Todesrausch
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
"Kellerman weiß wirklich, wie man den Leser süchtig macht." - The New York Times Book Review
"Viele Krimis haben entweder einen teuflisch guten Plot oder glaubwürdige Charaktere. Kellerman bildet eine Ausnahme: Bei ihm kommt beides zusammen. Meisterhaft!" - USA Today
Todesrausch von Jonathan Kellerman
LESEPROBE
Der Mai brachte einenazurblauen Himmel und kalifornischen
Optimismus nach Hollywood. PetraConnor arbeitete
nachts und schlief währendder Bläue. Sie hatte ihre eigenen
Gründe, fröhlich zu sein,weil sie zwei nicht unkomplizierte
Mordfälle gelöst hatte.
Beim ersten handelte es sichum eine Leiche bei einer
Hochzeit. DieIto-Park-Hochzeit, großer Ballsaal des Roosevelt
Hotels,japanisch-amerikanische Braut, koreanischamerikanischer
Bräutigam, die sich an derUni kennen gelernt
hatten, wo sie beide Jurastudierten. Ihr Vater war ein
in Glendale geborenerChirurg, seiner ein Einwanderer, der
Haushaltsgeräte verkaufteund kaum Englisch sprach. Petra
fragte sich, ob es da nichtzu einem Zusammenprall der Kulturen
kommen würde.
Die Leiche war einer derCousins der Braut, ein zweiunddreißig
Jahre alter Steuerberaternamens Baldwin Yoshimura,
der während des Empfangs miteinem derart stark verdrehten
Hals in einerunverschlossenen Kabine der Herrentoilette
des Hotels gefunden wurde,dass er aussah wie etwas
aus Der Exorzist. DerGerichtsmediziner verkündete, man
müsse starke Hände haben, umso etwas tun zu können,
aber damit war das Ende dermedizinischen Weisheit auch
schon erreicht.
Petra, die wieder mal ohnePartner arbeitete, sprach mit
allen Freunden, Freundinnenund Verwandten und bekam
schließlich heraus, dassBaldwin Yoshimura ein echter Casanova
gewesen war und keineUnterschiede zwischen ver-
heirateten undunverheirateten Eroberungen gemacht hatte.
Als sie nicht aufhörte mitihren bohrenden Fragen, zog
sie sich nervöse Blicke vonVerwandten der Braut zu. Am
Ende platzte eine Cousine drittenGrades namens Wendy
Sakura mit der Wahrheitheraus: Baldwin hatte seine Spielchen
mit der Frau seines BrudersDarwin getrieben. Der liederlichen
Schlampe.
Darwin, ein relativschwarzes Schaf für diese hochgebildete
Familie, war ein Lehrer fürKampfsportarten, der in einem
Studio in Woodland Hillsarbeitete. Petra zwang sich,
am helllichten Tagaufzuwachen, stattete dem Dojo einen
Besuch ab und sah zu, wie ereinen Judokurs für Fortgeschrittene
gab. Ein stämmiger kleinerBursche mit rasiertem
Kopf und einem angenehmenAuftreten. Als der Kurs vorüber
war, kam er mitausgestreckten Armen auf Petra zu, um
sich Handschellen anlegen zulassen, und sagte: »Ich hab s
getan. Verhaften Sie mich.«
Im Polizeirevier weigerte ersich, einen Anwalt hinzuzuziehen;
er konnte es nicht abwarten,ein Bekenntnis abzulegen:
Daer schon seit einiger Zeitargwöhnisch war, folgte er seiner
Frau und seinem Bruder, alssie die Hochzeitsfeier verließen
und einen ungenutztenBankettsaal betraten. Nachdem sie
hinter einem Paraventverschwunden waren, lutschte besagte
Ehefrau besagtem Bruderenthusiastisch einen ab. Darwin
erlaubte ihr, die Aktion zubeenden, wartete, bis Baldwin
zum Klo ging, stellte ihnzur Rede und beging die Tat.
»Und was ist mit IhrerFrau?«, fragte Petra.
»Was soll mit ihr sein?«
»Sie haben ihr nichtsgetan.«
»Sie ist eine Frau«, sagteDarwin Yoshimura. »Sie ist
schwach. Baldwin hätte esbesser wissen müssen.«
Der zweite Mordfall begannmit Blutflecken in Los Feliz
und endete mit einer Leichedraußen im Angeles Crest Na-
tional Forest. Dieses Opferwar ein Lebensmittelhändler namens
Bedros Kashigian. Das Blutwurde auf dem Parkplatz
hinter seinem Geschäft ander Edgemont entdeckt. Kashigian
und sein fünf Jahre alterCadillac wurden vermisst.
Zwei Tage später fandenWaldhüter den Caddy am Rand
der Straße, die durch denPark führte; Kashigians Leiche saß
zusammengesackt hinter demSteuer. Inzwischen getrocknetes
Blut war aus seinem linkenOhr geströmt und ihm über
Gesicht und Hemd gelaufen,aber es waren keine äußeren
Verletzungen zu erkennen.Die Untersuchung der Maden
ergab, dass er während dergesamten beiden Tage - zumindest
annähernd - tot gewesen war.Das bedeutete, dass er
nicht von der Arbeit nachHause, sondern dreißig Meilen
nach Osten gefahren - oder dorthingebracht worden - war.
Nach dem, was Petra zunächstin Erfahrung brachte, war
der Lebensmittelhändler einrespektabler Bürger gewesen,
verheiratet, drei Kinder,hübsches Haus, keine Schulden.
Aber als sie eine volleWoche Kashigians Aktivitäten untersucht
hatte, zeigte sich, dass erzwei Tage vor seinem Verschwinden
in eine Schlägereiverwickelt worden war.
Ein Handgemenge in einerKneipe an der Alvarado. Vorwiegend
hispanische Stammgäste, aberKashigian hatte eine
Affäre mit einer dersalvadorianischen Kellnerinnen und
ging häufig dorthin, um sichnach einigen Bieren und Whiskeys
in ihr Zimmer über derKneipe zurückzuziehen. Der
Tumult brach los, als zweiBetrunkene aufeinander einzuschlagen
begannen. Kashigian gerietirgendwie dazwischen
und bekam schließlich einenSchlag gegen den Kopf. Nur
einen, so der Barkeeper.Eine nackte Faust, die sich verirrt
hatte, und Kashigian hattedie Kneipe aus eigener Kraft verlassen.
Kashigians Witwe, die nichtnur ihren Verlust, sondern
auch die unverhoffte Einsichtverkraften musste, dass Bedros
sie betrogen hatte, sagte,ihr Mann habe über Kopf-
schmerzen geklagt, die erdarauf zurückgeführt hätte, dass
er mit dem Kopf gegen einBrotregal gestoßen wäre. Nach
zwei Aspirin sei es ihmanscheinend prima gegangen.
Petra rief denGerichtsmediziner an, einen unerhört fröhlichen
Burschen namens Rosenberg,und fragte ihn, ob ein
einziger Faustschlag gegenden Kopf zwei Tage später zum
Tod führen könne. Rosenbergsagte, das bezweifle er.
Eine Durchsicht von BedrosKashigians Versicherungsunterlagen
ergab, dass er sowohlsaftige Lebens- und Risikolebensversicherungspolicen
abgeschlossen als auch vor
fünf JahrenKrankenhausrechnungen geltend gemacht und
erstattet bekommen hatte,weil er in eine Massenkarambolage
auf dem Highway 5 verwickeltworden war, bei dem er
sich einen Schädelbruch undGehirnblutungen zugezogen
hatte. Kashigian warbewusstlos in der Unfallambulanz angekommen
und sofort in den OP gerolltworden, wo man
ihm ein halbdollargroßesStück Schädel herausgesägt hatte,
um sein Gehirn säubern zukönnen. Dieses Stück, das
Rosenberg als »Rundteil«bezeichnete, war mit Hilfe von
Schrauben und Nähten wiedereingesetzt worden.
Nachdem Rosenberg von demUnfall gehört hatte, änderte
er seine Meinung.
»Das Rundteil wurde vonNarbengewebe an Ort und Stelle
gehalten«, sagte er zuPetra. »Und das verflixte Ding war
danach nicht mehr so dickwie der Rest des Schädels. Unglücklicherweise
hat der Mann exakt an dieserStelle den
Schlag abbekommen. Der Restseines Kopfs hätte dem Aufprall
durchaus widerstanden, aberdas dünne Stück konnte
das nicht. Es zerbrach,Knochensplitter wurden in sein Gehirn
getrieben, verursachten einelangsame Blutung, und
schließlich: bumm.«
»Bumm«, sagte Petra. »Dafangen Sie schon wieder damit
an, mich mit IhremFachjargon zu blenden.«
Der Gerichtsmedizinerlachte. Petra lachte. Keiner von
beiden wollte über dasriesengroße Pech nachdenken, das
Bedros Kashigian gehabthatte.
»Ein einziger Faustschlag«,sagte sie.
»Bumm«, sagte Rosenberg.
»Sagen Sie mal, Dr. R.,könnte er vielleicht in den Park gefahren
sein, weil er nicht mehrganz klar im Kopf war?«
»Lassen Sie mich kurznachdenken. Wenn Knochensplitter
durch seine grauen Zellenwandern und es zu einer langsamen
Blutung kommt, ja, er könntebenommen und desorientiert
gewesen sein.«
Was nicht erklärte, warum erausgerechnet in den Angeles
Crest gefahren war.
Sie fragte CaptainSchoelkopf, ob sie Ermittlungen zu einer
Mordanklage gegen den Mannaufnehmen solle, dessen
Schlag Kashigian getroffenhatte.
»Wer ist das?«
»Weiß ich noch nicht.«
»Eine Kneipenschlägerei.«Schoelkopf warf ihr einen mitleidigen
Blick zu, als wäre siegeistig zurückgeblieben. »Verbuchen
Sie es als Tod durchUnfall.«
Da es ihr am Willen - oderam Wunsch - fehlte, ihm zu
widersprechen, gehorchte sieseiner Anweisung und fuhr
anschließend die Witwebesuchen, um sie über das Ergebnis
der Untersuchung zuinformieren. Dort erfuhr sie, dass
Angeles Crest der Park war,wo sie und Bedros als Teenager
hingefahren waren, wenn siemiteinander schlafen wollten.
»Wenigstens hat er mir einpaar gute Versicherungen hinterlassen
«, sagte die Frau. »DieHauptsache ist, dass meine
Kinder auf der Privatschulebleiben können.«
Innerhalb weniger Tage nachAbschluss beider Ermittlungsakten
überkam sie die Einsamkeit.Petra hatte den
Fehler begangen, mit einemKollegen intim zu werden, und
jetzt lebte und arbeitetesie allein.
Das Objekt ihrer Zuneigungwar ein merkwürdiger,
schweigsamer Detectivenamens Eric Stahl, der als Offizier
bei den Special Forces derArmy gewesen war und eine Vorgeschichte
hatte, die ihr erstallmählich enthüllt worden war.
Als Petra seinen schwarzenAnzug, seine blasse Haut und
seine ausdruckslosen dunklenAugen zum ersten Mal gesehen
hatte, dachte sie: Leichenbestatter.Sie hatte ihn instinktiv
nicht gemocht, und dasGefühl schien auf Gegenseitigkeit
zu beruhen. Das hatte sichirgendwie geändert.
Ihre Zusammenarbeit hattemit den Ermittlungen in
einer Mordserie begonnen,bei der mehrere aufstrebende
Künstler dem abartigen Triebeines psychopathischen Killers
zum Opfer gefallen waren.Gemeinsam mit Milo Sturgis
vom Revier West L.A. hattensie diese Morde aufgeklärt,
aber nicht ohneSchwierigkeiten: Eric war beinahe an Stichverletzungen
gestorben. Als Petra im Wartezimmerder Unfallstation
herumsaß, hatte sie seineEltern kennen gelernt
und erfahren, warum er sostill war, so wenig Gefühle zeigte
und sich nicht annähernd wieein normaler Mensch benahm.
(...)
© Goldmann Verlag
Übersetzung: Jochen Stremmel
- Autor: Jonathan Kellerman
- 2006, 479 Seiten, Maße: 11,5 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Stremmel, Jochen
- Übersetzer: Jochen Stremmel
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442461480
- ISBN-13: 9783442461486
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Todesrausch".
Kommentar verfassen