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Franziska Kurz
Franziska Kurz

So frauenfeindlich war das Mittelalter

Bestsellerautorin Silvia Stolzenburg über den neuen Band ihrer Erfolgssaga

Erfolgreich mit historischen Romanen und Krimis: Silvia Stolzenburg. Foto: © Oliver Vogel

Wer nicht tat, was verlangt wurde, wurde bestraft – Silvia Stolzenburg über den neuen dritten Band ihrer Erfolgssaga

Ein Interview von Kulturjournalistin Franziska Kurz

Im Mittelalter hatten Frauen ein verdammt hartes Leben. Ohne Rechte und immer dem Willen der Väter und Männer ausgeliefert. Was nicht heißt, dass es nicht auch starke Frauengestalten gab, die versuchten Willkür und Gewalt zu trotzen. Von ihnen erzählt Bestsellerautoren Silvia Stolzenburg. Ganz aktuell ist der dritte Band ihrer Reihe um Katharina, die Tochter der verbotenen Künste, erschienen. Einst steckte ihr Vater sie wegen Ungehorsam ins Siechenhaus. In Band 3 geht Katharinas Odyssee nun weiter: Ihre eigene Mutter verlangt, man solle ihre Tochter als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrennen…

Ich durfte mit Silvia Stolzenburg über die Weiterentwicklung ihrer Figuren sprechen, warum sie ihre Heldinnen gerne ins Schlamassel schubst und das Mittelalter sich dafür am besten eignet:

Nach "Die Tochter der verbotenen Künste und das Teufelskomplott" und "Die Meisterin der verbotenen Künste und die Meuchelmörder" ist jetzt neu der dritte Band "Die Herrin der verbotenen Künste und der Wiedergänger" erschienen. Foto: © Oliver Vogel

Frauen, die der Willkür der Männer ausgesetzt sind und Romanfiguren, die schon mal eigene Wege einschlagen – Silvia Stolzenburg über die Entstehung ihrer Esslingen-Trilogie

Wer nicht tat, was verlangt wurde, sich nicht fügte, wurde aufs Härteste geächtet und bestraft – wie Katharina.

Liebe Silvia, du bist ja bekannt für Serien um starke Frauen in vergangenen Zeiten. Hast du eine Lieblingszeit, in der du deine Geschichten ansiedelst?

Silvia Stolzenburg: Frauenfiguren faszinieren mich vor allem im Mittelalter, weil es zu dieser Zeit besonders schwer war, eine Frau zu sein. Als Frau hatte man so gut wie keine Rechte, unterstand stets der Vormundschaft eines Mannes und war, wenn man nicht in ein Kloster eintrat, dazu bestimmt, dem Mann so viele Kinder wie möglich zu schenken. Nur in den aufstrebenden Städten standen die Dinge anders, dort war es möglich, auch als Mädchen eine Schreib- und Rechenschule zu besuchen und einen Beruf auszuüben. In den Städten gab es sogar einige Zünfte (Garnmacher, Goldspinner, Seidenweber), die Frauen als Zunftmitglieder akzeptierten. Trotzdem war das Leben als Frau voller Widrigkeiten, wozu vor allem die Kirche beitrug, die Frauen als schwach oder verführerisch darstellte. Wer nicht tat, was verlangt wurde, sich nicht fügte, wurde aufs Härteste geächtet und bestraft – wie Katharina.

In Band 1 deiner Esslingen-Trilogie haben wir deine Hauptfigur Katharina kennengelernt im Jahr 1448 und verfolgen ihr Schicksal seitdem gebannt. Gibt es ein echtes Vorbild für Katharina und wenn ja, wer war sie?

Silvia Stolzenburg: Katharina ist eine rein fiktive Figur, eine reale Vorlage gibt es nicht. Sie ist entstanden, als ich im Sommer einen Ausflug nach Esslingen gemacht und mir vorgestellt habe, was für Menschen dort im Mittelalter gelebt haben könnten. Für junge Frauen war diese Zeit besonders schwer, weil sie so gut wie keine Eigenständigkeit oder Rechte hatten.

Katharina und Lukas, ihr Verlobter, werden in allen drei Bänden der verbotenen Künste mit schlimmen Dingen konfrontiert – macht es dir Spaß oder ist es eher anstrengend, sich immer neue Probleme für deine Figuren auszudenken? Und erlebst du es manchmal, dass sich deine Figuren quasi eigenmächtig einmischen und sagen, was sie nun machen wollen?

Silvia Stolzenburg: Ich muss tatsächlich gestehen, dass es mir eine gewisse Freude bereitet, meine Figuren in scheinbar ausweglose Situationen zu bringen. Dadurch wachsen sie über sich hinaus und zeigen mir, wozu sie fähig sind, weil sie sich nicht immer an das halten, was ich für sie geplant hatte. Im Lauf eines solchen Projekts entwickeln sie ihren eigenen Kopf und schaffen es dadurch schon auch mal, mich in die Bredouille zu bringen, weil sie völlig anders handeln als sie sollten.

Worum geht’s in der Esslingen-Trilogie?

In den Jahren 1448 bis 1449 spielt die Reihe um die Tochter der verbotenen Künste. Katharina, die Hauptfigur, wird in Band 1 von ihrem Vater falsch beschuldigt, aussätzig zu sein und durch Bestechung ins Siechenhaus der Stadt Esslingen gebracht, weil sie seinen Wünschen nicht Folge leistet. So wenig hat es damals gebraucht, um eine junge Frau in ein Leben voll Hoffnungslosigkeit zu verbannen. Doch Katharina flieht – und sie schließt sich einer Gauklertruppe an. Sie schafft sich eine neue Identität als Tochter der verbotenen Künste und wir können seitdem ihr Schicksal verfolgen und ihre unerschütterliche Liebe zu Lukas, ihrem Verlobten, der zu ihr hält. Eigentlich will Katharina nur zurück in ihre Heimatstadt Esslingen und in Frieden mit Lukas leben. Doch Katharinas Feinde schlafen nicht – und eröffnen im neuen dritten Band eine Hexenjagd auf sie…

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Die Esslingen-Trilogie ist eine spannende Geschichte, in der richtig viel passiert, Langeweile hat keine Chance. Hattest du die meisten Ereignisse schon im Kopf, als du mit dem ersten Band angefangen hast oder entwickelt sich so eine komplexe Erzählung beim Schreiben Stück für Stück?

Silvia Stolzenburg: Zum Teil waren die Ereignisse natürlich von Anfang an geplant – anders kann man ein so umfangreiches Projekt nicht angehen – allerdings gibt es zahlreiche Ereignisse, die sich erst im Lauf des Schreibens angebahnt haben. Das liegt vor allem daran, dass sich Katharina und Lukas eben nicht immer an das gehalten haben, was sie hätten tun sollen, sondern völlig anders gehandelt haben. Aber auch Nebenfiguren wie Katharinas Schwester Magdalena haben dafür gesorgt, dass sich manches anders entwickelt hat als geplant.

Ein Krieg ist in Band 2 ausgebrochen zwischen dem Städtebund und dem Grafen von Württemberg, der auch in Band 3 nicht vorbei ist – ist das tatsächlich passiert und kannst du uns hier ein paar Hintergrundinformationen geben? Worum wurde gekämpft?

Silvia Stolzenburg: Dieser Krieg, der Süddeutsche Städtekrieg der Jahre 1449/50, hat tatsächlich stattgefunden und weite Teile Süddeutschlands verwüstet. Gestritten wurde um Zölle, Gebiets- und Machtansprüche; die Parteien waren die Reichsstädte auf der einen und die Fürsten auf der anderen Seite. Besonders heftig schwelte der Zwist zwischen dem Grafen von Württemberg und den Esslingern und dem Markgrafen Albrecht Achilles und den Nürnbergern. Die Leidtragenden waren die Bauern und einfachen Leute, weil die Belagerung der Städte aussichtslos war. Gegen die überlegenen Geschütze und Befestigungen konnten die Fürsten nichts ausrichten, weshalb sie dazu übergingen, die Ländereien der Feinde zu verheeren, Gefangene zu machen und Lösegeld zu fordern. Wer nicht freigekauft wurde, landete am Galgen. Katharina und alle anderen, die sich nicht hinter schützenden Stadtmauern in Sicherheit bringen konnten, waren jeden Tag in höchster Gefahr.

Vielen Dank für dieses tolle Gespräch, liebe Silvia, und die interessanten Einblicke in deine Motivation und dein Schreiben!
Im Dezember 2021 durfte ich Silvia Stolzenburg treffen für eine Ausgabe von Weltbild liest und wir haben über den ersten Band der Esslingen-Trilogie gesprochen – wenn Sie noch ganz neu in Katharinas Welt sind, klicken Sie doch in unsere Unterhaltung!

Franziska Kurz ist seit Juli 2020 Moderatorin bei #Weltbildliest. Seit 2015 bereichert sie mit ihrem Blog "franzi liest" die wunderbare Welt der Bücher und Buchfans. Als Literatur- und Kulturjournalistin ist sie regelmäßig zu Gast bei Radio und TV und schreibt für zahlreiche Frauen- und Lifestyle-Magazine. Das "Münchner Kindl" bezeichnet sich selbst als buch- und wortverliebt, als Taschensammlerin und Spasüchtige. Mehr von ihr auf www.franzi-liest.de.

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