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  • 4 Sterne

    65 von 87 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Dreamworx, 10.07.2022

    aktualisiert am 25.07.2022

    Als Buch bewertet

    Keine Berechnung kann das Schicksal besiegen. (Ovid)
    1955 Köln. Knapp 10 Jahre nach Kriegsende, in denen die 15-jährige Helga van Beek und ihr älterer Bruder Jürgen bei einer Pflegefamilie auf einem französischen Weingut gelebt haben, verändert ein Brief vom Roten Kreuz ihr Leben. Ihr Vater ist aus der Kriegsgefangenschaft zurück und möchte seine Kinder nun bei sich in Köln haben, von der Mutter fehlt jede Spur. Helga und Jürgen kommen bei ihrer Tante Meta unter. Während Jürgen beim Automobilhersteller Ford eine Anstellung findet, erfüllt sich Helgas Traum von einem Besuch auf dem Gymnasium nicht, sie muss auf Wunsch ihres Vaters auf eine Haushaltsschule. War die Freude, endlich wieder mit dem Vater vereint zu sein, anfangs groß, so schwinden Helgas Illusionen schnell. Tante Meta macht ihr das Leben schwer, aber vor allem ein Praktikum im Waisenhaus bringt sie an die Grenzen der Belastbarkeit. Während in Köln die Kriegsruinen nach und nach verschwinden und der Wiederaufbau in vollem Gange ist, sieht sich Helga den größten Herausforderungen ihres Lebens gegenüber…
    Lilly Bernstein hat mit „Findelmädchen“ einen sehr emotionalen historischen Roman vorgelegt, der den Leser in das Köln der Nachkriegszeit reisen lässt, um Helga und die damaligen Lebensumstände kennenzulernen. Der flüssige, bildhafte und einfühlsame Erzählstil nimmt den Leser schon mit wenigen Zeilen gefangen und bringt ihn an die Seite von Helga, wo er ihr nicht nur über die Schulter schauen, sondern auch ihre Gedanken- und Gefühlswelt sehr genau erkunden darf. Haben Helga und ihr Bruder vorher in einer liebevollen Pflegefamilie eine einigermaßen schöne Kindheit verleben dürfen, so müssen sie nun bei ihrem leiblichen Vater die harte Realität kennenlernen. Die Autorin beschreibt die Stadt zur damaligen Zeit auf sehr realistische Weise, die Kriegsruinen sowie das Leben der Bewohner wird so plastisch dargestellt, dass der Leser während der Lektüre vor dem inneren Auge vor sich sieht. Auch die Rolle der Frau zu jener Zeit wird gut hervorgehoben und ruft Unwillen hervor, denn Frauen wurden immer noch als unmündige Wesen behandelt, die es zu bevormunden gilt. Besonders entsetzlich sind die Zustände in dem Waisenhaus beschrieben, in dem Helga ihr Praktikum absolviert. Hier beweist Helga beweist großen Mut, denn sie setzt sich für die Kinder ein und hat vor allem auch keine Vorurteile gegenüber farbigen Schützlingen, die besonders unter der Behandlung im Heim zu leiden haben, misshandelt und stigmatisiert werden. Die Geschichte weiß von Anfang bis Ende zu fesseln, der finale Schluss passt allerdings nicht so ganz zum restlichen Roman, ist er doch viel zu weich gespült und eher unrealistisch.
    Die Charaktere sind sehr facettenreich ausgestaltet und in Szene gesetzt, mit ihren glaubwürdigen Ecken und Kanten wirken sie sehr lebendig und nehmen den Leser in ihre Mitte, der ihnen auf Schritt und Tritt folgt. Helga hat einerseits etwas von einer Träumerin, andererseits zeigt sie neben Mut und Stärke auch ein gewisses Maß an Freiheitsdrang und Selbstbestimmung. Sie lässt sich nicht verbiegen und steht für die Dinge ein, die ihr wichtig sind, dabei hat sie das Herz am rechten Fleck. Bruder Jürgen ist aufgeschlossen und lebenslustig, während der Vater sehr schweigsam und zurückhaltend ist. Tante Meta ist ein eiskalter Drachen, die das Heft nicht aus der Hand gibt. Aber auch Fanny, Bärbel, Albert und Claire haben wichtige Rollen in dieser Handlung.
    „Findelmädchen“ ist eine bewegende Geschichte über Selbstbestimmung, Diskriminierung, Entfremdung und der Suche nach einer glücklichen Zukunft. Neben gut recherchiertem Hintergrund besticht der Roman mit sehr real geschilderten Schicksalen, wie sie zur damaligen Zeit leider zum Alltag gehörten. Verdiente Leseempfehlung für eine sehr unterhaltsame und berührende Geschichte!

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  • 5 Sterne

    38 von 59 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    mabuerele, 09.07.2022

    Als Buch bewertet

    „...Denn es war Onkel Albert, der in die Küche stürzte. Er war leichenblass und schien völlig außer sich. In der Hand hielt er ein aufgerissenes Briefkuvert...“

    Wir schreiben Dezember 1954. Die 15jährige Helga beobachtet Tante Claire beim Backen des Weihnachtsbaumkuchens. Noch ahnt sie nicht, dass mit den Brief, der im obigen Zitat erwähnt wird, ihr Leben eine radikale Wende nimmt.
    Die Autorin hat einen spannenden und bewegenden historischen Roman geschrieben.
    Der Schriftstil ist ausgereift. Er gibt die Zeitverhältnisse sehr detailliert wieder und lässt viel Platz für Emotionen.
    Der Brief enthält eine Nachricht vom Vater. Endlich aus der russischen Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, erwartet er seine Kinder in Köln.
    Claire und Albert hatten Helga und Jürgen in Frankreich ein Heim gegeben. Jetzt sind sie bereit, sie loszulassen, damit der Vater seine Kinder wieder in die Arme schließen kann. Helga geht mit einem zwiespältigen Gefühl.

    „...Jahrelang hatte sie sich zerrissen gefühlt, weil sie nirgendwo dazu gehörte. Sie war keine echte Französin, doch sie fühlte sich schon lange nicht mehr als Deutsche...“

    Helga träumt davon, aufs Gymnasium zu gehen und vielleicht Schriftstellerin zu werden. In Frankreich waren die ersten Weichen dafür gestellt. Was aber würde sie in Köln erwarten?
    Deutlich wird herausgearbeitet, wie sich in den vergangenen Jahren Köln dem Äußeren nach schon zum Positiven verändert hat. Der Vater hat sich eine bescheidene Existenz aufgebaut. Von der Mutter fehlt jede Spur. Hinzu kommt, dass die Erinnerungen von Helga erst im Jahre 1945 beginnen. Was vorher war, ist wie weggewischt.
    In Helgas Elternhaus lebt eine Schwester der Mutter und, unter dem Dach, eine Flüchtlingsfamilie. Die alte Dame hat ab und an klare Momente. Dann führt sie kurze tiefgehende Gespräche mit Helga.

    „...“Ich verstehe.“ Auguste richtete sich auf und hob den Kopf, als sehe sie etwas, was Helga verborgen war. „Ein Mensch ohne Vergangenheit ist kein Mensch“, sagte sie mit Nachdruck. „Wie willst du dein Leben meistern, wenn du deine Vergangenheit nicht kennst?“...“

    Halga muss ihren Traum vom Gymnasium begraben. Sie bekommt eine Praktikumsstelle in einem Waisenhaus. Die Verhältnisse sind erschütternd. Gewalt ist die Regel, nicht die Ausnahme. Vor allem Bärbel, ein sogenanntes Besatzerkind, ist den Angriffen der Nonnen ausgesetzt. Helga versucht ihr zu helfen, wo es geht.

    „...“Die mögen im Waisenhaus keine Juden, keine Zigeuner und keine Mischlingskinder, glaub mir.“ „Aber die Nazizeit ist doch vorbei“, rief Helga entrüstet. „Ja, und?“ Peter nahm noch einen Zug. „Die Leute sind dieselben. Wie überall in Köln. Wer damals das Sagen hatte, hat es jetzt auch wieder.“...“

    Schlimm finde ich, wie wenig Rechte unverheiratete Mütter hatten. Ihnen wurden die Kinder vorenthalten, da konnten sie sich abstrampeln, wie sie wollten.
    Als besonderes Stilmittel gibt es ab und an Tagebucheinträge der Mutter. So weiß ich ehr als die Familie, was kurz nach dem Krieg passiert ist.
    Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ist gut recherchiert und emotional stimmig.

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  • 5 Sterne

    8 von 11 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Barbara, 28.08.2022

    Als Buch bewertet

    mitreißende Geschichte
    "Findelmädchen" : Aufbruch ins Glück | von Lilly Bernstein
    Man geht auf Zeitreise und erlebt das Deutschland im Jahr 1955. Eine gut recherchierte, mitreißende, eindringliche und sehr emotionale Geschichte einer Familie und deren Umfeld. Der Vater kommt erst spät aus der Kriegsgefangenschaft wieder und findet über das rote Kreuz seine beiden Kinder, seine Frau scheint vom Erdboden verschwunden zu sein. Jürgen findet arbeitet bei Ford und seien Schwester Helga die liebend gerne aufs Gymnasium gehen möchte muss zur Haushaltungsschule um dort auf ein Leben als Ehefrau vorbereitet zu werden. Aber lest selbst was sich ereignet und wie die Akteure mit den Situationen umgehen. Ihr werdet das Buch nicht wieder aus der Hand legen wollen. Leichter, flüssiger Schreibstil. Die Beschreibung der Protagonisten ist gut gelungen, man kann ihre Handlungen, Beweggründe und Emotionen gut nach voll ziehen. Die Handlungsorte werden gut beschrieben man hat das Gefühl man ist vor Ort.

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elke V., 18.07.2022

    Als Buch bewertet

    Rassismus und Frauenfeindlichkeit in der Nachkriegszeit

    Erneut hat Lilly Bernstein einen Roman geschrieben, den ich nicht mehr aus der Hand legen konnte, hatte ich erst begonnen zu lesen. Das Vorgänger Buch "Trümmermädchen " wartete mit der gleichen Intensität auf. Haben wir in diesem vorangegangenen Werk Anna und ihre Bande von der Ehrenstraße in Köln zur Zeit des 2. Weltkrieges kennengelernt, so erleben wir jetzt die Herausforderungen der Nachkriegszeit in Köln und erleben was aus den Geschwistern Helga und Jürgen geworden ist. Die Geschichte beginnt in Frankreich, wo die beiden von Tante Claire und Onkel Albert fürsorglich umsorgt worden sind, bis plötzlich bekannt wird, dass der Vater der Kinder noch lebt und sie 1955 zurück in ihre alte Heimat am Rhein reisen. Doch die Lebenssituation gestaltet sich besonders für Helga nicht einfach, vermisst sie ihre Mutter doch sehr, von der niemand weiß, was mit ihr geschehen ist und zudem wird sie sich als heranwachsende, junge Frau einem Rollenbild bewusst, das sie immer mehr als ungerecht und abwertend erlebt und dem sie selbst zum Opfer fällt. Das anfängliche Glücksgefühl über den heimgekehrten Vater, der ihr liebvoll begegnet, wird bald durch seine eigene Vergangenheit getrübt, die es ihm nicht erlaubt, Helga mit ihren Fähigkeiten so anzunehmen wie sie ist. So muss sie statt ihres Wunsches ein Gymnasium zu besuchen, eine Haushaltungsschule ertragen, die nach einem theoretischen Teil ein Praktikum vorsieht. Ausgerechnet Helga mit ihrem Leben als Trümmmerkind soll dieses in einem Waisenhaus absolvieren, wodurch sie mit ihrer eigenen Vergangenheit schmerzlich konfrontiert wird. Dort lernt sie die kleine Bärbel kennen, die als Kind mit dunkler Hautfarbe täglichen brutalen Mißhandlungen ausgesetzt ist. Wie kann Helga ihr nur helfen?

    Doch in dem Haus am Eigelstein leben noch andere Personen, wie sich des Nachts plötzlich herausstellt. Da gibt es nicht nur die lebenslustige Fanny und die unausstehliche Tante Meta, sondern auch noch Auguste und Konradin, die aus Ostpreußen geflüchtet sind und auf dem Dachboden wohnen.

    Die Charaktere erwachen sofort zum Leben, so dass ich sofort Teil der Handlung zu sein schien. Jede Szene sah ich während des Lesens deutlich vor mir. Die Autorin schreibt so detailreich und emotional packend, wie ich es kaum von anderen Schriftstellern kenne. Die Verzweiflung und die Wut Helgas habe ich mehrfach deutlich gespürt. Zum Ende hin konnte ich das heimelige Weihnachtsfest so richtig genießen, nach all den dramatischen Ereignissen zuvor. Die Handlung ist in sich schlüssig und spannend aufgebaut, aber nicht vorhersehbar. Während der einzelnen Kapitel kommen Tagebucheintragungen der Mutter zur Sprache, die sukzessive erahnen lassen, was sich damals tatsächlich zu Ende des Krieges ereignet hat.

    Die Rolle der Frau in der Nachkriegszeit hat mich sehr betroffen gemacht und ich musste unweigerlich an die Geschichte meiner eigenen Mutter denken.

    Diese Buch ist absolut lesens- und empfehlenswert- thematisch und atmosphärisch wirklich gelungen- für alle, insbesondere Frauen, die gut geschriebene Geschichten lieben.

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  • 5 Sterne

    6 von 7 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Barbara, 28.08.2022

    Als eBook bewertet

    mitreißende Geschichte
    "Findelmädchen" : Aufbruch ins Glück | von Lilly Bernstein
    Man geht auf Zeitreise und erlebt das Deutschland im Jahr 1955. Eine gut recherchierte, mitreißende, eindringliche und sehr emotionale Geschichte einer Familie und deren Umfeld. Der Vater kommt erst spät aus der Kriegsgefangenschaft wieder und findet über das rote Kreuz seine beiden Kinder, seine Frau scheint vom Erdboden verschwunden zu sein. Jürgen findet arbeitet bei Ford und seien Schwester Helga die liebend gerne aufs Gymnasium gehen möchte muss zur Haushaltungsschule um dort auf ein Leben als Ehefrau vorbereitet zu werden. Aber lest selbst was sich ereignet und wie die Akteure mit den Situationen umgehen. Ihr werdet das Buch nicht wieder aus der Hand legen wollen. Leichter, flüssiger Schreibstil. Die Beschreibung der Protagonisten ist gut gelungen, man kann ihre Handlungen, Beweggründe und Emotionen gut nach voll ziehen. Die Handlungsorte werden gut beschrieben man hat das Gefühl man ist vor Ort.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Barbara T., 06.12.2022

    Als eBook bewertet

    Berührende Geschichte

    Über die Nachkriegsjahre in Deutschland und das Schicksal eines Geschwisterpaar Helga und Jürgen erzählt Lilly Bernstein in ihrem Buch „Findelmädchen“. Die Hauptprotagonistin Helga, das Findelmädchen, wurde zusammen mit ihrem Bruder Jürgen im Jahr 1945 von einem französischen Ehepaar in Köln aufgelesen. Die Kinder, damals sechs- und sieben Jahre alt, saßen allein vor einem Bunker. Ihre Mutter war spurlos verschwunden. Doch die Franzosen haben die Suche nach den Eltern von Helga und Jürgen nie aufgegeben und den Vater der Beiden gefunden, der nach jahrelanger russischer Gefangenschaft nach Köln zurückgekehrt ist.

    Für die Familie beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Alle müssen neu anfangen, ihr Glück finden, die ´Zeit, die durch den Krieg verlorengegangen ist, irgendwie nachholen. Während die Männer in der neuen Lage scheinbar leichter Fuß fassen können, ist der Lebensweg von Frauen von vielen Hindernissen geprägt. So darf Helga nicht auf das Gymnasium gehen, weil ihr Vater es ihr nicht erlaubt. Stattdessen darf sie die Haushaltsschule besuchen, die damals für Mädchen, künftige Ehefrauen und Mütter, bestimmt war. Während des Praktikums in einem Waisenhaus stößt Helga auf Umstände, die aus heutiger Sicht unvorstellbar wären. Gegen die Ungerechtigkeiten, die den Waisenkindern dort geschehen, gegen die zweifelhafte, unmenschliche Erziehungsmethoden begehrt Helga auf und versucht nach all ihr zur Verfügung stehenden Mitteln Abhilfe zu schaffen.

    Helgas berührende Geschichte wirkt authentisch. Sie wurde von der Autorin mit viel Herz erzählt und rührt des Öfteren zu Tränen. Wunderbar vermittelt die Schriftstellerin die Atmosphäre der Nachkriegsjahre in Deutschland und schildert ein authentisches Bild der damaligen Gesellschaft. Der Leser kann sich gut in die menschlichen Schicksale hineinversetzen.
    Ich bin in diese Geschichte versunken, habe mit Helga und ihrer Freundin Fanny, deren Tochter in einem Waisenhaus aufwachsen musste, mitgelitten und um ihr Schicksal mitgefiebert.

    Der Roman wirkt ein bisschen wie ein modernes Märchen, das wirklich geschah, deswegen passt er hervorragend in die aktuelle Vorweihnachtszeit. Das Buch bekommt meine wärmste Empfehlung. Es ist lesenswert, zu jeder Jahreszeit!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Filiz C., 09.04.2023

    Verifizierter Kommentar
    Als eBook bewertet

    Was für eine mega tolle Geschichte. Bin überwältigt. Absolute Buchempfehlung!

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Luise_Dez, 11.07.2022

    Als Buch bewertet

    Die Autorin Lilly Bernstein, erzählt in ihrem neuen Roman „Findelmädchen“, eine bewegende und spannungsgeladene Geschichte über Helga und deren Bruder Jürgen, die nach Jahren in Frankreich zurück nach Köln dürfen, als ihr Vater doch noch aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrt

    Inhalt:
    Köln 1955: Die 15-jährige Helga und ihr Bruder Jürgen leben endlich wieder bei ihrem aus russischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrten Vater. Von der Mutter fehlt seit Kriegsende jede Spur. Der Vater baut sich mit einem Büdchen eine neue Existenz auf, Jürgen beginnt bei Ford. Helga aber, die sich nichts sehnlicher wünscht, als aufs Gymnasium zu gehen, soll sich in der Haushaltungsschule auf ein Leben als Ehefrau vorbereiten. Während eines Praktikums im Waisenhaus muss sie entsetzt mitansehen, wie schlecht die Kinder dort behandelt werden. Schützend stellt sie sich vor ein sogenanntes »Besatzerkind«. Und sie verliebt sich. Doch die Schatten des Krieges bedrohen alles, was sie sich vom Leben erhofft hat …

    Meine Meinung:
    Der Autorin, ist es wieder hervorragend gelungen, eine fesselnde und herzergreifende Geschichte zu schreiben, die mich gut in die 50er Jahre und das Schicksal der Nachkriegskinder haben eintauchen lassen.

    Jürgen bekommt direkt eine Stelle bei Ford und Helgas sehnlichster Wunsch, aufs Gymnasium zu gehen, erfüllt sich nicht. Auf einer Haushaltsschule soll sie sich auf ein Leben als Ehefrau vorbereiten. Im Rahmen eines Praktikums wird Helga im Waisenhaus eingesetzt und ist entsetzt über das Leid der Kinder sowie der Kaltherzigkeit der Nonnen, dass selbst zehn Jahren nach Kriegsende noch in deren Köpfen vorhanden ist. Diese Erfahrung muss Helga im Waisenhaus mehrmals machen, vor allem die farbige kleine Bärbel, ein Besatzerkind, die es besonders schwer hat.

    Das Leben in ihrer alten Heimat ist nicht so einfach, wie die Geschwister es sich vorgestellt haben, denn viele Erinnerungen an die Kriegszeit, sind einfach noch vorhanden und noch lange nicht verarbeitet. Was mit ihrer Mutter passiert ist, wissen sie nicht und keiner kann ihre Fragen beantworten.

    In Form von Tagebucheinträgen aus dem Krieg kommen immer mehr Details der Mutter und über die Vergangenheit des Vaters ans Licht, mit der niemand gerechnet hat.

    Fazit:

    Die Autorin hat mit ihrem bewegenden Schreibstil das Leben der beiden Geschwister und deren Auswirkungen in der Nachkriegszeit, hervorragend bildlich und glaubhaft, dargestellt. Die Protagonisten und selbst die Nebenfiguren sind im Handlungsverlauf sehr gut dargestellt und hielten bis zum Ende viele Überraschungen und Wendungen bereit. Ich habe diesen Roman regelrecht verschlungen und hatte viele ergreifende Lesestunden.

    Von mir 5 Sterne eine absolute Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Sibylle K., 26.07.2022

    Als Buch bewertet

    Diese Geschichte von Helga und ihren Bruder Jürgen entführt uns in die Nachkriegszeit.
    Es beginnt im Jahre 1947, Helga, Jürgen und noch drei weitere Kinder hausen im Keller, bis die Rettung durch die Franzosen Claire und Albert kommt.
    Gemeinsam fahren sie nach Frankreich, herzlich werden sie in der Pflegefamilie aufgenommen. Acht Jahre später meldet sich der Vater und möchte das sie nach Köln zurück kommen. Das Wiedersehen ist sehr herzlich, gemeinsam machen sich die Drei auf dem Weg, in ihr neues zu Hause, sie leben alle bei der griesgrämigen Tante.
    Ihr Vater betreibt ein Büdchen, ihr Bruder findet eine Anstellung bei Ford und Helga träumt, auf ein Gymnasium zu gehen, aber ihre Tante schickt sie auf eine Haushaltsschule. Bei einem Praktikum im Waisenhaus herrschen grauenvolle Sitten.

    Was war das für eine Geschichte, ich habe mitgelitten, diese Zustände im Heim, unfassbar. Der Mut von Helga und das sie sich mit so viel Herz engagiert hat, die kleine Bärbel die mit ihren jungen Jahren, schon Rassismus erleben muss, hat mich sehr berührt.
    Ich war traurig und wütend zugleich.
    Aber es gab auch schöne Momente, die Entstehung des Rock'n Roll, es lebe der Petticoat und der Zusammenhalt beim Wiederaufbau der Trümmerstadt Köln.
    Eine unglaublich emotionale Geschichte,
    die Lilly Bernstein zu Papier gebracht hat.
    600 Seiten voller Spannung, einfach großartig recherchiert.
    Eine historischer Roman der mich nicht mehr los ließ, eine klare Leseempfehlung.
    Der Vorgänger •Trümmermädchen• steht schon auf meiner Wunschliste.

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elisabeth S., 18.07.2022

    Als Buch bewertet

    emotional und sehr berührend

    Inhalt:

    Köln 1955: Die 15-jährige Helga und ihr Bruder Jürgen leben endlich wieder bei ihrem aus russischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrten Vater. Von der Mutter fehlt seit Kriegsende jede Spur. Der Vater baut sich mit einem Büdchen eine neue Existenz auf, Jürgen beginnt bei Ford. Helga aber, die sich nichts sehnlicher wünscht, als aufs Gymnasium zu gehen, soll sich in der Haushaltungsschule auf ein Leben als Ehefrau vorbereiten. Während eines Praktikums im Waisenhaus muss sie entsetzt mitansehen, wie schlecht die Kinder dort behandelt werden. Schützend stellt sie sich vor ein sogenanntes »Besatzerkind«. Und sie verliebt sich. Doch die Schatten des Krieges bedrohen alles, was sie sich vom Leben erhofft hat …

    Meinung:

    Das Cover hat mich sofort angesprochen und passt perfekt zur Story. Sehr emotional verfolgte ich, wie Helga gegen alle Widerstände versucht, ihren Weg zu finden und zu gehen. Der angenehm flüssige Schreibstil sowie die Dramatik, die die Geschichte beim Lesen entwickelte, ließen mich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Anschaulich werden die Leser*innen in die Nachkriegszeit und den Beginn der Wirtschaftswunderzeit versetzt. Ich habe mit Helga mitgelitten, gehofft und gebangt, denn sie hat es nicht leicht in dieser Zeit. Einerseits ist sie froh und genießt es, ihren Vater wiedergefunden zu haben, andererseits muss sie sich seinen Entscheidungen bezüglich ihrer Zukunft beugen, was ihr nicht leicht fällt. Außerdem macht es ihr zu schaffen, dass niemand mit ihr über die Vergangenheit und ihre immer noch vermisste Mutter sprechen will, weil sie sich einfach nicht erinnern kann. Dass es zwischendrin immer wieder kurze Kapitel gibt, die als Tagebucheinträge der Mutter Einblick in die Zeit zum Kriegsende geben, hielten meine Spannung hoch und ich war ganz neugierig, ob Helga noch etwas über ihre Mutter erfährt. Alle Charaktere wurden differenziert und überaus authentisch gezeichnet und lösten bei mir – je nach Person – Sympathie oder auch Antipathie bzw. sogar Abscheu aus! Bis zum Schluss gibt es immer wieder Überraschungen und unvorhersehbare Wendungen und das Ende war sowohl schlüssig wie auch zufriedenstellend.

    Fazit:

    Dies war meine erstes Buch von Lilly Bernstein, aber bestimmt nicht mein letztes! Dies ist ein Buch, was mich emotional so gepackt hat, dass mir mehrfach die Tränen liefen. Ich war entsetzt über die Zustände im Waisenhaus, was damals leider wirklich den Tatsachen entsprach und wie es den sogenannten „Besatzerkindern“ erging, ist einfach nur traurig und machte mich sehr betroffen. Ich kann euch dieses berührende Buch sehr ans Herz legen und gebe sehr verdiente 5 Sterne ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    AnneE, 04.09.2022

    Als Buch bewertet

    Gegen das Vergessen…
    Für die Generationen, die Jahre nach dem Krieg geboren wurden, ist es häufig sehr schwierig, sich die Zeit des Krieges und der Nachkriegszeit vorzustellen. Ich selbst hatte das Glück, dass ich viel Zeit meiner Kindheit und Jugend damit verbracht habe, den Erinnerungen meiner Oma zu lauschen und – mithilfe der entsprechenden Fotos aus dieser Zeit – eine gewisse Vorstellung von den schwierigen Zeiten der Vergangenheit zu entwickeln.
    Insofern hat mich „Das Findelmädchen“ von Lilly Bernstein aufgrund des ansprechenden Covers und der interessanten Rahmenhandlung direkt neugierig gemacht. Zum Glück, denn diese Reise in das historische Köln der Nachkriegszeit ließ mich so mit fiebern, dass die Seiten nur so dahingeflogen sind.
    Anders als erwartet, beginnt die Geschichte um „Das Findelmädchen“ nicht in Köln, sondern in Frankreich. Man lernt Helga und Jürgen kennen und erfährt, dass sie als Findelkinder zum Ende des Krieges unheimliches Glück hatten, weil sie und andere Kinder durch die durchreisenden Franzosen Claire und Albert vor dem Heim bewahrt wurden. Obwohl Helga und Jürgen sehr dankbar sind und sich wohl auf dem Weingut der Familie fühlen, spüren sie doch eine große Sehnsucht nach ihren Wurzeln und dem mit der Heimat verbundenen Zugehörigkeitsgefühl, was sie in der Fremde häufig vermissen.
    Insofern ist es sehr verständlich, dass sie, nachdem der Vater aus der Kriegsgefangenschaft entlassen war und sie ausfindig gemacht hatte, – wenn auch mit wechselhaften Gefühlen – die Reise in die Heimat antreten.
    Der Kontrast vom französischen Landleben zum im Wiederaufbau befindlichen Köln könnte kaum größer sein… Der Vater versucht, den Lebensunterhalt mit einem Büdchen zu bestreiten. Als Unterkunft dient das Elternhaus der verschollenen Mutter, das Helga und Jürgen gemeinsam mit dem Vater, Tante Meta, Fanny und Vertriebenen, die auf dem Dachboden hausen, teilen.
    Schnell spürt man, dass die schrecklichen Erfahrungen des Krieges die einzelnen Charaktere nach wie vor bestimmen, auch wenn leider zunächst sehr viel totgeschwiegen wird.
    Dies führt auch dazu, dass der Vater – zum Unverständnis von Helga - seiner schreibbegabten, wissbegierigen Tochter den Zugang zum Gymnasium verwehrt und sie stattdessen in eine Haushaltsschule geschickt wird.
    Im Rahmen eines Praktikums erfährt Helga - der nur dank Claire und Albert selbst ein Schicksal als „Findelmädchen“ erspart wurde - wie menschenunwürdig die Verhältnisse im Kinderheim sind und sie versucht, mit allen Mitteln dagegen anzukämpfen…
    Aufgrund der authentischen Charaktere und der atmosphärischen Beschreibungen gelingt es der Autorin, die Verhältnisse im Köln der Nachkriegszeit spürbar zu machen. Helga ist eine unheimlich starke Persönlichkeit mit einem großen Unrechtsempfinden, die für ihre Wünsche und Ideen einzustehen versucht. In einer von Männern geprägten Welt, in der für das „normale“ Arbeitermädchen das Hausfrau und Muttersein als höchstes Maß der Erfüllung angesehen wird, hat Helga keinen leichten Weg für sich gewählt.
    Für mich hat „Das Findelmädchen“ somit zahlreiche Impulse geboten, um mich mit der Rolle der Frau im 20. Und 21. Jahrhundert auseinanderzusetzen und zu reflektieren, wie abhängig Frauen damals vom Wohlwollen der Väter und Ehemänner waren.
    Auch dass die bedrückenden Lebensumstände im Kinderheim so realistisch geschildert werden, hilft dabei, die Opfer, die diese Missstände heute aufzudecken versuchen, etwas besser zu verstehen.
    Insgesamt finde ich den vielperspektivischen Blick auf die NS- und die Nachkriegszeit, der durch die Lebensgeschichten der einzelnen Charaktere offenbart wird, sehr gelungen. Das Problem des Schweigens der Elterngenerationen, das im Geschichtsunterricht häufig thematisiert wurde, wird so ebenso nachvollziehbar dargestellt, wie die Frage, welche Schuld auf der Elterngeneration, den Institutionen und denjenigen, die einfach weggesehen haben, lastet.
    Besonders gut hat mir gefallen, dass die Gedächtnislücken von Helga und Jürgen durch Einschübe aus dem Tagebuch der Mutter wie ein Puzzle nach und nach zusammengesetzt werden.
    Durch den Schreibstil hatte ich trotz der schwierigen Inhalte durchweg das Gefühl, wie in einer warmen Decke ummantelt zu sein, die das zuversichtliche Gefühl vermittelt „Es hätt noch immer jot jejange“ und kann deshalb diese emotionale Lesereise in das historische Köln der Nachkriegszeit nur empfehlen!

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  • 5 Sterne

    Lena, 27.07.2022

    Als Buch bewertet

    Nachdem Helga und Jürgen van Beek nach Ende des Zweiten Weltkrieges als verwaiste Findelkinder von einem Paar aus Frankreich aufgefunden wurden, die sich ihnen liebevoll annahmen, kehren sie im Januar 1955 nach Köln zu ihrem aus russischer Kriegsgefangenschaft heimgekommenen Vater zurück. Der Verbleib der Mutter Elisa ist weiterhin ungewiss.
    Der Vater hat sich mit einem kleinen Büdchen in Köln selbstständig gemacht, wo sich Helga gerne aufhält, in Illustrierten blättert und allein die Anwesenheit des Vaters genießt. Sie ist inzwischen 15 Jahre alt, wissbegierig und würde deshalb gerne auf das Gymnasium gehen. Ihr sonst so fürsorglicher Vater hat dafür kein Verständnis und auch die traumatisierte, schnippische Tante Meta ist Helga keine Hilfe.
    Helga wird auf der Haushaltungsschule angemeldet, wo sie sich mit ihren zwei linken Händen auf das Leben als Ehefrau vorbereiten soll, obwohl Helga noch keinen Gedanken an eine Ehe verschwendet. Während eines Praktikums in einem Waisenhaus in Sülz wird sie mit der harten Realität konfrontiert. Sie ist erschüttert, wie die strengen Nonnen mit den Kindern umgehen, die ohnehin schon so viel mitgemacht haben und fühlt sich an ihr eigenes Schicksal als "Kind aus der Gosse" erinnert.
    Dagegen ist der Wiederaufbau und die Euphorie eines Aufschwungs spürbar und so hofft auch Helga trotz aller Widrigkeiten und der Ungewissheit um die Mutter auf einen Neuanfang.

    "Findelmädchen - Aufbruch ins Glück" ist kein Nachfolgeband von "Trümmermädchen - Annas Traum vom Glück", handelt jedoch wieder in Köln und wenige Jahre im Anschluss. Helga denkt zudem noch an Anna und Karl vom Buttermarkt, die sie noch aus früher Kindheit kennt.

    Der Roman wird aus der Perspektive der Jugendlichen Helga geschildert, die während und nach dem Zweiten Weltkrieg viel Schlimmes miterleben musste, die Vater und Mutter verloren hatte und sich allein mit ihrem einen Jahr älteren Bruder Jürgen durchschlagen musste. An ihren Vater hatte sie kaum mehr eine Erinnerung, aber dennoch fühlt sie sich in seinen Armen und in Köln sofort wieder heimisch. Sie ist ein etwas verschüchtertes, aber neugieriges, intelligentes Mädchen, das gerne liest und deshalb auf das Gymnasium gehen möchte, um noch mehr zu lernen. Sie, die im Haushalt schon immer ungeschickt war und deshalb so unsicher ist, soll sich stattdessen auf der Haushaltungsschule auf ihr Leben als Haus- und Ehefrau vorbereiten.
    Brav fügt sie sich in ihr Schicksal, kann jedoch nicht nur dabei zusehen, wie die Kinder im Waisenhaus emotional vernachlässigt, erniedrigt bis hin zu gewalttätig aufgezogen werden. Insbesondere das farbige "Besatzerkind" Bärbel hat es schwer, wird von anderen Kindern und den Nonnen drangsaliert und als minderwertig erachtet.
    Neben den schlechten Erfahrungen, die sie dort sammelt und sie daran erinnern lässt, wie gut es ihr im Vergleich dazu ergangen ist, freut sie sich für ihren Bruder, der eine Anstellung bei Ford hat und mit allerhand handwerklichem Geschick die Zimmer in ihrem Häuschen am Eigelstein renoviert. Auch Fanny, die bei ihnen aushilft, mag Helga gerne und staunt, wie die von ihr eröffnete Milchbar Leben in ihr Haus bringt.
    Milchshakes, Petticoats und Rock'n'Roll, Tanz und erste zaghafte Annäherungsversuche unter den Jugendlichen unter den strengen Augen der Erwachsenen, aber auch das verbliebene nationalsozialistische Gedankengut - der Zeitgeist der 1950er-Jahre und die Aufbruchstimmung ist spürbar und ein wunderbarer Kontrast zu dem Leid der frühen (Nachkriegs-)jahre und der Situation im Waisenhaus.

    Der Schreibstil von Lilly Bernstein ist liebevoll detailliert, einnehmend und so bildhaft, dass man sich problemlos in das Köln von 1955 versetzen kann. Auch in die sympathische, aufgeweckte und doch so zurückhaltende Helga kann man sich ohne Weiteres einfühlen. Spannung erzeugt dabei nicht nur ihr weiterer Werdegang und ihr Heranwachsen von einem verschüchterten "Findelmädchen" zu einer wagemutigen jungen Frau, sondern auch ob das Schicksal von Helgas und Jürgens Mutter geklärt werden wird. Durch ihre emotionalen Tagebucheinträge aus dem Jahr 1945, die sie an ihren Ehemann richtet und die sich zwischen die Kapitel einfügen, bleibt sie stets im Hintergrund der Geschichte.

    "Findelmädchen - Aufbruch ins Glück" ist eine authentisch geschilderter, herzerwärmender Roman über Hoffnung, Träume und die Suche nach Glück, die die Situation des Nachkriegsdeutschlands historisch aufwändig recherchiert und anhand der fiktiven Geschichte von Helga emotional bewegend darstellt.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Azyria Sun, 07.08.2022

    Als Buch bewertet

    Anrührend, emotional und beeindruckend

    Worum geht’s?
    Köln 1955: Bei einer Pflegefamilie in Frankreich aufgewachsen, finden Helga und Jürgen ihren richtigen Vater wieder und ziehen zu ihm nach Köln. Während Jürgen bei den Ford-Werken eine Arbeit findet, macht Helga ein Praktikum in einem von Nonnen geführten Waisenhaus und was sie dort erlebt, ist einfach nur entsetzlich.

    Meine Meinung:
    „Findelmädchen – Aufbruch ins Glück“ von Lilly Bernstein ist wieder ein Roman, der das Herz berührt. Bereits ihr Trümmermädchen Anna hatte mich absolut begeistert und das Findelmädchen Helga toppt dies fast noch. Diese Liebe zu kleinen, fast nebensächlichen Details, ihre Art, Gefühle und Emotionen zu beschreiben und die recherchierten Fakten in eine fiktionale Geschichte einzuflechten, ist einfach unvergleichlich. Selten kann ich bei Büchern so mitfühlen und mich so mitreißen lassen, wie in den Büchern von Lilly Bernstein.

    Mit Helga erschafft sie einen Charakter, den man einfach ins Herz schließen muss. Die Jugendliche, die viel durchgemacht hat aber einen großen Kampfgeist und ein noch größeres Herz besitzt. Dann ihr technikbegeisterter Bruder Jürgen, manchmal sind beide fast wie Zwillinge, so verbunden kommen sie mir vor. Auch Fanny ist ein wundervoller Charakter. Eine lebenslustige Frau, die ein schweres Päckchen zu tragen hat, was wir aber später erst erfahren. Und zuletzt haben wir noch Helgas Vater, der im Krieg als Journalist instrumentalisiert wurde, sowie die Flüchtlinge Auguste und Konradin, die Unterschlupf im Haus der van Beeks finden, ebenfalls liebenswerte und authentische Charaktere.

    All diese Menschen dürfen wir begleiten im Köln der 1955er Jahre. Es ist einfach zauberhaft, wie die Autorin diese Zeit des Wandels aufleben lässt. Fannys Milchbar, die Fröhlichkeit der Menschen. Die Lebensfreude der Jugendlichen. Es ist schön zu erleben, wie nach den Jahren der Entbehrung alles erwacht und mit neuem Mut zu wachsen beginnt. Noch überschattet von den Nachwehen des Krieges. Den Erinnerungen an den Hunger und die Angst, aber dennoch dieser Wille für einen Neuanfang. Überschattet von den Erzählungen aus dem Kinderheim und wie dort mit den Kindern, insbesondere dem Mischlingskind Bärbel, umgegangen wird. Dieser Teil basiert gem. Nachwort auf Erzählungen von Zeitzeugen, was mich umso tiefer getroffen hat. Und auch die Stellung der Frau hat die Autorin aufgezeigt, wie schnell man nichts mehr wert ist, verachtet und verhöhnt wird. All diese Fakten eingebracht in einen emotionalen Roman, gut recherchiert und voller Herzenswärme erzählt, war einfach unglaublich mitreißend zu lesen. Lilly Bernstein hat die 1955er Jahre wieder lebendig werden lassen und uns mitgenommen auf eine Zeitreise mitten hinein nach Köln. Dieses Buch hat mich gefesselt und wieder absolut überzeugt – von mir eine ganz klare Leseempfehlung und ich bin schon sehr gespannt, wohin uns ihr nächstes Buch entführen wird!

    Fazit:
    In ihrem historischen Roman „Findelmädchen – Aufbruch ins Glück“ lässt Lilly Bernstein anhand von Helga van Beek die 1955er Jahre in Köln wieder lebendig werden. Gemeinsam mit Helga und ihrer Familie erleben wir diese Zeit, die noch von den Nachwehen des Weltkriegs erschüttert ist und von den erlittenen Entbehrungen und der Angst. Aber sich auch schon im Wandel befindet. Man fühlt, wie die Lebensfreude zurückkehrt. Die Menschen sich einfach wieder lebendig fühlen möchten. Und mitten hinein in diese Geschichte des Aufbaus und Aufbruchs führt uns die Autorin auch in die schrecklichen Geschehnisse in den Waisenhäusern, basierend auf den Erzählungen von Zeitzeugen, was es umso erschreckender macht. Und hinein in den Stand und die Rolle der Frau.

    Dies ist eine Geschichte, die wieder absolut zu Herzen geht, emotional und ergreifend ist und in der Fakten und Fiktion wieder eine perfekte Mischung darstellen. 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung von mir!

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  • 5 Sterne

    Magnolia, 08.08.2022

    Als Buch bewertet

    Helga und Jürgen werden nach Kriegsende von einer französischen Familie aufgenommen. Auch wenn Tante Claire und Onkel Albert sie liebevoll umsorgen, so sind sie für die Franzosen die Boches, die verhassten Deutschen. „Man fand uns im Sommer nach dem Krieg vor einem Hochbunker in Köln… und schätzte unser Alter auf sechs und sieben Jahre…“

    Beim Kindersuchdienst des Deutschen Roten Kreuzes sind ihre Bilder seit mehr als sieben Jahren hinterlegt und nun hat ihr Vater nach Jahren in russischer Gefangenschaft sie endlich gefunden. Zurück in Köln findet Jürgen bei den Ford-Werken Arbeit, während Helga ihrem Traum, aufs Gymnasium zu gehen, nicht nachgehen darf. Vater ist strikt dagegen, er schickt sie auf die Haushaltungsschule und hier legt sie in einem Waisenhaus ihr Praktikum ab. Es herrscht ein strenges Regiment, die Nonnen lassen nichts durchgehen. Unter dem Deckmantel der Nächstenliebe werden all jene ausgegrenzt, die anders sind. Das Mischlingsmädchen Bärbel hat Helga ganz besonders in ihr Herz geschlossen, die Kleine möchte sich am liebsten ihre Andersartigkeit, ihre dunkle Hautfarbe, mit der Wurzelbürste abwaschen. Und sie ist fest davon überzeugt, dass ihre Mama sie bald zu sich holt.

    Der Krieg ist vorbei, das zerbombte Köln befindet sich im Jahre 1955 in Aufbruchsstimmung. Die jungen Leute wollen Elvis Presley hören, so lässig sein wie James Dean, Blue Jeans und Petticoat sind angesagt. Und sie treffen sich bei Fanny, die sich ihren großen Traum einer eigenen Milchbar endlich erfüllt hat - mit tatkräftiger Unterstützung von Jürgen. Sie ist voller Herzenswärme, aber auch sie hat ein Schicksal, das sie verzweifeln lässt. Und nicht nur sie.

    Helga und Jürgen leben mit ihrem Vater im renovierungsbedürftigen Haus ihrer verschollenen Mutter, deren Schwester Meta es nun als ihr alleiniges Eigentum betrachtet. Dementsprechend behandelt sie die Mitbewohner. Die Flüchtlinge Auguste und ihr Enkel Konradin werden einquartiert, Meta hat sie unters Dach verbannt. Und die alleinstehende, stets gut gelaunte Fanny übernimmt viele Hausarbeiten, dafür kann sie hier wohnen bleiben. Der Mietzins ist obendrein fällig.

    Ich begleite Helga durch dieses für sie so ereignisreiche Jahr 1955, dazwischen lese ich Briefe ihrer Mutter, geschrieben 1945, als sie mit ihren beiden Kindern in einem Bunker ums Überleben kämpft. Während des Lesens nahm ein furchtbarer Verdacht immer mehr Raum ein, mein Glauben an das Gute bekam immer mehr Risse.

    Lilly Bernstein hat mir eine sehr kurze Nacht beschert, ich konnte ihr „Findelmädchen“ nicht weglegen, bin mit ihren so authentischen Charakteren regelrecht abgetaucht. Es sind die Nachkriegsjahre, das Köln im Jahre 1955 ist im Wiederaufbau. Aus heutiger Sicht mutet vieles befremdlich an. Die Diskriminierung der Besatzungskinder ebenso wie die haltlosen Zustände in den Heimen und die Rechtlosigkeit der ledigen Mütter. Ohne Ehemann oder Vater kann eine Frau weder einen Arbeitsvertrag unterschreiben noch ein Konto eröffnen, auch wenn es sich um ihr eigenes Geld handelt. Auch die Sprachlosigkeit unter den Generationen und die erste Liebe sind anschaulich und gut nachvollziehbar geschildert.

    „Findelmädchen“ ist ein berührendes Stück Geschichte. Die fiktionalen Figuren erzählen die gut recherchierten Fakten, alles zusammen gut lesbar aufbereitet. Die Autorin hat mit vielen ehemaligen Heimkindern gesprochen, nicht alle konnten sich öffnen. Aber doch so einiges kam ans Tageslicht, über das jahrzehntelang geschwiegen wurde. Denn je härter das Schicksal zuschlägt, je schlimmer die Erlebnisse, desto weniger kann man darüber sprechen.

    Ein Buch, das ich nicht missen möchte. Ein zu Herzen gehender Roman vor historischem Hintergrund, das ich jedem an Nachkriegsgeschichte Interessierten ohne Wenn und Aber empfehlen kann.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    clematis, 31.07.2022

    Als eBook bewertet

    Die Welt verändern

    Nach Jahren als Findelkinder bei einer freundlichen Gastfamilie in Frankreich wird im Dezember 1954 endlich über den Suchdienst des Roten Kreuzes der Vater von Helga und Jürgen gefunden. Aufgeregt und überglücklich reisen sie zurück nach Köln. Während der Vater mit einer kleinen Verkaufsbude beginnt und Jürgen bei Ford arbeitet, möchte Helga mit ihrer raschen Auffassungsgabe und ihrem Talent zu schreiben das Gymnasium besuchen. Dies wird ihr jedoch verwehrt, sie soll sich mit ihren „deux mains gauches“ (zwei linke Hände) durch die Haushaltungsschule plagen und sich auf ein Leben als Ehefrau und Mutter vorbereiten. Beim Praktikum im Waisenhaus gerät sie an die Grenzen des Erträglichen, so wie manches Kind dort behandelt wird. Bald gerät sie in einen Gewissenskonflikt zwischen Akzeptanz und Widerstand.

    Mit besonderer Gewissenhaftigkeit und Hingabe scheint Lilly Bernstein sich diesem Buch gewidmet zu haben. Aus Helgas Sicht erzählt sie einfühlsam und mit spürbarer Empathie über das Schicksal der beiden Geschwister, welche behütet aber doch als „boches“ (Deutsche, Außenseiter) in Frankreich bei Tante Claire und Onkel Albert einige Jahre ihrer Kindheit verbringen. Zurück in Köln hausen sie in ärmlichen Verhältnissen in ihrem früheren Wohnhaus, in dem aber jetzt die unbarmherzige Tante Meta ein strenges Regiment führt. Dazwischen sind Tagebucheinträge einer verzweifelten Frau zu lesen, welche von Schutt und Trümmern, Hunger und Krankheit berichten.

    Gut recherchiert und detailgenau geht die Autorin auf die schwierige Nachkriegszeit ein, beschreibt beengte und heruntergekommene Wohnverhältnisse und harte Arbeit ebenso wie die Freude über den Aufschwung, unterhaltsame Musik und schwingende Pettycoats. Die Zeit um 1955 ist sehr lebendig und gut vorstellbar eingefangen. Rasch fühlt man als Leser mit Helga mit, egal, ob es um den ausgelassenen Jitterbug geht, den sie tanzt oder um die Traurigkeit, nicht ins Gymnasium zu dürfen. Insbesondere ihre Erlebnisse mit den Zöglingen im Heim sind erschütternd realistisch und unglaublich nahegehend widergegeben. (Den Dankesworten am Ende des Buches ist zu entnehmen, dass Lilly Bernstein mit Zeitzeugen gesprochen hat.)

    Die Spannung in diesem sehr emotionalen Roman steigt kontinuierlich an und zeigt die inneren Konflikte einer jungen Frau vom Bouche de Noel (Biskuitrolle mit Schokocreme) 1954 bis zum Weihnachtsbaumkuchen 1955. Ein ereignisreiches Jahr, das voller Aufregung steckt. Soll man sich gesellschaftlichen Konventionen beugen oder doch lieber um Veränderung kämpfen? Soll man Akzeptanz von bestehenden Normen über oder Unrecht wie Rassentrennung bekämpfen? Einerseits ist Helga furchtbar naiv und gutgläubig, andererseits hat sie ganz klare Vorstellungen davon, wie sie ihr Leben (nicht) gestalten möchte. Geschickt verquickt Bernstein historische Details mit einer tollen fiktiven Handlung und schafft so einen überaus lesenswerten Roman, den ich nur wärmstens empfehlen kann.



    Titel Findelmädchen

    Autor Lilly Bernstein

    ISBN 978-3-548-06568-7

    Sprache Deutsch

    Ausgabe Taschenbuch, 592 Seiten

    ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

    Erscheinungsdatum 28. Juli 2022

    Verlag Ullstein

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  • 5 Sterne

    Siglinde H., 20.08.2022

    Als eBook bewertet

    Schatten des Krieges
    1955 Die 15jährige Helga und ihr älterer Bruder Jürgen sind zurück in Köln. Über den Suchdienst des Roten Kreuzes hat ihr Vater sie in Frankreich gefunden. Nachdem die erste Euphorie des Wiedersehens verflogen ist, fallen Schatten auf das Familienglück.

    Das Schicksal der Mutter ist ungeklärt. Dafür führt die Schwester der Mutter das Regiment im elterlichen Haus, eine verbitterte, missgünstige Frau. Der Vater verbietet Helga den Besuch des Gymnasiums und zerstört damit ihren Traum, Schriftstellerin zu werden. Stattdessen muss Helga die Hauswirtschaftsschule - auch Bräuteschule genannt - besuchen. Ihr Praktikum absolviert sie in einem von Nonnen geführten Waisenhaus und findet sich in einem Alptraum wieder. Besonders das Waisenkind Bärbel, ein Besatzerkind, leidet unter der Grausamkeit der Nonnen und der anderen Kinder.

    Während Helga versucht, Bärbel das Leben leichter zu machen, gerät ihr eigenes aus den Fugen.

    Der Roman nimmt mich von der ersten Seite an gefangen und schickt mich auf eine bewegende Gefühlsreise.

    Ich habe mit Helga und Jürgen gebangt, als sie sich aus der Geborgenheit ihrer französischen Pflegeeltern auf den Weg ins Ungewisse zum fremd gewordenen Vater machen. Und tatsächlich scheint sich für Helga das Leben zum schlechteren zu wenden. Ich habe wie Helga nicht verstanden, warum ihr Vater ihr das Gymnasium verbietet. Aus Andeutungen konnte ich entnehmen, dass es möglicherweise mit seiner Vergangenheit zu tun hat.

    Besonders widerwärtig war mir die Tante, die der Familie und besonders Helga das Leben zusätzlich schwer macht.

    Was mir an Helga gut gefallen hat, sie versucht, die Dinge immer positiv zu sehen. Sie versteht die Entscheidung des Vaters nicht, aber sie liebt ihn weiterhin und versucht , das beste daraus zu machen.

    Sowohl für Helga als auch für mich waren die Zustände im Waisenhaus einfach nur grauenvoll und nicht auszuhalten. Was mich zusätzlich belastet hat, wie Frauen, die ihr Leben Gott geweiht haben, so gefühlskalt und sadistisch sein können. Leider entsprechen die Schilderungen der Autorin den historischen Tatsachen.

    Auch hier kann ich Helga nur bewundern, dass sie den Verantwortlichen die Stirn bietet - und verliert. Von diesem Moment an scheint sich Helga in einer einzigen Abwärtsspirale zu befinden.. Die Autorin thematisiert in diesem Zusammenhang die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse und Vorurteile. Besonders ledige Mütter und ihre Kinder galten als moralisch verkommen. Bei sexuellen Übergriffen war die betroffene Frau schuld, da sie den Mann durch ihr Verhalten dazu animiert hat.

    Nur gut, dass das Buch ein Unterhaltungsroman ist und am Ende sich viele Dinge zum Guten wenden.

    In meinen Augen ist der Roman absolut lesenswert, weil es der Autorin überzeugend gelingt, die damalige Zeit dem Leser realistisch näher zu bringen. Obwohl sie mit den Schilderungen der Verhältnisse im Waisenhaus mir einiges zugemutet hat, lässt sich die Geschichte fesselnd und unterhaltsam lesen.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    sommerlese, 22.07.2022

    Als Buch bewertet

    Hat mich emotional mitgerissen!

    Köln 1955: Die Französin Claire rettete die Geschwister Helga und Jürgen nach Kriegsende aus einem Keller in Köln und nahm sie mit nach Frankreich. Als 1955 der Vater aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrt, erfährt er über den Suchdienst vom Verbleib seiner Kinder und sie kehren zu ihm zurück. Von ihrer Mutter Elisa fehlt immer noch jede Spur und die kaltherzige Tante Meta hat den Haushalt übernommen. Der Vater baut sich mit einem Büdchen eine neue Existenz auf, Jürgen arbeitet bei Ford und Helga möchte aufs Gymnasium, wird aber auf eine Haushaltsschule geschickt. Bei einem Praktikum in einem Waisenhaus erlebt sie, wie schlecht es den Kindern dort ergeht. Besonders ein »Besatzerkind« muss viel aushalten und Helga versucht dem Mädchen zu helfen. Sie kämpft gegen die Schatten des Krieges an und hofft, am Ende doch noch ihr eigenes Glück zu finden.

    Nach der tollen Lektüre des Romans "Trümmermädchen" war ich natürlich auf diesen Nachfolgeband neugierig. Von Anfang war ich gebannt von Helgas und Jürgens Schicksal und habe mit ihnen gefühlt und gelitten. Der Erzählstil ist eingängig und zeigt mit bildhafter Genauigkeit die Szenerie und auch die zeitlichen Besonderheiten. Besonders eindrücklich und spannungsfördernd lesen sich die stückweise in den Roman eingefügten Einträge aus Elisas Tagebuch von 1945, die am Ende ein grausames Geheimnis enthüllen.

    Lilly Bernstein zeichnet ihre Charaktere mit feiner Hand in vielen Facetten und lässt sie damit absolut lebendig erscheinen. Besonders Helgas und Jürgens Gefühle werden sehr nachfühlbar geschildert und man merkt ihnen ihre Emotionen in Form von Liebe, Hoffnungen und Ängsten deutlich an. Neben einigen liebenswerten Menschen gibt es auch schlechte Figuren, die mir von Anfang an ein Dorn im Auge waren. Die unterschiedlichen Erlebnisse der Familie sind mir sehr nahe gegangen, sie haben mich berührt und damit den Figuren sehr nahe gebracht.

    Die zeitliche Reise führt in ein Nachkriegs-Deutschland, das sich zwar im wirtschaftlichen Wiederaufbau befindet, wo aber die diskriminierenden Nazigedanken unter der Bevölkerung dennoch weiterhin präsent sind. Deshalb hat es gerade das farbige Besatzerkind Bärbel im Waisenhaus so schwer. Und auch die Rolle der Frau ist immer noch auf eine Ehe ausgerichtet und mit der Haushaltsführung verknüpft.

    Dieser bewegende Roman steckt voller intensiv erzählter Szenen, die glaubhaft erscheinen und für ein Nachempfinden dieser Zeit sorgen Es ist eine lebendig erzählte, mitreißende Nachkriegsgeschichte, die den Zeitgeist hervorragend abbildet. Diese Lektüre wird noch eine Zeitlang in mir nachhallen.

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  • 5 Sterne

    ann-marie, 26.07.2022

    Als Buch bewertet

    Ein familiärer Neubeginn in den 50er Jahren
    Sofern man bereits den Roman "Trümmermädchen" der gleichen Autorin kennt, so lernt man nun im "Findelmädchen" das Schicksal der Kinder von Anna, Hauptperson des ersten Bandes, kennen und kann Helga und Jürgen ein wenig durch das Köln der 50er Jahre begleiten. Dabei wird mit sehr viel schriftstellerischem Hintergrundwissen der Wiederaufbau Deutschlands, aber auch die damit verbundenen Herausforderungen der Nachkriegszeit im individuellen Alltag aufgezeigt und lebensecht dargestellt.
    Helga und Jürgen, die nach dem spurlosen Verschwinden und dem noch immer im Krieg vermissten Vater bei nahen Verwandten in Frankreich sicher und behütet aufwachsen, erhalten die freudige Nachricht, dass der Vater nicht nur lebt, sondern nach Deutschlang zurückgekehrt ist. Schnell sind sie wieder vereint und versuchen, ihr Leben neu zu organisieren. Dies beinhaltet vor allem für die beiden Kinder, sich mit einer beruflichen Zukunft auseinanderzusetzen, wobei Helga leider sehr schnell leidvoll feststellen muss, dass ihre Vorstellungen in keinster Weise mit den Plänen ihres Vaters übereinstimmen. An Stelle des erhofften Besuchs eines Gymnasiums muss sie sich mit der damals üblichen maximalen Schulausbildung für junge Mädchen, das Absolvieren einer Haushaltungsschule, zufriedengeben. Die zu dieser Ausbildung gehörende praktische Abschnitt verbringt Helga in einem Waisenhaus und wird dort immer öfter mit den psychischen und physischen Misshandlungen der dunkelhäutigen kleinen Bärbel konfrontiert, was sie nicht unbeteiligt nur zur Kenntnis nimmt, sondern nach Möglichkeiten such, diesem ein Ende zu bereiten.
    Auch wenn Helga's Geschichte viel Raum einnimmt, so kommen weitere Charaktere wie der Vater mit seiner bisher unbekannten, aber sehr erhellenden Vergangenheit, und auch die Mutter, sehr geschickt immer mal wieder in die Geschichte eingewoben mit Tagebucheinträgen, sodass sich manche Frage beantworten lässt. Darüber hinaus finden sich einige weitere sehr interessante Charaktere, die wie alle anderen Protagonisten auch, mit sehr viel Empathie ins Leben gerufen wurden und mit denen sich zu identifizieren sehr leicht fällt. Jedes einzelne Schicksal, jede individuelle Lebenswegentscheidung und –entwicklung wird überzeugend, sehr verständlich und realistisch dargestellt – ein wunderbarer Lesegenuss und auch dank des flüssigen und leichten Schreibstils wird dieser Roman einer meiner diesjährigen Lesehighligts werden. Wobei einmal mehr auch in diesem Roman die schwierige und mühsame Selbstverwirklichung junger Frauen, aber auch die gesellschaftliche Erwartungshaltung, auf eine sehr unterhaltsame und fesselnde Weise dargestellt wird. Ein Grund mehr, in der heutigen Zeit leben zu können.

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  • 5 Sterne

    Bücherwurm, 20.09.2022

    Als eBook bewertet

    berührende Geschichte einer jungen Kämpferin mit einem großen Herz

    Inhalt:
    Nach dem Kriegen hausen Helga und ihr Bruder, zusammen mit anderen Kriegswaisen, in den Trümmern von Köln.
    Dies ändert sich, als ein Wagen vorfährt und die Kinder mit nach Frankreich nimmt. Zusammen verbringen Helga, ihr Bruder und ihre Freunde ein paar behütete und liebevolle Jahre bei Claire und ihrem Mann.
    Dennoch, so richtig kommen die Kinder nie in Frankreich an.
    Um so glücklicher sind die beiden, als sie kurz vor Weihnachten einen Brief erhalten, in dem sich ihrer Vater meldet, der endlich aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt ist.

    Helga hofft, in ihrer Heim ihre Träume, das Gymnasium zu besuchen und eine Schriftstellerin zu werden, verwirklichen zu können.

    Doch ihre zornige Tante schickt sie lieber auf eine Haushaltsschule, auch der Vater unterstützt Helga nicht. Wieso nur?
    Und dann ist da noch die Frage, wo Helgas Mutter ist?


    Meinung:
    Findelmädchen erzählt die Geschichte der jungen Helga, die nach dem Kriegsende endlich wieder in ihre Heimat zurückgekehrt ist und voller Energie und Tatendrang, aber auch voller Hoffnung, Dankbarkeit und Träumen ist.
    Es sind die 60er Jahre, der Aufschwung ist da, Köln lebt, die Stadt erblüht so neuem Leben, Frauen fahren Auto und gehen Arbeiten.

    Auch Helga möchte ihren Traum, Schriftstellerin zu werden, verwirklichen. Aber immer wenn sie das Thema bei ihrem Vater anspricht, verändert sich seine liebevolle ruhige Art.
    Statt das Gymnasium besuchen zu können muss Helga auf die Haushaltsschule um sich auf das Leben als Ehefrau vorzubereiten. Bei einem Praktikum im Waisenhaus lernt sie die kleine Bärbel kennen und sieht die Grausamkeit mit der das Waisenhaus geführt wird.
    Machtlos aber dennoch voller Mut, sucht sie nach Wegen, wie sie Bärbel retten und ihre eigenen Träume verwirklichen kann.

    Lilly Bernstein schreibt einen einfühlsamen, hochemotionalen und packenden Roman über das Leben einer jungen Frau in den 60er Jahren.
    Sie zeigt die Missstände dieser Zeit auf, sei es das Leben in einem Waisenhaus, oder auch das Väter oder Ehegatten noch Arbeitsverträge unterschreiben mussten und Frauen nicht die gleichen Berufschancen hatten wie Männer.
    Aber sie stellt auch die Positive Stimmung die nach dem Krieg herrscht da. Ich habe förmlich gespürt, wie Helga voller Tatendrang ist und nicht nur sie, sonder viele junge Menschen in ihrer Zeit und wie die Alten noch mit den Geistern der Vergangenheit zu kämpfen haben.

    Über die knapp 600 Buchseiten bin ich nur so geflogen, so spannend, flüssig und klar ist ihre Schreibweise.

    Ein absolut lesenswerter Roman, mit Tiefgang, vielen Emotionen und Spannung.

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Mandel61118, 03.07.2022

    Als Buch bewertet

    Herzzereißend schön
    Das Cover mit dem jungen Mädchen und dem Kind, die im typischen Stil der 50er Jahre gekleidet sind, finde ich sehr schön und nostalgisch. Schön ist auch die Kulisse Kölns im Hintergrund.
    In dem Buch von Lilly Bernstein geht es um die 15jährige Helga, die als Kind mit ihrem Bruder Jürgen in den Trümmern aufgefunden und zu Pflegeeltern nach Frankreich gebracht wurde. Wie durch ein Wunder gelangen sie doch noch zu ihrem leiblichen Vater, der erst 1955 aus russischer Kriegsgefangenschaft heimkehrt. Sie beginnen ein neues Leben in Köln. Zwar wünscht Helga sich nichts sehnlicher, als ein Gymnasium zu besuchen, doch hält ihr Vater so gar nichts von diesem Plan und schickt sie auf die Haushaltsschule. Im Rahmen eines Praktikums im Waisenhaus stellt sie fest, wie brutal Kinder dort behandelt werden...

    Das Buch ist wunderschön und sehr fesselnd geschrieben, man möchte es keine Minute aus der Hand legen. Gefühlvoll und mitreißend wird Helgas Schicksal beschrieben, von den Wirren des Krieges und der Not in dem Bunker, in dem Helgas Mutter mit den beiden Kindern und ihrer Schwester Meta untergekrochen ist, bis hin zu den 50er Jahren, als die Gesellschaft ganz langsam ein ganz kleines bisschen offener wird. Trotzdem ist es aus heutiger Sicht schockierend zu lesen, welche Vorurteile damals noch herrschten und wie Menschen, die nicht ins Raster passten, ausgegrenzt wurden. So z.B. die kleine Bärbel im Waisenhaus, die ihrer leiblichen Mutter weggenommen wurde, eben weil sie unverheiratet und noch dazu eine Prostituierte war. Auch Helga muss sich in Acht nehmen, um als junges Mädchen keinen schlechten Ruf zu erwerben, deshalb sieht es der Vater nicht gern, wenn sie die Milchbar ihrer Freundin Fanny aufsucht.
    Sehr eindrucksvoll und beängstigend ist auch das Schicksal des jungen Flüchtlings Konradin und seiner Großmutter beschrieben, die auf dem Dachboden von Helgas Familie wohnen. Die Not, die die beiden durchmachen, ist unbeschreiblich.
    Trotz aller traurigen Aspekte ist das Findelmädchen ein Buch voller Hoffnung und Zuversicht. Helga reift an ihren Erfahrungen und entwickelt immer mehr Mut, für ihre Überzeugungen einzustehen und gegen das Unrecht, das sie selbst erfährt, und unter dem auch andere leiden, zu kämpfen.
    Die Autorin hat hervorragend recherchiert und dem Roman durch ihre ganz eigene Sprache etwas sehr Besonderes verliehen.
    Ein großartiger Roman, der einen sehr berührt!

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