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  • 5 Sterne

    14 von 17 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Jonas1704, 09.02.2018

    Ulrich Alexander Boschwitz ist mit diesem Zeitdokument ein Werk gelungen, das einen in seiner Schlichtheit fesselt und von jedem von uns gelesen werden muss. Das Buch gibt die Geschichte vom judischen Kaufmann Otto Silbermann wieder und enthält zugleich viele autobiographische Aspekte. Kurz nach den Pogromen im Jahre 1938 ändert sich für die Juden in Deutschland plötzlich alles und von geachteten Geschäftsleuten und Unternehmern werden sie zu Menschen zweiter Klasse. So ergeht es auch Otto, der sich gezwungen sieht sein Hab und Gut zu verkaufen und zu versuchen mittels finanzieller Möglichkeiten aus Deutschland rauszukommen. Doch vergebens, das Reich ist ein brödelnder Kessel für den armen Otto. Auf seiner Reise trifft er auf die verschiedensten Menschen und Geschichten und macht positive jedoch meist negative Erfahrungen. Seine aussichtslose Lage nutzen viele Menschen aus und wir sehen auch hier einmal mehr, was Macht aus einem Menschen machen kann.
    Für mich was und ist dieses Buch ein Muss, denn wir dürfen einfach nicht vergessen was Menschen wie Otto damals wiederfahren wurde um die Geschichte aufrechtzuerhalten und daraus zu lernen, besonders in unserer heutigen, sensitiven Zeit.

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  • 5 Sterne

    14 von 23 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miss.mesmerized, 10.03.2018

    Eine Woche im Leben des Otto Silbermann. Zu Beginn ist er erfolgreicher Geschäftsmann, hat Familie und ein geregeltes Leben. Am Ende ist ihm nichts geblieben davon. Aber wen wundert‘s, es ist 1938 in Deutschland und Silbermann ist Jude. Nachdem ihn sein Geschäftspartner betrogen hat und seine Wohnung verwüstet wurde, versucht Silbermann mit dem Geld, das ihm noch geblieben ist, zu seinem Sohn nach Paris zu fliehen. Doch da dieser kein Visum beschaffen kann, reist Silbermann quer durch Deutschland. Von Berlin nach Aachen. Von Aachen nach Dortmund. Wieder nach Berlin. Nach München. Immer vor der Angst als Jude erkannt und verhaftet zu werden. Nach Tagen fast ohne Schlaf, gezeichnet voller Panik und Sorge, kommt es schließlich wie es kommen musste: das Ende ist nah und gar nicht mehr schlimm, sondern fast eine Erlösung.

    Ulrich Alexander Boschwitz hat in seinem Roman „Der Reisende“ viel autobiografisches Material untergebracht. Auch er floh vor der immer schlimmer werdenden nationalsozialistischen Verfolgung quer durch Europa, hat Internierung und Camps miterlebt und hielt dennoch an seinem Wunsch, seinen Erlebnissen literarischen Ausdruck zu verleihen, fest.

    Der Roman nimmt einem unmittelbar gefangen. Die Ereignisse, die der unheilvollen Woche im November 1938 zugrunde liegt, sind historisch gut belegt und bekannt – aber was man mehr als Abfolge von Ereignissen im Geschichtsunterricht erlernt, bekommt durch die Erlebnisse von Boschwitz‘ Protagonisten eine ganz andere Note. Es sind vor allem die grotesken Alltagserlebnisse und die unsäglichen Ausflüchte der Menschen, die einem beim Lesen fast verzweifeln lassen ob der unglaublichen Absurdität. Zunächst die Beschwichtigungen, Silbermann ist Jude, ja, aber er sieht ja nicht so aus und er solle doch dankbar sein, dass man sich nicht gleich ganz gegen ihn wende. Man habe ihn immer gemocht, aber er müsse doch verstehen, die Zeiten und man könne ja nicht anders. Immer haben die Juden profitiert, jetzt müssten doch endlich mal die anderen dran sein. Die ganze Palette an Ausflüchten, lächerlichen Gründen und vorgeschobenen Argumenten bietet Boschwitz auf, um seinen Protagonisten langsam verzweifeln zu lassen. Die immer schnellere Abfolge von Zügen, mit denen er flüchtet, spiegeln seine steigende Verzweiflung wieder, da wundert sein Gedankengang am Bahnsteig nicht:

    „Eigentlich brauche ich nur nach vorne zu springen, mich einfach fallen zu lassen, vor den Zug, dachte er. Alles ist dann vorbei und gänzlich unwichtig.“

    Viele der Figuren verkörpern das typische Verhalten der damaligen Zeit. Silbermanns Schwager, der sich von ihm nicht ruinieren lassen will, obwohl Silbermann ihm stets geholfen hatte, und der eine Beherbergung auch nur für wenige Tage kategorisch ablehnt. Sein Ex-Geschäftspartner, der die Propaganda der Partei glaubt und die Ermordung des Botschaftssekretärs als legitimen Grund für die Vernichtung der Juden ansieht. Der Kommissar, bei dem er einen Diebstahl anzeigen will und der ihn schon vorab der Lüge bezichtigt, rein auf Basis seines Glaubens.

    Boschwitz muss es so gegangen sein wie Silbermann, als dieser gegen Ende des Romans feststellt:

    „Ich habe jetzt oft das Gefühl...die Welt ist verrückt...das heißt, ich weiß nichts mehr mit ihr anzufangen...“

    Mehr kann man zu den realen Geschehnissen nicht sagen. Und viel besser lassen sie sich auch kaum einfangen als es Boschwitz mit seinem Roman getan hat. Ein Zeitzeugnis, das vermutlich, obwohl rein literarisch, mehr Realität beinhaltet, als man sich vorstellen konnte.

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  • 5 Sterne

    8 von 12 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Jenny V., 30.01.2018

    „Und so wird es vielleicht immer weitergehen. Ich bin jetzt Reisender, ein immer weiter Reisender. Ich bin überhaupt schon ausgewandert. Ich bin in die Deutsche Reichsbahn emigriert. Ich bin nicht mehr in Deutschland. Ich bin in Zügen, die in Deutschland fahren. Das ist ein großer Unterschied.“


    Inhalt


    Der wohlhabende Kaufmann Otto Silbermann verliert förmlich über Nacht sein gesamtes bisheriges Leben. Am 9. November 1938 in der Reichspogromnacht rücken Nazis bis in seine Wohnung vor und er flieht in letzter Minute durch den Hintereingang des Hauses. Auch sein bisheriger Firmenteilhaber Gustav Becker, der zwar offiziell kein Judenhasser ist, aber dennoch arischer Abstammung, bricht mit ihm. Zu gefährlich ist eine geschäftliche Verbindung mit dem Staatsfeind Nr.1. Silbermann erhält von seinem ehemaligen Freund noch 40.000 Reichsmark bar auf die Hand und soll sich damit gefälligst aus dem Staub machen, bevor er in Deutschland festsitzt und wie so viele andere in ein Konzentrationslager verfrachtet wird. Fortan ist Otto ein Getriebener, er lebt in den Zügen der Deutschen Reichsbahn und verhält sich möglichst unauffällig. Sein oberstes Ziel ist die Flucht aus Deutschland, doch nachdem er an der belgischen Grenze aufgegriffen wird, verwirft er diese Option. Er schwört sich nur eines, solange er noch Geld hat, kämpft er um sein Leben. Doch eines Tages wird sein Aktenkoffer mit den restlichen 30.000 Mark gestohlen und Otto sieht ein, dass er im Rechtsstaat seines Landes, radikal ausradiert wurde …


    Meinung


    Dieses Werk des mit bereits 27 Jahren verstorbenen Autors Ulrich Alexander Boschwitz, erschien bereits 1939 in England und wurde nun erstmals durch den Herausgeber Peter Graf auch in einer deutschen Fassung aufgelegt. In Erinnerung an eine Zeit voller Schrecken, in der es Menschen zweiter und dritter Klasse gab, ebenso wie Abteile in deutschen Zügen. Ein umfangreiches Nachwort des Herausgebers zeigt, dass Boschwitz selbst mit dem Regime ausreichend Erfahrung sammeln konnte und der vorliegende Text viele autobiografische Parallelen aufweist. Ein Grund mehr diesen Roman als wichtiges Zeitdokument zu deklarieren, eben weil die Empfindungen und Ereignisse nicht erfunden sind, sondern auf Fakten basieren. Auch dieser historische Hintergrund macht den Mehrwert des Buches aus, denn als Leser bekommt man hier nicht nur eine beängstigende Geschichte präsentiert, sondern ein aussagekräftiges Zeugnis einer menschenverachtenden Zeit.


    Die Geschichte selbst wird als eine wahre Odyssee quer durch ein Land beschrieben, denn der Hauptprotagonist, ein anständiger, gewissenhafter Mensch mit ehrenhafter Überzeugung, kann es zunächst einfach nicht glauben, dass gerade er in einem Land, mit dem er sich eigentlich sehr verbunden fühlt, plötzlich zu den Ausgestoßenen zählen soll. Als Kaufmann ist ihm aber auch bewusst, dass ihn sein Vermögen möglicherweise retten wird, er erhofft sich zumindest eine kleine Chance. Doch die Realität trifft ihn mit voller Breitseite. Vermögend zu sein entwickelt sich zunehmend als Handicap, denn wohin soll er mit dem Bargeld?


    Der Autor vermag es gekonnt die Sorgen von Otto Silbermann für den Leser lebensecht nachzuerzählen, man spürt die Sehnsucht nach Ruhe, den Wunsch nach einem friedlichen Leben aber auch den Überlebenswillen des Protagonisten. Mit jeder neuen Hürde wächst die Verzweiflung und bald ist auch der Leser ein Getriebener, denn man muss unbedingt wissen, welchen Ausgang diese dramatische Geschichte nehmen wird. Besonders hervorheben möchte ich die Nähe des Textes zum Leser an sich, denn man kann sich vortrefflich in die missliche Lage des Erzählenden hineinversetzen, es sind sehr einfache, äußerst plausible Sachverhalte, die den Handlungsverlauf vorantreiben. Und es sind auch interessante Menschen, die Herrn Silbermann in den Zügen begleiten und seinen Weg auf ganz unterschiedliche Art und Weise beeinflussen.


    Dieser Roman ist ein Zeitzeugnis, ein Andenken und eine diskussionswürdige Geschichte zugleich, denn er berührt sowohl Menschliches als auch Historisches, er erzeugt zunächst eine zuversichtliche Grundhaltung, die sich jedoch nach und nach der Tristesse ihrer Zeit anpasst, aus Verständnis wird Unverständnis und letztlich Unvermögen, sich als Individuum ohne Fehl und Tadel dem verhärmten Zeitgeist zu entziehen. Und genau deshalb wirkt der Roman so nachhaltig, denn anhand einer kleinen Einzelgeschichte zeigt sich, wie es dem Mensch an sich im Nationalsozialismus mit all seinen Verblendungen ergangen ist und ebenso wird deutlich, dass der Jude Silbermann nur einer von unzähligen anderen war, ein Mensch unter Wölfen in einem Land jenseits einer moralischen Verantwortung.


    Fazit


    Ich vergebe sehr gute 5 Lesesterne, denn „Der Reisende“ konnte mich auf ganzer Linie überzeugen. Es ist ein gelungener Mix aus Historie, persönlichem Schicksal und aussagekräftiger Gesamterzählung. Ein leicht lesbarer Schreibstil und ein zeitlich klar strukturierter Handlungsverlauf erfreuen den Leser ebenso. Es ist kein großer, literarischer Wurf, den man erst nach mehrmaligen Lesen zu schätzen weiß, nein es ist die Geschichte des kleinen Mannes, der zur falschen Zeit am falschen Ort gefangen war und dessen innere Überzeugung sich nicht mit den Prämissen der äußeren Geschehnisse decken konnte. Ich habe es ausgesprochen gern gelesen.

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  • 5 Sterne

    3 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Nepomurks, 21.02.2018

    Ergreifend und tragisch traurig!

    Erzählt wird in „Der Reisende“ die tragische Flucht des jüdischen Kaufmanns Otto Silbermann im Nazi-Deutschland des Jahres 1938. Packend, düster und unglaublich authentisch beschreibt Ulrich Alexander Boschwitz dabei die Verläufe und zieht den Leser gleich mit in einen Sog aus Angst, Misstrauen und Verunsicherung. Wohin nur? Wem kann man noch trauen?! Und was macht letztlich die eigene Persönlichkeit aus, die einem permanent vorgehalten wird und ärgste Konsequenzen haben kann?
    Boschwitz, dessen Roman „Der Reisende“ zwar schon 1939 verfasst wurde, aber in diesem Jahr erstmals in Deutschland verlegt wurde, wusste um die Umstände, in denen sich sein Protagonist Otto Silbermann befindet und kannte auch die Zustände, die mit dem Sich-Verstecken-Müssen und der Angst vor Entdeckung einher gingen – war er doch selber Jude. Die Inhalte des Romans sollen teilweise familien-, bzw. autobiografischer Art sein und beziehen sich damit wohl auf die eigene Flucht vor den Nazis, durch diverse europäische Staaten und die persönliche Vater-Sohn-Situation. Das machte den Roman für mich denn umso tragischer, ist doch auch Boschwitz während seiner Flucht durch Torpedos der Nazi auf einem Schiff gestorben.
    Durch den eingängigen Schreibstil kommt man sehr gut in die Erzählung hinein und fühlt sich auch sogleich in die vergangene Zeit zurückversetzt. Sprache und Figuren entsprechen natürlich recht stark der damaligen Zeit, was sich vor allem in den Dialogen bemerkbar macht, die Inhalte aber auch umso greifbarer werden lässt. Alle Protagonisten wirken authentisch und nur allzu reell. Otto Silbermann ist zunächst als Hauptprotagonist nicht einmal ein sympathischer Geselle. Doch je mehr sich die Schlinge um ihn herum zuzieht, desto stärker hofft, zittert und bangt man mit und um ihn. Boschwitz entwickelt eine unfassbar packende, intensive und atmosphärische Dichte, der man sich kaum entziehen kann. Es ist wohl denn auch nicht verwunderlich, dass Silbermann nach und nach den Verstand zu verlieren scheint und unter dem Druck der Nazis förmlich zusammenbricht. Eben dieser Prozess des Nachgebens und der Verlust der eigenen Persönlichkeit, bzw. Identität, was man emotional mehr oder minder stellvertretend für so viele verfolgte Menschen des Dritten Reiches im Geiste durch das beschriebene Szenario mit durchlebt, hat mich wahnsinnig ergriffen. Viele Passagen, Fragmente und Sätze sind leider zudem aus heutiger politischer Sicht aktueller denn je. Mich hat der lange verstorbene Boschwitz mit seinem Roman definitiv erreicht und mir sogar die Tränen in die Augen getrieben – nicht nur zum Schluss.
    Das Buch klingt bei mir noch sehr nach, obwohl ich es schon vor einiger Zeit beendet habe. Es ist einfach verstörend und tragisch traurig. Ein Buch, das durch die reellen geschichtlichen Inhalte und den ganz besonderen Ton der Erzählung unter die Haut geht und mitnimmt. Ich kann es nur uneingeschränkt weiterempfehlen. Deshalb ganz klar 5 Sterne!

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  • 5 Sterne

    3 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    büchernarr, 17.02.2018

    Ulrich Alexander Boschwitz ertrank im Oktober 1942 als sein Schiff von einem deutschen U-Boot torpediert wurde. Er war damals 27 Jahre alt und kehrte aus Australien nach England zurück wo er als Freiwilliger in den Kriegsdienst eingetreten war. Der Reisende war bislang sein zweiter Roman und letzter Roman. Der Reisende“ spielt im November 1938, am Tag nach der „Reichspogromnacht“ und in den Wochen danach. Otto Silbermann, die Hauptfigur, ist ein jüdischer Geschäftsmann, (Boschwitz selbst war Halbjude) Bis zu dem Zeitpunkt fühlte es sich in Deutschland sicher aber kurz danach ändert sich die Situation schagartig. Sein Geschäftpartner hintergeht ihn, sein Schwager will nichts mehr von ihm wissen und seine Versuche ins Ausland zu flüchtern scheitern. Als dann noch sein ganzes Vermögen, das er in einem Kofferm mit sich trug, gestohlen wird, scheint die Lage aussichtslos zu sein.
    Ein Porträt eines Mannes der für seine Herkunft hat bitter büssen müssen und uns 80 Jahre später erreicht um uns zu erinnern wie wichtig es ist nicht zu vergessen.

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  • 4 Sterne

    3 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    ele, 23.03.2018 bei bewertet

    Der Reisende, Roman von Ulrich Alexander Boschwitz, 304 Seiten, erschienen bei Klett-Cotta.
    Eine Erzählung über den jüdischen Geschäftsmann Otto Silbermann, der zuerst sein Hab und Gut, dann seine Würde und am Ende seinen Verstand verliert.
    Vorliegender Roman wurde schon 1938 verfasst, als die Verfolgung der Juden im Dritten Reich gerade begann. Der Autor zu diesem Zeitpunkt erst 23 Jahre alt schrieb diesen Roman in wenigen Wochen und nachdem er selber schon geflüchtet war. In den 60er Jahren gelangte das Manuskript nach Frankfurt ins Exilarchiv der deutschen Nationalbibliothek. Erst jetzt, 80 Jahre nach seiner Fertigstellung wurde diesem beeindruckenden Werk die Form gegeben, die ihm gebührt. (Aus editorische Notiz)
    Das Buch gliedert sich in 11 überschaubare Kapitel, im auktorialen Erzählstil verfasst. Schon auf den ersten Seiten wurde ich von diesem Text derart gefesselt, dass ich dieses Buch nur in einem Zug lesen konnte. Schon auf den ersten Seiten beginnt es sehr spannend. Der Protagonist Silbermann, versucht an den Geschäftsmann Becker, ein Haus zu verkaufen. Die verzweifelten Versuche noch wenigstens die Immobilie, letztendlich zwar weit unter Wert, zu veräußern, werden vom Erscheinen eines SA-Schlägertrupps im Zuge der Reichsprogromnacht zunichte gemacht. Silbermann kann fliehen und muss seine Frau zurücklassen. Die beiden haben es versäumt rechtzeitig zu ihrem Sohn nach Frankreich zu flüchten. Sehr viele interessante Dialoge und auch Monologe machen die Geschichte äußerst lebendig. Besonders die Monologe die der Protagonist in Gedanken führt, zeigen auf, wie sich Silbermann innerhalb einer Woche verändert. Verraten von Freunden, Verwandten und Geschäftspartnern fühlt er sich nur noch in Zügen sicher und reist quer durch Deutschland. Von seinem Teilhaber erhält er noch eine größere Geldsumme, die er fortan in einer Aktenmappe mit sich trägt. Als er auch noch um seine letzte Hoffnung gebracht wird, erkennt Silbermann, dass er von nun ab, zum Staatsfeind Nr.1 geworden ist.
    Dieses Buch hat mich erschüttert. Vor allem, dadurch, dass es von einem 23Jährigen auf so eine „reife Art“ geschrieben werden konnte. Obwohl es sich hier wirklich um ein ernstes Thema handelt, empfand ich den Schreibstil als fesselnd, unterhaltsam und leicht zu lesen. Am Ende des Buches sind noch wichtige Informationen des Herausgebers angeführt die man sich nicht entgehen lassen sollte.
    Leider finde ich, dass im Klappentext zu viel vom Plot verraten wird. Gerne hätte ich auch gewusst wie Silbermanns „Geschichte“ endet, mir fehlt sozusagen der Schluss der Geschichte.
    Da es sich bei vorliegendem Werk um eine etwas anders erzählte Perspektive der Thematik handelt finde ich dieses Buch auch als Schullektüre geeignet. Auf jeden Fall gebe ich eine Leseempfehlung und verdiente 4 Sterne.

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  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    moehawk, 31.01.2018

    Otto Silbermann ist ein jüdischer Kaufmann. Anders als viele seiner Freunde und Familienmitglieder, verpasst er den richtigen Zeitpunkt das Land zu verlassen und erkennt, dass er im Deutschland 1938 festsitzt. Er begibt sich mit seinem geretteten Ersparten auf eine unendliche Reise. Er lebt in Zügen, fährt quer durch Deutschland und versteckt sich so vor den Häschern. Tatsächlich scheint er unsichtbar, obwohl er viele Menschen trifft, mit ihnen spricht, ihnen teilweise durch intensive sehr nahekommt. Aber es ist kein reales Leben mehr. Er lebt in einer Blase, hat ständig Angst entdeckt zu werden.

    Der Autor, Ulrich Alexander Boschwitz, wusste sicherlich wovon er schrieb. Als Jude war er selbst im damaligen Deutschland auf der Flucht. Tragischerweise kommt er um, als es schon scheint, als wäre er den Nazis entkommen. Die Kriegswirren hat er nicht überlebt. Das gibt der Geschichte vom „Reisenden“ eine zusätzliche, tragische, intensive Note.

    Der Schreibstil ist eindringlich und von einer schmerzhaften Klarheit. Ich finde, Dialoge machen das Salz an guten Büchern aus. Sie transportieren Gedanken, Gefühle und Handlung. Dank der zahlreichen Gespräche ist dieser Roman also ein Paradebeispiel dafür, wie spannend und lebensklug und authentisch ein Roman sein kann. Ein Stück deutscher Geschichte aus einer sehr ungewöhnlichen aber erfrischend anderen Sicht.

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  • 5 Sterne

    3 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Moritz E., 31.01.2018 bei bewertet

    Otto Silbermann ist ein jüdischer Kaufmann. Anders als viele seiner Freunde und Familienmitglieder, verpasst er den richtigen Zeitpunkt das Land zu verlassen und erkennt, dass er im Deutschland 1938 festsitzt. Er begibt sich mit seinem geretteten Ersparten auf eine unendliche Reise. Er lebt in Zügen, fährt quer durch Deutschland und versteckt sich so vor den Häschern. Tatsächlich scheint er unsichtbar, obwohl er viele Menschen trifft, mit ihnen spricht, ihnen teilweise durch intensive sehr nahekommt. Aber es ist kein reales Leben mehr. Er lebt in einer Blase, hat ständig Angst entdeckt zu werden.

    Der Autor, Ulrich Alexander Boschwitz, wusste sicherlich wovon er schrieb. Als Jude war er selbst im damaligen Deutschland auf der Flucht. Tragischerweise kommt er um, als es schon scheint, als wäre er den Nazis entkommen. Die Kriegswirren hat er nicht überlebt. Das gibt der Geschichte vom „Reisenden“ eine zusätzliche, tragische, intensive Note.

    Der Schreibstil ist eindringlich und von einer schmerzhaften Klarheit. Ich finde, Dialoge machen das Salz an guten Büchern aus. Sie transportieren Gedanken, Gefühle und Handlung. Dank der zahlreichen Gespräche ist dieser Roman also ein Paradebeispiel dafür, wie spannend und lebensklug und authentisch ein Roman sein kann. Ein Stück deutscher Geschichte aus einer sehr ungewöhnlichen aber erfrischend anderen Sicht.

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  • 5 Sterne

    4 von 7 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    hennie, 26.04.2018 bei bewertet

    EIN JÜDISCHES SCHICKSAL
    Ulrich Alexander Boschwitz (Pseudonym John Grane) war ein deutsch-jüdischer Schriftsteller, wurde 1915 in Berlin geboren und starb im Oktober 1942 bei der Überfahrt von Australien nach Europa. Ein deutsches U-Boot torpedierte das britische Passagierschiff Abosso und mit Boschwitz ging auch sein überarbeitetes Manuskript zum Reisenden unter. Das Buch schrieb er als 23jähriger, ein erstaunlich reifes Werk. Nach 80 Jahren des Erscheinens in englischer Sprache übernahm Peter Graf die Überarbeitung des Buches, was nun hier vorliegt.
    Inhalt lt. Klappentext:
    Deutschland im November 1938. Otto Silbermanns Verwandte und Freunde sind verhaftet oder verschwunden. Er selbst versucht, unsichtbar zu bleiben, nimmt Zug um Zug, reist quer durchs Land. Inmitten des Ausnahmezustands. Er beobachtet die Gleichgültigkeit der Masse, das Mitleid einiger Weniger. Und auch die eigene Angst.
    Der jüdische Kaufmann Otto Silbermann, ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft, wird in Folge der Novemberpogrome aus seiner Wohnung vertrieben und um sein Geschäft gebracht. Mit einer Aktentasche voll Geld, das er vor den Häschern des Naziregimes retten konnte, reist er ziellos umher. Zunächst glaubt er noch, ins Ausland fliehen zu können. Sein Versuch, illegal die Grenze zu überqueren, scheitert jedoch. Also nimmt er Zuflucht in der Reichsbahn, verbringt seine Tage in Zügen, auf Bahnsteigen, in Bahnhofsrestaurants. Er trifft auf Flüchtlinge und Nazis, auf gute wie auf schlechte Menschen. Noch nie hat man die Atmosphäre im Deutschland dieser Zeit auf so unmittelbare Weise nachempfinden können. Denn in den Gesprächen, die Silbermann führt und mithört, spiegelt sich eindrücklich die schreckenerregende Lebenswirklichkeit jener Tage.
    Meine Eindrücke:
    Das Buch erzählt von den Novembertagen des Jahres 1938. Es beginnt einen Tag nach der „Reichsprogromnacht“ und führt den Leser mit der Hauptfigur Otto Silbermann durch die Wochen danach. Der jüdische Geschäftsmann wird auf brutale, unwürdige Weise von einem Moment auf den nächsten aus seinem normalen Alltag gerissen. Verzweifelt versucht er seine menschliche Würde zu bewahren. Es war für mich schrecklich zu lesen, wie er von Angst und Zweifeln geplagt, seine Entscheidungen ständig hinterfragt, wieder verwirft im wirren Wechsel. Ich fühlte mich wie in einem Strudel mit hineingezogen und konnte seine widersprüchlichen Gefühle verstehen. Man muss sich das mal vorstellen: von jetzt auf gleich alles zu verlieren! Er hatte alle Grundlagen eines normalen Lebens eingebüßt, nicht zuletzt seine Heimat. Seine Aktionen mit dem Zug durch Deutschland zu fahren, waren eigentlich von vornherein zum Scheitern verurteilt. Doch wie er sich selbst immer wieder etwas vormacht, seine Lage nicht erkennt, zeigt dieses Zitat:
    "Es sind zu viele Juden im Zug, dachte Silbermann. Dadurch kommen wir alle in Gefahr. Euch anderen habe ich es überhaupt zu verdanken. Wenn ihr nicht wärt, dann könnte ich in Frieden leben. Weil ihr aber seid, falle ich in eure Unglücksgemeinschaft! Ich unterscheide mich durch nichts von anderen Menschen, aber vielleicht seid ihr wirklich anders und ich gehöre nicht zu euch. Ja, wenn ihr nicht wärt, würde man mich nicht verfolgen. Dann könnte ich ein normaler Bürger bleiben. Weil ihr existiert, werde ich mit ausgerottet."

    Fazit:
    „Der Reisende“ ist ein brisantes, sehr bewegendes und ausserordentlich beeindruckendes Buch. Ich empfinde die Geschichte als hochaktuell, anschaulich und informativ und empfehle sie für den Schulunterricht. Mein Dank gilt Peter Graf und dem Verlag für diese aufsehenerregende Wiederentdeckung eines literarischen Zeugnisses der Ereignisse, die dem Holocaust vorangingen! Das Nachwort liefert wichtige Informationen des Herausgebers!

    Ich beurteile dieses Buch mit der Höchstnote.

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    anja n., 18.02.2018

    homo homini lupus
    Schon das kurze Vorwort hat es in sich. Die Weichen sind gestellt. Der Zug ist ins Rollen gekommen und mitreisen werden Angst, Verzweiflung, Hass und Willkür. Otto Silbermann wird dabei auf der Strecke bleiben. Dem Leser wird nichts erspart. Er geht den ganzen Weg mit ihm.
    Anständiges Miteinander wird zum immer seltener werdenden gnädigen Abgeben und Dulden. Dankbarkeit und Ducken werden dafür erwartet. Der Leser ist schon ab der ersten Seite höchst alarmiert. Silbermann hingegen weiß sehr lange nicht, was mit ihm geschieht. Das Unheil kommt schleichend. Gedanken, Worte, Taten – geschürt und mit Rechtfertigung gestützt.
    Zu allen Zeiten ist diese Saat aufgegangen. Verwirrend ist, dass man manche Argumente verstehen kann. Alles sind menschliche Reaktionen, charakterlich gesteuerte Verhaltensweisen. Beide Seiten wollen überleben, nur nicht auffallen. Gleichzeitig ist man schockiert, wie überzeugt jeder ist, genau das richtige zu tun. Beklemmende Realität.
    Keiner hat etwas gesehen, keiner hat das gewollt. Das geht mich nichts an. Was sollten wir denn machen? Wir würde man selbst in derselben Situation handeln? Wäre man wirklich anders, wenn es um die eigene Sicherheit geht? Wegschauen oder aktiv mittun; beides führt zum gleichen Ergebnis. Nachbarn werden zu Feinden, selbst Freunde zur Bedrohung. Mobbing endet im Massenmord.
    Schon während des Lesens kann sich seiner selbst nicht mehr sicher sein. Die Mitmenschen von damals unterscheiden sich in Nichts von uns heute.
    Passivität erzeugt dieselbe Schuld wie aktives Handeln. Rechtfertigungen und Unschuldsbeteuerungen sind wertlos. Anpassung, Stillhalten oder Gleichtun versprechen Rettung und Verschonung. Die Angst und Verzweiflung der anderen können an das eigene Dilemma nie heranreichen. Die dabei offen gelebte Unmenschlichkeit wird zur erschreckenden Normalität. Vielleicht ist es aber gerade dies ein fester Bestandteil menschlichen Handelns ist, das jeder in sich trägt. Diese Erkenntnis zeigt das Schicksal Otto Silbermanns, das stellvertretend für Millionen Menschen steht, nur allzu deutlich. Ich halte die geschilderten Mechanismen keineswegs für ein typisch deutsches Phänomen. Daher stellt die Lektüre für mich der gesamten Menschheit ein sehr schlechtes Zeugnis aus. Erinnerung, Mahnung und Warnung. Denn wenn die Umstände es für einem selbst zu verlangen scheinen, ist der Mensch dem Menschen ein Wolf, kein Mensch.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Marianne, 25.02.2018

    Dieses Buch begleitet den jüdischen Kaufmann, Otto Silbermann, auf eine Reise ohne Ziel. Er hat im ersten Weltkrieg treu gedient, sich anschließend ein ansehnliches Vermögen erarbeitet. Er ist angesehen, und er hat viele Freunde. Dann aber kommt der November 1938. Bis vor kurzem waren Juden ebenso Teil der Gesellschaft wie alle anderen, aber nun sind sie zu Verfolgten geworden. Otto Silbermann erfährt von Freunden und Verwandten, die einfach ohne Grund abgeführt wurden. Als die Staatspolizei kommt um ihn zu holen, kann er im letzten Moment fliehen. Aber wohin? Als Jude ist er nicht mehr erwünscht, weder bei Verwandten, im Hotel oder in seiner eigenen Firma.

    Es gelingt ihm einen Teil seines Vermögens in einer Aktentasche mitzunehmen, und nun reist er kreuz und quer durch Deutschland, immer auf der Suche nach einem sicheren Ort. Die Angst ist sein ständiger Begleiter. Unterwegs ist er mit vielen Menschen im Gespräch; freundliche, aber auch gleichgültige oder gar feindselige Menschen. Ein Versuch über die Grenze zu flüchten scheitert. Wird es Otto Silbermann gelingen sich in Sicherheit zu bringen?

    „Der Reisende“ wurde bereits im Jahr 1939 geschrieben, und das ist das Besondere und Außergewöhnliche an diesem Buch. Der Autor, Ulrich Alexander Boschwitz, war selbst Jude, aber im Gegensatz zu Otto Silbermann konnte er Deutschland schon 1935 verlassen.

    Die authentischen Einblicke eines Zeitzeugens in diese grauenhafte Zeit trösten über manche Längen in den Dialogen oder Ausflügen in Silbermanns innere Gedankenwelt hinweg. Für Menschen, die diese Zeit besser verstehen möchten, ist dieses Buch sehr zu empfehlen!

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Andreas R., 15.02.2018

    beeindruckend

    " Der Reisende " von Peter Graf , ist ein Buch, das schon 1938 entstand, jetzt aber wieder neu aufgelegt wurde und beeindruckend ist, ob der Tatsache , dass der Autor erst 23 Jahre alt war, als er es schrieb. Mit viel Liebe zum Detail und einer überzeugenden Sprache beschreibt der Autor die Geschichte des Otto Silbermann, eines Berliner Juden, der versucht, kurz nach den Pogromen das Land zu verlassen. Er zeichnet ein realistisches Bild, wie man mit den Juden zu dieser Zeit verfahren ist, sie nicht nur übervorteilt hat, als sie versuchten ihr Habe zu Geld zu machen ,um das Land verlassen zu können, sondern wie ihnen auch nach und nach ihre Ehre genommen wurde und ihr Recht auf ein menschenwürdiges Leben angesprochen wurde.

    Freunde wurden zu Feinden, Geschäftspartner zu Kriminellen, wenn es darum ging ihr eigenes Scherflein ins Trockene zu bringen.
    Die Atmosphäre dieser Zeit wird fühlbar zwischen jeder Zeile dieses Buch, das die Gedanken und Gefühle des Protagonisten widerspiegelt.

    Es ist schon beachtlich, dass ein so junger Autor diese Zeit so intensiv empfunden hat und dies in eine literarische Geschichte packt, die mich mehr als überzeugt hat.

    Ein sehr wichtiges Buch, dem ich viele Leser wünsche.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Christin, 27.02.2018

    **Inhalt**
    Deutschland 1938.
    Otto Silbermann, bisher ein gut angesehener Geschäftsmann, bekommt den Fanatismus der NS-Zeit zu spüren, denn er ist Jude. In Folge der Reichsprogromnacht verliert er sowohl sein Haus als auch sein Geschäft. Damit er nicht auch noch von den Deutschen festgenommen wird, flüchtet er und versucht seitdem durch Reisen mit dem Zug den Häschern zu entkommen.

    **Meine Meinung**
    In „Der Reisende“ erleben wir die Gräueltaten der NS-Zeit hautnah. Wie bereits im Vorwort erklärt wird, handelt es sich hierbei um eine fiktive Geschichte, die der Autor nach seiner Flucht niederschrieb, aber trotz allem bekommt man die Zustände Deutschlands im dritten Reich hautnah mit. Es konzentriert sich dabei weniger auf die Lager oder Ghettos sondern auf das „Davor“. Wie fühlte sich ein Jude, wenn er nun gejagt wird, für das, was er ist? Und genau das macht das Buch so interessant und vor allem wichtig.
    In diesem Buch baut man nicht so sehr auf Gewalt und das Morden, wie es in anderen Werken gezeigt wird, sondern hier baut man auf den psychischen Druck, der entstand. Ich fand das unglaublich mitreißend. Denn wir erleben die Geschichte aus Sicht von Otto Silbermann, der über Nacht zum Staatsfeind wurde, einfach, weil er ist, wer er ist. Gestern noch Freund oder Geschäftspartner, heute „nur noch“ Jude. Damit entfallen automatisch alle Rechte, die man besessen hat.
    Aus heutiger Sicht unvorstellbar, aber hier auf eine authentische und beklemmende Art rübergebracht. Ich spürte die anfangs noch unterschwellige Abneigung, der „arischen“ Deutschen, die dann aber in absolute Abneigung umschwang.
    Genauso merkte man, dass viele Leute sehr genau wussten, dass Unrecht geschah, aber um ihrer selbst willen wegsahen oder mitspielten und – und das fand ich am schlimmsten – scheinheilig redeten, dass das aus so und so einem Grund einfach so gehandhabt werden müsste.

    Alles in allem also ein sehr kontroverses Buch, das meiner Meinung nach unglaublich wichtig ist. Es regt zum Nachdenken an und zeigt, wohin uns fehlende Courage und Toleranz führen können.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Schmökerwürmchen, 21.01.2018 bei bewertet

    Bei dem Reisenden handelt es sich um den jüdischen Kaufmann Otto Silbermann. Die Geschäfte laufen gut und auch auf privater Ebene wirkt er glücklich. Bis er eines Tages im Zuge der Novemberpogrome 1938 alles verliert. Seine Wohnung wird von den Nazis geplündert und er kann so gerade eben fliehen. Seine Frau Elfriede, die zu den Ariern zählt, findet bei ihrem Bruder Zuflucht. Doch für Otto ist es in diesen schweren Zeiten kein leichtes Unterfangen, sich in Sicherheit zu bringen. Auf Freunde und Verwandte kann er nicht mehr zählen. Mit seinem finanziellen Anteil, den er noch von seinem Geschäftspartner erhält, reist er quer durch Deutschland, immer auf der Hut. Denn wem kann man noch trauen? Fluchtversuche ins Ausland scheitern und so wird die Reichsbahn zu seiner neuen Unterkunft. Unterwegs begegnet er den verschiedensten Menschen: Parteimitgliedern, Sympathisanten und Juden. Doch wie lange kann das gutgehen?

    Die Reise des jüdischen Kaufmanns Otto Silbermann wurde in diesem Werk realitätsnah dargestellt. Die bedrückende Stimmung der damaligen Zeit konnte ich regelrecht nachempfinden. Auch in den Lesepausen blieb ein beklemmendes Gefühl bei mir zurück. Die Gespräche, die Otto Silbermann mit seinen Mitreisenden führte und auch seine Beobachtungen wirkten echt und führte mir als Leserin umso deutlicher die Schrecken der Nazizeit vor Augen. Ich habe mit Otto Silbermann mitgefiebert und für ihn nur das Beste gehofft. Trotz dieser ungerechten Zeit gab es sogar eine Passage, die mich zum Schmunzeln gebracht hat, wo in mir Hoffnung aufkeimte. Der Autor hat es geschafft, mir die damalige Armosphäre in Deutschland näherzubringen.
    Und obwohl eine durchgehend bedrückenden Stimmung mein Begleiter zwischen den Zeilen war, habe ich dieses wichtige Zeitdokument sehr gerne gelesen und ich bin sicher, dass es noch lange in mir nachhallen wird.

    Im Nachwort erfährt man übrigens noch einiges über den Autor und wie es zur Entstehung gekommen ist.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Bücherfreund, 24.02.2018

    "Ich reise, reise vor mich hin, bis man zuschlägt" (S. 215).
    Otto Silbermann entkommt in der Pogromnacht nur knapp der Verhaftung, indem er aus seiner Wohnung flieht. Seitdem ist er auf der Flucht. Seine einzigen Sicherheiten sind sein Geld und sein "nichtjüdisches" Aussehen, doch seinen Namen darf er nicht nennen, ohne Lebensgefahr zu befürchten. Und so reist er in Zügen durch das Land und versucht verzweifelt über die Grenze ins Ausland zu kommen.

    Auf seiner Reise kommt er mit Leuten verschiedener Gesellschaftsschichten und Herkünften ins Gespräch, was ein authentisches Bild der Gesellschaft zu der Zeit zeichnet. Es ist bedrückend und beängstigend realistisch.

    "Es kommt darauf an, Jude oder Nichtjude zu sein, nicht aber sympathisch oder unsympathisch. Die Überschrift entscheidet, der Inhalt ist ganz gleichgültig." (S. 217)

    Ich finde auch die Entwicklung, die Silbermann im Laufe des Buches sehr realistisch dargestellt. Es wird deutlich, wie seine Verzweiflung, Frustration und schließlich sein Zorn mit jedem Tag wächst. Und er, der ursprünglich die Ruhe in Person war, schließlich vollkommen die Nerven verliert und einen Schritt macht, der zu Anfang des Buches noch undenkbar gewesen wäre.

    Das Manuskript dieses Buches hat eine lange Geschichte hinter sich. Bereits 1939 geschrieben, geht das Manuskript verloren, bis Teile davon erst viele Jahre später zum Glück wiederentdeckt werden. Der Autor ist bereits 1942 gestorben, und so musste das Manuskript nach bestem Gewissen ohne dessen Mithilfe überarbeitet werden, bis es schließlich doch noch zu einer Veröffentlichung kam. Wie viel in dieser Geschichte aus eigenen Erfahrungen des Autors eingeflossen ist, der selber bereits 1935 aus Deutschland emigriert ist, lässt sich nur vermuten. Ein beeindruckendes Werk, das sehr gut ein kleines Stück der Welt in dieser dunklen Zeit der Geschichte beschreibt.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    forti, 20.02.2018

    Die vorliegende Ausgabe von "Der Reisende" ist die deutsche Erstausgabe des 1938 von Ulrich Alexander Boschwitz geschriebenen Romans. Eine Zusammenarbeit zwischen Lektor und Verlag war hier nie möglich: der Autor verstarb bereits 1942, also bevor an eine Veröffentlichung auf Deutsch überhaupt zu denken war. Dadurch ist es ein authentisches, nahezu unverändertes Zeitdokument, was es in meinen Augen zu einer interessanten und wichtigen Lektüre macht.
    Der Leser erlebt die rastlosen Gedankengänge, die Unsicherheit, die Sorgen um sich und seine Familie, aber auch um seine Firma und sein Vermögen mit. Otto Silbermann befindet sich im Zwiespalt: es fällt ihm auch nach fünf Jahren Nazi-Herrschaft schwer, die neue Realität mit dem Deutschland in Einklang zu bringen, das ihm seit seiner Geburt Heimat war. Man kann durch die Person Otto Silbermann nachvollziehen, warum es auch in der Realität leider so viele Juden gab, die Deutschland trotz aller Warnungen nicht verlassen haben. Während seiner Odysee trifft Otto Silbermann eine Vielzahl von Mitbürgern, die sich alle unterscheiden und so wohl ein gutes Abbild der Deutschen 1938 geben.
    Sprachlich ist es in seiner Zeit verhaftet und manchmal vielleicht nicht ganz ausgereift, was sich hin und wieder etwas ungewohnt liest.
    Insgesamt aber ein interessantes und wichtiges Zeitzeugnis!

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  • 4 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elisabeth S., 16.02.2018 bei bewertet

    "Der Reisende" von Ulrich Alexander Boschwitz ist sowohl ein spannender Roman als auch ein besonderes Zeitdokument aus dem Klett-Cotta-Verlag.
    Von dem ins Exil geretteten Juden Ulrich Alexander Boschwitz zur Zeit in der er spielt geschrieben und von Peter Graf editiert erzählt der Roman die Geschichte des Juden Otto Silbermann, der 1938 in Berlin gerade noch rechtzeitig aus seiner Wohnung fliehen kann um nicht im Zuge der Novemberprogrome verhaftet zu werden. Er war gerade noch ein angesehener und wohlhabender Geschäftsmann, als er sich - zunächst fast ohne Geld - auf der Straße wiederfindet. Er kann nicht mehr nach Hause, und weiß auch sonst nicht wo er hin soll. Er schafft es zumindest einen Teil seines Vermögens wiederzubekommen. Nun ist sein vorrangiges Ziel ins Ausland zu gelangen. Doch das will ihn auch nicht und so folgt eine schier endlose Odyssee mit der Bahn, immer unterwegs, denn nur an Bahnhöfen und unterwegs ist man anonym.
    Man merkt dem Erzählstil und der Sprache an, dass das Buch ein Originaldokument ist. Zwar handelt es sich um eine fiktive Erzählung aber man erkennt, dass der Autor soetwas selbst miterlebt hat. Wenn jemand heute so einen Roman schreiben wollte würde er ganz anders aussehen, denn niemand würde mehr diese Sicherheit und Gutgläubigkeit, die Silbermann am Anfang noch hat, erfinden können. Auch die Offenheit, mit der er diffamiert und niedergemacht wird, würde sich heute niemand mehr schreiben trauen. Und doch ist es gut - sehr hart und unangenehm natürlich, aber auch gut so etwas zu lesen um wieder wachgerüttelt zu werden und zu erkennen wo auch in unserer Gesellschaft wieder ähnliche Tendenzen erwachsen. Wir müssen alles aufhalten, was in diese Richtung des damaligen Terrors führt und auch alles, was uns davon überzeugen will, dass das damalige Regime vielleicht nicht in allem schlecht war. Solches Gedankengut darf sich heute nicht mehr durchsetzen und solche schlimmen Geschehnisse dürfen sich niemals wiederholen. Dafür müssen besonders wir Deutschen uns einsetzen.
    Dieser Roman ist ein Erlebnis, nicht einfach zu lesen, aber eine wichtige Lektüre zum Verständnis der Vergangenheit und zur Wachsamkeit in der Zukunft.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Susann K., 08.04.2018

    Dieser Roman hat mich voll erwischt und erschüttert über die Gleichgültigkeit und Grausamkeit der Menschen. Der sehr junge Autor, Ulrich Alexander Boschwitz selbst Jude und mal gerade 23 Jahre alt , als er diesen unglaublichen und erschütternden Roman verfasste, und ein beeindruckendes Werk geschaffen hat.Ich fragte mich beim lesen unter was für einem Druck muss dieser Junge Mensch gestanden haben, der im Jahr 1938, das Novemberpronomen und die systematische Judenverfolgung vom Ausland aus miterlebte. Sein Schreibstil ist sehr flüssig und berührend. Er hat mit viel Herzblut die Geschichte über Otto Silbermann geschrieben. Silbermann ein angesehener und Erfolgreicher Geschäftsmann verliert auf eine Sekunde auf die andere seine Familie, Freunde , Haus und Geschäft. Man konnte tief in die Seele von Otto blicken, der in Sorge um seine Liebsten ist, der nicht mehr weiß wohin, dessen einziger Vorteil ist das man ihm den Juden nicht ansieht. Ein Mann der vor dem nichts steht nur eine Tasche voller Geld, ein getriebener, ein Mann auf der Flucht vor den Nazi Schergen. Es war erschütternd ihn auf seiner Reise in all den Zügen, Bahnhöfen und Restaurants zu begleiten, die jetzt sein zu Hause sind und durch seine Augen und Gefühle all die Menschen die seinen Weg kreuzten zu sehen. Seine Verzweiflung jeden Moment entdeckt zu werden. Die damalige dunkle Atmosphäre ist sehr gut und erschreckend eingefangen. Guten und schlechten Menschen zu begegnen und der Gleichgültigkeit. Es war traurig und auch aufschlussreich am Schicksals Ottos Silbermanns teilzuhaben. Gut das diese Geschichte nicht vergessen wurde, und wir es Heinrich Böll verdanken zuhaben, der sich für diesen Roman damals einsetzte. Ich finde ein sehr wichtiges Zeitdokument über das Schicksal der Juden, die man nicht vergessen darf.

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  • 5 Sterne

    10 von 12 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Rudolf E. Gaul, 11.04.2018

    aktualisiert am 12.04.2018

    Peter Graf hat mit „Der Reisende“ ein großes Buch lektoriert und verlegt, welches im Übrigen gerade in der heutigen Zeit wieder eine ganz besondere Bedeutung erlangt. Es ist zutiefst berührend, traurig machend, ja, kaum erträglich, weil offensichtlich, wie es endet, wenngleich der Leser während der Lektüre stets, mit dem Protagonisten Silbermann, versucht ist, Hoffnung zu schöpfen. Dieses Werk konnte wohl, noch dazu in so jungen Jahren, in dieser Differenziertheit und emphatischen Tiefe nur ein Schriftsteller schaffen, der selbst vergleichbares Leid hat erfahren müssen.

    Das Nachwort des Herausgebers, in welchem er den Autor und dessen viel zu kurzes Leben und Schaffen würdigt, gibt diesem Werk den verdienten und angemessenen
    Rahmen.

    Ein großer Dank an den Herausgeber und klett-cotta dafür, dieses Juwel nach derartig vielen Jahren zum Scheinen gebracht zu haben!

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  • 5 Sterne

    12 von 20 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    BücherwurmNZ, 09.02.2018

    - Beeindruckendes Zeitdokument -

    Diese Geschichte gibt die Situation und Stimmung in Deutschland zur Zeit der Novemberprogrome wieder. Sie ist ein berührendes literarisches Zeitdokument, das unmittelbar nach diesen Ereignissen vom Juden Ulrich Alexander Boschwitz geschrieben wurde, der 1935 mit zwanzig Jahren nach Skandinavien emigrierte.

    Das Buch gibt auf beeindruckende Weise die damalige Situation wieder und ist so geschrieben, dass man das Gefühl hat, man wäre dabei und mit Otto Silbermann selbst auf der Flucht. Mir hat sehr gefallen, dass Boschwitz Silbermanns Gedanken und Gefühle, seine Ratlosigkeit und Mutlosigkeit, aber auch seinen starken Willen, sich nichts von den Nazis anhaben zu lassen, beschreibt. Auf der Reise durch Deutschland trifft Silbermann verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Ansichten über die Politik dieser Zeit. In gewisser Weise spiegeln diese Menschen die Gesellschaft wieder. Die Gedanken mancher Personen waren sehr schockierend. Das hat mich vor allem zu Beginn das ein oder andere Mal mit offenem Mund dasitzen lassen.

    Das Einzige was mich an diesem Buch etwas gestört hat, waren die sehr langen Kapitel mit 40 Seiten oder mehr und dass in diesen keine Absätze waren. So war es schwierig, nur mal eine halbe Stunde zu lesen. Der Schreibstil Boschwitzs ist trotz langer Sätze leicht und flüssig zu lesen.

    Fazit
    Die Geschichte beschreibt auf beeindruckende und schockierende Weise die Situation und die Menschen in Deutschland zur Zeit der Novemberprogrome. Ein literarisches Zeitdokument, das lesenswert für alle ist, die sich für diese Zeit interessieren.

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