"Was die Seele krank macht und was sie heilt" und "Wenn der Körper Signale gibt", inklusive 3 CDs
Die psychotherapeutische Arbeit Bert Hellingers
Bert Hellingers Erkenntnisse und Arbeitsweisen im Doppelband.
In "Was die Seele krank macht und was sie heilt" finden Sie:
- schwere Erkrankungen und ihre Entstehungsgeschichte
- das "Familienstellen"
- u.v.m.
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Produktinformationen zu „"Was die Seele krank macht und was sie heilt" und "Wenn der Körper Signale gibt", inklusive 3 CDs “
Bert Hellingers Erkenntnisse und Arbeitsweisen im Doppelband.
In "Was die Seele krank macht und was sie heilt" finden Sie:
- schwere Erkrankungen und ihre Entstehungsgeschichte
- das "Familienstellen"
- u.v.m.
Inklusive Hörbuch auf 3 CDs.
Lese-Probe zu „"Was die Seele krank macht und was sie heilt" und "Wenn der Körper Signale gibt", inklusive 3 CDs “
Was die Seele krank macht und was sie heilt/Wenn der Körper Signale gibt von Thomas Schäfer LESEPROBE Schuld und Unschuld, Gewissen, Ordnung, Bindung, Demut und das Ehren der Eltern - so lauten einige zentrale Begriffe der Systemischen Psychotherapie Bert Hellingers. In der gegenwärtigen Psychotherapie hört man diese Ausdrücke eher selten, und manchem erscheinen sie gar anrüchig und verstaubt. So verwundert es nicht, dass sich an Bert Hellinger die Geister scheiden.
Für die einen ist er derjenige, der bestimmten Werten zu einer Renaissance verhilft. Wir leben in einer Zeit, in der sich alles schnell relativiert. Nichts scheint lange Bestand zu haben, obwohl wir uns doch sehr nach Sicherheit und Verlässlichkeit sehnen. Und nun kommt jemand, der endlich Orientierung gibt und in all den persönlichen Tragödien und Schicksalen Ursachen und Sinn erkennt. Zusammenhänge zu verstehen, die wir jenseits des Begreifens wähnten: Das muss eine tiefe Sehnsucht wecken, mit dem eigenen Schicksal in Einklang zu kommen.
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Für die anderen ist Hellinger ein konservativer, patriarchalischer Heilsverkünder, dessen »Lehre« in den orientierungslosen Köpfen vieler leichtes Spiel hat. In diesen Zusammenhang passt natürlich der Umstand, dass Hellinger lange Zeit in Afrika Missionar gewesen ist. Nachdem er den Orden verlassen hatte, entdeckte er die Psychotherapie als neues Aufgabenfeld. Um »biblische Psychotherapie« handele es sich, lesen wir in der Überschrift des Editorials der Zeitschrift »Psychologie heute« (6/95). Dort ist auch die Rede von einem »Guru«, der »weiße Magie« betreibt, wenn er in großen Gruppen einen Klienten seine Familie aufstellen lässt.'Viele Therapeuten, die nach Hellingers Methode Familien stellen und seine Einsichten in ihrer täglichen Arbeit berücksichtigen, und viele, die heute mit Sympathie über ihn reden und schreiben, bekennen, dass sie bei der ersten Begegnung mit diesen ungewohnten Einsichten schockiert waren. Mir selbst erging es anders. Ich war tief ergriffen von dem, was ich las (»Zweierlei Glück«) und was ich kurz darauf in Hellingers Seminaren erlebte. Nachdem ich meine Familie aufgestellt hatte, wurde mir nicht nur meine persönliche Geschichte klarer, ich sah auch die Probleme meiner Klienten in einem neuen, ungewohnten Licht. Betroffen und verunsichert ließ mich damals nur eine Sache zurück: Hellingers Umgang mit dem Thema Inzest. Doch mittlerweile habe ich meine Meinung revidiert. Hellingers Sichtweise dieses äußerst heiklen Themas widerspricht zwar dem Zeitgeist, doch kann sie meiner Erfahrung nach den Opfern tatsächlich Heilung bringen (siehe das Kapitel »Eltern und Kinder«).
Unterschiede zu anderen psychotherapeutischen Ansätzen
In der systemischen Sichtweise der Familientherapie wie auch in den meisten Richtungen der humanistischen Psychologie (Gestalttherapie, Gesprächspsychotherapie nach Rogers, Primärtherapie, Bioenergetik u. a.) spielt die Theorie des Konstruktivismus eine wichtige Rolle:' Es existiert keine feststehende Wahrheit, es gibt nichts objektiv zu Erkennendes; unsere Gefühle hängen weitgehend von unseren inneren Vorstellungen ab. In vielen Therapierichtungen geht man davon aus, dass der Klient über einen zielgerichteten Umgang mit sinnvollen Bildern und Vorstellungen die meisten seiner Ziele erreichen kann. Besonders beim NLP (Neurolinguistisches Programmieren), von dem ich als Therapeut viel profitiert habe, findet man recht naive Ansichten darüber, was alles »programmierbar« sei: Reichtum, Heilung von Krankheiten, das Finden des richtigen Partners usw. Die Vorstellung, dass man mit einer kraftvollen »Ressourcen-Mobilisierung« (NLP-Jargon) die meisten seiner Wünsche realisieren könne, ist natürlich nicht auf das NLP begrenzt. Das Credo einer großen Zahl von Therapeuten, zu denen auch ich gehört habe, lautet: »Jeder Mensch ist völlig frei und hat die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen, wie er das möchte. Dazu muss er nur die verinnerlichten, hemmenden Vorstellungen (>Glaubenssätzen< durch neue und bessere ersetzen.«
Je radikaler man konstruktivistisch denkt, desto dringlicher stellt sich die Frage nach der Ethik: Wenn jeder frei ist, zu tun und zu lassen, was er will, welche Folgen hat das dann für die anderen?
Hellinger zufolge sind wir nicht so frei, wie wir gerne glauben. Wenn wir ohne die Anerkennung unserer Bindungen handeln, ist das kein freies, sondern ein blindes Handeln. Ein Handeln in Freiheit ergibt sich erst durch die Zugehörigkeit zu einem System (Familie). Ein System definiert sich durch eine Menge von Elementen, zwischen denen bestimmte Beziehungen bestehen. Jede Veränderung eines Elements hat automatisch auch eine Wirkung auf die anderen Elemente. Jeder Mensch ist Teil eines Familiensystems und damit eines Beziehungszusammenhanges. Dadurch hat er Anteil an den Problemen der anderen Familienmitglieder, gleichgültig, ob ihm das bewusst ist oder nicht.
Ein Beispiel: Wenn ein Ehemann seine Frau und seine Kinder mit der Begründung »Ihr seid mir zu langweilig! Ich verlasse euch, weil ich mich erst einmal verwirklichen will« verlässt, mag er von der Richtigkeit seiner Ansicht überzeugt sein. Die Vorstellung, dass Frau und Kinder ihn binden, kann er als »altmodische und hemmende Vorstellung« aus seinem Kopf verbannen und durch Vorstellungen von absoluter Freiheit ersetzen. Doch die Bindung des Mannes an die Familie existiert objektiv weiter, was man als neutraler Beobachter ohne weiteres feststellen kann: Wenn sich jemand leichtfertig von der Familie trennt und nicht mehr für sie sorgt, stirbt nicht selten ein Kind an einer schweren Krankheit, bringt sich um oder entwickelt ein chronisches Leiden. Außerdem wird der Mann wahrscheinlich keine langfristige befriedigende Partnerschaft mehr eingehen können. Eine solch leichtfertige Trennung wird im System als Verbrechen erlebt und hat entsprechende Konsequenzen.
Das von vielen Therapeuten vertretene Credo der Selbstverwirklichung hat Hellinger wegen seiner Auswirkungen auf die anderen energisch kritisiert. Er erwähnt als Beispiel das »Gestaltgebet« des Gestalttherapeuten Fritz Perls, eines Vertreters der humanistischen Psychologie. Sinngemäß lautet es: »Ich mache meine Sache, du machst deine Sache. Wie es dir dann geht, ist nicht mehr meine Sache. Ich gehe meinen Weg.« Hellingers Kommentar dazu: »Hier werden Bindungen verleugnet, und anderen werden die Kosten aufgebürdet. Ich nenne diese Selbstverwirklicher Psychokapitalisten übelster Sorte.« (AWI: 129) Im Gegensatz zu der »Konstruktion der Wirklichkeit«, die jenem verhängnisvollen Credo Vorschub leistet, vertritt Hellinger die »Wahrnehmung der Ordnung«. Was »Ordnung« ist, wird uns in diesem Buch noch häufig beschäftigen. Schon jetzt sei gesagt, dass sie nicht mit landläufigen Vorstellungen verwechselt werden darf. Anders als die meisten psychotherapeutischen Richtungen kümmert sich Hellinger nicht um die theoretische Begründung seiner Arbeit. Immer wieder betont er, dass er keine »Lehre« oder Theorie geschaffen habe, sondern dass er Phänomenologe sei. Er schaut auf das, was ist, statt sich mit den Vorstellungen und Interpretationen des Klienten zu beschäftigen oder selbst Theorien zu entwickeln. Das, was ist, stellt aber keine objektive Wahrheit oder ein unumstößliches Gesetz dar, sagt Hellinger, sondern lebendige Wirklichkeit; es ist etwas Schöpferisches.
Hellinger unterscheidet auch Beobachten und Wahrnehmen. Beobachtungen führen zu Teilkenntnissen unter Verlust der Gesamtschau. Wenn man das Verhalten eines Menschenbeobachtet, sieht man nur Einzelheiten. Wenn ich mich dagegen der Wahrnehmung aussetze, entgehen mir Details, doch ich erfasse sofort das Wesentliche, den Kern, und zwar im Dienste des anderen. Vielleicht kann das ein Beispiel erläutern. Als Kind war ich davon fasziniert, was geschieht, wenn man sich im Dunkeln auf ein winziges Licht konzentriert. Was passiert? Man sieht es nicht! Erst wenn man sich ein wenig entspannt und erweitert schaut, können die Augen es deutlich wahrnehmen.
Die von Hellinger beschriebene Form von Wahrnehmung ist nur möglich, wenn man sich dem Klienten absichtslos und mit der Bereitschaft zur Beziehung zuwendet. Dann entsteht eine innige Verbindung, die mit höchster Achtung, aber auch mit Distanz verbunden ist. Wer Bert Hellinger bei der Aufstellung von Gegenwarts- oder Herkunftsfamilien zuschaut, wird eingestehen müssen, dass Liebe, Achtung, aber auch Distanz bei ihm immer zugegen sind. Wenn Hellinger bestimmte Zusammenhänge erklärt, wird ihm oft Dogmatismus vorgeworfen. Doch wenn man ihm genau zuhört, wird deutlich, dass es ihm nicht um das Festzurren von einengenden Regeln geht. Wenn in einem Seminar die Frage gestellt wird: »Ist die Dynamik bei dieser Krankheit immer so, wie Sie es hier schildern?«, antwortet er oft: »Ob das in allen Fällen so ist, weiß ich nicht, doch bislang habe ich diesen Zusammenhang immer wieder feststellen können. Wenn Sie oder ich neue Wahrnehmungen machen, wird man erneut darüber nachdenken müssen.«
In der Vergangenheit war Hellinger der Umgang mit Theorien durchaus nicht fremd, denn er wurde nach seiner Ordenstätigkeit Psychoanalytiker. Geblieben ist ihm aus dieser Zeit der Blick auf die Familie. Doch wonach er schaut, nämlich nach
den Ordnungen, in die wir eingebettet sind, und auch wie er schaut, unterscheidet sich völlig von der klassischen Psychoanalyse, in der viel mit Traumdeutung und Assoziation gearbeitet wird.
Wenn Hellinger auf die Familie blickt, vollzieht er das mit einer bestimmten Grundeinstellung, die sich deutlich von der vieler Psychoanalytiker unterscheidet. Der Mensch kommt aus der Familie. Ihr verdankt er das Leben mit allen Möglichkeiten und Grenzen, und durch sie wird er in bestimmte Schicksale hineingezogen. Aus diesen Gründen gibt es für Hellinger nichts Stärkeres als die Familie, und deshalb darf der Therapeut nicht wichtiger als ein Familienmitglied werden, indem er zum Beispiel Ersatzvater oder Ersatzmutter für den Klienten wird.
Hellingers Umgang mit der Familie ist von tiefer Achtung geprägt. Insbesondere achtet er die Eltern. Elternschaft ist für Hellinger etwas so Wesentliches, dass er sich nie gegen die Eltern stellen würde. Eine solche Haltung muss erstaunen, da wir es doch gewohnt sind, die Eltern für alles Übel verantwortlich zu machen. Auch in der Therapie verbündet sich der Therapeut häufig mit dem Klienten gegen die Eltern oder einen Elternteil. Die oft zu hörende Ansicht »Du musst dich von deinen Eltern befreien« lehnt Hellinger ab. Es ist für ihn absurd, denn: »Wie kann man sich von seinen Eltern befreien? Er oder sie ist ja seine Eltern.« (AWI: 98) Ich bin meine Eltern? Das klingt für viele nach Mittelalter. Was damit tatsächlich gemeint ist, wird im Kapitel »Eltern und Kinder« ausführlich gezeigt werden.
Hellinger leugnet allerdings nicht, dass für den Einzelnen aus der Bindung an die Familie sehr großes Leid entstehen kann. Nur die Schlussfolgerung daraus unterscheidet ihn von den meisten anderen Therapeuten. Statt den Klienten zu bestärken, die Wut gegen die Eltern herauszuschreien, wofür er sich hinterher nur bestrafen würde, bringt er ihn wieder mit der ursprünglichen Eltern-Kind-Liebe in Kontakt, die vor der Wut einmal existiert hat.' Wenn aus der Bindung an die Familie großes Leid entsteht und jemanden krank macht, geschieht das nicht, weil irgendjemand böse ist, sondern weil in der Familie Schicksale wirken, die auf alle Einfluss haben.
In Hellingers Arbeit wird die Familie als ein System gesehen, aus dem man sich nicht einfach ausklinken kann. Unsere Eltern haben wiederum Eltern und kommen aus Familien mit bestimmten Schicksalen. All das wirkt sich in der jetzigen Familie aus. Wenn in der Vergangenheit etwas Schlimmes passiert ist, hat das über Generationen hinweg Folgen. Diese unbewussten Verstrickungen bewusst zu machen und die ursprüngliche Liebe wieder zum Fließen zu bringen ist die Aufgabe von Hellingers Form der Familienaufstellungen.
© Knaur Verlag
Unterschiede zu anderen psychotherapeutischen Ansätzen
In der systemischen Sichtweise der Familientherapie wie auch in den meisten Richtungen der humanistischen Psychologie (Gestalttherapie, Gesprächspsychotherapie nach Rogers, Primärtherapie, Bioenergetik u. a.) spielt die Theorie des Konstruktivismus eine wichtige Rolle:' Es existiert keine feststehende Wahrheit, es gibt nichts objektiv zu Erkennendes; unsere Gefühle hängen weitgehend von unseren inneren Vorstellungen ab. In vielen Therapierichtungen geht man davon aus, dass der Klient über einen zielgerichteten Umgang mit sinnvollen Bildern und Vorstellungen die meisten seiner Ziele erreichen kann. Besonders beim NLP (Neurolinguistisches Programmieren), von dem ich als Therapeut viel profitiert habe, findet man recht naive Ansichten darüber, was alles »programmierbar« sei: Reichtum, Heilung von Krankheiten, das Finden des richtigen Partners usw. Die Vorstellung, dass man mit einer kraftvollen »Ressourcen-Mobilisierung« (NLP-Jargon) die meisten seiner Wünsche realisieren könne, ist natürlich nicht auf das NLP begrenzt. Das Credo einer großen Zahl von Therapeuten, zu denen auch ich gehört habe, lautet: »Jeder Mensch ist völlig frei und hat die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen, wie er das möchte. Dazu muss er nur die verinnerlichten, hemmenden Vorstellungen (>Glaubenssätzen< durch neue und bessere ersetzen.«
Je radikaler man konstruktivistisch denkt, desto dringlicher stellt sich die Frage nach der Ethik: Wenn jeder frei ist, zu tun und zu lassen, was er will, welche Folgen hat das dann für die anderen?
Hellinger zufolge sind wir nicht so frei, wie wir gerne glauben. Wenn wir ohne die Anerkennung unserer Bindungen handeln, ist das kein freies, sondern ein blindes Handeln. Ein Handeln in Freiheit ergibt sich erst durch die Zugehörigkeit zu einem System (Familie). Ein System definiert sich durch eine Menge von Elementen, zwischen denen bestimmte Beziehungen bestehen. Jede Veränderung eines Elements hat automatisch auch eine Wirkung auf die anderen Elemente. Jeder Mensch ist Teil eines Familiensystems und damit eines Beziehungszusammenhanges. Dadurch hat er Anteil an den Problemen der anderen Familienmitglieder, gleichgültig, ob ihm das bewusst ist oder nicht.
Ein Beispiel: Wenn ein Ehemann seine Frau und seine Kinder mit der Begründung »Ihr seid mir zu langweilig! Ich verlasse euch, weil ich mich erst einmal verwirklichen will« verlässt, mag er von der Richtigkeit seiner Ansicht überzeugt sein. Die Vorstellung, dass Frau und Kinder ihn binden, kann er als »altmodische und hemmende Vorstellung« aus seinem Kopf verbannen und durch Vorstellungen von absoluter Freiheit ersetzen. Doch die Bindung des Mannes an die Familie existiert objektiv weiter, was man als neutraler Beobachter ohne weiteres feststellen kann: Wenn sich jemand leichtfertig von der Familie trennt und nicht mehr für sie sorgt, stirbt nicht selten ein Kind an einer schweren Krankheit, bringt sich um oder entwickelt ein chronisches Leiden. Außerdem wird der Mann wahrscheinlich keine langfristige befriedigende Partnerschaft mehr eingehen können. Eine solch leichtfertige Trennung wird im System als Verbrechen erlebt und hat entsprechende Konsequenzen.
Das von vielen Therapeuten vertretene Credo der Selbstverwirklichung hat Hellinger wegen seiner Auswirkungen auf die anderen energisch kritisiert. Er erwähnt als Beispiel das »Gestaltgebet« des Gestalttherapeuten Fritz Perls, eines Vertreters der humanistischen Psychologie. Sinngemäß lautet es: »Ich mache meine Sache, du machst deine Sache. Wie es dir dann geht, ist nicht mehr meine Sache. Ich gehe meinen Weg.« Hellingers Kommentar dazu: »Hier werden Bindungen verleugnet, und anderen werden die Kosten aufgebürdet. Ich nenne diese Selbstverwirklicher Psychokapitalisten übelster Sorte.« (AWI: 129) Im Gegensatz zu der »Konstruktion der Wirklichkeit«, die jenem verhängnisvollen Credo Vorschub leistet, vertritt Hellinger die »Wahrnehmung der Ordnung«. Was »Ordnung« ist, wird uns in diesem Buch noch häufig beschäftigen. Schon jetzt sei gesagt, dass sie nicht mit landläufigen Vorstellungen verwechselt werden darf. Anders als die meisten psychotherapeutischen Richtungen kümmert sich Hellinger nicht um die theoretische Begründung seiner Arbeit. Immer wieder betont er, dass er keine »Lehre« oder Theorie geschaffen habe, sondern dass er Phänomenologe sei. Er schaut auf das, was ist, statt sich mit den Vorstellungen und Interpretationen des Klienten zu beschäftigen oder selbst Theorien zu entwickeln. Das, was ist, stellt aber keine objektive Wahrheit oder ein unumstößliches Gesetz dar, sagt Hellinger, sondern lebendige Wirklichkeit; es ist etwas Schöpferisches.
Hellinger unterscheidet auch Beobachten und Wahrnehmen. Beobachtungen führen zu Teilkenntnissen unter Verlust der Gesamtschau. Wenn man das Verhalten eines Menschenbeobachtet, sieht man nur Einzelheiten. Wenn ich mich dagegen der Wahrnehmung aussetze, entgehen mir Details, doch ich erfasse sofort das Wesentliche, den Kern, und zwar im Dienste des anderen. Vielleicht kann das ein Beispiel erläutern. Als Kind war ich davon fasziniert, was geschieht, wenn man sich im Dunkeln auf ein winziges Licht konzentriert. Was passiert? Man sieht es nicht! Erst wenn man sich ein wenig entspannt und erweitert schaut, können die Augen es deutlich wahrnehmen.
Die von Hellinger beschriebene Form von Wahrnehmung ist nur möglich, wenn man sich dem Klienten absichtslos und mit der Bereitschaft zur Beziehung zuwendet. Dann entsteht eine innige Verbindung, die mit höchster Achtung, aber auch mit Distanz verbunden ist. Wer Bert Hellinger bei der Aufstellung von Gegenwarts- oder Herkunftsfamilien zuschaut, wird eingestehen müssen, dass Liebe, Achtung, aber auch Distanz bei ihm immer zugegen sind. Wenn Hellinger bestimmte Zusammenhänge erklärt, wird ihm oft Dogmatismus vorgeworfen. Doch wenn man ihm genau zuhört, wird deutlich, dass es ihm nicht um das Festzurren von einengenden Regeln geht. Wenn in einem Seminar die Frage gestellt wird: »Ist die Dynamik bei dieser Krankheit immer so, wie Sie es hier schildern?«, antwortet er oft: »Ob das in allen Fällen so ist, weiß ich nicht, doch bislang habe ich diesen Zusammenhang immer wieder feststellen können. Wenn Sie oder ich neue Wahrnehmungen machen, wird man erneut darüber nachdenken müssen.«
In der Vergangenheit war Hellinger der Umgang mit Theorien durchaus nicht fremd, denn er wurde nach seiner Ordenstätigkeit Psychoanalytiker. Geblieben ist ihm aus dieser Zeit der Blick auf die Familie. Doch wonach er schaut, nämlich nach
den Ordnungen, in die wir eingebettet sind, und auch wie er schaut, unterscheidet sich völlig von der klassischen Psychoanalyse, in der viel mit Traumdeutung und Assoziation gearbeitet wird.
Wenn Hellinger auf die Familie blickt, vollzieht er das mit einer bestimmten Grundeinstellung, die sich deutlich von der vieler Psychoanalytiker unterscheidet. Der Mensch kommt aus der Familie. Ihr verdankt er das Leben mit allen Möglichkeiten und Grenzen, und durch sie wird er in bestimmte Schicksale hineingezogen. Aus diesen Gründen gibt es für Hellinger nichts Stärkeres als die Familie, und deshalb darf der Therapeut nicht wichtiger als ein Familienmitglied werden, indem er zum Beispiel Ersatzvater oder Ersatzmutter für den Klienten wird.
Hellingers Umgang mit der Familie ist von tiefer Achtung geprägt. Insbesondere achtet er die Eltern. Elternschaft ist für Hellinger etwas so Wesentliches, dass er sich nie gegen die Eltern stellen würde. Eine solche Haltung muss erstaunen, da wir es doch gewohnt sind, die Eltern für alles Übel verantwortlich zu machen. Auch in der Therapie verbündet sich der Therapeut häufig mit dem Klienten gegen die Eltern oder einen Elternteil. Die oft zu hörende Ansicht »Du musst dich von deinen Eltern befreien« lehnt Hellinger ab. Es ist für ihn absurd, denn: »Wie kann man sich von seinen Eltern befreien? Er oder sie ist ja seine Eltern.« (AWI: 98) Ich bin meine Eltern? Das klingt für viele nach Mittelalter. Was damit tatsächlich gemeint ist, wird im Kapitel »Eltern und Kinder« ausführlich gezeigt werden.
Hellinger leugnet allerdings nicht, dass für den Einzelnen aus der Bindung an die Familie sehr großes Leid entstehen kann. Nur die Schlussfolgerung daraus unterscheidet ihn von den meisten anderen Therapeuten. Statt den Klienten zu bestärken, die Wut gegen die Eltern herauszuschreien, wofür er sich hinterher nur bestrafen würde, bringt er ihn wieder mit der ursprünglichen Eltern-Kind-Liebe in Kontakt, die vor der Wut einmal existiert hat.' Wenn aus der Bindung an die Familie großes Leid entsteht und jemanden krank macht, geschieht das nicht, weil irgendjemand böse ist, sondern weil in der Familie Schicksale wirken, die auf alle Einfluss haben.
In Hellingers Arbeit wird die Familie als ein System gesehen, aus dem man sich nicht einfach ausklinken kann. Unsere Eltern haben wiederum Eltern und kommen aus Familien mit bestimmten Schicksalen. All das wirkt sich in der jetzigen Familie aus. Wenn in der Vergangenheit etwas Schlimmes passiert ist, hat das über Generationen hinweg Folgen. Diese unbewussten Verstrickungen bewusst zu machen und die ursprüngliche Liebe wieder zum Fließen zu bringen ist die Aufgabe von Hellingers Form der Familienaufstellungen.
© Knaur Verlag
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Bibliographische Angaben
- Autor: Thomas Schäfer
- 476 Seiten, Kartoniert (TB)
- Verlag: Weltbild Deutschland
- ISBN-10: 3828952747
- ISBN-13: 9783828952744
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