Bericht über einen Dieb (PDF)
Eine bedrückende Kindheitsgeschichte über Schuld und die Unfähigkeit zur Vergebung.
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Eine bedrückende Kindheitsgeschichte über Schuld und die Unfähigkeit zur Vergebung.
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Bericht über einen Dieb(S. 5) Am 18. März 1945 wurde der Dieb, laut Anklage ein Dieb von »unbegreiflicher Geschicklichkeit, unheimlichem Scharfblick und verbrecherischem Instinkt«, wir dürfen also annehmen einer der schlimmsten Diebe des südlichen Schwarzwaldes, aus dem dunklen Hause fortgebracht.
Es war frühmorgens, vor einem jener Tage, in denen der Winter nicht in den Frühling übergeht, den es hier nicht gibt und dessen Ausbleiben der an sich sanften Landschaft die etwas pathetische Bezeichnung »Hochschwarzwald« rechtfertigen mag. Der zusammengesunkene Schnee war verharscht, der Morgenwind drang durch die Trainingshose des Diebes.
Er wurde von seinen Führern, die vorher auch seine Ankläger, Richter und Strafvollzugsorgane gewesen waren, seinen Eltern, mehr begleitet als bewacht wohin sollte er auch fliehen , gewissermaßen also in Schutzhaft genommen, um von seinem Elternhause in ein Heim gebracht zu werden, worin für seine Bewacher und Erzieher die einzige Aussicht auf wenn nicht Besserung, so doch das ebenso wertvolle Rechtsgut des Schutzes der Gesellschaft vor seinen Diebes- und, wir fügen es gleich hinzu, Brandstiftertaten lag.
Es war eine Zeit, in der viele Kinder unterwegs waren, aus den Lagern des Ostens nach Groß-Rosen etwa, das drei Tage später, also am 21. März, ebenfalls geräumt werden mußte, wobei Kinder ebenso auf der Strecke blieben wie bei den großen Trecks nach Westen oder in den Behelfskrankenhäusern von Dresden einen ebenfalls siebenjährigen Überlebenden des Angriffs vom 14. Februar werden wir kennenlernen , eine Zeit, in der Deutschland auch ein frostiges Archipel umhergetriebener Kinder war, verloren in den zerbombten Bahnhöfen, später wiedergefunden in den Karteikästen des Suchdienstes des Deutschen Roten Kreuzes.
Verglichen mit solchen Schicksalen war der Weg dieses Diebes leicht, von Falkau aus Richtung Saig zum Rotkreuz und von da hinab durch den Wald auf die damals kaum befahrene Straße nach Titisee, zum
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Bahnhof, ein Fußweg, notwendig wegen der kriegsbedingten Einschränkung des Verkehrs auf der Linie TitiseeSeebrugg Räder müssen rollen für den Sieg , beschwerlich allerdings wegen des harten Schnees, besonders für den bewachenden und führenden Vater, der den Koffer trägt (ein unhandliches Gepäckstück für eine Schwarzwaldwanderung), weniger für den Dieb selbst, der einen Rucksack geschultert hat, vor dem Abmarsch übrigens erfolgreich (ein Schlüsselbund) kontrolliert auf in letzter Minute angeeignetes Diebesgut.
Am Bahnhof Titisee hat man auf den Zug zu warten, der nicht weit herkommt: aus Hinterzarten, dem Nachbarort nur, denn die Deutschen hatten, um den Franzosen die Eroberung des Hochschwarzwaldes zu erschweren, die Ravennabrücke bei Höllsteig gesprengt, eine Tat, die zwar von halben Kindern, 17jährigen Pionieren, ausgeführt, aber von Erwachsenen geplant und befohlen worden war, denn nur Erwachsene können sich solchen Unfug ausdenken.
Der Zug kommt, Dieb und Bewacher steigen ein, sitzen schweigend im dunklen Abteil, der Dieb atmet den kalten Geruch billiger Zigarren, hier »Stumpen« genannt. Das Fenster ist aus Sperrholz, in das eine kreisrunde Glasscheibe eingelassen ist, kaum größer als ein Bierdeckel. Der Dieb vergißt über dem Stampfen der Lokomotive und dem Zischen des Dampfes, der endlich in die Heizungsröhren fährt, für einen Moment die Schwere seiner Last, gleichzeitig ein schlimmer Dieb und ein völlig Unschuldiger zu sein in diesem Zwiespalt besteht seine Last, was wir später erklären werden, soweit das, was sich Erwachsene in jener Zeit ausdachten, erklärbar ist , er vergißt sie so weit wenigstens, daß er ein Geldstück aus der Hosentasche zieht, es zwischen den Händen warm reibt und an die Scheibe preßt, so daß die Eisblumen wegschmelzen und er, durch einen Kreis im Kreis, in den düsteren Märzmorgen spähen kann.
Dies ist immerhin ein Erfolg für einen Moment, und ihm fährt die Angst erst wieder durch die Glieder, als sich der Zug in Bewegung setzt, Richtung Donaueschingen, dort umsteigen nach Norden, das Brigachtal aufwärts nach Peterzell, von dort nach Königsfeld, es ist kaum eine Stunde zu Fuß, in Dr. August Heislers »Kinderweide«.
Am Bahnhof Titisee hat man auf den Zug zu warten, der nicht weit herkommt: aus Hinterzarten, dem Nachbarort nur, denn die Deutschen hatten, um den Franzosen die Eroberung des Hochschwarzwaldes zu erschweren, die Ravennabrücke bei Höllsteig gesprengt, eine Tat, die zwar von halben Kindern, 17jährigen Pionieren, ausgeführt, aber von Erwachsenen geplant und befohlen worden war, denn nur Erwachsene können sich solchen Unfug ausdenken.
Der Zug kommt, Dieb und Bewacher steigen ein, sitzen schweigend im dunklen Abteil, der Dieb atmet den kalten Geruch billiger Zigarren, hier »Stumpen« genannt. Das Fenster ist aus Sperrholz, in das eine kreisrunde Glasscheibe eingelassen ist, kaum größer als ein Bierdeckel. Der Dieb vergißt über dem Stampfen der Lokomotive und dem Zischen des Dampfes, der endlich in die Heizungsröhren fährt, für einen Moment die Schwere seiner Last, gleichzeitig ein schlimmer Dieb und ein völlig Unschuldiger zu sein in diesem Zwiespalt besteht seine Last, was wir später erklären werden, soweit das, was sich Erwachsene in jener Zeit ausdachten, erklärbar ist , er vergißt sie so weit wenigstens, daß er ein Geldstück aus der Hosentasche zieht, es zwischen den Händen warm reibt und an die Scheibe preßt, so daß die Eisblumen wegschmelzen und er, durch einen Kreis im Kreis, in den düsteren Märzmorgen spähen kann.
Dies ist immerhin ein Erfolg für einen Moment, und ihm fährt die Angst erst wieder durch die Glieder, als sich der Zug in Bewegung setzt, Richtung Donaueschingen, dort umsteigen nach Norden, das Brigachtal aufwärts nach Peterzell, von dort nach Königsfeld, es ist kaum eine Stunde zu Fuß, in Dr. August Heislers »Kinderweide«.
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Bibliographische Angaben
- Autor: Christian Heimpel
- 2010, 49 Seiten, Deutsch
- Verlag: Wallstein Verlag
- ISBN-10: 383530691X
- ISBN-13: 9783835306912
- Erscheinungsdatum: 01.01.2010
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