Willkommen im Blue Moon Circus
Zirkusdirektor Lewis Tully ist fünfzig Jahre alt, als er es noch einmal wissen will. Allen bisherigen Niederlagen zum Trotz macht er sich ein vermeintlich letztes Mal daran, einen neuen Zirkus auf die Beine zu stellen. Es dauert eine Weile, bis er auf seiner Suche nach alten und neuen Schaustellern, nach kuriosen und originellen Zirkusnummern fündig wird. Die Truppe, die schließlich loszieht, besteht aus den liebenswertesten, wunderlichsten und verrücktesten Menschen und Tieren, die man sich vorstellen kann. Michael Raleigh entführt uns in eine Welt und eine Zeit, von der wir als Kinder immer geträumt haben.
Zirkusdirektor Lewis Tully ist fünfzig Jahre alt, als er es noch einmal wissen will. Allen bisherigen Niederlagen zum Trotz macht er sich ein vermeintlich letztes Mal daran, einen neuen Zirkus auf die Beine zu stellen. Es dauert eine Weile, bis er auf seiner Suche nach alten und neuen Schaustellern, nach kuriosen und originellen Zirkusnummern fündig wird. Die Truppe, die schließlich loszieht, besteht aus den liebenswertesten, wunderlichsten und verrücktesten Menschen und Tieren, die man sich vorstellen kann. Michael Raleigh entführt uns in eine Welt und eine Zeit, von der wir als Kinder immer geträumt haben.
Willkommen im Blue Moon Circus von Michael Raleigh
LESEPROBE
Seltsame Zeiten, seltsame Einfälle
Oklahoma 1926
Eine Prügelei, noch dazu in einer illegalen Kneipe, was dieSache verschlimmerte, außerdem Ruhestörung und Übertretung desVolstead-Gesetzes.
Die Schlägerei, sagte Lewis sich, war nicht seine Schuld gewesen.
»Überhaupt nicht meine Schuld«, sagte er laut in die Dunkelheitseiner Zelle.
Shelby war schuld gewesen, und der alte Emmett McKeon, denndie beiden hatten sich zu einem Pokerspiel mit zwei schmierigen Stadttypennamens Swan und Faraday überreden lassen, da lag es ja auf der Hand, dass esÄrger geben würde. Die beiden Städter hatten sie den ganzen Abend betrogen undhätten ihnen weiter gnadenlos das Geld aus der Tasche gezogen, bis tief in dieNacht hinein. Dann hatte Lewis, der gut sechs Meter entfernt an der Bar saß,etwas bemerkt, einen Blick, der zwischen den beiden Männern gewechselt wurde.Kurz darauf hatte Lewis sich in das Spiel eingemischt. Ein paar Runden langstaunte er darüber, wie Shelby sich auf immer neue Weise das Geld abknöpfenließ, und dann studierte er die elegant gekleideten Fremden, bis er ihren Trickdurchschaute. Ein paar Runden später ließ er die beiden hochgehen.
Die Schlägerei, die daraufhin ausbrach, war temperamentvoll,da die beiden Männer nicht ohne Begleiter gekommen waren, aber sie war auchkurz, denn der Sheriff der Stadt Jasper, Oklahoma, stürzte just in diesemMoment mit vier Deputys in die Bar und verkündete, dass sie alle verhaftetseien.
Also saß Lewis Tully in einer engen Zelle mit Freunden und Feinden,die alle schnarchten, und hörte zu, wie der Mann in der Nebenzelle auf seinerMundharmonika eine melancholische Melodie spielte. Er konnte die Mondsichelzwischen den Gitterstäben seiner Zelle sehen; wie ein stummer Geist stieg sieam Himmel auf, während sein Mut immer tiefer sank.
Zweiundfünfzig Jahre alt, und ich sitze im Knast.
Der Richter war ein alter Freund, was Lewis' Demütigung nochvergrößerte. Euer Ehren George G. Lester hatte anscheinend selbst eineschlaflose Nacht verbracht. Seine Haare standen ihm vom Kopf ab, und er hattedas Kinn in die Hand gestützt, während der Staatsanwalt die lange Liste derVergehen der verschiedenen Gefangenen verlas und sie dabei der Reihe nach überden Rand der schmutzigsten Brille, die Lewis je gesehen hatte, musterte.
Der Richter hörte sich die Liste der Anschuldigungen an und wackeltemit dem Kopf, als gäbe er den Takt zu einem Musikstück an, dann unterbrach erdie Rede des jungen Verteidigers mit einer knappen Handbewegung und murmelte:»Tretet vor.«
Lewis schob seine Begleiter an den hohen, schmalen Tisch heran,der als Richterbank diente.
»Euer Ehren«, begann der junge Verteidiger erneut und riebsich sein faseriges Kinnbärtchen.
»Warten Sie einen Moment, Mr Samuelson. Sparen Sie sich Ihrefeinen Redekünste. Ich kenne diesen Mann.«
Er lächelte Lewis mit bitterer Ironie an und sagte: »Hallo, Lewis.
»Hallo, George. Steht dir gut, die Robe.«
Richter Lester zuckte mit den Schultern. »Ist manchmal ein bisschenwarm, aber der Job verlangt es.«
»Das hier ist J. M. Shelby, mein Freund und Partner, und dieserHerr ist Emmett McKeon, mein Vorarbeiter.«
Der Richter nickte. »Meine Herren.«
Shelby hob die Hand zum Gruß an den Haaransatz. »Euer Ehren«,sagte er, und Emmett nannte ihn »Hochwürden«, worauf der Richter misstrauischeine Augenbraue hochzog.
Der Richter wandte sich wieder Lewis zu. »Wie ist es dir ergangen,Lewis?«
»Ich komme zurecht. Ich kann nicht klagen, George.«
»Allerdings gibt es da Leute, die das infrage stellenwürden, Lewis. Du wurdest in einer illegalen Bar angetroffen. Einer Flüsterkneipe.«
»Ich weiß, George. Ich meine, Euer Ehren.«
»Saloons sind illegal, Lewis, und das heißt, es ist illegal,sich dort aufzuhalten. Aber das ist noch nicht alles. Hier, hör dir mal dieKlageschrift an, die Sheriff Tyler vorbringt. Sein Stil ist ein bisschenblumig, aber er schreibt gründliche Berichte. >Auch in Augenschein genommenwerden konnten die zum Glücksspiel gehörigen Begleitgegenstände und andereverwandte Objekte.<«
Der Richter hob die Augenbrauen und ließ seinen Blick zwischenLewis und Shelby hin und her wandern. »Und es geht noch weiter.>Verursachung von öffentlichem Aufruhr, mit Folge von Körperverletzung undschweren Verletzungen mehrerer Beteiligter, und Beteiligung an Angriffen aufOrdnungshüter bei dem Versuch, den oben erwähnten Aufruhr zu unterbinden.<«
»Er ist ein wortgewaltiger Mann«, gab Lewis zu.
»Er ist ein Idiot. Also, hör mir zu, Lewis. Du bistGeschäftsmann - bist du in Schwarzmarktgeschäfte verwickelt oder hast du mitdem Brennen oder Schmuggeln von Whiskey zu tun?«
»Es war einfach nur ein Kartenspiel. Eine Runde Poker,weiter nichts.« (...)
© 2005 by Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg
Übersetzung: Susanne Höbel
- Autor: Michael Raleigh
- 2005, 1, 444 Seiten, Maße: 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Aus d. Amerikan. v. Susanne Höbel
- Übersetzer: Susanne Höbel
- Verlag: Hoffmann und Campe
- ISBN-10: 3455060137
- ISBN-13: 9783455060133
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