Adorno
Eine politische Biographie
Als Kopf der Frankfurter Schule hat Theodor W. Adorno im 20. Jahrhundert eine gesellschaftspolitische Wirkung entfaltet wie kaum ein anderer. Zentral für Adornos Selbstverständnis war seine jüdische Abkunft ebenso wie das Erlebnis des...
Leider schon ausverkauft
Buch
4.99 €
Produktdetails
Produktinformationen zu „Adorno “
Als Kopf der Frankfurter Schule hat Theodor W. Adorno im 20. Jahrhundert eine gesellschaftspolitische Wirkung entfaltet wie kaum ein anderer. Zentral für Adornos Selbstverständnis war seine jüdische Abkunft ebenso wie das Erlebnis des Nationalsozialismus, der ihn in die Emigration nach Amerika trieb. Dort entstand in Zusammenarbeit mit Max Horkheimer sein wirkungsmächtigstes Werk »Dialektik der Aufklärung«. Lorenz Jäger ist der erste Biograph Adornos, der sein philosophisch-literarisches Schaffen in die politischen Entwicklungen einbettet.
Klappentext zu „Adorno “
Als Kopf der Frankfurter Schule hat Theodor W. Adorno im 20. Jahrhundert eine gesellschaftspolitische Wirkung entfaltet wie kaum ein anderer. Zentral für Adornos Selbstverständnis war seine jüdische Abkunft ebenso wie das Erlebnis des Nationalsozialismus, der ihn in die Emigration nach Amerika trieb. Dort entstand in Zusammenarbeit mit Max Horkheimer sein wirkungsmächtigstes Werk "Dialektik der Aufklärung". Lorenz Jäger ist der erste Biograph Adornos, der sein philosophisch-literarisches Schaffen in die politischen Entwicklungen einbettet.
Lese-Probe zu „Adorno “
Teddie In einer kleinen Charakteristik von Richard Strauss spricht Adorno von seiner Kindheitserinnerung an das Werk des Komponisten. Eine Aura von Modernität habe dieses Werk umgeben, ein Geheimnis, das der Knabe nicht entschlüsseln, sondern nur erahnen konnte. Die Erwachsenen machten ihm die Erkenntnis nicht leichter. Zur Oper "Salome" hatte man ihm erzählt, es handle sich um einen Kalbskopf. In Verdis "Otello", so wurde er beruhigt, gehe es um ein Taschentuch. Wo die Information aussetzt, muß die Phantasie einspringen: "Mehr als all das", so schreibt Adorno, "nährte meine Imagination das Wort Elektra. Dies Wort war tosend und künstlicher, anziehend boshafter Gerüche voll wie ein großes chemisches Werk bei meiner Stadt, dessen Name sehr ähnlich lautete; blinkend kalt und weiß wie Elektrizität, nach der es zu heißen schien; ein elektrisches Räderwerk, das Chlor ausströmte, und das man erst betreten durfte als Erwachsener, luminos, mechanisch, ungesund." Das trifft etwas von der allgemeinen Zeitlage, dem Wachsen der modernen Industrie gerade in Frankfurt, und zugleich von Adornos Familie. Für das Musikalische war Adornos Mutter zuständig, eine Sängerin. Bernhard Wiesengrund, Adornos Onkel väterlicherseits, war Naturwissenschaftler und hatte ein Buch mit dem Titel "Die Elektrizität. Ihre Erzeugung, praktische Verwendung und Messung. Für Jedermann verständlich, kurz dargestellt" im Jahre 1894 veröffentlicht. "Elektra" war für den Knaben der allernächste und doch ferne Inbegriff der Moderne, ein Titel, in dem noch ungeschieden Kunst, Gesellschaft und Produktivkräfte zusammenkamen.
1903 wurde Hugo von Hofmannsthals "Elektra" in Berlin uraufgeführt. Es ist das Jahr von Adornos Geburt. 1903 schrieb Gustav Mahler seine Sechste Symphonie, und er lernte Arnold Schönberg kennen, der in diesem Jahr die "Gurrelieder" und "Pelleas und Melisande" abgeschlossen hatte - vor allem das letztere Stück war eine Komposition, die überall an den Grenzen der Musik rüttelte und die
... mehr
Schwelle der Atonalität erreichte. Frank Wedekinds Drama "Erdgeist" um die Figur der Lulu erschien und sein Prosastück "Mine-Haha", 1904 folgte die "Lulu"-Fortsetzung "Die Büchse der Pandora". Der zwanzigjährige Anton von Webern schrieb seine ersten Lieder, die noch keine Opuszahl trugen; Alban Berg begann mit dem Komponieren. Berg war es, der später, unter der stetigen Anteilnahme seines Schülers Adorno, die "Lulu"-Oper komponierte. Und nicht nur die Komposition, sondern auch die Rezeption der Musik begann sich zu verändern. 1903 nahm man erstmals eine Verdi-Oper vollständig auf vierzig Schellack-Platten auf. 1903 war das Jahr, in dem sich die Moderne, nicht nur in der Musik, vom Impressionismus abstieß und ihre eigenen, schrofferen Gesetze zu formulieren begann. Von Picasso, der damals die "Büglerin" und den "Guitarristen" malte, hat Adorno später gesagt, daß er im Zentrum seines Verhältnisses zur bildenden Kunst stehe: "Ich vermöchte nicht zu unterscheiden zwischen dem Zauber und dem Schock, den die wildbemalten und strenggefügten Konstruktionen auf mich ausübten, als ich zum erstenmal auf Abbildungen stieß, und der Einsicht in die Notwendigkeit dieses oeuvres, das dem Zwang innermalerischer Entwicklung ebenso gehorchte wie dem der geschichtlichen Katastrophe." Am anderen Pol der Kunstübung begann das, was Adorno später als Kulturindustrie beschreiben sollte: Reklamekunst wurde zum Unterrichtsfach an den deutschen Kunstgewerbeschulen. 1903 ist auch ein Jahr, in dem die Soziologie als selbständige Wissenschaft und als zeitdiagnostische Essayistik an Profil gewann. Georg Simmel schrieb seinen Essay über "Die Großstädte und das Geistesleben". Emile Durkheim hielt Vorlesungen über Gesellschaft und Moral an der Sorbonne, Max Weber befaßte sich mit methodologischen Problemen der Sozialwissenschaft und besonders mit der Frage, ob die Soziologie "wertfrei" forschen könne. In Deutschland wurde ein Vorläufer des ADAC gegründet, und in den Vereinigten Staaten die Firma Ford, die einer ganzen Epoche des ratio- "Die Philosophie ist eigentlich dazu da, das einzulösen, was im Blick eines Tieres liegt." Adorno am 24. März 1956 gegenüber Max Horkheimer nalisierten und organisierten Kapitalismus ihren Namen gab. Die deutschen Sozialdemokraten verurteilten auf ihrem Parteitag den "Revisionismus" Eduard Bernsteins, der die sozialistische Revolution durch Evolution und reformistische Systemveränderung ersetzen wollte - man erklärte, weiterhin am Prinzip des Klassenkampfes festhalten zu wollen. Rosa Luxemburg gedachte 1903 des zwanzigsten Todestages von Karl Marx und eröffnet ihren Artikel mit einem der bekanntesten philosophischen Sätze des Marxismus, der 11. These über Feuerbach: "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern." Der Nobelpreis 1903 ging an Pierre Curie für seine Untersuchungen der strahlenden Materie: Die Natur selbst nahm unheimlichere Züge an. Den Gebrüdern Wright gelang der erste Motorflug; Mobilität und Gefahr wuchsen im gleichen Maß. Thomas Mann veröffentlichte die Novelle "Tonio Kröger" und setzte den Künstler in einen Gegensatz zum Bürger. Die russischen Sozialdemokraten spalteten sich in die revolutionären Bolschewiki, die von Lenin geführt wurden, und die reformerisch orientierten Menschewiki. Und: Der Teddybär wurde von Margarete Steiff auf der Leipziger Messe vorgestellt - er hatte seinen Namen vom amerikanischen Präsidenten Theodor Roosevelt, der bei einem Jagdausflug einen Bären geschont hatte. "Teddie" sollte in der Familie und im Kreis der Freunde Adornos Spitz- und Kosename werden.
Wie ein spätes Echo auf die Worte von Marx, die Rosa Luxemburg zitierte, klingt der Anfang von Adornos philosophischem Spätwerk, der "Negativen Dialektik": "Vielleicht langte die Interpretation nicht zu, die den praktischen Übergang verhieß." Was ist Adornos Werk, wenn nicht der Versuch, es mit der Konstellation des Jahres 1903 als Philosoph aufzunehmen, sie in allen ihren Möglichkeiten durchzuspielen, sie normativ zu rechtfertigen, und am Ende festzustellen, daß diese Konstellation ihre Zeit gehabt hatte, die abgelaufen war? Aber damit auch ein Zeugnis dafür, daß aus der Konstellation seiner Geburt niemand heraustreten kann?
Herzschlag der Erwartung Oscar Wiesengrund (1870-1946) war ein wohlhabender Kaufmann, der sich im Weinhandel betätigte. Er war jüdischer Herkunft, aber evangelisch getauft und ließ auch seinen Sohn taufen, allerdings, auf Wunsch seiner Frau, katholisch. Adornos Mutter Maria, geborene Calvelli-Adorno (1864-1952), war die Tochter eines eingewanderten korsischen Fechtmeisters. Ihre Schwester, die Pianistin Agathe Calvelli-Adorno (1868-1935), lebte mit der Familie. Adorno liebte es, seinen Stammbaum auf die Adorno della Piana, die Genueser Dogen, zurückzuführen, durch sie sei er mit dem Fürstenhause der Colonna verwandt (und letzten Endes, via Herakles, mit Jupiter) - so jedenfalls erzählte es sein Freund und Schüler Peter von Haselberg.
Wie ein spätes Echo auf die Worte von Marx, die Rosa Luxemburg zitierte, klingt der Anfang von Adornos philosophischem Spätwerk, der "Negativen Dialektik": "Vielleicht langte die Interpretation nicht zu, die den praktischen Übergang verhieß." Was ist Adornos Werk, wenn nicht der Versuch, es mit der Konstellation des Jahres 1903 als Philosoph aufzunehmen, sie in allen ihren Möglichkeiten durchzuspielen, sie normativ zu rechtfertigen, und am Ende festzustellen, daß diese Konstellation ihre Zeit gehabt hatte, die abgelaufen war? Aber damit auch ein Zeugnis dafür, daß aus der Konstellation seiner Geburt niemand heraustreten kann?
Herzschlag der Erwartung Oscar Wiesengrund (1870-1946) war ein wohlhabender Kaufmann, der sich im Weinhandel betätigte. Er war jüdischer Herkunft, aber evangelisch getauft und ließ auch seinen Sohn taufen, allerdings, auf Wunsch seiner Frau, katholisch. Adornos Mutter Maria, geborene Calvelli-Adorno (1864-1952), war die Tochter eines eingewanderten korsischen Fechtmeisters. Ihre Schwester, die Pianistin Agathe Calvelli-Adorno (1868-1935), lebte mit der Familie. Adorno liebte es, seinen Stammbaum auf die Adorno della Piana, die Genueser Dogen, zurückzuführen, durch sie sei er mit dem Fürstenhause der Colonna verwandt (und letzten Endes, via Herakles, mit Jupiter) - so jedenfalls erzählte es sein Freund und Schüler Peter von Haselberg.
... weniger
Bibliographische Angaben
- Autor: Lorenz Jäger
- 2009, 1, 320 Seiten, mit Schwarz-Weiß-Abbildungen, mit Abbildungen, Maße: 12,5 x 20 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Pantheon
- ISBN-10: 3570550923
- ISBN-13: 9783570550922
Rezension zu „Adorno “
"Ein Adorno, den jeder verstehen kann."
Kommentar zu "Adorno"
0 Gebrauchte Artikel zu „Adorno“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Adorno".
Kommentar verfassen