Zwei sündige Herzen
Roman. Deutsche Erstausgabe
Bewegend, leidenschaftlich, unvergesslich - Tessa Dare verzaubert jeden!
Romantik spielt im Leben der schönen Witwe Meredith Maddox keine Rolle. Sie glaubt nicht an das Schicksal und ist sich sicher, dass sie alles, was sie im...
Romantik spielt im Leben der schönen Witwe Meredith Maddox keine Rolle. Sie glaubt nicht an das Schicksal und ist sich sicher, dass sie alles, was sie im...
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Produktinformationen zu „Zwei sündige Herzen “
Bewegend, leidenschaftlich, unvergesslich - Tessa Dare verzaubert jeden!
Romantik spielt im Leben der schönen Witwe Meredith Maddox keine Rolle. Sie glaubt nicht an das Schicksal und ist sich sicher, dass sie alles, was sie im Leben erreichen will, allein mit harter Arbeit schaffen kann. Doch als sie auf den gerade aus dem Krieg heimgekehrten Rhys St. Maur trifft, werden ihre Prinzipien auf eine harte Probe gestellt. Denn nur sie kann es schaffen, die Dämonen, die den gefährlich attraktiven Helden quälen, zu vertreiben. Wird Rhys in den Armen der dickköpfigen jungen Frau endlich Erlösung finden und sich ganz der Versuchung hingeben?
Romantik spielt im Leben der schönen Witwe Meredith Maddox keine Rolle. Sie glaubt nicht an das Schicksal und ist sich sicher, dass sie alles, was sie im Leben erreichen will, allein mit harter Arbeit schaffen kann. Doch als sie auf den gerade aus dem Krieg heimgekehrten Rhys St. Maur trifft, werden ihre Prinzipien auf eine harte Probe gestellt. Denn nur sie kann es schaffen, die Dämonen, die den gefährlich attraktiven Helden quälen, zu vertreiben. Wird Rhys in den Armen der dickköpfigen jungen Frau endlich Erlösung finden und sich ganz der Versuchung hingeben?
Klappentext zu „Zwei sündige Herzen “
Bewegend, leidenschaftlich, unvergesslich - Tessa Dare verzaubert jeden!Romantik spielt im Leben der schönen Witwe Meredith Maddox keine Rolle. Sie glaubt nicht an das Schicksal und ist sich sicher, dass sie alles, was sie im Leben erreichen will, allein mit harter Arbeit schaffen kann. Doch als sie auf den gerade aus dem Krieg heimgekehrten Rhys St. Maur trifft, werden ihre Prinzipien auf eine harte Probe gestellt. Denn nur sie kann es schaffen, die Dämonen, die den gefährlich attraktiven Helden quälen, zu vertreiben. Wird Rhys in den Armen der dickköpfigen jungen Frau endlich Erlösung finden und sich ganz der Versuchung hingeben?
Lese-Probe zu „Zwei sündige Herzen “
Zwei sündige Herzen von Tessa DareAus dem Amerikanischen von Beate Darius
Rhys bemerkte, dass sich sämtliche Köpfe zu ihm herumdrehten. Gleichwohl gelang es ihm nicht, den Blick von der couragierten kleinen Person loszureißen. Jesus Christus, was für eine Frau!
Während der Reise hatte er sich angesichts der feuchten Witterung Nacht für Nacht mit seinen steifen Gliedern herumgeplagt. Er hatte nicht erwartet, dass bei ihm noch mehr steif werden könnte ... aber das war jetzt nachweislich der Fall. Die enge Reithose spannte über seiner Erektion. Er war so hart, dass er mit einem Messingleuchter konkurrieren könnte. Wann hatte er das letzte Mal derart heftig auf eine Frau reagiert? Vielleicht als umtriebiger Jungspund? Wahrscheinlich noch nicht einmal damals. Sein Herz raste. Das Blut pumpte durch seine Venen und trug Befehle zu seinen sämtlichen Organen. Er fühlte, wie sich sein ganzer Körper von dieser einen Sache beflügelt anspannte. Die schönste Sache der Welt.
Er fühlte sich lebendig.
Seinen Blick unerschüttert erwidernd, sagte sie mit fester Stimme: »Und jetzt wird hier für Ordnung gesorgt, wenn ich bitten darf!«
Rhys blinzelte verwirrt. Er erinnerte sich nicht an die Frau - dieses Gesicht hätte er ganz sicher nicht vergessen. Kannte sie ihn vielleicht? Galt ihre Aufforderung ihm? Ging sie ihn etwa wegen grober Fahrlässigkeit an, weil er hier der zuständige Lord war? Dann war der Vorwurf nur allzu verständlich. Wenn es etwas gab, das in Buckleigh-in-the-Moor nach Recht und Ordnung verlangte, dann oblag die Verantwortung ihm.
... mehr
Als die Männer sich eilig in Bewegung setzten, Tische und Stühle über den Holzboden schoben und wieder an ihren angestammten Platz rückten, begriff Rhys, dass ihre Worte doch nicht ihm gegolten hatten. Er war beinahe ein bisschen enttäuscht. Bei der Dame hätte er gern für Ordnung gesorgt. Anfangen würde er mit den reizend zerzausten Strähnen, die sich aus ihrem dunklen Zopf gelöst hatten.
1
Rhys St. Maur, seit Kurzem Lord Ashworth, war ein gebrochener Mann.
Im wahren Wortsinne.
Er hatte sich bereits zwei Mal den linken Arm gebrochen, einmal als Schüler, bei einer Rauferei in Eton, und ein zweites Mal, als er noch keine zwanzig war, während eines harten Armeedrills. Wie oft er sich die Rippen angeknackst hatte, vermochte er nicht mehr zu sagen. Bei einer Schlägerei in einer übel verräucherten Spelunke war ihm das Nasenbein zertrümmert worden, seither hatte sein Profil etwas schurkenhaft Markantes. Dazu gesellten sich etliche Narben im Gesicht, die Rhys St. Maur beileibe nicht anziehender wirken ließen. Kurz nach seinem dreißigsten Geburtstag ließ sich der kleine Finger an seiner rechten Hand nicht mehr biegen. Bei feuchter Witterung bereitete ihm das linke Knie höllische Schmerzen, was ein bleibendes Andenken an sein Militärkommando in den Pyrenäen war. Allerdings konnte er noch froh sein, dass er mit dem Leben davongekommen war, nachdem ihm ein baskischer Bauer eine Hacke ins Knie gerammt hatte, als Rhys sich in der Morgendämmerung aus dem Lager stahl, um seine Notdurft zu verrichten.
Ebendieses linke Knie brannte an selbigem Abend wie Feuer, als Rhys durch das granitene Herz von Devonshire ritt. Die Luft hing dunstig und nebelschwer über der dunklen Landstraße, sodass er die Hand nicht vor Augen zu sehen vermochte. Folglich beschloss er, abzusitzen und sein Pferd zu Fuß weiterzuführen. Neben den schlechten Sichtverhältnissen erhöhten loses Geröll und knietiefe Spalten in dem zerfurchten Felsboden das Risiko tödlicher Verletzungen.
Für das Pferd, wohlgemerkt. Um sich selbst war Rhys nicht im Mindesten besorgt. Wenn er eine Chance gewittert hätte, in diesem gottverlassenen Moor sein Leben zu lassen, hätte er seinem Hengst freudig die Sporen gegeben und wäre in den Tod galoppiert.
Gleichwohl würde ihm das nicht gelingen. Es war ihm noch niemals geglückt. Am Ende hätte er ein lahmendes oder gar ein totes Ross und vielleicht eine weitere angebrochene Rippe. Er schrieb das dem Fluch zu, der seit seiner Kindheit auf ihm lastete: unverschämtes, unverdientes und vollkommen verschwendetes Glück.
Ganz gleich, welches Unheil ihm widerfuhr, ob in dieser oder jeder anderen Nacht, Rhys St. Maur war dazu verdammt, es zu überleben.
Wie der Bogen auf einer Geige strich der Wind leise ächzend über seinen Rücken. Als der Wallach hinter ihm scheute, beruhigte Rhys das Tier mit begütigenden Worten. Er marschierte weiter und schlug den Kragen seines Mantels hoch, um die feuchte Kälte abzuwehren.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück ...
Bei allen Heiligen, er wanderte schon eine ziemlich lange Zeit durch dieses finstere Tal. Marschierte schon so lange im Schatten des Todes, dass er meinte, seine Füße in den Stiefeln zerfielen zu Staub, und der Atem in seiner Lunge mutete beißend wie Schwefel an. Ein lebendes Gespenst, genau das war er. Er war aus dem Krieg heimgekehrt, um eine Baronie zu erben, seither bestand seine einzige Pflicht darin, die englische Aristokratie heimzusuchen. Ein ungeschlachter Hüne am Rande ihrer feudalen Feste, er erschreckte ihre zart besaiteten jungen Damen halb zu Tode und veranlasste die Gentlemen, sich nervös die Schläfen zu reiben, während sie sich hinlänglich bemühten, nicht unhöflich auf die entstellende Narbe in Rhys' Gesicht zu starren.
Während er dem Verlauf der Landstraße folgte, erschien hinter einer scharfen Kurve im Nebel ein vage vertrautes Bild. Wenn er die Meilensteine richtig gelesen hatte, musste es hier sein. Das kleine Dorf Buckleigh-in-the-Moor. Aus dieser Entfernung war es bloß eine dürftige Ansammlung flackernder Lichtpunkte vor dem dunklen Firmament.
Sein Wallach, der Stroh und Stall witterte, legte energisch zu. Etwas später gewahrte Rhys ein paar schäbige, lehm-und holzgezimmerte Cottages. Vermutlich war es nicht so spät, wie er angenommen hatte. In einigen Hütten brannte noch Licht, das aussah wie gelbe Augen, die unter strohgedeckten Dächern hervorspähten.
Er blieb mitten auf der Straße stehen, wischte sich mit dem Handrücken die Augen und blinzelte in Richtung des alten Gasthauses. Er war vierzehn Jahre lang fort gewesen, dennoch prangte das alte Schild über dem Eingang: The Three Hounds lautete der verwitterte Schriftzug. Darunter waren drei wachsame Jagdhunde abgebildet. Raues, bellendes Gelächter drang aus einem angelehnten Fenster. Offenbar stand Old Maddox immer noch hinter dem Tresen.
Obwohl sein Pferd ungeduldig mit den Hufen scharrte, verharrte Rhys regungslos und betrachtete das Gasthaus. Schließlich riss er sich davon los und lenkte seinen Blick weiter geradeaus. Nebel bedeckte das Dorf wie ein weicher Mantel aus Watte, verhüllte die ausgezackten Felstürme, die hoch droben auf der steilen Anhöhe aufragten. Ohne ihren bedrohlichen Schatten wirkte das Dorf Buckleigh-in-the-Moor - dieser verhasste Ort, vor dem er fortgelaufen war, solange er denken konnte - beinahe ... anheimelnd. Charmant. Einladend.
Angesichts der törichten Umschreibung hätte Rhys beinahe laut aufgelacht.
Dieser Ort war nicht einladend. Man würde ihn hier nicht willkommen heißen.
Kaum hatte sich dieser Gedanke in seinem Kopf geformt, schwang die Eingangstür des Wirtshauses auf, und ein Schwall Wärme und Licht ergoss sich auf das Pflaster. Die Wogen des Gelächters, die er vorhin undeutlich vernommen hatte, schwollen zu aufgeregtem Gebrüll an, das von dem Klirren zerbrechender Gläser unterbrochen wurde.
»Du gottverdammter Hurensohn!«
Aha, nun das war die Art von Empfang, die er erwartet hatte. Dennoch war gewiss nicht er gemeint, überlegte er, es sei denn, der alte Aberglaube entsprach der Wahrheit und irgendeine Hexe hätte seine Ankunft geweissagt. Nein, hier erkannte ihn gewiss niemand mehr - er war gerade einmal siebzehn gewesen, als er das Dorf verließ.
Von seiner Neugierde, dem Geruch von frisch gezapftem Bier und wärmendem Kaminrauch getrieben, näherte er sich der Taverne und blieb im Schatten der offenen Tür stehen.
Die Schankstube war klein und entsprach Rhys' Erinnerung. Gerade groß genug für ein paar Tische, einen kurzen Tresen, bunt zusammengewürfelte Stühle und Schemel. Der Raum war bis auf den letzten Platz gefüllt.
»Ja, weiter so! Schlag zu!«
Zwei massige Stiernacken fixierten einander inmitten des Raums, umkreisten einander keifend und fluchend, während die Zuschauer eilig Tische und Stühle wegrückten. Der größere der beiden Heißsporne holte zu einem ungelenken Schwinger aus, der ins Leere ging. Taumelnd von der Wucht des Schlages landete er in den Armen eines verblüfften Zuschauers. Sein Gegner schlug zurück. Innerhalb von Sekunden brach eine rasende Rauferei los.
Rhys, der unbemerkt im Schatten der Tür stand, verlagerte sein Gewicht. Es juckte ihm in den Fingern mitzumischen. Als junger Mann hätte er sich mitten ins ärgste Getümmel gestürzt und seine Fäuste sprechen lassen, um seinen rasenden Puls zu spüren, zerbrochenes Glas, das seine Haut schlitzte, und den Geschmack von Blut im Mund. Das erregend aufpeitschende Gefühl, am Leben zu sein.
Indes war er nicht mehr der junge Mann von einst. Im Krieg hatte er genug gekämpft und gelitten. Er hatte sein Pulver verschossen.
Nach ein, zwei Minuten kehrte wieder Ruhe ein. Die beiden Kontrahenten fixierten einander erneut, kurzatmig und sichtlich kampfeslustig. Sie umkreisten einander hämisch grinsend, als wäre eine Prügelei ihre bevorzugte Wochenendbelustigung. Vermutlich war es auch so. Das Leben im Hochmoor hatte schließlich außer Saufen und Raufen wenig an Vergnügungen zu bieten.
Während er ihre Gesichter betrachtete, überlegte Rhys, ob die beiden Brüder sein könnten. Oder vielleicht Cousins. Der Größere hatte weiche Züge, der Kleinere eine Hakennase. Aber ihre Augen waren von einem ähnlich verwaschenen Blau, beide trugen einen Gesichtsausdruck willfähriger Einfalt zur Schau.
Der Kleinere schnappte sich einen niedrigen Schemel und provozierte seinen Gegner damit, gleichsam als reizte er einen wilden Stier. Der »Stier« griff an. Er schleuderte seine Faust über den Hocker, doch seine Arme waren zu kurz. Um dem abzuhelfen, schnappte er sich einen Kerzenleuchter aus Messing vom Kaminsims und schwang ihn durch die Luft, worauf alle im Raum verstummten.
Rums.
Hakennase warf den Schemel beiseite, der splitternd gegen den Kamin prallte. Das lenkte den Stier einstweilen ab, worauf Hakennase sich blitzgeschwind unter einen eingedeckten Tisch duckte. Halb geleerte Teller und Brotkanten verteilten sich auf dem weißen Leinentischtuch.
Rhys runzelte die Stirn. Seit wann machte sich Old Maddox die Mühe, Tischdecken aufzulegen?
Er ließ den Gedanken abrupt fallen, als Hakennase unter dem Leinensaum hervortauchte und ein Messer schwang.
»Ich werd dir helfen, mit einem Kerzenständer auf mich loszugehen, du Hurensohn«, schnaubte er.
Die Gäste erstarrten. Rhys stieß sich vom Türrahmen ab und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Sollte er eingreifen? Messingleuchter und Messer verhießen nichts Gutes, jemand könnte ernsthaft verletzt werden oder Schlimmeres. Er mochte des Kämpfens überdrüssig sein, aber er hatte vor allem genug davon, mit ansehen zu müssen, wie Männer starben.
Bevor er indes einzugreifen vermochte, ließ ihn ein lauter Knall zusammenfahren.
Knirsch. Eine Flasche zerbarst.
Pling, pling, pling. Glassplitter rieselten zu Boden.
Krachbumm. Hakennase brach ohnmächtig auf dem Tisch zusammen, Weinrinnsale sickerten aus seinen Haaren und rannen über seine Ohren.
»Harold Symmonds, du wirst mir diesen Wein bezahlen.« Eine schlanke dunkelhaarige Frau stand über Hakennases gekrümmten Körper gebeugt, in einer Hand hielt sie den abgebrochenen Hals einer grünen Glasflasche. »Und das Tischtuch ebenfalls, du Hornochse.« Sie schüttelte ärgerlich den Kopf. »Tsts, das Blut und die Weinflecken lassen sich aus dem weißen Leinen sicherlich nie wieder ganz entfernen.«
»Und du, Laurence ...« Sie wirbelte zu dem zweiten Mann herum und drohte ihm mit dem gezackten Flaschenhals. Obwohl er das Schankmädchen um einiges überragte, hob Laurence kapitulierend die Hände.
In der Tat war es im Schankraum still geworden. Als fürchteten sämtliche Gäste um das harsche Durchgreifen dieser kleinen Person. Interessant. Für einen Mann wie Rhys, der viele Jahre lang Soldaten kommandiert hatte, sprach ein solches Verhalten Bände.
Mit dem Flaschenhals vor Laurence herumfuchtelnd, drängte sie ihn gegen die Wand. »Euer eigener Meister hat dieses gute Stück mitgebracht, nur damit du es weißt.«
»Diesen Kandelaber?« Er starrte auf den Messinggegenstand in seiner Faust. »Der gehört Gideon?«
»Nein, der gehört hierher.« Sie schnappte dem verdutzten Raufbold den Kerzenleuchter weg und wog ihn in ihrer Hand. »Er stammt aus Gideons Lieferung. Erst letzte Woche brachte er zwei davon aus Plymouth mit. Die beiden Kandelaber waren äußerst kostspielig, und ich wäre dir überaus verbunden, wenn du künftig deine schmutzigen Griffel davonlassen würdest.«
Der Kerzenhalter war augenscheinlich schwer, doch es kostete sie keine Mühe, ihn mit einer Hand auf den Kaminsockel zu heben und an seinen angestammten Platz neben den anderen zu schieben.
»So«, sagte sie mehr zu sich selbst, offenbar zufrieden, dass die Ordnung wiederhergestellt war. Sie trat zurück, warf die Scherben der Weinflasche in den Kamin, wo sie mit einem knisternden Aufglühen in den Flammen zerbarsten.
Der rötliche Flammenschein erhellte das Gesicht der Frau, und Rhys war es erstmalig vergönnt, sie genauer zu betrachten.
Heilige Mutter Gottes. Sie war wunderschön.
Und jung.
Und ... und wunderschön.
Rhys war nie ein Meister des Wortes gewesen. Er hätte nicht exakt beschreiben können, was diese Frau an sich hatte und weswegen sie ihn faszinierte. Er wusste einzig, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte.
Das dunkle Haar, das sie zu einem schweren Zopf geflochten hatte, unterstrich ihr blasses Gesichtsoval. Sie war schlank und hatte die Kurven an den richtigen Stellen. Um die Farbe ihrer großen schönen Augen zu bestimmen, hätte er jedoch um einiges näher bei ihr stehen müssen.
Er wünschte sich inständig, näher bei ihr zu stehen.
Vor allem jetzt, nachdem sie nicht mehr bewaffnet war.
Die Hände in die wohlgeformten Hüften gestützt, schoss ihr flammender Blick in die Menge. »Es ist stets das Gleiche mit euch, jedes Mal«, schimpfte sie. Gleichwohl verbarg sich hinter ihrem scharfen Ton eine angenehm kehlig warme Stimme. »Für den Fall, dass ihr es immer noch nicht begriffen habt, diese Taverne ist die einzige, die wir in Buckleigh-in-the-Moor haben. Und ich bemühe mich nach Kräften, mir einen guten Ruf aufzubauen und das Three Hounds in eine manierliche Unterkunft für durchreisende Gäste zu verwandeln. Nun verratet mir mal, wie mir das gelingen soll, wenn ihr ausgewachsenen Hohlköpfe alle vierzehn Tage den Speiseraum verwüstet? «
Sie funkelte ärgerlich jeden Einzelnen der anwesenden Männer an, in ihren Augen stand eine stumme Anklage. Als ihr Blick auf den von Rhys traf, fiel ihm sofort auf, dass sie etwas von ihrer selbstbewussten Haltung einbüßte. Ihre Lider begannen zu flattern. Die Dame war ganz offenkundig verblüfft. Ansonsten blieb ihre Miene unnachgiebig wie Alabastergestein, als sie hinzufügte: »Und all das im Beisein von einem Gast, ihr solltet euch schämen.«
Rhys bemerkte, dass sämtliche Köpfe zu ihm herumschnellten. Gleichwohl gelang es ihm nicht, den Blick von der couragierten kleinen Person loszureißen. Jesus Christus, was für eine Frau!
Während der Reise hatte er sich angesichts der feuchten Witterung Nacht für Nacht mit seinen steifen Gliedern herumgeplagt. Er hatte nicht erwartet, dass bei ihm noch mehr steif werden könnte ... aber das war jetzt nachweislich der Fall. Die enge Reithose spannte über seiner Erektion. Er war so hart, dass er mit dem Messingleuchter konkurrieren könnte. Wann hatte er das letzte Mal derart intensiv auf eine Frau reagiert? Vielleicht als umtriebiger Jungspund? Wahrscheinlich noch nicht einmal damals. Sein Herz raste. Das Blut pumpte durch seine Venen und trug Befehle zu jedem seiner Organe. Er fühlte, wie sich sein ganzer Körper von dieser einen Sache beflügelt anspannte. Die schönste Sache der Welt.
Er fühlte sich lebendig.
Seinen Blick unerschüttert erwidernd, sagte sie mit fester Stimme: »Und jetzt wird hier für Ordnung gesorgt, wenn ich bitten darf!«
Rhys blinzelte verwirrt. Er erinnerte sich nicht an die Frau - dieses Gesicht hätte er gewiss nicht vergessen. Kannte sie ihn vielleicht? Galt ihre Aufforderung ihm? Ging sie ihn etwa wegen grober Fahrlässigkeit an, weil er hier der zuständige Lord war? Dann war der Vorwurf nur allzu verständlich. Wenn es in Buckleigh-in-the-Moor etwas gab, das nach Recht und Ordnung verlangte, dann oblag die Verantwortung ihm.
Als die Männer sich eilig in Bewegung setzten, Tische und Stühle über den Holzboden schoben und wieder an ihren angestammten Platz rückten, begriff Rhys, dass ihre Worte doch nicht ihm gegolten hatten. Er war beinahe ein bisschen enttäuscht. Bei der Dame hätte er gern für Ordnung gesorgt. Anfangen würde er mit den reizend zerzausten Strähnen, die sich aus ihrem dunklen Zopf gelöst hatten.
Mit einem Zeigefinger schob sie sich eben eine Locke hinters Ohr. »Willkommen im Three Hounds«, sagte sie. »Sie wollten doch hereinkommen, oder?«
Oh, und ob er hereinkommen wollte. Mit dem allergrößten Vergnügen.
Rhys betrat die Taverne und schloss die Tür hinter sich.
Bevor er einen Ton sagen konnte, kehrte die Bedienung ihm den Rücken. »Nicht dahin, Skinner. Links neben den Kamin.«
Skinner, der eilends gehorchte, schob den klobigen Tisch an die gewünschte Stelle.
»Ich hab mein Pferd draußen stehen«, sagte Rhys, als sie sich abermals zu ihm umdrehte.
Sie nickte und winkte einen schlaksigen jungen Kerl zu sich. »Darryl, kümmer dich um das Pferd von dem Gentleman.« Zu Rhys meinte sie: »Möchten Sie einen Whiskey, Sir?«
»Nein, ich nehme ein Bier.«
»Ich habe Kaninchenragout und Hammeleintopf anzubieten. «
Wie auf ein geheimes Kommando knurrte ihm der Magen vor Hunger. »Ich würde beides begrüßen.«
»Nehmen Sie doch Platz, Sir.«
Rhys steuerte zu einem der Tische, ließ sich schwer auf einen Stuhl sinken und nahm ihr den vollen Bierkrug aus der Hand.
Er trank von dem kühlen Ale, dabei beobachtete er das Schankmädchen und ihre Horde gezähmter Raufbolde, die brav wie junge Lämmchen aufräumten. Kein Wunder, dass dieses Wirtshaus offensichtlich florierte. Früher hatte der alte Maddox nämlich nie so hübsche Barmädchen eingestellt, erinnerte sich Rhys, erst recht keine mit Haaren auf den Zähnen.
Während sie die Glasscherben vom Boden aufkehrte und das fleckige Tischtuch zusammenfaltete, stahlen sich ihre Augen immer wieder heimlich zu ihm. Ihr Blick war verführerisch weich.
Nein, das konnte nicht sein. Vielleicht schaute sie zu jemand anders. Rhys tat so, als müsste er seine müden Glieder recken. Er rollte den Nacken und ließ währenddessen den Blick ohne Hast durch die Schänke gleiten.
Nein. Da war sonst niemand.
Seltsam.
Alles an dieser Frau - ihr Verhalten, ihre Stimme, die Reaktionen, die sie auslöste - bewies Durchsetzungsvermögen. Doch ihre Augen erzählten ihm etwas anderes. Sie erzählten von Hoffnungen, Ängsten und Verletzlichkeit, und obschon Rhys nicht den Hauch einer Ahnung hatte, wieso sie das alles einem völlig fremden Menschen enthüllte, zu allem Überfluss auch noch ihm, wusste er, dass die Blicke, die sie ihm schenkte, ihm näher gingen als alles, was er in den letzten Jahren erlebt hatte.
Sie berührte ihn. Obwohl sie weit von ihm entfernt stand, obwohl ihre Hände anderweitig beschäftigt waren, berührte sie ihn. Er fühlte es in seinem Innersten.
Rhys trank von seinem Bier und sann über die Natur des Schicksals nach. Er glaubte fest an die Macht der Vorsehung. Es gab keine andere Erklärung für die Tatsache, dass sein Herz noch schlug. In den elf Jahren bei der leichten Infanterie hatte er sich beherzt in jedes blutige Schlachtengetümmel gestürzt, geradezu versessen darauf, sich niedermetzeln zu lassen. Um dann grausam enttäuscht zu werden, wenn das Schicksal ihn wieder einmal verschonte. Er konnte schlicht und einfach nicht sterben. Aber vielleicht, überlegte er, hatte sein unverschämtes Glück jetzt endlich einmal sein Gutes.
Als sie sich bückte, um das gesplitterte Holz aufzukehren, betrachtete er den sanften Schwung ihrer Schulterblätter, die gelösten Haarsträhnen, die sich weich in ihrem Nacken kringelten. Er stellte sich im Geiste vor, wie er mit diesen Locken spielte. Vier ... fünf, nein, sogar sechs Mal, zählte er heimlich mit, ließ sich das fein gekräuselte Haar um seinen Finger wickeln.
Als sie sich straffte und ihre Blicke sich abermals trafen, hob er seinen Bierkrug zu einem stummen Salut. Sie lächelte schüchtern und sah weg. Seltsam, obwohl sie doch vorhin kein bisschen schüchtern war.
Wie um selbiges zu bekräftigen, rief sie quer durch den Schankraum: »Laurence, bring Harry Symmonds zurück in das Rattenloch, wo er hingehört. Der Kerl blutet mir die Bodenkacheln voll, und ich hab sie erst gestern frisch geschrubbt.«
»Ja, Meredith.«
Meredith. Der Name schlängelte sich wie ein Faden durch sein Gehirn, doch er verlor sich, ehe Rhys ihn ergreifen konnte.
Laurence schnappte sich Harry Symmonds und stellte das stöhnende Häufchen Elend unsanft auf die Füße.
»Von wegen ›Meredith‹!« Sie fuchtelte entrüstet mit ihrem Besen vor Laurence herum. »Solange ihr euch wie kleine Jungs benehmt, bin ich für euch immer noch Mrs. Maddox.«
Das Bier schmeckte mit einem Mal sauer. Mrs. Maddox?
Diese junge, tüchtige, hübsche Frau war mit dem alten Maddox verheiratet? Demnach war sie gar kein Schankmädchen, sondern die Wirtsfrau? So viel zu den Schicksalsmächten, die ihm unverschämtes Glück bescherten. Er hätte es besser wissen müssen. Für ihn gab es nichts Schönes auf dieser Erde.
Sie stellte einen Teller mit Stew und einen mit Kaninchenragout vor ihn hin. Rhys langte hungrig zu, seine Augen hielt er unablässig auf das Essen geheftet und nicht auf die appetitliche Serviererin. Er machte verheirateten Frauen keine Avancen, da konnten sie ihm noch so verführerische Blicke zuwerfen. Wenn sie mit Maddox verheiratet war und ihm schöne Augen machte, dann musste die Frau nicht nur wankelmütig sein, sondern töricht und halbblind.
Er war hungriger, als er gedacht hatte, und aß innerhalb von Minuten beide Teller leer. Er war stets ein guter Esser gewesen und seit seiner Armeezeit auf schnelles Futterfassen gedrillt. Nachdem er den Ashworth-Titel geerbt hatte, hatte er mehr als einmal von einer fein eingedeckten Londoner Bankett-Tafel aufgeblickt, um festzustellen, dass seine Tischmanieren der Gegenstand intensiver, entsetzter Inaugenscheinnahme waren. Eine weitere seiner erworbenen Eigenschaften, die vornehme englische Damen zu ihren Riechfläschchen greifen ließen.
Er kippte den Rest Bier hinunter und trug den leeren Krug zum Nachfüllen an den Tresen. Mrs. Maddox war nirgends zu entdecken, stattdessen stand ein junger Mann mit einer Zahnlücke hinter der Theke. Es war der junge Kerl von vorhin, der sich um sein Pferd kümmern sollte. Wie hieß er noch gleich? Dylan? Dermott?
»Darryl Tewkes, zu Ihren Diensten, Sir. Darf es noch ein Bier sein?«
Der junge Mann nahm ihm den Krug ab, dabei zuckte sein linker Augenwinkel. Rhys hätte nicht zu sagen vermocht, ob er ihm zuzwinkerte oder ob es ein nervöser Tic war. Er hoffte Letzteres, als sich das Lidflattern wiederholte. Er hatte ein aberwitziges Aussehen, dieser Darryl Tewkes. Scharf geschnittene Nase, spitze Ohren, ähnlich wie die Pixis, die Waldgeister, an deren Existenz die älteren Bewohner im Moor immer noch glaubten.
»Sie haben ein prachtvolles Pferd, Sir«, fuhr Darryl fort und reichte Rhys einen frisch gezapften Krug. »Ich hab den Wallach in den Stall gebracht, ihm den Sattel abgenommen und ihn getränkt. Nachher werde ich ihn striegeln und ihm Heu geben.«
Rhys nickte wie zur Bekräftigung und hob den Krug an seine Lippen.
»Hat er einen Namen, Sir? Der Wallach?«
Rhys wischte sich mit dem Ärmel den Mund. »Nein.« Er gab ihnen nie Namen, nicht mehr jedenfalls.
»Wird der Gentleman länger in der Gegend bleiben?«, wollte Darryl wissen.
»Lediglich eine Nacht.«
Anfangs war Rhys sich diesbezüglich unschlüssig gewesen. Inzwischen war ihm klar geworden - eine Nacht an diesem Ort war das Äußerste, was er ertragen konnte. Morgen früh würde er den Hang hinaufreiten, um lange und ausgiebig zu inspizieren, weswegen er hergekommen war. Danach wollte er wieder aufbrechen. Keine Frage, er konnte einen Pächter oder Verwalter einstellen, der sich um sämtliche Angelegenheiten kümmerte, die der Klärung bedurften. Das war es doch, was Landadlige mit einigem Vermögen taten, oder? Wohin er dann reiten wollte, wusste er selbst noch nicht. Wohin das Schicksal ihn verschlug, mutmaßte er.
»Eine Nacht?« Darryls linkes Auge zuckte heftig. »Sir, Sie müssen länger als eine Nacht bleiben. Eine Übernachtung reicht bei Weitem nicht aus, um die örtlichen Sehenswürdigkeiten zu besichtigen!«
Zwischen Rhys' Brauen schob sich eine steile Falte. Sehenswürdigkeiten? Hier in dieser gottverlassenen Gegend?
Der junge Mann hob die Brauen. »Ich biete den Durchreisenden Führungen an.« Sein Gesicht hellte sich auf. »Zwei Stunden oder auch einen halben Tag. Der beste Gegenwert für Ihr Geld ist meine ganztägige Geheimnis-des-Moores-Exkursion mit sachkundigen Erläuterungen und einem Picknick.«
Rhys schmunzelte bei der Vorstellung, wie arglose Reisende im Schatten von Bell Tor ihren Picknickkorb öffneten. Blieb zu hoffen, dass sie Vorkehrungen gegen die Scharen gefräßiger Raben trafen. Er räusperte sich und fragte: »Was denn für Sehenswürdigkeiten? «
»Also, es ist eine geheimnisvolle Reise durch die Zeit, verstehen Sie?« Der Junge machte eine großspurig ausgreifende Geste. »Ich beginne damit, dass ich Sie zu den antiken Grabhügeln und zu den Zinngruben führe, die schon vor zig Jahrhunderten aufgegeben wurden.«
Der Anblick war Rhys bestens vertraut. Steinhaufen, nichts als triste Steinhaufen.
»Dann sind da die alten Mönchskreuze. Und natürlich Bell Tor. An klaren Tagen sieht man ...«
»Noch mehr Steinhaufen?«, grummelte Rhys sichtlich unbeeindruckt.
»Aber Sir, das Beste kommt noch. In den Ruinen von Nethermoor Hall spukt es.«
Unversehens hatte er Rhys' ganze Aufmerksamkeit. »Hab ich eben recht gehört? Da oben spukt es?«
Darryl stützte die Ellbogen auf den Tresen und neigte sich dicht zu ihm, als wagte er nicht, es laut auszusprechen. »Ja. In Nethermoor Hall. Das gottlose House of Ashworth, in dem über Generationen das Böse gedieh. Bis zu einer Sommernacht vor vierzehn Jahren, als es in einer grausigen Feuersbrunst bis auf die Grundmauern niederbrannte. Mein Rundgang endet dort bei Sonnenuntergang. Bisweilen, wenn man konzentriert lauscht, kann man das Knacken der Flammen hören oder schwachen Schwefelgeruch in der Luft riechen. Das Feuer war ein Gottesurteil, wird hier gemunkelt. Nach jener Nacht hat man von der Familie nie wieder etwas gehört.«
»Was ist mit den Bewohnern geschehen?«, forschte Rhys, er war selbst verwundert, dass ihm diese Frage über die Lippen kam. Eines musste man dem jungen Mann lassen - er konnte seine Gespenstergeschichten spannend erzählen. »Ich meine, wie war das mit dem Spuk?«
»Ah ja. Also, der Geist von dem alten Lord Ashworth wurde bislang nicht gesichtet. Der kehrte nie nach Devonshire zurück. Er starb letztes Jahr, irgendwo in Irland, glaub ich. Lady Ashworth starb schon Jahre vor dem Brand. Ein paar Dorfbewohner - die mit dem zweiten Gesicht - wollen gesehen haben, wie der Geist der Lady über dem verfallenen Manor schwebte. So als würde sie noch immer durch die oberen Flure schreiten. Aber den Sohn, den sehen die Leute häufiger.«
Rhys verschluckte sich an einem Schluck Bier und hustete. »Den Sohn?«
»Ja. Das war ein wilder Bengel, ein notorischer Unruhestifter. Preschte bei seinen halsbrecherischen Ausritten durch das Moor. Im Dorf geht das Gerücht, er hätte den Teufel im Leib gehabt.«
»Und er verstarb in den Flammen?«
»Das ist nicht erwiesen. Vermutlich kam er darin um - nach allem, was man hört, fand er den Tod. Aber selbst wenn er überlebt hat, erweckt es den Eindruck, als hätte er einen Wiedergänger in Nethermoor Hall zurückgelassen. Die Leute haben ein Phantom beobachtet, das an lauen Sommernächten da oben umgeht. Sie wollen sogar gesehen haben, wie er auf einem irrlichternden Pferd, an dessen Hufen Flammen leckten, übers Moor galoppierte.«
Rhys blinzelte den jungen Schnösel an, unschlüssig, ob er belustigt, bestürzt, beleidigt oder ... besorgt sein sollte. So bizarr Darryls Geschichte klingen mochte, barg sie ein Körnchen Wahrheit. In all den Jahren hatte er sich wie ein Monstrum gefühlt, nicht wirklich lebendig, aber auch nicht tot. Konnte es daran liegen, dass er irgendeinen gespenstischen Teil aus seiner Jugend dort zurückgelassen hatte? Er schüttelte den Kopf, wie um die irrwitzige Vorstellung loszuwerden. Dieser Dartmoor- Nebel war ihm vermutlich in die Ohren gekrochen und hatte ihm das Gehirn vernebelt.
»Und?« Darryl neigte sich vor und wackelte mit den Augenbrauen. »Was ist mit dem Rundgang? Sind Sie Manns genug, eine Begegnung mit Rhys St. Maur zu riskieren, dem lebenden Phantom von Bell Tor?«
Ein Lächeln huschte um Rhys' Mundwinkel. Also das versprach, amüsant zu werden. Doch ehe er antworten konnte, trat eine Gestalt zu Darryl hinter den Tresen.
Meredith.
Mrs. Maddox, berichtigte er sich.
»Darryl«, schimpfte sie und versetzte dem Jungen eine Kopfnuss, »du bist und bleibst ein Idiot. Dieser Mann ist Rhys St. Maur. Inzwischen Lord Ashworth. Du sprichst gerade mit deinem ›lebenden Phantom‹, lebendig und leibhaftig.«
Darryls blasses Gesicht wurde noch blasser, als er Seine Lordschaft anstarrte und dabei nervös mit den Kiefern mahlte. Wenigstens zuckte sein Auge nicht mehr.
Der Junge schluckte schwer, als Rhys einen Arm auf dem Schanktresen abstützte und sich zu ihm vorneigte. Bis ihre Gesichter lediglich Zentimeter voneinander entfernt waren. Sobald er sich Darryls ungeteilter Aufmerksamkeit sicher wähnte, senkte Rhys die Stimme und flüsterte ...
»Buh!«
2
Ich ... Sie sind ...«, stammelte Darryl. »Will sagen, es ist nicht ...«
»Ich kümmere mich um unseren Gast, Darryl.« Meredith schob den verdutzten Jungen vom Tresen weg. »Ab in den Stall mit dir.« Ihr Ton ließ keinen Widerspruch zu.
Rhys starrte sie an. Um zu vermeiden, dass sie zurückstarrte, sah Meredith hastig weg und machte sich an den Flaschen zu schaffen. Bislang hatte sie es bei flüchtigen Blicken bewenden lassen, gleichwohl hätte sie nichts dagegen einzuwenden gehabt, ihn den ganzen Abend zu betrachten, jede Kontur, jede Linie in seinem Gesicht. Um sämtliche Veränderungen seines Mienenspiels einzufangen.
Seine Frisur war ihr als Erstes aufgefallen. Oder besser das Nichtvorhandensein einer solchen. Er trug seine Haare so kurz geschoren, dass sie im ersten Moment, als sie ihn an der Tür erspäht hatte, erschrocken gewesen war. In ihren Erinnerungen hatte er langes, dunkel gewelltes Haar, das im Nacken mit einem Lederstreifen zusammengebunden war. Manchmal hatte er es offen getragen, sodass es ihm in wilden Locken auf die Schläfen fiel. Damit hatte er zuweilen versucht, sein Gesicht zu verbergen, oder besser gesagt einen neuerlichen Bluterguss, der violett unter seinem Auge prangte, oder einen frisch aufgeplatzten Riss in seiner Lippe.
Er schien es mittlerweile aufgegeben zu haben, seine Blessuren zu verstecken. Sein Gesicht war ein Schlachtfeld voller Narben, die sie nicht zuzuordnen wusste, indes war sie froh um die verheilten Wunden. Jene bezeugten ihr, dass sie dieses Mal nicht träumte. Es war tatsächlich Rhys St. Maur, der da auf dem Schemel saß und einen Ellbogen auf den Tresen stützte. Hünenhaft, kampfgestählt und verwegen und - bei allen Heiligen - er saß direkt vor ihr. Leibhaftig. Nach vierzehn Jahren.
»Ich kenne Sie«, meinte er gedehnt. In seinem Ton schwang eine unterschwellige Frage.
»Tun Sie das?« Bemüht, ihre Bestürzung zu überspielen, griff Meredith nach seinem leeren Krug.
Seine Finger umkrampften den Griff. Er hatte lange, starke, zupackende Finger.
Ihr Blick prallte auf seinen, und wieder verzehrte er sie mit seinen faszinierenden Augen. In all den Jahren, die sie auf dem Nethermoor-Anwesen verbracht hatte, hatte Rhys St. Maur sie kein einziges Mal so angeschaut. Er hatte sie kaum wahrgenommen. Jetzt bemerkte sie, dass seine Augen wild und schön waren - wie alles an ihm. Tiefbraun, mit bernsteingoldenen Einsprengseln. Wie feinster Cognac oder ...
»Brandy«, hauchte sie.
Er hob eine Braue, die von einer tiefen Narbe in zwei Hälften gespalten wurde.
»Möchten Sie einen Brandy?« Sie räusperte sich verlegen. »Draußen ist es unwirtlich kalt. Da braucht ein Mann mehr als Bier, um sich aufzuwärmen.«
»So, so, braucht er das?« Seine Lippen zuckten sinnlich.
Kaum dass sie das Zweideutige ihrer Bemerkung erfasste, hätte Meredith sich insgeheim ohrfeigen mögen. Das war nicht ihre Absicht gewesen. Obwohl ... die Vorstellung, Rhys St. Maur zu wärmen, fand sie kein bisschen abstoßend. Zumal solche Fantasien schon seit Jahren ihr Herz beflügelten. »Ich ... ich meinte bloß ...«
»Ich weiß. Danke, Mrs. Maddox, aber ich trinke keinen Schnaps.«
Auch gut, wenn er keinen wollte. Meredith konnte jedenfalls einen Schluck vertragen. Sie angelte nach einer Flasche, die unter der Theke stand - ihre Privatreserve -, und goss sich ein großzügig bemessenes Quantum ein.
»Ich kenne Sie«, wiederholte er. Diesmal war es keine Frage. Seine Stimme war tiefer als in ihrer Erinnerung, und sie erreichte diverse Stellen in ihrem Innern. »Ich erinnere mich zwar nicht mehr an Ihren Namen, aber ich kenne Sie.«
Sie leerte das Glas Gin langsam, bevor sie antwortete. »Meredith Lane«, nannte sie ihm schließlich ihren Mädchennamen. »Sie erinnern sich vielleicht nicht, aber mein Vater ...«
»War bei uns Rittmeister. Natürlich erinnere ich mich.« Er legte den Kopf schief und kniff die Augen zusammen. »Sie sind George Lanes Tochter? Na, so was! Als ich das Mädchen das letzte Mal sah, war sie ein mageres kleines Ding mit Sommersprossen. «
Sie bekam heiße Wangen. Er erinnerte sich an sie. Beileibe nicht so, wie sie es sich gewünscht hätte, aber er erinnerte sich immerhin an etwas.
»Merry Lane«, sagte er, seine Stimme klang weicher als zuvor. Ein leises Lachen stahl sich aus seiner Kehle. »Kaum zu glauben. Sie sind die kleine Merry Lane.«
Inzwischen glühten ihre Wangen. Das war also das Einzige, was er behalten hatte - ihren albernen, sentimentalen Spitznamen. Wenn sich ihre Wege früher im Stall gekreuzt hatten, hatte er sie ungeduldig beiseitegedrängt und ihr spöttisch zugerufen: Husch, ab nach Hause, Merry Lane.
»Ich heiße nicht mehr Merry Lane, Sir«, antwortete sie betont beiläufig, während sie mit einem Tuch den Tresen wischte. »So geht das, wenn man vierzehn Jahre weg gewesen ist, Mylord. Die Dinge ändern sich.«
»Das tun sie, Mrs. Maddox. Das tun sie.« Unvermittelt ernst geworden, räusperte er sich. »Ihr Vater ... lebt er noch?«
»Er ist oben. Er verwaltet mit Darryls Hilfe die Stallungen des Gasthofs. Obschon bei uns selten etwas Edleres als ein Packpony untergestellt wird und das eine oder andere Gespannpferd. «
»Ich würde Ihren Vater gern persönlich begrüßen.«
»Dann müssen Sie warten, Sir. Er wird bereits schlafen, aber morgen können Sie ...« Sie stockte. »Ich nehme an, Sie wollen über Nacht bleiben. Das hier ist nämlich der einzige Gasthof im Umkreis von Meilen, Mylord.«
Bitte bleib, flehte eine törichte Stimme in ihrem Kopf. Bitte geh nicht gleich wieder fort.
»Ja, ich benötige ein Zimmer für heute Nacht.«
»Nur für diese Nacht?« Nicht dass es von Belang gewesen wäre. Ganz gleich, wie lange er blieb, irgendwann würde er wieder aufbrechen. Hier gab es nichts, was ihn hätte halten können. Die ererbten Ländereien bestanden zu großen Teilen aus wertlosem, unwirtlichem Moorgelände. Nethermoor Hall selbst war eine ausgebrannte Ruine, und so sollte es auch bleiben.
»Nur die eine Nacht.« Er schenkte ihr ein kleines verhaltenes Lächeln. »Das heißt, wenn Sie ein Zimmer für ein lebendes Phantom haben.«
»Scheren Sie sich bloß nicht um das Geschwätz von Darryl Tewkes, Mylord«, sagte sie eilig. »Er strickt schon seit Jahren an dieser Legende. Er erzählt sie allen Durchreisenden, um sie dazu zu bewegen, dass sie eine Nacht länger bleiben. Das bedeutet zusätzliches Einkommen für den Gasthof und natürlich auch für ihn. Er hat sogar ein paar Dorfbewohner, die Souvenirs anfertigen, die auf Darryls Tagesausflügen verkauft werden. Kleine Steinkreuze und dergleichen.«
»Wie geschäftstüchtig von ihm. Ein fleißiger Angestellter, eine tüchtige junge Ehefrau ... Old Maddox scheint mir recht erfolgreich zu sein.«
»Das hängt von der Sichtweise des Betrachters ab. Der Mann liegt seit sechs Jahren im Grab.«
Seine Kinnpartie verhärtete sich. »Sie sind seine Witwe.«
Statt einer Antwort nickte sie.
»Das tut mir aufrichtig leid.«
»Das muss es nicht.« Sie fuchtelte mit dem Glas herum, das sie gerade abtrocknete. Sie war Witwe, Pensionswirtin, und übernächsten Sommer wurde sie dreißig. Dennoch war sie in Rhys' Gegenwart verlegen wie ein junges Mädchen. Wie gelang ihm das nur, ihr dieses Gefühl zu vermitteln? »Ich meine, sechs Jahre sind eine lange Zeit. Ich bin inzwischen länger verwitwet, als dass ich verheiratet war. Und er hat mir den Gasthof vererbt, damit haben wir wenigstens ein Auskommen. «
»Wir? Haben Sie Kinder?«
Sein Herz setzte einen Schlag lang aus. Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Nur ich und Vater. Und Darryl, seit dem Tod seiner Tante. Und die Dorfbewohner, wenn man so will. Wir mussten einen Weg finden, damit es weitergeht, nicht wahr? Nachdem uns der größte Arbeitgeber im Ort vor vierzehn Jahren verließ.«
Rhys starrte einen Moment lang unschlüssig auf sein Ale. Dann hob er den Krug und trank.
Er schien sichtlich getroffen, und sie bereute die Bitterkeit in ihrem Ton. Gleichwohl sollte er die Wahrheit erfahren, denn sie hatten es wahrlich nicht einfach gehabt. Der alte Lord Ashworth war ein rechter Bastard gewesen, aber immerhin hatte er den Leuten ihre Löhne gezahlt und die örtlichen Kaufleute mit Aufträgen versorgt. Nachdem Nethermoor niedergebrannt war und die Familie den Besitz verlassen hatte, blieb Buckleigh-in-the-Moor sich selbst überlassen. Da es in dieser felsig karsten Gegend kaum Landwirtschaft gab, verließen etliche junge Männer das Dorf. Das neu erbaute Kriegsgefängnis in Princetown bot zeitweilig Arbeit. Manche zogen noch weiter, nach Exeter oder Plymouth. Die wenigen, die im Dorf blieben, verdingten sich mit gelegentlichen Tätigkeiten für das Three Hounds - so wie Darryl - oder verdienten sich ihren Lebensunterhalt mit dunklen Geschäften.
Apropos dunkle Geschäfte ... Als hätte sie ihn mit der Kraft ihrer Gedanken aus der kühlen Nacht in den Gasthof gelenkt, kam Gideon Myles durch die Tür geschlendert.
Die versammelten Männer begrüßten ihn mit johlenden Pfiffen, worauf Gideon mit zwei Fingern würdevoll an seine tief in die Stirn gezogene Mütze tippte und grinste. Wie üblich ließ er sich einen Moment Zeit, um seine Berühmtheit zu genießen, ehe er mehreren Gästen kräftig die ihm hingestreckten Hände schüttelte. Nicht lange und seine scharfsichtigen Augen hatten Meredith entdeckt. Sie wusste aus Erfahrung, dass man diesen Mann nicht warten ließ.
»Bin gleich zurück«, erklärte sie Rhys und eilte hinter dem Tresen hervor. Rhys war nur ein Durchreisender, der über Nacht blieb. Er und Gideon Myles hatten nichts miteinander zu schaffen, und eine Begegnung könnte Ungemach heraufbeschwören.
Gideon begrüßte sie mit einem verschlagenen Grinsen. Er war ein junger Mann - mindestens drei Jahre jünger als sie - und strotzte vor Arroganz. Überdies war er viel zu attraktiv, als dass es ihm gutgetan hätte. »Na, na«, sagte er. »Freust du dich nicht, mich zu sehen? Und aus gutem Grund. Ich hab diese Woche ein Fässchen Madeira für dich.«
»Schön, schön«, erwiderte sie abwesend und warf einen Blick zu Rhys. »Können wir nach draußen gehen und das im Hof erörtern?«
»Im Hof? Ich bin gerade erst reingekommen. Draußen ist es kalt wie eine Hundeschnauze und fast genauso feucht.« Er zog eine Braue hoch und senkte seine Stimme zu einem anzüglichen Flüstern. »Es sei denn, du möchtest ein bisschen mit mir allein sein, in dem Fall schlage ich einen anderen Ort ...«
Sie stieß verdrießlich den Atem aus. Dies war gewiss nicht der richtige Zeitpunkt für einen Flirt. Sie zog ihn beiseite. »Du kannst den Wagen heute Nacht nicht ausladen.«
»Wieso nicht? Sicher, der Nebel ist ziemlich dicht, aber wenn die Männer die Ponys aufgeladen haben, ist das Wetter ...«
»Nein, nein. Ihr dürft auch die Ponys nicht beladen. Ich meine es ernst, Gideon. Heute Abend ist es ungünstig. Du kannst den Wagen erst einmal in die Scheune schieben, und wir legen Decken und dergleichen darüber. Darryl wird oben auf der Ladung schlafen und sie bewachen.«
Ein zorniges Schnauben entwich seiner Kehle. »Ich würde Darryl Tewkes nicht mal meinen Alekrug bewachen lassen, während ich zum Pinkeln geh.« Sein Blick wurde ernst. »Dieses Mal ist es eine sehr wertvolle Fuhre, Meredith. Ich hab bereits zwei bewaffnete Männer draußen postiert. Es ist zu riskant, wenn die Waren nicht umgehend weitertransportiert werden.«
Umso schlimmer. Zwei Männer mit Waffen? Sie zögerte und warf heimlich einen Blick zum Tresen.
»Wie gewöhnlich«, fuhr er fort, »hab ich nicht bloß Madeira für dich dabei. Du weißt, ich zahle anständig für die Verwendung der Ponys von deinem Vater.«
»Ich weiß, ich weiß. Aber du begreifst das nicht.«
»Ich begreife sehr wohl, dass deine Augen fortwährend zu dem Gentleman am Tresen wandern. Ziemlich hässlicher Bursche, was? Woher kommt er?« Seine Miene verdunkelte sich. »Ist er dir zu nahe getreten?«
»Nein, nein. Er ist bloß ein Reisender.« Von einer plötzlichen Eingebung geleitet, setzte sie hinzu: »So sagt er jedenfalls. Wenn du mich fragst, hat die Verwaltung von Lydford ihn hergeschickt. Besser, du gibst ihm keinen Anlass für irgend- welches Misstrauen, nicht wahr? Warte bis morgen früh, bis er aufgebrochen ist.«
»Du weißt, dass ich diese Waren nicht bei Tageslicht transportieren kann. Und die Verwaltung von Lydford hab ich seit über einem Jahr in der Tasche.« Gideon schälte sich aus seiner Jacke und warf sie einem wartenden Mann zu. »Vielleicht ist es am besten, wenn ich mich ihm vorstelle. Setz seine Getränke auf meine Rechnung, ja?«
Meredith wollte protestieren, aber Gideon war schon auf halbem Wege durch den Schankraum geschlendert.
»Ich bin Gideon Myles«, tat er kund und warf seine Mütze auf den Tresen, wo sie neben Rhys' Ellbogen zu liegen kam.
Rhys blickte von seinem Ale auf. »Sollte ich diesen Namen kennen?«
»Ich wage zu behaupten, dass Sie das sollten. Aber Bescheidenheit war noch nie eine Tugend von mir.«
Missfällig seufzend stützte Rhys die Hände auf die Theke und erhob sich. Meredith gewahrte den Hauch eines Zögerns, der Gideons Gesicht beschattete. Gideon war ein Hüne, aber neben Rhys wirkte er wie ein Zwerg.
»Lassen Sie mich raten«, sagte Rhys und verschränkte die Arme vor seinem beeindruckenden Brustkorb. »Ihnen ist gewiss daran gelegen, mir Ihre verwunschene Höhle zu zeigen und mir eine Flasche von Ihrem Pixi-Spuk zu verkaufen.«
Unversehens schob sich Verwirrung auf Gideons Züge. »Ich weiß nicht, was zum Teufel Sie mir da unterstellen«, meinte er gedehnt, »aber ich hätte nicht übel Lust, Ihnen dafür eine Tracht Prügel zu verabreichen.«
Dieses Gespräch führte zu nichts, überlegte Meredith. Ihr blieb keine Wahl, als einzuschreiten.
»Verzeihen Sie, dass ich mich einmische«, sagte sie an Rhys gewandt. »Mr. Myles ist unser örtlicher ... Gemischtwarenhändler. « Sie ignorierte Gideons Miene, auf der sich verletzter Stolz malte. Er würde den Grund für ihre Schwindelei alsbald begreifen. »Gideon, das ist Rhys St. Maur. Der neue Lord Ashworth.«
In der Schankstube wurde es mit einem Mal still. Die Gespräche erstarben mitten im Satz. Der Name Ashworth hatte die gleiche Wirkung wie ein durch die Luft geschwungener Messingkandelaber. Er mutete gefährlich an. Eine Bedrohung.
»Ashworth«, wiederholte Gideon. Er starrte Rhys mit hasserfülltem Blick an.
Rhys verharrte reglos und sagte gleichmütig: »Ganz recht. Ich glaube, meinen Namen kennt man hier auch, Mr. Myles.«
Ein unheilvolles Raunen ging durch die Menge. Stuhlbeine kratzten über Bodenfliesen.
»Was tun Sie hier?«, fragte Gideon.
»Was mir beliebt. Ich bin Ihnen keinerlei Rechenschaft schuldig.«
Meredith war sich gewärtig, dass sie eingreifen sollte, und zwar eiligst. Eine Prügelei am Abend reichte ihr. Zu allem Überfluss hatte Gideon draußen zwei mit Pistolen bewaffnete Männer postiert und eine Ladung Schmuggelware. Um seine Pfründe zu schützen, würde er vor Gewaltanwendung zweifelsohne nicht zurückschrecken.
»Er bleibt lediglich diese eine Nacht hier«, rief sie den Umstehenden zu. »Ich wollte ihm gerade sein Zimmer zeigen. Mr. Myles, unser Geschäft hat bis morgen zu warten.«
Da hast du es, bedeutete sie Gideon mit Blicken. Begreifst du jetzt, weshalb du diesen Wagen heute Nacht unter gar keinen Umständen ausladen kannst?
Er hatte verstanden. Gleichwohl war er nicht erfreut über die neuerlichen Entwicklungen. Er stellte sich stur. »Darryl kann ihn nach oben begleiten.«
»Dies ist mein Gasthof. Und er ist mein Gast.« Sie wandte sich an Rhys. »Wenn Sie mir bitte folgen möchten, Mylord? «
Ohne seine Antwort abzuwarten, drehte sie sich um und strebte zur Hintertreppe, in der Hoffnung, dass er sich ihr anschließen würde. Er folgte ihr. Die alten ausgetretenen Holz- dielen stöhnten unter seinem Gewicht, und der Stiegenaufgang mutete mit einem Mal ungeheuer eng an. Zu eng.
»Es tut mir aufrichtig leid, wenn ich Ihnen Unannehmlichkeiten bereite«, sagte er.
»Das sind keine Unannehmlichkeiten für mich«, antwortete sie und verlangsamte ihre Schritte. »Aber verzeihen Sie mir meine Frage: Weswegen sind Sie hier?«
Sie vernahm sein Seufzen. »Darf ich offen zu Ihnen sein, Mrs. Maddox?« Ächz. »In Wahrheit habe ich mir selbige Frage auch schon gestellt.«
Und das mehr als einmal.
»Ihre Kammer ist gleich hier.« Nachdem sie ihn durch den Flur geleitet hatte, trat sie beiseite und hielt ihm einladend die Tür auf.
Er trat ein, blieb in der Mitte des Gastzimmers stehen und drehte sich langsam um seine eigene Achse, derweil er sich seine Unterkunft genauer anschaute. Meredith hielt unwillkürlich den Atem an. Gefiel ihm die Kammer etwa nicht? Sie hatte den Raum erst diese Woche frisch renoviert. Die Renovierungsmaßnahmen waren Teil ihrer Bemühungen, das Three Hounds in einen Gasthof von Format zu verwandeln. Ein geachteter Gasthof, wo gut betuchte Reisende gezielt Halt machten und übernachteten, und nicht bloß zwangsläufig einkehrten, weil an ihrer Kutsche ein Rad gebrochen war.
Meredith seufzte und glitt zum Kamin, um ein Feuer anzufachen. Ihr kamen wahrlich Zweifel, ob sie alles recht gemacht hatte. Noch am Nachmittag hatte sie inmitten dieser Kammer gestanden und war ungeheuer stolz auf die neuen, kunstvoll gerafften Vorhänge und auf den gewebten Bettüberwurf gewesen. Die Vase aus blauem Chinaporzellan auf dem Kaminsims gab dem Ganzen eine elegante Note, hatte sie gedacht.
Jetzt, da sie die kleine Schlafkammer aus Rhys' Sicht wahrnahm, bemerkte sie die nackten Holzbalken, die das Zimmer stützten, die geduckten Wände, den stickigen Torfkohlenrauch aus dem Kamin ... Es mutete alles hoffnungslos armselig und schäbig an. Sie vermochte sich lebhaft vorzustellen, wie das Zimmer auf einen adligen Gentleman wirkte. Warum sollte sie sich da etwas vormachen?
»Ich werde Darryl sogleich mit Ihrem Gepäck hochschicken. Soll ich ihm auftragen, dass er sich als Ihr persönlicher Diener zur Verfügung hält?«
»Nein«, sagte Rhys rasch. Sie meinte, ihn schaudern zu sehen. »Nicht nötig.«
»Die Waschkommode steht da in der Nische.« Bitte zerbrechen Sie mir nicht das neue Porzellan.
Er nickte.
»Wir servieren das Frühstück morgens unten im Schankraum. Und wenn Sie in der Zwischenzeit etwas benötigen sollten, melden Sie sich bitte.«
»Danke.« Er richtete den Blick zur Decke. »Die Kammer ist ziemlich ...«
»Zugig«, beendete sie seinen Satz. »Ich weiß. Tut mir außerordentlich leid. Ich werde Darryl heute Nacht zu Ihnen hochschicken, damit er noch ein paar Scheite Holzkohle aufs Feuer legt, und da in der Truhe liegt eine weitere Decke. Wenn es Ihnen zu heiß wird, brauchen Sie bloß das Fenster zu öffnen.« Sie stellte entsetzt fest, dass sie wie eine Närrin drauflosplapperte, aber ihr Mundwerk ließ sich anscheinend nicht zum Verstummen bringen. »Sie sind gewiss Besseres gewohnt als dieses bescheidene Gemach, trotzdem hoffe ich, dass Sie es ausreichend finden für Ihre ...«
Er schwenkte zu ihr herum und grinste.
Unversehens fehlten ihr die Worte.
»Ausreichend?« Er schüttelte den Kopf. »In der Armee habe ich die meiste Zeit auf harten Holzböden oder der nackten Erde genächtigt. Meine Unterkünfte in London waren kärglich und kalt.« Er schaute sich abermals in der Kammer um. »Ich kann Ihnen versichern, das hier ist für mich die schönste Schlafkammer seit Jahren. Ein einziger Luxus. Ich werde heute Nacht gewiss gut schlafen.«
Seine Worte brachten ihr Herz zum Schwingen. Gütiger Himmel. Sie durfte nicht für ihn schwärmen. Fürwahr, sie hatte schon als junges Mädchen für ihn geschwärmt, und sie durfte dieser Schwärmerei nicht erneut nachgeben. Er gedachte, morgen wieder aufzubrechen.
»In der Tat«, sagte er leichthin, unterdessen lief er zum Fenster und spähte hinaus. »Die Kammer gefällt mir so gut, dass ich Sie dafür küssen könnte.«
Oh weh. Also das war wahrlich keine Lösung, damit würde er ihre Schwärmerei höchstens befördern.
Sein Kopf schnellte herum, als wäre er selbst überrascht von seinen Worten. Natürlich war er das. Es war gewiss scherzhaft gemeint gewesen. Das letzte Mal, als er sie angeschaut hatte, war sie ein knochiges kleines Ding mit Sommersprossen gewesen.
Wie um seine Verwunderung zu unterstreichen, meinte er: »Es ist seltsam.«
Der Versuch zu lachen missglückte ihr. Er kam näher. Ihr Herzschlag beschleunigte sich in ihrer Brust, als die riesenhaften Stiefel ihn über die alten knarrenden Eichendielen zu ihr trugen. Bodendielen, die sie noch vor Kurzem mit Sand gescheuert hatte, mit bloßen Händen und auf den Knien. Ihre Schultern schmerzten noch davon.
Er blieb stehen, und seine tiefbraunen Augen senkten sich in ihre. »Ich glaube, ich würde Sie sehr gern küssen.« Er streckte eine Hand aus und pflückte eine vorwitzige Haarsträhne von ihrer Schulter, die er dann langsam zwischen Daumen und Zeigefinger drehte. »Was sagen Sie dazu, Merry Lane? Wie wäre es mit einem geziemenden Willkommensgruß für einen Heimatrückkehrer? «
Sie könnte mit einem Scherz darüber hinweggehen oder zurückweichen. Sie kannte sich damit aus, wie man derartigen Avancen Paroli bot. Unten in der Taverne musste sie sich dauernd der Zudringlichkeiten von männlichen Gästen erwehren. Für jeden der wenigen Männer, die sie seit dem Tod ihres Gemahls in ihr Bett geholt hatte, hatte sie Dutzenden einen Korb gegeben. Aber als junges Mädchen hatte sie von ebendiesem Mann geträumt, der sie mit einem lustvoll begehrlichen Glitzern in seinen Augen betrachtete und exakt jene Worte zu ihr gesagt hatte.
Ich glaube, ich würde Sie sehr gern küssen.
Das war einfach zu viel für sie. Innerlich aufgewühlt, platzte sie heraus: »Gibt es sonst noch etwas, was ich für Sie tun kann, Mylord?«
Angesichts ihres schroffen Tonfalls fasste er sich sogleich wieder. »Nein.« Als er hastig den Blick abwandte, gewahrte sie einen verletzten Ausdruck in seinen dunklen Augen. Er strich sich mit fahriger Hand über sein kurzes dunkles Haar. »Nein, verzeihen Sie. Das war ... unangemessen von mir. Es wird nicht wieder passieren.«
Meredith verharrte dort, wo sie stand, und verfolgte, wie er zum Fenster zurückkehrte.
Er drehte sich nicht um, als er sagte: »Sie gehen jetzt besser, denke ich.«
Folglich glitt sie aus der Tür und zog sie hinter sich zu. Sie ließ leise schimpfend die Klinke los.
Verflixt und zugenäht. In ihrem ganzen bisherigen Leben war sie noch niemals so wütend auf sich selbst gewesen. Sie hatte soeben die Gelegenheit - die einzige Chance, die sie je hätte - ungenutzt verstreichen lassen, einen Kuss und vermutlich auch das Bett mit dem Mann zu teilen, den sie begehrte, seit sie dunkel begriffen hatte, was Begehren bedeutete. Und nicht nur das, mit ihrem Sträuben hatte sie bei ihm einen falschen Eindruck hinterlassen. Jetzt glaubte er, dass sie ihn zu unattraktiv fand, um ihn zu küssen, dabei verhielt es sich in Wahrheit völlig anders.
Gideon wartete gewiss unten im Schankraum auf sie. Sie musste sich noch die Wagenladung anschauen, die im Pferdestall untergestellt war. Ganz zu schweigen davon, dass sie die Gäste zu bewirten hatte, ohne dass weiteres Mobiliar dabei zu Schaden käme.
Und Rhys wollte morgen wieder abreisen. Sie würde nie wieder so eine Chance bekommen. Sie arbeitete schier bis zum Umfallen in diesem Gasthof. Jeden Tag, alle Tage. Hatte sie sich da nicht eine Nacht verdient, eine einzige Nacht, die ganz allein ihr gehörte?
Sie klopfte entschlossen an die Tür.
Als er aufmachte, sagte sie eilig und bevor sie den Schneid verlor: »Sie können ... Sie können mich gern küssen. Ich habe nichts dagegen einzuwenden.«
»Wirklich nicht?«
»Nein.«
Er umschloss mit einer Hand ihr Kinn und zog ihr Gesicht an seins. Erst da bemerkte sie, dass sie ihr beherztes Angebot an seinen Jackenknopf gerichtet hatte.
Sein Daumen streichelte zärtlich ihre Wange, und sie schloss die Augen. Er hörte nicht auf, glitt mit seinem Daumen unablässig von ihrem Wangenknochen zu ihrem Kinn. Diese sanfte Berührung seiner Finger auf ihrer Haut genügte, um ihren ganzen Körper erschaudern zu lassen.
Sie war nicht imstande, ihre Neugier noch einen Moment länger zu bezähmen, und klappte die Lider auf.
Er machte keinerlei Anstalten, sie zu küssen.
»Danke für Ihr Angebot.« Er streifte mit einer Fingerspitze ihren Mundwinkel, dann ließ er sie los. »Gute Nacht, Mrs. Maddox.«
Bevor sie ihm dasselbe wünschen konnte, schloss er die Tür.
Copyright © 2014 für die deutsche Ausgabe by Blanvalet Verlag, in der Verlagsgruppe Random House, München.
Als die Männer sich eilig in Bewegung setzten, Tische und Stühle über den Holzboden schoben und wieder an ihren angestammten Platz rückten, begriff Rhys, dass ihre Worte doch nicht ihm gegolten hatten. Er war beinahe ein bisschen enttäuscht. Bei der Dame hätte er gern für Ordnung gesorgt. Anfangen würde er mit den reizend zerzausten Strähnen, die sich aus ihrem dunklen Zopf gelöst hatten.
1
Rhys St. Maur, seit Kurzem Lord Ashworth, war ein gebrochener Mann.
Im wahren Wortsinne.
Er hatte sich bereits zwei Mal den linken Arm gebrochen, einmal als Schüler, bei einer Rauferei in Eton, und ein zweites Mal, als er noch keine zwanzig war, während eines harten Armeedrills. Wie oft er sich die Rippen angeknackst hatte, vermochte er nicht mehr zu sagen. Bei einer Schlägerei in einer übel verräucherten Spelunke war ihm das Nasenbein zertrümmert worden, seither hatte sein Profil etwas schurkenhaft Markantes. Dazu gesellten sich etliche Narben im Gesicht, die Rhys St. Maur beileibe nicht anziehender wirken ließen. Kurz nach seinem dreißigsten Geburtstag ließ sich der kleine Finger an seiner rechten Hand nicht mehr biegen. Bei feuchter Witterung bereitete ihm das linke Knie höllische Schmerzen, was ein bleibendes Andenken an sein Militärkommando in den Pyrenäen war. Allerdings konnte er noch froh sein, dass er mit dem Leben davongekommen war, nachdem ihm ein baskischer Bauer eine Hacke ins Knie gerammt hatte, als Rhys sich in der Morgendämmerung aus dem Lager stahl, um seine Notdurft zu verrichten.
Ebendieses linke Knie brannte an selbigem Abend wie Feuer, als Rhys durch das granitene Herz von Devonshire ritt. Die Luft hing dunstig und nebelschwer über der dunklen Landstraße, sodass er die Hand nicht vor Augen zu sehen vermochte. Folglich beschloss er, abzusitzen und sein Pferd zu Fuß weiterzuführen. Neben den schlechten Sichtverhältnissen erhöhten loses Geröll und knietiefe Spalten in dem zerfurchten Felsboden das Risiko tödlicher Verletzungen.
Für das Pferd, wohlgemerkt. Um sich selbst war Rhys nicht im Mindesten besorgt. Wenn er eine Chance gewittert hätte, in diesem gottverlassenen Moor sein Leben zu lassen, hätte er seinem Hengst freudig die Sporen gegeben und wäre in den Tod galoppiert.
Gleichwohl würde ihm das nicht gelingen. Es war ihm noch niemals geglückt. Am Ende hätte er ein lahmendes oder gar ein totes Ross und vielleicht eine weitere angebrochene Rippe. Er schrieb das dem Fluch zu, der seit seiner Kindheit auf ihm lastete: unverschämtes, unverdientes und vollkommen verschwendetes Glück.
Ganz gleich, welches Unheil ihm widerfuhr, ob in dieser oder jeder anderen Nacht, Rhys St. Maur war dazu verdammt, es zu überleben.
Wie der Bogen auf einer Geige strich der Wind leise ächzend über seinen Rücken. Als der Wallach hinter ihm scheute, beruhigte Rhys das Tier mit begütigenden Worten. Er marschierte weiter und schlug den Kragen seines Mantels hoch, um die feuchte Kälte abzuwehren.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück ...
Bei allen Heiligen, er wanderte schon eine ziemlich lange Zeit durch dieses finstere Tal. Marschierte schon so lange im Schatten des Todes, dass er meinte, seine Füße in den Stiefeln zerfielen zu Staub, und der Atem in seiner Lunge mutete beißend wie Schwefel an. Ein lebendes Gespenst, genau das war er. Er war aus dem Krieg heimgekehrt, um eine Baronie zu erben, seither bestand seine einzige Pflicht darin, die englische Aristokratie heimzusuchen. Ein ungeschlachter Hüne am Rande ihrer feudalen Feste, er erschreckte ihre zart besaiteten jungen Damen halb zu Tode und veranlasste die Gentlemen, sich nervös die Schläfen zu reiben, während sie sich hinlänglich bemühten, nicht unhöflich auf die entstellende Narbe in Rhys' Gesicht zu starren.
Während er dem Verlauf der Landstraße folgte, erschien hinter einer scharfen Kurve im Nebel ein vage vertrautes Bild. Wenn er die Meilensteine richtig gelesen hatte, musste es hier sein. Das kleine Dorf Buckleigh-in-the-Moor. Aus dieser Entfernung war es bloß eine dürftige Ansammlung flackernder Lichtpunkte vor dem dunklen Firmament.
Sein Wallach, der Stroh und Stall witterte, legte energisch zu. Etwas später gewahrte Rhys ein paar schäbige, lehm-und holzgezimmerte Cottages. Vermutlich war es nicht so spät, wie er angenommen hatte. In einigen Hütten brannte noch Licht, das aussah wie gelbe Augen, die unter strohgedeckten Dächern hervorspähten.
Er blieb mitten auf der Straße stehen, wischte sich mit dem Handrücken die Augen und blinzelte in Richtung des alten Gasthauses. Er war vierzehn Jahre lang fort gewesen, dennoch prangte das alte Schild über dem Eingang: The Three Hounds lautete der verwitterte Schriftzug. Darunter waren drei wachsame Jagdhunde abgebildet. Raues, bellendes Gelächter drang aus einem angelehnten Fenster. Offenbar stand Old Maddox immer noch hinter dem Tresen.
Obwohl sein Pferd ungeduldig mit den Hufen scharrte, verharrte Rhys regungslos und betrachtete das Gasthaus. Schließlich riss er sich davon los und lenkte seinen Blick weiter geradeaus. Nebel bedeckte das Dorf wie ein weicher Mantel aus Watte, verhüllte die ausgezackten Felstürme, die hoch droben auf der steilen Anhöhe aufragten. Ohne ihren bedrohlichen Schatten wirkte das Dorf Buckleigh-in-the-Moor - dieser verhasste Ort, vor dem er fortgelaufen war, solange er denken konnte - beinahe ... anheimelnd. Charmant. Einladend.
Angesichts der törichten Umschreibung hätte Rhys beinahe laut aufgelacht.
Dieser Ort war nicht einladend. Man würde ihn hier nicht willkommen heißen.
Kaum hatte sich dieser Gedanke in seinem Kopf geformt, schwang die Eingangstür des Wirtshauses auf, und ein Schwall Wärme und Licht ergoss sich auf das Pflaster. Die Wogen des Gelächters, die er vorhin undeutlich vernommen hatte, schwollen zu aufgeregtem Gebrüll an, das von dem Klirren zerbrechender Gläser unterbrochen wurde.
»Du gottverdammter Hurensohn!«
Aha, nun das war die Art von Empfang, die er erwartet hatte. Dennoch war gewiss nicht er gemeint, überlegte er, es sei denn, der alte Aberglaube entsprach der Wahrheit und irgendeine Hexe hätte seine Ankunft geweissagt. Nein, hier erkannte ihn gewiss niemand mehr - er war gerade einmal siebzehn gewesen, als er das Dorf verließ.
Von seiner Neugierde, dem Geruch von frisch gezapftem Bier und wärmendem Kaminrauch getrieben, näherte er sich der Taverne und blieb im Schatten der offenen Tür stehen.
Die Schankstube war klein und entsprach Rhys' Erinnerung. Gerade groß genug für ein paar Tische, einen kurzen Tresen, bunt zusammengewürfelte Stühle und Schemel. Der Raum war bis auf den letzten Platz gefüllt.
»Ja, weiter so! Schlag zu!«
Zwei massige Stiernacken fixierten einander inmitten des Raums, umkreisten einander keifend und fluchend, während die Zuschauer eilig Tische und Stühle wegrückten. Der größere der beiden Heißsporne holte zu einem ungelenken Schwinger aus, der ins Leere ging. Taumelnd von der Wucht des Schlages landete er in den Armen eines verblüfften Zuschauers. Sein Gegner schlug zurück. Innerhalb von Sekunden brach eine rasende Rauferei los.
Rhys, der unbemerkt im Schatten der Tür stand, verlagerte sein Gewicht. Es juckte ihm in den Fingern mitzumischen. Als junger Mann hätte er sich mitten ins ärgste Getümmel gestürzt und seine Fäuste sprechen lassen, um seinen rasenden Puls zu spüren, zerbrochenes Glas, das seine Haut schlitzte, und den Geschmack von Blut im Mund. Das erregend aufpeitschende Gefühl, am Leben zu sein.
Indes war er nicht mehr der junge Mann von einst. Im Krieg hatte er genug gekämpft und gelitten. Er hatte sein Pulver verschossen.
Nach ein, zwei Minuten kehrte wieder Ruhe ein. Die beiden Kontrahenten fixierten einander erneut, kurzatmig und sichtlich kampfeslustig. Sie umkreisten einander hämisch grinsend, als wäre eine Prügelei ihre bevorzugte Wochenendbelustigung. Vermutlich war es auch so. Das Leben im Hochmoor hatte schließlich außer Saufen und Raufen wenig an Vergnügungen zu bieten.
Während er ihre Gesichter betrachtete, überlegte Rhys, ob die beiden Brüder sein könnten. Oder vielleicht Cousins. Der Größere hatte weiche Züge, der Kleinere eine Hakennase. Aber ihre Augen waren von einem ähnlich verwaschenen Blau, beide trugen einen Gesichtsausdruck willfähriger Einfalt zur Schau.
Der Kleinere schnappte sich einen niedrigen Schemel und provozierte seinen Gegner damit, gleichsam als reizte er einen wilden Stier. Der »Stier« griff an. Er schleuderte seine Faust über den Hocker, doch seine Arme waren zu kurz. Um dem abzuhelfen, schnappte er sich einen Kerzenleuchter aus Messing vom Kaminsims und schwang ihn durch die Luft, worauf alle im Raum verstummten.
Rums.
Hakennase warf den Schemel beiseite, der splitternd gegen den Kamin prallte. Das lenkte den Stier einstweilen ab, worauf Hakennase sich blitzgeschwind unter einen eingedeckten Tisch duckte. Halb geleerte Teller und Brotkanten verteilten sich auf dem weißen Leinentischtuch.
Rhys runzelte die Stirn. Seit wann machte sich Old Maddox die Mühe, Tischdecken aufzulegen?
Er ließ den Gedanken abrupt fallen, als Hakennase unter dem Leinensaum hervortauchte und ein Messer schwang.
»Ich werd dir helfen, mit einem Kerzenständer auf mich loszugehen, du Hurensohn«, schnaubte er.
Die Gäste erstarrten. Rhys stieß sich vom Türrahmen ab und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Sollte er eingreifen? Messingleuchter und Messer verhießen nichts Gutes, jemand könnte ernsthaft verletzt werden oder Schlimmeres. Er mochte des Kämpfens überdrüssig sein, aber er hatte vor allem genug davon, mit ansehen zu müssen, wie Männer starben.
Bevor er indes einzugreifen vermochte, ließ ihn ein lauter Knall zusammenfahren.
Knirsch. Eine Flasche zerbarst.
Pling, pling, pling. Glassplitter rieselten zu Boden.
Krachbumm. Hakennase brach ohnmächtig auf dem Tisch zusammen, Weinrinnsale sickerten aus seinen Haaren und rannen über seine Ohren.
»Harold Symmonds, du wirst mir diesen Wein bezahlen.« Eine schlanke dunkelhaarige Frau stand über Hakennases gekrümmten Körper gebeugt, in einer Hand hielt sie den abgebrochenen Hals einer grünen Glasflasche. »Und das Tischtuch ebenfalls, du Hornochse.« Sie schüttelte ärgerlich den Kopf. »Tsts, das Blut und die Weinflecken lassen sich aus dem weißen Leinen sicherlich nie wieder ganz entfernen.«
»Und du, Laurence ...« Sie wirbelte zu dem zweiten Mann herum und drohte ihm mit dem gezackten Flaschenhals. Obwohl er das Schankmädchen um einiges überragte, hob Laurence kapitulierend die Hände.
In der Tat war es im Schankraum still geworden. Als fürchteten sämtliche Gäste um das harsche Durchgreifen dieser kleinen Person. Interessant. Für einen Mann wie Rhys, der viele Jahre lang Soldaten kommandiert hatte, sprach ein solches Verhalten Bände.
Mit dem Flaschenhals vor Laurence herumfuchtelnd, drängte sie ihn gegen die Wand. »Euer eigener Meister hat dieses gute Stück mitgebracht, nur damit du es weißt.«
»Diesen Kandelaber?« Er starrte auf den Messinggegenstand in seiner Faust. »Der gehört Gideon?«
»Nein, der gehört hierher.« Sie schnappte dem verdutzten Raufbold den Kerzenleuchter weg und wog ihn in ihrer Hand. »Er stammt aus Gideons Lieferung. Erst letzte Woche brachte er zwei davon aus Plymouth mit. Die beiden Kandelaber waren äußerst kostspielig, und ich wäre dir überaus verbunden, wenn du künftig deine schmutzigen Griffel davonlassen würdest.«
Der Kerzenhalter war augenscheinlich schwer, doch es kostete sie keine Mühe, ihn mit einer Hand auf den Kaminsockel zu heben und an seinen angestammten Platz neben den anderen zu schieben.
»So«, sagte sie mehr zu sich selbst, offenbar zufrieden, dass die Ordnung wiederhergestellt war. Sie trat zurück, warf die Scherben der Weinflasche in den Kamin, wo sie mit einem knisternden Aufglühen in den Flammen zerbarsten.
Der rötliche Flammenschein erhellte das Gesicht der Frau, und Rhys war es erstmalig vergönnt, sie genauer zu betrachten.
Heilige Mutter Gottes. Sie war wunderschön.
Und jung.
Und ... und wunderschön.
Rhys war nie ein Meister des Wortes gewesen. Er hätte nicht exakt beschreiben können, was diese Frau an sich hatte und weswegen sie ihn faszinierte. Er wusste einzig, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte.
Das dunkle Haar, das sie zu einem schweren Zopf geflochten hatte, unterstrich ihr blasses Gesichtsoval. Sie war schlank und hatte die Kurven an den richtigen Stellen. Um die Farbe ihrer großen schönen Augen zu bestimmen, hätte er jedoch um einiges näher bei ihr stehen müssen.
Er wünschte sich inständig, näher bei ihr zu stehen.
Vor allem jetzt, nachdem sie nicht mehr bewaffnet war.
Die Hände in die wohlgeformten Hüften gestützt, schoss ihr flammender Blick in die Menge. »Es ist stets das Gleiche mit euch, jedes Mal«, schimpfte sie. Gleichwohl verbarg sich hinter ihrem scharfen Ton eine angenehm kehlig warme Stimme. »Für den Fall, dass ihr es immer noch nicht begriffen habt, diese Taverne ist die einzige, die wir in Buckleigh-in-the-Moor haben. Und ich bemühe mich nach Kräften, mir einen guten Ruf aufzubauen und das Three Hounds in eine manierliche Unterkunft für durchreisende Gäste zu verwandeln. Nun verratet mir mal, wie mir das gelingen soll, wenn ihr ausgewachsenen Hohlköpfe alle vierzehn Tage den Speiseraum verwüstet? «
Sie funkelte ärgerlich jeden Einzelnen der anwesenden Männer an, in ihren Augen stand eine stumme Anklage. Als ihr Blick auf den von Rhys traf, fiel ihm sofort auf, dass sie etwas von ihrer selbstbewussten Haltung einbüßte. Ihre Lider begannen zu flattern. Die Dame war ganz offenkundig verblüfft. Ansonsten blieb ihre Miene unnachgiebig wie Alabastergestein, als sie hinzufügte: »Und all das im Beisein von einem Gast, ihr solltet euch schämen.«
Rhys bemerkte, dass sämtliche Köpfe zu ihm herumschnellten. Gleichwohl gelang es ihm nicht, den Blick von der couragierten kleinen Person loszureißen. Jesus Christus, was für eine Frau!
Während der Reise hatte er sich angesichts der feuchten Witterung Nacht für Nacht mit seinen steifen Gliedern herumgeplagt. Er hatte nicht erwartet, dass bei ihm noch mehr steif werden könnte ... aber das war jetzt nachweislich der Fall. Die enge Reithose spannte über seiner Erektion. Er war so hart, dass er mit dem Messingleuchter konkurrieren könnte. Wann hatte er das letzte Mal derart intensiv auf eine Frau reagiert? Vielleicht als umtriebiger Jungspund? Wahrscheinlich noch nicht einmal damals. Sein Herz raste. Das Blut pumpte durch seine Venen und trug Befehle zu jedem seiner Organe. Er fühlte, wie sich sein ganzer Körper von dieser einen Sache beflügelt anspannte. Die schönste Sache der Welt.
Er fühlte sich lebendig.
Seinen Blick unerschüttert erwidernd, sagte sie mit fester Stimme: »Und jetzt wird hier für Ordnung gesorgt, wenn ich bitten darf!«
Rhys blinzelte verwirrt. Er erinnerte sich nicht an die Frau - dieses Gesicht hätte er gewiss nicht vergessen. Kannte sie ihn vielleicht? Galt ihre Aufforderung ihm? Ging sie ihn etwa wegen grober Fahrlässigkeit an, weil er hier der zuständige Lord war? Dann war der Vorwurf nur allzu verständlich. Wenn es in Buckleigh-in-the-Moor etwas gab, das nach Recht und Ordnung verlangte, dann oblag die Verantwortung ihm.
Als die Männer sich eilig in Bewegung setzten, Tische und Stühle über den Holzboden schoben und wieder an ihren angestammten Platz rückten, begriff Rhys, dass ihre Worte doch nicht ihm gegolten hatten. Er war beinahe ein bisschen enttäuscht. Bei der Dame hätte er gern für Ordnung gesorgt. Anfangen würde er mit den reizend zerzausten Strähnen, die sich aus ihrem dunklen Zopf gelöst hatten.
Mit einem Zeigefinger schob sie sich eben eine Locke hinters Ohr. »Willkommen im Three Hounds«, sagte sie. »Sie wollten doch hereinkommen, oder?«
Oh, und ob er hereinkommen wollte. Mit dem allergrößten Vergnügen.
Rhys betrat die Taverne und schloss die Tür hinter sich.
Bevor er einen Ton sagen konnte, kehrte die Bedienung ihm den Rücken. »Nicht dahin, Skinner. Links neben den Kamin.«
Skinner, der eilends gehorchte, schob den klobigen Tisch an die gewünschte Stelle.
»Ich hab mein Pferd draußen stehen«, sagte Rhys, als sie sich abermals zu ihm umdrehte.
Sie nickte und winkte einen schlaksigen jungen Kerl zu sich. »Darryl, kümmer dich um das Pferd von dem Gentleman.« Zu Rhys meinte sie: »Möchten Sie einen Whiskey, Sir?«
»Nein, ich nehme ein Bier.«
»Ich habe Kaninchenragout und Hammeleintopf anzubieten. «
Wie auf ein geheimes Kommando knurrte ihm der Magen vor Hunger. »Ich würde beides begrüßen.«
»Nehmen Sie doch Platz, Sir.«
Rhys steuerte zu einem der Tische, ließ sich schwer auf einen Stuhl sinken und nahm ihr den vollen Bierkrug aus der Hand.
Er trank von dem kühlen Ale, dabei beobachtete er das Schankmädchen und ihre Horde gezähmter Raufbolde, die brav wie junge Lämmchen aufräumten. Kein Wunder, dass dieses Wirtshaus offensichtlich florierte. Früher hatte der alte Maddox nämlich nie so hübsche Barmädchen eingestellt, erinnerte sich Rhys, erst recht keine mit Haaren auf den Zähnen.
Während sie die Glasscherben vom Boden aufkehrte und das fleckige Tischtuch zusammenfaltete, stahlen sich ihre Augen immer wieder heimlich zu ihm. Ihr Blick war verführerisch weich.
Nein, das konnte nicht sein. Vielleicht schaute sie zu jemand anders. Rhys tat so, als müsste er seine müden Glieder recken. Er rollte den Nacken und ließ währenddessen den Blick ohne Hast durch die Schänke gleiten.
Nein. Da war sonst niemand.
Seltsam.
Alles an dieser Frau - ihr Verhalten, ihre Stimme, die Reaktionen, die sie auslöste - bewies Durchsetzungsvermögen. Doch ihre Augen erzählten ihm etwas anderes. Sie erzählten von Hoffnungen, Ängsten und Verletzlichkeit, und obschon Rhys nicht den Hauch einer Ahnung hatte, wieso sie das alles einem völlig fremden Menschen enthüllte, zu allem Überfluss auch noch ihm, wusste er, dass die Blicke, die sie ihm schenkte, ihm näher gingen als alles, was er in den letzten Jahren erlebt hatte.
Sie berührte ihn. Obwohl sie weit von ihm entfernt stand, obwohl ihre Hände anderweitig beschäftigt waren, berührte sie ihn. Er fühlte es in seinem Innersten.
Rhys trank von seinem Bier und sann über die Natur des Schicksals nach. Er glaubte fest an die Macht der Vorsehung. Es gab keine andere Erklärung für die Tatsache, dass sein Herz noch schlug. In den elf Jahren bei der leichten Infanterie hatte er sich beherzt in jedes blutige Schlachtengetümmel gestürzt, geradezu versessen darauf, sich niedermetzeln zu lassen. Um dann grausam enttäuscht zu werden, wenn das Schicksal ihn wieder einmal verschonte. Er konnte schlicht und einfach nicht sterben. Aber vielleicht, überlegte er, hatte sein unverschämtes Glück jetzt endlich einmal sein Gutes.
Als sie sich bückte, um das gesplitterte Holz aufzukehren, betrachtete er den sanften Schwung ihrer Schulterblätter, die gelösten Haarsträhnen, die sich weich in ihrem Nacken kringelten. Er stellte sich im Geiste vor, wie er mit diesen Locken spielte. Vier ... fünf, nein, sogar sechs Mal, zählte er heimlich mit, ließ sich das fein gekräuselte Haar um seinen Finger wickeln.
Als sie sich straffte und ihre Blicke sich abermals trafen, hob er seinen Bierkrug zu einem stummen Salut. Sie lächelte schüchtern und sah weg. Seltsam, obwohl sie doch vorhin kein bisschen schüchtern war.
Wie um selbiges zu bekräftigen, rief sie quer durch den Schankraum: »Laurence, bring Harry Symmonds zurück in das Rattenloch, wo er hingehört. Der Kerl blutet mir die Bodenkacheln voll, und ich hab sie erst gestern frisch geschrubbt.«
»Ja, Meredith.«
Meredith. Der Name schlängelte sich wie ein Faden durch sein Gehirn, doch er verlor sich, ehe Rhys ihn ergreifen konnte.
Laurence schnappte sich Harry Symmonds und stellte das stöhnende Häufchen Elend unsanft auf die Füße.
»Von wegen ›Meredith‹!« Sie fuchtelte entrüstet mit ihrem Besen vor Laurence herum. »Solange ihr euch wie kleine Jungs benehmt, bin ich für euch immer noch Mrs. Maddox.«
Das Bier schmeckte mit einem Mal sauer. Mrs. Maddox?
Diese junge, tüchtige, hübsche Frau war mit dem alten Maddox verheiratet? Demnach war sie gar kein Schankmädchen, sondern die Wirtsfrau? So viel zu den Schicksalsmächten, die ihm unverschämtes Glück bescherten. Er hätte es besser wissen müssen. Für ihn gab es nichts Schönes auf dieser Erde.
Sie stellte einen Teller mit Stew und einen mit Kaninchenragout vor ihn hin. Rhys langte hungrig zu, seine Augen hielt er unablässig auf das Essen geheftet und nicht auf die appetitliche Serviererin. Er machte verheirateten Frauen keine Avancen, da konnten sie ihm noch so verführerische Blicke zuwerfen. Wenn sie mit Maddox verheiratet war und ihm schöne Augen machte, dann musste die Frau nicht nur wankelmütig sein, sondern töricht und halbblind.
Er war hungriger, als er gedacht hatte, und aß innerhalb von Minuten beide Teller leer. Er war stets ein guter Esser gewesen und seit seiner Armeezeit auf schnelles Futterfassen gedrillt. Nachdem er den Ashworth-Titel geerbt hatte, hatte er mehr als einmal von einer fein eingedeckten Londoner Bankett-Tafel aufgeblickt, um festzustellen, dass seine Tischmanieren der Gegenstand intensiver, entsetzter Inaugenscheinnahme waren. Eine weitere seiner erworbenen Eigenschaften, die vornehme englische Damen zu ihren Riechfläschchen greifen ließen.
Er kippte den Rest Bier hinunter und trug den leeren Krug zum Nachfüllen an den Tresen. Mrs. Maddox war nirgends zu entdecken, stattdessen stand ein junger Mann mit einer Zahnlücke hinter der Theke. Es war der junge Kerl von vorhin, der sich um sein Pferd kümmern sollte. Wie hieß er noch gleich? Dylan? Dermott?
»Darryl Tewkes, zu Ihren Diensten, Sir. Darf es noch ein Bier sein?«
Der junge Mann nahm ihm den Krug ab, dabei zuckte sein linker Augenwinkel. Rhys hätte nicht zu sagen vermocht, ob er ihm zuzwinkerte oder ob es ein nervöser Tic war. Er hoffte Letzteres, als sich das Lidflattern wiederholte. Er hatte ein aberwitziges Aussehen, dieser Darryl Tewkes. Scharf geschnittene Nase, spitze Ohren, ähnlich wie die Pixis, die Waldgeister, an deren Existenz die älteren Bewohner im Moor immer noch glaubten.
»Sie haben ein prachtvolles Pferd, Sir«, fuhr Darryl fort und reichte Rhys einen frisch gezapften Krug. »Ich hab den Wallach in den Stall gebracht, ihm den Sattel abgenommen und ihn getränkt. Nachher werde ich ihn striegeln und ihm Heu geben.«
Rhys nickte wie zur Bekräftigung und hob den Krug an seine Lippen.
»Hat er einen Namen, Sir? Der Wallach?«
Rhys wischte sich mit dem Ärmel den Mund. »Nein.« Er gab ihnen nie Namen, nicht mehr jedenfalls.
»Wird der Gentleman länger in der Gegend bleiben?«, wollte Darryl wissen.
»Lediglich eine Nacht.«
Anfangs war Rhys sich diesbezüglich unschlüssig gewesen. Inzwischen war ihm klar geworden - eine Nacht an diesem Ort war das Äußerste, was er ertragen konnte. Morgen früh würde er den Hang hinaufreiten, um lange und ausgiebig zu inspizieren, weswegen er hergekommen war. Danach wollte er wieder aufbrechen. Keine Frage, er konnte einen Pächter oder Verwalter einstellen, der sich um sämtliche Angelegenheiten kümmerte, die der Klärung bedurften. Das war es doch, was Landadlige mit einigem Vermögen taten, oder? Wohin er dann reiten wollte, wusste er selbst noch nicht. Wohin das Schicksal ihn verschlug, mutmaßte er.
»Eine Nacht?« Darryls linkes Auge zuckte heftig. »Sir, Sie müssen länger als eine Nacht bleiben. Eine Übernachtung reicht bei Weitem nicht aus, um die örtlichen Sehenswürdigkeiten zu besichtigen!«
Zwischen Rhys' Brauen schob sich eine steile Falte. Sehenswürdigkeiten? Hier in dieser gottverlassenen Gegend?
Der junge Mann hob die Brauen. »Ich biete den Durchreisenden Führungen an.« Sein Gesicht hellte sich auf. »Zwei Stunden oder auch einen halben Tag. Der beste Gegenwert für Ihr Geld ist meine ganztägige Geheimnis-des-Moores-Exkursion mit sachkundigen Erläuterungen und einem Picknick.«
Rhys schmunzelte bei der Vorstellung, wie arglose Reisende im Schatten von Bell Tor ihren Picknickkorb öffneten. Blieb zu hoffen, dass sie Vorkehrungen gegen die Scharen gefräßiger Raben trafen. Er räusperte sich und fragte: »Was denn für Sehenswürdigkeiten? «
»Also, es ist eine geheimnisvolle Reise durch die Zeit, verstehen Sie?« Der Junge machte eine großspurig ausgreifende Geste. »Ich beginne damit, dass ich Sie zu den antiken Grabhügeln und zu den Zinngruben führe, die schon vor zig Jahrhunderten aufgegeben wurden.«
Der Anblick war Rhys bestens vertraut. Steinhaufen, nichts als triste Steinhaufen.
»Dann sind da die alten Mönchskreuze. Und natürlich Bell Tor. An klaren Tagen sieht man ...«
»Noch mehr Steinhaufen?«, grummelte Rhys sichtlich unbeeindruckt.
»Aber Sir, das Beste kommt noch. In den Ruinen von Nethermoor Hall spukt es.«
Unversehens hatte er Rhys' ganze Aufmerksamkeit. »Hab ich eben recht gehört? Da oben spukt es?«
Darryl stützte die Ellbogen auf den Tresen und neigte sich dicht zu ihm, als wagte er nicht, es laut auszusprechen. »Ja. In Nethermoor Hall. Das gottlose House of Ashworth, in dem über Generationen das Böse gedieh. Bis zu einer Sommernacht vor vierzehn Jahren, als es in einer grausigen Feuersbrunst bis auf die Grundmauern niederbrannte. Mein Rundgang endet dort bei Sonnenuntergang. Bisweilen, wenn man konzentriert lauscht, kann man das Knacken der Flammen hören oder schwachen Schwefelgeruch in der Luft riechen. Das Feuer war ein Gottesurteil, wird hier gemunkelt. Nach jener Nacht hat man von der Familie nie wieder etwas gehört.«
»Was ist mit den Bewohnern geschehen?«, forschte Rhys, er war selbst verwundert, dass ihm diese Frage über die Lippen kam. Eines musste man dem jungen Mann lassen - er konnte seine Gespenstergeschichten spannend erzählen. »Ich meine, wie war das mit dem Spuk?«
»Ah ja. Also, der Geist von dem alten Lord Ashworth wurde bislang nicht gesichtet. Der kehrte nie nach Devonshire zurück. Er starb letztes Jahr, irgendwo in Irland, glaub ich. Lady Ashworth starb schon Jahre vor dem Brand. Ein paar Dorfbewohner - die mit dem zweiten Gesicht - wollen gesehen haben, wie der Geist der Lady über dem verfallenen Manor schwebte. So als würde sie noch immer durch die oberen Flure schreiten. Aber den Sohn, den sehen die Leute häufiger.«
Rhys verschluckte sich an einem Schluck Bier und hustete. »Den Sohn?«
»Ja. Das war ein wilder Bengel, ein notorischer Unruhestifter. Preschte bei seinen halsbrecherischen Ausritten durch das Moor. Im Dorf geht das Gerücht, er hätte den Teufel im Leib gehabt.«
»Und er verstarb in den Flammen?«
»Das ist nicht erwiesen. Vermutlich kam er darin um - nach allem, was man hört, fand er den Tod. Aber selbst wenn er überlebt hat, erweckt es den Eindruck, als hätte er einen Wiedergänger in Nethermoor Hall zurückgelassen. Die Leute haben ein Phantom beobachtet, das an lauen Sommernächten da oben umgeht. Sie wollen sogar gesehen haben, wie er auf einem irrlichternden Pferd, an dessen Hufen Flammen leckten, übers Moor galoppierte.«
Rhys blinzelte den jungen Schnösel an, unschlüssig, ob er belustigt, bestürzt, beleidigt oder ... besorgt sein sollte. So bizarr Darryls Geschichte klingen mochte, barg sie ein Körnchen Wahrheit. In all den Jahren hatte er sich wie ein Monstrum gefühlt, nicht wirklich lebendig, aber auch nicht tot. Konnte es daran liegen, dass er irgendeinen gespenstischen Teil aus seiner Jugend dort zurückgelassen hatte? Er schüttelte den Kopf, wie um die irrwitzige Vorstellung loszuwerden. Dieser Dartmoor- Nebel war ihm vermutlich in die Ohren gekrochen und hatte ihm das Gehirn vernebelt.
»Und?« Darryl neigte sich vor und wackelte mit den Augenbrauen. »Was ist mit dem Rundgang? Sind Sie Manns genug, eine Begegnung mit Rhys St. Maur zu riskieren, dem lebenden Phantom von Bell Tor?«
Ein Lächeln huschte um Rhys' Mundwinkel. Also das versprach, amüsant zu werden. Doch ehe er antworten konnte, trat eine Gestalt zu Darryl hinter den Tresen.
Meredith.
Mrs. Maddox, berichtigte er sich.
»Darryl«, schimpfte sie und versetzte dem Jungen eine Kopfnuss, »du bist und bleibst ein Idiot. Dieser Mann ist Rhys St. Maur. Inzwischen Lord Ashworth. Du sprichst gerade mit deinem ›lebenden Phantom‹, lebendig und leibhaftig.«
Darryls blasses Gesicht wurde noch blasser, als er Seine Lordschaft anstarrte und dabei nervös mit den Kiefern mahlte. Wenigstens zuckte sein Auge nicht mehr.
Der Junge schluckte schwer, als Rhys einen Arm auf dem Schanktresen abstützte und sich zu ihm vorneigte. Bis ihre Gesichter lediglich Zentimeter voneinander entfernt waren. Sobald er sich Darryls ungeteilter Aufmerksamkeit sicher wähnte, senkte Rhys die Stimme und flüsterte ...
»Buh!«
2
Ich ... Sie sind ...«, stammelte Darryl. »Will sagen, es ist nicht ...«
»Ich kümmere mich um unseren Gast, Darryl.« Meredith schob den verdutzten Jungen vom Tresen weg. »Ab in den Stall mit dir.« Ihr Ton ließ keinen Widerspruch zu.
Rhys starrte sie an. Um zu vermeiden, dass sie zurückstarrte, sah Meredith hastig weg und machte sich an den Flaschen zu schaffen. Bislang hatte sie es bei flüchtigen Blicken bewenden lassen, gleichwohl hätte sie nichts dagegen einzuwenden gehabt, ihn den ganzen Abend zu betrachten, jede Kontur, jede Linie in seinem Gesicht. Um sämtliche Veränderungen seines Mienenspiels einzufangen.
Seine Frisur war ihr als Erstes aufgefallen. Oder besser das Nichtvorhandensein einer solchen. Er trug seine Haare so kurz geschoren, dass sie im ersten Moment, als sie ihn an der Tür erspäht hatte, erschrocken gewesen war. In ihren Erinnerungen hatte er langes, dunkel gewelltes Haar, das im Nacken mit einem Lederstreifen zusammengebunden war. Manchmal hatte er es offen getragen, sodass es ihm in wilden Locken auf die Schläfen fiel. Damit hatte er zuweilen versucht, sein Gesicht zu verbergen, oder besser gesagt einen neuerlichen Bluterguss, der violett unter seinem Auge prangte, oder einen frisch aufgeplatzten Riss in seiner Lippe.
Er schien es mittlerweile aufgegeben zu haben, seine Blessuren zu verstecken. Sein Gesicht war ein Schlachtfeld voller Narben, die sie nicht zuzuordnen wusste, indes war sie froh um die verheilten Wunden. Jene bezeugten ihr, dass sie dieses Mal nicht träumte. Es war tatsächlich Rhys St. Maur, der da auf dem Schemel saß und einen Ellbogen auf den Tresen stützte. Hünenhaft, kampfgestählt und verwegen und - bei allen Heiligen - er saß direkt vor ihr. Leibhaftig. Nach vierzehn Jahren.
»Ich kenne Sie«, meinte er gedehnt. In seinem Ton schwang eine unterschwellige Frage.
»Tun Sie das?« Bemüht, ihre Bestürzung zu überspielen, griff Meredith nach seinem leeren Krug.
Seine Finger umkrampften den Griff. Er hatte lange, starke, zupackende Finger.
Ihr Blick prallte auf seinen, und wieder verzehrte er sie mit seinen faszinierenden Augen. In all den Jahren, die sie auf dem Nethermoor-Anwesen verbracht hatte, hatte Rhys St. Maur sie kein einziges Mal so angeschaut. Er hatte sie kaum wahrgenommen. Jetzt bemerkte sie, dass seine Augen wild und schön waren - wie alles an ihm. Tiefbraun, mit bernsteingoldenen Einsprengseln. Wie feinster Cognac oder ...
»Brandy«, hauchte sie.
Er hob eine Braue, die von einer tiefen Narbe in zwei Hälften gespalten wurde.
»Möchten Sie einen Brandy?« Sie räusperte sich verlegen. »Draußen ist es unwirtlich kalt. Da braucht ein Mann mehr als Bier, um sich aufzuwärmen.«
»So, so, braucht er das?« Seine Lippen zuckten sinnlich.
Kaum dass sie das Zweideutige ihrer Bemerkung erfasste, hätte Meredith sich insgeheim ohrfeigen mögen. Das war nicht ihre Absicht gewesen. Obwohl ... die Vorstellung, Rhys St. Maur zu wärmen, fand sie kein bisschen abstoßend. Zumal solche Fantasien schon seit Jahren ihr Herz beflügelten. »Ich ... ich meinte bloß ...«
»Ich weiß. Danke, Mrs. Maddox, aber ich trinke keinen Schnaps.«
Auch gut, wenn er keinen wollte. Meredith konnte jedenfalls einen Schluck vertragen. Sie angelte nach einer Flasche, die unter der Theke stand - ihre Privatreserve -, und goss sich ein großzügig bemessenes Quantum ein.
»Ich kenne Sie«, wiederholte er. Diesmal war es keine Frage. Seine Stimme war tiefer als in ihrer Erinnerung, und sie erreichte diverse Stellen in ihrem Innern. »Ich erinnere mich zwar nicht mehr an Ihren Namen, aber ich kenne Sie.«
Sie leerte das Glas Gin langsam, bevor sie antwortete. »Meredith Lane«, nannte sie ihm schließlich ihren Mädchennamen. »Sie erinnern sich vielleicht nicht, aber mein Vater ...«
»War bei uns Rittmeister. Natürlich erinnere ich mich.« Er legte den Kopf schief und kniff die Augen zusammen. »Sie sind George Lanes Tochter? Na, so was! Als ich das Mädchen das letzte Mal sah, war sie ein mageres kleines Ding mit Sommersprossen. «
Sie bekam heiße Wangen. Er erinnerte sich an sie. Beileibe nicht so, wie sie es sich gewünscht hätte, aber er erinnerte sich immerhin an etwas.
»Merry Lane«, sagte er, seine Stimme klang weicher als zuvor. Ein leises Lachen stahl sich aus seiner Kehle. »Kaum zu glauben. Sie sind die kleine Merry Lane.«
Inzwischen glühten ihre Wangen. Das war also das Einzige, was er behalten hatte - ihren albernen, sentimentalen Spitznamen. Wenn sich ihre Wege früher im Stall gekreuzt hatten, hatte er sie ungeduldig beiseitegedrängt und ihr spöttisch zugerufen: Husch, ab nach Hause, Merry Lane.
»Ich heiße nicht mehr Merry Lane, Sir«, antwortete sie betont beiläufig, während sie mit einem Tuch den Tresen wischte. »So geht das, wenn man vierzehn Jahre weg gewesen ist, Mylord. Die Dinge ändern sich.«
»Das tun sie, Mrs. Maddox. Das tun sie.« Unvermittelt ernst geworden, räusperte er sich. »Ihr Vater ... lebt er noch?«
»Er ist oben. Er verwaltet mit Darryls Hilfe die Stallungen des Gasthofs. Obschon bei uns selten etwas Edleres als ein Packpony untergestellt wird und das eine oder andere Gespannpferd. «
»Ich würde Ihren Vater gern persönlich begrüßen.«
»Dann müssen Sie warten, Sir. Er wird bereits schlafen, aber morgen können Sie ...« Sie stockte. »Ich nehme an, Sie wollen über Nacht bleiben. Das hier ist nämlich der einzige Gasthof im Umkreis von Meilen, Mylord.«
Bitte bleib, flehte eine törichte Stimme in ihrem Kopf. Bitte geh nicht gleich wieder fort.
»Ja, ich benötige ein Zimmer für heute Nacht.«
»Nur für diese Nacht?« Nicht dass es von Belang gewesen wäre. Ganz gleich, wie lange er blieb, irgendwann würde er wieder aufbrechen. Hier gab es nichts, was ihn hätte halten können. Die ererbten Ländereien bestanden zu großen Teilen aus wertlosem, unwirtlichem Moorgelände. Nethermoor Hall selbst war eine ausgebrannte Ruine, und so sollte es auch bleiben.
»Nur die eine Nacht.« Er schenkte ihr ein kleines verhaltenes Lächeln. »Das heißt, wenn Sie ein Zimmer für ein lebendes Phantom haben.«
»Scheren Sie sich bloß nicht um das Geschwätz von Darryl Tewkes, Mylord«, sagte sie eilig. »Er strickt schon seit Jahren an dieser Legende. Er erzählt sie allen Durchreisenden, um sie dazu zu bewegen, dass sie eine Nacht länger bleiben. Das bedeutet zusätzliches Einkommen für den Gasthof und natürlich auch für ihn. Er hat sogar ein paar Dorfbewohner, die Souvenirs anfertigen, die auf Darryls Tagesausflügen verkauft werden. Kleine Steinkreuze und dergleichen.«
»Wie geschäftstüchtig von ihm. Ein fleißiger Angestellter, eine tüchtige junge Ehefrau ... Old Maddox scheint mir recht erfolgreich zu sein.«
»Das hängt von der Sichtweise des Betrachters ab. Der Mann liegt seit sechs Jahren im Grab.«
Seine Kinnpartie verhärtete sich. »Sie sind seine Witwe.«
Statt einer Antwort nickte sie.
»Das tut mir aufrichtig leid.«
»Das muss es nicht.« Sie fuchtelte mit dem Glas herum, das sie gerade abtrocknete. Sie war Witwe, Pensionswirtin, und übernächsten Sommer wurde sie dreißig. Dennoch war sie in Rhys' Gegenwart verlegen wie ein junges Mädchen. Wie gelang ihm das nur, ihr dieses Gefühl zu vermitteln? »Ich meine, sechs Jahre sind eine lange Zeit. Ich bin inzwischen länger verwitwet, als dass ich verheiratet war. Und er hat mir den Gasthof vererbt, damit haben wir wenigstens ein Auskommen. «
»Wir? Haben Sie Kinder?«
Sein Herz setzte einen Schlag lang aus. Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Nur ich und Vater. Und Darryl, seit dem Tod seiner Tante. Und die Dorfbewohner, wenn man so will. Wir mussten einen Weg finden, damit es weitergeht, nicht wahr? Nachdem uns der größte Arbeitgeber im Ort vor vierzehn Jahren verließ.«
Rhys starrte einen Moment lang unschlüssig auf sein Ale. Dann hob er den Krug und trank.
Er schien sichtlich getroffen, und sie bereute die Bitterkeit in ihrem Ton. Gleichwohl sollte er die Wahrheit erfahren, denn sie hatten es wahrlich nicht einfach gehabt. Der alte Lord Ashworth war ein rechter Bastard gewesen, aber immerhin hatte er den Leuten ihre Löhne gezahlt und die örtlichen Kaufleute mit Aufträgen versorgt. Nachdem Nethermoor niedergebrannt war und die Familie den Besitz verlassen hatte, blieb Buckleigh-in-the-Moor sich selbst überlassen. Da es in dieser felsig karsten Gegend kaum Landwirtschaft gab, verließen etliche junge Männer das Dorf. Das neu erbaute Kriegsgefängnis in Princetown bot zeitweilig Arbeit. Manche zogen noch weiter, nach Exeter oder Plymouth. Die wenigen, die im Dorf blieben, verdingten sich mit gelegentlichen Tätigkeiten für das Three Hounds - so wie Darryl - oder verdienten sich ihren Lebensunterhalt mit dunklen Geschäften.
Apropos dunkle Geschäfte ... Als hätte sie ihn mit der Kraft ihrer Gedanken aus der kühlen Nacht in den Gasthof gelenkt, kam Gideon Myles durch die Tür geschlendert.
Die versammelten Männer begrüßten ihn mit johlenden Pfiffen, worauf Gideon mit zwei Fingern würdevoll an seine tief in die Stirn gezogene Mütze tippte und grinste. Wie üblich ließ er sich einen Moment Zeit, um seine Berühmtheit zu genießen, ehe er mehreren Gästen kräftig die ihm hingestreckten Hände schüttelte. Nicht lange und seine scharfsichtigen Augen hatten Meredith entdeckt. Sie wusste aus Erfahrung, dass man diesen Mann nicht warten ließ.
»Bin gleich zurück«, erklärte sie Rhys und eilte hinter dem Tresen hervor. Rhys war nur ein Durchreisender, der über Nacht blieb. Er und Gideon Myles hatten nichts miteinander zu schaffen, und eine Begegnung könnte Ungemach heraufbeschwören.
Gideon begrüßte sie mit einem verschlagenen Grinsen. Er war ein junger Mann - mindestens drei Jahre jünger als sie - und strotzte vor Arroganz. Überdies war er viel zu attraktiv, als dass es ihm gutgetan hätte. »Na, na«, sagte er. »Freust du dich nicht, mich zu sehen? Und aus gutem Grund. Ich hab diese Woche ein Fässchen Madeira für dich.«
»Schön, schön«, erwiderte sie abwesend und warf einen Blick zu Rhys. »Können wir nach draußen gehen und das im Hof erörtern?«
»Im Hof? Ich bin gerade erst reingekommen. Draußen ist es kalt wie eine Hundeschnauze und fast genauso feucht.« Er zog eine Braue hoch und senkte seine Stimme zu einem anzüglichen Flüstern. »Es sei denn, du möchtest ein bisschen mit mir allein sein, in dem Fall schlage ich einen anderen Ort ...«
Sie stieß verdrießlich den Atem aus. Dies war gewiss nicht der richtige Zeitpunkt für einen Flirt. Sie zog ihn beiseite. »Du kannst den Wagen heute Nacht nicht ausladen.«
»Wieso nicht? Sicher, der Nebel ist ziemlich dicht, aber wenn die Männer die Ponys aufgeladen haben, ist das Wetter ...«
»Nein, nein. Ihr dürft auch die Ponys nicht beladen. Ich meine es ernst, Gideon. Heute Abend ist es ungünstig. Du kannst den Wagen erst einmal in die Scheune schieben, und wir legen Decken und dergleichen darüber. Darryl wird oben auf der Ladung schlafen und sie bewachen.«
Ein zorniges Schnauben entwich seiner Kehle. »Ich würde Darryl Tewkes nicht mal meinen Alekrug bewachen lassen, während ich zum Pinkeln geh.« Sein Blick wurde ernst. »Dieses Mal ist es eine sehr wertvolle Fuhre, Meredith. Ich hab bereits zwei bewaffnete Männer draußen postiert. Es ist zu riskant, wenn die Waren nicht umgehend weitertransportiert werden.«
Umso schlimmer. Zwei Männer mit Waffen? Sie zögerte und warf heimlich einen Blick zum Tresen.
»Wie gewöhnlich«, fuhr er fort, »hab ich nicht bloß Madeira für dich dabei. Du weißt, ich zahle anständig für die Verwendung der Ponys von deinem Vater.«
»Ich weiß, ich weiß. Aber du begreifst das nicht.«
»Ich begreife sehr wohl, dass deine Augen fortwährend zu dem Gentleman am Tresen wandern. Ziemlich hässlicher Bursche, was? Woher kommt er?« Seine Miene verdunkelte sich. »Ist er dir zu nahe getreten?«
»Nein, nein. Er ist bloß ein Reisender.« Von einer plötzlichen Eingebung geleitet, setzte sie hinzu: »So sagt er jedenfalls. Wenn du mich fragst, hat die Verwaltung von Lydford ihn hergeschickt. Besser, du gibst ihm keinen Anlass für irgend- welches Misstrauen, nicht wahr? Warte bis morgen früh, bis er aufgebrochen ist.«
»Du weißt, dass ich diese Waren nicht bei Tageslicht transportieren kann. Und die Verwaltung von Lydford hab ich seit über einem Jahr in der Tasche.« Gideon schälte sich aus seiner Jacke und warf sie einem wartenden Mann zu. »Vielleicht ist es am besten, wenn ich mich ihm vorstelle. Setz seine Getränke auf meine Rechnung, ja?«
Meredith wollte protestieren, aber Gideon war schon auf halbem Wege durch den Schankraum geschlendert.
»Ich bin Gideon Myles«, tat er kund und warf seine Mütze auf den Tresen, wo sie neben Rhys' Ellbogen zu liegen kam.
Rhys blickte von seinem Ale auf. »Sollte ich diesen Namen kennen?«
»Ich wage zu behaupten, dass Sie das sollten. Aber Bescheidenheit war noch nie eine Tugend von mir.«
Missfällig seufzend stützte Rhys die Hände auf die Theke und erhob sich. Meredith gewahrte den Hauch eines Zögerns, der Gideons Gesicht beschattete. Gideon war ein Hüne, aber neben Rhys wirkte er wie ein Zwerg.
»Lassen Sie mich raten«, sagte Rhys und verschränkte die Arme vor seinem beeindruckenden Brustkorb. »Ihnen ist gewiss daran gelegen, mir Ihre verwunschene Höhle zu zeigen und mir eine Flasche von Ihrem Pixi-Spuk zu verkaufen.«
Unversehens schob sich Verwirrung auf Gideons Züge. »Ich weiß nicht, was zum Teufel Sie mir da unterstellen«, meinte er gedehnt, »aber ich hätte nicht übel Lust, Ihnen dafür eine Tracht Prügel zu verabreichen.«
Dieses Gespräch führte zu nichts, überlegte Meredith. Ihr blieb keine Wahl, als einzuschreiten.
»Verzeihen Sie, dass ich mich einmische«, sagte sie an Rhys gewandt. »Mr. Myles ist unser örtlicher ... Gemischtwarenhändler. « Sie ignorierte Gideons Miene, auf der sich verletzter Stolz malte. Er würde den Grund für ihre Schwindelei alsbald begreifen. »Gideon, das ist Rhys St. Maur. Der neue Lord Ashworth.«
In der Schankstube wurde es mit einem Mal still. Die Gespräche erstarben mitten im Satz. Der Name Ashworth hatte die gleiche Wirkung wie ein durch die Luft geschwungener Messingkandelaber. Er mutete gefährlich an. Eine Bedrohung.
»Ashworth«, wiederholte Gideon. Er starrte Rhys mit hasserfülltem Blick an.
Rhys verharrte reglos und sagte gleichmütig: »Ganz recht. Ich glaube, meinen Namen kennt man hier auch, Mr. Myles.«
Ein unheilvolles Raunen ging durch die Menge. Stuhlbeine kratzten über Bodenfliesen.
»Was tun Sie hier?«, fragte Gideon.
»Was mir beliebt. Ich bin Ihnen keinerlei Rechenschaft schuldig.«
Meredith war sich gewärtig, dass sie eingreifen sollte, und zwar eiligst. Eine Prügelei am Abend reichte ihr. Zu allem Überfluss hatte Gideon draußen zwei mit Pistolen bewaffnete Männer postiert und eine Ladung Schmuggelware. Um seine Pfründe zu schützen, würde er vor Gewaltanwendung zweifelsohne nicht zurückschrecken.
»Er bleibt lediglich diese eine Nacht hier«, rief sie den Umstehenden zu. »Ich wollte ihm gerade sein Zimmer zeigen. Mr. Myles, unser Geschäft hat bis morgen zu warten.«
Da hast du es, bedeutete sie Gideon mit Blicken. Begreifst du jetzt, weshalb du diesen Wagen heute Nacht unter gar keinen Umständen ausladen kannst?
Er hatte verstanden. Gleichwohl war er nicht erfreut über die neuerlichen Entwicklungen. Er stellte sich stur. »Darryl kann ihn nach oben begleiten.«
»Dies ist mein Gasthof. Und er ist mein Gast.« Sie wandte sich an Rhys. »Wenn Sie mir bitte folgen möchten, Mylord? «
Ohne seine Antwort abzuwarten, drehte sie sich um und strebte zur Hintertreppe, in der Hoffnung, dass er sich ihr anschließen würde. Er folgte ihr. Die alten ausgetretenen Holz- dielen stöhnten unter seinem Gewicht, und der Stiegenaufgang mutete mit einem Mal ungeheuer eng an. Zu eng.
»Es tut mir aufrichtig leid, wenn ich Ihnen Unannehmlichkeiten bereite«, sagte er.
»Das sind keine Unannehmlichkeiten für mich«, antwortete sie und verlangsamte ihre Schritte. »Aber verzeihen Sie mir meine Frage: Weswegen sind Sie hier?«
Sie vernahm sein Seufzen. »Darf ich offen zu Ihnen sein, Mrs. Maddox?« Ächz. »In Wahrheit habe ich mir selbige Frage auch schon gestellt.«
Und das mehr als einmal.
»Ihre Kammer ist gleich hier.« Nachdem sie ihn durch den Flur geleitet hatte, trat sie beiseite und hielt ihm einladend die Tür auf.
Er trat ein, blieb in der Mitte des Gastzimmers stehen und drehte sich langsam um seine eigene Achse, derweil er sich seine Unterkunft genauer anschaute. Meredith hielt unwillkürlich den Atem an. Gefiel ihm die Kammer etwa nicht? Sie hatte den Raum erst diese Woche frisch renoviert. Die Renovierungsmaßnahmen waren Teil ihrer Bemühungen, das Three Hounds in einen Gasthof von Format zu verwandeln. Ein geachteter Gasthof, wo gut betuchte Reisende gezielt Halt machten und übernachteten, und nicht bloß zwangsläufig einkehrten, weil an ihrer Kutsche ein Rad gebrochen war.
Meredith seufzte und glitt zum Kamin, um ein Feuer anzufachen. Ihr kamen wahrlich Zweifel, ob sie alles recht gemacht hatte. Noch am Nachmittag hatte sie inmitten dieser Kammer gestanden und war ungeheuer stolz auf die neuen, kunstvoll gerafften Vorhänge und auf den gewebten Bettüberwurf gewesen. Die Vase aus blauem Chinaporzellan auf dem Kaminsims gab dem Ganzen eine elegante Note, hatte sie gedacht.
Jetzt, da sie die kleine Schlafkammer aus Rhys' Sicht wahrnahm, bemerkte sie die nackten Holzbalken, die das Zimmer stützten, die geduckten Wände, den stickigen Torfkohlenrauch aus dem Kamin ... Es mutete alles hoffnungslos armselig und schäbig an. Sie vermochte sich lebhaft vorzustellen, wie das Zimmer auf einen adligen Gentleman wirkte. Warum sollte sie sich da etwas vormachen?
»Ich werde Darryl sogleich mit Ihrem Gepäck hochschicken. Soll ich ihm auftragen, dass er sich als Ihr persönlicher Diener zur Verfügung hält?«
»Nein«, sagte Rhys rasch. Sie meinte, ihn schaudern zu sehen. »Nicht nötig.«
»Die Waschkommode steht da in der Nische.« Bitte zerbrechen Sie mir nicht das neue Porzellan.
Er nickte.
»Wir servieren das Frühstück morgens unten im Schankraum. Und wenn Sie in der Zwischenzeit etwas benötigen sollten, melden Sie sich bitte.«
»Danke.« Er richtete den Blick zur Decke. »Die Kammer ist ziemlich ...«
»Zugig«, beendete sie seinen Satz. »Ich weiß. Tut mir außerordentlich leid. Ich werde Darryl heute Nacht zu Ihnen hochschicken, damit er noch ein paar Scheite Holzkohle aufs Feuer legt, und da in der Truhe liegt eine weitere Decke. Wenn es Ihnen zu heiß wird, brauchen Sie bloß das Fenster zu öffnen.« Sie stellte entsetzt fest, dass sie wie eine Närrin drauflosplapperte, aber ihr Mundwerk ließ sich anscheinend nicht zum Verstummen bringen. »Sie sind gewiss Besseres gewohnt als dieses bescheidene Gemach, trotzdem hoffe ich, dass Sie es ausreichend finden für Ihre ...«
Er schwenkte zu ihr herum und grinste.
Unversehens fehlten ihr die Worte.
»Ausreichend?« Er schüttelte den Kopf. »In der Armee habe ich die meiste Zeit auf harten Holzböden oder der nackten Erde genächtigt. Meine Unterkünfte in London waren kärglich und kalt.« Er schaute sich abermals in der Kammer um. »Ich kann Ihnen versichern, das hier ist für mich die schönste Schlafkammer seit Jahren. Ein einziger Luxus. Ich werde heute Nacht gewiss gut schlafen.«
Seine Worte brachten ihr Herz zum Schwingen. Gütiger Himmel. Sie durfte nicht für ihn schwärmen. Fürwahr, sie hatte schon als junges Mädchen für ihn geschwärmt, und sie durfte dieser Schwärmerei nicht erneut nachgeben. Er gedachte, morgen wieder aufzubrechen.
»In der Tat«, sagte er leichthin, unterdessen lief er zum Fenster und spähte hinaus. »Die Kammer gefällt mir so gut, dass ich Sie dafür küssen könnte.«
Oh weh. Also das war wahrlich keine Lösung, damit würde er ihre Schwärmerei höchstens befördern.
Sein Kopf schnellte herum, als wäre er selbst überrascht von seinen Worten. Natürlich war er das. Es war gewiss scherzhaft gemeint gewesen. Das letzte Mal, als er sie angeschaut hatte, war sie ein knochiges kleines Ding mit Sommersprossen gewesen.
Wie um seine Verwunderung zu unterstreichen, meinte er: »Es ist seltsam.«
Der Versuch zu lachen missglückte ihr. Er kam näher. Ihr Herzschlag beschleunigte sich in ihrer Brust, als die riesenhaften Stiefel ihn über die alten knarrenden Eichendielen zu ihr trugen. Bodendielen, die sie noch vor Kurzem mit Sand gescheuert hatte, mit bloßen Händen und auf den Knien. Ihre Schultern schmerzten noch davon.
Er blieb stehen, und seine tiefbraunen Augen senkten sich in ihre. »Ich glaube, ich würde Sie sehr gern küssen.« Er streckte eine Hand aus und pflückte eine vorwitzige Haarsträhne von ihrer Schulter, die er dann langsam zwischen Daumen und Zeigefinger drehte. »Was sagen Sie dazu, Merry Lane? Wie wäre es mit einem geziemenden Willkommensgruß für einen Heimatrückkehrer? «
Sie könnte mit einem Scherz darüber hinweggehen oder zurückweichen. Sie kannte sich damit aus, wie man derartigen Avancen Paroli bot. Unten in der Taverne musste sie sich dauernd der Zudringlichkeiten von männlichen Gästen erwehren. Für jeden der wenigen Männer, die sie seit dem Tod ihres Gemahls in ihr Bett geholt hatte, hatte sie Dutzenden einen Korb gegeben. Aber als junges Mädchen hatte sie von ebendiesem Mann geträumt, der sie mit einem lustvoll begehrlichen Glitzern in seinen Augen betrachtete und exakt jene Worte zu ihr gesagt hatte.
Ich glaube, ich würde Sie sehr gern küssen.
Das war einfach zu viel für sie. Innerlich aufgewühlt, platzte sie heraus: »Gibt es sonst noch etwas, was ich für Sie tun kann, Mylord?«
Angesichts ihres schroffen Tonfalls fasste er sich sogleich wieder. »Nein.« Als er hastig den Blick abwandte, gewahrte sie einen verletzten Ausdruck in seinen dunklen Augen. Er strich sich mit fahriger Hand über sein kurzes dunkles Haar. »Nein, verzeihen Sie. Das war ... unangemessen von mir. Es wird nicht wieder passieren.«
Meredith verharrte dort, wo sie stand, und verfolgte, wie er zum Fenster zurückkehrte.
Er drehte sich nicht um, als er sagte: »Sie gehen jetzt besser, denke ich.«
Folglich glitt sie aus der Tür und zog sie hinter sich zu. Sie ließ leise schimpfend die Klinke los.
Verflixt und zugenäht. In ihrem ganzen bisherigen Leben war sie noch niemals so wütend auf sich selbst gewesen. Sie hatte soeben die Gelegenheit - die einzige Chance, die sie je hätte - ungenutzt verstreichen lassen, einen Kuss und vermutlich auch das Bett mit dem Mann zu teilen, den sie begehrte, seit sie dunkel begriffen hatte, was Begehren bedeutete. Und nicht nur das, mit ihrem Sträuben hatte sie bei ihm einen falschen Eindruck hinterlassen. Jetzt glaubte er, dass sie ihn zu unattraktiv fand, um ihn zu küssen, dabei verhielt es sich in Wahrheit völlig anders.
Gideon wartete gewiss unten im Schankraum auf sie. Sie musste sich noch die Wagenladung anschauen, die im Pferdestall untergestellt war. Ganz zu schweigen davon, dass sie die Gäste zu bewirten hatte, ohne dass weiteres Mobiliar dabei zu Schaden käme.
Und Rhys wollte morgen wieder abreisen. Sie würde nie wieder so eine Chance bekommen. Sie arbeitete schier bis zum Umfallen in diesem Gasthof. Jeden Tag, alle Tage. Hatte sie sich da nicht eine Nacht verdient, eine einzige Nacht, die ganz allein ihr gehörte?
Sie klopfte entschlossen an die Tür.
Als er aufmachte, sagte sie eilig und bevor sie den Schneid verlor: »Sie können ... Sie können mich gern küssen. Ich habe nichts dagegen einzuwenden.«
»Wirklich nicht?«
»Nein.«
Er umschloss mit einer Hand ihr Kinn und zog ihr Gesicht an seins. Erst da bemerkte sie, dass sie ihr beherztes Angebot an seinen Jackenknopf gerichtet hatte.
Sein Daumen streichelte zärtlich ihre Wange, und sie schloss die Augen. Er hörte nicht auf, glitt mit seinem Daumen unablässig von ihrem Wangenknochen zu ihrem Kinn. Diese sanfte Berührung seiner Finger auf ihrer Haut genügte, um ihren ganzen Körper erschaudern zu lassen.
Sie war nicht imstande, ihre Neugier noch einen Moment länger zu bezähmen, und klappte die Lider auf.
Er machte keinerlei Anstalten, sie zu küssen.
»Danke für Ihr Angebot.« Er streifte mit einer Fingerspitze ihren Mundwinkel, dann ließ er sie los. »Gute Nacht, Mrs. Maddox.«
Bevor sie ihm dasselbe wünschen konnte, schloss er die Tür.
Copyright © 2014 für die deutsche Ausgabe by Blanvalet Verlag, in der Verlagsgruppe Random House, München.
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Autoren-Porträt von Tessa Dare
Tessa Dare ist halbtags Buchhändlerin und ganztags Mutter. Wenn sie sich nicht um ihre Kinder oder ihre Bücher kümmert, schreibt sie Romane. Als Kind ist sie ständig umgezogen und hat schnell gelernt: Egal wie oft sie den Wohnort wechselt, eine bestimmte Sorte von Freunden bleibt ihr immer: die Helden aus den Romanen, die sie gelesen hat. Aus diesem Grund entschied sie eines Tages, sich selbst ihre eigenen Freunde zu schaffen und Romane zu schreiben. Sie lebt zur Zeit mit ihrem Mann, ihren zwei Kindern und ihrem Hund in Kalifornien.
Bibliographische Angaben
- Autor: Tessa Dare
- 2013, 480 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Darius, Beate
- Übersetzer: Beate Darius
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442380936
- ISBN-13: 9783442380930
- Erscheinungsdatum: 16.12.2013
Rezension zu „Zwei sündige Herzen “
"'Zwei sündige Herzen' bietet perfekte Historical-Unterhaltung abseits des glänzenden London und schleicht sich so in das Herz des Lesers." Love Letter Magazin
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