Sommerfreundinnen / Ullstein eBooks (ePub)
Roman
Mehr als dreißig Jahre lang waren die vier beste Freundinnen. Dann stirbt Sonja ganz überraschend. Ein letztes Mal verblüfft sie ihre Freundinnen Susanne, Maggan und Rebecka: Mit dem Wunsch »Ich will, dass ihr glücklich werdet« schickt sie die drei auf eine...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Sommerfreundinnen / Ullstein eBooks (ePub)“
Mehr als dreißig Jahre lang waren die vier beste Freundinnen. Dann stirbt Sonja ganz überraschend. Ein letztes Mal verblüfft sie ihre Freundinnen Susanne, Maggan und Rebecka: Mit dem Wunsch »Ich will, dass ihr glücklich werdet« schickt sie die drei auf eine abenteuerliche Reise zu ihren ganz privaten Orten des Glücks. Zunächst zögern die drei. Sollen sie ihr bequemes Leben wirklich so einfach für einen mutigen Neuanfang hinter sich lassen? Doch Sonja hat nichts dem Zufall überlassen und zeigt den Freundinnen, wie viel das Leben an Freundschaft, Glück und Liebe noch zu bieten hat.
Lese-Probe zu „Sommerfreundinnen / Ullstein eBooks (ePub)“
Sommerfreundinnen von Åsa Hellberg1
Es war durchaus außergewöhnlich, dass eine tote Frau vor dem Eingang von Åhléns lag. Aber Sonja Gustavsson war schließlich auch zu Lebzeiten nie eine gewöhnliche Frau gewesen.
Sie hatte nicht geplant, mitten im Farsta Einkaufszentrum zu sterben, aber sie hätte nichts dagegen gehabt. Sonja hatte seit vielen Jahren mit der Aussicht auf den Tod gelebt. Ihr Arzt hatte ihr bereits 1983 ins Gewissen geredet, aber ein Leben ohne gutes Essen, Zigaretten und Alkohol wäre für sie einem langsamen Tod gleichgekommen. Und viel schlimmer gewesen, als mitten in einem Shoppingcenter einen massiven Herzinfarkt zu erleiden.
Bevor sie nun mit vierundfünfzig Jahren ihren letzten Seufzer ausstieß, konnte sie gerade noch denken, wie gut es doch war, dass sie ihr Testament vor kurzem ein letztes Mal geändert hatte.
Die neue Fassung war einfach so viel amüsanter.
2
... mehr
Auf dem Weg zum Flughafen Arlanda betrachtete Susanne ihre Fingernägel und stellte fest, dass die rote Farbe trotz mehrerer Lackschichten an einer Ecke abgeblättert war. Verdammt. Sie hatte keine Zeit, sie jetzt noch einmal neu zu lackieren. Im Bus war das ohnehin keine gute Idee. Sie würde sowieso rennen müssen, sie war schon spät dran gewesen, als sie um halb sieben in den Bus gestiegen war. In einer Stunde hatte die ganze Besatzung bereitzustehen, und sie musste sich ranhalten, wenn sie rechtzeitig kommen wollte.
Lieber Gott, bitte mach, dass er heute nicht dabei ist, dachte sie, als der Bus auf der E4 Richtung Flughafen raste. Sie lächelte. Wie oft hatte sie hier gesessen und sich genau das Gegenteil gewünscht? Gehofft, dass Anders da sein würde, dass er aus der Bereitschaft zum Dienst gerufen worden war, wenn er keinen regulären Flug hatte.
Obwohl sie ihr Verhältnis schon vor über drei Monaten beendet hatte, hätte sie Flüge mit ihm nach wie vor lieber vermieden. Sie wusste, wie anfällig sie für sein aggressives Werben war, wenn sie auf dem Weg irgendwohin waren, wo sie auch übernachteten. Laut Plan würde sie heute nach Oslo fliegen, und deshalb war es besonders wichtig, dass Kapitän Anders Schultz sich weit weg von ihrem Hotelzimmer befand.
Aber Gott erhört unsere Gebete nicht immer. Anders' dunkle Stimme war bereits von draußen zu hören, und Susanne schaffte es gerade noch rechtzeitig, ihr professionelles Gesicht aufzusetzen, auch wenn ihr Magen revoltierte. Sie dankte dem Himmel, dass er sie wenigstens vorgewarnt hatte, öffnete die Tür und ging hinein.
»Hallo zusammen, schön, euch zu sehen. Wie geht's?«, fragte sie in den Raum hinein, während die erste Kollegin schon aufsprang und ihr entgegenstürmte.
»Susanne, wie wunderbar, wir haben uns ja ewig nicht gesehen. Zuletzt beim Zwischenstopp in Helsinki, oder? Das ist Monate her. Wie geht's dir? Warst du im Urlaub? Du bist so braun gebrannt und gut erholt, wie machst du das nur? Ich kriege so frühmorgens kaum die Augen auf!« Ihre Kollegin erwartete keine Antwort auf das Geplapper, und während Susanne tat, als höre sie zu, behielt sie aus dem Augenwinkel Anders im Blick. Er wirkte zufrieden. Schwer zu sagen, ob das an seiner selbstgefälligen Art lag oder daran, dass sie den Raum betreten hatte. Sicher seine Selbstgefälligkeit, entschied Susanne. Wenigstens war ihr sofort wieder klar, weshalb eine Beziehung mit ihm völlig unmöglich war. Ach ja, und außerdem ist er verheiratet, fügte sie in Gedanken hinzu, als wäre das nur ein unwesentliches Detail. Aber so war es nicht. Im Gegenteil, es spielte eine ganz entscheidende Rolle. Selbstverständlich war seine Ehe furchtbar, das hatte er so oft wiederholt, dass Susanne sich fragte, ob er vielleicht einen kleineren Hirnschaden hatte. Denn nach ihrer Vorstellung beendete man eine Ehe, wenn darin weder Liebe noch Sex vorkamen. Aber für Anders gab es Hunderte von Gründen, um bei seiner Frau zu bleiben. Haus, Autos, Kinder, Schwiegereltern, um all das tat es ihm leid. Ganz sicher würde er seine Frau verlassen, nur noch nicht jetzt. Er sagte, ohne Susanne könne er nicht leben, aber sie glaubte ihm nicht eine Sekunde lang.
»Susanne, wie schön, dich zu sehen! Wie geht's dir?«, fragte der Pilot mit einem Augenzwinkern, als er sie auf dem Weg zum Flugzeug einholte.
»Danke, gut. Und dir? Wie läuft's mit deiner Familie? Hattet ihr einen schönen Urlaub?«, sagte sie und schnitt dabei eine Grimasse, die ein Lächeln darstellen sollte.
»Aber sicher. Alles wie immer. Wir haben viel mit den Kindern unternommen, du weißt schon. Ich erzähl dir später gern mehr, wir haben ja einen gemeinsamen Abend in Oslo vor uns. Bei dem schönen Wetter könnten wir doch zusammen ein Glas Wein in Akers Brygge trinken ... Ich hab dich vermisst, Susanne«, flüsterte er und legte seine Hand auf ihren Arm.
Sie erschauderte. »Nein, mit einem Glas Wein in Akers Brygge wird das nichts, und ehrlich gesagt, ich habe dich überhaupt nicht vermisst«, sagte sie, während sie seine Hand abschüttelte.
Das war gelogen. Sie vermisste den Sex mit ihm. Das war aber auch schon alles. Sie würde sich unter keinen Umständen noch einmal mit ihm einlassen, auch wenn ihr Körper gerade etwas anderes wollte. Es wird wirklich Zeit für die Wechseljahre, dachte sie, als sie den Rest des Weges über die Gangway zurücklegte. Die sexuelle Unlust, von der ihre älteren Freundinnen erzählt hatten, erschien ihr plötzlich äußerst verlockend.
Als das Kommando »Cabin Crew, Cross-check« ertönte, tat Susanne wie geheißen. Sie war den ganzen Tag über ständig auf Trab gewesen und sehnte sich nach ihrem Hotelzimmer. Weil sie ganz hinten in der Kabine arbeitete, hatte sie glücklicherweise kaum Kontakt mit dem Cockpit. Ihr reichte es schon, wie ihr Körper reagierte, sobald sie seine Stimme hörte. Manche Piloten machten gerne Durchsagen, und Anders war einer von ihnen. Susanne versuchte, abzuschalten und sich ganz auf die Fluggäste und ihre Bedürfnisse nach Wasser, Kaffee, Tee oder Wein zu konzentrieren. Wenn der letzte Flug für heute vorbei war, würde mit Sicherheit eine neue Einladung von ihm kommen. Da war es besser, so lange wie möglich an anderes zu denken.
Susanne hatte Beziehungen, die nirgendwohin führten, gründlich satt. Sie hatte ihr ganzes Leben darauf verschwendet. Ihr war klar, dass es ihre eigene Entscheidung war, immer wieder solche sinnlosen Verbindungen einzugehen. Das Beste an dieser Einsicht war, dass sie jetzt damit aufhören konnte. Vermutlich sehnte sie sich insgeheim nach Liebe, aber Susanne musste sich eingestehen, dass sie ihr bisher nicht einmal nahegekommen war. Ihre zwei längeren Beziehungen waren am Ende gescheitert und hatten ihr nicht gerade Lust auf mehr gemacht, und der Gedanke, ihr Leben mit Anders zu teilen, war geradezu unangenehm.
Susanne schaffte es, Anders' Annäherungsversuche auf dem Weg zum Hotel abzuschmettern, und als sie in ihrem Zimmer angekommen war, konnte sie sich endlich entspannen. Sie hängte ihre marineblaue Uniform auf, holte eine frisch gebügelte Bluse aus ihrem Gepäck und hängte sie im Badezimmer über einen Bügel. Der Wasserdampf aus der Dusche würde sie wieder ganz glatt werden lassen. Sie schlüpfte aus ihrer Strumpfhose und der Seidenunterwäsche, warf sie in ihre kleine Reisetasche und streckte sich nackt auf dem Bett aus. Wenn sie sich ein Omelett und einen Saft aufs Zimmer bestellte, musste sie es heute gar nicht mehr verlassen. Sorgen, dass ihr bis zum Frühstück am nächsten Morgen langweilig werden könnte, machte sie sich nicht. Etwas zu essen, eine Dusche und der Fernseher reichten ihr voll und ganz. Und um das prickelnde Gefühl, das sich nach der Begegnung mit Anders in ihrem Unterleib ausgebreitet hatte, konnte sie sich auch selber kümmern.
Als es eine Stunde später diskret an der Tür klopfte, war sie völlig mit sich selbst beschäftigt, und in dem Moment, als es noch einmal klopfte, kam sie, und der Orgasmus, so wohlbekannt wie intensiv, wallte in Schüben durch ihren Körper.
Gott sei Dank, das war perfektes Timing, dachte sie, als klar war, dass Anders aufgegeben hatte. Gott sei Dank.
3
Noch fünf Jahre, nur noch fünf Jahre, sagte sich Rebecka, als sie vor der Firma parkte. Sie rechnete nicht damit, dass man ihr anbieten würde, mit fünfundfünfzig in Rente zu gehen, war sich aber ziemlich sicher, dass man sie nicht länger würde behalten wollen, wenn sie die sechzig überschritten hatte. Was sie dann mit all der freien Zeit anfangen sollte, wusste sie zwar noch nicht, aber das war auch nicht so wichtig. Sie wollte einfach nur diesen ganzen Stress loswerden.
Ihrer kühlen Erscheinung war nicht anzumerken, was in ihrem Inneren vor sich ging. Ganz im Gegenteil, sie wirkte wie immer unglaublich ruhig und konzentriert. Ihr schulterlanges dunkles Haar war sorgfältig gefärbt, um die grauen Strähnen zu verdecken, und im Nacken zu einem Knoten zusammengesteckt. Ihre Kleidung - Blazer und dazu ein knielanger Rock - war tadellos, fast langweilig.
»Hallo«, grüßte Rebecka, als sie durch die Schwingtür trat und an der Empfangsdame vorbeiging, die ihr mit einem Winken bedeutete, dass sie ans Telefon gehen musste. Statt also kurz mit ihr zu plaudern, holte Rebecka tief Luft, sagte sich, eine positive Einstellung sei alles, und nahm den Aufzug in den zweiten Stock, wo die Geschäftsführung saß.
»Rebecka, gut, dass du kommst. Ich muss unbedingt etwas mit dir besprechen.« Lena, ihre Assistentin, war rot im Gesicht und trat nervös von einem Bein aufs andere.
»Gib mir fünf Minuten, ich brauche erst mal eine Tasse Kaffee«, antwortete Rebecka, während sie ihren Blazer aufhängte.
Sie hatte die Pausenecke noch ganz für sich - einer der vielen guten Gründe, früh zur Arbeit zu kommen. Während die Kaffeemaschine gurgelte, überlegte Rebecka, ob sie sich ein Stück Gebäck nehmen sollte, entschied sich aber dagegen. Sie musste noch weitere fünf Jahre lang in ihre Kleider passen. Danach konnte sie anfangen zu essen.
»Es geht nicht, ich kann den Quartalsbericht nicht schreiben, wenn ich die Unterlagen nicht bekomme, die ich dafür brauche.« So begann Lenas erstes Klagelied des Tages. Es würden weitere folgen, und Rebecka hörte nur mit halbem Ohr zu. Sobald irgendetwas in diesem Sermon tatsächlich ihre Aufmerksamkeit erforderte, merkte sie es schon. Stattdessen dachte sie an das Treffen mit dem Management, das heute anstand. Sie wusste, dass der kaufmännische Geschäftsführer ihren Vorschlag unterstützen würde, weil er verstand, was sie damit bezweckte. Die Marketingchefin, eine richtige alte Xanthippe, würde sich wahrscheinlich querstellen, aber das war nichts Neues, auf ihre Reaktion war Rebecka vorbereitet. Der Personalleiter und der Einkaufschef würden wie immer schweigend dasitzen - sie waren ohnehin nur aus formalen Gründen überhaupt im Management vertreten. Der Fabrikeigentümer war dagegen jemand, den Rebecka nie einschätzen konnte, und der neue Verkaufschef würde sich vermutlich zurückhalten, wofür Rebecka gerade heute dankbar war.
Copyright © List Verlag
Auf dem Weg zum Flughafen Arlanda betrachtete Susanne ihre Fingernägel und stellte fest, dass die rote Farbe trotz mehrerer Lackschichten an einer Ecke abgeblättert war. Verdammt. Sie hatte keine Zeit, sie jetzt noch einmal neu zu lackieren. Im Bus war das ohnehin keine gute Idee. Sie würde sowieso rennen müssen, sie war schon spät dran gewesen, als sie um halb sieben in den Bus gestiegen war. In einer Stunde hatte die ganze Besatzung bereitzustehen, und sie musste sich ranhalten, wenn sie rechtzeitig kommen wollte.
Lieber Gott, bitte mach, dass er heute nicht dabei ist, dachte sie, als der Bus auf der E4 Richtung Flughafen raste. Sie lächelte. Wie oft hatte sie hier gesessen und sich genau das Gegenteil gewünscht? Gehofft, dass Anders da sein würde, dass er aus der Bereitschaft zum Dienst gerufen worden war, wenn er keinen regulären Flug hatte.
Obwohl sie ihr Verhältnis schon vor über drei Monaten beendet hatte, hätte sie Flüge mit ihm nach wie vor lieber vermieden. Sie wusste, wie anfällig sie für sein aggressives Werben war, wenn sie auf dem Weg irgendwohin waren, wo sie auch übernachteten. Laut Plan würde sie heute nach Oslo fliegen, und deshalb war es besonders wichtig, dass Kapitän Anders Schultz sich weit weg von ihrem Hotelzimmer befand.
Aber Gott erhört unsere Gebete nicht immer. Anders' dunkle Stimme war bereits von draußen zu hören, und Susanne schaffte es gerade noch rechtzeitig, ihr professionelles Gesicht aufzusetzen, auch wenn ihr Magen revoltierte. Sie dankte dem Himmel, dass er sie wenigstens vorgewarnt hatte, öffnete die Tür und ging hinein.
»Hallo zusammen, schön, euch zu sehen. Wie geht's?«, fragte sie in den Raum hinein, während die erste Kollegin schon aufsprang und ihr entgegenstürmte.
»Susanne, wie wunderbar, wir haben uns ja ewig nicht gesehen. Zuletzt beim Zwischenstopp in Helsinki, oder? Das ist Monate her. Wie geht's dir? Warst du im Urlaub? Du bist so braun gebrannt und gut erholt, wie machst du das nur? Ich kriege so frühmorgens kaum die Augen auf!« Ihre Kollegin erwartete keine Antwort auf das Geplapper, und während Susanne tat, als höre sie zu, behielt sie aus dem Augenwinkel Anders im Blick. Er wirkte zufrieden. Schwer zu sagen, ob das an seiner selbstgefälligen Art lag oder daran, dass sie den Raum betreten hatte. Sicher seine Selbstgefälligkeit, entschied Susanne. Wenigstens war ihr sofort wieder klar, weshalb eine Beziehung mit ihm völlig unmöglich war. Ach ja, und außerdem ist er verheiratet, fügte sie in Gedanken hinzu, als wäre das nur ein unwesentliches Detail. Aber so war es nicht. Im Gegenteil, es spielte eine ganz entscheidende Rolle. Selbstverständlich war seine Ehe furchtbar, das hatte er so oft wiederholt, dass Susanne sich fragte, ob er vielleicht einen kleineren Hirnschaden hatte. Denn nach ihrer Vorstellung beendete man eine Ehe, wenn darin weder Liebe noch Sex vorkamen. Aber für Anders gab es Hunderte von Gründen, um bei seiner Frau zu bleiben. Haus, Autos, Kinder, Schwiegereltern, um all das tat es ihm leid. Ganz sicher würde er seine Frau verlassen, nur noch nicht jetzt. Er sagte, ohne Susanne könne er nicht leben, aber sie glaubte ihm nicht eine Sekunde lang.
»Susanne, wie schön, dich zu sehen! Wie geht's dir?«, fragte der Pilot mit einem Augenzwinkern, als er sie auf dem Weg zum Flugzeug einholte.
»Danke, gut. Und dir? Wie läuft's mit deiner Familie? Hattet ihr einen schönen Urlaub?«, sagte sie und schnitt dabei eine Grimasse, die ein Lächeln darstellen sollte.
»Aber sicher. Alles wie immer. Wir haben viel mit den Kindern unternommen, du weißt schon. Ich erzähl dir später gern mehr, wir haben ja einen gemeinsamen Abend in Oslo vor uns. Bei dem schönen Wetter könnten wir doch zusammen ein Glas Wein in Akers Brygge trinken ... Ich hab dich vermisst, Susanne«, flüsterte er und legte seine Hand auf ihren Arm.
Sie erschauderte. »Nein, mit einem Glas Wein in Akers Brygge wird das nichts, und ehrlich gesagt, ich habe dich überhaupt nicht vermisst«, sagte sie, während sie seine Hand abschüttelte.
Das war gelogen. Sie vermisste den Sex mit ihm. Das war aber auch schon alles. Sie würde sich unter keinen Umständen noch einmal mit ihm einlassen, auch wenn ihr Körper gerade etwas anderes wollte. Es wird wirklich Zeit für die Wechseljahre, dachte sie, als sie den Rest des Weges über die Gangway zurücklegte. Die sexuelle Unlust, von der ihre älteren Freundinnen erzählt hatten, erschien ihr plötzlich äußerst verlockend.
Als das Kommando »Cabin Crew, Cross-check« ertönte, tat Susanne wie geheißen. Sie war den ganzen Tag über ständig auf Trab gewesen und sehnte sich nach ihrem Hotelzimmer. Weil sie ganz hinten in der Kabine arbeitete, hatte sie glücklicherweise kaum Kontakt mit dem Cockpit. Ihr reichte es schon, wie ihr Körper reagierte, sobald sie seine Stimme hörte. Manche Piloten machten gerne Durchsagen, und Anders war einer von ihnen. Susanne versuchte, abzuschalten und sich ganz auf die Fluggäste und ihre Bedürfnisse nach Wasser, Kaffee, Tee oder Wein zu konzentrieren. Wenn der letzte Flug für heute vorbei war, würde mit Sicherheit eine neue Einladung von ihm kommen. Da war es besser, so lange wie möglich an anderes zu denken.
Susanne hatte Beziehungen, die nirgendwohin führten, gründlich satt. Sie hatte ihr ganzes Leben darauf verschwendet. Ihr war klar, dass es ihre eigene Entscheidung war, immer wieder solche sinnlosen Verbindungen einzugehen. Das Beste an dieser Einsicht war, dass sie jetzt damit aufhören konnte. Vermutlich sehnte sie sich insgeheim nach Liebe, aber Susanne musste sich eingestehen, dass sie ihr bisher nicht einmal nahegekommen war. Ihre zwei längeren Beziehungen waren am Ende gescheitert und hatten ihr nicht gerade Lust auf mehr gemacht, und der Gedanke, ihr Leben mit Anders zu teilen, war geradezu unangenehm.
Susanne schaffte es, Anders' Annäherungsversuche auf dem Weg zum Hotel abzuschmettern, und als sie in ihrem Zimmer angekommen war, konnte sie sich endlich entspannen. Sie hängte ihre marineblaue Uniform auf, holte eine frisch gebügelte Bluse aus ihrem Gepäck und hängte sie im Badezimmer über einen Bügel. Der Wasserdampf aus der Dusche würde sie wieder ganz glatt werden lassen. Sie schlüpfte aus ihrer Strumpfhose und der Seidenunterwäsche, warf sie in ihre kleine Reisetasche und streckte sich nackt auf dem Bett aus. Wenn sie sich ein Omelett und einen Saft aufs Zimmer bestellte, musste sie es heute gar nicht mehr verlassen. Sorgen, dass ihr bis zum Frühstück am nächsten Morgen langweilig werden könnte, machte sie sich nicht. Etwas zu essen, eine Dusche und der Fernseher reichten ihr voll und ganz. Und um das prickelnde Gefühl, das sich nach der Begegnung mit Anders in ihrem Unterleib ausgebreitet hatte, konnte sie sich auch selber kümmern.
Als es eine Stunde später diskret an der Tür klopfte, war sie völlig mit sich selbst beschäftigt, und in dem Moment, als es noch einmal klopfte, kam sie, und der Orgasmus, so wohlbekannt wie intensiv, wallte in Schüben durch ihren Körper.
Gott sei Dank, das war perfektes Timing, dachte sie, als klar war, dass Anders aufgegeben hatte. Gott sei Dank.
3
Noch fünf Jahre, nur noch fünf Jahre, sagte sich Rebecka, als sie vor der Firma parkte. Sie rechnete nicht damit, dass man ihr anbieten würde, mit fünfundfünfzig in Rente zu gehen, war sich aber ziemlich sicher, dass man sie nicht länger würde behalten wollen, wenn sie die sechzig überschritten hatte. Was sie dann mit all der freien Zeit anfangen sollte, wusste sie zwar noch nicht, aber das war auch nicht so wichtig. Sie wollte einfach nur diesen ganzen Stress loswerden.
Ihrer kühlen Erscheinung war nicht anzumerken, was in ihrem Inneren vor sich ging. Ganz im Gegenteil, sie wirkte wie immer unglaublich ruhig und konzentriert. Ihr schulterlanges dunkles Haar war sorgfältig gefärbt, um die grauen Strähnen zu verdecken, und im Nacken zu einem Knoten zusammengesteckt. Ihre Kleidung - Blazer und dazu ein knielanger Rock - war tadellos, fast langweilig.
»Hallo«, grüßte Rebecka, als sie durch die Schwingtür trat und an der Empfangsdame vorbeiging, die ihr mit einem Winken bedeutete, dass sie ans Telefon gehen musste. Statt also kurz mit ihr zu plaudern, holte Rebecka tief Luft, sagte sich, eine positive Einstellung sei alles, und nahm den Aufzug in den zweiten Stock, wo die Geschäftsführung saß.
»Rebecka, gut, dass du kommst. Ich muss unbedingt etwas mit dir besprechen.« Lena, ihre Assistentin, war rot im Gesicht und trat nervös von einem Bein aufs andere.
»Gib mir fünf Minuten, ich brauche erst mal eine Tasse Kaffee«, antwortete Rebecka, während sie ihren Blazer aufhängte.
Sie hatte die Pausenecke noch ganz für sich - einer der vielen guten Gründe, früh zur Arbeit zu kommen. Während die Kaffeemaschine gurgelte, überlegte Rebecka, ob sie sich ein Stück Gebäck nehmen sollte, entschied sich aber dagegen. Sie musste noch weitere fünf Jahre lang in ihre Kleider passen. Danach konnte sie anfangen zu essen.
»Es geht nicht, ich kann den Quartalsbericht nicht schreiben, wenn ich die Unterlagen nicht bekomme, die ich dafür brauche.« So begann Lenas erstes Klagelied des Tages. Es würden weitere folgen, und Rebecka hörte nur mit halbem Ohr zu. Sobald irgendetwas in diesem Sermon tatsächlich ihre Aufmerksamkeit erforderte, merkte sie es schon. Stattdessen dachte sie an das Treffen mit dem Management, das heute anstand. Sie wusste, dass der kaufmännische Geschäftsführer ihren Vorschlag unterstützen würde, weil er verstand, was sie damit bezweckte. Die Marketingchefin, eine richtige alte Xanthippe, würde sich wahrscheinlich querstellen, aber das war nichts Neues, auf ihre Reaktion war Rebecka vorbereitet. Der Personalleiter und der Einkaufschef würden wie immer schweigend dasitzen - sie waren ohnehin nur aus formalen Gründen überhaupt im Management vertreten. Der Fabrikeigentümer war dagegen jemand, den Rebecka nie einschätzen konnte, und der neue Verkaufschef würde sich vermutlich zurückhalten, wofür Rebecka gerade heute dankbar war.
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Autoren-Porträt von Åsa Hellberg
Åsa Hellberg ist Anfang fünfzig, lebt in Stockholm und arbeitet als Coach, wenn sie gerade nicht schreibt. Sommerfreundinnen ist ihr erster Roman und war in Schweden ein Überraschungserfolg.
Bibliographische Angaben
- Autor: Åsa Hellberg
- 2014, 1. Auflage, 350 Seiten, Deutsch
- Übersetzer: Sarah Houtermans
- Verlag: Ullstein Taschenbuchvlg.
- ISBN-10: 3843707162
- ISBN-13: 9783843707169
- Erscheinungsdatum: 09.05.2014
Abhängig von Bildschirmgröße und eingestellter Schriftgröße kann die Seitenzahl auf Ihrem Lesegerät variieren.
eBook Informationen
- Dateiformat: ePub
- Größe: 3.12 MB
- Ohne Kopierschutz
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