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Franziska Kurz
Franziska Kurz

Leicht und tief zugleich

Cecelia Ahern erzählt von ihrem neuen Roman "Sommersprossen"

Ihren Debütroman "P.S. Ich liebe dich" schrieb Cecelia Ahern 2002 mit gerade mal 22 Jahren. Er wurde von Hollywood verfilmt, mit der Oscarpreisträgerin Hilary Swank in der Hauptrolle. Weltweit hat Cecelia Ahern mittlerweile mehr als 25 Millionen Bücher verkauft. Ihr neuester Roman "Sommersprossen" ist druckfrisch erschienen. Foto Copyright: INFO@BARRYMCCALLPHOTOGRAPHER.COM; Foto klein: Kulturjournalistin Franziska Kurz

Ein Beitrag von Kulturjournalistin/Moderatorin Franziska Kurz

Die Königin des Liebesromans aus Irland hat wieder einen Hit gelandet

Seit ihrem Debütroman „P.S. Ich liebe dich“ schreibt sich Cecelia Ahern jedes Jahr aufs Neue in unsere Herzen. Ich habe jedes ihrer Bücher verschlungen und durfte nun ihren neuen Roman vorab lesen und sie interviewen – in solchen Momenten liebe ich meinen Job ganz besonders!

„Sommersprossen – Nur zusammen ergeben wir Sinn“ ist am 27.10.2021 erschienen. Es geht dabei um die junge Allegra Bird, die auf der Suche nach ihrer Herkunft und sich selbst ist. „Sommersprossen“ heißt auf Englisch übrigens „Freckles“ und so wird Allegra seit Kindertagen genannt.
Sie begegnet Tristan, einem jungen Unternehmer, der ihr mit protzigem Auto und ständigem Falschparken furchtbar auf die Nerven geht – nicht nur als Verkehrsüberwacherin, sondern auch als Frau, der Regeln sehr wichtig sind. Er schleudert ihr einen Satz entgegen, der Allegras Leben verändern soll: „Es heißt, du bist eine Mischung aus den fünf Menschen, mit denen du die meiste Zeit verbringst. Wer sind deine fünf?“

In einem Interview mit der Zeitung „The Scotsman“ hat Cecelia Ahern übrigens verraten, dass einer ihrer 5 Menschen, mit denen sie am meisten Zeit verbringt, ihr Personal Trainer ist. Eine inspirierende Person, die sich öffentlich für Gesundheitsthemen stark macht – mit solchen Menschen möchte sie sich gern umgeben.

Was eine zerquetschte Schnecke mit ihrem neuen Roman zu tun hat & mehr, verrät Cecelia Ahern im Interview

Wann und wie ist dir Allegra, die Protagonistin deines neuen Romans „Sommersprossen“, in den Sinn gekommen?

Cecelia Ahern: Ich weiß immer, dass es an der Zeit ist, einen Roman zu schreiben, wenn ich die Stimme der Figur höre. Ich habe in einer dunklen, nassen Nacht die Mülleimer rausgebracht und bin auf eine Schnecke getreten. Ich hasse es, wenn das passiert, ich hasse das Gefühl und die Tatsache, dass es nicht rückgängig gemacht werden kann, und plötzlich kam mir Allegra in den Sinn. Ich hatte schon ihren Charakter im Kopf, aber ich kannte ihre Stimme noch nicht.

Aber plötzlich war sie da und fühlte sich genau, wie sich die Schnecke anfühlte, zerquetscht, zermatscht, ihr geschickt gebauter Schild war geknackt und Teile von ihr, die sie so lange in sich behalten hatte, quollen heraus.

Das wurde der Prolog und ich hatte ihren Gemütszustand, als der Fremde sie mit einem Satz beschimpft, der sie wirklich beleidigt und sie dazu bringt, sich selbst in Frage zu stellen.

Allegra will unbedingt dazugehören – und gibt sich richtig viel Mühe. Warum?

Cecelia Ahern: Ich bin mir nicht sicher, ob Allegra wirklich dazugehören möchte. Sie ist eine sehr starke Person, die weiß, wer sie ist. Sie ist einzigartig, kann das Hin und Her der menschlichen Interaktion nicht ganz verstehen, kann unbeholfen und eine Außenseiterin sein. Sie versucht, ihren Platz in der Welt zu finden, ein Umfeld des Verständnisses und der Akzeptanz. Ich liebe ihre Stimme, ich liebe es, wie eigenartig sie ist. Sie ist starr und regelkonform bei der Arbeit und sieht diesen Satz daher als eine Richtlinie, die zu befolgen ist, und dennoch ist sie in ihrem Privatleben ziemlich anpassungsfähig. Ich habe den Roman als ihren Gedankenfluss geschrieben, damit wir ihre einzigartige Denkweise wirklich kennenlernen können.

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Für Allegra sind Rituale und Kontinuität innerhalb ihrer Tage und Wochen sehr wichtig. Warum braucht sie diese Beständigkeit so sehr?

Cecelia Ahern: Ich wollte jemanden erschaffen, der in seinem Leben so festgefahren war, dass er, wenn er einen Satz hörte wie „Du bist der Durchschnitt der fünf Menschen, mit denen du die meiste Zeit verbringst“, dies als Regel, als Richtlinie annimmt. Aber ich weiß auch, dass strenge Regelanhänger auch auf andere, überraschende Weise Regelbrecher sein können, also mochte ich, dass sie diese andere Seite ihrer Persönlichkeit hat. Für Allegra gibt ihr ein Zeitplan und eine Routine einen Rhythmus.

Sie kann den Tag überstehen mit dem Wissen, dass sie die gleichen Leute zur gleichen Zeit sieht, jeden Tag das gleiche Essen am gleichen Ort isst.

Ich nehme an, das gibt ihr ein Gefühl von Kontrolle und wenn sich das ändert, ist es, als wäre die Welt aus den Fugen und sie ist desorientiert.

Als Allegra Tristan trifft, sagt er ihr, dass du der Durchschnitt der fünf Menschen bist, mit denen du die meiste Zeit verbringst. Du hast diesen Satz zum ersten Mal von deinem Schwager gehört. Glaubst du an diese Theorie?

Cecelia Ahern: Es ist ein Zitat von Jim Rohn. Er war ein Motivationsredner für Unternehmen und daher ist es einer dieser Sätze, die verwendet werden, um im Geschäftsleben zu inspirieren. Kurz gesagt, wenn Sie erfolgreich sein wollen, dann umgeben Sie sich mit erfolgreichen Menschen. Wenn Sie ein Risiko eingehen wollen, dann umgeben Sie sich mit risikofreudigen Menschen. Die Idee ist, dass Sie die Eigenschaften der Menschen übernehmen, die Ihnen am nächsten stehen.
Ich glaube schon, dass Menschen ineinander verschmelzen können, wenn sie Zeit miteinander verbringen, ihre Gedanken können von anderen beeinflusst werden. Aber es ist nicht so wichtig, was ich glaube, sondern wie Allegra den Satz interpretiert. Wenn sie es hört, ist ihre Reaktion, die perfekten fünf Menschen zu finden, deren Durchschnitt sie werden kann. Sie begreift, dass sie kontrollieren kann, wer sie wird. Wie sie ist, liegt in ihrer eigenen Kontrolle, was ein machtvoller Gedanke ist, und so macht sie sich daran, sich selbst zu formen und zu organisieren.

Du bist eine Meisterin darin, gleichzeitig leicht und tiefgründig zu schreiben. Wie machst du das?

Cecelia Ahern: Jeder Autor hat seinen unverwechselbaren Stil und seine eigene Stimme, ich glaube nicht, dass sich irgendein guter Autor vor dem Schreiben dafür entscheidet, wie er sein möchte, er ist einfach wer er ist. Aber was wir unter Kontrolle haben, ist der Ton des Romans. Ich spiele gerne mit meinen Geschichten.

Ich mag es, in meinem Roman ermutigende Enden zu haben, aber die Anfänge können traurig und der Humor kann sarkastisch und düster sein.

Ich ersinne immer zuerst das Konzept, dann wächst der Charakter daraus. Ich mag es, wenn Charaktere speziell sind und nicht geradeaus. Ich muss fühlen, was der Charakter fühlt während ich schreibe, echte Emotionen in die Geschichte einfließen lassen, die die Leser hoffentlich fühlen können, und ich muss fasziniert sein von dem Thema, über das ich schreibe, damit es meine Aufmerksamkeit fesselt. Und damit ich richtig in der Recherche versinken kann. Aber letztendlich muss ich fühlen, was ich schreibe. Ich denke, dass es notwendig ist, meine Emotionen in die Geschichte einfließen zu lassen, damit die Geschichte lebendig wird. Und das sind die Zutaten!

Seit deinem ersten Bestseller Nr. 1 „P.S. Ich liebe dich“ hast du 17 Bücher geschrieben und alle wurden auch Bestseller. Hast du dir diesen Erfolg vorstellen können?

Cecelia Ahern: Ich habe mir diesen Erfolg 2002 sicher nicht vorgestellt, als ich anfing, ”PS I Love You” zu schreiben! Ich denke, es ist gerechtfertigt zu sagen, dass der Erfolg von ”PS I Love You” phänomenal war und ich habe danach jeden Moment damit verbracht, so hart wie möglich zu arbeiten, um meine Karriere als Autorin fortzusetzen und aufrechtzuerhalten. Jedes Mal, wenn ich am Ende eines Romans ankam, öffnete sich mein Geist, um die nächste Idee willkommen zu heißen, und die Gelegenheit zu haben, sich den Lebensunterhalt mit dem Schreiben zu finanzieren, ist eine gesegnete und unglaubliche Erfahrung.
Ich habe immer versucht, jeden Roman mit den gleichen Absichten zu schreiben, und zwar eine Geschichte zu erzählen, die mich interessiert und begeistert, mich fasziniert und bewegt. Ich strebe immer danach, etwas Neues und Anderes zu erschaffen, das ich noch nie gelesen oder gesehen habe. Es war mir sehr wichtig, jeden Roman frisch und lebendig zu halten, meine Arbeit einzigartig zu machen, mich selbst herauszufordern und die Geschichten oder die Liebe, die ich zum Schreiben habe, immer wieder neu zu erwecken.

Haben Sie genauso gespannt gelesen, was Cecelia Ahern erzählt über Botschaften, Leichtigkeit und Inspiration? Dann wünsche ich ganz viel Spaß beim Lesen von „Sommersprossen“ oder vielleicht habe ich Sie daran erinnert, dass es Zeit wäre für ein nochmaliges Lesen von „P.S. Ich liebe dich“? Das Wetter wäre ja genau passend, um sich damit auf dem Sofa einzukuscheln.

Franziska Kurz ist seit Juli 2020 Moderatorin bei #Weltbildliest. Seit 2015 bereichert sie mit ihrem Blog "franzi liest" die wunderbare Welt der Bücher und Buchfans. Als Literatur- und Kulturjournalistin ist sie regelmäßig zu Gast bei Radio und TV und schreibt für zahlreiche Frauen- und Lifestyle-Magazine. Das "Münchner Kindl" bezeichnet sich selbst als buch- und wortverliebt, als Taschensammlerin und Spasüchtige. Mehr von ihr auf www.franzi-liest.de.