicht aufgepasst, wo ich langgehe. Hab Sie beinah umgerannt."
»Geht schon, wirklich. Nichts passiert."
Er sah mich an, als wäre er nicht ganz überzeugt, aber dann nickte er und ging weiter.
Ich strich mit zitternden Fingern durch mein Haar. Was geschah hier? Was war los? Ich hatte mir die Gefäße angeschaut und ...
Ich konzentrierte mich wieder auf den Tisch mit den Keramiken, und sofort wurde mein Blick wie magisch von der zuhinterst stehenden Vase angezogen. Ich setzte einen Fuß vor den anderen, bevor ich mir dessen richtig bewusst war. Fast ohne es zu wollen, streckte ich bebend die Hände aus, um den Aufkleber zu berühren, auf dem die Auktionsnummer zu lesen war. Darauf stand: Objekt Nr. 25, Reproduktion, keltische Urne, Original ist auf einem schottischen Friedhof gefunden worden, farbige Darstellung verweist auf Bittgesuche an die Hohepriesterin von Epona, keltische Göttin.
Mit einem Mal sah ich nur noch verschwommen, und mir brannten die Augen, als ich die Urne näher betrachtete. Ich bemühte mich, zu ignorieren, wie seltsam ich mich fühlte, blinzelte ein paarmal, um wieder klar zu sehen, und schaute sie mir genauer an.
Das Gefäß war fast einen halben Meter hoch, und die Form erinnerte an einen Lampenfuß. An einer Seite befand sich ein bogenförmiger Griff. Die Öffnung verzierte ein fein gestalteter, gezahnter Rand. Weder die Form noch die Größe des Gefäßes hatte diese unwiderstehliche Wirkung auf mich, es war die Malerei, die sich einmal um die gesamte Keramik zog. Der Hintergrund war schwarz, wodurch die dargestellte Szene mit goldenen und cremefarbenen Akzenten sehr plastisch wirkte. Eine Frau lag auf einer Art Chaiselongue. Sie wandte dem Betrachter den Rücken zu, sodass man nur ihre Hüfte sah, den ausgestreckten Arm, mit dem sie hoheitsvoll auf die Bittsteller zu ihren Füßen deutete, und ihr langes Haar, das ihr wallend auf den Rücken fiel.
»Sieht aus wie mein Haar." Mir war nicht bewusst gewesen, dass ich das laut aussprach, bis ich die Worte hörte. Ihr Haar war wirklich wie meins, nur länger. Das gleiche Rotblond, die gleichen weichen Locken, die sich nie so frisieren ließen, wie man es wollte. Unwillkürlich streckte ich einen Finger aus und berührte wie in Trance die Vase.
„Oh!" Sie war heiß! Schnell zog ich die Hand zurück.
„Ich wusste nicht, dass Sie sich für Keramik interessieren." Mr. Geheimratsecke stand neben mir und blinzelte mich an. „Zufällig kenne ich mich mit altamerikanischer Keramik sehr gut aus." Er befeuchtete sich die Lippen.
„Tja, eigentlich interessiert mich altamerikanische Keramik nicht besonders." Dass Geheimratsecke wieder in meine persönliche Distanzzone eindrang, war wie ein Eimer kaltes Wasser in mein Gesicht. „Das ist mir viel zu unexotisch. Mir gefällt die griechische Antike besser und römische Kunst auch."
„Ah, verstehe. Was für ein faszinierendes Stück Sie da gerade bewundert haben!"
Er streckte seine schwitzige Hand aus, bewegte sie zuckend wie eine Kakerlake ihre Beine, hob die Urne hoch und drehte sie um, um den Boden zu inspizieren. Ich beobachtete genau, ob sie auf ihn auch diese unheimliche Wirkung hatte, aber er blieb ganz er selbst: linkisch.
„Fällt Ihnen etwas, na ja, Komisches an der Vase auf?"
„Nein. Es ist eine sehr gut gemachte Reproduktion, aber ich kann nichts Ungewöhnliches an Epona oder der Urne entdecken. Was meinen Sie denn?"
Er stellte das Gefäß wieder hin und betupfte sich die Oberlippe mit einem schweißfeuchten Taschentuch.
„Na ja, sie kam mir eben, wie soll ich sagen, warm vor, als ich sie angefasst habe." Ich schaute ihm in die Augen und fragte mich, ob meine gestörte Sinneswahrnehmung schon offensichtlich war.
„Vielleicht darf ich Sie darauf hinweisen, dass das von Ihrer eigenen, freigebigen Körperwärme hervorgerufen worden sein könnte?"
Er lehnte sich noch weiter zu mir, sodass er seine spitze Nase
fast in mein Dekollete tauchen konnte. Er sabberte beinah. Igitt.
„Wissen Sie, Sie könnten recht haben", erwiderte ich säuselnd.
Er hielt den Atem an und befeuchtete sich wieder die Lippen. Ich
flüsterte: „Ich glaube, ich habe noch leicht erhöhte Temperatur.
Ich scheine diese fiese Pilzinfektion einfach nicht loszuwerden.
Und bei der schwülen Luft hier ..." Ich lächelte und schüttelte mich leicht.
„Ach Gottchen! Ach du meine Güte!"
Geheimratsecke trat flink zwei Schritte zurück. Ich lächelte und folgte ihm. Er ging weiter rückwärts.
„Ich glaube, ich kehre lieber zu meiner Glassammlung aus der Zeit der Weltwirtschaftskrise zurück. Womöglich verpasse ich noch den Beginn der Auktion. Ihnen dann noch viel Glück!" Er drehte sich um und eilte davon.
Manche Männer können extrem nervig sein, aber sie sind auch leicht loszuwerden. Man muss nur die gefürchtete Frauenproblem-Karte ziehen und kann dann genüsslich beobachten, wie sie die Flucht ergreifen. Mir gefällt der Gedanke, dass Gott uns diese kleine Hintertür als ausgleichende Gerechtigkeit offen gelassen hat. Ich meine, immerhin sind wir diejenigen, die die Kinder zur Welt bringen.
„Also, was ist los mit dieser verdammten Vase?" Das war einfach zu sehr Twilight Zone für meinen Geschmack. Verschwommener Blick - Atemlosigkeit - heiße Tongefäße - die gleichen Haare wie ich. Oh, bitte, dachte ich, bestimmt habe ich nur verfrüht einsetzende Hitzewallungen (zwanzig Jahre zu früh - okay, fünfzehn Jahre, mindestens). Ich beschloss, mich der Quelle des Übels zuzuwenden, der gefürchteten, geheimnisvollen Vase ... Urne ... verflixten Tonkanne.
Sie sah völlig harmlos aus, als Geheimratsecke sie hochhob. Feuchtigkeit glitzerte an den Stellen, wo er die glänzende Oberfläche mit seinen verschwitzten kleinen Fingern begrapscht hatte. Ich atmete ein. Tief. Es war mit Sicherheit ein faszinierendes Gefäß. Ich blinzelte und beugte mich vor, um es näher zu betrachten, allerdings ohne es zu berühren. Das Haar der Hohepriesterin sah wirklich wie meins aus, nur länger. Der Stoff, in den der rechte Arm gehüllt war, war cremefarben und wirkte durchscheinend und rein. Ihre Haltung war durchaus anmutig und schön, der Arm ausgestreckt, die Handfläche offen, gehoben und leicht gedreht. Sie schien die ihr angebotenen Gaben dankbar anzunehmen. Ein wunderschönes goldenes Band zierte ihren Oberarm, und goldene Armreifen schmückten ihr Handgelenk. Sie trug keine Ringe, aber ihr Handrücken schien mit einem Muster verziert zu sein...
„Oh mein Gott!" Ich schlug die Hand vor den Mund, um meinen Aufschrei zu ersticken. Mir wurde flau im Magen, und plötzlich fiel mir das Atmen schwer. Was sie auf dem Handrücken hatte, war weder eine Tätowierung noch irgendein Schmuck. Es war eine Narbe. Eine Narbe, die nach einer Verbrennung dritten Grades zurückgeblieben war. Das wusste ich, weil meine Hand mit dem gleichen Zeichen „geschmückt" war.
Übersetzung: Ivonne Senn
Genehmigte Sonderausgabe 2010
für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Endlich unterwegs. Es fühlte sich gut an, mit dem Mustang den beinah leeren Highway hinunterzubrausen. Wieso hat man das Gefühl, dass Autos immer am besten
fahren, wenn sie frisch gewaschen sind? Ich schob eine CD in den Player, wählte Lied 6 und stimmte Eponine aus vollster unmusikalischer Kehle zu, die über die Nutzlosigkeit der Liebe sang. Beim nächsten Lied überholte ich elegant einen langsam fahrenden Chevy und rief: »Ich liebe es, Lehrerin zu sein!"
Es war der erste Juni, und der ganze Sommer lag noch unberührt und jungfräulich vor mir.
»So viele Tage, an denen ich ausschlafen kann!"
Allein das laut auszusprechen machte mich schon glücklich. In den zehn Jahren, die ich jetzt unterrichtete, hatte ich bemerkt, dass viele Lehrer die schlechte Angewohnheit haben, mit sich selbst zu sprechen. Meine Theorie ist, dass wir unseren Lebensunterhalt verdienen, indem wir reden, und uns sicher fühlen, wenn wir unsere Gefühle laut aussprechen. Es könnte allerdings auch sein, dass die meisten von uns - besonders die von den Highschools - einfach nur total verschroben sind.
Nur leicht Irre entscheiden sich dafür, ihr Leben dem Unterrichten von Teenagern zu widmen. Ich sehe meine beste Freundin Suzanna förmlich vor mir, wie sie das Gesicht verzieht, während ihr ein Schauer über den Rücken läuft, wenn ich genüsslich die neuesten Horrorgeschichten aus dem Englischunterricht an der Highschool vor ihr ausbreite.
„Meine Güte, Sha, die sind so ... hormongesteuert. Schrecklich!"
Suzanna ist der typische Collegeprofessor-Snob, aber ich liebe sie trotzdem. Sie weiß die vielen humorigen Zwischenspiele nur einfach nicht zu schätzen, die einem Teenager täglich servieren.
Jean Valjeans dynamischer Tenor unterbrach meine Gedanken und brachte mich zurück auf die 1-44 East in Oklahoma am 1. Juni.
„Ja, so ist es, das Leben einer Highschool-Englischlehrerin mit Humor. Dazu verdammt, kein Geld zu haben, aber dafür viel Stoff für komödiantische Erzählungen. Oh Mist, hier ist meine Ausfahrt"
Zum Glück bewältigte mein kleiner Mustang die harte, schnelle Rechtskurve auf die US-412 ohne Probleme. Ein Schild zeigte an,
dass Locust Grove noch zweiundzwanzig Meilen entfernt war. Halb mit den Knien, halb mit einer Hand lenkend, kramte ich den Flyer über die Auktion hervor, auf dem ich mir die Wegbeschreibung notiert hatte. Irgendwo zwischen Locust Grove und Siloam Springs sollte es ein Schild geben, das eine Nebenstraße markierte, die wiederum zu einem weiteren Schild und einer weiteren Nebenstraße führte, und so weiter und so fort, bis ich da wäre. Ich las noch einmal: Auktion auf einem einzigartigen Anwesen - ungewöhnliche Offerten - offen für alle - alles muss raus.
»Nun, ganz sicher mag ich verrücktes altes Zeug. Und ganz besonders mag ich günstiges verrücktes altes Zeug."
Meine Schüler sagen, mein Klassenraum sei wie ein bizarrer Zeitsprung. Die Wände und Schränke sind bedeckt und gefüllt mit Drucken von Waterhouse, Postern von Mighty Mouse, von Star-Trek-Modellen und einer unglaublichen Menge Windspiele (die sorgen für gutes Chi).
Und das ist nur mein Klassenzimmer. Sie sollten mal meine Wohnung sehen. Na ja, Sie wären wohl nicht wirklich überrascht. Außer darüber, dass ich zu Hause eine echte Ordnungsfanatikerin bin. Mein Klassenraum befindet sich hingegen im Zustand konstanter Unordnung. Irgendwie finde ich nie etwas, wenn alles einfach zu finden ist. Was auch immer das bedeutet, verdammt.
»Ich muss endlich aufhören zu fluchen!" Es laut auszusprechen würde dem Vorsatz hoffentlich mehr Kraft verleihen. Sozusagen die umgekehrte Pawlow'sche Theorie: Wenn ich es nur oft genug sage, wird es irgendwann passieren.
»Ich ertrage dich heute nicht, Javert." Klack. Les Misdrables verstummten. Stattdessen erklang der Jazzsender aus Tulsa. Ich hätte nicht gedacht, dass ich den hier draußen in dieser Einöde noch empfangen könnte.
Da war das Schild, das den Ortseingang von Locust Grove kennzeichnete. Also wurde ich langsamer, blinzelte einmal und war auch schon wieder außerhalb des Orts. Na gut, vielleicht dauerte es ein kleines bisschen länger als ein Blinzeln. Ich beschleunigte das Tempo nicht. Zeit, innezuhalten und das Grün des Grünen Staates zu schnuppern. Oklahoma im frühen Sommer ist eine erstaunliche Ansammlung von Farben und Formen. Ich bin auf die Universität von Illinois gegangen, und es hat mich immer genervt, dass die Leute über Oklahoma sprachen, als wäre es einfach nur eine rote Staubschüssel oder eine schwarz-weiße Elendsszene aus Früchte des Zorns. Doch wenn ich versuchte, meinen Mitstudenten klarzumachen, dass Oklahoma der „Grüne Staat" genannt wurde, erntete ich nur ungläubiges Schnauben und Blicke, die besagten: Du hast wohl zu viel Steppenläufer gegessen oder dich mit einer Kuh zu viel angelegt, was?
Ich passierte die kleine Ortschaft Leach. Kurz darauf führte die Straße auf eine Anhöhe, und vor mir breitete sich Oklahoma aus, ungezähmt in seiner Schönheit. Ich stelle mir gern eine Zeit vor, in der diese Straßen nur Wege waren und die Zivilisation noch nicht so selbstverständlich. Es muss aufregend gewesen sein, zu der Zeit zu leben - nicht in dem Sinne aufregend, wie sich dem Rektor zu stellen, nachdem er gerade von einer aufgebrachten Mutter darüber informiert wurde, wie entsetzt sie darüber ist, dass ich Guinevere eine Schlampe genannt habe. Viel mehr auf eine raue Art, nach dem Motto: Vielleicht baden wir nicht und putzen uns auch nicht die Zähne, und wir töten unser Abendessen selbst und schleppen unser Wasser mit uns. Wenn ich so darüber nachdenke ... es ist fantastisch, von den Zeiten zu träumen, in denen es noch Cowboys gab, oder Ritter und Drachen, und ich gebe auch zu, dass ich besessen bin von den Dichtern der Romantik und den Schriftstellern von anno dazumal (typischer Lehrerausdruck). Die Realität erinnert mich allerdings daran, dass man damals ohne Penizillin und Zahnpasta auskommen musste. Wie meine Schüler sagen würden: „Und, was ist daran verkehrt?"
„Da ist es! Abzweig Nummer eins."
AUKTION AUF EINZIGARTIGEM ANWESEN HIER ENTLANG
Ein Pfeil zeigte auf die kleine Straße zu meiner Linken. Diese Straße wurde offenbar sehr wenig befahren. Eine Schotterpiste, auf der sich ein Schlagloch ans andere reihte. Irgendwie wand sie sich auf angenehme Art durch die Landschaft, und mir ging das Lied „To Grandmother's House we go" durch den Kopf. Für die nächsten Meilen versuchte ich vergeblich, mich an den Rest des Textes zu erinnern.
AUKTION AUF EINZIGARTIGEM ANWESEN HIER ENTLANG
Ein weiterer Pfeil. Eine Nebenstraße der Nebenstraße. Noch mehr Schotter, nichts zu sehen von einer zweiten Fahrspur. Vielleicht hielt die Abgeschiedenheit des Anwesens die Antiquitätenhändler vom Besuch der Auktion ab. Ich hoffte es, denn
für mich waren sie der Fluch eines jeden nur über geringe Mittel verfügenden Auktionsbesuchers. Langsam verlor ich den Jazzsender, und auf meinem inneren Radio wurde auch nicht länger das Lied über Großmutters Haus gespielt, sondern es lief die Titelmelodie des Films Die Beverly Hillibillies (von der ich mich an jedes einzelne Wort erinnern kann, was ich leicht irritierend finde).
Wo wir gerade von Hillibillies sprechen ... bis jetzt hatte ich noch nicht viele Häuser gesehen. Hm. Vielleicht war das „Anwesen" in Wahrheit ein altes Ranchhaus, mitten auf einem Gelände, das früher einmal eine richtige Farm gewesen war, die irgendwelchen reichen Leuten, ähnlich wie bei Bonanza, gehörte. Nun waren sie alle gestorben, und das Land würde in viele kleine Parzellen aufgeteilt werden, auf denen man ordentliche kleine Mittelklassehäuser baute für die Pendler aus ... was weiß ich. Ich nenne das Jobsicherung, jedenfalls für mich. Die gehobene Mittelklasse hat immer die durchschnittlichen 2,5 Kinder plus 1,5 zusätzliche (aus einer vorherigen Ehe). Diese Kinder mussten den Englischtest bestehen, um ihren Highschool-Abschluss zu schaffen. Gott segne Amerika.
Hinter einer Kurve und nach einer Kuppe tauchte das auf, was ich mir als altes Ranchhaus vorgestellt hatte. „Ach du heilige Schande. Das ist ja das verdammte Haus Usher!" (Ich musste diesen Sommer wirklich an meiner Ausdrucksweise arbeiten.) Ich drosselte das Tempo. Ja, da war wieder ein Schild.
AUKTION AUF EINZIGARTIGEM ANWESEN.
Es stand direkt neben dem Schotterweg, der zum Haupthaus führte. Einige Autos, aber hauptsächlich Trucks (wir waren definitiv in Oklahoma) parkten auf einer Fläche, die offensichtlich einmal ein sehr schön angelegter ... ich weiß nicht, wie nennt man so etwas - es breitete sich über Meter und Meter aus - Vorgarten schien ein zu profanes Wort dafür. Die Auffahrt wurde von großen Bäumen gesäumt, und ich meine wirklich groß, so wie in Vom Winde verweht, nur ohne das herabhängende Moos.
Mir fiel erst auf, dass ich mich mit offenem Mund umschaute, als ein alter Mann in schwarzer Stoffhose und hochgeschlossenem weißem Baumwollhemd mir mit einer orange blinkenden Kelle zuwinkte, wobei sein Gesicht einen leicht irritierten Ausdruck zeigte, den ich mit „Hören Sie auf zu glotzen und fahren Sie weiter, Lady" übersetzte. Als ich auf seiner Höhe war, bedeutete er mir, das Fenster herunterzulassen.
„Tag auch, Miss." Er beugte sich leicht vor und blinzelte in mein Auto. Ein übel riechender Hauch trug die Worte in das klimaanlagengekühlte Innere meines Wagens und dämpfte meine anfängliche Freude darüber, Miss genannt zu werden, da das eindeutig jünger klang als Ma'am. Er war größer, als ich gedacht hatte, und sein Gesicht war von tiefen Falten durchzogen, als hätte er sein ganzes Leben bei Wind und Wetter draußen gearbeitet. Trotzdem hatte sein Teint eine ungesunde, bleiche Farbe.
Guter Gott. Er war der Vater aus Kinder des Zorns von Stephen King.
»Guten Tag. Es ist ganz schön warm heute, was?" Ich versuchte, höflich zu sein.
»Ja, Miss." Igitt, wieder dieser Geruch. »Bitte fahren Sie vor auf das Grün. Die Auktion beginnt pünktlich um zwei."
»Danke." Ich versuchte mich an einem Lächeln, während ich das Fenster hochfuhr und seinen Anweisungen folgte. Was war das für ein Geruch? Es miefte wie etwas Totes. Na ja, er war unglaublich blass; vielleicht ging es ihm nicht gut. Das würde den Gestank erklären und auch, wieso er im Juni ein langärmliges Hemd trug. Ich war ein wirklich gemeines Biest, ihn mit dem Vater aus Kinder des Zorns zu vergleichen.
Der Platz vor dem Haus wird also das Grün genannt. Lerne jeden Tag etwas Neues! Ich zog eine Grimasse und grinste. Klischees sind der Fluch der Gebildeten.
Bevor ich den Motor abstellte, nahm ich mir meine notwendigen paar Minuten (ein Mann hatte mir mal erzählt, er könne den Attraktivitätsgrad einer Frau daran bestimmen, wie lange sie brauchte, um aus ihrem Auto auszusteigen - ich versuche, seeeeehr lange dafür zu brauchen), um meinen Lippenstift zu erneuern. Ich nahm mir auch eine Minute, um das Haus zu betrachten. Streichen Sie das - ich betrachtete natürlich den hochherrschaftlichen Wohnsitz.
Mein erster Eindruck wurde bestätigt. Dieser Ort weckte Assoziationen an Poe und Hawthome. Der Bau war riesig, auf eine ausladende, viktorianische Art und Weise. Normalerweise ziehen mich ungewöhnliche alte Häuser an, dieses seltsamerweise nicht. Ich schaute über den Rand meiner Sonnenbrille, um einen besseren Blick darauf zu haben. Es sah seltsam aus. Ich brauchte einen Moment, um herauszufinden, wieso, dann traf es mich - es sah aus, als wäre es in verschiedenen Etappen entstanden. Das Hauptgebäude war ein großes Rechteck, an das man zwei unterschiedliche Veranden angebaut hatte. Eine rechteckig mit Stufen, die in elegantem Schwung zur Eingangstür führten, und keine fünf Meter weiter eine zweite, runde, ähnlich wie ein Pavillon, die einfach an die Vorderseite des Gebäudes geklatscht worden war, komplett mit Rankgitter und knorrig aussehendem Rosengestrüpp. Wie ein Krebsgeschwür erhob sich ein Turmzimmer an einer Seite des Hauses, und am anderen Ende des Baus zeigte sich ein Seitenflügel mit abfallendem Dach. Das gesamte Gebilde war in einem entsetzlichen Grauton gestrichen und zeigte schon Risse und Falten, wie die Haut eines alten Rauchers.
»Es sollte hier besser wirklich einige einzigartige Stücke geben", murmelte ich vor mich hin. Während ich mich darauf vorbereitete, meinen Blick von Ushers Bleibe loszureißen, lief mir plötzlich ein Schauer über den Rücken. Eine dicke Wolke schob sich vor die Sonne, und das Gefühl, jemand ginge über mein Grab, traf mich wie ein Keulenschlag. Ist es schon spät? Mir scheint, dass das Licht dunkler wird. Mein Englischlehrergehirn produzierte automatisch dieses Zitat aus Medea. Griechische Tragödie, angefüllt mit Rache, Betrug und Tod. Das schien mir auf unpassende Weise passend.
2. KAPITEL
Meine Güte, reiß dich zusammen, Parker!" Lächerlich - ich musste diese schaurige Stimmung abschütteln und endlich in Shopping-Laune kommen.
Die Hitze Oklahomas wartete darauf, mich in die Arme zu schließen, als ich aus dem Auto stieg und den Knopf für die automatische Verriegelung der Türen drückte. Nicht weit entfernt war ein langer Tisch aufgestellt worden, vor dem bereits Auktionsbesucher Schlange standen. Ich nahm an, dass es sich um die Anmeldung handelte, und machte mich auf den Weg dorthin. Dabei richtete ich bereits einen Teil meiner Aufmerksamkeit auf die verschiedenen Anhäufungen von „Kram". Die Ausstellung begann schon hier und zog sich bis hinter das Haus, wo sie sich, für mich nicht mehr einsehbar, über den Garten ausbreitete. Meine Handflächen kribbelten bei dem Gedanken daran, in den verschiedenen Kisten und Kästen zu kramen, aber zuerst einmal die Anmeldung.
„Puh! Ich hätte meine Haare zu einem Pferdeschwanz zusammenbinden sollen." Ich versuchte mich an nachbarlichem Small Talk mit der Matrone vor mir in der Schlange.
„Da sagen Sie was."
Sie fächelte sich mit dem Veranstaltungsflyer Luft zu und musterte meine wegen der Luftfeuchtigkeit gekräuselten und verschwitzten Haare, mein weißes Seidentop, meinen ziemlich hippen (und kurzen) kakifarbenen Gap-Rock und meine langen (und sehr bloßen) Beine.
„Uff."
Sie machte ein Geräusch wie eine Henne, die gerade ein Ei legte. Ich nahm an, dass damit das Ende meines nachbarschaftlichen Geplauders eingeläutet worden war.
„Das Haus sieht aus, als könnte es hier wirklich interessante Stücke geben." Vergeblich versuchte ich, wieder eine Unterhaltung in Gang zu bringen, dieses Mal mit Mr. Geheimratsecke hinter mir.
ja, da kann ich Ihnen nur zustimmen."
Die Geheimratsecken zuckten, als er versuchte, sich den Schweiß aus den Augen zu blinzeln.
»Ich habe gehört, dass hier mehrere Glasobjekte aus der Zeit der Großen Depression angeboten werden sollen, und da wusste
ich, dass ich einfach herkommen musste. Ich finde die amerikanische Glaskunst faszinierend, Sie nicht auch?"
Zu diesem Zeitpunkt hatten seine kleinen Augen meinen Ausschnitt gefunden, und es war offensichtlich, dass er nicht nur Glasobjekte faszinierend fand. „Hm, ja, Glas ist cool." Ich trat einen Schritt vor. Die Matrone war dran, ihr Ticket zu kaufen, aber sie war so damit beschäftigt, Mr. Geheimratsecke dabei zu beobachten, wie er mich beobachtete, dass sie der Frau an der Anmeldung kaum die notwendigen Angaben machen konnte.
„Ich bin gerade sogar dabei", er lehnte sich sehr weit zu mir herüber, viel zu weit, »ein wundervoll informatives Coffee-TableBook zusammenzustellen über die Anfänge der Kunst zu Zeiten der Depression, und erkläre darin, wie man authentische Stücke und Fälschungen voneinander unterscheiden kann."
„Oh, das ist, äh, nett." Er war mir immer noch zu nah, und ich versuchte, ein paar Zentimeter vorzurücken, wobei ich gegen die Matrone stieß, die noch in der Schlange stand und sich gerade ihre Auktionsnummer auf ihren Depressionsbusen klebte.
„Ich stelle Ihnen meine Expertise gern zur Verfügung, wenn Sie ein Stück finden, für das Sie bieten möchten. Ich könnte es nicht ertragen zu sehen, wie eine so bezaubernde junge Lady über den Tisch gezogen wird ..."
Seine Stimme brach. Mit einem gefalteten Stofftaschentuch wischte er sich nervös den Schweiß von der Oberlippe. Ich bemerkte die gelben Flecken, die sein Hemd unter den Achseln zierten. Das Button-Down-Oxford-Hemd war für diese Temperaturen vielleicht nicht ganz die richtige Wahl. „Ich werde es Sie wissen lassen, wenn ich Ihre Hilfe benötige." Gott sei Dank, ich war an der Reihe, mich anzumelden.
„Name, bitte."
Ich konnte beinahe sehen, wie die Ohren von Geheimratsecke größer wurden bei dem Versuch, meine Antwort aufzuschnappen.
„Shannon Parker."
„Ms. Parker, Ihre Nummer ist die 074. Bitte tragen Sie Ihre Adresse hier daneben auf dem Blatt ein. Der Auktionator wird sich bei von Ihnen ersteigerten Objekten auf diese Nummer beziehen. Wenn Sie alle Ihre Einkäufe getätigt haben, geben Sie einfach der Kassiererin Ihre Nummer, und sie wird Ihnen die Rechnung fertig machen."
Die typischen Auktionsanweisungen - ich schnappte mir das Schild mit meiner Nummer und floh, bevor Geheimratsecke sich an meine Fersen heften konnte. Ich werde nie verstehen, wieso kleine Männer sich zu mir hingezogen fühlen. Ich bin keine Amazone, aber sogar in flachen Schuhen komme ich schon auf eins dreiundsiebzig, und da ich High Heels liebe, trage ich selten flache Schuhe. Abgesehen von meiner Größe bin ich auch sonst keine besonders zierliche Frau. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin nicht dick. Ich treibe Sport wie der Teufel, aber irgendwie scheine ich immer fünf bis zehn Pfund mehr mit mir herumzuschleppen, als ich möchte. Ich bin nicht der schlanke, grazile, magersüchtige Typ, der heutzutage so »in" ist - ich bin der kurvige, busige, hüftige, beinige Typ. Und in Gegenwart von kleinen Männern fühle ich mich lächerlich. Ich stelle mir immer vor, dass ich sie sehr wahrscheinlich leicht überwältigen könnte, das nimmt mir sofort jegliches Interesse an allen weiteren Möglichkeiten. Gebt mir einen Mann in der Größe von John Wayne, und ich schmelze dahin wie ein Eis am Stil in einem warmen Mund. Unglücklicherweise ist mein Liebesleben genauso tot wie der gute John.
Der überwiegende Teil der zu versteigernden Objekte befand sich hinter dem Haus in dem einst vermutlich hinreißend gestalteten Garten. Das Zentrum des Ganzen bildete ein abbröckelnder Springbrunnen, verziert mit einer Nymphe. Die einzelnen Auktionsobjekte, Lose genannt, waren in einem groben Halbkreis um den Springbrunnen angeordnet - der offene Teil des Kreises zeigte in Richtung einiger Landmaschinen. Billy Joe Bobs und Bubba Bo Bobs, wie die Leute in Oklahoma auf dem Land so heißen, standen aufgeregt in Gruppen um die Maschinen herum. Der Wind trug die bekannte Oklahoma-Melodie, bestehend aus „Jupps" und „Yeahs", herüber. Einer der Männer hatte einen echten Strohhalm in einer Lücke zwischen seinen Vorderzähnen stecken. Wirklich, ich schwöre es!
Weitere Versteigerungsobjekte waren zu Gruppen zusammengefasst. Bei näherer Betrachtung wurde offensichtlich, dass jemand sehr viel Sorgfalt darauf verwandt hatte, sie thematisch zu ordnen. Auf der einen Seite standen vom Stil her ähnliche Möbel beieinander (Schlafzimmer, Essecken, kunstvoll verzierte Stühle etc.), weiter hinten drängten sich Tische mit Lampen, Beschlägen, Kristall und Glasobjekten. (Ich bemerkte, dass Mr.
Geheimratsecke zielstrebig diesen Tisch ansteuerte.) Kartons voller Schnickschnack und versehen mit der jeweiligen Losnummer waren so angeordnet, dass man sie bequem durchsuchen konnte, ohne den anderen Besuchern in die Quere zu kommen; Gemälde und Bilder standen kunstvoll auf Klapptischen und Staffeleien.
Mich zog es in die Ecke mit der Kunst. Auf dem Weg dahin konnte ich es mir nicht verkneifen, einen begehrlichen Blick auf die Möbel zu werfen; aber dieser eine Blick reichte leider auch schon, und ich war mir ziemlich sicher, dass das Gehalt einer Lehrerin nicht für Einkäufe in diesem Bereich ausreichte.
An den ausgestellten Gemälden angekommen, fiel mir auf, dass der zukünftige Exbesitzer in seinem Geschmack sehr konsequent war. Alle Bilder auf den Staffeleien hatten das gleiche Thema - Mythologie. Ich schlenderte von Wasserfarbe zu Acryl und von da zu Öl. Alles war vertreten, von der Geburt der Venus bis zu einer großartigen Lithographie von Wotans Abschied von Brunhilde.
»Ach du meine Güte, das ist ja zum Schreien!" Ich konnte nicht anders, ich musste die neben mir stehende Flohmarktkönigin anstupsen und auf ein Bild aufmerksam machen. Ein wundervoller Farbdruck zeigte einen riesigen, feurigen Drachen, der eine brüllende Flamme auf eine blonde Kriegerin auf einem weißen Pferd spie. Sie hatte ihr Schwert gezückt und wehrte die Flamme mit einem Schild ab. Ich konnte den Namen des Künstlers nicht entziffern, aber der Titel unten auf dem Bild lautete: Waldfeuer austreten.
»Das muss ich einfach haben", sagte ich kichernd.
„Na ja, es ist irgendwie seltsam", beendete die Flohmarktkönigin in nasalem Ton mein Lächeln.
»Ja, aber der Ausdruck ‚seltsam' gefällt mir nicht. Ich bezeichne es lieber als nicht gewöhnlich." Sie bedachte mich mit einem mitleidigen Blick und ging in Richtung Haushaltswaren davon. Ich seufzte und klappte mein kleines Notizbuch auf. „Objekt Nr. 12 - Drachendruck", schrieb ich mir auf. Ein genauerer Blick auf den Rahmen, und ich fragte mich, ob ich überhaupt eine Chance hatte, es zu ersteigern, aber vielleicht hielten es ja alle für »irgendwie seltsam", und ich würde die einzige Bieterin sein.
Es gab noch mehr interessante Bilder, doch ich hatte mich bereits entschieden, meine finanzielle Energie auf diesen einen Druck zu fokussieren. Vielleicht noch auf eine kleine Urne oder eine Skulptur oder irgendeinen anderen „seltsamen" Kleinkram.
Hinter den Gemälden war Kunsthandwerk ausgebreitet. Einzelstücke standen auf Tischen, dazu Kartons mit diesem und jenem Kram. Wieder schien es jeweils ein Thema zu geben, nach dem die Stücke zusammengestellt waren. Die Skulpturen waren Miniaturausgaben von Statuen, die sehr römisch oder griechisch aussahen und sehr, nun ja, nackt waren.
Das würde ein Spaß werden.
Drei männliche Statuen standen auf einem Tisch. Sie waren alle ungefähr sechzig Zentimeter hoch. Ich hielt inne und schenkte ihnen die respektvolle, angemessene Aufmerksamkeit, die sie zu verdienen schienen. Während ich die Identifikationen und Losschilder las, versuchte ich, keine Stielaugen zu machen. Objekt Nr. 17, Statuette von Zeus, den Blitz zum Abwurf bereit (sehr aktig, sogar nackig und sehr - bereit).
„Sorry, Süßer, ich kann dich leider nicht mit nach Hause nehmen - zu sexy." Ich zwickte seinen Blitz.
Objekt Nr. 18, Statuette eines hellenischen Herrschers, vielleicht Demetrios I. von Syrien. Demetrios war ein großer, muskulöser, nackter Mann. Sehr groß.
„Oh, Baby, ich wünschte, du wärst Galatea und ich dein entzückter Bildhauer." Ich tätschelte seine Wangen und kicherte, wobei ich mich umschaute, ob mich auch niemand beobachtete.
Objekt Nr. 19, Statuette eines etruskischen Kriegers. Zu dünn für meinen Geschmack - an dieser Statur traten nur zwei Dinge hervor seine Waffe und seine Waffe.
„Bye-bye, Jungs. Es ist so ... hart, euch zu verlassen." Ich gluckste über mein Wortspiel und ging zum nächsten Tisch, auf dem ein halbes Dutzend Urnen und Amphoren standen. Mein Blick schweifte über die geschmackvoll gestalteten Tongefäße ...
Plötzlich schien die Erde aufzuhören, sich zu drehen. Jäh und ohne Vorwarnung stand die Zeit still. Das laue Lüftchen und die Geräusche erstarben. Ich spürte die Hitze nicht mehr. Mein Atem stockte. Mein Blickfeld verengte sich, bis meine ganze Aufmerksamkeit nur noch auf eine Vase gerichtet war.
„Oh, Entschuldigung. Ich wollte Sie nicht anrempeln."
Luft brauste in meine Lunge, und die Erde setzte sich mit einem Ruck wieder in Bewegung, als ein freundlicher Mann meinen Ellenbogen ergriff, um mich zu stützen.
„Ist schon okay." Ich atmete tief durch und versuchte zu lächeln.
„Ich habe wohl nicht aufgepasst, wo ich langgehe. Hab Sie beinah umgerannt."
»Geht schon, wirklich. Nichts passiert."
Er sah mich an, als wäre er nicht ganz überzeugt, aber dann nickte er und ging weiter.
Ich strich mit zitternden Fingern durch mein Haar. Was geschah hier? Was war los? Ich hatte mir die Gefäße angeschaut und ...
Ich konzentrierte mich wieder auf den Tisch mit den Keramiken, und sofort wurde mein Blick wie magisch von der zuhinterst stehenden Vase angezogen. Ich setzte einen Fuß vor den anderen, bevor ich mir dessen richtig bewusst war. Fast ohne es zu wollen, streckte ich bebend die Hände aus, um den Aufkleber zu berühren, auf dem die Auktionsnummer zu lesen war. Darauf stand: Objekt Nr. 25, Reproduktion, keltische Urne, Original ist auf einem schottischen Friedhof gefunden worden, farbige Darstellung verweist auf Bittgesuche an die Hohepriesterin von Epona, keltische Göttin.
Mit einem Mal sah ich nur noch verschwommen, und mir brannten die Augen, als ich die Urne näher betrachtete. Ich bemühte mich, zu ignorieren, wie seltsam ich mich fühlte, blinzelte ein paarmal, um wieder klar zu sehen, und schaute sie mir genauer an.
Das Gefäß war fast einen halben Meter hoch, und die Form erinnerte an einen Lampenfuß. An einer Seite befand sich ein bogenförmiger Griff. Die Öffnung verzierte ein fein gestalteter, gezahnter Rand. Weder die Form noch die Größe des Gefäßes hatte diese unwiderstehliche Wirkung auf mich, es war die Malerei, die sich einmal um die gesamte Keramik zog. Der Hintergrund war schwarz, wodurch die dargestellte Szene mit goldenen und cremefarbenen Akzenten sehr plastisch wirkte. Eine Frau lag auf einer Art Chaiselongue. Sie wandte dem Betrachter den Rücken zu, sodass man nur ihre Hüfte sah, den ausgestreckten Arm, mit dem sie hoheitsvoll auf die Bittsteller zu ihren Füßen deutete, und ihr langes Haar, das ihr wallend auf den Rücken fiel.
»Sieht aus wie mein Haar." Mir war nicht bewusst gewesen, dass ich das laut aussprach, bis ich die Worte hörte. Ihr Haar war wirklich wie meins, nur länger. Das gleiche Rotblond, die gleichen weichen Locken, die sich nie so frisieren ließen, wie man es wollte. Unwillkürlich streckte ich einen Finger aus und berührte wie in Trance die Vase.
„Oh!" Sie war heiß! Schnell zog ich die Hand zurück.
„Ich wusste nicht, dass Sie sich für Keramik interessieren." Mr. Geheimratsecke stand neben mir und blinzelte mich an. „Zufällig kenne ich mich mit altamerikanischer Keramik sehr gut aus." Er befeuchtete sich die Lippen.
„Tja, eigentlich interessiert mich altamerikanische Keramik nicht besonders." Dass Geheimratsecke wieder in meine persönliche Distanzzone eindrang, war wie ein Eimer kaltes Wasser in mein Gesicht. „Das ist mir viel zu unexotisch. Mir gefällt die griechische Antike besser und römische Kunst auch."
„Ah, verstehe. Was für ein faszinierendes Stück Sie da gerade bewundert haben!"
Er streckte seine schwitzige Hand aus, bewegte sie zuckend wie eine Kakerlake ihre Beine, hob die Urne hoch und drehte sie um, um den Boden zu inspizieren. Ich beobachtete genau, ob sie auf ihn auch diese unheimliche Wirkung hatte, aber er blieb ganz er selbst: linkisch.
„Fällt Ihnen etwas, na ja, Komisches an der Vase auf?"
„Nein. Es ist eine sehr gut gemachte Reproduktion, aber ich kann nichts Ungewöhnliches an Epona oder der Urne entdecken. Was meinen Sie denn?"
Er stellte das Gefäß wieder hin und betupfte sich die Oberlippe mit einem schweißfeuchten Taschentuch.
„Na ja, sie kam mir eben, wie soll ich sagen, warm vor, als ich sie angefasst habe." Ich schaute ihm in die Augen und fragte mich, ob meine gestörte Sinneswahrnehmung schon offensichtlich war.
„Vielleicht darf ich Sie darauf hinweisen, dass das von Ihrer eigenen, freigebigen Körperwärme hervorgerufen worden sein könnte?"
Er lehnte sich noch weiter zu mir, sodass er seine spitze Nase
fast in mein Dekollete tauchen konnte. Er sabberte beinah. Igitt.
„Wissen Sie, Sie könnten recht haben", erwiderte ich säuselnd.
Er hielt den Atem an und befeuchtete sich wieder die Lippen. Ich
flüsterte: „Ich glaube, ich habe noch leicht erhöhte Temperatur.
Ich scheine diese fiese Pilzinfektion einfach nicht loszuwerden.
Und bei der schwülen Luft hier ..." Ich lächelte und schüttelte mich leicht.
„Ach Gottchen! Ach du meine Güte!"
Geheimratsecke trat flink zwei Schritte zurück. Ich lächelte und folgte ihm. Er ging weiter rückwärts.
„Ich glaube, ich kehre lieber zu meiner Glassammlung aus der Zeit der Weltwirtschaftskrise zurück. Womöglich verpasse ich noch den Beginn der Auktion. Ihnen dann noch viel Glück!" Er drehte sich um und eilte davon.
Manche Männer können extrem nervig sein, aber sie sind auch leicht loszuwerden. Man muss nur die gefürchtete Frauenproblem-Karte ziehen und kann dann genüsslich beobachten, wie sie die Flucht ergreifen. Mir gefällt der Gedanke, dass Gott uns diese kleine Hintertür als ausgleichende Gerechtigkeit offen gelassen hat. Ich meine, immerhin sind wir diejenigen, die die Kinder zur Welt bringen.
„Also, was ist los mit dieser verdammten Vase?" Das war einfach zu sehr Twilight Zone für meinen Geschmack. Verschwommener Blick - Atemlosigkeit - heiße Tongefäße - die gleichen Haare wie ich. Oh, bitte, dachte ich, bestimmt habe ich nur verfrüht einsetzende Hitzewallungen (zwanzig Jahre zu früh - okay, fünfzehn Jahre, mindestens). Ich beschloss, mich der Quelle des Übels zuzuwenden, der gefürchteten, geheimnisvollen Vase ... Urne ... verflixten Tonkanne.
Sie sah völlig harmlos aus, als Geheimratsecke sie hochhob. Feuchtigkeit glitzerte an den Stellen, wo er die glänzende Oberfläche mit seinen verschwitzten kleinen Fingern begrapscht hatte. Ich atmete ein. Tief. Es war mit Sicherheit ein faszinierendes Gefäß. Ich blinzelte und beugte mich vor, um es näher zu betrachten, allerdings ohne es zu berühren. Das Haar der Hohepriesterin sah wirklich wie meins aus, nur länger. Der Stoff, in den der rechte Arm gehüllt war, war cremefarben und wirkte durchscheinend und rein. Ihre Haltung war durchaus anmutig und schön, der Arm ausgestreckt, die Handfläche offen, gehoben und leicht gedreht. Sie schien die ihr angebotenen Gaben dankbar anzunehmen. Ein wunderschönes goldenes Band zierte ihren Oberarm, und goldene Armreifen schmückten ihr Handgelenk. Sie trug keine Ringe, aber ihr Handrücken schien mit einem Muster verziert zu sein...
„Oh mein Gott!" Ich schlug die Hand vor den Mund, um meinen Aufschrei zu ersticken. Mir wurde flau im Magen, und plötzlich fiel mir das Atmen schwer. Was sie auf dem Handrücken hatte, war weder eine Tätowierung noch irgendein Schmuck. Es war eine Narbe. Eine Narbe, die nach einer Verbrennung dritten Grades zurückgeblieben war. Das wusste ich, weil meine Hand mit dem gleichen Zeichen „geschmückt" war.
Übersetzung: Ivonne Senn
Genehmigte Sonderausgabe 2010
für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
... weniger
Bibliographische Angaben
- Autor: P.C. Cast
- 526 Seiten, Maße: 14,5 x 22 cm, Geb. mit Su.
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3899418999
- ISBN-13: 9783899418996
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