The Lucky One
Roman
Der Roman zum Film mit Zac Efron als Hörbuch
"Nicholas Sparks schreibt über Sehnsucht und
Liebe wie kein anderer."
TINA
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"Nicholas Sparks schreibt über Sehnsucht und
Liebe wie kein anderer."
TINA
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Produktdetails
Produktinformationen zu „The Lucky One “
Der Roman zum Film mit Zac Efron als Hörbuch
"Nicholas Sparks schreibt über Sehnsucht und
Liebe wie kein anderer."
TINA
Glücksbringer? An so etwas hat Logan Thibault nie geglaubt. Bis zu dem Moment, in dem er sich in höchster Gefahr befindet und zufällig auf das Bild einer schönen Frau stößt. Von diesem Moment an fühlt er sich auf wundersame Weise beschützt. Und er ist überzeugt, dass diese Frau den Schlüssel zu seinem Schicksal in Händen hält. Als er aus dem Krieg zurückkehrt, macht er sich durch ganz Amerika auf die Suche nach der geheimnisvollen Unbekannten. Und sein Leben nimmt eine wunderbare wie dramatische Wendung.
"Nicholas Sparks lässt kein Herz unberührt."
BILD AM SONNTAG
Klappentext zu „The Lucky One “
An der Schwelle zwischen Leben und Tod findet Logan Thibault einen Glücksbringer: die Fotografie einer lächelnden, schönen Frau. Obwohl er sie noch nie zuvor gesehen hat, glaubt Thibault, dass sie den Schlüssel zu seinem Schicksal in Händen hält. Er sucht die geheimnisvolle Frau auf - und sein Leben nimmt eine so wunderbare wie dramatische Wendung.
Lese-Probe zu „The Lucky One “
The Lucky One - Für immer der Deine von Nicholas SparksKAPITEL 1
Clayton und Thibault
... mehr
Er hatte sie nicht kommen hören, und aus der Nähe gefielen ihm die beiden auch nicht besser als von weitem. Vor allem der Hund war ihm unsympathisch. Deputy Keith Clayton, Beamter im Sheriff's Department, mochte keine deutschen Schäferhunde, auch wenn sie noch so friedlich aussahen. Und dieser hier erinnerte ihn an Panther, den Begleiter von Deputy Kenny Moore, der blitzschnell losschoss und jeden Verdächtigen in den Schritt biss, wenn man ihn auch nur andeutungsweise dazu aufforderte. Eigentlich fand Clayton seinen Kollegen Moore völlig verrückt, aber er war der Einzige in der Abteilung, den er tendenziell als Freund betrachtete. Und diese Geschichten, wie Panther die Leute attackierte, erzählte Moore wirklich witzig, so dass sich alle immer bogen vor Lachen. Garantiert hätte Moore die kleine Nacktbadeparty, die Clayton soeben aufgestöbert hatte, auch sehr gut gefallen. Zuerst hatte er unten am Fluss aus der Ferne zwei Studentinnen dabei ertappt, wie sie sich unverhüllt von der Morgensonne bräunen ließen. Er machte natürlich gleich ein paar Schnappschüsse von ihnen - aber da tauchte plötzlich hinter einem Hortensienstrauch ein drittes Mädchen auf. Hektisch warf er die Kamera ins Gebüsch und kam hinter seinem Baum hervor. Eine Sekunde später stand er vor der Studentin.
»Na, was haben wir denn hier?«, fragte er mit dickem Südstaatenakzent, um sie möglichst gleich in die Defensive zu drängen.
Es ärgerte ihn, dass er beim Fotografieren überrascht worden war, und mit seiner lahmen Begrüßungsformel war er auch nicht zufrieden. Normalerweise trat er in solchen Situationen souveräner auf. Wesentlich souveräner sogar. Zum Glück war das Mädchen viel zu eingeschüchtert, um seine Unsicherheit zu registrieren. Sie hüpfte ein paar Schritte rückwärts und wäre dabei fast gestolpert. Hilflos stammelnd versuchte sie, sich mit den Händen zu bedecken. Es sah aus, als würde ein kleines Kind versuchen, ganz allein Twister zu spielen.
Clayton grinste breit und tat so, als merkte er gar nicht, dass sie splitternackt war. Oder als würde er jeden Tag im Wald unbekleideten jungen Damen begegnen. Seine Nervosität war verflogen, weil sie offensichtlich seine Kamera nicht gesehen hatte.
»Nur keine Panik, wenn ich bitten darf. Aber können Sie mir vielleicht erklären, was hier los ist?«, fragte er.
Dabei wusste er ganz genau, was los war. Es passierte jeden Sommer ein paarmal, vor allem im August: Studentinnen von der Chapel Hill University oder der North Carolina State University in Raleigh fuhren für ein verlängertes Wochenende nach Emerald Isle ans Meer, ehe das Herbstsemester begann. Unterwegs machten sie einen kleinen Abstecher zu dem alten Waldweg, der früher zur Holzabfuhr gedient hatte. Dieser Weg schlängelte sich knapp zwei Kilometer durch den National Forest, bis zu der Stelle, wo der Swan Creek eine scharfe Biegung in Richtung South River machte. Dort gab es einen hübschen kleinen Kiesstrand, und jeder wusste, dass man da ungestört nackt baden konnte.
Clayton hatte keine Ahnung, wie diese Tradition entstanden war. Aber er hatte sich angewöhnt, öfter mal dort vorbeizufahren, immer in der Hoffnung, einen Glückstreffer zu landen, so wie heute. Vor sechs Wochen hatte er sechs entblößte Mädels aufgespürt, jetzt waren es immerhin drei. Die beiden, die bisher auf ihren Handtüchern gedöst hatten, tasteten hastig nach ihren T-Shirts. Die eine war etwas zu mollig für seinen Geschmack, aber die beiden anderen - auch die Brünette, die vor ihm stand - hatten eine Figur, die jeden männlichen Kommilitonen um den Verstand bringen konnte. Und jeden Polizeibeamten.
»Wir wussten nicht, dass Leute hierherkommen. Wir haben gedacht, das darf man hier.«
Sie machte so ein Unschuldsgesicht, dass er automatisch dachte: Na, Daddy wäre bestimmt superstolz, wenn er wüsste, was sein kleines Töchterchen hier anstellt. Er malte sich aus, wie erschrocken sie auf diesen Satz reagieren würde, aber weil er Uniform trug, musste er leider etwas Seriöses von sich geben. Außerdem durfte er auf keinen Fall zu weit gehen. Wenn es sich herumsprach, dass hier in der Gegend Polizei patrouillierte, kamen bald keine Studentinnen mehr, und das wäre doch sehr schade.
»Kommen Sie mit. Ich würde gern auch mit Ihren Freundinnen sprechen.«
Er folgte ihr hinunter zum Kiesstrand und beobachtete dabei belustigt, wie sie vergeblich versuchte, ihre Rückseite zu schützen. Sehr niedlich. Als sie die Lichtung beim Fluss erreichten, hatten die beiden anderen Mädchen bereits ihre T-Shirts angezogen. Die Brünette hopste schnell zu ihnen, schnappte sich ein Handtuch und warf dabei ein paar Bierdosen um. Clayton deutete auf einen Baum in der Nähe.
»Habt ihr das Schild hier nicht gesehen?«
Wie auf Kommando schauten drei Augenpaare in die angegebene Richtung. Die Menschen sind Schafe und warten nur auf den nächsten Befehl, dachte Clayton. Das Schild war klein und teilweise durch die niedrigen Zweige einer alten immergrünen Eiche verdeckt. Auf Anordnung von Richter Kendrick Clayton war es dort aufgehängt worden. Dieser Richter war, nebenbei bemerkt, Keiths Onkel, und der Vorschlag, hier so einen Hinweis anzubringen, stammte von Keith Clayton selbst - er wusste nämlich, dass ein offizielles Verbot die Anziehungskraft des Ortes nur noch steigern würde.
»Nein, das haben wir gar nicht bemerkt!«, rief die Brünette entsetzt, während sie sich in ihr Handtuch wickelte. »Wir hatten keine Ahnung. Uns hat erst vor ein paar Tagen jemand von diesem Strand erzählt!« Die anderen beiden waren so verängstigt, dass sie kein Wort herausbrachten und sich nur stumm bemühten, irgendwie in ihre Bikini-Unterteile zu kommen. Aber das dritte Mädchen redete tapfer weiter. »Wir sind heute wirklich zum allerersten Mal hier!«
Sie klang, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Typisch für so eine verwöhnte höhere Tochter. Bestimmt gehörten sie alle drei in diese Kategorie. Man sah es ihnen irgendwie an.
»Wusstet ihr, dass öffentliche Nacktheit hierzulande ein kriminelles Vergehen ist?«
Er sah, wie die drei Grazien erblassten. Bestimmt hatten sie Angst, diese Übertretung des Gesetzes würde als Aktennotiz in ihrem polizeilichen Führungszeugnis auftauchen. Ein Bild für die Götter, diese Mädels. Aber er musste wirklich vorsichtig sein und durfte auf keinen Fall seine Strenge übertreiben.
»Wie heißt ihr? «
»Ich heiße Amy«, sagte das Mädchen mit den braunen Haaren und schluckte. »Amy White.«
»Und woher kommt ihr? «
»Ich komme aus Chapel Hill. Das heißt, eigentlich aus Charlotte.«
»Ich sehe, dass hier alkoholische Getränke herumstehen. Dürft ihr überhaupt schon Alkohol trinken? Seid ihr schon einundzwanzig?«
Endlich zeigten auch die anderen beiden eine Reaktion. »Jawohl, Sir«, antworteten alle drei im Chor.
»Okay, Amy. Ich sage euch jetzt, was ich tun werde. Dass ihr das Schild nicht gesehen habt, glaube ich euch. Und auch, dass ihr berechtigt seid, Alkohol zu trinken. Deshalb bin ich bereit, ein Auge zuzudrücken und keine Staatsaktion daraus zu machen. Ich werde so tun, als wäre ich nie hier gewesen. Im Gegenzug müsst ihr mir allerdings versprechen, dass ihr nicht zu meinem Vorgesetzten rennt und ihm erzählt, ich hätte euch ohne Strafe laufen lassen.«
Die Mädchen wussten nicht recht, ob sie ihm trauen sollten.
»Ehrlich?«, flüsterte Amy.
»Ehrlich«, wiederholte er. »Ich war schließlich auch mal auf dem College.« Das stimmte zwar nicht, aber es klang gut, fand er. »Und wenn ihr euch jetzt bitte anziehen würdet ... Man weiß ja nie, wer sonst noch durchs Gebüsch schleicht.« Er grinste vielsagend. »Und, bitte, entsorgt sämtliche Bierdosen, verstanden?«
»Jawohl, Sir.«
»Sehr gut.« Er wandte sich zum Gehen.
»War's das?«, rief Amy verdutzt.
Clayton drehte sich um und grinste wieder. »Ja, das war's. Und passt gut auf euch auf.«
Durchs Unterholz machte er sich auf den Weg zurück zu seinem Streifenwagen. Immer wieder musste er sich wegen der niedrigen Zweige ducken. Er hatte seine Sache gut gemacht, fand er. Sehr gut sogar. Und Amy hatte ihm am Schluss noch zugelächelt! Kurz spielte er mit dem Gedanken, ob er nicht umdrehen und sie um ihre Telefonnummer bitten sollte. Nein, befand er dann, es war besser, es bei dieser Begegnung zu belassen. Höchstwahrscheinlich erzählten die drei ihren Freundinnen, der Sheriff habe sie zwar beim Nacktbaden erwischt, aber es sei nichts Schlimmes passiert. Es würde sich herumsprechen, dass die Polizeibeamten in dieser Gegend cool waren. Und hoffentlich hatte er ein paar knackige Aufnahmen hinbekommen, als hübsche Ergänzung zu seiner bisherigen Sammlung.
Als er gerade die Kamera aus dem Gebüsch holen wollte, hörte er ein Pfeifen. Er folgte dem Geräusch bis zu der ehemaligen Holzzufahrt. Dort entdeckte er einen unbekannten Mann, der langsam den Weg entlangging. Mit Hund. Der Typ erinnerte ihn an die Hippies aus den sechziger Jahren.
Auf jeden Fall gehörte er nicht zu den Mädchen. Erstens war er zu alt fürs College - mindestens Ende zwanzig. Mit seinen langen Haaren würde er auch nicht zu den höheren Töchtern passen, oder? Auf dem Rücken trug er einen schweren Rucksack, an den unten ein Schlafsack geschnallt war. Dieser Mann wollte nicht für einen Tag zum Strand, nein, er wirkte wie jemand, der eine richtige Wanderung machte. Vermutlich mit Camping. Wie lange war er schon hier? Hatte er etwas gesehen?
Hatte er - zum Beispiel - mitbekommen, wie Clayton fotografierte?
Nein, das war völlig unmöglich. Vom Weg aus konnte man nichts sehen, weil das Unterholz viel zu dicht war, und wenn jemand durch den Wald gegangen wäre, hätte Clayton das gehört. Unter Garantie. Trotzdem erschien es ihm eigenartig, dass er in dieser Gegend einem Wanderer begegnete. Hier gab es keine Touristenattraktionen, man befand sich mitten im Nichts. Und Clayton wollte mit allen Mitteln verhindern, dass irgendwelche blöden Hippies den Studentinnen das Strandleben vermiesten.
Inzwischen war der Fremde an ihm vorbeigegangen. Er näherte sich dem Streifenwagen und dem Jeep, in dem die Mädchen gekommen waren. Clayton trat auf den Waldweg und räusperte sich. Der Fremde und sein Hund drehten sich um.
Aus der Distanz versuchte der Deputy, sie einzuschätzen. Der Mann schien nicht besonders beeindruckt von seinem plötzlichen Erscheinen. Der Hund auch nicht. Im Blick des Fremden lag etwas, was Clayton durcheinander brachte. Es war fast so, als hätten er und sein Begleiter ihn bereits erwartet. Der Hund wirkte verschlossen, intelligent und gleichzeitig extrem wachsam - genau wie Panther, bevor Kenny Moore ihn losließ. Claytons Magen krampfte sich zusammen. Am liebsten hätte er seinen Intimbereich mit den Händen bedeckt, aber er beherrschte sich.
Eine ganze Weile starrten Clayton und der Fremde einander an. Der Deputy wusste natürlich, dass seine Uniform die Leute in der Regel verunsicherte. Auch wenn sie gar nichts verbrochen hatten. Jeder wurde unruhig in Gegenwart eines Gesetzeshüters, und Clayton ging davon aus, dass dieser Typ da keine Ausnahme bildete. Die einschüchternde Wirkung seiner Berufsbekleidung war schließlich einer der Gründe, warum er schon als Kind gern Polizist werden wollte.
»Haben Sie eine Leine für Ihren Hund?«, rief er. Es sollte wie ein Befehl klingen, nicht wie eine Frage.
»In meinem Rucksack.«
Clayton konnte in der Aussprache des Mannes keinen regionalen Akzent ausmachen. Er redet Englisch wie Johnny Carson, hätte seine Mutter gesagt, weil ja so ein Talkmaster im Fernsehen keinen Akzent haben durfte. »Nehmen Sie ihn an die Leine.«
»Keine Sorge. Er rührt sich nicht, wenn ich es nicht sage.«
»Trotzdem.«
Der Fremde nahm seinen Rucksack ab und wühlte darin herum. Clayton reckte den Hals in der Hoffnung, vielleicht etwas zu erspähen, was nach Drogen oder nach einer Waffe aussah. Gleich darauf war der Hund angeleint, und der Mann musterte den Deputy mit einem Gesichtsausdruck, der zu fragen schien: Und was jetzt?
»Was machen Sie hier?«, fragte Clayton.
»Wandern.«
»Ihr Rucksack ist ganz schön groß für eine einfache Wanderung.«
Der Fremde reagierte nicht.
»Oder sind Sie vielleicht nur herumgeschlichen, weil Sie dachten, es gibt hier was zu sehen?«
»Tun das die Leute hier?«
Weder der Tonfall noch die versteckte Andeutung in diesem Satz gefiel Clayton. »Ich möchte Ihren Ausweis sehen.«
Wieder nahm der Mann den Rucksack ab und holte gehorsam seinen Pass heraus. Mit der flachen Hand gab er dem Hund zu verstehen, er solle sitzen bleiben, während er auf Clayton zuging, um ihm den Pass zu zeigen.
»Sie haben Ihren Führerschein nicht dabei?« Normalerweise trug niemand seinen Pass mit sich herum, weil der Führerschein als Ausweis genügte.
»Ich besitze keinen.«
Clayton studierte den Namen, formte ihn mit den Lippen. »Logan Thibault?«
Der Fremde nickte.
»Woher kommen Sie?«
»Aus Colorado.«
»Ganz schön weit weg von hier.«
Schweigen.
»Haben Sie ein bestimmtes Ziel?«
»Ich bin unterwegs nach Arden.«
»Was ist in Arden? «
»Kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ich war noch nie dort.«
Clayton runzelte die Stirn. Die Antwort fand er frech. Fast schon unverschämt. Jedenfalls passte sie ihm nicht. Überhaupt konnte er den Kerl nicht ausstehen. »Warten Sie einen Moment«, sagte er. »Sie haben doch sicher nichts dagegen, wenn ich die Daten überprüfe.«
»Bitte - gern.«
Als Clayton zu seinem Wagen ging, schaute er kurz über die Schulter und sah, dass Thibault eine kleine Schüssel aus seinem Rucksack holte und sie mit Wasser aus einer Flasche füllte. Er wirkte völlig unbekümmert. Als wäre ihm alles egal.
Wir werden schon was finden, Freundchen! In seinem Streifenwagen nahm Clayton Funkkontakt mit der Zentrale auf, gab den Namen durch und buchstabierte ihn. Die Frau in der Zentrale unterbrach ihn.
»Das spricht man Ti-bo aus. Ist französisch.«
»Die Aussprache interessiert mich nicht. Ti-bo! Mir doch egal. Ich spreche ihn amerikanisch aus. Thai-bolt.« »Ich wollte nur -«
»Ist schon gut, Marge. Du sollst die Daten überprüfen.«
»Sieht er aus wie ein Franzose?«
»Woher zum Teufel soll ich wissen, wie ein Franzose aussieht?«
»Ich frag doch bloß. Reg dich nicht gleich so auf. Wir haben hier viel Stress.«
Ja, klar, dachte Clayton. Vor allem müsst ihr Donuts futtern. Im Lauf eines Arbeitstages verdrückte Marge mindestens ein Dutzend Krispy Kremes. Sie wog sicher hundertfünfzig Kilo, wenn nicht mehr.
Durchs Wagenfenster sah er, dass der Fremde neben seinem Hund kauerte und ihm etwas zuflüsterte, während dieser das Wasser schlabberte. Clayton schüttelte den Kopf. Wie konnte man nur mit Tieren reden! So was machten doch ausschließlich Spinner. Als würde der Hund irgendetwas verstehen außer den Grundkommandos. Seine Exfrau quasselte auch immer auf ihre Hunde ein und behandelte sie wie Menschen. Eigentlich hätte er daran schon anfangs merken müssen, dass es keinen Sinn mit ihr hatte. Dann wäre ihm viel Ärger erspart geblieben.
»Ich kann nichts finden«, hörte er Marge sagen. Sie klang, als würde sie etwas kauen. »Soweit ich das sehe, gibt es keine ausstehenden Haftbefehle.«
»Bist du dir da ganz sicher?«
»Natürlich! Ich verstehe was von meinem Job.«
Es war, als hätte der Fremde das Gespräch mitgehört. Jedenfalls richtete er sich auf, packte die Schüssel wieder ein und schulterte den Rucksack.
»Sind auch keine Anrufe eingegangen? Über Leute, die herumstreunen oder so?«
»Nein, heute Morgen ist das Telefon ruhig. Wo steckst du überhaupt? Dein Dad hat dich schon gesucht.« Claytons Dad war der Sheriff.
»Sag ihm, ich bin gleich da.«
»Er ist ziemlich sauer.«
»Dann richte ihm aus, dass ich auf Patrouille bin, okay?«
Damit er weiß, ich arbeite, hätte er am liebsten hinzugefügt, ließ es aber bleiben.
»Wird gemacht.«
Schon besser.
»Ich muss los.«
Er hängte das Funkgerät wieder ein, blieb aber noch einen Moment sitzen. Schade eigentlich. Es hätte Spaß gemacht, den Typen in eine Zelle zu sperren, mit seiner Mädchenfrisur und allem. Die Brüder Landry hätten sich garantiert blendend mit ihm amüsiert. Sie waren samstagabends sozusagen Stammgäste: wegen Trunkenheit, wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses, wegen Schlägereien - meistens verprügelten sie sich gegenseitig. Außer wenn sie eingelocht waren. Dann suchten sie sich andere Opfer.
Clayton legte die Hand auf den Türgriff. Und warum war sein Dad diesmal sauer? Der alte Herr ging ihm auf die Nerven. Tu dies. Tu das. Hast du die Unterlagen schon bearbeitet? Warum bist du so spät dran? Wenn sein Vater loslegte, hätte Clayton immer am liebsten klargestellt, dass ihn das nichts anging und er sich um seinen eigenen Kram kümmern sollte. Aber der Alte bildete sich ein, er hätte bei ihm noch das Sagen.
Na, egal. Früher oder später würde er es schon kapieren. Und Clayton musste erst mal den Hippie loswerden, bevor die Mädchen kamen. In diesem Wald sollten sich die Menschen wohlfühlen. Versiffte Wanderer konnten alles kaputt machen.
Clayton stieg aus, knallte die Tür hinter sich zu. Der Hund legte den Kopf schief, als der Deputy näher kam und Thibault den Pass hinhielt. »Entschuldigen Sie die Verzögerung, Mr Thai-bolt.« Diesmal sprach er den Namen absichtlich falsch aus. »Ich habe nur meine Pflicht getan. Oder haben Sie etwa Drogen und Waffen in Ihrem Rucksack?«
»Habe ich nicht.«
»Könnte ich mal selbst nachsehen?«
»Lieber nicht. Sie wissen doch - der vierte Zusatzartikel zur Verfassung und so.«
Nicht zu fassen! Jetzt belehrte dieser Vollidiot ihn auch noch indirekt, dass es im amerikanischen Rechtssystem so etwas wie einen Schutz der Privatsphäre gab!
»Ich sehe, Sie haben einen Schlafsack dabei. Zelten Sie irgendwo?«
»Gestern Abend war ich in Burke County.«
Clayton musterte den Mann eingehend, während er über die Antwort nachdachte.
»Hier in der Gegend gibt es keine Campingplätze.« Der Fremde schwieg.
Nun war Clayton derjenige, der den Blick abwandte.
»Sie sollten den Hund besser an der Leine lassen.« »Soviel ich weiß, gibt es in diesem Bezirk keinen Leinenzwang.«
»Stimmt. Ich meine ja nur - damit Ihr Hund nicht in Gefahr gerät. Auf der Hauptstraße ist viel Verkehr.«
»Ich werde aufpassen.«
»Gut.« Clayton wollte gehen, überlegte es sich aber anders. »Nur noch eine Frage - wie lange sind Sie schon hier unterwegs?«
»Ich bin gerade den Waldweg hochgekommen. Warum fragen Sie?«
Der Ton, in dem er antwortete, irritierte Clayton. Er zögerte für einen Moment. Aber nein - der Typ konnte ihn unmöglich beim Fotografieren beobachtet haben. »Nur so.«
»Kann ich jetzt los?«
»Ja. Klar.«
Clayton schaute ihm nach. Herr und Hund gingen weiter die Straße entlang. Sobald sie außer Sichtweite waren, ging Clayton zurück zu dem Gebüsch, um die Kamera zu holen. Er fasste zielstrebig zwischen die Zweige. Nichts. Das konnte doch nicht wahr sein! Um sich zu vergewissern, dass er sich an der richtigen Stelle befand, ging er ein paar Schritte zurück. Schließlich kniete er nieder und suchte den Boden ab. Er geriet in Panik. Die Kamera gehörte dem Sheriff's Department. Er hatte sie sich nur geborgt, speziell für diese Unternehmung. Sein Dad löcherte ihn bestimmt mit tausend Fragen, wenn sich herausstellte, dass sie nicht mehr da war. Noch schlimmer würde er natürlich ausrasten, wenn festgestellt wurde, dass auf der Speicherkarte lauter Nacktfotos waren. In puncto Verhaltenskodex konnte sein Vater fürchterlich pedantisch sein.
Inzwischen waren mindestens fünf Minuten vergangen. Clayton hörte das Aufheulen eines Motors. Wahrscheinlich fuhren die Studentinnen weg. Was hatten sie wohl gedacht, als sie seinen Streifenwagen noch dastehen sahen? Aber darüber durfte er sich keine Gedanken machen. Im Moment hatte er andere Probleme.
Die Kamera war weg.
...
Übersetzung: Adelheid Zöfel
Copyright © 2009 der deutschen Ausgabe
by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Er hatte sie nicht kommen hören, und aus der Nähe gefielen ihm die beiden auch nicht besser als von weitem. Vor allem der Hund war ihm unsympathisch. Deputy Keith Clayton, Beamter im Sheriff's Department, mochte keine deutschen Schäferhunde, auch wenn sie noch so friedlich aussahen. Und dieser hier erinnerte ihn an Panther, den Begleiter von Deputy Kenny Moore, der blitzschnell losschoss und jeden Verdächtigen in den Schritt biss, wenn man ihn auch nur andeutungsweise dazu aufforderte. Eigentlich fand Clayton seinen Kollegen Moore völlig verrückt, aber er war der Einzige in der Abteilung, den er tendenziell als Freund betrachtete. Und diese Geschichten, wie Panther die Leute attackierte, erzählte Moore wirklich witzig, so dass sich alle immer bogen vor Lachen. Garantiert hätte Moore die kleine Nacktbadeparty, die Clayton soeben aufgestöbert hatte, auch sehr gut gefallen. Zuerst hatte er unten am Fluss aus der Ferne zwei Studentinnen dabei ertappt, wie sie sich unverhüllt von der Morgensonne bräunen ließen. Er machte natürlich gleich ein paar Schnappschüsse von ihnen - aber da tauchte plötzlich hinter einem Hortensienstrauch ein drittes Mädchen auf. Hektisch warf er die Kamera ins Gebüsch und kam hinter seinem Baum hervor. Eine Sekunde später stand er vor der Studentin.
»Na, was haben wir denn hier?«, fragte er mit dickem Südstaatenakzent, um sie möglichst gleich in die Defensive zu drängen.
Es ärgerte ihn, dass er beim Fotografieren überrascht worden war, und mit seiner lahmen Begrüßungsformel war er auch nicht zufrieden. Normalerweise trat er in solchen Situationen souveräner auf. Wesentlich souveräner sogar. Zum Glück war das Mädchen viel zu eingeschüchtert, um seine Unsicherheit zu registrieren. Sie hüpfte ein paar Schritte rückwärts und wäre dabei fast gestolpert. Hilflos stammelnd versuchte sie, sich mit den Händen zu bedecken. Es sah aus, als würde ein kleines Kind versuchen, ganz allein Twister zu spielen.
Clayton grinste breit und tat so, als merkte er gar nicht, dass sie splitternackt war. Oder als würde er jeden Tag im Wald unbekleideten jungen Damen begegnen. Seine Nervosität war verflogen, weil sie offensichtlich seine Kamera nicht gesehen hatte.
»Nur keine Panik, wenn ich bitten darf. Aber können Sie mir vielleicht erklären, was hier los ist?«, fragte er.
Dabei wusste er ganz genau, was los war. Es passierte jeden Sommer ein paarmal, vor allem im August: Studentinnen von der Chapel Hill University oder der North Carolina State University in Raleigh fuhren für ein verlängertes Wochenende nach Emerald Isle ans Meer, ehe das Herbstsemester begann. Unterwegs machten sie einen kleinen Abstecher zu dem alten Waldweg, der früher zur Holzabfuhr gedient hatte. Dieser Weg schlängelte sich knapp zwei Kilometer durch den National Forest, bis zu der Stelle, wo der Swan Creek eine scharfe Biegung in Richtung South River machte. Dort gab es einen hübschen kleinen Kiesstrand, und jeder wusste, dass man da ungestört nackt baden konnte.
Clayton hatte keine Ahnung, wie diese Tradition entstanden war. Aber er hatte sich angewöhnt, öfter mal dort vorbeizufahren, immer in der Hoffnung, einen Glückstreffer zu landen, so wie heute. Vor sechs Wochen hatte er sechs entblößte Mädels aufgespürt, jetzt waren es immerhin drei. Die beiden, die bisher auf ihren Handtüchern gedöst hatten, tasteten hastig nach ihren T-Shirts. Die eine war etwas zu mollig für seinen Geschmack, aber die beiden anderen - auch die Brünette, die vor ihm stand - hatten eine Figur, die jeden männlichen Kommilitonen um den Verstand bringen konnte. Und jeden Polizeibeamten.
»Wir wussten nicht, dass Leute hierherkommen. Wir haben gedacht, das darf man hier.«
Sie machte so ein Unschuldsgesicht, dass er automatisch dachte: Na, Daddy wäre bestimmt superstolz, wenn er wüsste, was sein kleines Töchterchen hier anstellt. Er malte sich aus, wie erschrocken sie auf diesen Satz reagieren würde, aber weil er Uniform trug, musste er leider etwas Seriöses von sich geben. Außerdem durfte er auf keinen Fall zu weit gehen. Wenn es sich herumsprach, dass hier in der Gegend Polizei patrouillierte, kamen bald keine Studentinnen mehr, und das wäre doch sehr schade.
»Kommen Sie mit. Ich würde gern auch mit Ihren Freundinnen sprechen.«
Er folgte ihr hinunter zum Kiesstrand und beobachtete dabei belustigt, wie sie vergeblich versuchte, ihre Rückseite zu schützen. Sehr niedlich. Als sie die Lichtung beim Fluss erreichten, hatten die beiden anderen Mädchen bereits ihre T-Shirts angezogen. Die Brünette hopste schnell zu ihnen, schnappte sich ein Handtuch und warf dabei ein paar Bierdosen um. Clayton deutete auf einen Baum in der Nähe.
»Habt ihr das Schild hier nicht gesehen?«
Wie auf Kommando schauten drei Augenpaare in die angegebene Richtung. Die Menschen sind Schafe und warten nur auf den nächsten Befehl, dachte Clayton. Das Schild war klein und teilweise durch die niedrigen Zweige einer alten immergrünen Eiche verdeckt. Auf Anordnung von Richter Kendrick Clayton war es dort aufgehängt worden. Dieser Richter war, nebenbei bemerkt, Keiths Onkel, und der Vorschlag, hier so einen Hinweis anzubringen, stammte von Keith Clayton selbst - er wusste nämlich, dass ein offizielles Verbot die Anziehungskraft des Ortes nur noch steigern würde.
»Nein, das haben wir gar nicht bemerkt!«, rief die Brünette entsetzt, während sie sich in ihr Handtuch wickelte. »Wir hatten keine Ahnung. Uns hat erst vor ein paar Tagen jemand von diesem Strand erzählt!« Die anderen beiden waren so verängstigt, dass sie kein Wort herausbrachten und sich nur stumm bemühten, irgendwie in ihre Bikini-Unterteile zu kommen. Aber das dritte Mädchen redete tapfer weiter. »Wir sind heute wirklich zum allerersten Mal hier!«
Sie klang, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Typisch für so eine verwöhnte höhere Tochter. Bestimmt gehörten sie alle drei in diese Kategorie. Man sah es ihnen irgendwie an.
»Wusstet ihr, dass öffentliche Nacktheit hierzulande ein kriminelles Vergehen ist?«
Er sah, wie die drei Grazien erblassten. Bestimmt hatten sie Angst, diese Übertretung des Gesetzes würde als Aktennotiz in ihrem polizeilichen Führungszeugnis auftauchen. Ein Bild für die Götter, diese Mädels. Aber er musste wirklich vorsichtig sein und durfte auf keinen Fall seine Strenge übertreiben.
»Wie heißt ihr? «
»Ich heiße Amy«, sagte das Mädchen mit den braunen Haaren und schluckte. »Amy White.«
»Und woher kommt ihr? «
»Ich komme aus Chapel Hill. Das heißt, eigentlich aus Charlotte.«
»Ich sehe, dass hier alkoholische Getränke herumstehen. Dürft ihr überhaupt schon Alkohol trinken? Seid ihr schon einundzwanzig?«
Endlich zeigten auch die anderen beiden eine Reaktion. »Jawohl, Sir«, antworteten alle drei im Chor.
»Okay, Amy. Ich sage euch jetzt, was ich tun werde. Dass ihr das Schild nicht gesehen habt, glaube ich euch. Und auch, dass ihr berechtigt seid, Alkohol zu trinken. Deshalb bin ich bereit, ein Auge zuzudrücken und keine Staatsaktion daraus zu machen. Ich werde so tun, als wäre ich nie hier gewesen. Im Gegenzug müsst ihr mir allerdings versprechen, dass ihr nicht zu meinem Vorgesetzten rennt und ihm erzählt, ich hätte euch ohne Strafe laufen lassen.«
Die Mädchen wussten nicht recht, ob sie ihm trauen sollten.
»Ehrlich?«, flüsterte Amy.
»Ehrlich«, wiederholte er. »Ich war schließlich auch mal auf dem College.« Das stimmte zwar nicht, aber es klang gut, fand er. »Und wenn ihr euch jetzt bitte anziehen würdet ... Man weiß ja nie, wer sonst noch durchs Gebüsch schleicht.« Er grinste vielsagend. »Und, bitte, entsorgt sämtliche Bierdosen, verstanden?«
»Jawohl, Sir.«
»Sehr gut.« Er wandte sich zum Gehen.
»War's das?«, rief Amy verdutzt.
Clayton drehte sich um und grinste wieder. »Ja, das war's. Und passt gut auf euch auf.«
Durchs Unterholz machte er sich auf den Weg zurück zu seinem Streifenwagen. Immer wieder musste er sich wegen der niedrigen Zweige ducken. Er hatte seine Sache gut gemacht, fand er. Sehr gut sogar. Und Amy hatte ihm am Schluss noch zugelächelt! Kurz spielte er mit dem Gedanken, ob er nicht umdrehen und sie um ihre Telefonnummer bitten sollte. Nein, befand er dann, es war besser, es bei dieser Begegnung zu belassen. Höchstwahrscheinlich erzählten die drei ihren Freundinnen, der Sheriff habe sie zwar beim Nacktbaden erwischt, aber es sei nichts Schlimmes passiert. Es würde sich herumsprechen, dass die Polizeibeamten in dieser Gegend cool waren. Und hoffentlich hatte er ein paar knackige Aufnahmen hinbekommen, als hübsche Ergänzung zu seiner bisherigen Sammlung.
Als er gerade die Kamera aus dem Gebüsch holen wollte, hörte er ein Pfeifen. Er folgte dem Geräusch bis zu der ehemaligen Holzzufahrt. Dort entdeckte er einen unbekannten Mann, der langsam den Weg entlangging. Mit Hund. Der Typ erinnerte ihn an die Hippies aus den sechziger Jahren.
Auf jeden Fall gehörte er nicht zu den Mädchen. Erstens war er zu alt fürs College - mindestens Ende zwanzig. Mit seinen langen Haaren würde er auch nicht zu den höheren Töchtern passen, oder? Auf dem Rücken trug er einen schweren Rucksack, an den unten ein Schlafsack geschnallt war. Dieser Mann wollte nicht für einen Tag zum Strand, nein, er wirkte wie jemand, der eine richtige Wanderung machte. Vermutlich mit Camping. Wie lange war er schon hier? Hatte er etwas gesehen?
Hatte er - zum Beispiel - mitbekommen, wie Clayton fotografierte?
Nein, das war völlig unmöglich. Vom Weg aus konnte man nichts sehen, weil das Unterholz viel zu dicht war, und wenn jemand durch den Wald gegangen wäre, hätte Clayton das gehört. Unter Garantie. Trotzdem erschien es ihm eigenartig, dass er in dieser Gegend einem Wanderer begegnete. Hier gab es keine Touristenattraktionen, man befand sich mitten im Nichts. Und Clayton wollte mit allen Mitteln verhindern, dass irgendwelche blöden Hippies den Studentinnen das Strandleben vermiesten.
Inzwischen war der Fremde an ihm vorbeigegangen. Er näherte sich dem Streifenwagen und dem Jeep, in dem die Mädchen gekommen waren. Clayton trat auf den Waldweg und räusperte sich. Der Fremde und sein Hund drehten sich um.
Aus der Distanz versuchte der Deputy, sie einzuschätzen. Der Mann schien nicht besonders beeindruckt von seinem plötzlichen Erscheinen. Der Hund auch nicht. Im Blick des Fremden lag etwas, was Clayton durcheinander brachte. Es war fast so, als hätten er und sein Begleiter ihn bereits erwartet. Der Hund wirkte verschlossen, intelligent und gleichzeitig extrem wachsam - genau wie Panther, bevor Kenny Moore ihn losließ. Claytons Magen krampfte sich zusammen. Am liebsten hätte er seinen Intimbereich mit den Händen bedeckt, aber er beherrschte sich.
Eine ganze Weile starrten Clayton und der Fremde einander an. Der Deputy wusste natürlich, dass seine Uniform die Leute in der Regel verunsicherte. Auch wenn sie gar nichts verbrochen hatten. Jeder wurde unruhig in Gegenwart eines Gesetzeshüters, und Clayton ging davon aus, dass dieser Typ da keine Ausnahme bildete. Die einschüchternde Wirkung seiner Berufsbekleidung war schließlich einer der Gründe, warum er schon als Kind gern Polizist werden wollte.
»Haben Sie eine Leine für Ihren Hund?«, rief er. Es sollte wie ein Befehl klingen, nicht wie eine Frage.
»In meinem Rucksack.«
Clayton konnte in der Aussprache des Mannes keinen regionalen Akzent ausmachen. Er redet Englisch wie Johnny Carson, hätte seine Mutter gesagt, weil ja so ein Talkmaster im Fernsehen keinen Akzent haben durfte. »Nehmen Sie ihn an die Leine.«
»Keine Sorge. Er rührt sich nicht, wenn ich es nicht sage.«
»Trotzdem.«
Der Fremde nahm seinen Rucksack ab und wühlte darin herum. Clayton reckte den Hals in der Hoffnung, vielleicht etwas zu erspähen, was nach Drogen oder nach einer Waffe aussah. Gleich darauf war der Hund angeleint, und der Mann musterte den Deputy mit einem Gesichtsausdruck, der zu fragen schien: Und was jetzt?
»Was machen Sie hier?«, fragte Clayton.
»Wandern.«
»Ihr Rucksack ist ganz schön groß für eine einfache Wanderung.«
Der Fremde reagierte nicht.
»Oder sind Sie vielleicht nur herumgeschlichen, weil Sie dachten, es gibt hier was zu sehen?«
»Tun das die Leute hier?«
Weder der Tonfall noch die versteckte Andeutung in diesem Satz gefiel Clayton. »Ich möchte Ihren Ausweis sehen.«
Wieder nahm der Mann den Rucksack ab und holte gehorsam seinen Pass heraus. Mit der flachen Hand gab er dem Hund zu verstehen, er solle sitzen bleiben, während er auf Clayton zuging, um ihm den Pass zu zeigen.
»Sie haben Ihren Führerschein nicht dabei?« Normalerweise trug niemand seinen Pass mit sich herum, weil der Führerschein als Ausweis genügte.
»Ich besitze keinen.«
Clayton studierte den Namen, formte ihn mit den Lippen. »Logan Thibault?«
Der Fremde nickte.
»Woher kommen Sie?«
»Aus Colorado.«
»Ganz schön weit weg von hier.«
Schweigen.
»Haben Sie ein bestimmtes Ziel?«
»Ich bin unterwegs nach Arden.«
»Was ist in Arden? «
»Kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ich war noch nie dort.«
Clayton runzelte die Stirn. Die Antwort fand er frech. Fast schon unverschämt. Jedenfalls passte sie ihm nicht. Überhaupt konnte er den Kerl nicht ausstehen. »Warten Sie einen Moment«, sagte er. »Sie haben doch sicher nichts dagegen, wenn ich die Daten überprüfe.«
»Bitte - gern.«
Als Clayton zu seinem Wagen ging, schaute er kurz über die Schulter und sah, dass Thibault eine kleine Schüssel aus seinem Rucksack holte und sie mit Wasser aus einer Flasche füllte. Er wirkte völlig unbekümmert. Als wäre ihm alles egal.
Wir werden schon was finden, Freundchen! In seinem Streifenwagen nahm Clayton Funkkontakt mit der Zentrale auf, gab den Namen durch und buchstabierte ihn. Die Frau in der Zentrale unterbrach ihn.
»Das spricht man Ti-bo aus. Ist französisch.«
»Die Aussprache interessiert mich nicht. Ti-bo! Mir doch egal. Ich spreche ihn amerikanisch aus. Thai-bolt.« »Ich wollte nur -«
»Ist schon gut, Marge. Du sollst die Daten überprüfen.«
»Sieht er aus wie ein Franzose?«
»Woher zum Teufel soll ich wissen, wie ein Franzose aussieht?«
»Ich frag doch bloß. Reg dich nicht gleich so auf. Wir haben hier viel Stress.«
Ja, klar, dachte Clayton. Vor allem müsst ihr Donuts futtern. Im Lauf eines Arbeitstages verdrückte Marge mindestens ein Dutzend Krispy Kremes. Sie wog sicher hundertfünfzig Kilo, wenn nicht mehr.
Durchs Wagenfenster sah er, dass der Fremde neben seinem Hund kauerte und ihm etwas zuflüsterte, während dieser das Wasser schlabberte. Clayton schüttelte den Kopf. Wie konnte man nur mit Tieren reden! So was machten doch ausschließlich Spinner. Als würde der Hund irgendetwas verstehen außer den Grundkommandos. Seine Exfrau quasselte auch immer auf ihre Hunde ein und behandelte sie wie Menschen. Eigentlich hätte er daran schon anfangs merken müssen, dass es keinen Sinn mit ihr hatte. Dann wäre ihm viel Ärger erspart geblieben.
»Ich kann nichts finden«, hörte er Marge sagen. Sie klang, als würde sie etwas kauen. »Soweit ich das sehe, gibt es keine ausstehenden Haftbefehle.«
»Bist du dir da ganz sicher?«
»Natürlich! Ich verstehe was von meinem Job.«
Es war, als hätte der Fremde das Gespräch mitgehört. Jedenfalls richtete er sich auf, packte die Schüssel wieder ein und schulterte den Rucksack.
»Sind auch keine Anrufe eingegangen? Über Leute, die herumstreunen oder so?«
»Nein, heute Morgen ist das Telefon ruhig. Wo steckst du überhaupt? Dein Dad hat dich schon gesucht.« Claytons Dad war der Sheriff.
»Sag ihm, ich bin gleich da.«
»Er ist ziemlich sauer.«
»Dann richte ihm aus, dass ich auf Patrouille bin, okay?«
Damit er weiß, ich arbeite, hätte er am liebsten hinzugefügt, ließ es aber bleiben.
»Wird gemacht.«
Schon besser.
»Ich muss los.«
Er hängte das Funkgerät wieder ein, blieb aber noch einen Moment sitzen. Schade eigentlich. Es hätte Spaß gemacht, den Typen in eine Zelle zu sperren, mit seiner Mädchenfrisur und allem. Die Brüder Landry hätten sich garantiert blendend mit ihm amüsiert. Sie waren samstagabends sozusagen Stammgäste: wegen Trunkenheit, wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses, wegen Schlägereien - meistens verprügelten sie sich gegenseitig. Außer wenn sie eingelocht waren. Dann suchten sie sich andere Opfer.
Clayton legte die Hand auf den Türgriff. Und warum war sein Dad diesmal sauer? Der alte Herr ging ihm auf die Nerven. Tu dies. Tu das. Hast du die Unterlagen schon bearbeitet? Warum bist du so spät dran? Wenn sein Vater loslegte, hätte Clayton immer am liebsten klargestellt, dass ihn das nichts anging und er sich um seinen eigenen Kram kümmern sollte. Aber der Alte bildete sich ein, er hätte bei ihm noch das Sagen.
Na, egal. Früher oder später würde er es schon kapieren. Und Clayton musste erst mal den Hippie loswerden, bevor die Mädchen kamen. In diesem Wald sollten sich die Menschen wohlfühlen. Versiffte Wanderer konnten alles kaputt machen.
Clayton stieg aus, knallte die Tür hinter sich zu. Der Hund legte den Kopf schief, als der Deputy näher kam und Thibault den Pass hinhielt. »Entschuldigen Sie die Verzögerung, Mr Thai-bolt.« Diesmal sprach er den Namen absichtlich falsch aus. »Ich habe nur meine Pflicht getan. Oder haben Sie etwa Drogen und Waffen in Ihrem Rucksack?«
»Habe ich nicht.«
»Könnte ich mal selbst nachsehen?«
»Lieber nicht. Sie wissen doch - der vierte Zusatzartikel zur Verfassung und so.«
Nicht zu fassen! Jetzt belehrte dieser Vollidiot ihn auch noch indirekt, dass es im amerikanischen Rechtssystem so etwas wie einen Schutz der Privatsphäre gab!
»Ich sehe, Sie haben einen Schlafsack dabei. Zelten Sie irgendwo?«
»Gestern Abend war ich in Burke County.«
Clayton musterte den Mann eingehend, während er über die Antwort nachdachte.
»Hier in der Gegend gibt es keine Campingplätze.« Der Fremde schwieg.
Nun war Clayton derjenige, der den Blick abwandte.
»Sie sollten den Hund besser an der Leine lassen.« »Soviel ich weiß, gibt es in diesem Bezirk keinen Leinenzwang.«
»Stimmt. Ich meine ja nur - damit Ihr Hund nicht in Gefahr gerät. Auf der Hauptstraße ist viel Verkehr.«
»Ich werde aufpassen.«
»Gut.« Clayton wollte gehen, überlegte es sich aber anders. »Nur noch eine Frage - wie lange sind Sie schon hier unterwegs?«
»Ich bin gerade den Waldweg hochgekommen. Warum fragen Sie?«
Der Ton, in dem er antwortete, irritierte Clayton. Er zögerte für einen Moment. Aber nein - der Typ konnte ihn unmöglich beim Fotografieren beobachtet haben. »Nur so.«
»Kann ich jetzt los?«
»Ja. Klar.«
Clayton schaute ihm nach. Herr und Hund gingen weiter die Straße entlang. Sobald sie außer Sichtweite waren, ging Clayton zurück zu dem Gebüsch, um die Kamera zu holen. Er fasste zielstrebig zwischen die Zweige. Nichts. Das konnte doch nicht wahr sein! Um sich zu vergewissern, dass er sich an der richtigen Stelle befand, ging er ein paar Schritte zurück. Schließlich kniete er nieder und suchte den Boden ab. Er geriet in Panik. Die Kamera gehörte dem Sheriff's Department. Er hatte sie sich nur geborgt, speziell für diese Unternehmung. Sein Dad löcherte ihn bestimmt mit tausend Fragen, wenn sich herausstellte, dass sie nicht mehr da war. Noch schlimmer würde er natürlich ausrasten, wenn festgestellt wurde, dass auf der Speicherkarte lauter Nacktfotos waren. In puncto Verhaltenskodex konnte sein Vater fürchterlich pedantisch sein.
Inzwischen waren mindestens fünf Minuten vergangen. Clayton hörte das Aufheulen eines Motors. Wahrscheinlich fuhren die Studentinnen weg. Was hatten sie wohl gedacht, als sie seinen Streifenwagen noch dastehen sahen? Aber darüber durfte er sich keine Gedanken machen. Im Moment hatte er andere Probleme.
Die Kamera war weg.
...
Übersetzung: Adelheid Zöfel
Copyright © 2009 der deutschen Ausgabe
by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Autoren-Porträt von Nicholas Sparks
Nicholas Sparks, 1965 in Nebraska geboren, lebt in North Carolina. Mit seinen Romanen, die ausnahmslos die Bestsellerlisten eroberten und weltweit in über 50 Sprachen erscheinen, gilt Sparks als einer der meistgelesenen Autoren der Welt. Mehrere seiner Bestseller wurden erfolgreich verfilmt, drei weitere Filme sind derzeit in Planung. Alle seine Bücher sind bei Heyne erschienen.
Autoren-Interview mit Nicholas Sparks
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vier oder fünf Monate, um einen Roman zu beenden, das Lektorieren nicht eingerechnet. Das dauert noch einmal etwa einen Monat.
Wann haben Sie mit dem Schreiben begonnen?
Nicholas Sparks: Den ersten Roman habe ich mit neunzehn geschrieben, den zweiten mit zweiundzwanzig. Mit fünfundzwanzig habe ich gemeinsam mit Billy Mills, dem Gewinner der olympischen Goldmedaille über 10.000 Meter von 1964, das Buch Wokini oder Die Suche nach dem verborgenen Glück geschrieben. Vier Jahre später folgte Wie ein einziger Tag. (Genauere Informationen dazu finden Sie unter Biografie)
Nehmen Sie sich die Kritiken zu Ihren Büchern zu Herzen?
Nicholas Sparks: Anders als immer wieder behauptet wird, sind die Kritiken zu meinen Romanen keineswegs überwiegend unfreundlich. Tatsächlich sind vier von fünf Kritiken positiv. Das gefällt mir natürlich, aber ich habe immer für mich und meine Leser geschrieben, und so werde ich auch weiter schreiben.
Haben Sie Einfluss auf die Verfilmungen Ihrer Werke?
Nicholas Sparks: Ich kann ein bisschen Einfluss nehmen, je nach Projekt. Ich lese das Drehbuch und gebe Kommentare dazu ab, wenn erwünscht. Nicht beteiligt bin ich aber beim Casting, der Finanzierung, der Suche nach Drehorten und anderen Aufgaben, die Filmprofis einfach am besten können.
Wie weit kennen Sie eine Geschichte, wenn Sie mit dem Schreiben beginnen? Wissen Sie zum Beispiel das Ende im Voraus?
Nicholas Sparks: Wenn ich mich einmal für ein Thema entschieden habe, arbeite ich die Geschichte in Gedanken aus und spiele alle möglichen Ideen durch. Noch vor dem Schreiben kenne ich den Anfang und das Ende der Story ebenso wie die fünf oder sechs wichtigen Ereignisse dazwischen, die Wendepunkte in der Geschichte sind. Wenn diese Dinge feststehen, kann ich loslegen. Die Handlung zwischen diesen fünf bis sechs Höhepunkten entwickle ich dann beim Schreiben.
Wie fühlen Sie sich als Mann, der immer Liebesgeschichten schreibt?
Nicholas Sparks: Die Liebesgeschichte ist eines der ältesten und beliebtesten Genres der Literatur. Der Trojanische Krieg der Ilias beispielsweise wurde um der Liebe einer Frau willen geführt. Und natürlich ist Shakespeares Romeo und Julia eine Liebesgeschichte.
Es gibt drei Vorgaben für dieses Genre: a) Originalität, b) Universalität der Charaktere und des Schauplatzes und c) ein Handlungsfaden, der spannend genug ist, um zum Weiterlesen zu verleiten. Da der Hauptkonflikt der Geschichte üblicherweise ein innerer ist, ist es nicht leicht, in diesem Genre zu schreiben. Es ist leichter, eine Geschichte oder eine Figur zu entwerfen, die nur zweien dieser Anforderungen entspricht. (Hannibal Lecter ist beispielsweise interessant und originell, aber nicht universell. Gleiches gilt für Jurassic Park von Michael Crichton). Mit allen dreien wird es schwierig.
Das Gleiche gilt für den inneren Konflikt: Ein äußerer Konflikt (die Aufklärung eines Verbrechens, ein Mörder, der frei herumläuft, ein Monster im Wald, ein Terroranschlag, ein Junge, der zaubern lernt) ist deutlich leichter so zu beschreiben, dass der Leser bei der Stange bleibt, als ein innerer Konflikt (wird Garrett Blake es schaffen, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen? wird sich Allie an Noah erinnern?). Außerdem ist es schwierig, einen allgemeingültigen inneren Konflikt darzustellen, ohne auf uralte Klischees zurückzugreifen, was ich stets zu vermeiden suche.
Doch ich genieße die Herausforderung durch das Genre. Erstaunlicherweise schreiben seit einiger Zeit Männer erfolgreichere Liebesgeschichten als Frauen (während Frauen klar die romantische Literatur dominieren). Love Story ist von Erich Segal, Die Brücken von Madison County von Robert James Waller, Der Pferdeflüsterer von Nicholas Evans - ich bin also nicht allein.
Was lesen Sie selbst?
Nicholas Sparks: Ich lese durchschnittlich 125 Bücher im Jahr - schon seit Jugendzeiten. Darunter kommerzielle Romane ebenso wie ausgewählte moderne Literatur, die "Penguin Classics" - allerdings die unbekannteren, die großen Namen und Bücher habe ich alle schon gelesen, historische Sachbücher und Biografien.
Als zeitgenössische Autoren empfehle ich in alphabetischer Reihenfolge: Frederick Busch, Ethan Canin, Michael Chabon, Tom Clancy, Pat Conroy, Michael Crichton, Nelson DeMille, John Grisham, Carl Hiaasen, John Irving, Joseph Kanon, Jonathan Kellerman, Stephen King, Dean Koontz, Christopher Moore, Richard North Patterson, David Payne, J. K. Rowling, Scott Turow und Tom Wolfe.
Von diesen Autoren habe ich das Gesamtwerk gelesen und lese jedes neue Werk in der ersten Woche nach Erscheinen. Großartige Autoren, großartige Lektüre. Bereits verstorben, aber zu Lebzeiten zu der Liste gehörig: William Coughlin, Dick Francis und James Michener. Und Agatha Christie, die eigentlich nicht zeitgenössisch ist, aber so schreibt, als wäre sie's, und die auf keiner Lieblingsliste von mir fehlen darf.
Wer ist Ihr Lieblingsautor?
Nicholas Sparks: Ich lese so viele Bücher, dass es unmöglich ist, mich auf einen Lieblingsautor festzulegen. Aber es gibt nur einen zeitgenössischen Schriftsteller, dessen Werk meiner Meinung nach noch in hundert Jahren gelesen wird: Stephen King. Ich bewundere ihn sehr.
Was sind Ihre Hobbys?
Nicholas Sparks: Neben Schreiben, Lesen und der Zeit, die ich mit meinen Kindern verbringen will: Laufen (30 Meilen die Woche) und viermal wöchentlich Gewichtheben. In Taekwondo besitze ich den schwarzen Gürtel und nehme an regionalen und landesweiten Wettbewerben teil.
Stimmt es, dass Ihre Romane auf Ihrem eigenen Leben basieren?
Nicholas Sparks: Sie basieren nicht direkt auf meinem Leben, aber sie sind inspiriert von wahren Begebenheiten daraus - zumindest die meisten, allerdings nicht alle. Das Lächeln der Sterne beispielsweise ist komplett erfunden.
Warum kommt in so vielen Ihrer Geschichten der Tod vor?
Nicholas Sparks: Es gibt verschiedene Gründe dafür, dass in meinen Romanen Tragisches passiert. Zum einen gehören zu einer wahren Liebesgeschichte tragische oder bittersüße Elemente (ebenso wie das Happy End zu einem romantischen Frauenroman und der triumphierende Held zu einem Thriller). Das kommt daher, weil eine Liebesgeschichte vor allem eine dramatische Geschichte ist und die besten dramatischen Geschichten den Leser eine ganze Reihe von Emotionen durchleiden lassen. Ich hoffe, meine Leser fühlen auch ein bisschen von allem, wenn sie meine Romane lesen - Mitleid, Hoffnung, Glück, Liebe, Ärger und Trauer.
Zum anderen gibt es diesen Spruch (der nicht von mir stammt): „Jede große Liebesgeschichte muss per definitionem tragisch enden." Ohne große Liebe gibt es nichts Tragisches und umgekehrt. Außerdem sollen meine Geschichten realistisch wirken (und nicht rein aus der Fantasie gegriffen), und Tragisches ist ein Teil von unser aller Leben.
Und zu guter Letzt sind die meisten meiner Romane von Ereignissen in unserer Familiengeschichte inspiriert, und die waren eben leider wirklich zumeist tragischer Natur.
Warum lesen Sie Bücher - und warum schreiben Sie Bücher?
Nicholas Sparks: Ich lese gerne, und das war schon immer so. Man kann schlecht sagen, warum - ich mag es einfach. Was das Schreiben betrifft: Ich schreibe, weil ich es kann. Obwohl ich mich immer bemühe, Klischees zu vermeiden, trifft eines hier doch zu: Ich lebe nicht, um zu schreiben, ich schreibe, um zu leben.
Was motiviert die Figuren Ihrer Romane?
Nicholas Sparks: Das unterscheidet sich von Figur zu Figur und von Roman zu Roman. In der Regel ist es der edlere Teil ihres Charakters, der meine Figuren antreibt: ihr Glaube an Aufrichtigkeit, Integrität, Güte, Tapferkeit und Loyalität.
Wie kommt es, dass Sie Frauen so gut darstellen können?
Nicholas Sparks: Zuerst einmal vielen Dank für diese Frage! Es ehrt mich sehr, dass Sie das denken. Die Antwort fällt mir allerdings nicht leicht. An sich versuche ich, sowohl Männer als auch Frauen gut zu beschreiben. Aber um bei der konkreten Frage zu bleiben: Entscheidend ist, denke ich, dass Frauen in meinem Leben immer eine bedeutende Rolle gespielt haben und ich sie nicht nur als Frauen, sondern als Individuen respektierte. Sie waren mir auch wunderbare Leitbilder. Ich hatte eine großartige Mutter, habe eine fantastische Frau geheiratet, und sowohl meine Agentin als auch meine Lektorin sind Frauen. Ich glaube, ich habe viel von ihnen gelernt.
Warum ist jeder Ihrer Romane so unterschiedlich?
Nicholas Sparks: Obwohl jeder meiner Romane eine Liebesgeschichte ist, die im östlichen North Carolina spielt, hat doch jeder ein eigenes Thema. Das Thema bestimmt nicht nur den Erzählton, sondern beeinflusst auch die Figuren, die Erzählstimme, den Stil und die Schauplätze. Die Themen der einzelnen Romane, in der Reihenfolge des Erscheinens, sind: 1) Wie ein einziger Tag: unbedingte, unendliche Liebe; 2) Weit wie das Meer: Liebe nach Trauer; 3) Zeit im Wind: die Schönheit, Kraft und Unschuld der ersten Liebe; 4) Das Schweigen des Glücks: Liebe als Retterin; 5) Weg der Träume: Liebe und Verzeihen; 6) Das Lächeln der Sterne: Liebe und Aufopferung; 7) Du bist nie allein: Liebe und Gefahr; 8) Ein Tag wie ein Leben: Liebe und Erneuerung; 9) Die Nähe des Himmels: Liebe und Rätsel; 10) Das Wunder eines Augenblicks: Liebe und das erste Ehejahr.
Da die Themen unterschiedlich sind, gibt es auch große Differenzen bei der Erzählhaltung, den Figuren, dem Stil und der Länge der Romane. Auch die Schauplätze wurden so gewählt, dass sie der Handlung perfekt entsprachen.
Womit erklären Sie sich den großen Erfolg Ihrer Romane?
Nicholas Sparks: Laut Lesern und Kritikern gibt es die folgenden Gründe: Die Bücher sind leicht zu lesen und unterhaltsam, der Leser wird komplett in die Geschichte hineingezogen und kann sich mit den Figuren identifizieren. Die Geschichten sind außerdem glaubwürdig - sie könnten jedem passieren und haben (laut USA Today) große emotionale Kraft. Sie sind romantisch und schön, die Liebesszenen finden mehr in der Imagination der Leser statt als in tatsächlicher Beschreibung. Und der Leser kann lachen und weinen.
Dazu kommt natürlich die große Hilfe von Seiten des Verlags und der Buchhändler, für die ich sehr dankbar bin. Letztlich entscheidend dafür, dass Wie ein einziger Tag zum Bestseller wurde, war noch etwas anderes: die Mundpropaganda der Leser.
Wann haben Sie mit dem Schreiben begonnen?
Nicholas Sparks: Den ersten Roman habe ich mit neunzehn geschrieben, den zweiten mit zweiundzwanzig. Mit fünfundzwanzig habe ich gemeinsam mit Billy Mills, dem Gewinner der olympischen Goldmedaille über 10.000 Meter von 1964, das Buch Wokini oder Die Suche nach dem verborgenen Glück geschrieben. Vier Jahre später folgte Wie ein einziger Tag. (Genauere Informationen dazu finden Sie unter Biografie)
Nehmen Sie sich die Kritiken zu Ihren Büchern zu Herzen?
Nicholas Sparks: Anders als immer wieder behauptet wird, sind die Kritiken zu meinen Romanen keineswegs überwiegend unfreundlich. Tatsächlich sind vier von fünf Kritiken positiv. Das gefällt mir natürlich, aber ich habe immer für mich und meine Leser geschrieben, und so werde ich auch weiter schreiben.
Haben Sie Einfluss auf die Verfilmungen Ihrer Werke?
Nicholas Sparks: Ich kann ein bisschen Einfluss nehmen, je nach Projekt. Ich lese das Drehbuch und gebe Kommentare dazu ab, wenn erwünscht. Nicht beteiligt bin ich aber beim Casting, der Finanzierung, der Suche nach Drehorten und anderen Aufgaben, die Filmprofis einfach am besten können.
Wie weit kennen Sie eine Geschichte, wenn Sie mit dem Schreiben beginnen? Wissen Sie zum Beispiel das Ende im Voraus?
Nicholas Sparks: Wenn ich mich einmal für ein Thema entschieden habe, arbeite ich die Geschichte in Gedanken aus und spiele alle möglichen Ideen durch. Noch vor dem Schreiben kenne ich den Anfang und das Ende der Story ebenso wie die fünf oder sechs wichtigen Ereignisse dazwischen, die Wendepunkte in der Geschichte sind. Wenn diese Dinge feststehen, kann ich loslegen. Die Handlung zwischen diesen fünf bis sechs Höhepunkten entwickle ich dann beim Schreiben.
Wie fühlen Sie sich als Mann, der immer Liebesgeschichten schreibt?
Nicholas Sparks: Die Liebesgeschichte ist eines der ältesten und beliebtesten Genres der Literatur. Der Trojanische Krieg der Ilias beispielsweise wurde um der Liebe einer Frau willen geführt. Und natürlich ist Shakespeares Romeo und Julia eine Liebesgeschichte.
Es gibt drei Vorgaben für dieses Genre: a) Originalität, b) Universalität der Charaktere und des Schauplatzes und c) ein Handlungsfaden, der spannend genug ist, um zum Weiterlesen zu verleiten. Da der Hauptkonflikt der Geschichte üblicherweise ein innerer ist, ist es nicht leicht, in diesem Genre zu schreiben. Es ist leichter, eine Geschichte oder eine Figur zu entwerfen, die nur zweien dieser Anforderungen entspricht. (Hannibal Lecter ist beispielsweise interessant und originell, aber nicht universell. Gleiches gilt für Jurassic Park von Michael Crichton). Mit allen dreien wird es schwierig.
Das Gleiche gilt für den inneren Konflikt: Ein äußerer Konflikt (die Aufklärung eines Verbrechens, ein Mörder, der frei herumläuft, ein Monster im Wald, ein Terroranschlag, ein Junge, der zaubern lernt) ist deutlich leichter so zu beschreiben, dass der Leser bei der Stange bleibt, als ein innerer Konflikt (wird Garrett Blake es schaffen, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen? wird sich Allie an Noah erinnern?). Außerdem ist es schwierig, einen allgemeingültigen inneren Konflikt darzustellen, ohne auf uralte Klischees zurückzugreifen, was ich stets zu vermeiden suche.
Doch ich genieße die Herausforderung durch das Genre. Erstaunlicherweise schreiben seit einiger Zeit Männer erfolgreichere Liebesgeschichten als Frauen (während Frauen klar die romantische Literatur dominieren). Love Story ist von Erich Segal, Die Brücken von Madison County von Robert James Waller, Der Pferdeflüsterer von Nicholas Evans - ich bin also nicht allein.
Was lesen Sie selbst?
Nicholas Sparks: Ich lese durchschnittlich 125 Bücher im Jahr - schon seit Jugendzeiten. Darunter kommerzielle Romane ebenso wie ausgewählte moderne Literatur, die "Penguin Classics" - allerdings die unbekannteren, die großen Namen und Bücher habe ich alle schon gelesen, historische Sachbücher und Biografien.
Als zeitgenössische Autoren empfehle ich in alphabetischer Reihenfolge: Frederick Busch, Ethan Canin, Michael Chabon, Tom Clancy, Pat Conroy, Michael Crichton, Nelson DeMille, John Grisham, Carl Hiaasen, John Irving, Joseph Kanon, Jonathan Kellerman, Stephen King, Dean Koontz, Christopher Moore, Richard North Patterson, David Payne, J. K. Rowling, Scott Turow und Tom Wolfe.
Von diesen Autoren habe ich das Gesamtwerk gelesen und lese jedes neue Werk in der ersten Woche nach Erscheinen. Großartige Autoren, großartige Lektüre. Bereits verstorben, aber zu Lebzeiten zu der Liste gehörig: William Coughlin, Dick Francis und James Michener. Und Agatha Christie, die eigentlich nicht zeitgenössisch ist, aber so schreibt, als wäre sie's, und die auf keiner Lieblingsliste von mir fehlen darf.
Wer ist Ihr Lieblingsautor?
Nicholas Sparks: Ich lese so viele Bücher, dass es unmöglich ist, mich auf einen Lieblingsautor festzulegen. Aber es gibt nur einen zeitgenössischen Schriftsteller, dessen Werk meiner Meinung nach noch in hundert Jahren gelesen wird: Stephen King. Ich bewundere ihn sehr.
Was sind Ihre Hobbys?
Nicholas Sparks: Neben Schreiben, Lesen und der Zeit, die ich mit meinen Kindern verbringen will: Laufen (30 Meilen die Woche) und viermal wöchentlich Gewichtheben. In Taekwondo besitze ich den schwarzen Gürtel und nehme an regionalen und landesweiten Wettbewerben teil.
Stimmt es, dass Ihre Romane auf Ihrem eigenen Leben basieren?
Nicholas Sparks: Sie basieren nicht direkt auf meinem Leben, aber sie sind inspiriert von wahren Begebenheiten daraus - zumindest die meisten, allerdings nicht alle. Das Lächeln der Sterne beispielsweise ist komplett erfunden.
Warum kommt in so vielen Ihrer Geschichten der Tod vor?
Nicholas Sparks: Es gibt verschiedene Gründe dafür, dass in meinen Romanen Tragisches passiert. Zum einen gehören zu einer wahren Liebesgeschichte tragische oder bittersüße Elemente (ebenso wie das Happy End zu einem romantischen Frauenroman und der triumphierende Held zu einem Thriller). Das kommt daher, weil eine Liebesgeschichte vor allem eine dramatische Geschichte ist und die besten dramatischen Geschichten den Leser eine ganze Reihe von Emotionen durchleiden lassen. Ich hoffe, meine Leser fühlen auch ein bisschen von allem, wenn sie meine Romane lesen - Mitleid, Hoffnung, Glück, Liebe, Ärger und Trauer.
Zum anderen gibt es diesen Spruch (der nicht von mir stammt): „Jede große Liebesgeschichte muss per definitionem tragisch enden." Ohne große Liebe gibt es nichts Tragisches und umgekehrt. Außerdem sollen meine Geschichten realistisch wirken (und nicht rein aus der Fantasie gegriffen), und Tragisches ist ein Teil von unser aller Leben.
Und zu guter Letzt sind die meisten meiner Romane von Ereignissen in unserer Familiengeschichte inspiriert, und die waren eben leider wirklich zumeist tragischer Natur.
Warum lesen Sie Bücher - und warum schreiben Sie Bücher?
Nicholas Sparks: Ich lese gerne, und das war schon immer so. Man kann schlecht sagen, warum - ich mag es einfach. Was das Schreiben betrifft: Ich schreibe, weil ich es kann. Obwohl ich mich immer bemühe, Klischees zu vermeiden, trifft eines hier doch zu: Ich lebe nicht, um zu schreiben, ich schreibe, um zu leben.
Was motiviert die Figuren Ihrer Romane?
Nicholas Sparks: Das unterscheidet sich von Figur zu Figur und von Roman zu Roman. In der Regel ist es der edlere Teil ihres Charakters, der meine Figuren antreibt: ihr Glaube an Aufrichtigkeit, Integrität, Güte, Tapferkeit und Loyalität.
Wie kommt es, dass Sie Frauen so gut darstellen können?
Nicholas Sparks: Zuerst einmal vielen Dank für diese Frage! Es ehrt mich sehr, dass Sie das denken. Die Antwort fällt mir allerdings nicht leicht. An sich versuche ich, sowohl Männer als auch Frauen gut zu beschreiben. Aber um bei der konkreten Frage zu bleiben: Entscheidend ist, denke ich, dass Frauen in meinem Leben immer eine bedeutende Rolle gespielt haben und ich sie nicht nur als Frauen, sondern als Individuen respektierte. Sie waren mir auch wunderbare Leitbilder. Ich hatte eine großartige Mutter, habe eine fantastische Frau geheiratet, und sowohl meine Agentin als auch meine Lektorin sind Frauen. Ich glaube, ich habe viel von ihnen gelernt.
Warum ist jeder Ihrer Romane so unterschiedlich?
Nicholas Sparks: Obwohl jeder meiner Romane eine Liebesgeschichte ist, die im östlichen North Carolina spielt, hat doch jeder ein eigenes Thema. Das Thema bestimmt nicht nur den Erzählton, sondern beeinflusst auch die Figuren, die Erzählstimme, den Stil und die Schauplätze. Die Themen der einzelnen Romane, in der Reihenfolge des Erscheinens, sind: 1) Wie ein einziger Tag: unbedingte, unendliche Liebe; 2) Weit wie das Meer: Liebe nach Trauer; 3) Zeit im Wind: die Schönheit, Kraft und Unschuld der ersten Liebe; 4) Das Schweigen des Glücks: Liebe als Retterin; 5) Weg der Träume: Liebe und Verzeihen; 6) Das Lächeln der Sterne: Liebe und Aufopferung; 7) Du bist nie allein: Liebe und Gefahr; 8) Ein Tag wie ein Leben: Liebe und Erneuerung; 9) Die Nähe des Himmels: Liebe und Rätsel; 10) Das Wunder eines Augenblicks: Liebe und das erste Ehejahr.
Da die Themen unterschiedlich sind, gibt es auch große Differenzen bei der Erzählhaltung, den Figuren, dem Stil und der Länge der Romane. Auch die Schauplätze wurden so gewählt, dass sie der Handlung perfekt entsprachen.
Womit erklären Sie sich den großen Erfolg Ihrer Romane?
Nicholas Sparks: Laut Lesern und Kritikern gibt es die folgenden Gründe: Die Bücher sind leicht zu lesen und unterhaltsam, der Leser wird komplett in die Geschichte hineingezogen und kann sich mit den Figuren identifizieren. Die Geschichten sind außerdem glaubwürdig - sie könnten jedem passieren und haben (laut USA Today) große emotionale Kraft. Sie sind romantisch und schön, die Liebesszenen finden mehr in der Imagination der Leser statt als in tatsächlicher Beschreibung. Und der Leser kann lachen und weinen.
Dazu kommt natürlich die große Hilfe von Seiten des Verlags und der Buchhändler, für die ich sehr dankbar bin. Letztlich entscheidend dafür, dass Wie ein einziger Tag zum Bestseller wurde, war noch etwas anderes: die Mundpropaganda der Leser.
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Bibliographische Angaben
- Autor: Nicholas Sparks
- 2012, 480 Seiten, Maße: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung:Zöfel, Adelheid
- Übersetzer: Adelheid Zöfel
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453503880
- ISBN-13: 9783453503885
- Erscheinungsdatum: 04.04.2012
Rezension zu „The Lucky One “
"Nicholas Sparks ist ein brillanter Erzähler. Er lässt seine Charaktere durch tiefe Traurigkeit und Verzweiflung gehen und dann das Glück finden. Und das liegt bei Sparks immer in der Liebe zu einem anderen Menschen." (NDR)
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