Dora Heldt über das Gute am Leben mit 50plus, das Beste am Älterwerden und ihren Mutterwitz
Dora Heldt: „Man ist noch nicht so richtig alt, man ist aber auch nicht mehr jung“
Ihren ersten Roman „Ausgeliebt“, eine humorvolle Trennungsgeschichte, haben Sie damals nach Ihrer eigenen Scheidung verfasst. Schöpfen Sie aus eigenen Lebensthemen?
Dora Heldt: Meine Scheidung war damals schon zwei oder drei Jahre her. Mit dem Schreiben angefangen habe ich, weil ich zum einen das Gefühl hatte, ich müsste für meinen Kopf mal irgendwas anderes machen als nur Außendienst, 20 Jahre lang. Zum anderen habe ich rückblickend überlegt, was für ein Buch hätte ich eigentlich selbst gerne während meiner Scheidungsphase gelesen? Also in dieser Zeit mit schwerem Liebeskummer und Neuanfang und noch nicht genau wissen, wird alles gut, gibt’s ein Happy End? Und genau DAS Buch hab ich mir dann eigentlich geschrieben. Und es ist auch autobiographisch, weil ich es schwierig finde, mich in einen Kopf hineinzuversetzen, der so ganz anders ist. Wenn ich zum Beispiel beschreibe wie es ist, wenn man zu dieser Verhandlung fährt, dann habe ich natürlich beschrieben wie’s mir damals ging.
Dora Heldt: „Die Helden des Lebens benötigen plötzlich die eigene Hilfe“
Welche Themen bestimmen das Leben von Frauen in den 50ern?
Dora Heldt: Man ist noch nicht so richtig alt, man ist aber auch nicht mehr jung. Ab Mitte fünfzig ist es das erste Mal, finde ich, dass man nicht mehr das Gefühl hat, es ist alles möglich. Dann kommt hinzu, dass in meinem Freundeskreis bei vielen die Eltern alt, dement oder pflegebedürftig werden. Da dreht sich was um: Die Helden des Lebens benötigen plötzlich die eigene Hilfe. Dann gibt es die ersten Todesfälle im Freundeskreis. Da stellt sich die Frage: Wie wollte ich mit 18 oder 19 Jahren werden? Und wenn ich die Schablone heute darauf lege, deckt sich das eigentlich? Wenn man mir mit 18, 19 ein kleines Filmchen meines heutigen Leben gezeigt hätte, wie hätte ich reagiert? Hätte ich gesagt: Oh Gott, wie sieht die denn aus? Und wie redet die denn? Das finde ich spannend, das ist ein Thema, das mich momentan umtreibt und womit sich auch "Drei Frauen am See" beschäftigt.
Dora Heldt: „Jetzt darf man endlich altkluge Dinge sagen!“
Ihre Geschichten vermitteln immer eine optimistische Sicht aufs Leben und auch aufs Alter. Was ist gut am Älterwerden?
Dora Heldt: Da ist ganz viel gut. Man hat diesen ganzen Druck nicht mehr. Ich empfinde das Leben als viel entspannter als vor 5 oder 10 oder 20 Jahren. Ich muss keinem mehr was beweisen. Wenn es Leute gibt, die mich angucken und doof finden, dann ist es so. Ich muss auch im Beruf nichts mehr beweisen oder meinem Vater erklären, dass ich Autofahren kann. Man ist nicht mehr so abhängig von der Meinung anderer. Außerdem darf man jetzt endlich altkluge Dinge sagen!
Bei der Generation meiner Eltern ist natürlich Endlichkeit ein großes Thema. So ein 80. Geburtstag ist toll, schön, dass man ihn hat, aber der hat auch was Trauriges.
Die Insel Sylt spielt häufig eine Hauptrolle in Ihren Romanen und auch eine in Ihrem eigenen Leben. Welche Geschichte verbindet Sie mit der Nordseeinsel?
Dora Heldt: Ich bin da geboren, meine Mutter ist Sylterin. Ich bin zwar nicht da aufgewachsen, weil wir als Bundeswehrfamilie ständig umgezogen sind. Und dadurch hatte ich kein klassisches Elternhaus, wir wohnten überall nur fünf, sechs Jahre. Aber es gab das Haus meiner Großmutter, und da waren wir in allen Ferien. Da gibt es auch das Zimmer, in dem ich geborgen wurde. Ich war eine Hausgeburt, genau wie meine Cousinen. Und in diesem Haus auf Sylt wohnen heute meine Eltern, die vor 30 Jahren zurückgegegangen sind. Ich fahre auch heute noch regelmäßig nach Sylt, sonst kommt das alte Heimwehgefühl und ich werde unruhig.
Nicki, 02.11.2021
Welche Dinge bestimmen das Leben von Männern in den 50ern? Warum wird bei Frauen immer so darauf herumgeritten, dass sie keine 20 mehr sind? In Interviews mit Männern spielt das Alter selten eine Rolle, solange sie nicht jenseits der 80 sind. Es wäre viel entspannter, wenn man mit uns Frauen genauso umginge.