Mitten im kalten Winter (ePub)

Bei dem Buch „Mitten im kalten Winter“ handelt es sich im Wesentlichen um einen Politthriller. Dass Politik und das Gerangel um Spitzenposten ein schmutziges Geschäft sind, dürfte allgemein bekannt sein. Arvid Heubner gelingt es, die tiefen Abgründe der Menschheit klar darzustellen und lässt dabei nichts an Methoden und Spielarten der Machtergreifung aus. Von einfachen Lügen und üblen Unterstellungen über Erpressungen und Bestechungen bis hin zum zweckgerichteten Sex, bei dem einem schon beim bloßen Lesen schlecht werden kann, ist alles dabei.
Kern des Thrillers ist allerdings der Mord an Schülerinnen eines Eliteinternats und deren Lehrer, der so direkt nichts mit den politischen Machenschaften, multinationalen Machtkämpfen in der Finanz- und Wirtschaftswelt und persönlichen Schwächen deren Protagonisten zu tun hat, zu denen sich aber der Autor überwiegend in seinem Thriller auslässt. Schade, dadurch verliert der Thriller an Spannung und die Ermittlungen der SOKO zum Mordfall werden zu einem Nebenschauplatz degradiert.
Überdies zeigt der Autor ein reichlich klischeehaftes Denken wie reich = korrupt, böse und macht-besessen - Eigenschaften, die auch nach seinen Darstellungen an den Nachwuchs vererbbar zu sein scheinen. Aber diese negativen Persönlichkeitsmerkmale lassen sich ohne weiteres in allen Bevölkerungsschichten finden. Mal ganz abgesehen davon sind Korruption und Kaltstellen von unliebsamen Gegnern keine Erfindung von kapitalistischen Systemen, sondern lassen sich ebenso in sämtlichen anderen politischen und wirtschaftlichen Systemen finden, wie ja die Aufarbeitung der STASI-Akten und Biografien von Regimegegnern hinreichend gezeigt haben dürften. Die jahrzehntelange Publizierung dieser Vorgänge in den öffentlichen Medien dürften doch dem Autor nicht entgangen sein! Nach meinen Erfahrungen sind es eher Leute aus schlichten Verhältnissen mit einer ebenfalls schlichten Ausstattung von Fähigkeiten, die in skrupelloser Weise „über Leichen gehen“ nur um beruflich voranzukommen.
Einzig die Frage „Was ist in dieser Berghütte passiert, dass den Lehrer veranlasst haben könnte, die gesamte Gruppe und schließlich sich selbst erschießen zu wollen?“ treibt den Leser durch das Buch. Allerdings machen die sehr weitschweifenden Ausführungen zu den politischen Machenschaften der Eltern dieser Mädchen und deren Handlangern immer wieder die Spannung zunichte. Nur eine Schülerin überlebt den Anschlag und man muss sehr viele Buchseiten lesen, bis ihre Aussagen Licht in das Dunkel bringen und auch andere mögliche Täter und Tatmotive in den Focus geraten.
In wesentlich komprimierterer Form wäre es ein durchaus spannendes, lesenswertes Buch, zumal auch der Sprachstil ein akzeptables Niveau zeigt. So ist es aber eher eine Einschlaflektüre.

Das Buch zeigt die skrupellosen Machenschaften einiger
polithungriger Menschen. Es ging mir an manchen Stellen mächtig unter die
Haut und ich war wütend. Trotzdem konnte ich nicht aufhören, zu lesen.