Totenbraut
Serbien, 1731: Jasna ist unglücklich. Sie muss einen Mann heiraten, den sie nicht liebt, und mit ihm in eine abgelegene Burgruine ziehen. Doch dann passieren mehrere Morde. Jasna geht auf Spurensuche - und entdeckt einen alten, mysteriösen Fluch.
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Produktinformationen zu „Totenbraut “
Serbien, 1731: Jasna ist unglücklich. Sie muss einen Mann heiraten, den sie nicht liebt, und mit ihm in eine abgelegene Burgruine ziehen. Doch dann passieren mehrere Morde. Jasna geht auf Spurensuche - und entdeckt einen alten, mysteriösen Fluch.
Klappentext zu „Totenbraut “
Serbien im Jahr 1731. Jasna muss einen Mann heiraten, den sie nicht liebt, den sie nicht einmal kennt. In der Fremde, weit weg von den geliebten Schwestern, erwartet sie ein trostloses Leben. Ihr neues Zuhause ist eine Burgruine am Rande eines Dorfes. Dessen Bewohner meiden Jasnas neue Familie. Als es zu einer Reihe von mysteriösen Todesfällen kommt, macht sich die junge Frau auf Spurensuche und stößt dabei auf einen uralten Fluch, der zahlreiche Menschenleben gekostet hat.
Lese-Probe zu „Totenbraut “
Totenbraut von Nina BlazonDie drei Türme
Ich sah mich nicht um, als wir wenig später davonritten.
Doch noch lange spürte ich Jelkas Blick in meinem Rücken.
Ich wusste, sie würde mir so lange hinterherschauen,
bis ich aus ihrem Blickfeld verschwunden wäre. Denn
schließlich - und das erfüllt mich in meinem Elend mit
einem grausamen Triumph - auch sie hatte etwas verloren:
Sobald ich fort war, war alles, was in diesem Haus von mir
zurückblieb, ein ausgebleichter Fleck in Form eines Kreuzes
an der Wand.
Simeon ritt dicht neben mir, ich spürte seine Besorgnis,
doch ich hob stolz das Kinn und konzentrierte mich darauf,
nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Fluchtpläne wirbelten
durch meinen Kopf, auch wenn ich wusste, dass solche
Gedanken nur die Gespenster toter Wünsche waren. Ich war
ein Mädchen, das durch Lazars Reich ritt, um am Ende der
Reise mit einem fremden Mann das Bett zu teilen, so wie es
vielen Frauen geschah. Wenn ich floh, würde ich dieses
Schicksal lediglich gegen ein anderes tauschen - das, von
Räubern aufgegriffen zu werden.
Die Männer ritten schweigend und verbissen, nur das
Schnauben der Pferde und das Hufgetrappel erfüllte die
Luft. Mir schien es, als hätten sogar die Linden aufgehört, im
Wind zu rauschen. Noch nie war ich so weit von zu Hause
fort gewesen, schon jetzt wurde mir das gebirgige Land
fremd. Und da war noch etwas: entfernter Hufschlag? Ein
Ruf?
Die Männer schauten zurück und trieben die Pferde an.
Jovan vergewisserte sich mit einem raschen Blick, dass
ich sicher in den Steigbügeln stand, dann nickte er knapp.
Auch die beiden anderen Männer rückten zu mir und Simeon
auf. Ein fremder Steigbügel stieß mit einem metallischen
Klang gegen meinen.
... mehr
„Beuge dich vor und halte dich gut an der Mähne fest",
raunte Simeon mir zu und nahm mir einfach die Zügel aus
der Hand.
Dann geschah alles auf einmal: das Geräusch von Steinschlag,
das erschrockene Schnauben der Rappen - und der
ungeheure Ruck, als mein Pferd losschnellte. Ich schrie vor
Schreck auf, dann klammerte ich mich schon mit aller Kraft
an der Mähne fest und beugte mich nach vorne. Die Steigbügel
drückten sich schmerzhaft in meine Sohlen. Mir
wurde schwindelig, so rasend flog der steinige Boden unter
mir dahin. Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich
mich so schnell bewegt. Hinter mir hörte ich Rufe und Hufgetrappel,
doch eher wäre ich durch die Hölle gegangen als
mich umzusehen. Jovan ritt links von mir - und lachte!
Seine Augen funkelten und er lenkte sein Pferd mit nur
einer Hand.
„Weiter!", befahl er seinen Männern. „Schneller!"
Die Jagd stürmte voran. Und zwischen zwei Sprüngen, als
mein Pferd über das Gelände flog, für einen Herzschlag lang
nicht mehr mit dem Boden verbunden, geschah etwas Seltsames:
Ich fürchtete mich nicht länger. Ich schmeckte den
Wind und war nur noch besessen von dem Wunsch, Lazar
Kosac zu entkommen. Ganz von allein suchte mein Körper
das Gleichgewicht.
Ich weiß nicht mehr, wann die Pferde langsamer wurden
und wann ich ganz sicher war, dass wir den Räubern einfach
davongelaufen waren wie ein Hase dem Fuchs. Und obwohl
meine Knie schmerzten und die Mähne meine Finger blutig
geschnitten hatte, war ich noch wie benommen von der Geschwindigkeit
und unendlich erleichtert.
Jovan sah über die Schulter zurück. „Teufel, was für ein
Ritt!", schrie er triumphierend. „Meine Pferde sind doch die
besten der Welt!" Die zwei Männer fielen in sein raues Lachen
mit ein, nur Simeon und ich blieben stumm.
„Was denn, so ernst?", rief Jovan mir zu. „Mädchen, die
Feuerprobe hast du bestanden. Die drei Türme erwarten
dich, und auch das Pferd, das dich dorthin bringt, wird dir
gehören. Ein Hochzeitsgeschenk von deinem Schwiegervater.
Was sagst du nun?"
„Es wird sich zeigen, ob wir überhaupt bei den drei Türmen
ankommen", entgegnete ich kühl. „Wir haben Glück
gehabt, aber Kosac wird uns sicher kein zweites Mal entkommen
lassen."
Jovan lachte. „Kosac? Der Lump wird sich hüten, mir in
die Quere zu kommen."
„Warum lauft Ihr dann vor ihm davon?"
Für diesen Satz hätte mein Vater mich auf der Stelle verprügelt.
Jovans Lachen verschwand und einen Moment lang
hatte ich das Gefühl, dass seine Männer den Atem anhielten.
Ich hätte Angst bekommen sollen, aber seltsamerweise wartete
ich nur ruhig auf Antwort.
„Ich weiß nicht, wovon du sprichst", sagte Jovan frostig.
„Hinter uns brach Rotwild durch den Wald. Oder bildest du
dir etwa ein, etwas anderes gehört zu haben? Du wirst doch
nicht ebenso schwachsinnig sein wie deine Schwester?"
•
Jovan mied die vielen Klöster der Fruška Gora und trieb uns
auf unbegangenen Wegen vorwärts. Wir ritten durch Wald.
Adlerschreie hallten in den Tälern. In der Nacht lagerten wir
im Freien, ohne ein Feuer zu machen, verdreckt und stinkend
nach Pferdeschweiß. Simeon breitete für mich seinen
Mantel unter einer Kiefer aus und ich lehnte mich an den
knorrigen Stamm. Jeder Knochen tat mir weh. Meine Knie
und Schenkel waren wund gerieben und meine Zähne klapperten
vor Erschöpfung. Es gab nur zähes, getrocknetes
Schafsfleisch zu essen, und obwohl die Fastenzeit vor Ostern
noch nicht vorbei war, aß ich davon, da ich schrecklich Hunger
hatte. Und ich trank das nach Leder schmeckende Wasser
aus einem brüchigen Schlauch. Noch nie hatte ich die
Nacht unter freiem Himmel verbracht. Ameisen erkundeten
meine Wunden. Fledermäuse schwirrten über den Baumkronen
dahin und Wölfe heulten so nahe, dass ich mich entsetzt
an den Baum drückte. Hilfe suchend griff ich nach dem
Holzkreuz in meinem Bündel und presste es als Schutz vor
dem Bösen an die Brust. Stumm betete ich, dass mich keine
Geister und Dämonen heimsuchen sollten, von denen es in
den Wäldern so viele gab. Zwei der Männer hielten Wache
und gaben sich Mühe, mich nicht anzustarren. Ich schloss
die Augen und kauerte mich zwischen Wurzeln und feuchtem
Laub zusammen. In jener Nacht träumte ich, Jovans
Sohn wäre ein hässliches Untier mit schiefen Zähnen, Haar
wie Wolfsfell und Händen wie Klauen. Warum sonst sollte
sein Vater eine Braut von so weit her holen und so teuer bezahlen
müssen?
•
Viele Tage lang hetzten wir weiter, als seien wir auf der
Flucht. Zweimal versuchte ich zu fliehen, zweimal holten
mich Jovans Männer mühelos wieder ein und brachten mich
zurück.
Eulenschreie folgten uns, und die Erschöpfung gaukelte
mir Trugbilder vor. Ich sah die gelb glühenden Augen von
Luchsen, die ich für die Augen eines Werwolfs hielt. Und
ich hörte Echos, die von überall und nirgendwoher kamen.
Als hätte der Höllenritt uns zusammengeschmiedet, horchte
mein Pferd nun auf meine Zeichen, ging langsamer, wenn
die Müdigkeit mich im Sattel schwanken ließ, trabte an, sobald
ich mich in den Steigbügeln aufstellte. Ich nannte den
Wallach „Vetar", Wind, und strich abends mit geschlossenen
Augen über seinen Hals, während ich mir vorstellte, Schwarz
zu berühren. Längst war meine Verzweiflung nur noch eine
taube, leere Stelle in meiner Brust. Wenn ich auf dem Pferderücken
einnickte, träumte ich von Belas kalten Händen,
die mein Gesicht umfassten, und hörte ihr Klagen.
© Weltbild
„Beuge dich vor und halte dich gut an der Mähne fest",
raunte Simeon mir zu und nahm mir einfach die Zügel aus
der Hand.
Dann geschah alles auf einmal: das Geräusch von Steinschlag,
das erschrockene Schnauben der Rappen - und der
ungeheure Ruck, als mein Pferd losschnellte. Ich schrie vor
Schreck auf, dann klammerte ich mich schon mit aller Kraft
an der Mähne fest und beugte mich nach vorne. Die Steigbügel
drückten sich schmerzhaft in meine Sohlen. Mir
wurde schwindelig, so rasend flog der steinige Boden unter
mir dahin. Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich
mich so schnell bewegt. Hinter mir hörte ich Rufe und Hufgetrappel,
doch eher wäre ich durch die Hölle gegangen als
mich umzusehen. Jovan ritt links von mir - und lachte!
Seine Augen funkelten und er lenkte sein Pferd mit nur
einer Hand.
„Weiter!", befahl er seinen Männern. „Schneller!"
Die Jagd stürmte voran. Und zwischen zwei Sprüngen, als
mein Pferd über das Gelände flog, für einen Herzschlag lang
nicht mehr mit dem Boden verbunden, geschah etwas Seltsames:
Ich fürchtete mich nicht länger. Ich schmeckte den
Wind und war nur noch besessen von dem Wunsch, Lazar
Kosac zu entkommen. Ganz von allein suchte mein Körper
das Gleichgewicht.
Ich weiß nicht mehr, wann die Pferde langsamer wurden
und wann ich ganz sicher war, dass wir den Räubern einfach
davongelaufen waren wie ein Hase dem Fuchs. Und obwohl
meine Knie schmerzten und die Mähne meine Finger blutig
geschnitten hatte, war ich noch wie benommen von der Geschwindigkeit
und unendlich erleichtert.
Jovan sah über die Schulter zurück. „Teufel, was für ein
Ritt!", schrie er triumphierend. „Meine Pferde sind doch die
besten der Welt!" Die zwei Männer fielen in sein raues Lachen
mit ein, nur Simeon und ich blieben stumm.
„Was denn, so ernst?", rief Jovan mir zu. „Mädchen, die
Feuerprobe hast du bestanden. Die drei Türme erwarten
dich, und auch das Pferd, das dich dorthin bringt, wird dir
gehören. Ein Hochzeitsgeschenk von deinem Schwiegervater.
Was sagst du nun?"
„Es wird sich zeigen, ob wir überhaupt bei den drei Türmen
ankommen", entgegnete ich kühl. „Wir haben Glück
gehabt, aber Kosac wird uns sicher kein zweites Mal entkommen
lassen."
Jovan lachte. „Kosac? Der Lump wird sich hüten, mir in
die Quere zu kommen."
„Warum lauft Ihr dann vor ihm davon?"
Für diesen Satz hätte mein Vater mich auf der Stelle verprügelt.
Jovans Lachen verschwand und einen Moment lang
hatte ich das Gefühl, dass seine Männer den Atem anhielten.
Ich hätte Angst bekommen sollen, aber seltsamerweise wartete
ich nur ruhig auf Antwort.
„Ich weiß nicht, wovon du sprichst", sagte Jovan frostig.
„Hinter uns brach Rotwild durch den Wald. Oder bildest du
dir etwa ein, etwas anderes gehört zu haben? Du wirst doch
nicht ebenso schwachsinnig sein wie deine Schwester?"
•
Jovan mied die vielen Klöster der Fruška Gora und trieb uns
auf unbegangenen Wegen vorwärts. Wir ritten durch Wald.
Adlerschreie hallten in den Tälern. In der Nacht lagerten wir
im Freien, ohne ein Feuer zu machen, verdreckt und stinkend
nach Pferdeschweiß. Simeon breitete für mich seinen
Mantel unter einer Kiefer aus und ich lehnte mich an den
knorrigen Stamm. Jeder Knochen tat mir weh. Meine Knie
und Schenkel waren wund gerieben und meine Zähne klapperten
vor Erschöpfung. Es gab nur zähes, getrocknetes
Schafsfleisch zu essen, und obwohl die Fastenzeit vor Ostern
noch nicht vorbei war, aß ich davon, da ich schrecklich Hunger
hatte. Und ich trank das nach Leder schmeckende Wasser
aus einem brüchigen Schlauch. Noch nie hatte ich die
Nacht unter freiem Himmel verbracht. Ameisen erkundeten
meine Wunden. Fledermäuse schwirrten über den Baumkronen
dahin und Wölfe heulten so nahe, dass ich mich entsetzt
an den Baum drückte. Hilfe suchend griff ich nach dem
Holzkreuz in meinem Bündel und presste es als Schutz vor
dem Bösen an die Brust. Stumm betete ich, dass mich keine
Geister und Dämonen heimsuchen sollten, von denen es in
den Wäldern so viele gab. Zwei der Männer hielten Wache
und gaben sich Mühe, mich nicht anzustarren. Ich schloss
die Augen und kauerte mich zwischen Wurzeln und feuchtem
Laub zusammen. In jener Nacht träumte ich, Jovans
Sohn wäre ein hässliches Untier mit schiefen Zähnen, Haar
wie Wolfsfell und Händen wie Klauen. Warum sonst sollte
sein Vater eine Braut von so weit her holen und so teuer bezahlen
müssen?
•
Viele Tage lang hetzten wir weiter, als seien wir auf der
Flucht. Zweimal versuchte ich zu fliehen, zweimal holten
mich Jovans Männer mühelos wieder ein und brachten mich
zurück.
Eulenschreie folgten uns, und die Erschöpfung gaukelte
mir Trugbilder vor. Ich sah die gelb glühenden Augen von
Luchsen, die ich für die Augen eines Werwolfs hielt. Und
ich hörte Echos, die von überall und nirgendwoher kamen.
Als hätte der Höllenritt uns zusammengeschmiedet, horchte
mein Pferd nun auf meine Zeichen, ging langsamer, wenn
die Müdigkeit mich im Sattel schwanken ließ, trabte an, sobald
ich mich in den Steigbügeln aufstellte. Ich nannte den
Wallach „Vetar", Wind, und strich abends mit geschlossenen
Augen über seinen Hals, während ich mir vorstellte, Schwarz
zu berühren. Längst war meine Verzweiflung nur noch eine
taube, leere Stelle in meiner Brust. Wenn ich auf dem Pferderücken
einnickte, träumte ich von Belas kalten Händen,
die mein Gesicht umfassten, und hörte ihr Klagen.
© Weltbild
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Autoren-Porträt von Nina Blazon
Nina Blazon, geboren 1969 in Koper, wuchs in Neu-Ulm auf und studierte in Würzburg Slavistik und Germanistik. Schon als Jugendliche las sie mit Begeisterung, vor allem Fantasy-Literatur. Selbst zu schreiben begann sie während des Studiums - Theaterstücke und Kurzgeschichten, bevor sie den Fantasy-Jugendroman "Im Bann des Fluchträgers" schrieb, der 2003 mit dem Wolfgang-Hohlbein-Preis ausgezeichnet wurde. Sie lebt in Stuttgart, wo sie als Journalistin, Übersetzerin und Werbetexterin arbeitet.
Bibliographische Angaben
- Autor: Nina Blazon
- 2011, 432 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: List TB.
- ISBN-10: 3548610528
- ISBN-13: 9783548610528
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