Verzauberte Küsse
Roman. Dtsch. v. Elke Iheukumere
Amber wurde prophezeit, dass sie früh sterben muss, wenn sie sich verliebt. Kann sie Duncan widerstehen?
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Produktinformationen zu „Verzauberte Küsse “
Amber wurde prophezeit, dass sie früh sterben muss, wenn sie sich verliebt. Kann sie Duncan widerstehen?
Klappentext zu „Verzauberte Küsse “
Wie prophezeit, taucht er eines Nachts bei ihr auf: ein an Körper und Seele verwundeter Krieger, der das Gedächtnis verloren hat. Darauf hat Amber ihr Leben lang gewartet. Sie, die allgemein »Die Unberührbare« genannt wird, will der Weissagung bei ihrer Geburt trotzen, indem sie sich nie verliebt und deswegen auch keinen frühen Tod fürchten muss. Doch Duncan, der Fremde, fühlt sich unwiderstehlich zu dieser goldhaarigen, bezaubernden Schönheit hingezogen. Und die aufopferungsvolle Pflege, die Amber ihm angedeihen lässt, weckt auch bei ihr das Feuer der Leidenschaft, das sie nicht länger ignorieren kann. Eine herrliche, verzauberte Zeit beginnt für die beiden Liebenden bis Duncans Erinnerungsvermögen wieder einsetzt. Entsetzt muss er erkennen, dass Amber seine Todfeindin ist doch wie kann er eine Frau verdammen, die ihm sein Leben wiedergab und die er von ganzem Herzen liebt? Duncan ahnt, dass dunkle Mächte ihr böses Spiel treiben - und begibt sich entschlossen auf die Suche nach der Wahrheit...
Lese-Probe zu „Verzauberte Küsse “
Er wird zu dir kommen, in den Schatten der Dunkelheit.Die Worte der schrecklichen Prophezeiung dröhnten durch Ambers Gedanken, als sie den nackten, kräftigen Mann betrachtete, den ihr Sir Erik bewusstlos vor die Füße gelegt hatte.
Die Flammen der Kerzen flackerten und bewegten sich, als wären sie lebendig - als würden sie gerufen von dem kalten Herbstwind, der durch die offene Tür der Kate blies. Licht und Dunkelheit fielen auf den Körper des Fremden und machten die Kraft seines Rückens und seiner Schultern sichtbar. Schneeregen glänzte auf seinem beinahe schwarzen Haar, eisige Nässe auf seiner Haut.
Amber spürte die Kälte des Mannes, als sei es ihre eigene. Schweigend blickte sie zu Erik auf. Ihre großen goldenen Augen stellten unbeantwortbare Fragen.
Doch das half nichts, denn auch Erik hatte keine Erklärungen. Alles, was er hatte, war der leblose Körper des Fremden, gefunden an einem heiligen Ort.
"Kennst du ihn?", fragte Erik knapp.
"Nein."
"Ich denke, du irrst dich. Er trägt dein Zeichen."
Mit diesen Worten drehte Erik den Mann um. Kerzenlicht fing sich in dem Wasser auf seinem muskulösen Körper; doch es war nicht die elementare Kraft, die Amber aufkeuchen ließ.
Ein Stück Bernstein leuchtete zwischen dem dunklen Haar auf seiner Brust.
Vorsichtig, um den Fremden nicht zu berühren, kniete Amber neben ihm nieder und hielt die Kerze so, dass sie den Talisman betrachten konnte. Kunstvolle Runen waren auf dem Schmuckstück eingeritzt. Diese Runen empfahlen den Träger dem Schutz der Druiden.
"Wende ihn einmal", bat sie leise.
Schnell drehte Erik den Talisman aus Bernstein um. Auf der anderen Seite priesen lateinische Worte in der Form eines Kreuzes die Herrlichkeit Gottes und baten ebenfalls um Schutz für den Träger. Es war ein bekanntes christliches Gebet, das alle Ritter bei sich trugen, die in die Schlacht der Sarazenen gezogen waren, um das Heilige Land zu erobern.
Amber stieß einen langen Seufzer aus, erleichtert, dass der
... mehr
Fremde kein schwarzer Zauberer war, der in die Umstrittenen Gebiete geschickt worden war, um dort Schaden anzurichten. Jetzt erst fasste sie ihn als Mann und nicht als ein Objekt ins Auge, das zu ihr gebracht worden war, damit sie herausfand, ob es sich um einen Ritter oder Betrüger handelte.
Wo immer Amber auch hinsah, die überwältigende Kämpferfigur des Fremden war offensichtlich. Nur seine dichten, ein wenig gebogenen Augenwimpern und der klare, sanfte Schwung seiner Lippen wiesen eine gewisse Zartheit auf.
Zweifellos lag da vor ihr ein gut aussehender Krieger, der die Schönheit des Sturmes anstatt die der Blumen besaß. Frische Abschürfungen, kleine Schnitte und blaue Flecke vermischten sich mit Narben von anderen, länger zurückliegenden Schlachten. Diese Male verstärkten noch den Eindruck seiner Männlichkeit.
Obwohl er außer dem Talisman keinerlei Dinge bei sich trug, nicht einmal Kleidung, war Amber klar, dass man diesen Neuankömmling nicht unterschätzen sollte.
"Wo hast du ihn gefunden?", fragte sie.
"Im Steinkreis."
Ambers Kopf flog herum.
"Was?", entfuhr es ihr ungläubig.
"Du hast gehört, was ich gesagt habe."
Das Mädchen wartete voller Spannung.
Erik richtete seinen Blick mit den Augen eines Wolfes auf sie.
"Lass mich dir nicht die Worte aus der Nase ziehen, wie ich Federn aus einem Huhn rupfe", erklärte Amber verärgert. "Sprich!"
Die harten Linien von Eriks Gesicht verzogen sich zu einem belustigten Lächeln. Er trat über den bewusstlosen Fremden und schloss die Tür der Kate, schloss den frischen, kalten Herbstwind aus, der in den Raum geweht war.
"Hast du nicht ein wenig Glühwein für einen alten Freund?", erkundigte sich Erik freundlich. "Und eine Decke für diesen Mann, wer immer er auch sein mag. Es ist zu kalt, um nackt hier zu liegen, sei er nun Freund oder Feind."
"Aye, Lord! Selbst dein kleinster Wunsch ist für mich selbstverständlich ein Befehl."
Der trockene Humor in Ambers Stimme klang deutlich durch, genau wie die Zuneigung. Sir Erik war der Sohn und Erbe eines großen schottischen Lehnsherrn; doch Amber hatte in seiner Gesellschaft immer ein eigenartiges Gefühl von Behagen, obwohl sie selbst nicht von hoher Geburt war und nicht mehr Verwandtschaft besaß als der wilde Herbstwind.
Erik zog seinen kostbaren Mantel aus. Er bedeckte den Fremden mit der dicken warmen Wolle, die so blau war wie die Dämmerung. Nicht viel von dem Mantel stand an den Füßen über.
"Er ist erstaunlich groß", meinte Erik abwesend.
"Sogar noch größer als du", bestätigte Amber von der anderen Seite des Raumes. "Der Ritter, der diesen Mann geschlagen hat, muss ein mächtiger Krieger gewesen sein."
Erik betrachtete Amber aus zusammengezogenen Augen, als sie auf ihn zukam; über dem Arm trug sie die dicke Felldecke, die normalerweise ihr Bett wärmte.
"Wenn ich den Spuren Glauben schenke, wurde er durch einen Blitzschlag aus dem Himmel niedergestreckt", erklärte Erik deutlich.
Das lange Nachtgewand Ambers wirbelte um ihre Knöchel und verfing sich dort. Sie stolperte und wäre auf den Fremden gefallen, wenn Erik sie nicht gehalten hätte. Er stellte Amber wieder auf die Füße und ließ sie dann sofort los.
"Vergib mir", sagte er schnell.
Obwohl Erik sie nur für den Bruchteil eines Augenblicks berührt hatte, konnte sie ein Gefühl des Unbehagens kaum unterdrücken.
"Es gibt nichts zu vergeben", versicherte Amber ihm. "Du bist dann doch noch das geringere Übel als der Fremde."
Trotz ihrer Worte beobachtete Erik Amber ganz genau; er wollte sicher sein, dass ihr Zurückweichen wirklich nur vorübergehend gewesen war.
"Ich kann nicht sagen, warum deine Berührung mir keine Schmerzen bereitet", erklärte Amber ironisch. "Gott allein weiß, dass dein Herz nicht reiner ist, als es unbedingt sein muss."
Das Lächeln, das um Eriks Mund spielte, war so flüchtig wie Ambers vorheriges Unbehagen.
"Für dich, Amber die Unberührbare", beteuerte er, "ist mein Herz so rein wie frisch gefallener Schnee."
Sie lachte leise. "Vielleicht ist es das Vermächtnis unserer Kindheit, in der wir die Lektionen von Cassandra gemeinsam erteilt bekommen haben."
"Ja. Vielleicht."
Erik verzog schmerzlich den Mund. Dann beugte er sich vor und wickelte den unbeweglich daliegenden Fremden in die Felldecke.
Rasch warf Amber einen Umhang über ihre Schultern und schürte das Feuer in der Mitte der Kate. Schon bald erwärmten die freundlichen Flammen den Raum und spielten wie das Licht der Sonne auf Ambers langen goldenen Zöpfen. Sie schob einen Topf von einem Dreibein über das Feuer.
"Was ist mit den Begleitern des Mannes geschehen?", fragte sie.
"Sie sind in alle Winde verstreut, genau wie ihre Pferde." Erik lächelte böse. "Der uralte Steinkreis hat sicher nichts übrig für Normannen."
"Wann ist das geschehen?"
"Ich weiß es nicht. Obwohl sich die Spuren tief in den Boden eingegraben hatten, waren sie doch vom Regen beinahe weggewaschen. Die Eiche, die von dem Blitz getroffen wurde, bestand nur noch als ein geschwärzter, schwach glühender Stumpf."
"Bringe ihn näher ans Feuer", schlug Amber vor. "Er muss durch und durch unterkühlt sein."
Erik hob den Fremden mit einer Leichtigkeit hoch, die bei der Größe des Mannes erstaunlich war. Die tanzenden Flammen ließen Eriks Haar und seinen Bart hell aufleuchten.
Das Haar des Fremden blieb auch im Schein des Feuers dunkel. Er war glatt rasiert bis auf einen genauso schwarzen Schnurrbart.
"Atmet er?", fragte Amber.
"Aye."
"Sein Herz ..."
"Schlägt so kräftig wie das eines Schlachtrosses", unterbrach Erik sie.
Eigentlich war ihre Erleichterung viel zu groß angesichts eines Fremden.
Dennoch verspürte sie sie.
"Ist einer deiner Knappen unterwegs, um Cassandra zu holen?", erkundigte sich Amber jetzt.
"Nein."
"Warum nicht?", fragte sie erstaunt. "Cassandra besitzt viel größeres Geschick, einen Menschen zu heilen, als ich."
"Doch wesentlich weniger Geschick bei der Hellseherei."
Insgeheim holte Amber tief Luft. Sie hatte sich davor gefürchtet, seit Erik den nackten Fremden ihr vor die Füße gelegt hatte. Zögernd griff sie in ihren Umhang und ihr Nachtgewand.
Obwohl sie viele Halsketten und Armbänder, Spangen und Haarschmuck aus kostbarem Bernstein besaß, so gab es doch nur ein Schmuckstück, das sie ständig trug - selbst im Bett. Die Kette um ihren Hals bestand aus goldenem Draht, fein gewunden. Ein Anhänger aus durchscheinendem Bernstein, halb so groß wie ihre Handfläche, hing an einer goldenen Schlinge und war mit winzigen Runen beschrieben.
Aus der Urzeit und von unschätzbarem Wert, war Amber dieser geheimnisvolle Anhänger bei ihrer Geburt umgelegt worden. In dem kostbaren Schmuckstück blitzte das eingefangene Sonnenlicht, wo es tanzte und lachte und brannte, unterstrichen von den Bruchstücken aus Dunkelheit, die sich auch in dem goldenen Harz tummelten.
Amber murmelte eine Beschwörungsformel und hielt den Anhänger zwischen ihren beiden Handflächen. Die Wärme ihres Atems drang in den geheimnisvollen Stein ein. Als die Substanz von ihrer Lebendigkeit erfüllt war, bildete sich ein leichter Dunst.
Schnell beugte sich Amber zum Feuer und hielt den Anhänger gerade außerhalb der Reichweite der Flammen. Als sich der Dunst klärte, schimmerte der Stein zwischen Licht und Schatten, die Formen darin änderten sich ständig.
"Was siehst du?", wollte Erik wissen.
"Nichts."
Er schnaubte ungeduldig und sah zu dem Fremden, der noch immer schlaff, doch anscheinend unverletzt, am Boden lag - bis auf seinen unnatürlichen Schlaf.
"Du musst ganz sicher etwas sehen", murmelte Erik. "Selbst ich kann in den Bernstein schauen, wenn ich ..."
"Licht", unterbrach Amber ihn. "Einen Kreis. Uralt. Die anmutigen Linien einer Eberesche. Schatten der Dunkelheit. Am Fuße dieses Baumes. Etwas ..."
Sie hielt inne. Als sie aufblickte, stellte sie fest, dass Erik sie beobachtete - mit Augen, die ebenfalls wie Bernstein waren, den man in der Nacht vor sich hat, dunkelgolden, unergründlich.
"Der Steinkreis und die heilige Eberesche", bemerkte er mit ausdrucksloser Stimme.
Amber zuckte die Achseln.
Erik rührte sich nicht, sein Körper war angespannt, als erwarte er einen Kampf.
"Es gibt viele heilige Steinkreise", meinte Amber schließlich. "Und es gibt auch viele Ebereschen und viele Schattierungen der Dunkelheit."
"Du hast ihn so gesehen, wie ich ihn gefunden habe."
"Nein! Die Eberesche steht im Steinkreis."
"Dort war er auch."
Eriks ruhige Erklärung ließ Amber einen Schauder über den Rücken rinnen. Sprachlos blickte sie von Erik zu dem Fremden in der warmen Wollhülle und unter dem Fell.
Dazu kamen tausend Schattierungen der Dunkelheit.
"Im Inneren?", flüsterte sie und bekreuzigte sich eilig. "Lieber Himmel, wer ist er?"
"Ganz sicher einer der Gelehrten. Kein anderer Mensch gelangt zwischen den Steinen hindurch."
Nun betrachtete Amber den Fremden, als würde sie nach seiner Identität suchen - mittels Runen auf seinem Gesicht eingeritzt. Aber sie sah nur diese Tatsachen - seine unbestreitbare Männlichkeit und Stärke.
Der Anblick bewegte sie wie nie etwas zuvor, außer dem Bernstein selbst.
Sie wollte seinen Atem spüren, seinen einzigartigen Duft erfahren, seine Wärme in sich aufnehmen. Sie wollte seine Beschaffenheit erforschen, seine Lebendigkeit genießen.
... ihn berühren ...
Diese Erkenntnis erschreckte Amber. Sie, die Unberührbare, wollte den Schmerz der Nähe riskieren.
"Hat die Eberesche geblüht?", fragte Erik.
Amber zuckte zusammen und warf ihm einen Blick von der Seite zu.
"Seit tausend Jahren hat sie das nicht mehr", erklärte sie. "Warum sollte sie ausgerechnet diesem Fremden ein Leben voller Segen bescheren?"
"Was hast du sonst noch in dem Anhänger gesehen?", war das, was Erik darauf zu sagen hatte.
"Nichts."
"Und du sprichst davon, Federn aus einem Huhn zu rupfen", murmelte er. "Was hast du denn gefühlt?"
"Ich habe gefühlt ..."
Erik wartete.
Und wartete.
"Du liebe Güte! Heraus mit der Sprache", forderte er sie auf.
"Dafür gibt es keine Worte. Nur ein Gefühl, als ob ..."
"Als ob?", drängte er.
"... ich am Rande einer Klippe stehe und nur meine Schwingen ausbreiten muss, um zu fliegen."
Erik verzog die Mundwinkel, in einer Mischung aus Erinnerung und Erwartung.
"Das ist ein wundervolles Gefühl, nicht wahr?", flüsterte er.
"Nur für diejenigen, die Flügel haben", gab Amber zurück. "Was bei mir nicht zutrifft. Mich erwartet nur ein langer Fall und eine harte Landung."
Daraufhin erfüllte Eriks Lachen die kleine Kate.
"Ah, Kleines", meinte er schließlich, "wenn es dir nicht wehtäte, würde ich dich jetzt in die Arme nehmen und dich wie ein Kind hätscheln."
Amber lächelte. "Du bist ein guter Freund. Komm. Trage diesen Mann in mein Bett, bis Cassandra sich um ihn kümmern kann."
Sie erhielt von Erik einen eigenartigen Blick.
"Ich würde nicht gern einen Mann durch eine einfache Erkältung verlieren, der zwischen den heiligen Steinen hindurchgehen kann", erklärte Amber.
"Vielleicht. Doch alles in allem wäre es einfacher, seinen Tod zu befehlen, befände er sich nicht als Gast in deiner Kate. Und in deinem Bett."
Erschrocken starrte Amber Erik an.
Das Lächeln auf seinen Lippen war so kalt wie der Wind, der um die Kate pfiff.
"Warum solltest du einen Fremden richten, den du in dem heiligen Hain gefunden hast?", fragte sie.
"Ich nehme an, dass er einer der Ritter von Duncan von Maxwell ist, die gekommen sind, um unser Land auszuspionieren."
"Dann stimmen die Gerüchte also? Ein Normanne hat seinem angelsächsischen Feind das Recht eingeräumt, in Stone Ring Keep zu herrschen?"
"Aye", antwortete Erik bitter. "Aber Duncan ist nicht mehr Dominics Feind. Der schottische Hammer hat Dominic - unter dem Druck einer Schwertspitze - die Treue geschworen."
Amber wich Eriks Blick aus. Sie brauchte ihn nicht anzuschauen, um das Ausmaß seines gezügelten Zorns zu erfassen. Duncan von Maxwell, der schottische Hammer, war sowohl ein Bastard als auch ein Mann ohne Land. Nichts konnte seine illegitime Geburt ändern; trotzdem hatte Dominic le Sabre Duncan die Kontrolle über Stone Ring Keep und das umliegende Land anvertraut.
Aber Stone Ring Keep war ein Teil von Eriks Erbe!
Erik hatte gegen Geächtete, Bastarde und ehrgeizige Cousins um das Recht gekämpft, über die verschiedenen Besitztümer von Lord Robert in den Umstrittenen Gebieten zu regieren. Es bestand nur wenig Zweifel daran, dass er weiterkämpfen müsste. Leider lag es in der Natur der Umstrittenen Gebiete, nur dem Stärksten zu gehören.
"Womit war der Fremde bekleidet?", fragte Amber jetzt.
"Ich habe ihn so gefunden, wie ich ihn dir brachte. Nackt."
"Dann ist er kein Ritter."
"Nicht alle Herren sind von den Sarazenen mit Fässern voller Gold und Edelsteine zurückgekehrt."
"Aber selbst der ärmste Ritter besitzt eine Rüstung, Waffen, ein Pferd, Kleidung", protestierte Amber. "Irgendetwas."
"Etwas hat er."
"Was?"
"Den Anhänger. Kennst du ihn?"
Amber schüttelte den Kopf, dabei leuchtete ihr Haar auf, als sei es die Sonne selbst.
"Hast du schon einmal etwas Ähnliches gesehen oder davon gehört?", drängte Erik weiter.
"Nein."
Erik stieß einen heftigen Seufzer aus, der gleichzeitig ein Fluch war.
"Vielleicht weiß Cassandra etwas", vermutete Amber.
"Das bezweifle ich."
Der Raum erschien ihr auf einmal kalt, trotz des fröhlich knisternden Feuers - denn Amber spürte die Krallen der Falle, die sich sowohl sanft als auch unausweichlich um sie schloss.
Erik war zu ihr gekommen - wie auch sonst häufig - auf der Suche nach der Wahrheit über einen Mann, der nicht selbst sprechen konnte oder wollte. In der Vergangenheit hatte Amber gelernt zu tun, was immer sie vermochte.
Sogar wenn Erik ihr befahl, einen Menschen zu berühren.
Der Schmerz der Berührung war eine freundliche Geste gegenüber dem Sohn des großen Lords, der ihr solche Großzügigkeit angedeihen ließ. Früher hatten Amber Berührungen keine Angst gemacht.
Doch jetzt schon.
Die Prophezeiung, die bei ihrer Geburt ausgesprochen worden war, sirrte im Raum wie eine Bogensehne, die man gerade losgelassen hatte ... und Amber fürchtete sich vor dem Tod, den der unsichtbare tödliche Pfeil bringen könnte.
Gleichzeitig indessen wuchs das Bedürfnis in ihr, diesen Fremden zu berühren, es drängte sie und ließ sie kaum zu Atem kommen. Sie musste ihn kennen lernen, so wie sie noch nie zuvor etwas hatte kennen lernen wollen, nicht einmal ihren Namen, ihre Eltern, die verschwunden waren, ihre verborgene Herkunft.
Dieses heftige Bedürfnis erschütterte Amber geradezu. In seinem Schweigen rief der Fremde förmlich nach ihr, sang für sie mit unhörbarer Stimme, zog sie an auf eine Weise, die sie nicht leugnen konnte.
"Cassandra weiß mehr als wir beide zusammen", erklärte Amber angespannt. "Wir müssen auf sie warten."
"Bei deiner Geburt hat Cassandra dich Amber getauft. Glaubst du etwa, das hätte sie nur aus einer Laune heraus getan?"
"Nein", flüsterte sie."Du wurdest für alle Dinge aus Edelsteinen der Küsten geboren, in einer Uneingeschränktheit, die Cassandra erkannte, die sie jedoch niemals zu erreichen hoffen konnte."
Wo immer Amber auch hinsah, die überwältigende Kämpferfigur des Fremden war offensichtlich. Nur seine dichten, ein wenig gebogenen Augenwimpern und der klare, sanfte Schwung seiner Lippen wiesen eine gewisse Zartheit auf.
Zweifellos lag da vor ihr ein gut aussehender Krieger, der die Schönheit des Sturmes anstatt die der Blumen besaß. Frische Abschürfungen, kleine Schnitte und blaue Flecke vermischten sich mit Narben von anderen, länger zurückliegenden Schlachten. Diese Male verstärkten noch den Eindruck seiner Männlichkeit.
Obwohl er außer dem Talisman keinerlei Dinge bei sich trug, nicht einmal Kleidung, war Amber klar, dass man diesen Neuankömmling nicht unterschätzen sollte.
"Wo hast du ihn gefunden?", fragte sie.
"Im Steinkreis."
Ambers Kopf flog herum.
"Was?", entfuhr es ihr ungläubig.
"Du hast gehört, was ich gesagt habe."
Das Mädchen wartete voller Spannung.
Erik richtete seinen Blick mit den Augen eines Wolfes auf sie.
"Lass mich dir nicht die Worte aus der Nase ziehen, wie ich Federn aus einem Huhn rupfe", erklärte Amber verärgert. "Sprich!"
Die harten Linien von Eriks Gesicht verzogen sich zu einem belustigten Lächeln. Er trat über den bewusstlosen Fremden und schloss die Tür der Kate, schloss den frischen, kalten Herbstwind aus, der in den Raum geweht war.
"Hast du nicht ein wenig Glühwein für einen alten Freund?", erkundigte sich Erik freundlich. "Und eine Decke für diesen Mann, wer immer er auch sein mag. Es ist zu kalt, um nackt hier zu liegen, sei er nun Freund oder Feind."
"Aye, Lord! Selbst dein kleinster Wunsch ist für mich selbstverständlich ein Befehl."
Der trockene Humor in Ambers Stimme klang deutlich durch, genau wie die Zuneigung. Sir Erik war der Sohn und Erbe eines großen schottischen Lehnsherrn; doch Amber hatte in seiner Gesellschaft immer ein eigenartiges Gefühl von Behagen, obwohl sie selbst nicht von hoher Geburt war und nicht mehr Verwandtschaft besaß als der wilde Herbstwind.
Erik zog seinen kostbaren Mantel aus. Er bedeckte den Fremden mit der dicken warmen Wolle, die so blau war wie die Dämmerung. Nicht viel von dem Mantel stand an den Füßen über.
"Er ist erstaunlich groß", meinte Erik abwesend.
"Sogar noch größer als du", bestätigte Amber von der anderen Seite des Raumes. "Der Ritter, der diesen Mann geschlagen hat, muss ein mächtiger Krieger gewesen sein."
Erik betrachtete Amber aus zusammengezogenen Augen, als sie auf ihn zukam; über dem Arm trug sie die dicke Felldecke, die normalerweise ihr Bett wärmte.
"Wenn ich den Spuren Glauben schenke, wurde er durch einen Blitzschlag aus dem Himmel niedergestreckt", erklärte Erik deutlich.
Das lange Nachtgewand Ambers wirbelte um ihre Knöchel und verfing sich dort. Sie stolperte und wäre auf den Fremden gefallen, wenn Erik sie nicht gehalten hätte. Er stellte Amber wieder auf die Füße und ließ sie dann sofort los.
"Vergib mir", sagte er schnell.
Obwohl Erik sie nur für den Bruchteil eines Augenblicks berührt hatte, konnte sie ein Gefühl des Unbehagens kaum unterdrücken.
"Es gibt nichts zu vergeben", versicherte Amber ihm. "Du bist dann doch noch das geringere Übel als der Fremde."
Trotz ihrer Worte beobachtete Erik Amber ganz genau; er wollte sicher sein, dass ihr Zurückweichen wirklich nur vorübergehend gewesen war.
"Ich kann nicht sagen, warum deine Berührung mir keine Schmerzen bereitet", erklärte Amber ironisch. "Gott allein weiß, dass dein Herz nicht reiner ist, als es unbedingt sein muss."
Das Lächeln, das um Eriks Mund spielte, war so flüchtig wie Ambers vorheriges Unbehagen.
"Für dich, Amber die Unberührbare", beteuerte er, "ist mein Herz so rein wie frisch gefallener Schnee."
Sie lachte leise. "Vielleicht ist es das Vermächtnis unserer Kindheit, in der wir die Lektionen von Cassandra gemeinsam erteilt bekommen haben."
"Ja. Vielleicht."
Erik verzog schmerzlich den Mund. Dann beugte er sich vor und wickelte den unbeweglich daliegenden Fremden in die Felldecke.
Rasch warf Amber einen Umhang über ihre Schultern und schürte das Feuer in der Mitte der Kate. Schon bald erwärmten die freundlichen Flammen den Raum und spielten wie das Licht der Sonne auf Ambers langen goldenen Zöpfen. Sie schob einen Topf von einem Dreibein über das Feuer.
"Was ist mit den Begleitern des Mannes geschehen?", fragte sie.
"Sie sind in alle Winde verstreut, genau wie ihre Pferde." Erik lächelte böse. "Der uralte Steinkreis hat sicher nichts übrig für Normannen."
"Wann ist das geschehen?"
"Ich weiß es nicht. Obwohl sich die Spuren tief in den Boden eingegraben hatten, waren sie doch vom Regen beinahe weggewaschen. Die Eiche, die von dem Blitz getroffen wurde, bestand nur noch als ein geschwärzter, schwach glühender Stumpf."
"Bringe ihn näher ans Feuer", schlug Amber vor. "Er muss durch und durch unterkühlt sein."
Erik hob den Fremden mit einer Leichtigkeit hoch, die bei der Größe des Mannes erstaunlich war. Die tanzenden Flammen ließen Eriks Haar und seinen Bart hell aufleuchten.
Das Haar des Fremden blieb auch im Schein des Feuers dunkel. Er war glatt rasiert bis auf einen genauso schwarzen Schnurrbart.
"Atmet er?", fragte Amber.
"Aye."
"Sein Herz ..."
"Schlägt so kräftig wie das eines Schlachtrosses", unterbrach Erik sie.
Eigentlich war ihre Erleichterung viel zu groß angesichts eines Fremden.
Dennoch verspürte sie sie.
"Ist einer deiner Knappen unterwegs, um Cassandra zu holen?", erkundigte sich Amber jetzt.
"Nein."
"Warum nicht?", fragte sie erstaunt. "Cassandra besitzt viel größeres Geschick, einen Menschen zu heilen, als ich."
"Doch wesentlich weniger Geschick bei der Hellseherei."
Insgeheim holte Amber tief Luft. Sie hatte sich davor gefürchtet, seit Erik den nackten Fremden ihr vor die Füße gelegt hatte. Zögernd griff sie in ihren Umhang und ihr Nachtgewand.
Obwohl sie viele Halsketten und Armbänder, Spangen und Haarschmuck aus kostbarem Bernstein besaß, so gab es doch nur ein Schmuckstück, das sie ständig trug - selbst im Bett. Die Kette um ihren Hals bestand aus goldenem Draht, fein gewunden. Ein Anhänger aus durchscheinendem Bernstein, halb so groß wie ihre Handfläche, hing an einer goldenen Schlinge und war mit winzigen Runen beschrieben.
Aus der Urzeit und von unschätzbarem Wert, war Amber dieser geheimnisvolle Anhänger bei ihrer Geburt umgelegt worden. In dem kostbaren Schmuckstück blitzte das eingefangene Sonnenlicht, wo es tanzte und lachte und brannte, unterstrichen von den Bruchstücken aus Dunkelheit, die sich auch in dem goldenen Harz tummelten.
Amber murmelte eine Beschwörungsformel und hielt den Anhänger zwischen ihren beiden Handflächen. Die Wärme ihres Atems drang in den geheimnisvollen Stein ein. Als die Substanz von ihrer Lebendigkeit erfüllt war, bildete sich ein leichter Dunst.
Schnell beugte sich Amber zum Feuer und hielt den Anhänger gerade außerhalb der Reichweite der Flammen. Als sich der Dunst klärte, schimmerte der Stein zwischen Licht und Schatten, die Formen darin änderten sich ständig.
"Was siehst du?", wollte Erik wissen.
"Nichts."
Er schnaubte ungeduldig und sah zu dem Fremden, der noch immer schlaff, doch anscheinend unverletzt, am Boden lag - bis auf seinen unnatürlichen Schlaf.
"Du musst ganz sicher etwas sehen", murmelte Erik. "Selbst ich kann in den Bernstein schauen, wenn ich ..."
"Licht", unterbrach Amber ihn. "Einen Kreis. Uralt. Die anmutigen Linien einer Eberesche. Schatten der Dunkelheit. Am Fuße dieses Baumes. Etwas ..."
Sie hielt inne. Als sie aufblickte, stellte sie fest, dass Erik sie beobachtete - mit Augen, die ebenfalls wie Bernstein waren, den man in der Nacht vor sich hat, dunkelgolden, unergründlich.
"Der Steinkreis und die heilige Eberesche", bemerkte er mit ausdrucksloser Stimme.
Amber zuckte die Achseln.
Erik rührte sich nicht, sein Körper war angespannt, als erwarte er einen Kampf.
"Es gibt viele heilige Steinkreise", meinte Amber schließlich. "Und es gibt auch viele Ebereschen und viele Schattierungen der Dunkelheit."
"Du hast ihn so gesehen, wie ich ihn gefunden habe."
"Nein! Die Eberesche steht im Steinkreis."
"Dort war er auch."
Eriks ruhige Erklärung ließ Amber einen Schauder über den Rücken rinnen. Sprachlos blickte sie von Erik zu dem Fremden in der warmen Wollhülle und unter dem Fell.
Dazu kamen tausend Schattierungen der Dunkelheit.
"Im Inneren?", flüsterte sie und bekreuzigte sich eilig. "Lieber Himmel, wer ist er?"
"Ganz sicher einer der Gelehrten. Kein anderer Mensch gelangt zwischen den Steinen hindurch."
Nun betrachtete Amber den Fremden, als würde sie nach seiner Identität suchen - mittels Runen auf seinem Gesicht eingeritzt. Aber sie sah nur diese Tatsachen - seine unbestreitbare Männlichkeit und Stärke.
Der Anblick bewegte sie wie nie etwas zuvor, außer dem Bernstein selbst.
Sie wollte seinen Atem spüren, seinen einzigartigen Duft erfahren, seine Wärme in sich aufnehmen. Sie wollte seine Beschaffenheit erforschen, seine Lebendigkeit genießen.
... ihn berühren ...
Diese Erkenntnis erschreckte Amber. Sie, die Unberührbare, wollte den Schmerz der Nähe riskieren.
"Hat die Eberesche geblüht?", fragte Erik.
Amber zuckte zusammen und warf ihm einen Blick von der Seite zu.
"Seit tausend Jahren hat sie das nicht mehr", erklärte sie. "Warum sollte sie ausgerechnet diesem Fremden ein Leben voller Segen bescheren?"
"Was hast du sonst noch in dem Anhänger gesehen?", war das, was Erik darauf zu sagen hatte.
"Nichts."
"Und du sprichst davon, Federn aus einem Huhn zu rupfen", murmelte er. "Was hast du denn gefühlt?"
"Ich habe gefühlt ..."
Erik wartete.
Und wartete.
"Du liebe Güte! Heraus mit der Sprache", forderte er sie auf.
"Dafür gibt es keine Worte. Nur ein Gefühl, als ob ..."
"Als ob?", drängte er.
"... ich am Rande einer Klippe stehe und nur meine Schwingen ausbreiten muss, um zu fliegen."
Erik verzog die Mundwinkel, in einer Mischung aus Erinnerung und Erwartung.
"Das ist ein wundervolles Gefühl, nicht wahr?", flüsterte er.
"Nur für diejenigen, die Flügel haben", gab Amber zurück. "Was bei mir nicht zutrifft. Mich erwartet nur ein langer Fall und eine harte Landung."
Daraufhin erfüllte Eriks Lachen die kleine Kate.
"Ah, Kleines", meinte er schließlich, "wenn es dir nicht wehtäte, würde ich dich jetzt in die Arme nehmen und dich wie ein Kind hätscheln."
Amber lächelte. "Du bist ein guter Freund. Komm. Trage diesen Mann in mein Bett, bis Cassandra sich um ihn kümmern kann."
Sie erhielt von Erik einen eigenartigen Blick.
"Ich würde nicht gern einen Mann durch eine einfache Erkältung verlieren, der zwischen den heiligen Steinen hindurchgehen kann", erklärte Amber.
"Vielleicht. Doch alles in allem wäre es einfacher, seinen Tod zu befehlen, befände er sich nicht als Gast in deiner Kate. Und in deinem Bett."
Erschrocken starrte Amber Erik an.
Das Lächeln auf seinen Lippen war so kalt wie der Wind, der um die Kate pfiff.
"Warum solltest du einen Fremden richten, den du in dem heiligen Hain gefunden hast?", fragte sie.
"Ich nehme an, dass er einer der Ritter von Duncan von Maxwell ist, die gekommen sind, um unser Land auszuspionieren."
"Dann stimmen die Gerüchte also? Ein Normanne hat seinem angelsächsischen Feind das Recht eingeräumt, in Stone Ring Keep zu herrschen?"
"Aye", antwortete Erik bitter. "Aber Duncan ist nicht mehr Dominics Feind. Der schottische Hammer hat Dominic - unter dem Druck einer Schwertspitze - die Treue geschworen."
Amber wich Eriks Blick aus. Sie brauchte ihn nicht anzuschauen, um das Ausmaß seines gezügelten Zorns zu erfassen. Duncan von Maxwell, der schottische Hammer, war sowohl ein Bastard als auch ein Mann ohne Land. Nichts konnte seine illegitime Geburt ändern; trotzdem hatte Dominic le Sabre Duncan die Kontrolle über Stone Ring Keep und das umliegende Land anvertraut.
Aber Stone Ring Keep war ein Teil von Eriks Erbe!
Erik hatte gegen Geächtete, Bastarde und ehrgeizige Cousins um das Recht gekämpft, über die verschiedenen Besitztümer von Lord Robert in den Umstrittenen Gebieten zu regieren. Es bestand nur wenig Zweifel daran, dass er weiterkämpfen müsste. Leider lag es in der Natur der Umstrittenen Gebiete, nur dem Stärksten zu gehören.
"Womit war der Fremde bekleidet?", fragte Amber jetzt.
"Ich habe ihn so gefunden, wie ich ihn dir brachte. Nackt."
"Dann ist er kein Ritter."
"Nicht alle Herren sind von den Sarazenen mit Fässern voller Gold und Edelsteine zurückgekehrt."
"Aber selbst der ärmste Ritter besitzt eine Rüstung, Waffen, ein Pferd, Kleidung", protestierte Amber. "Irgendetwas."
"Etwas hat er."
"Was?"
"Den Anhänger. Kennst du ihn?"
Amber schüttelte den Kopf, dabei leuchtete ihr Haar auf, als sei es die Sonne selbst.
"Hast du schon einmal etwas Ähnliches gesehen oder davon gehört?", drängte Erik weiter.
"Nein."
Erik stieß einen heftigen Seufzer aus, der gleichzeitig ein Fluch war.
"Vielleicht weiß Cassandra etwas", vermutete Amber.
"Das bezweifle ich."
Der Raum erschien ihr auf einmal kalt, trotz des fröhlich knisternden Feuers - denn Amber spürte die Krallen der Falle, die sich sowohl sanft als auch unausweichlich um sie schloss.
Erik war zu ihr gekommen - wie auch sonst häufig - auf der Suche nach der Wahrheit über einen Mann, der nicht selbst sprechen konnte oder wollte. In der Vergangenheit hatte Amber gelernt zu tun, was immer sie vermochte.
Sogar wenn Erik ihr befahl, einen Menschen zu berühren.
Der Schmerz der Berührung war eine freundliche Geste gegenüber dem Sohn des großen Lords, der ihr solche Großzügigkeit angedeihen ließ. Früher hatten Amber Berührungen keine Angst gemacht.
Doch jetzt schon.
Die Prophezeiung, die bei ihrer Geburt ausgesprochen worden war, sirrte im Raum wie eine Bogensehne, die man gerade losgelassen hatte ... und Amber fürchtete sich vor dem Tod, den der unsichtbare tödliche Pfeil bringen könnte.
Gleichzeitig indessen wuchs das Bedürfnis in ihr, diesen Fremden zu berühren, es drängte sie und ließ sie kaum zu Atem kommen. Sie musste ihn kennen lernen, so wie sie noch nie zuvor etwas hatte kennen lernen wollen, nicht einmal ihren Namen, ihre Eltern, die verschwunden waren, ihre verborgene Herkunft.
Dieses heftige Bedürfnis erschütterte Amber geradezu. In seinem Schweigen rief der Fremde förmlich nach ihr, sang für sie mit unhörbarer Stimme, zog sie an auf eine Weise, die sie nicht leugnen konnte.
"Cassandra weiß mehr als wir beide zusammen", erklärte Amber angespannt. "Wir müssen auf sie warten."
"Bei deiner Geburt hat Cassandra dich Amber getauft. Glaubst du etwa, das hätte sie nur aus einer Laune heraus getan?"
"Nein", flüsterte sie."Du wurdest für alle Dinge aus Edelsteinen der Küsten geboren, in einer Uneingeschränktheit, die Cassandra erkannte, die sie jedoch niemals zu erreichen hoffen konnte."
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Bibliographische Angaben
- Autor: Elizabeth Lowell
- 2002, 439 Seiten, Maße: 12,5 x 18,5 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 344235711X
- ISBN-13: 9783442357116
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