Gebrochene Wissenschaftskulturen (PDF)
Universität und Politik im 20. Jahrhundert
Dieser Band regt eine kritische Universitätsgeschichte des 20. Jahrhunderts an, indem er die Wechselbeziehung von politischen Systembrüchen und Wissenschaftsentwicklungen untersucht, deutsche Tendenzen mit internationalen Trends vergleicht und die...
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Produktinformationen zu „Gebrochene Wissenschaftskulturen (PDF)“
Dieser Band regt eine kritische Universitätsgeschichte des 20. Jahrhunderts an, indem er die Wechselbeziehung von politischen Systembrüchen und Wissenschaftsentwicklungen untersucht, deutsche Tendenzen mit internationalen Trends vergleicht und die gegenwärtige Reformdebatte in eine Langzeitperspektive einbettet. Er geht vom vermeintlichen Verlust der Weltgeltung deutscher Wissenschaft in der Weimarer Republik aus, analysiert die Selbstmobilisierung der Forschung im Dritten Reich und kontrastiert abschließend die Modernisierungsprobleme der DDR und der Bundesrepublik.
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Doppelter Umbruch (S. 303-304)Konrad H. Jarausch
Die Transformation ostdeutscher Hochschulen und die gesamtdeutsche Hochschulreform
Über den jüngsten Abschnitt der Universitäts- und Wissenschaftsentwicklung, der bis an die Gegenwart heranreicht, gehen öffentliche Kommentarewie wissenschaftliche Bewertungen weit auseinander, weil das endgültige Resultat vieler Veränderungen noch nicht abzusehen ist. Auch spielen internationale Einflüsse, teils als äußere Vorbilder, teils als EU-Interventionen, eine immer größere Rolle, deren Stoßrichtung wie Folgen jedoch umstritten bleiben. Im Mittelpunkt der letzten Entwicklungen steht ein doppelter Umbruch – die Umgestaltung des ostdeutschen Hochschulsystems im Zuge der Vereinigung und die vom Bologna-Prozess ausgelösten Reformversuche in Gesamtdeutschland.
Die Beurteilung dieser Entwicklungen wird durch einen zwiefachen Opferdiskurs kompliziert, der einerseits die Verdrängung der ostdeutschen Sozial- und Geisteswissenschaftler beklagt, andererseits eine besondere Bedrohung dieser Bereiche im vereinigten Deutschland durch Verschulung, Ökonomisierung und Evaluierung konstatiert. Gerade wegen ihrer Emotionalität und Popularität sollten solche Klagen durch eine distanziertere historische Verlaufsanalyse überprüft werden.
1. Obwohl die Umwandlung der ostdeutschen Wissenschaftslandschaft im Zuge der Vereinigung inzwischen abgeschlossen ist, steht die empirische Erforschung der Entscheidungen erst in den Anfängen. Der Versuch der Selbstreform durch eine systemkritische Minderheit von innen wurde im Herbst 1990 durch den Beitritt der neuen Bundesländer überholt, so dass aufgrund der politischen Rahmenbedingungen nur noch eine strukturelle Einpassung der DDR-Forschung in das westdeutsche Wissenschaftssystem möglich blieb.
Dabei fanden
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widersprüchliche Entwicklungen statt: Zwar wurden im Sinne sozialer Befriedung ostdeutsche Bildungsabschlüsse generell anerkannt, aber die Akademie derWissenschaften mit 59 Instituten und etwa 22.000 Wissenschaftlern wurde abgewickelt und einzelne Bestandteile in die dezentrale außeruniversitäre Forschungsstruktur der Bundesrepublik überführt. Obwohl fast alle Hochschulen weiterexistierten und sogar einige Neugründungen wie in Frankfurt/Oder und Erfurt stattfanden, wurden Formen und Inhalte der Universitäten in Ostdeutschland an das traditionelle westdeutsche Muster von Staatsaufsicht und Autonomie angeglichen.
Kein Wunder, dass eine so massive Umstrukturierung je nach persönlichen Erfahrungen entweder als überfällige Befreiung oder als Überwältigung von außen empfunden wurde, da die drastischen Veränderungen Chancen wie Bedrohungen mit sich brachten. Auch führte die Wiederherstellung des Kulturföderalismus zu unterschiedlichen Entscheidungen in den neuen Bundesländern. Obwohl die meisten naturwissenschaftlich-technischen Akademieinstitute mit reduziertem Personal in neuer Trägerschaft überlebten (MPG, Fraunhofer, Helmholtz, WGL), wurden sechs sozial- und geisteswissenschaftliche Institute wegen ihrer Inkompatibilität mit westlichen Strukturen aufgelöst und ihre Mitarbeiter entlassen. Auch scheiterte die Eingliederung von positiv evaluierten Wissenschaftlern in die Universitäten an fehlenden Mitteln.
In den Hochschulen wurde das Personal auf Stasimitarbeit, wissenschaftliche Qualität und Passfähigkeit für neue Curricula überprüft, wodurch weitere Forscher aussortiert wurden. Jedoch wurde die Ausstattung mit Geräten und Büchern erheblich verbessert und Anschluss an den internationalen Forschungsstand gewonnen. Die Umstellung wurde dadurch erschwert, dass sie im laufenden Betrieb stattfand, da die Studenten ein Recht auf kontinuierliche Lehre hatten.
Kein Wunder, dass eine so massive Umstrukturierung je nach persönlichen Erfahrungen entweder als überfällige Befreiung oder als Überwältigung von außen empfunden wurde, da die drastischen Veränderungen Chancen wie Bedrohungen mit sich brachten. Auch führte die Wiederherstellung des Kulturföderalismus zu unterschiedlichen Entscheidungen in den neuen Bundesländern. Obwohl die meisten naturwissenschaftlich-technischen Akademieinstitute mit reduziertem Personal in neuer Trägerschaft überlebten (MPG, Fraunhofer, Helmholtz, WGL), wurden sechs sozial- und geisteswissenschaftliche Institute wegen ihrer Inkompatibilität mit westlichen Strukturen aufgelöst und ihre Mitarbeiter entlassen. Auch scheiterte die Eingliederung von positiv evaluierten Wissenschaftlern in die Universitäten an fehlenden Mitteln.
In den Hochschulen wurde das Personal auf Stasimitarbeit, wissenschaftliche Qualität und Passfähigkeit für neue Curricula überprüft, wodurch weitere Forscher aussortiert wurden. Jedoch wurde die Ausstattung mit Geräten und Büchern erheblich verbessert und Anschluss an den internationalen Forschungsstand gewonnen. Die Umstellung wurde dadurch erschwert, dass sie im laufenden Betrieb stattfand, da die Studenten ein Recht auf kontinuierliche Lehre hatten.
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Autoren-Porträt von Michael Grüttner, Rüdiger Hachtmann, Konrad H. Jarausch
Dr. Michael Grüttner ist apl. Professor für Neuere Geschichte an der Technischen Universität Berlin.
Bibliographische Angaben
- Autoren: Michael Grüttner , Rüdiger Hachtmann , Konrad H. Jarausch
- 2010, 1. Auflage, 384 Seiten, Deutsch
- Herausgegeben: Michael Grüttner, Rüdiger Hachtmann, Konrad H. Jarausch, Jürgen John, Matthias Middell
- Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
- ISBN-10: 3647358991
- ISBN-13: 9783647358994
- Erscheinungsdatum: 16.06.2010
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- Dateiformat: PDF
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