Aria & Perry Trilogie Band 3: Geborgen - In unendlicher Weite
Das packende Finale der Aria & Perry-Trilogie: gewaltig, aufwühlend und unglaublich spannend! Nachdem Aria feststellen musste, dass sie sich Perrys Gefühlen ihr gegenüber nicht mehr sicher sein konnte, hatte sie ihm und seinem Stamm den Rücken gekehrt....
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Produktinformationen zu „Aria & Perry Trilogie Band 3: Geborgen - In unendlicher Weite “
Klappentext zu „Aria & Perry Trilogie Band 3: Geborgen - In unendlicher Weite “
Das packende Finale der Aria & Perry-Trilogie: gewaltig, aufwühlend und unglaublich spannend! Nachdem Aria feststellen musste, dass sie sich Perrys Gefühlen ihr gegenüber nicht mehr sicher sein konnte, hatte sie ihm und seinem Stamm den Rücken gekehrt. Zurück in ihrer alten Heimat Reverie wird Aria schnell klar, dass hier noch ganz andere Herausforderungen auf sie warten. Denn selbst in ihrer so sicher geglaubten Welt gibt es keinen Schutz mehr vor der Gewalt der Ätherstürme und auch ihr Volk schwebt zunehmend in Gefahr. Mithilfe des Wissens, das ihre Mutter ihr hinterlassen hat, versucht Aria entschlossen, die überall aufkommenden Krankheiten zu bekämpfen und das Überleben in Reverie zu sichern. Doch immer häufiger kommt es zu Attacken feindlicher Stämme, denen das geschwächte Reverie nicht mehr gewachsen ist. So sieht Aria sich gezwungen, wieder Kontakt mit Perry aufzunehmen und ihn um Hilfe zu bitten. Perry wird dabei mehr und mehr bewusst, wie sehr ihm Aria an seiner Seite gefehlt hat. Die beiden schließen ein Übereinkommen, sich gegenseitig im Kampf ums Überleben zu unterstützen. Auch wenn das bedeutet, dass ihre Gefühle füreinander auf eine Zerreißprobe gestellt werden ...
Lese-Probe zu „Aria & Perry Trilogie Band 3: Geborgen - In unendlicher Weite “
Geborgen von Veronica Rossi Höchste Gefahr
Aria
Aria fuhr erschrocken hoch, das Echo von Schüssen noch in den Ohren.
Verwirrt schaute sie sich um, nahm die Wände der Höhle wahr, die beiden Pritschen, den Stapel ramponierter Vorratskisten, und begriff endlich, dass sie in Perrys Zelt lag.
Sie spürte einen unablässigen, pulsierenden Schmerz im rechten Arm, und als sie ängstlich auf den weißen Verband schaute, der von ihrer Schulter bis hinunter zum Handgelenk reichte, krampfte sich ihr Magen zusammen.
Eine der Wachen in Reverie hatte sie angeschossen.
Sie fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen, schmeckte die bittere Medizin, die ihre Schmerzen lindern sollte. Versuch es einfach, forderte sie sich selbst auf. So schwer konnte es doch nicht sein.
Sie versuchte, die Faust zu ballen, und sofort schoss ein stechender Schmerz durch ihren Bizeps. Ihre Finger zuckten nur schwach - als könne ihr Gehirn nicht mehr mit ihrer Hand kommunizieren und als sei der Befehl irgendwo auf dem Weg zu ihrem Arm verloren gegangen.
Als sie sich aufrichtete und die Füße neben das Bett stellte, schwankte sie ein wenig und musste warten, bis das Schwindelgefühl vorüber ging. Gleich nachdem sie mit Perry hier angekommen war, hatte sie sich in dieses Zelt gelegt und es seitdem nicht mehr verlassen. Doch jetzt hielt sie es nicht länger aus: Was sollte sie hier noch, wenn sich ihr Zustand nicht besserte?
Perry
... mehr
Perry betrat den Strategieraum und nickte Marron wortlos zu. Die Decke dieser Höhle war so niedrig und unregelmäßig, dass er sich ducken musste, während er um den langen Tisch herumging. Er bemühte sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen und sagte sich immer wieder, dass die Wände nicht auf ihn einstürzten, sondern dass es ihm nur so vorkam.
Roar war schon vor ihm eingetroffen. Er saß zurückgelehnt auf seinem Stuhl, die Füße auf dem Tisch, eine Flasche Luster in der Hand, und schaute nicht auf, als Perry eintrat. Das verhieß nichts Gutes.
Bear und Reef nickten Perry zu; sie sprachen gerade über das rote Flackern, das sie seit ein paar Tagen in den Ätherstürmen beobachtet hatten. »Irgendwelche Ideen, warum sich die Farbe verändert?«, fragte Perry und nahm seinen angestammten Platz ein, Marron rechts und Reef links neben sich. Es war ein merkwürdiges Gefühl, Roar gegenüberzusitzen, als seien sie Feinde.
»Ja«, antwortete Marron und drehte den goldenen Ring an seinem Finger. »Dasselbe Phänomen ist während der Einheit aufgetreten. Es leitete den Beginn unablässiger Stürme ein, die dann dreißig Jahre andauerten. Der Äther wird sich weiter verändern, bis er schließlich vollkommen rot ist. Und wenn das einmal eingetreten ist, kann niemand mehr nach draußen.« Er schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, dann werden wir hier gefangen sein.«
»Wie viel Zeit bleibt uns noch?«, wollte Perry wissen.
»Die Berichte aus dieser Zeit sind unterschiedlich; es lässt sich nicht genau sagen. Wenn wir Glück haben, ein paar Wochen.«
»Und wenn wir keins haben?«
»Ein paar Tage.«
»Himmel«, sagte Bear erschüttert. Er stützte sich mit seinen massiven Armen auf den Tisch, stieß hörbar die Luft aus und brachte die Kerzenflammen vor sich zum Flackern. »Ein paar Tage?«
Perry versuchte, diese Information zu verarbeiten. Er hatte die Tiden in diese Höhle geführt, damit sie ihnen vorübergehend Schutz bot. Hatte ihnen versprochen, es sei nicht für immer - denn das konnte es auch gar nicht sein. Die Höhle war schließlich keine Biosphäre wie Reverie, die sich selbst versorgte. Er musste den Stamm von hier fortbringen.
Perry schaute zu Reef, dessen Rat er jetzt ausnahmsweise einmal gerne gehört hätte.
Doch dann betrat Aria die Kammer.
Perry sprang so schnell auf die Füße, dass sein Stuhl nach hinten kippte. Blitzschnell überwand er die zehn Schritte bis zu ihr, stieß sich den Kopf an der niedrigen Decke, rammte den Tischmit seinem Bein und bewegte sich so unkoordiniert wie nie.
Er zog sie zu sich heran und hielt sie ganz fest, achtete aber darauf, ihren verletzten Arm nicht zu berühren.
Sie duftete einfach unglaublich. Nach Veilchen und weiten, sonnenbeschienenen Feldern. Ihr Duft ließ sein Herz schneller schlagen; er stand für Freiheit, für all das, was diese Höhle nicht war.
»Du bist wach«, sagte er und hätte fast über sich selbst gelacht. Ihm hätte wirklich etwas Besseres einfallen müssen - schließlich hatte er tagelang darauf gewartet, mit ihr sprechen zu können.
»Talon sagte mir, dass du hier sein würdest«, erklärte sie und lächelte ihn an.
Vorsichtig fuhr er mit der Hand über den Verband an ihrem Arm. »Wie fühlst du dich?«
Sie zuckte die Achseln. »Schon besser.«
Er wünschte, es würde stimmen, aber die dunklen Ringe unter ihren Augen und ihre blasse Gesichtsfarbe sagten etwas anderes. Trotzdem war sie noch immer das Schönste, was er je gesehen hatte. Absolut.
Die Blaue Stille
Vier Wachen kamen durch die Tür, bewaffnet mit Gewehren, Pistolen und dem Elektroschocker, mit dem sie Perry und Roar ausgeschaltet hatten. Aria ergriff Furcht beim Anblick der vielen Waffen.
»Ist Perry da drin?«, fragte sie, so laut es ihre Kräfte erlaubten. »Warum sind wir hier?«
Dann betrat Sable den Raum und ihre Stimmbänder versagten den Dienst.
Wenn Hess überhaupt keine Notiz von ihr genommen zu haben schien, so galt das nicht für Sable. Er lächelte und sagte: »Hallo Aria. Schön, dich wiederzusehen. Ja, Cinder und Peregrine sind dort drüben. Du wirst sie schon bald wiedersehen.«
Sie wollte sich wieder zu der Glaswand umdrehen, aber Sable fixierte sie mit seinem Blick.
»Als Erstes sollten wir über die Blaue Stille sprechen«, meinte Sable, »deswegen sind wir schließlich hier. Es dürfte hilfreich sein, wenn alle am Tisch die Herausforderungen kennen, denen wir auf dem Weg dorthin begegnen werden.«
»Warum sollte ich glauben, dass ihr überhaupt wisst, wo sie sich befindet?«, wandte Aria ein. »Warum sollte das irgendjemand von uns tun?«
Sable lächelte; seine hellen Augen zeigten keine Regung. Sie konnte nicht sagen, ob ihre Unterbrechung ihm gefallen oder ihn wütend gemacht hatte.
In seinem eng anliegenden schwarzen Mantel, mit der funkelnden Kriegsherrenkette um den Hals, schien er voller Tatendrang und vollkommen Herr der Lage zu sein. Dagegen wirkte Hess an seiner Seite eigentümlich sanft, fast schon harmlos.
»Dann beginne ich am besten damit, wie ich von der Blauen Stille erfahren habe, und lasse euch selbst entscheiden, ob ihr mir glaubt oder nicht. Vor drei Jahren geriet eines meiner Handelsschiffe, die Colossus, in einen heftigen Sturm und wurde aufs Meer hinausgetrieben. Die meisten Besatzungsmitglieder kamen dabei leider ums Leben, doch zwei Deckshände überlebten. Sie waren unerfahrene Seeleute, zufälligerweise beide Seher, und trieben wochenlang hilflos dahin, bis sie auf etwas schier Unglaubliches stießen.
»Wir alle kennen die Äthertrichter, aber was diese Männer beschrieben haben, übertrifft das bei weitem. Sie berichteten voneiner Wand, vielmehr einem Wasserfall aus Äther. Eine Barriere, die vom Himmel herabfließt, sich endlos über den Horizont erstreckt, soweit das Auge reicht. Ein erstaunlicher Anblick, aberkein Vergleich mit dem, was dahinter liegt. Auf der anderen Seitesahen diese jungen Männer, durch kleine Lücken im Ätherstrom, einen klaren blauen Himmel. Keine Spur von Äther.«
»Wo sind diese Männer?«, fragte sie.
»Nicht länger verfügbar.« Sable breitete die Hände aus - eine eindeutige Geste. »Ich musste dieses Wissen schützen.«
Er war völlig skrupellos, gab ganz offen zu, dass er die Seeleute umgebracht hatte, ohne die geringste Reue zu zeigen. Aria schaute sich am Tisch um. Niemand schien überrascht.
»Sie glauben diese Geschichte einfach so, ohne Beweise?«, fragte sie Hess.
»Sie erhärtet unsere Theorien.«
»Welche Theorien?«, hakte sie nach. Endlich gab es Informationen. Sie wollte alles wissen.
Sable nickte Hess zu, der die Frage beantwortete. »Es handelt sich unter anderem um eine seit langem bekannte Theorie, welche die Störung des Erdmagnetismus mit dem Aufkommen des Äthers in Zusammenhang bringt. Norden und Süden, die magnetischen Pole, begannen, sich zu verschieben, und setzten damit einen Prozess in Gang, der noch längst nicht beendet ist. Aber man nimmt an, dass bei diesem Prozess magnetische
Taschen entstehen und sich ähnlich miteinander verbinden wie Wassertropfen. Wir glauben, dass die Blaue Stille eine dieser Taschen ist: ein Magnetfeld, das den Äther fernhält. Was diese beiden Männer gesehen haben, war die Grenze - ein Ätherstrom, der so weit wie möglich in diesen Bereich vorgedrungen ist und sich dort zu einer Mauer verdichtet hat.«
»Warum wussten wir das nicht vorher?«, fragte Aria zornig.
»Diejenigen, die es wissen mussten, wussten es«, stellte Hess klar. »Und dieses Wissen führte zu nichts. Wir haben intensive Forschungen betrieben, aber nichts herausgefunden. Schließlich gaben wir die Idee auf.«
Es gab so viel zu begreifen und einzuordnen. Arias ganzer Körper war wie betäubt. »Und was ist mit dem Plan, die Barriere zu durchbrechen?«
Hess schaute zu der Glaswand. »Es ist uns nicht gelungen, den Äther mit technologischen Mitteln zu kontrollieren. Andere Ansätze, biologischer Art etwa, könnten möglicherweise noch Erfolg haben. Der Zentralrat Grüne Biosphären - die Forschungsgruppe, zu der deine Mutter gehörte - hatte hauptsächlich zum Ziel, das Erbgut so zu verändern, dass ein Leben in den Biosphären langfristig möglich war.«
Da ihre Mutter Genforscherin gewesen war, wusste Aria bereits, worauf das Ganze hinauslief. Für die anderen fuhr Hess mit seiner Erklärung fort.
»Der ZGB wollte Menschen mit einer hohen genetischen Plastizität, also einer extrem formbaren DNA schaffen, die sich rasch an jede Umgebung anpassen konnten. Mit anderen Worten: Chamäleons, die sich auf der Zellebene verändern, an jede außergewöhnliche Atmosphäre anpassen können und unter allen Bedingungen lebensfähig sind.«
Hess schaute zu Roar. »Aber was mit dem Programm erreicht wurde, übertraf alle Erwartungen: Die Testpersonen passten sich nicht nur an den Äther an, der Äther passte sich auch ihnen an.«
Er unterbrach sich kurz, und für den Bruchteil einer Sekunde herrschte Stille im Raum. Aria hörte nur ein Klingeln in den Ohren. Als er weitersprach, begann sie, Wachposten, Soldaten und Waffen zu zählen.
»Nach kurzer Zeit wurde das Projekt als gescheitert erachtet. Es gab Unsicherheiten, die nicht zu erklären waren. Wie immer,
wenn ein Problem gelöst wird, besteht die Möglichkeit, dass sich daraus weitere Probleme ergeben. Die Wissenschaftler hatten zwar herausgefunden, wie sie Menschen mit dynamischem Erbgut schaffen konnten, aber sie wussten nicht, wie sie diese Dynamik wieder eindämmen konnten. Die Versuchspersonen verschieden wenige Jahre nach ihrer Erschaffung. Sie waren nicht lebensfähig. Sie ... zerstörten sich selbst.«
Wieder schaute Hess zu der Glaswand und sagte dann: »Alle bis auf einen.«
Copyright © Verlag Friedrich Oetinger GmbH, Hamburg 2014.
Perry betrat den Strategieraum und nickte Marron wortlos zu. Die Decke dieser Höhle war so niedrig und unregelmäßig, dass er sich ducken musste, während er um den langen Tisch herumging. Er bemühte sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen und sagte sich immer wieder, dass die Wände nicht auf ihn einstürzten, sondern dass es ihm nur so vorkam.
Roar war schon vor ihm eingetroffen. Er saß zurückgelehnt auf seinem Stuhl, die Füße auf dem Tisch, eine Flasche Luster in der Hand, und schaute nicht auf, als Perry eintrat. Das verhieß nichts Gutes.
Bear und Reef nickten Perry zu; sie sprachen gerade über das rote Flackern, das sie seit ein paar Tagen in den Ätherstürmen beobachtet hatten. »Irgendwelche Ideen, warum sich die Farbe verändert?«, fragte Perry und nahm seinen angestammten Platz ein, Marron rechts und Reef links neben sich. Es war ein merkwürdiges Gefühl, Roar gegenüberzusitzen, als seien sie Feinde.
»Ja«, antwortete Marron und drehte den goldenen Ring an seinem Finger. »Dasselbe Phänomen ist während der Einheit aufgetreten. Es leitete den Beginn unablässiger Stürme ein, die dann dreißig Jahre andauerten. Der Äther wird sich weiter verändern, bis er schließlich vollkommen rot ist. Und wenn das einmal eingetreten ist, kann niemand mehr nach draußen.« Er schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, dann werden wir hier gefangen sein.«
»Wie viel Zeit bleibt uns noch?«, wollte Perry wissen.
»Die Berichte aus dieser Zeit sind unterschiedlich; es lässt sich nicht genau sagen. Wenn wir Glück haben, ein paar Wochen.«
»Und wenn wir keins haben?«
»Ein paar Tage.«
»Himmel«, sagte Bear erschüttert. Er stützte sich mit seinen massiven Armen auf den Tisch, stieß hörbar die Luft aus und brachte die Kerzenflammen vor sich zum Flackern. »Ein paar Tage?«
Perry versuchte, diese Information zu verarbeiten. Er hatte die Tiden in diese Höhle geführt, damit sie ihnen vorübergehend Schutz bot. Hatte ihnen versprochen, es sei nicht für immer - denn das konnte es auch gar nicht sein. Die Höhle war schließlich keine Biosphäre wie Reverie, die sich selbst versorgte. Er musste den Stamm von hier fortbringen.
Perry schaute zu Reef, dessen Rat er jetzt ausnahmsweise einmal gerne gehört hätte.
Doch dann betrat Aria die Kammer.
Perry sprang so schnell auf die Füße, dass sein Stuhl nach hinten kippte. Blitzschnell überwand er die zehn Schritte bis zu ihr, stieß sich den Kopf an der niedrigen Decke, rammte den Tischmit seinem Bein und bewegte sich so unkoordiniert wie nie.
Er zog sie zu sich heran und hielt sie ganz fest, achtete aber darauf, ihren verletzten Arm nicht zu berühren.
Sie duftete einfach unglaublich. Nach Veilchen und weiten, sonnenbeschienenen Feldern. Ihr Duft ließ sein Herz schneller schlagen; er stand für Freiheit, für all das, was diese Höhle nicht war.
»Du bist wach«, sagte er und hätte fast über sich selbst gelacht. Ihm hätte wirklich etwas Besseres einfallen müssen - schließlich hatte er tagelang darauf gewartet, mit ihr sprechen zu können.
»Talon sagte mir, dass du hier sein würdest«, erklärte sie und lächelte ihn an.
Vorsichtig fuhr er mit der Hand über den Verband an ihrem Arm. »Wie fühlst du dich?«
Sie zuckte die Achseln. »Schon besser.«
Er wünschte, es würde stimmen, aber die dunklen Ringe unter ihren Augen und ihre blasse Gesichtsfarbe sagten etwas anderes. Trotzdem war sie noch immer das Schönste, was er je gesehen hatte. Absolut.
Die Blaue Stille
Vier Wachen kamen durch die Tür, bewaffnet mit Gewehren, Pistolen und dem Elektroschocker, mit dem sie Perry und Roar ausgeschaltet hatten. Aria ergriff Furcht beim Anblick der vielen Waffen.
»Ist Perry da drin?«, fragte sie, so laut es ihre Kräfte erlaubten. »Warum sind wir hier?«
Dann betrat Sable den Raum und ihre Stimmbänder versagten den Dienst.
Wenn Hess überhaupt keine Notiz von ihr genommen zu haben schien, so galt das nicht für Sable. Er lächelte und sagte: »Hallo Aria. Schön, dich wiederzusehen. Ja, Cinder und Peregrine sind dort drüben. Du wirst sie schon bald wiedersehen.«
Sie wollte sich wieder zu der Glaswand umdrehen, aber Sable fixierte sie mit seinem Blick.
»Als Erstes sollten wir über die Blaue Stille sprechen«, meinte Sable, »deswegen sind wir schließlich hier. Es dürfte hilfreich sein, wenn alle am Tisch die Herausforderungen kennen, denen wir auf dem Weg dorthin begegnen werden.«
»Warum sollte ich glauben, dass ihr überhaupt wisst, wo sie sich befindet?«, wandte Aria ein. »Warum sollte das irgendjemand von uns tun?«
Sable lächelte; seine hellen Augen zeigten keine Regung. Sie konnte nicht sagen, ob ihre Unterbrechung ihm gefallen oder ihn wütend gemacht hatte.
In seinem eng anliegenden schwarzen Mantel, mit der funkelnden Kriegsherrenkette um den Hals, schien er voller Tatendrang und vollkommen Herr der Lage zu sein. Dagegen wirkte Hess an seiner Seite eigentümlich sanft, fast schon harmlos.
»Dann beginne ich am besten damit, wie ich von der Blauen Stille erfahren habe, und lasse euch selbst entscheiden, ob ihr mir glaubt oder nicht. Vor drei Jahren geriet eines meiner Handelsschiffe, die Colossus, in einen heftigen Sturm und wurde aufs Meer hinausgetrieben. Die meisten Besatzungsmitglieder kamen dabei leider ums Leben, doch zwei Deckshände überlebten. Sie waren unerfahrene Seeleute, zufälligerweise beide Seher, und trieben wochenlang hilflos dahin, bis sie auf etwas schier Unglaubliches stießen.
»Wir alle kennen die Äthertrichter, aber was diese Männer beschrieben haben, übertrifft das bei weitem. Sie berichteten voneiner Wand, vielmehr einem Wasserfall aus Äther. Eine Barriere, die vom Himmel herabfließt, sich endlos über den Horizont erstreckt, soweit das Auge reicht. Ein erstaunlicher Anblick, aberkein Vergleich mit dem, was dahinter liegt. Auf der anderen Seitesahen diese jungen Männer, durch kleine Lücken im Ätherstrom, einen klaren blauen Himmel. Keine Spur von Äther.«
»Wo sind diese Männer?«, fragte sie.
»Nicht länger verfügbar.« Sable breitete die Hände aus - eine eindeutige Geste. »Ich musste dieses Wissen schützen.«
Er war völlig skrupellos, gab ganz offen zu, dass er die Seeleute umgebracht hatte, ohne die geringste Reue zu zeigen. Aria schaute sich am Tisch um. Niemand schien überrascht.
»Sie glauben diese Geschichte einfach so, ohne Beweise?«, fragte sie Hess.
»Sie erhärtet unsere Theorien.«
»Welche Theorien?«, hakte sie nach. Endlich gab es Informationen. Sie wollte alles wissen.
Sable nickte Hess zu, der die Frage beantwortete. »Es handelt sich unter anderem um eine seit langem bekannte Theorie, welche die Störung des Erdmagnetismus mit dem Aufkommen des Äthers in Zusammenhang bringt. Norden und Süden, die magnetischen Pole, begannen, sich zu verschieben, und setzten damit einen Prozess in Gang, der noch längst nicht beendet ist. Aber man nimmt an, dass bei diesem Prozess magnetische
Taschen entstehen und sich ähnlich miteinander verbinden wie Wassertropfen. Wir glauben, dass die Blaue Stille eine dieser Taschen ist: ein Magnetfeld, das den Äther fernhält. Was diese beiden Männer gesehen haben, war die Grenze - ein Ätherstrom, der so weit wie möglich in diesen Bereich vorgedrungen ist und sich dort zu einer Mauer verdichtet hat.«
»Warum wussten wir das nicht vorher?«, fragte Aria zornig.
»Diejenigen, die es wissen mussten, wussten es«, stellte Hess klar. »Und dieses Wissen führte zu nichts. Wir haben intensive Forschungen betrieben, aber nichts herausgefunden. Schließlich gaben wir die Idee auf.«
Es gab so viel zu begreifen und einzuordnen. Arias ganzer Körper war wie betäubt. »Und was ist mit dem Plan, die Barriere zu durchbrechen?«
Hess schaute zu der Glaswand. »Es ist uns nicht gelungen, den Äther mit technologischen Mitteln zu kontrollieren. Andere Ansätze, biologischer Art etwa, könnten möglicherweise noch Erfolg haben. Der Zentralrat Grüne Biosphären - die Forschungsgruppe, zu der deine Mutter gehörte - hatte hauptsächlich zum Ziel, das Erbgut so zu verändern, dass ein Leben in den Biosphären langfristig möglich war.«
Da ihre Mutter Genforscherin gewesen war, wusste Aria bereits, worauf das Ganze hinauslief. Für die anderen fuhr Hess mit seiner Erklärung fort.
»Der ZGB wollte Menschen mit einer hohen genetischen Plastizität, also einer extrem formbaren DNA schaffen, die sich rasch an jede Umgebung anpassen konnten. Mit anderen Worten: Chamäleons, die sich auf der Zellebene verändern, an jede außergewöhnliche Atmosphäre anpassen können und unter allen Bedingungen lebensfähig sind.«
Hess schaute zu Roar. »Aber was mit dem Programm erreicht wurde, übertraf alle Erwartungen: Die Testpersonen passten sich nicht nur an den Äther an, der Äther passte sich auch ihnen an.«
Er unterbrach sich kurz, und für den Bruchteil einer Sekunde herrschte Stille im Raum. Aria hörte nur ein Klingeln in den Ohren. Als er weitersprach, begann sie, Wachposten, Soldaten und Waffen zu zählen.
»Nach kurzer Zeit wurde das Projekt als gescheitert erachtet. Es gab Unsicherheiten, die nicht zu erklären waren. Wie immer,
wenn ein Problem gelöst wird, besteht die Möglichkeit, dass sich daraus weitere Probleme ergeben. Die Wissenschaftler hatten zwar herausgefunden, wie sie Menschen mit dynamischem Erbgut schaffen konnten, aber sie wussten nicht, wie sie diese Dynamik wieder eindämmen konnten. Die Versuchspersonen verschieden wenige Jahre nach ihrer Erschaffung. Sie waren nicht lebensfähig. Sie ... zerstörten sich selbst.«
Wieder schaute Hess zu der Glaswand und sagte dann: »Alle bis auf einen.«
Copyright © Verlag Friedrich Oetinger GmbH, Hamburg 2014.
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Autoren-Porträt von Veronica Rossi
Veronica Rossi, in Rio de Janeiro/Brasilien geboren, zog in ihrer Kindheit oft um und lebte in Mexiko, Venezuela, an der Ostküste der USA und schließlich in Kalifornien. Hier besuchte sie die Universität und studierte Schöne Künste am Californian College of the Arts in San Francisco. Heute lebt sie mit ihrer Familie im Norden Kaliforniens und arbeitet als freie Autorin. Sie schreibt vor allem futuristische Romane für junge Erwachsene. Erste Ehren erwarb sie mit bisher unveröffentlichten Manuskripten auf amerikanischen Autoren-Wettbewerben, wo sie in der Kategorie Fantasy und Science Fiction auf den vordersten Plätzen rangierte.Franca Fritz lebte nach ihrem Abitur zwei Jahre in London, studierte Literaturwissenschaft, Anglistik und Niederlandistik an den Universitäten Köln und Wuppertal sowie der ITV Hogeschool in Utrecht. Sie arbeitet seit über zwanzig Jahren als Übersetzerin.Heinrich Koop studierte Geschichte und Niederlandistik an der Universität Köln, bekam ein Auslandsstipendium an der Katholieke Universiteit Nijmegen und vervollständigte seine Ausbildung durch den Zusatzstudiengang Literarisches Übersetzen aus dem Niederländischen an der Universität Münster.
Bibliographische Angaben
- Autor: Veronica Rossi
- Altersempfehlung: 14 - 17 Jahre
- 2014, 432 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 15 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Fritz, Franca; Koop, Heinrich
- Verlag: Oetinger
- ISBN-10: 3789146226
- ISBN-13: 9783789146220
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