Tödliche List
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Vorsicht, Suchtgefahr! Jede Lösung führt zu einem neuen Rätsel, und nur Seite um Seite löst sich das mörderische Rätselspiel ...
"Ein großartiger Thriller mit atemberaubenden Wendungen und Verwicklungen!" - The Best Reviews
"Ein großartiger Thriller mit atemberaubenden Wendungen und Verwicklungen!" - The Best Reviews
TödlicheList von Mariah Stewart
LESEPROBE
Prolog
Februar2004
Oh Mann, er hasste diesesWetter. Er hasste es, wenn die
Graupelschauer wie einegroße, alte, böse Schlange gegen
das Fenster zischten. Erhasste es, wie der Wind scharf und
kalt über den Hof hinter demweitläufigen Steingebäude
pfiff, wo der Gefängnisbusangehalten hatte, damit die Häftlinge
aussteigen konnten.Ungeschickt waren sie aus der Seitentür
geklettert, und der Wind warwie mit eisigen Klauen
durch ihre dünnen Jackengedrungen.
Drei andere Insassen warenmit ihm zum Gericht gefahren.
Ein schlaksiger Junge mitAknenarben, der nicht wusste,
wohin mit seinen langenArmen und Beinen, ein großer,
ruhiger Mann mit langenFingern und eindringlichem Blick
und der Prügelknabe aus demnächsten Zellenblock, der sich
Dillinger nannte, obwohljeder im Gefängnis wusste, dass
sein Name Waldo Scott war. Durchgeheime Kanäle hatte
sich in High Meadow, demBezirksgefängnis, das Gerücht
verbreitet, dass Waldo heuteMorgen einen Ausbruchsversuch
wagen wollte.
Vince Giordano hoffte nur,dass das Gerücht stimmte,
und wenn auch nur, damit ersehen konnte, wie Waldo es anstellte
und ob er Erfolg hätte. Zurzeithielt das Leben nicht
gerade viel an Abwechslungbereit.
Außerdem hatten die Jungs inseinem Zellenblock eine
Wette laufen.
Giordano hatte auf dasGesetz getippt, was jedoch nichts
über seinen wahren Glaubenin die Fähigkeiten der lokalen
Polizei aussagte. UnzähligeMale war er vom Gefängnis zum
Gericht und wiederzurückgefahren, zu den Anhörungen,
Zeugenvernehmungen und dannschließlich zum Prozess selber.
Alles in allem, so schätzteer, hatte er für fünf Tage in
High Meadow durchschnittlicheinen Tag bei Gericht verbracht.
Die meisten Deputy Sheriffskannte er mittlerweile
ganz gut, und er fand sienicht sonderlich beeindruckend. Im
Gefängnis bezeichneten siesie alle als Pfeifen, Pfeifen in olivgrünen
Uniformen, die wenigeffizient waren.
Trotzdem würde Waldo wohlnicht entkommen. Es gab
einfach zu wenig Versteckein dem alten Gebäude. Das Beste,
was ihm passieren konnte, sohatte Giordano heute früh
mit seinem Zellennachbarngewettet, waren ein paar sportliche,
unterhaltsame Stunden, indenen die Polizisten hinter
ihm herjagten.
Giordano rutschte auf seinemStuhl in dem kleinen Vorraum
vor dem Gerichtssaal Nummersieben hin und her,
während er auf seinen Anwaltwartete. Harry Matusek war
teuer gewesen, aber er warseinem Ruf als einer der besten
Strafverteidiger im Bezirkgerecht geworden. Vince fand, er
war jeden Penny wert, erhatte es nicht einen Augenblick
lang bedauert, dass er seinHaus verkauft hatte, um seine
Verteidigung zu finanzieren.
Außerdem, wozu brauchte ernoch ein Haus? Er hatte ja
sowieso keine Familie mehr,dafür hatte er doch an jenem
heißen Julitag vor dreiJahren höchstpersönlich gesorgt.
»Giordano?« Der junge DeputySheriff steckte seinen
Kopf zur Tür herein.
Vince bewegte lediglich dieAugen, um ihn anzublicken. Er
hatte das mal in einem Filmgesehen, und es hatte großen
Eindruck auf ihn gemacht,weil der Schauspieler dadurch so
finster und cool gewirkthatte. So oft er konnte, machte er es
deshalb nach.
»Heute früh gibt es einekleine Verspätung«, begann der
Deputy, dann drehte er denKopf, weil jemand hinter ihm,
den Vince nicht sehenkonnte, etwas zu ihm sagte. »Ah, ich
bin gleich wieder da « DieTür ging mit einem scharfen
Klicken zu.
Vince lehnte sich auf demharten Stuhl zurück und fragte
sich, was da draußen im Flurwohl los war. Dafür, dass es so
früh am Morgen war,herrschte ganz schöne Hektik. So gut
es seine Fesseln erlaubten,reckte er sich, um aus dem Fenster
blicken zu können.
Schreie. Rasche Schritte,die auf den Fliesen hallten. Weitere
Schreie. Noch mehr Schritte.
Vince lächelte. Waldo hatteanscheinend seinen Ausbruchsversuch
gestartet. Wie lange mochtees wohl dauern,
bis sie ihn wiedereinfingen? Im Geiste wettete er mit sich selber,
dass Waldo noch vor Mittagwieder in Handschellen
wäre. Was das fürAuswirkungen auf Vinces Angelegenheit
im Gericht heute früh hatte,blieb abzuwarten. Einerseits
passte es ihm nicht in denKram, dass Waldos kleine Eskapade
ihm Zeit raubte,andererseits zollte er dem Trotz und
der Initiative des altenMannes - Waldo war in den Sechzigern
- Beifall. Er beschloss,Waldo sein bisschen Spaß zu
gönnen.
Gerade ging Vince durch denKopf, ob die Polizisten Waldo
wohl erschießen würden, wennsie ihn fänden, als die Tür
aufging und ein junger Mann,der ebenso wie Vince an Händen
und Füßen in Eisen gelegtwar, vom Deputy Sheriff ins
Zimmer gestoßen wurde. Vincefand immer, der Deputy
habe Ähnlichkeit mit einemBasset Hound.
»Ein bisschen Gesellschaftfür dich«, verkündete der Deputy.
Er wies auf einen Stuhl ander Wand, wo der Neuan-
kömmling wortlos Platz nahm.Die Wache schloss seine
Handschellen an derMetalllehne an.
»Ich kann mich nichterinnern, um Gesellschaft gebeten
zu haben.« Vince warf demDeputy wieder den Filmblick zu,
weil er schon gemerkt hatte,dass ihn das nervös machte.
»Ich kann mich nichterinnern, dass ich dich nach deiner
Meinung gefragt hätte.« DerDeputy schloss die Tür wieder
hinter sich.
»Hast du eine Ahnung, was dadraußen los ist?«, fragte
der junge Mann, der mitVince im Gefängnisbus gewesen
war, aufgeregt.
»Was ist denn los?«
»Haufenweise Bullen. Allerennen durch die Gegend.«
»Ich tippe mal, dass jemandaus der Haft geflohen ist.«
Vince strich sichnachdenklich übers Kinn, wobei er dachte,
dass ihn diese Geste weisewirken ließ.
»Wirklich? Meinst du, es istjemand abgehauen? Jemand
aus High Meadow?« Der jungeMann riss die Augen auf.
»Du warst heute früh auch imBus, oder?«
Der Junge nickte.
»Ich auch«, erklärte Vince.»Ich und Waldo - der Typ, der
da draußen wahrscheinlichabgehauen ist - waren zusammen
in einem Zellenblock. Esging das Gerücht, dass er die
Fliege machen wollte.«
Vince lächelte, allerdingsnicht, damit der Junge - er konnte
kaum älter als zwanzig sein- sich wohl fühlte, sondern um
ihm zu verstehen zu geben,dass er in Gesellschaft eines
üblen Burschen war. Viele andere Vergnügenhatte Vince dieser
Tage nicht.
»Meinst du, er schafft es?«
Vince tat so, als dächte erüber die Frage nach, aber bevor
er antworten konnte, gingdie Tür erneut auf, und ein weiterer
Gefangener wurde ins Zimmergeschoben.
»Hallo, Jungs«, begrüßte sieein anderer Deputy. »Noch
ein Zimmergenosse für euch.«
Die Männer musterten denHäftling, der hereinschlurfte.
Er war groß und schlank undmusste um Mitte dreißig sein.
Er trug die braunen Haare ineinem Bürstenschnitt und
machte einen äußerstamüsierten Eindruck. Er war der vierte
Häftling im Bus gewesen. Vinceerinnerte sich daran, dass
er die ganze Zeit hinten imWagen gesessen und keinen von
ihnen angeblickt hatte.
Der Deputy schloss dieHandschellen des neu angekommenen
Mannes am Stuhl an, ermahntedie Gefangenen, sich
zu benehmen, und rief ihnen,bevor er aus dem Zimmer
ging, ins Gedächtnis, dassdirekt vor der Tür eine Wache
stand. »Er ist bewaffnet undwird nicht eine Sekunde lang
zögern, Gebrauch davon zumachen, wenn ihr euch nur
muckst.«
»Ein bisschen dickaufgetragen, oder?«, bemerkte der
Neuankömmling, als sich dieTür hinter dem Deputy geschlossen
hatte.
»Er versucht nur, uns Angsteinzujagen.« Giordano zuckte
mit den Schultern und fügtehinzu: »So gut sind sie nicht.«
»Waren Sie schon mal hier?«,fragte der neue Mann.
Giordano gab zu, dass erschon ziemlich viel Zeit hier verbracht
habe.
Der junge Mann begannunruhig zu werden und rutschte
auf seinem Stuhl hin undher. »Was mögen die denn da draußen
machen?«
»Ich habe dir doch gesagt,dass sie Wo ist Waldo
spielen.« Giordano wandtesich an den neuen Mann, der in
der Nähe des Fensters saß.»Waldo Scott. Er ist heute früh
mit uns im Gefängnisbusgefahren. Irgendwie muss er freigekommen
und abgehauen sein.« Giordanowandte sich erneut
dem jungen Mann zu.»Kapierst du? Wo ist Waldo?«
»Nein.« Der Junge schüttelteden Kopf, und die beiden älteren
Männer versuchten ihm zuerklären, dass es sich um
ein Kinderbuch handelte, beider man die Gestalt mit dem
rotweiß gestreiften Hemd -oder Hut, da waren sie sich nicht
ganz einig - auf jeder Seitesuchen musste.
Offensichtlich ruhten imGericht jetzt alle Verhandlungen,
da alle verfügbarenSicherheitskräfte auf der Suche nach dem
entflohenen Sträfling waren.Das würde auch erklären, warum
die drei Männer zusammen ineinem Raum saßen, statt
in getrennten Zimmern mitjeweils einer Wache vor der Tür.
Alle Deputies wurdengebraucht, und man ging offensichtlich
davon aus, dass es nichtgefährlich war, die drei Gefangenen
zusammenzustecken. Keinervon ihnen hatte sich
während der Haft gewalttätiggezeigt, und da sie gefesselt
waren, konnten sie es Waldowohl kaum gleichtun und versuchen
auszubrechen.
»Weswegen bist du hier?«,fragte Giordano den Neuankömmling.
»Man hat mich angehalten,weil ich ein Stoppschild überfahren
habe «
»Na, das ist ja eingewaltiges Verbrechen«, spottete Giordano
und rasselte mit denHandschellen.
» es stellte sich heraus,dass ein Haftbefehl gegen einen
Mann gleichen Namensvorliegt. Und du?«, fragte der
Mann.
»Ich bin hier, weil meineVerurteilung aufgehoben werden
soll«, erwiderte Giordano.
Der Junge warf ein:»Weswegen bist du denn verurteilt
worden?«
»Ehekrach«, sagte Giordanotrocken.
Der Junge jammerte, heutesolle sein Prozess sein und vielleicht
würde Waldo ja allesverderben. So langsam ging er
Giordano auf die Nerven.
»Wie lautet die Anklage?«,fragte der Mann mit dem Bürstenhaarschnitt.
»Na ja, sie behaupten, ichhätte dieses Mädchen verfolgt.
Aber ich bin kein Stalker«, protestierteder Junge. Giordano
fand, er klang weinerlich.»Sie war mein Mädchen, weißt du.
Sie haben das alles falschverstanden.«
Ȇber irgendetwas muss siesich ja beschwert haben, sonst
hätte sie dich nichtangezeigt«, erwiderte der dritte Mann.
»Was hat sie denn derPolizei gesagt?«
»Die Polizisten haben sie sodurcheinander gebracht, dass
sie gelogen hat.« Der Jungelamentierte über das angebliche
Missverständnis und wurdeimmer erregter.
»Wie heißt du, mein Sohn?«
Giordano bekam fast einenErstickungsanfall. War der
Typ noch dicht? Weninteressierte denn der Name des Jungen?
Beide Männer gingen ihmimmer mehr auf die Nerven,
er beglückwünschte sichinsgeheim, dass er früher noch nie
in Kontakt mit ihnengekommen war.
»Archer Lowell«, sagte derJunge.
Was war denn Archer für einName? Giordano verzog
höhnisch das Gesicht. Inseiner Nachbarschaft hießen die
Typen Vic, Frankie und Tony- gelegentlich auch Vito oder
Ralphie -, aber Archer?
Bitte.
»Ich bin Curtis Channing«,stellte sich der dritte Mann
vor.
»Nun, Archie «, warfGiordano ein.
»Nenn mich nicht Archie«,fuhr ihn der Zwerg an. »Nenn
mich niemals Archie.«
»Schon gut, Kumpel, reg dichab.« Giordano unterdrückte
ein Grinsen, damit der Jungenicht noch die Wache vor der
Tür alarmierte. Von draußenertönte immer noch Geschrei,
die Suche war offensichtlichnoch im Gange. Die Nerven der
Polizisten warenwahrscheinlich bis zum Zerreißen gespannt,
und Vince hatte keine Lust,sich Ärger aufzuladen.
Also beruhigte er den Jungenbesser, damit er den Mund
hielt. »Reg dich nicht auf. Ichhabe es nicht böse gemeint.«
»Ich hasse den NamenArchie«, grollte der Junge.
Giordano hätte am liebstengelacht. Das ist das Klügste,
was du gesagt hast, seit duhier reingekommen bist
Laut sagte er jedoch: »Okay.Du bist Archer, und ich bin
Vince Giordano. Ich heißenach meinem Onkel, Vincenzo,
aber ich nenne mich Vince,seit Vincenzo und ich nicht mehr
miteinander sprechen. DerBastard hat vor Gericht gegen
mich ausgesagt. Dabei heißtes doch immer, Blut sei dicker
als Wasser.«
Ja, ein Bastard, das war er.Onkel Vinnie hatte im Zeugenstand
gesessen, keine zehn Metervon ihm entfernt, und hatte
geweint, als er dem Richterund den Geschworenen erzählt
hatte, er habe mit eigenenAugen gesehen, wie sein Neffe
Vincent seine Frau und seineKinder verprügelt habe, und er,
Vincenzo, habe nichtsunternommen, um ihn aufzuhalten.
Das Bedauern darüber würdeer mit ins Grab nehmen, hatte
er gesagt. Bastard.
Giordano blickte auf undsah, dass der Junge, Archer, ihn
mit großen Augen anstarrte.
»Ich weiß, wer du bist«,flüsterte der Junge. »Ich habe
dich in den Nachrichtengesehen. Ich habe gesehen, wie sie
dich verhaftet haben.«
»Ja, na ja, ich habeziemlich viel Presse bekommen«, gab
Giordano zu, insgeheimerfreut darüber, dass man ihn erkannt
hatte. Schließlich war er jain gewisser Weise auch eine
lokale Berühmtheit. »AlleFernsehsender haben über den
Prozess berichtet.«
Giordano sah Channing an,dass er ihn auch gerne danach
gefragt hätte, aber erschwieg. Stattdessen wandte er seine
Aufmerksamkeit denAufnahmewagen vor dem Gerichtsgebäude
zu. Da er am nächsten amFenster saß, konnte er den
anderen berichten, wasdraußen vor sich ging. (...)
© Blanvalet Verlag
Übersetzung: Margarethe vanPée
- Autor: Mariah Stewart
- 2006, Maße: 11,6 x 18,8 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 344236325X
- ISBN-13: 9783442363254
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