Beauman, S: Die fernen Tage
England 1922: Um sich von einer schweren Krankheit zu erholen, reist die junge Lucy mit ihrer Gouvernante nach Ägypten.
Bald schon ist sie fasziniert von der Schönheit des fernen Landes und dem illustren Kreis bedeutender...
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Produktinformationen zu „Beauman, S: Die fernen Tage “
England 1922: Um sich von einer schweren Krankheit zu erholen, reist die junge Lucy mit ihrer Gouvernante nach Ägypten.
Bald schon ist sie fasziniert von der Schönheit des fernen Landes und dem illustren Kreis bedeutender Archäologen und ihrer Familien. In Frances findet sie eine beste Freundin, gemeinsam erleben die beiden die aufregenden Entdeckungen im Tal der Pyramiden mit und erforschen die rätselhafte Welt der Erwachsenen - eine Welt aus Halbwahrheiten und dunklen Geheimnissen. Noch Jahre später werfen die Geheimnisse, die ihren Anfang in Ägypten nehmen, ihre Schatten auf Lucys Leben und gefährden ihre große Liebe...
Bald schon ist sie fasziniert von der Schönheit des fernen Landes und dem illustren Kreis bedeutender Archäologen und ihrer Familien. In Frances findet sie eine beste Freundin, gemeinsam erleben die beiden die aufregenden Entdeckungen im Tal der Pyramiden mit und erforschen die rätselhafte Welt der Erwachsenen - eine Welt aus Halbwahrheiten und dunklen Geheimnissen. Noch Jahre später werfen die Geheimnisse, die ihren Anfang in Ägypten nehmen, ihre Schatten auf Lucys Leben und gefährden ihre große Liebe...
Klappentext zu „Beauman, S: Die fernen Tage “
England 1922: Um sich von einer schweren Krankheit zu erholen, reist die junge Lucy mit ihrer Gouvernante nach Ägypten. Bald schon ist sie fasziniert von der Schönheit des fernen Landes und dem illustren Kreis bedeutender Archäologen und ihrer Familien. In Frances findet sie eine beste Freundin, gemeinsam erleben die beiden die aufregenden Entdeckungen im Tal der Pyramiden mit und erforschen die rätselhafte Welt der Erwachsenen - eine Welt aus Halbwahrheiten und dunklen Geheimnissen. Noch Jahre später werfen die Geheimnisse, die ihren Anfang in Ägypten nehmen, ihre Schatten auf Lucys Leben und gefährden ihre große Liebe ...
Lese-Probe zu „Beauman, S: Die fernen Tage “
Die fernen Tage von Sally BeaumanAus dem Englischenvon Claudia Franz
Teil 1
Das Mädchen von der Sphinx
Nun sind wir also in Ägypten, dem Land der Pharaonen, dem Land der Ptolemäer, dem Land der Kleopatra (wie es in gehobenem Stil heißt) ... Was soll ich sagen? Was wünschen Sie zu hören? Ich bin geblendet und kann mich kaum fassen. Es ist, als würde man aus dem Tiefschlaf mitten in eine Beethoven- Symphonie geworfen ...
Gustave Flaubert, Brief aus Kairo an Dr. Jules Cloquet vom 15. Januar 1850
1
Eine Woche nach meiner Ankunft in Kairo zeigte man mir die Pyramiden, wo ich Frances zum ersten Mal begegnete. Das war im Januar 1922, und Miss Mackenzie, die auf unseren Ägyptenreisen in loco parentis meine Betreuung übernahm, hatte den Ausflug mit größter Sorgfalt geplant. Sie war überzeugt davon, dass es heilsam wäre, wenn ich die Pyramiden zu sehen bekäme - »eines der größten Wunder der Antike, das musst du dir stets vor Augen halten, meine liebe Lucy« -, besonders wenn ich sie in all ihrer Pracht erblickte, und das hieß bei Sonnenaufgang. Die Pyramiden würden mich auf andere Gedanken bringen, würden mich begeistern, würden mich schlagartig ins Leben zurückholen. Sie wären Anreiz, wieder mit der Welt in Kontakt zu treten. Sechs Tage hatte Miss Mackenzie den Ausflug vor sich hergeschoben, da ihr meine Kräfte noch nicht hinreichend wiederhergestellt erschienen; doch am siebten Tag war der große Moment endlich gekommen.
... mehr
Miss Mack, die im Krieg als Krankenschwester gearbeitet hatte, glaubte nicht nur an die Pyramiden, sondern auch an Zeitpläne. Ordnung hatte für sie eine therapeutische Wirkung. Also wurde der Tag minutiös durchorganisiert. Die Liste, die sie in ihrer adretten, rundlichen Handschrift verfasst hatte, las sich folgendermaßen:
5 Uhr: Pyramiden von Gizeh. Danach sofortiger Aufbruch.
Mittag: Picknick bei der Sphinx, im Schatten ihrer Vorderpfoten.
14:30 Uhr:Rückkehr zum Shepheard's Hotel. MITTAGSRUHE, unbedingt einzuhalten. 16 Uhr: Tee auf der berühmten Hotelterrasse. Gelegenheit für conversazione. 17 Uhr: Besuch von Madame Maschas legendärer Ballettklasse, auf persönliche Einladung der berühmten Dame selbst. Dauer: eine Stunde. Nutzen: unschätzbar.
»Ehrlich gesagt, Lucy«, sagte Miss Mack, »sind meine Kontakte in Kairo ein wenig eingerostet, obwohl ich ja eine große Ägyptenkennerin bin. Wir brauchen ein entrée, mein Schatz. Freunde.« Traurig betrachtete sie ihre Liste. »Ein wenig Unterhaltung.«
Ich meinerseits hatte vollkommen vergessen, was »Unterhaltung« bedeutete. Die Erinnerung daran hatte sich im Nebel, der meinen Geist damals eintrübte, verflüchtigt, aber als gehorsames Kind war ich dankbar für Miss Macks Elan - ihren »Pep«, wie sie selbst es nannte. Mir war bewusst, dass meine Lustlosigkeit sie beunruhigte und dass sich hinter all ihrer minutiösen Planerei auch Sorge verbarg, wenn nicht gar Angst. Daher tat ich alles, um sie zu beruhigen. Ich stand in aller Herrgottsfrühe auf, als es in Kairo noch dunkel war, ließ mich anstandslos mit Kölnisch Wasser einsprühen, was die Fliegen fernhalten sollte, und nahm lange Socken und wüstentaugliche Schuhe in Kauf. Auch die Baumwollhandschuhe zog ich bereitwillig an. »Und steck niemals die Finger in irgendwelche Spalten, Lucy. Die Steine der Pyramiden sind gefährlich - du musst ständig vor Skorpionen auf der Hut sein.« Dann ließ ich mir noch den Panamahut aufsetzen, der mich vor der sengenden ägyptischen Sonne schützen würde - so zumindest lautete die Begründung, die Miss Mack mir gegenüber stets vorbrachte. Als ich schließlich komplett ausstaffiert war, führte sie mich vor den großen Kippspiegel, in dem wir beide mich betrachteten. Sollte ich den Hut abnehmen und das Desaster meiner Haare offenbaren? Das kleine Mädchen im Spiegel begegnete meinem Blick. Es war elf Jahre alt, wirkte aber eher wie sieben: dürr wie ein Stock, die Nase verkniffen, die Augenpartie argwöhnisch. Die reinste Nichtexistenz. Das Mädchen kannte ich nicht.
Also drehte ich ihm den Rücken zu und folgte Miss Mack die Treppe hinunter in die prächtige basarähnliche Lobby des Shepheard's Hotel. Umschwärmt von einer ganzen Schar Lakaien in weißen Pumphosen und kurzen roten Jäckchen traten wir ins Licht der flackernden Fackeln hinaus und blickten von der Hoteltreppe in die schon lebhafte Finsternis. Was nun folgte, war ein Tumult. Miss Mack war eine Amerikanerin mit strikt republikanischen Überzeugungen und klaren Prinzipien. Stets predigte sie Genügsamkeit, war gleichzeitig aber auch überaus großzügig. Wo immer sie war, regnete es Bakschisch wie Manna vom Himmel. Ausnahmslos jeden bedachte sie mit ihren Gaben: die Bettler, von denen es in Kairos Straßen nur so wimmelte, die falschen und die tatsächlich Bedürftigen, die zerlumpten und halb verhungerten Kinder, die Straßenhändler, die Jasminverkäufer, die Schlangenbeschwörer. Und die Schwarzhändler, die schrien: »Antike Kostbarkeiten, schöne Lady, erstklassig und unglaublich alt«, um dann aus ihren Ärmeln Skarabäen zu zaubern, die erst tags zuvor hergestellt worden waren. Miss Macks weiches Herz hatte sich schnell nach unserer Ankunft herumgesprochen, sodass sie sogleich von einer zudringlichen Menschentraube umringt wurde, wenn sie auf der Hoteltreppe erschien. Ich selbst blieb am Eingang stehen, als der Aufruhr begann, und ließ mich, als mich die vertraute Schwäche übermannte, auf den Steinstufen zwischen den Sphinxen zu beiden Seiten der Treppe nieder. Unten auf der Straße erinnerten die Hoteldiener Miss Mack gerade daran, dass es in Kairo Unruhen gebe und nicht im Geringsten daran zu denken sei, ohne einen Dragoman, einen einheimischen Reiseführer, aufzubrechen. Doch die Ermahnung verhallte ungehört - als alte Ägyptenkennerin verachtete Miss Mack die Führer -, und so bestürmten sie die Hoteldiener, die sich um sie scharten und mit ihren Schultern die Bettler wegstießen, sie möge doch wenigstens ein Automobil mieten. Wo in ihrer Jugend noch unzählige Eseljungen ihre Dienste angeboten hatten, standen nun ordentlich aufgereiht die glänzenden Karossen für die Touristen. Ich sah, wie Miss Mack zögerte. Noch am vergangenen Abend hatte sie sich lautstark über Automobile echauffiert - Staubwolken, Abgasschwaden, Geschwindigkeit, Bequemlichkeit, wo blieb da noch Platz für Romantik und Poesie? Doch jetzt schaute sie zu mir herüber, sah mich auf den Stufen hocken und schien sich eines Besseren zu besinnen. Immerhin bestand die Gefahr, mich allzu großen Strapazen auszusetzen. Allerdings waren die Mietwagen teuer, und bei ihrem ausgeprägten Sinn für Sparsamkeit sperrte sich alles in Miss Mack gegen die Anmietung eines solchen Gefährts. Andererseits gab es ja noch meine Großeltern mütterlicherseits, reiche Amerikaner, die ich nur von den Briefen her kannte, in denen sie großmütig Unterstützung zugesagt hatten: Sie kabelten Geldanweisungen, wenn es mal nicht reichte, zahlten Miss Mack ein Honorar und erklärten stets, Geld spiele keine Rolle - was in ihrem Fall tatsächlich zutraf. Bei dieser Reise, darauf hatten sie bestanden, möge man keinerlei Kosten scheuen.
»Unter Umständen wäre es vielleicht doch ratsam, ein Automobil zu nehmen, Lucy«, sagte Miss Mack, die sich durch den Ring der Hoteldiener gekämpft hatte und nun auf der Treppe vor mir stand. »Wir sollten dir nicht zu viel zumuten. Vielleicht ist es ja sowieso unklug, diesen Ausflug schon jetzt zu unternehmen.«
Ich stand auf und hielt mich am Geländer fest. Wenn ich mich stark konzentrierte, konnte ich für kurze Zeit die nebelhafte Verwirrung in meinem Kopf vertreiben. Ich kannte Miss Macks Pläne und wollte nicht so grausam sein, sie zu enttäuschen. »Ach, bitte - kein Automobil«, sagte ich daher. »Ich hatte mich so sehr auf die Kutschfahrt gefreut. Und schauen Sie, da drüben auf der anderen Straßenseite steht ja auch schon Hassan wie immer.«
Miss Mack drehte sich um. Jenseits der schreienden Masse von Händlern und Berufsbettlern, die vor der Hoteltreppe ihren Pflichten nachkamen, erblickte sie ihren Lieblingskutscher. Hassan hockte auf der anderen Seite der Ibrahim Pasha Street, hatte sich über die Zügel seiner Kutsche gebeugt und wartete auf Kundschaft, die in diesen Tagen rar und wenig freigebig war. Seine ganze Haltung strahlte stoische Entschlossenheit aus. Als er Miss Mack entdeckte, hob er die Hand zum Gruß, und es dauerte nur einen Moment, da hatte sie ihre Entscheidung getroffen. Ihre Geldbörse kam zum Vorschein, üppige Trinkgelder wurden verteilt und Hassan herbeigepfiffen. In Sekundenschnelle waren Taschen, Körbe, Teppiche und Hocker in die Kutsche geladen und das Verdeck hochgeklappt. Man half mir hinein, dann nahm Miss Mack neben mir Platz, jetzt wieder vollkommen Herrin der Lage und in ihren selbst genähten Tweedkleidern zu jeder Unternehmung bereit. Hassans Pferd spitzte die Ohren und wieherte; das Geräusch schreckte zwei Schwarzmilane auf, die in ihrer unermüdlichen Jagd auf Aas und Abfall in den Palmen des Gartens von Ezbekieh gegenüber gehockt hatten.
Mit lautem Flattern stoben sie auf, kreisten über unseren Köpfen und flogen dann dicht an uns vorbei. »Und jetzt, Lucy«, sagte Miss Mack in hoffnungsfrohem Tonfall, »jetzt beginnt dein großes Abenteuer.«
Hassan war aus verschiedenen Gründen Miss Macks Lieblingskutscher. Er war ein freundlicher, kluger Mann und sorgte rührend für sein altes Pferd. Seine Kutsche war mit glänzendem Krimskrams und mächtigen Amuletten geschmückt. Er sprach Englisch, Französisch, Türkisch und Arabisch, und in seiner Jugend hatte er unter Lord Kitchener in der British Army gedient. In der ersten halben Stunde unserer Expedition erging sich Miss Mack in Lobpreisungen über den Lord. Ich war müde von all dem Anziehen und Packen und Einladen und Gerede, daher schaute ich in den dunklen Himmel mit dem überwältigenden Geglitzer der in Ägypten so tief stehenden Sterne und sog den süßen pudrigen Duft der Regenbäume ein. Kairo, das ich bisher als Zumutung empfunden hatte, war um diese Zeit merkwürdig still.
»Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich das erste Mal selbst zu den Pyramiden gefahren bin, Lucy«, sagte Miss Mack und wischte sich eine Träne aus dem Auge. »Wir haben eine Kutsche genommen, genau wie diese hier. Ich war noch ein Kind, nicht viel älter als du, zwölf Jahre alt, und es war das erste Mal, dass ich Princeton überhaupt verlassen hatte. 1878 war das, wenn ich mich recht entsinne - kann das wirklich schon so lange her sein? Was für ein Abenteuer! ›Mach dich auf etwas gefasst, Myrtle‹, sagte mein Vater, Gott hab ihn selig. Aber ich war derart aufgeregt, dass ich einfach nicht still sitzen konnte. Ich turnte überall herum - und dann, als die Sonne aufging, sah ich am Horizont ...«
Ich schwieg. Wir hatten soeben den Nil überquert, Türme, Minarette und den Jasmin- und Abwassergeruch der Stadt hinter uns gelassen. In weiter Ferne hörte ich noch das Rumpeln der Straßenbahn und das Stottern eines Automobils. Das Dunkel der Wüste umfing uns, ich atmete ihre antiseptische Luft ein. Mit einem leise ausgestoßenen Fluch brachte Hassan das Pferd dazu, den Kopf zu drehen, und wir nahmen die schmale Straße, die Miss Mack allée des pyramides nannte. Inzwischen schwelgte sie nicht mehr in Erinnerungen, sondern hatte sich auf eine andere Taktik verlegt. Sie erteilte mir eine Geschichtslektion, wie mir allerdings erst jetzt auffiel. Plötzlich verspürte ich eine gewisse Sympathie für sie. Obwohl ich hartnäckig schwieg, ließ sie in ihren guten Absichten nicht locker.
»Eines solltest du dir unbedingt merken, Lucy«, sagte sie. »Für die alten Ägypter war der Sonnenaufgang eine Wiederauferstehung. Sie waren der festen Überzeugung, dass es nach dem Schmerz des Todes eine Wiedergeburt gebe. Für sie war das so absehbar wie die Tatsache, dass täglich die Sonne aufgeht.« Sie nahm meine Hand und fügte hinzu: »Versuch, immer daran zu denken, Lucy, du könntest daraus Kraft schöpfen. Davon bin ich absolut überzeugt, mein Schatz.«
Ich antwortete nicht. Nachdem ich höflich einen Moment abgewartet hatte, entzog ich ihr die Hand wieder. Möglicherweise war sie ratlos, denn nun schwieg sie ebenfalls. Wie kalt die Luft war! Wie monoton das Klappern der Hufe, zu dem Hassans Amulette und der übrige Krimskrams leise klingelten. Zu beiden Straßenseiten konnte ich die Umrisse der Akazien erkennen. In den Reiseführern hatte ich gelesen, dass man die Allee zu Ehren der wunderschönen französischen Kaiserin Eugénie angepflanzt hatte - aber wann? In einem anderen Jahrhundert, in einer anderen Welt? Nebel stieg in meinem Hirn auf: Ich sah, wie Eugénie mit Napoléon Bonaparte im Wüstensand eine ebenso anmutige wie unwirkliche Gavotte tanzte, dann wandten sie sich um und erwiesen dem Pharao, der vor dreitausend Jahren gestorben war, mit einer tiefen Verbeugung die Ehre. Der Pharao war am gesamten Körper einbandagiert, und während ich ihn noch betrachtete, löste sich sein ka vom Körper und bedeutete uns streng, ihm in die Gefahren der Unterwelt zu folgen. Er schritt die Allee entlang, wir schritten hinterher. In den Zweigen der Akazien erklang der einsame Ruf eines Vogels, dazu heulte irgendwo in der Dunkelheit ein Schakal.
Schutzsuchend drängte ich mich an Miss Macks warmen, massigen Körper. Sie zögerte einen Moment, legte mir dann aber den Arm um die Schultern. Wenn ich jetzt einschlafen würde, würden mich die üblichen Träume heimsuchen, das wusste ich. Eine Weile konnte ich mich noch wach halten, dann aber verschlangen mich Müdigkeit und Finsternis. So rasch wie ein Betäubungsmittel und ebenso unausweichlich. Ein paar hundert Meter weiter war ich untergegangen.
2
Lucy, mein Schatz, du siehst schrecklich erschöpft aus«, sagte Miss Mack später am Morgen. »Vielleicht sollten wir uns doch nicht alle drei Pyramiden anschauen. Letztlich ist eine doch wie die andere, und wir haben die Cheops-Pyramide ja schon ziemlich eingehend besichtigt. Sollen wir unser Picknick besser vorziehen? Du wirkst so bleich und mitgenommen. Am besten, du wartest hier bei der Sphinx, mein Schatz - nur einen kurzen Moment, damit ich Hassan über die Programmänderung informieren kann. Wenn du im Schatten bleibst, hier, hinter der linken Vorderpfote? Es gibt wirklich keinen besseren Platz für ein Picknick als die Vorderpfoten der Sphinx. Manche Leute bevorzugen ja den Schwanzbereich, aber ich bin da ganz anderer Meinung.«
Gehorsam setzte ich mich auf den Klapphocker, den Miss Mack mir hinstellte. Die Pyramiden, die finsteren Saphiren geähnelt hatten, als ich sie in der Morgendämmerung vor dem grellen Gelb des Wüstenhimmels erstmals erblickt hatte, gleißten nun schmerzhaft. In einiger Entfernung standen ein paar Kameltreiber und debattierten lauthals, während ein übermütiger Tourist in Begleitung arabischer Reiseführer die große Pyramide erklomm und dabei von einer Gruppe gut gekleideter, ausgelassener Engländerinnen angefeuert wurde. »Los, weiter, Bertie!«, rief eine von ihnen. Ihre Stimme hallte weit und deutlich über den Sand. »Du hast es fast geschafft, Liebling. Nur noch dreißig Kilometer!«
»Hier, Lucy, die Wasserflasche«, sagte Miss Mack und musterte mich eindringlich. »Ich lasse sie dir da - hast du Durst? Dein Gesicht ist weiß wie ein Laken. Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist, mein Schatz?«
»Mir geht es gut, wirklich. Ich bleibe einfach hier sitzen und lese im Reiseführer.«
»Das ist schön. Dann komme ich so schnell wie möglich zurück, und außerdem bleibe ich ja in Sichtweite.«
Miss Mack eilte über den Sand zu den Palmen, in deren Schatten Hassan einen Teppich ausgebreitet hatte und betete. Keine zweihundert Meter hatte er sich von uns entfernt - was für ein treuer Wächter! Ich betrachtete die Feldflasche, die, wie ich wusste, absolut unbedenkliches Wasser enthielt. Miss Mack hatte seine Reinigung, das Abkochen, Abkühlen, Filtern und Abfüllen höchstpersönlich überwacht - sie überließ nichts dem Zufall, nie. Ich drehte den Verschluss auf, zog den Stopfen heraus, nahm einen Schluck, verspürte aber sofort Übelkeit und spuckte das Wasser wieder aus.
Neun Monate zuvor war ich mit meiner Mutter an einem heißen Bilderbuchtag im Mai durch die Felder von Norfolk gestreift. Irgendwann hatten wir einen abgelegenen Bauernhof gesehen und geklopft, um nach dem Weg zu fragen und um ein Glas Wasser zu bitten. Wir waren zu Besuch bei der Schwester meines Vaters, Tante Foxe, und wollten die Küstengegend erkunden, die in Anlehnung an den Dichter Clement Scott auch »Mohnblumenland« genannt wurde. Im Hinterland hatten wir uns dann verlaufen. Die Bauersfrau brachte uns auf einem Tablett die Gläser mit Wasser. Dankbar saßen wir im Schatten des Apfelhains und tranken. Die Bäume standen in voller Blüte, im Gras pickten Hühner, und meine Mutter Marianne, die sich in unserem Urlaub gut erholt hatte, sah nicht mehr so sorgenvoll aus wie oft daheim in Cambridge. Plötzlich war sie wieder jung und schön. »Das reinste Idyll, nicht wahr, Lucy?«, fragte sie mich. »Ist das nicht der wunderbarste Ort, an dem du je warst? Wie gut, dass du ihn entdeckt hast, mein Schatz. Und ist das nicht das beste Wasser überhaupt? Wie rein es schmeckt. So kalt und erfrischend. Es muss direkt aus dem Brunnen des Hofes kommen.«
So war es auch, wie man bei den Untersuchungen später feststellte. Meine Mutter war zu der Zeit schon an Typhus gestorben, und mir drohte dasselbe Los. Die Krankenschwester Miss Mack kümmerte sich um mich, und nur durch eine Laune des Schicksals, die mein Vater als gnädig zu bezeichnen pflegte, hatte ich überlebt. Und da war ich nun, teleportiert in die Wüste, wo ich im Schatten einer gewaltigen Pfote der Sphinx saß. Ich betrachtete das verwitterte, bröckelnde Gestein, konnte aber keine Skorpione entdecken.
»Das Wort ›Typhus‹ kommt vom griechischen typhos, Lucy«, hatte mein Vater, der Altphilologe war, mir erklärt. »Es bedeutet ›Starre‹, aber es wurde auch benutzt, um einen dumpfen Geisteszustand zu bezeichnen. Diese Bewusstseinseintrübung, die du immer ›Nebelhaftigkeit‹ nennst, ist ein vielfach beschriebenes Symptom der Krankheit. Man weiß, dass sie anhält, selbst wenn der Patient von der Krankheit geheilt zu sein scheint. Es wird vorübergehen, das verspreche ich dir. Allerdings musst du dich dafür in Geduld üben und dir die nötige Zeit lassen.«
Acht Monate nach meiner angeblichen Genesung hatte sich der Nebel noch immer nicht gelichtet. Mein Vater sollte nichts versprechen, was er nicht halten kann, dachte ich bei mir und kam mir sofort undankbar vor. Die Bemerkung hatte er gemacht, als wir unser erstes Weihnachtsfest ohne meine Mutter verbracht hatten - eine Zeit, die für uns beide schmerzhaft gewesen war. Alles, woran ich mich erinnern konnte, waren unsere Spaziergänge durch das kalte, neblige, verlassene Cambridge. Und dass mein schweigsamer Vater nach einer trostlosen Wanderung nach Grantchester, immer am Cam-Ufer entlang, plötzlich zusammengebrochen war. Er wandte sich von mir ab, schaute nicht mehr zurück und ließ mich einfach am Ufer stehen. In raschem Tempo eilte er auf die Stadt zu und verschwand. Nach einer Weile, die ich an Ort und Stelle verharrt hatte, machte ich mich schließlich ebenfalls auf den Weg und erreichte unser Zuhause unversehrt. Nichts war passiert ...
Schnell beschloss ich, meinem Vater noch am selben Abend einen Brief zu schreiben. Ich würde von den Pyramiden berichten, von der Sphinx und von Hassan und dann auch die anderen Vergnügungen beschreiben, die Miss Macks Plan vorsah. Die Kaiserin Eugénie würde ich nicht erwähnen, genauso wenig wie den eingebildeten Pharao. Alles würde luzide klingen, auch die Schilderung meiner fortschreitenden Genesung und meiner Dankbarkeit. Genau, ein luzider Brief seiner Tochter Lucy. Im Geiste begann ich, die ersten Worte zu entwerfen, hielt aber nach Lieber Vater wieder inne und starrte in den Sand.
Die Morgenhitze war angenehm und noch erträglich. Gerade so brachte sie das Licht zum Flirren und täuschte so die Wahrnehmung. In der Ferne überwachte Miss Mack das Ausladen der Körbe, der schneeweißen Tischwäsche und des kleinen Klapptischs. Ich nahm noch ein Schlückchen Wasser und zwang es hinunter. Als ich wieder zu der großen Pyramide hinüberschaute, hatte Bertie die Spitze erreicht. Er riss sich die Tweedkappe vom Kopf und rief: »Hurra!« Seine Zuschauer am Fuße der Pyramide brachen in Jubel aus, und Bertie, der offenbar gut vorbereitet war, zog aus seiner Norfolk-Jacke ein Fähnchen, das er triumphierend schwenkte. Ich hielt mir das Fernglas vor die Augen und nahm es ins Visier: der Union Jack. Bertie steckte das Fähnchen zwischen die Steine auf dem Gipfel der Pyramide, wo es eine Weile flatterte. Der Jubel schwoll noch einmal an, ging dann aber in einen enttäuschten Aufschrei über, als der Union Jack davonwehte.
Hinter der Gruppe sah ich einen großen Wagen durch den Sand holpern. Er beschrieb einen Bogen, fuhr in Richtung der Sphinx, änderte dann aber seine Richtung und hielt schließlich im Schatten einiger Palmen ungefähr fünfzig Meter von mir entfernt. Ich beobachtete, wie die Insassen ausstiegen: ein junger, korpulenter Mann mit dem Ansatz einer Glatze über der hohen, dominanten Stirn und einer exzentrischen Fliege um den Hals; außerdem eine Frau, die sich in etliche Tücher gehüllt hatte. Schließlich sprang auch noch ein Mädchen meines Alters aus dem Wagen, rannte ein paar Meter, schlug ein Rad, dem sie sofort einen Purzelbaum folgen ließ, um dann schnell ihre Wüstenausstattung aus dem Wagen zu holen: einen Fliegenwedel und eine dunkle Sonnenbrille. Fasziniert sah ich zu, wie sie sie aufsetzte. Eine Sonnenbrille für ein Kind - was für ein Luxus! Wie ich sie um diesen Schutz vor dem unerbittlichen Licht beneidete. Wie frei sie wirkte! Wie schön ihr dunkles, fast schwarzes Haar glänzte!
»Ist das heiß!«, rief sie ihrer Mutter zu - war es ihre Mutter? Es waren die ersten Worte, die ich sie sagen hörte. Und dann: »Das ist ja der reinste Backofen, Daddy! Ich hab doch gesagt, dass es zu heiß sein würde.«
Ihre Stimme war hell und hatte einen unverkennbar amerikanischen Akzent. Der Vater zuckte mit den Achseln. »Natürlich ist es zu heiß, wenn du so rumtobst. Kannst du nicht einfach einmal still sitzen?«
»Darf ich vor dem Essen noch auf eine Pyramide klettern?«
»Sei nicht so übermütig, Frances, das ist nicht lustig. Und nein, du darfst nicht. Weder vor dem Essen noch hinterher. Das ist Vandalismus, wie du nur zu gut weißt. Jetzt setz dich hin und iss deine Sandwiches. Und wenn du damit fertig bist, frage ich dich Hieroglyphen ab. Hast du die sechs gelernt, die ich dir aufgegeben habe?«
»So einigermaßen.«
»So einigermaßen reicht nicht. Genauigkeit ist alles. Helen, können wir jetzt endlich mit dem verdammten Picknick anfangen? Das war wirklich eine Schnapsidee - in einer Stunde muss ich wieder in Kairo sein.«
Die Stimmen verhallten, als die drei hinter den Palmen verschwanden. Benommen fragte ich mich, ob auch sie Erscheinungen aufgrund der Hitze gewesen waren, als plötzlich Miss Mack wieder auftauchte, diesmal mit Hassan im Schlepptau. Der Tisch wurde aufgeklappt und eine Tischdecke darauf ausgebreitet. In den mitgebrachten Körben fanden wir das üppige Lunchpaket des Shepheard's. Kalte gebratene Wachteln, ein Pilaw, Quittengebäck, Datteln, Renekloden. Miss Mack und ich saßen am Tisch und aßen vornehm mit Tellern, Messern, Gabeln und Leinenservietten, während Hassan, der sich auf Miss Macks Insistieren ebenfalls von den Köstlichkeiten bediente, auf dem Boden hockte. Er hatte flaches ägyptisches Brot mitgebracht, das er aus einem Tuch auswickelte. Doch schon im nächsten Moment sprang er auf, erklomm den Fuß der Sphinx, breitete das Brot sorgfältig auf deren Zehenknöcheln aus, ließ es in der prallen Sonne warm werden und kletterte wieder herab. Seine Frau habe das Brot für ihn gebacken, erklärte er und bot uns davon an. Miss Mack erstarrte und schüttelte, als sie sah, dass ich zugreifen wollte, den Kopf.
»Das Brot ist ausgezeichnet«, sagte Hassan fast traurig. Offenbar war er es gewohnt, dass die Menschen sein Angebot ablehnten. »Shamsi, kennen Sie es? Es bedeutet Sonnenbrot. Sie würden es bestimmt mögen.«
»Davon bin ich überzeugt, Hassan«, sagte Miss Mack entschlossen. »Aber meine Freundin Lucy war krank, deshalb müssen wir gut darauf achtgeben, was wir essen. Ich weiß Ihr Angebot sehr zu schätzen, aber wir haben selbst so reichlich, dass es uns nicht im Traum einfiele, Ihnen etwas wegzunehmen.«
Geknickt gab Hassan auf. Hoffentlich war er nicht beleidigt. Ich schob das Essen auf meinem Teller hin und her und bildete kleine Häufchen. Runter brachte ich nur wenig, sodass das Mahl eine Ewigkeit dauerte. Wir hatten erst die Hälfte geschafft, als ich plötzlich Stimmen und dann ein Motorengeräusch hörte. Die kleine Akrobatin brach wieder auf; ich sah sie im schimmernden Licht und einer Staubwolke verschwinden. Da Miss Mack den Exodus ebenfalls registrierte, war ich immerhin sicher, dass es sich um keine bloße Erscheinung handeln konnte.
»Automobile«, stellte Miss Mack stirnrunzelnd fest. »Bei den Pyramiden! Manche Leute haben einfach kein Fünkchen Ehrfurcht. Sie sollten sich klarmachen, dass es sich hier um heiligen Grund handelt. Die Pyramiden sind schließlich eine Begräbnisstätte.«
Und genau zu dieser Begräbnisstätte kehrten wir zurück, nachdem wir unser Picknick endlich beendet hatten. Miss Mack strotzte wieder vor Energie und war wild entschlossen, auch in mir den entscheidenden Funken zu entzünden. Wir besuchten alle drei Pyramiden, und sie war gnadenlos: Dynastien, Reiche, Könige, mögliche Konstruktionsmethoden, Orientierung an Himmelsrichtung und Sternenhimmel, Anzahl der in den angrenzenden Nekropolen bestatteten Pharaonenfrauen und Pharaonentöchter ... Die Sonne stand direkt über uns, als ich zur Ehefrauenabteilung hinüberblinzelte. Sie war nur teilweise ausgegraben, und auf dem durcheinandergewürfelten Steinhaufen hatte sich der Sand gesammelt. Jede Verzierung oder Inschrift, die sich einst dort befunden haben mochte, war über Jahrtausende hinweg von Wüstenstürmen längst ausradiert worden.
Ich ging weiter und beugte mich über eine der Gruben. Miss Mack hatte mir aus ihrem Reiseführer vorgelesen, dass es sich dabei um das Grab einer unbekannten Prinzessin handelte. Es hatte Wein, Früchte und Getreide enthalten, damit sie auch im Jenseits versorgt sein würde. Jetzt befanden sich in der über drei Meter tiefen Grube nur noch Trümmer. Eine smaragdgrüne Eidechse schoss in eine Mauerspalte, ein leichter Windhauch streifte meine Wange. Ich betrachtete den Sand, der unter meinen Füßen zitterte - und musste feststellen, dass diese Begräbnisstätte keineswegs verlassen war. Im Schatten der Grube hatte ich ein Mädchen entdeckt. Sie war ungefähr so alt wie ich, dünn, drahtig und lebhaft. Offenbar wollte sie aus dem Loch fliehen. Nervös lief sie hin und her, immer wieder an den Wänden entlang, als wollte sie irgendwo hochklettern oder hochspringen. Als sie nach einer Weile meine Gegenwart zu spüren schien, legte sie die Hand über die Augen, um sie vor der gleißenden Sonne zu schützen, drehte sich um und wandte mir ihr helles, durchscheinendes Gesicht zu. Wir starrten uns an, lange und eindringlich. Ich nahm meine kleine Boxkamera und wollte sie auf den Film bannen, aber im nächsten Moment war sie, so schnell, wie sie aufgetaucht war, auch schon wieder verschwunden.
Sollte ich Miss Mack von diesem interessanten Trugbild erzählen? Allerdings war mir klar, dass ich in diesem Fall mit Aspirin vollgestopft und wieder im Hotel eingesperrt werden würde. Also hielt ich lieber den Mund, während Miss Mack bereits unsere Sachen zusammensammelte. Es war Zeit, nach Kairo zurückzukehren. Sie wirkte ernüchtert. Offenbar hatte sie das Gefühl, dass die Pyramiden herzlich wenig gebracht hatten, und richtete nun all ihre Hoffnungen auf die Ballettklasse am Nachmittag.
3
Der junge Mann hat mich heute zum ersten Mal besucht. Er wollte mich zu einem Grab befragen - einem äußerst berühmten Grab. Sein Name ist Dr. Ben Fong, er ist ein junger amerikanischer Wissenschaftler. Zunächst war er in Berkeley, Kalifornien, jetzt ist er Fellow am University College London. Er schreibt ein Buch - noch ein Buch! - über die berühmteste Entdeckung, die man im Tal der Könige je gemacht hat. Geplant ist auch eine Fernsehdokumentation, eine Koproduktion, die von der BBC und einem amerikanischen Anbieter, vielleicht sogar HBO, finanziert werden wird. Der Arbeitstitel lautet: Das Grab des Tutanchamun - die ganze Wahrheit, und der überaus coole und fotogene Dr. Fong wird für dieses hochdotierte vierteilige Wunderwerk mit dem hochtrabenden Titel verantwortlich zeichnen. Buch und Serie werden, wie er mich aufklärte, parallel auf den Markt gebracht, das Interesse sei überwältigend. Die Bemerkung ließ er am Anfang unserer Unterhaltung fallen, als er noch der Illusion anhing, ich würde diese Aussicht verlockend, wenn nicht gar schmeichelhaft finden. Doch Dr. Fong ist nicht dumm und wird diesen Fehler sicher kein weiteres Mal begehen. Dem ersten Besuch war ein höflicher Brief vorangegangen, in dem Dr. Fongs eindrucksvolle akademische Qualifikationen, seine Publikationen und seine Kontakte und Freunde in Ägypten aufgeführt waren - einschließlich jener Person, die ihn an mich verwiesen und ihm meine Adresse gegeben hatte. Ich hatte den Mann, einen Experten für die Transkription von Papyri, bestimmt zwanzig Jahre nicht mehr gesehen. Dem Brief folgte ein reger E-Mail-Wechsel, zu dessen Beginn Dr. Fong auf galante Weise seine Überraschung kundtat, dass eine Frau meines Alters überhaupt einen Computer besaß. Angesichts dieses wenig verheißungsvollen Starts kann ich es mir selbst nicht erklären, warum ich mich zu dem Treffen überhaupt breitschlagen ließ. War meine Neugierde geweckt? Das steht zu bezweifeln. Vermutlich hat es einfach damit zu tun, dass mich meine Arthritis im Winter deutlich stärker behindert, sodass ich nicht mehr so häufig rauskomme, wie ich mir das wünschen würde. Mitten in London erleide ich dann einen Lagerkoller. Mit Einsamkeit hat das nichts zu tun. Nein, ich hatte mich bereit erklärt, Dr. Fong zu empfangen, weil er mich dazu drängte und ich mich langweilte.
Heutzutage verbringe ich die Winter meistens in England und die Sommer in Amerika oder anderswo. Wann und wohin ich auf Reisen gehe, bestimme einzig ich selbst. Ein, wie ich allen Leuten unter die Nase reibe, überaus komfortabler Zustand. Meine Reisefreude hängt dabei einzig von der Entwicklung meiner Arthritis ab - und von meiner Stimmung. Da das Treffen mit Dr. Fong im Januar stattfand, als meine Arthritis ihren winterlichen Höhepunkt erreicht hatte, besuchte er mich in meinem Haus in Highgate. Es ist ein schönes altes Haus, auch wenn es gefühlte tausend Treppen hat und auf dem höchsten Hügel über London liegt. Von dort hat man eine wunderbare Aussicht auf den berühmten Highgate Cemetery, auf dem so unterschiedliche Personen wie Karl Marx und George Eliot begraben sind. Der überwältigende Blick über Grab- kreuze und Schutzengel hinweg auf die Wolkenkratzer des neuen London hat durchaus einen praktischen Nutzen. Für gewöhnlich kann ich die Aufmerksamkeit meiner Gäste mindestens zehn Minuten damit fesseln, was mir wiederum hinreichend Gelegenheit gibt, mir ein Urteil über sie zu bilden. Allerdings erwies sich Dr. Fong als ungeduldig. Ich war nicht über eine erste Einschätzung hinweggekommen - Anfang dreißig, wacher Blick, modische Frisur, Ehering, schreckliche Schuhe -, als ich mich, nur vier Minuten später, in meinem Sessel am Kamin wiederfand. Fong saß im Sessel gegenüber, Notizblock in der Hand, Bleistift gezückt. Auf dem Tischchen zwischen uns stand ein Aufnahmegerät, das er ohne jede Vorwarnung einschaltete.
»Wenn Sie etwas sagen, kann ich den Ton regulieren, Miss Payne ... Wunderbar, ich denke, so ist es perfekt. Was für ein bemerkenswertes Zimmer! So viele Bücher, fast schon eine Bibliothek. Und so umwerfende Gemälde. Im wahrsten Sinne umwerfend, meine ich. Ist das ein ... Kann das denn wirklich ...? Wow, tatsächlich! Professor Yates hat mich ja vorgewarnt, und dennoch bin ich beeindruckt. Und wie ich sehe, steht da eine Uschebti auf Ihrem Schreibtisch. Und dann noch so eine schöne. Ist das ...?«
»Eine Kopie.«
»Nicht ein Original? Ganz sicher?«
»Ich habe sie 1922 auf dem Basar in Kairo gekauft, in dem Jahr, als ich zum ersten Mal in Ägypten war. Bei einem der weniger skrupellosen Händler. Ich war ein Kind von elf Jahren und hatte noch kein Urteilsvermögen. Tja, leider kein Original.« Ich wurde mit diesem Mann einfach nicht warm. Aber gut, dann lasset das Spiel beginnen, dachte ich, und vermutlich kam Dr. Fong zum selben Schluss. Besagte Uschebti - eine der Fayencefiguren, die einem ägyptischen König im Jenseits dienen sollten und in Erwartung dieser ewigen Dienerschaft dem Grab beigegeben wurden - war natürlich echt. Das wusste ich genauso gut, wie Dr. Fong wusste, dass ich es wusste. Eine Dreiviertelstunde lang schlichen wir also in unserer Unterhaltung umeinander herum. Ich mag mich von zwei Ehemännern scheiden gelassen, einen dritten beerdigt und auch ansonsten ein Leben geführt haben, das man gemeinhin als turbulent bezeichnet, aber in den letzten beiden Jahrzehnten habe ich allein gelebt. Ich bin in die Einsamkeit meiner Kindheit zurückgekehrt, was zur Folge hat, dass auch meine alten Eigenschaften wieder durchkommen, Vorsicht zum Beispiel. Fremden gegenüber bin ich zunehmend nervös und misstrauisch und vermeide es tunlichst, andere Personen ins Vertrauen zu ziehen. Da ich die meisten Freunde, die eine Ausnahme davon bildeten, mittlerweile überlebt habe, gibt es in meinem Leben nicht mehr viele Vertraute, und natürlich ließ Dr. Fong es sich nicht nehmen, den Finger genau in diese Wunde zu legen. Er spulte eine ganze Reihe von Berühmtheiten herunter, einschließlich jener, die an der abenteuerlichen Entdeckung und Ausgrabung des Grabs von Tutanchamun beteiligt gewesen waren, jener, denen ich erstmals als Kind in Kairo begegnet war, jener, die ich in Luxor und im Tal der Könige kennengelernt hatte. Allesamt waren sie nun mausetot. Dr. Fong atmete tief ein und bezeichnete mich dann als die einzige noch lebende Zeugin der größten archäologischen Entdeckung aller Zeiten und der außerordentlichen Ereignisse, die in den Jahren zwischen 1922 und 1932 einen unglaublichen Boom der Ägyptologie nach sich gezogen hatten.
»1935 wohl eher.« Ich war in Gedanken abgeschweift, und ehe ich michs versah, waren die Worte auch schon heraus.
»1935?« Er schaute mich verwirrt an. »Da kann ich Ihnen leider nicht folgen. Howard Carter hat das Grab von Tutanchamun doch im November 1922 entdeckt, oder? Und noch im selben Monat wurde es in Gegenwart seines Finanziers Lord Carnarvon geöffnet. Weitere zehn Jahre hat es gedauert, sämtliche Objekte zu beschreiben, zu konservieren und an ihre weiteren Bestimmungsstätten zu bringen. Die letzten wurden 1932 ins Ägyptische Museum in Kairo gebracht, im Februar 1932, Miss Payne. 1935 war die Sache längst gegessen.«
»Ach ja, natürlich. Mein Gedächtnis lässt mich allmählich im Stich, entschuldigen Sie bitte.«
»Ach was, Ihr Gedächtnis scheint mir absolut fantastisch zu funktionieren. Wenn meines noch so intakt ist, sollte ich in Ihrem Alter sein - falls ich das überhaupt erreiche -, dann werde ich mich glücklich schätzen.«
»Sie sind zu freundlich.«
»Gibt es da vielleicht etwas, das sich in Bezug auf 1935 meiner Kenntnis entzieht? Mir ist nicht bekannt, dass ... Oder dachten Sie möglicherweise an 1938, als Howard Carter starb? Das muss doch ein einschneidendes Datum für Sie gewesen sein, das Ende einer Ära. Wie ich hörte, waren Sie auf seiner Beerdigung. Allzu viele Leute waren ja nicht da. Kein gut besuchter Abgang. Mich würde in dieser Hinsicht interessieren, ob ...«
»Ein andermal, Dr. Fong.«
»Warum so förmlich? Nennen Sie mich doch einfach Ben. Alle sagen Ben zu mir.«
Es kostete mich eine weitere halbe Stunde, das Gespräch zu beenden. Für Dr. Fong war ich mit Sicherheit nur eine Quelle dessen, was die Journalisten meinen, wenn sie »Farbe reinbringen« sagen: eine Alte, die mit ein paar brauchbaren Anekdoten oder Zitaten aufwarten könnte. Genauso klar war mir, dass er bei mir nach Anzeichen von Alzheimer oder einer anderen bedrückenden Version geistigen Verfalls suchte. Bedeutende Enthüllungen würde er bestimmt nicht erwarten, nicht von jemandem, der damals noch ein Kind gewesen war. Und sollte er entgegen meinen Vermutungen doch auf Enthüllungen aus sein, so war ich nicht geneigt, ihm damit zu dienen. Meine alten Loyalitäten gelten noch immer, daher wird er von mir nichts erfahren. Allerdings hätte ich mir vorher klarmachen sollen, wie gnadenlos Wissenschaftler sein können, denn natürlich fragte er unermüdlich weiter. Ich versuchte es mit allen Tricks, mit Hochmut, senilem Geschwafel, Schweigen, selbst Tränen, aber nichts wirkte. Als er eine neue Kassette in das Aufnahmegerät legte, hatte ich schließlich eine Eingebung. Ich holte meine Fotoalben. Davon habe ich ziemlich viele, und alle sind ziemlich dick. Die Unmengen von sepiafarbenen Bildern würden seinen Abgang gewiss beschleunigen. Ich hatte die Aufnahmen mit der Boxkamera von Kodak gemacht, die mir Miss Mack in Kairo gekauft und die ich während des Ausflugs zu den Pyramiden erstmals benutzt hatte. Später habe ich sie dann auch nach Luxor und ins Tal der Könige mitgenommen. Es war schon lange her, dass ich mir die Fotos zum letzten Mal angeschaut hatte, und sie berührten mich zutiefst.
Ich blätterte im ersten Album. Da waren all die distinguierten Herren, die ich in einem anderen Land, einer anderen Zeit und einem anderen Leben kennengelernt hatte und die nun auch Dr. Fongs Anwesenheit in meinem Haus erklärten. Da waren ihre Frauen und Kinder. Da waren die Orte, die damals mein Lebensmittelpunkt gewesen waren: das Winter Palace Hotel am Nilufer, in dem Miss Mack und ich abstiegen, als wir von Kairo nach Luxor weiterreisten, Howard Carters Haus in der Wüste, dann, nur eine Meile davon entfernt, das Haus, in dem ich mit Frances wohnte. Es war kurz vor dem Ersten Weltkrieg vom Metropolitan Museum of Art für die Archäologen gebaut worden, die für das Museum in Ägypten waren und nach der unglaublichen Entdeckung des Grabs von Tutanchamun nicht selten auch für Lord Carnarvon und Ho- ward Carter arbeiteten.
Das Metropolitan House - das eher unter dem Namen »Amerikanisches Haus« bekannt war - bildete damals den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens im Tal. Hier wurden Gerüchte in die Welt gesetzt und Intrigen geschmiedet. Die Fotos, die ich zu der Zeit gemacht habe, können kaum seine ungeheure Größe oder seine herrliche Abgeschiedenheit vermitteln. Es schaute direkt auf die Wüste mit den Thebanischen Bergen, hinter deren kargen Gipfeln sich das Tal der Könige verbarg. Da ich die Fotos aus allzu großer Nähe aufgenommen hatte, sah man nur zusammenhanglose Mauerteile, Fragmente von Fenstern und Segmente von Kuppeln. Zudem waren die Fotos klein, oft schlecht belichtet oder leicht verwackelt - und doch ließen sie eine längst verlorene Welt wiederauferstehen. Der Lärm, den die Erinnerung mit sich brachte, war so laut, dass ich mich wunderte, dass Dr. Fong nichts hörte. Schweigend reichte ich ihm das Album hinüber. Wie sehr die Toten die Lebenden doch bedrängten, wie aufdringlich sie waren!
»Faszinierend«, sagte Dr. Fong und blätterte rasch weiter. »Allerdings muss ich gestehen, dass mir die Kleidung der damaligen Archäologen noch immer unbegreiflich ist. Weit über dreißig Grad im Schatten - wobei es im Tal noch heißer war, ganz zu schweigen von den mörderischen Temperaturen in Tuts Grab -, und sie laufen in Tweedanzügen und Westen herum und tragen Fliegen um den Hals. Wie haben sie das nur ausgehalten? Ist das dort Lord Carnarvon?«
»Ja.«
»Der Hut kam mir irgendwie bekannt vor. Den kann man ja praktisch nicht übersehen.«
»Den trug er immer.«
»Tatsächlich? Das muss ich mir notieren. Damit sieht er aus wie ein Glücksspieler auf einem Mississippi-Dampfer. War Carnarvon eigentlich ein Dandy? Oder vielleicht eitel? Würden Sie ihn als autokratisch bezeichnen?«
»Er konnte den englischen Lord herauskehren, wenn es ihm dienlich war, aber meistens war er sehr zurückhaltend. Zielt Ihre Frage darauf ab, dass ich ihn beschreibe?«
»Ich denke schon, ja.«
»Er war ... liebenswürdig.«
Schweigen trat ein. Das Band sirrte leise vor sich hin. Bald ließ Dr. Fong Anzeichen von Ungeduld erkennen. »Das ist alles? Liebenswürdig? « Er starrte auf das Foto. »Und wer ist das junge Mädchen neben ihm? Es ist ziemlich schwer, auf den Bildern die Menschen zu erkennen - die Hübsche am Arm von Howard Carter?« »Das ist Lady Evelyn Herbert, Lord Carnarvons Tochter. Sie hat ihren Vater immer nach Ägypten begleitet, wie Sie ja sicher wissen.«
»Ach ja, klar. Okay.« Dr. Fong schaute auf seine Uhr und blätterte die Seite um. An einem Gruppenfoto blieb er hängen. Eine Schar Archäologen lehnte an der Steinwand vor dem Eingang des Grabs von Tutanchamun. Plötzlich wurde er munter. »Ah, die kenne ich fast alle. Das da sind die Männer vom Metropolitan Museum. Herbert Winlock zum Beispiel - der dahinten mit der hohen Stirn und der extravaganten Fliege, nicht wahr? Den kann man ja wohl kaum übersehen. Ich bewundere ihn sehr, ein großartiger Archäologe und zudem ein begnadeter Schriftsteller. Und da ist Mace. Und Lythgoe. Und der Mann mit der Kniehose ist Harry Burton, oder? Was für ein Fotograf! Unglaublich, wie er es geschafft hat, unter so miesen Bedingungen so gute Bilder zu machen. In Tuts Grab war ja kaum Platz, und die Lichtverhältnisse waren desaströs. Schlichtweg bewundernswert. « Als ich nichts sagte, wirkte er plötzlich wieder verwirrt. »Sie kennen doch Burtons Fotos, oder?«
»Ich war dabei, als er sie gemacht hat. Insofern, ja.«
»Und die Leute hier?« Er hatte wieder eine Seite umgeblättert, betrachtete die Bilder und schüttelte den Kopf. »Nein, die kenne ich nicht. Auf diesem Foto kommt mir niemand bekannt vor.«
Ich beugte mich über den Tisch, um das Foto, das er meinte, in Augenschein zu nehmen. Es war auf der Treppe vor dem Amerikanischen Haus aufgenommen worden. Mrs Lythgoe, die älteste Ehefrau der anwesenden, sprach mit einem Diener. Die Frau von Harry Burton, Minnie, trug ein langes wollenes Gewand, das ihre Hüften betonte. Helen Winlock, die ich damals schon lieb gewonnen hatte, machte eine Geste, an die ich mich noch gut erinnere, weil sie so typisch für sie war. Offenbar hatte sie mal wieder irgendetwas verloren, wonach sie nun suchte, ihre Brille, ihre Wasserfarben oder auch ein Kind.
»Ehefrauen«, sagte ich. »In den ersten Jahren wohnten sie alle im Metropolitan House. Viele Archäologen nahmen ihre Familie mit nach Ägypten.«
Dr. Fong starrte auf das Bild. Mrs Winlock und die Frauen der anderen Metropolitan-Mitarbeiter verdienten genau zwanzig Sekunden seiner Aufmerksamkeit, dann blätterte er um. »Und wer sind diese beiden Kinder?«
»Das dunkelhaarige Mädchen rechts ist Frances, die Tochter der Winlocks.«
»Und links?«
»Das bin ich.«
Schweigen trat ein. Schließlich murmelte Dr. Fong: »Sie sehen - nun, das hätte ich nicht gedacht ... Ihre Haare, was ist denn damit passiert?«
»Ich war rekonvaleszent. Eine lange Geschichte, die Sie sicher nicht interessiert.«
»Tut mir leid, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Ich war einfach nur überrascht. Sie sehen so ...«
»Ich weiß, wie ich aussah, Dr. Fong.« Ich langte hinüber, nahm ihm das Album aus der Hand und reichte ihm ein anderes. »Lassen Sie mich Ihnen die Bilder zeigen, die ich von den Pyramiden gemacht habe«, sagte ich freundlich. »Die werden Sie interessieren. Die meisten Menschen sind von ihnen absolut fasziniert. Eine verlorene Welt, Dr. Fong.« Wenn verblichene, unscharfe Pyramidenfotos aus dem Jahr 1922 ihn nicht vertreiben würden, dann wusste ich auch nicht weiter. Meiner Erfahrung nach wirkten sie als das perfekte Schlafmittel. Erging man sich dann noch in betulichen Anekdoten und versprach damit ewige Langeweile, fiel den meisten Besuchern unweigerlich ein, dass sie noch eine dringende Verabredung hatten.
Es dauerte keine fünf Minuten, dann sah Dr. Fong erneut auf die Uhr. Nach weiteren fünf kramte er sein Blackberry hervor, schaute aufs Display und erklärte schließlich, er müsse leider sofort aufbrechen, er habe schon eine Besprechung verpasst, weil es so überaus interessant sei, meinen Erinnerungen zu lauschen. Meine Schilderungen seien von unschätzbarem Wert für ihn, diese Begegnung sei ein Privileg, er melde sich demnächst noch einmal, da er das Gefühl habe, ich hätte noch viel zu erzählen, aber jetzt müsse er leider wirklich sofort los.
Ein voller Erfolg. Innerhalb weniger Minuten eilte Dr. Fong die Vortreppe hinunter, und ich konnte die Tür hinter ihm schließen. Ich blieb im eiskalten Vorraum stehen. Es war noch Nachmittag, aber an einem bedeckten Januartag, wenn Schnee in der Luft lag, war mein Haus immer in ein ewiges, grabähnliches Dämmerlicht getaucht. Man konnte regelrecht spüren, wie sich die Geister in ihm versammelten. Sie waren mit meinem Haus mittlerweile genauso vertraut wie ich und liebten es, sich hier zusammenzurotten, vorzugsweise an der Treppe. Im Moment schienen sie friedlicher Stimmung zu sein, aber das war nicht immer so.
Als ich ins Wohnzimmer zurückkehrte, spürte ich auch dort eine Art Aufregung. Irgendetwas - vielleicht Dr. Fongs Fragen, vielleicht auch die Fotos - hatte die Ruhe gestört. Eine elektrische Spannung lag in der Luft, scharf wie ein Peitschenhieb.
4
Ein Lebewohl den Pyramiden ...«, sagte Miss Mack, als wir in die Kutsche stiegen. Hassan knallte einmal mit der Peitsche, und schon waren wir wieder in unseren Zimmern im Shepheard Hotel, exakt nach Plan. Die Lüftungsgitter wurden geschlossen, die Deckenventilatoren angeschaltet, die Laken zurückgeschlagen, und um meinen Körper wurde das schützende Moskitonetz drapiert. Miss Mack erklärte, sich in ihr Zimmer zurückziehen zu wollen, um Tagebuch zu schreiben. Sie hatte literarische Ambitionen und wollte eines Tages ihre Memoiren über ihre ägyptischen Abenteuer verfassen - insgeheim hoffte ich, dass es nie dazu kommen würde. »Und du ruhst dich schön aus, Lucy, damit du zu Tee und Ballett wieder frisch bist.«
An den meisten Nachmittagen quälte ich mich, so müde ich auch sein mochte, schlaflos durch die zwangsverordneten Ruhepausen. Ich versuchte zu lesen - Die Schatzinsel, Gedichte von Tennyson, dem Lieblingsschriftsteller meiner Mutter -, schrieb Tagebuch oder lag einfach da, starrte an die Decke und schaute dem unaufhaltsamen Kreisen des Ventilators zu. Doch an jenem Tag fiel ich sofort in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Ich schlief sogar so fest, dass die unumstößliche Vier-Uhr-Grenze, die für die Teilnahme am Tee auf der Terrasse des Shepheard Hotels galt, längst vorbei war, als ich aufwachte. Falls Miss Mack es bedauerte, dass wir die Gelegenheit zur conversazione verpasst hatten, wusste sie es gut zu verbergen.
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Miss Mack, die im Krieg als Krankenschwester gearbeitet hatte, glaubte nicht nur an die Pyramiden, sondern auch an Zeitpläne. Ordnung hatte für sie eine therapeutische Wirkung. Also wurde der Tag minutiös durchorganisiert. Die Liste, die sie in ihrer adretten, rundlichen Handschrift verfasst hatte, las sich folgendermaßen:
5 Uhr: Pyramiden von Gizeh. Danach sofortiger Aufbruch.
Mittag: Picknick bei der Sphinx, im Schatten ihrer Vorderpfoten.
14:30 Uhr:Rückkehr zum Shepheard's Hotel. MITTAGSRUHE, unbedingt einzuhalten. 16 Uhr: Tee auf der berühmten Hotelterrasse. Gelegenheit für conversazione. 17 Uhr: Besuch von Madame Maschas legendärer Ballettklasse, auf persönliche Einladung der berühmten Dame selbst. Dauer: eine Stunde. Nutzen: unschätzbar.
»Ehrlich gesagt, Lucy«, sagte Miss Mack, »sind meine Kontakte in Kairo ein wenig eingerostet, obwohl ich ja eine große Ägyptenkennerin bin. Wir brauchen ein entrée, mein Schatz. Freunde.« Traurig betrachtete sie ihre Liste. »Ein wenig Unterhaltung.«
Ich meinerseits hatte vollkommen vergessen, was »Unterhaltung« bedeutete. Die Erinnerung daran hatte sich im Nebel, der meinen Geist damals eintrübte, verflüchtigt, aber als gehorsames Kind war ich dankbar für Miss Macks Elan - ihren »Pep«, wie sie selbst es nannte. Mir war bewusst, dass meine Lustlosigkeit sie beunruhigte und dass sich hinter all ihrer minutiösen Planerei auch Sorge verbarg, wenn nicht gar Angst. Daher tat ich alles, um sie zu beruhigen. Ich stand in aller Herrgottsfrühe auf, als es in Kairo noch dunkel war, ließ mich anstandslos mit Kölnisch Wasser einsprühen, was die Fliegen fernhalten sollte, und nahm lange Socken und wüstentaugliche Schuhe in Kauf. Auch die Baumwollhandschuhe zog ich bereitwillig an. »Und steck niemals die Finger in irgendwelche Spalten, Lucy. Die Steine der Pyramiden sind gefährlich - du musst ständig vor Skorpionen auf der Hut sein.« Dann ließ ich mir noch den Panamahut aufsetzen, der mich vor der sengenden ägyptischen Sonne schützen würde - so zumindest lautete die Begründung, die Miss Mack mir gegenüber stets vorbrachte. Als ich schließlich komplett ausstaffiert war, führte sie mich vor den großen Kippspiegel, in dem wir beide mich betrachteten. Sollte ich den Hut abnehmen und das Desaster meiner Haare offenbaren? Das kleine Mädchen im Spiegel begegnete meinem Blick. Es war elf Jahre alt, wirkte aber eher wie sieben: dürr wie ein Stock, die Nase verkniffen, die Augenpartie argwöhnisch. Die reinste Nichtexistenz. Das Mädchen kannte ich nicht.
Also drehte ich ihm den Rücken zu und folgte Miss Mack die Treppe hinunter in die prächtige basarähnliche Lobby des Shepheard's Hotel. Umschwärmt von einer ganzen Schar Lakaien in weißen Pumphosen und kurzen roten Jäckchen traten wir ins Licht der flackernden Fackeln hinaus und blickten von der Hoteltreppe in die schon lebhafte Finsternis. Was nun folgte, war ein Tumult. Miss Mack war eine Amerikanerin mit strikt republikanischen Überzeugungen und klaren Prinzipien. Stets predigte sie Genügsamkeit, war gleichzeitig aber auch überaus großzügig. Wo immer sie war, regnete es Bakschisch wie Manna vom Himmel. Ausnahmslos jeden bedachte sie mit ihren Gaben: die Bettler, von denen es in Kairos Straßen nur so wimmelte, die falschen und die tatsächlich Bedürftigen, die zerlumpten und halb verhungerten Kinder, die Straßenhändler, die Jasminverkäufer, die Schlangenbeschwörer. Und die Schwarzhändler, die schrien: »Antike Kostbarkeiten, schöne Lady, erstklassig und unglaublich alt«, um dann aus ihren Ärmeln Skarabäen zu zaubern, die erst tags zuvor hergestellt worden waren. Miss Macks weiches Herz hatte sich schnell nach unserer Ankunft herumgesprochen, sodass sie sogleich von einer zudringlichen Menschentraube umringt wurde, wenn sie auf der Hoteltreppe erschien. Ich selbst blieb am Eingang stehen, als der Aufruhr begann, und ließ mich, als mich die vertraute Schwäche übermannte, auf den Steinstufen zwischen den Sphinxen zu beiden Seiten der Treppe nieder. Unten auf der Straße erinnerten die Hoteldiener Miss Mack gerade daran, dass es in Kairo Unruhen gebe und nicht im Geringsten daran zu denken sei, ohne einen Dragoman, einen einheimischen Reiseführer, aufzubrechen. Doch die Ermahnung verhallte ungehört - als alte Ägyptenkennerin verachtete Miss Mack die Führer -, und so bestürmten sie die Hoteldiener, die sich um sie scharten und mit ihren Schultern die Bettler wegstießen, sie möge doch wenigstens ein Automobil mieten. Wo in ihrer Jugend noch unzählige Eseljungen ihre Dienste angeboten hatten, standen nun ordentlich aufgereiht die glänzenden Karossen für die Touristen. Ich sah, wie Miss Mack zögerte. Noch am vergangenen Abend hatte sie sich lautstark über Automobile echauffiert - Staubwolken, Abgasschwaden, Geschwindigkeit, Bequemlichkeit, wo blieb da noch Platz für Romantik und Poesie? Doch jetzt schaute sie zu mir herüber, sah mich auf den Stufen hocken und schien sich eines Besseren zu besinnen. Immerhin bestand die Gefahr, mich allzu großen Strapazen auszusetzen. Allerdings waren die Mietwagen teuer, und bei ihrem ausgeprägten Sinn für Sparsamkeit sperrte sich alles in Miss Mack gegen die Anmietung eines solchen Gefährts. Andererseits gab es ja noch meine Großeltern mütterlicherseits, reiche Amerikaner, die ich nur von den Briefen her kannte, in denen sie großmütig Unterstützung zugesagt hatten: Sie kabelten Geldanweisungen, wenn es mal nicht reichte, zahlten Miss Mack ein Honorar und erklärten stets, Geld spiele keine Rolle - was in ihrem Fall tatsächlich zutraf. Bei dieser Reise, darauf hatten sie bestanden, möge man keinerlei Kosten scheuen.
»Unter Umständen wäre es vielleicht doch ratsam, ein Automobil zu nehmen, Lucy«, sagte Miss Mack, die sich durch den Ring der Hoteldiener gekämpft hatte und nun auf der Treppe vor mir stand. »Wir sollten dir nicht zu viel zumuten. Vielleicht ist es ja sowieso unklug, diesen Ausflug schon jetzt zu unternehmen.«
Ich stand auf und hielt mich am Geländer fest. Wenn ich mich stark konzentrierte, konnte ich für kurze Zeit die nebelhafte Verwirrung in meinem Kopf vertreiben. Ich kannte Miss Macks Pläne und wollte nicht so grausam sein, sie zu enttäuschen. »Ach, bitte - kein Automobil«, sagte ich daher. »Ich hatte mich so sehr auf die Kutschfahrt gefreut. Und schauen Sie, da drüben auf der anderen Straßenseite steht ja auch schon Hassan wie immer.«
Miss Mack drehte sich um. Jenseits der schreienden Masse von Händlern und Berufsbettlern, die vor der Hoteltreppe ihren Pflichten nachkamen, erblickte sie ihren Lieblingskutscher. Hassan hockte auf der anderen Seite der Ibrahim Pasha Street, hatte sich über die Zügel seiner Kutsche gebeugt und wartete auf Kundschaft, die in diesen Tagen rar und wenig freigebig war. Seine ganze Haltung strahlte stoische Entschlossenheit aus. Als er Miss Mack entdeckte, hob er die Hand zum Gruß, und es dauerte nur einen Moment, da hatte sie ihre Entscheidung getroffen. Ihre Geldbörse kam zum Vorschein, üppige Trinkgelder wurden verteilt und Hassan herbeigepfiffen. In Sekundenschnelle waren Taschen, Körbe, Teppiche und Hocker in die Kutsche geladen und das Verdeck hochgeklappt. Man half mir hinein, dann nahm Miss Mack neben mir Platz, jetzt wieder vollkommen Herrin der Lage und in ihren selbst genähten Tweedkleidern zu jeder Unternehmung bereit. Hassans Pferd spitzte die Ohren und wieherte; das Geräusch schreckte zwei Schwarzmilane auf, die in ihrer unermüdlichen Jagd auf Aas und Abfall in den Palmen des Gartens von Ezbekieh gegenüber gehockt hatten.
Mit lautem Flattern stoben sie auf, kreisten über unseren Köpfen und flogen dann dicht an uns vorbei. »Und jetzt, Lucy«, sagte Miss Mack in hoffnungsfrohem Tonfall, »jetzt beginnt dein großes Abenteuer.«
Hassan war aus verschiedenen Gründen Miss Macks Lieblingskutscher. Er war ein freundlicher, kluger Mann und sorgte rührend für sein altes Pferd. Seine Kutsche war mit glänzendem Krimskrams und mächtigen Amuletten geschmückt. Er sprach Englisch, Französisch, Türkisch und Arabisch, und in seiner Jugend hatte er unter Lord Kitchener in der British Army gedient. In der ersten halben Stunde unserer Expedition erging sich Miss Mack in Lobpreisungen über den Lord. Ich war müde von all dem Anziehen und Packen und Einladen und Gerede, daher schaute ich in den dunklen Himmel mit dem überwältigenden Geglitzer der in Ägypten so tief stehenden Sterne und sog den süßen pudrigen Duft der Regenbäume ein. Kairo, das ich bisher als Zumutung empfunden hatte, war um diese Zeit merkwürdig still.
»Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich das erste Mal selbst zu den Pyramiden gefahren bin, Lucy«, sagte Miss Mack und wischte sich eine Träne aus dem Auge. »Wir haben eine Kutsche genommen, genau wie diese hier. Ich war noch ein Kind, nicht viel älter als du, zwölf Jahre alt, und es war das erste Mal, dass ich Princeton überhaupt verlassen hatte. 1878 war das, wenn ich mich recht entsinne - kann das wirklich schon so lange her sein? Was für ein Abenteuer! ›Mach dich auf etwas gefasst, Myrtle‹, sagte mein Vater, Gott hab ihn selig. Aber ich war derart aufgeregt, dass ich einfach nicht still sitzen konnte. Ich turnte überall herum - und dann, als die Sonne aufging, sah ich am Horizont ...«
Ich schwieg. Wir hatten soeben den Nil überquert, Türme, Minarette und den Jasmin- und Abwassergeruch der Stadt hinter uns gelassen. In weiter Ferne hörte ich noch das Rumpeln der Straßenbahn und das Stottern eines Automobils. Das Dunkel der Wüste umfing uns, ich atmete ihre antiseptische Luft ein. Mit einem leise ausgestoßenen Fluch brachte Hassan das Pferd dazu, den Kopf zu drehen, und wir nahmen die schmale Straße, die Miss Mack allée des pyramides nannte. Inzwischen schwelgte sie nicht mehr in Erinnerungen, sondern hatte sich auf eine andere Taktik verlegt. Sie erteilte mir eine Geschichtslektion, wie mir allerdings erst jetzt auffiel. Plötzlich verspürte ich eine gewisse Sympathie für sie. Obwohl ich hartnäckig schwieg, ließ sie in ihren guten Absichten nicht locker.
»Eines solltest du dir unbedingt merken, Lucy«, sagte sie. »Für die alten Ägypter war der Sonnenaufgang eine Wiederauferstehung. Sie waren der festen Überzeugung, dass es nach dem Schmerz des Todes eine Wiedergeburt gebe. Für sie war das so absehbar wie die Tatsache, dass täglich die Sonne aufgeht.« Sie nahm meine Hand und fügte hinzu: »Versuch, immer daran zu denken, Lucy, du könntest daraus Kraft schöpfen. Davon bin ich absolut überzeugt, mein Schatz.«
Ich antwortete nicht. Nachdem ich höflich einen Moment abgewartet hatte, entzog ich ihr die Hand wieder. Möglicherweise war sie ratlos, denn nun schwieg sie ebenfalls. Wie kalt die Luft war! Wie monoton das Klappern der Hufe, zu dem Hassans Amulette und der übrige Krimskrams leise klingelten. Zu beiden Straßenseiten konnte ich die Umrisse der Akazien erkennen. In den Reiseführern hatte ich gelesen, dass man die Allee zu Ehren der wunderschönen französischen Kaiserin Eugénie angepflanzt hatte - aber wann? In einem anderen Jahrhundert, in einer anderen Welt? Nebel stieg in meinem Hirn auf: Ich sah, wie Eugénie mit Napoléon Bonaparte im Wüstensand eine ebenso anmutige wie unwirkliche Gavotte tanzte, dann wandten sie sich um und erwiesen dem Pharao, der vor dreitausend Jahren gestorben war, mit einer tiefen Verbeugung die Ehre. Der Pharao war am gesamten Körper einbandagiert, und während ich ihn noch betrachtete, löste sich sein ka vom Körper und bedeutete uns streng, ihm in die Gefahren der Unterwelt zu folgen. Er schritt die Allee entlang, wir schritten hinterher. In den Zweigen der Akazien erklang der einsame Ruf eines Vogels, dazu heulte irgendwo in der Dunkelheit ein Schakal.
Schutzsuchend drängte ich mich an Miss Macks warmen, massigen Körper. Sie zögerte einen Moment, legte mir dann aber den Arm um die Schultern. Wenn ich jetzt einschlafen würde, würden mich die üblichen Träume heimsuchen, das wusste ich. Eine Weile konnte ich mich noch wach halten, dann aber verschlangen mich Müdigkeit und Finsternis. So rasch wie ein Betäubungsmittel und ebenso unausweichlich. Ein paar hundert Meter weiter war ich untergegangen.
2
Lucy, mein Schatz, du siehst schrecklich erschöpft aus«, sagte Miss Mack später am Morgen. »Vielleicht sollten wir uns doch nicht alle drei Pyramiden anschauen. Letztlich ist eine doch wie die andere, und wir haben die Cheops-Pyramide ja schon ziemlich eingehend besichtigt. Sollen wir unser Picknick besser vorziehen? Du wirkst so bleich und mitgenommen. Am besten, du wartest hier bei der Sphinx, mein Schatz - nur einen kurzen Moment, damit ich Hassan über die Programmänderung informieren kann. Wenn du im Schatten bleibst, hier, hinter der linken Vorderpfote? Es gibt wirklich keinen besseren Platz für ein Picknick als die Vorderpfoten der Sphinx. Manche Leute bevorzugen ja den Schwanzbereich, aber ich bin da ganz anderer Meinung.«
Gehorsam setzte ich mich auf den Klapphocker, den Miss Mack mir hinstellte. Die Pyramiden, die finsteren Saphiren geähnelt hatten, als ich sie in der Morgendämmerung vor dem grellen Gelb des Wüstenhimmels erstmals erblickt hatte, gleißten nun schmerzhaft. In einiger Entfernung standen ein paar Kameltreiber und debattierten lauthals, während ein übermütiger Tourist in Begleitung arabischer Reiseführer die große Pyramide erklomm und dabei von einer Gruppe gut gekleideter, ausgelassener Engländerinnen angefeuert wurde. »Los, weiter, Bertie!«, rief eine von ihnen. Ihre Stimme hallte weit und deutlich über den Sand. »Du hast es fast geschafft, Liebling. Nur noch dreißig Kilometer!«
»Hier, Lucy, die Wasserflasche«, sagte Miss Mack und musterte mich eindringlich. »Ich lasse sie dir da - hast du Durst? Dein Gesicht ist weiß wie ein Laken. Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist, mein Schatz?«
»Mir geht es gut, wirklich. Ich bleibe einfach hier sitzen und lese im Reiseführer.«
»Das ist schön. Dann komme ich so schnell wie möglich zurück, und außerdem bleibe ich ja in Sichtweite.«
Miss Mack eilte über den Sand zu den Palmen, in deren Schatten Hassan einen Teppich ausgebreitet hatte und betete. Keine zweihundert Meter hatte er sich von uns entfernt - was für ein treuer Wächter! Ich betrachtete die Feldflasche, die, wie ich wusste, absolut unbedenkliches Wasser enthielt. Miss Mack hatte seine Reinigung, das Abkochen, Abkühlen, Filtern und Abfüllen höchstpersönlich überwacht - sie überließ nichts dem Zufall, nie. Ich drehte den Verschluss auf, zog den Stopfen heraus, nahm einen Schluck, verspürte aber sofort Übelkeit und spuckte das Wasser wieder aus.
Neun Monate zuvor war ich mit meiner Mutter an einem heißen Bilderbuchtag im Mai durch die Felder von Norfolk gestreift. Irgendwann hatten wir einen abgelegenen Bauernhof gesehen und geklopft, um nach dem Weg zu fragen und um ein Glas Wasser zu bitten. Wir waren zu Besuch bei der Schwester meines Vaters, Tante Foxe, und wollten die Küstengegend erkunden, die in Anlehnung an den Dichter Clement Scott auch »Mohnblumenland« genannt wurde. Im Hinterland hatten wir uns dann verlaufen. Die Bauersfrau brachte uns auf einem Tablett die Gläser mit Wasser. Dankbar saßen wir im Schatten des Apfelhains und tranken. Die Bäume standen in voller Blüte, im Gras pickten Hühner, und meine Mutter Marianne, die sich in unserem Urlaub gut erholt hatte, sah nicht mehr so sorgenvoll aus wie oft daheim in Cambridge. Plötzlich war sie wieder jung und schön. »Das reinste Idyll, nicht wahr, Lucy?«, fragte sie mich. »Ist das nicht der wunderbarste Ort, an dem du je warst? Wie gut, dass du ihn entdeckt hast, mein Schatz. Und ist das nicht das beste Wasser überhaupt? Wie rein es schmeckt. So kalt und erfrischend. Es muss direkt aus dem Brunnen des Hofes kommen.«
So war es auch, wie man bei den Untersuchungen später feststellte. Meine Mutter war zu der Zeit schon an Typhus gestorben, und mir drohte dasselbe Los. Die Krankenschwester Miss Mack kümmerte sich um mich, und nur durch eine Laune des Schicksals, die mein Vater als gnädig zu bezeichnen pflegte, hatte ich überlebt. Und da war ich nun, teleportiert in die Wüste, wo ich im Schatten einer gewaltigen Pfote der Sphinx saß. Ich betrachtete das verwitterte, bröckelnde Gestein, konnte aber keine Skorpione entdecken.
»Das Wort ›Typhus‹ kommt vom griechischen typhos, Lucy«, hatte mein Vater, der Altphilologe war, mir erklärt. »Es bedeutet ›Starre‹, aber es wurde auch benutzt, um einen dumpfen Geisteszustand zu bezeichnen. Diese Bewusstseinseintrübung, die du immer ›Nebelhaftigkeit‹ nennst, ist ein vielfach beschriebenes Symptom der Krankheit. Man weiß, dass sie anhält, selbst wenn der Patient von der Krankheit geheilt zu sein scheint. Es wird vorübergehen, das verspreche ich dir. Allerdings musst du dich dafür in Geduld üben und dir die nötige Zeit lassen.«
Acht Monate nach meiner angeblichen Genesung hatte sich der Nebel noch immer nicht gelichtet. Mein Vater sollte nichts versprechen, was er nicht halten kann, dachte ich bei mir und kam mir sofort undankbar vor. Die Bemerkung hatte er gemacht, als wir unser erstes Weihnachtsfest ohne meine Mutter verbracht hatten - eine Zeit, die für uns beide schmerzhaft gewesen war. Alles, woran ich mich erinnern konnte, waren unsere Spaziergänge durch das kalte, neblige, verlassene Cambridge. Und dass mein schweigsamer Vater nach einer trostlosen Wanderung nach Grantchester, immer am Cam-Ufer entlang, plötzlich zusammengebrochen war. Er wandte sich von mir ab, schaute nicht mehr zurück und ließ mich einfach am Ufer stehen. In raschem Tempo eilte er auf die Stadt zu und verschwand. Nach einer Weile, die ich an Ort und Stelle verharrt hatte, machte ich mich schließlich ebenfalls auf den Weg und erreichte unser Zuhause unversehrt. Nichts war passiert ...
Schnell beschloss ich, meinem Vater noch am selben Abend einen Brief zu schreiben. Ich würde von den Pyramiden berichten, von der Sphinx und von Hassan und dann auch die anderen Vergnügungen beschreiben, die Miss Macks Plan vorsah. Die Kaiserin Eugénie würde ich nicht erwähnen, genauso wenig wie den eingebildeten Pharao. Alles würde luzide klingen, auch die Schilderung meiner fortschreitenden Genesung und meiner Dankbarkeit. Genau, ein luzider Brief seiner Tochter Lucy. Im Geiste begann ich, die ersten Worte zu entwerfen, hielt aber nach Lieber Vater wieder inne und starrte in den Sand.
Die Morgenhitze war angenehm und noch erträglich. Gerade so brachte sie das Licht zum Flirren und täuschte so die Wahrnehmung. In der Ferne überwachte Miss Mack das Ausladen der Körbe, der schneeweißen Tischwäsche und des kleinen Klapptischs. Ich nahm noch ein Schlückchen Wasser und zwang es hinunter. Als ich wieder zu der großen Pyramide hinüberschaute, hatte Bertie die Spitze erreicht. Er riss sich die Tweedkappe vom Kopf und rief: »Hurra!« Seine Zuschauer am Fuße der Pyramide brachen in Jubel aus, und Bertie, der offenbar gut vorbereitet war, zog aus seiner Norfolk-Jacke ein Fähnchen, das er triumphierend schwenkte. Ich hielt mir das Fernglas vor die Augen und nahm es ins Visier: der Union Jack. Bertie steckte das Fähnchen zwischen die Steine auf dem Gipfel der Pyramide, wo es eine Weile flatterte. Der Jubel schwoll noch einmal an, ging dann aber in einen enttäuschten Aufschrei über, als der Union Jack davonwehte.
Hinter der Gruppe sah ich einen großen Wagen durch den Sand holpern. Er beschrieb einen Bogen, fuhr in Richtung der Sphinx, änderte dann aber seine Richtung und hielt schließlich im Schatten einiger Palmen ungefähr fünfzig Meter von mir entfernt. Ich beobachtete, wie die Insassen ausstiegen: ein junger, korpulenter Mann mit dem Ansatz einer Glatze über der hohen, dominanten Stirn und einer exzentrischen Fliege um den Hals; außerdem eine Frau, die sich in etliche Tücher gehüllt hatte. Schließlich sprang auch noch ein Mädchen meines Alters aus dem Wagen, rannte ein paar Meter, schlug ein Rad, dem sie sofort einen Purzelbaum folgen ließ, um dann schnell ihre Wüstenausstattung aus dem Wagen zu holen: einen Fliegenwedel und eine dunkle Sonnenbrille. Fasziniert sah ich zu, wie sie sie aufsetzte. Eine Sonnenbrille für ein Kind - was für ein Luxus! Wie ich sie um diesen Schutz vor dem unerbittlichen Licht beneidete. Wie frei sie wirkte! Wie schön ihr dunkles, fast schwarzes Haar glänzte!
»Ist das heiß!«, rief sie ihrer Mutter zu - war es ihre Mutter? Es waren die ersten Worte, die ich sie sagen hörte. Und dann: »Das ist ja der reinste Backofen, Daddy! Ich hab doch gesagt, dass es zu heiß sein würde.«
Ihre Stimme war hell und hatte einen unverkennbar amerikanischen Akzent. Der Vater zuckte mit den Achseln. »Natürlich ist es zu heiß, wenn du so rumtobst. Kannst du nicht einfach einmal still sitzen?«
»Darf ich vor dem Essen noch auf eine Pyramide klettern?«
»Sei nicht so übermütig, Frances, das ist nicht lustig. Und nein, du darfst nicht. Weder vor dem Essen noch hinterher. Das ist Vandalismus, wie du nur zu gut weißt. Jetzt setz dich hin und iss deine Sandwiches. Und wenn du damit fertig bist, frage ich dich Hieroglyphen ab. Hast du die sechs gelernt, die ich dir aufgegeben habe?«
»So einigermaßen.«
»So einigermaßen reicht nicht. Genauigkeit ist alles. Helen, können wir jetzt endlich mit dem verdammten Picknick anfangen? Das war wirklich eine Schnapsidee - in einer Stunde muss ich wieder in Kairo sein.«
Die Stimmen verhallten, als die drei hinter den Palmen verschwanden. Benommen fragte ich mich, ob auch sie Erscheinungen aufgrund der Hitze gewesen waren, als plötzlich Miss Mack wieder auftauchte, diesmal mit Hassan im Schlepptau. Der Tisch wurde aufgeklappt und eine Tischdecke darauf ausgebreitet. In den mitgebrachten Körben fanden wir das üppige Lunchpaket des Shepheard's. Kalte gebratene Wachteln, ein Pilaw, Quittengebäck, Datteln, Renekloden. Miss Mack und ich saßen am Tisch und aßen vornehm mit Tellern, Messern, Gabeln und Leinenservietten, während Hassan, der sich auf Miss Macks Insistieren ebenfalls von den Köstlichkeiten bediente, auf dem Boden hockte. Er hatte flaches ägyptisches Brot mitgebracht, das er aus einem Tuch auswickelte. Doch schon im nächsten Moment sprang er auf, erklomm den Fuß der Sphinx, breitete das Brot sorgfältig auf deren Zehenknöcheln aus, ließ es in der prallen Sonne warm werden und kletterte wieder herab. Seine Frau habe das Brot für ihn gebacken, erklärte er und bot uns davon an. Miss Mack erstarrte und schüttelte, als sie sah, dass ich zugreifen wollte, den Kopf.
»Das Brot ist ausgezeichnet«, sagte Hassan fast traurig. Offenbar war er es gewohnt, dass die Menschen sein Angebot ablehnten. »Shamsi, kennen Sie es? Es bedeutet Sonnenbrot. Sie würden es bestimmt mögen.«
»Davon bin ich überzeugt, Hassan«, sagte Miss Mack entschlossen. »Aber meine Freundin Lucy war krank, deshalb müssen wir gut darauf achtgeben, was wir essen. Ich weiß Ihr Angebot sehr zu schätzen, aber wir haben selbst so reichlich, dass es uns nicht im Traum einfiele, Ihnen etwas wegzunehmen.«
Geknickt gab Hassan auf. Hoffentlich war er nicht beleidigt. Ich schob das Essen auf meinem Teller hin und her und bildete kleine Häufchen. Runter brachte ich nur wenig, sodass das Mahl eine Ewigkeit dauerte. Wir hatten erst die Hälfte geschafft, als ich plötzlich Stimmen und dann ein Motorengeräusch hörte. Die kleine Akrobatin brach wieder auf; ich sah sie im schimmernden Licht und einer Staubwolke verschwinden. Da Miss Mack den Exodus ebenfalls registrierte, war ich immerhin sicher, dass es sich um keine bloße Erscheinung handeln konnte.
»Automobile«, stellte Miss Mack stirnrunzelnd fest. »Bei den Pyramiden! Manche Leute haben einfach kein Fünkchen Ehrfurcht. Sie sollten sich klarmachen, dass es sich hier um heiligen Grund handelt. Die Pyramiden sind schließlich eine Begräbnisstätte.«
Und genau zu dieser Begräbnisstätte kehrten wir zurück, nachdem wir unser Picknick endlich beendet hatten. Miss Mack strotzte wieder vor Energie und war wild entschlossen, auch in mir den entscheidenden Funken zu entzünden. Wir besuchten alle drei Pyramiden, und sie war gnadenlos: Dynastien, Reiche, Könige, mögliche Konstruktionsmethoden, Orientierung an Himmelsrichtung und Sternenhimmel, Anzahl der in den angrenzenden Nekropolen bestatteten Pharaonenfrauen und Pharaonentöchter ... Die Sonne stand direkt über uns, als ich zur Ehefrauenabteilung hinüberblinzelte. Sie war nur teilweise ausgegraben, und auf dem durcheinandergewürfelten Steinhaufen hatte sich der Sand gesammelt. Jede Verzierung oder Inschrift, die sich einst dort befunden haben mochte, war über Jahrtausende hinweg von Wüstenstürmen längst ausradiert worden.
Ich ging weiter und beugte mich über eine der Gruben. Miss Mack hatte mir aus ihrem Reiseführer vorgelesen, dass es sich dabei um das Grab einer unbekannten Prinzessin handelte. Es hatte Wein, Früchte und Getreide enthalten, damit sie auch im Jenseits versorgt sein würde. Jetzt befanden sich in der über drei Meter tiefen Grube nur noch Trümmer. Eine smaragdgrüne Eidechse schoss in eine Mauerspalte, ein leichter Windhauch streifte meine Wange. Ich betrachtete den Sand, der unter meinen Füßen zitterte - und musste feststellen, dass diese Begräbnisstätte keineswegs verlassen war. Im Schatten der Grube hatte ich ein Mädchen entdeckt. Sie war ungefähr so alt wie ich, dünn, drahtig und lebhaft. Offenbar wollte sie aus dem Loch fliehen. Nervös lief sie hin und her, immer wieder an den Wänden entlang, als wollte sie irgendwo hochklettern oder hochspringen. Als sie nach einer Weile meine Gegenwart zu spüren schien, legte sie die Hand über die Augen, um sie vor der gleißenden Sonne zu schützen, drehte sich um und wandte mir ihr helles, durchscheinendes Gesicht zu. Wir starrten uns an, lange und eindringlich. Ich nahm meine kleine Boxkamera und wollte sie auf den Film bannen, aber im nächsten Moment war sie, so schnell, wie sie aufgetaucht war, auch schon wieder verschwunden.
Sollte ich Miss Mack von diesem interessanten Trugbild erzählen? Allerdings war mir klar, dass ich in diesem Fall mit Aspirin vollgestopft und wieder im Hotel eingesperrt werden würde. Also hielt ich lieber den Mund, während Miss Mack bereits unsere Sachen zusammensammelte. Es war Zeit, nach Kairo zurückzukehren. Sie wirkte ernüchtert. Offenbar hatte sie das Gefühl, dass die Pyramiden herzlich wenig gebracht hatten, und richtete nun all ihre Hoffnungen auf die Ballettklasse am Nachmittag.
3
Der junge Mann hat mich heute zum ersten Mal besucht. Er wollte mich zu einem Grab befragen - einem äußerst berühmten Grab. Sein Name ist Dr. Ben Fong, er ist ein junger amerikanischer Wissenschaftler. Zunächst war er in Berkeley, Kalifornien, jetzt ist er Fellow am University College London. Er schreibt ein Buch - noch ein Buch! - über die berühmteste Entdeckung, die man im Tal der Könige je gemacht hat. Geplant ist auch eine Fernsehdokumentation, eine Koproduktion, die von der BBC und einem amerikanischen Anbieter, vielleicht sogar HBO, finanziert werden wird. Der Arbeitstitel lautet: Das Grab des Tutanchamun - die ganze Wahrheit, und der überaus coole und fotogene Dr. Fong wird für dieses hochdotierte vierteilige Wunderwerk mit dem hochtrabenden Titel verantwortlich zeichnen. Buch und Serie werden, wie er mich aufklärte, parallel auf den Markt gebracht, das Interesse sei überwältigend. Die Bemerkung ließ er am Anfang unserer Unterhaltung fallen, als er noch der Illusion anhing, ich würde diese Aussicht verlockend, wenn nicht gar schmeichelhaft finden. Doch Dr. Fong ist nicht dumm und wird diesen Fehler sicher kein weiteres Mal begehen. Dem ersten Besuch war ein höflicher Brief vorangegangen, in dem Dr. Fongs eindrucksvolle akademische Qualifikationen, seine Publikationen und seine Kontakte und Freunde in Ägypten aufgeführt waren - einschließlich jener Person, die ihn an mich verwiesen und ihm meine Adresse gegeben hatte. Ich hatte den Mann, einen Experten für die Transkription von Papyri, bestimmt zwanzig Jahre nicht mehr gesehen. Dem Brief folgte ein reger E-Mail-Wechsel, zu dessen Beginn Dr. Fong auf galante Weise seine Überraschung kundtat, dass eine Frau meines Alters überhaupt einen Computer besaß. Angesichts dieses wenig verheißungsvollen Starts kann ich es mir selbst nicht erklären, warum ich mich zu dem Treffen überhaupt breitschlagen ließ. War meine Neugierde geweckt? Das steht zu bezweifeln. Vermutlich hat es einfach damit zu tun, dass mich meine Arthritis im Winter deutlich stärker behindert, sodass ich nicht mehr so häufig rauskomme, wie ich mir das wünschen würde. Mitten in London erleide ich dann einen Lagerkoller. Mit Einsamkeit hat das nichts zu tun. Nein, ich hatte mich bereit erklärt, Dr. Fong zu empfangen, weil er mich dazu drängte und ich mich langweilte.
Heutzutage verbringe ich die Winter meistens in England und die Sommer in Amerika oder anderswo. Wann und wohin ich auf Reisen gehe, bestimme einzig ich selbst. Ein, wie ich allen Leuten unter die Nase reibe, überaus komfortabler Zustand. Meine Reisefreude hängt dabei einzig von der Entwicklung meiner Arthritis ab - und von meiner Stimmung. Da das Treffen mit Dr. Fong im Januar stattfand, als meine Arthritis ihren winterlichen Höhepunkt erreicht hatte, besuchte er mich in meinem Haus in Highgate. Es ist ein schönes altes Haus, auch wenn es gefühlte tausend Treppen hat und auf dem höchsten Hügel über London liegt. Von dort hat man eine wunderbare Aussicht auf den berühmten Highgate Cemetery, auf dem so unterschiedliche Personen wie Karl Marx und George Eliot begraben sind. Der überwältigende Blick über Grab- kreuze und Schutzengel hinweg auf die Wolkenkratzer des neuen London hat durchaus einen praktischen Nutzen. Für gewöhnlich kann ich die Aufmerksamkeit meiner Gäste mindestens zehn Minuten damit fesseln, was mir wiederum hinreichend Gelegenheit gibt, mir ein Urteil über sie zu bilden. Allerdings erwies sich Dr. Fong als ungeduldig. Ich war nicht über eine erste Einschätzung hinweggekommen - Anfang dreißig, wacher Blick, modische Frisur, Ehering, schreckliche Schuhe -, als ich mich, nur vier Minuten später, in meinem Sessel am Kamin wiederfand. Fong saß im Sessel gegenüber, Notizblock in der Hand, Bleistift gezückt. Auf dem Tischchen zwischen uns stand ein Aufnahmegerät, das er ohne jede Vorwarnung einschaltete.
»Wenn Sie etwas sagen, kann ich den Ton regulieren, Miss Payne ... Wunderbar, ich denke, so ist es perfekt. Was für ein bemerkenswertes Zimmer! So viele Bücher, fast schon eine Bibliothek. Und so umwerfende Gemälde. Im wahrsten Sinne umwerfend, meine ich. Ist das ein ... Kann das denn wirklich ...? Wow, tatsächlich! Professor Yates hat mich ja vorgewarnt, und dennoch bin ich beeindruckt. Und wie ich sehe, steht da eine Uschebti auf Ihrem Schreibtisch. Und dann noch so eine schöne. Ist das ...?«
»Eine Kopie.«
»Nicht ein Original? Ganz sicher?«
»Ich habe sie 1922 auf dem Basar in Kairo gekauft, in dem Jahr, als ich zum ersten Mal in Ägypten war. Bei einem der weniger skrupellosen Händler. Ich war ein Kind von elf Jahren und hatte noch kein Urteilsvermögen. Tja, leider kein Original.« Ich wurde mit diesem Mann einfach nicht warm. Aber gut, dann lasset das Spiel beginnen, dachte ich, und vermutlich kam Dr. Fong zum selben Schluss. Besagte Uschebti - eine der Fayencefiguren, die einem ägyptischen König im Jenseits dienen sollten und in Erwartung dieser ewigen Dienerschaft dem Grab beigegeben wurden - war natürlich echt. Das wusste ich genauso gut, wie Dr. Fong wusste, dass ich es wusste. Eine Dreiviertelstunde lang schlichen wir also in unserer Unterhaltung umeinander herum. Ich mag mich von zwei Ehemännern scheiden gelassen, einen dritten beerdigt und auch ansonsten ein Leben geführt haben, das man gemeinhin als turbulent bezeichnet, aber in den letzten beiden Jahrzehnten habe ich allein gelebt. Ich bin in die Einsamkeit meiner Kindheit zurückgekehrt, was zur Folge hat, dass auch meine alten Eigenschaften wieder durchkommen, Vorsicht zum Beispiel. Fremden gegenüber bin ich zunehmend nervös und misstrauisch und vermeide es tunlichst, andere Personen ins Vertrauen zu ziehen. Da ich die meisten Freunde, die eine Ausnahme davon bildeten, mittlerweile überlebt habe, gibt es in meinem Leben nicht mehr viele Vertraute, und natürlich ließ Dr. Fong es sich nicht nehmen, den Finger genau in diese Wunde zu legen. Er spulte eine ganze Reihe von Berühmtheiten herunter, einschließlich jener, die an der abenteuerlichen Entdeckung und Ausgrabung des Grabs von Tutanchamun beteiligt gewesen waren, jener, denen ich erstmals als Kind in Kairo begegnet war, jener, die ich in Luxor und im Tal der Könige kennengelernt hatte. Allesamt waren sie nun mausetot. Dr. Fong atmete tief ein und bezeichnete mich dann als die einzige noch lebende Zeugin der größten archäologischen Entdeckung aller Zeiten und der außerordentlichen Ereignisse, die in den Jahren zwischen 1922 und 1932 einen unglaublichen Boom der Ägyptologie nach sich gezogen hatten.
»1935 wohl eher.« Ich war in Gedanken abgeschweift, und ehe ich michs versah, waren die Worte auch schon heraus.
»1935?« Er schaute mich verwirrt an. »Da kann ich Ihnen leider nicht folgen. Howard Carter hat das Grab von Tutanchamun doch im November 1922 entdeckt, oder? Und noch im selben Monat wurde es in Gegenwart seines Finanziers Lord Carnarvon geöffnet. Weitere zehn Jahre hat es gedauert, sämtliche Objekte zu beschreiben, zu konservieren und an ihre weiteren Bestimmungsstätten zu bringen. Die letzten wurden 1932 ins Ägyptische Museum in Kairo gebracht, im Februar 1932, Miss Payne. 1935 war die Sache längst gegessen.«
»Ach ja, natürlich. Mein Gedächtnis lässt mich allmählich im Stich, entschuldigen Sie bitte.«
»Ach was, Ihr Gedächtnis scheint mir absolut fantastisch zu funktionieren. Wenn meines noch so intakt ist, sollte ich in Ihrem Alter sein - falls ich das überhaupt erreiche -, dann werde ich mich glücklich schätzen.«
»Sie sind zu freundlich.«
»Gibt es da vielleicht etwas, das sich in Bezug auf 1935 meiner Kenntnis entzieht? Mir ist nicht bekannt, dass ... Oder dachten Sie möglicherweise an 1938, als Howard Carter starb? Das muss doch ein einschneidendes Datum für Sie gewesen sein, das Ende einer Ära. Wie ich hörte, waren Sie auf seiner Beerdigung. Allzu viele Leute waren ja nicht da. Kein gut besuchter Abgang. Mich würde in dieser Hinsicht interessieren, ob ...«
»Ein andermal, Dr. Fong.«
»Warum so förmlich? Nennen Sie mich doch einfach Ben. Alle sagen Ben zu mir.«
Es kostete mich eine weitere halbe Stunde, das Gespräch zu beenden. Für Dr. Fong war ich mit Sicherheit nur eine Quelle dessen, was die Journalisten meinen, wenn sie »Farbe reinbringen« sagen: eine Alte, die mit ein paar brauchbaren Anekdoten oder Zitaten aufwarten könnte. Genauso klar war mir, dass er bei mir nach Anzeichen von Alzheimer oder einer anderen bedrückenden Version geistigen Verfalls suchte. Bedeutende Enthüllungen würde er bestimmt nicht erwarten, nicht von jemandem, der damals noch ein Kind gewesen war. Und sollte er entgegen meinen Vermutungen doch auf Enthüllungen aus sein, so war ich nicht geneigt, ihm damit zu dienen. Meine alten Loyalitäten gelten noch immer, daher wird er von mir nichts erfahren. Allerdings hätte ich mir vorher klarmachen sollen, wie gnadenlos Wissenschaftler sein können, denn natürlich fragte er unermüdlich weiter. Ich versuchte es mit allen Tricks, mit Hochmut, senilem Geschwafel, Schweigen, selbst Tränen, aber nichts wirkte. Als er eine neue Kassette in das Aufnahmegerät legte, hatte ich schließlich eine Eingebung. Ich holte meine Fotoalben. Davon habe ich ziemlich viele, und alle sind ziemlich dick. Die Unmengen von sepiafarbenen Bildern würden seinen Abgang gewiss beschleunigen. Ich hatte die Aufnahmen mit der Boxkamera von Kodak gemacht, die mir Miss Mack in Kairo gekauft und die ich während des Ausflugs zu den Pyramiden erstmals benutzt hatte. Später habe ich sie dann auch nach Luxor und ins Tal der Könige mitgenommen. Es war schon lange her, dass ich mir die Fotos zum letzten Mal angeschaut hatte, und sie berührten mich zutiefst.
Ich blätterte im ersten Album. Da waren all die distinguierten Herren, die ich in einem anderen Land, einer anderen Zeit und einem anderen Leben kennengelernt hatte und die nun auch Dr. Fongs Anwesenheit in meinem Haus erklärten. Da waren ihre Frauen und Kinder. Da waren die Orte, die damals mein Lebensmittelpunkt gewesen waren: das Winter Palace Hotel am Nilufer, in dem Miss Mack und ich abstiegen, als wir von Kairo nach Luxor weiterreisten, Howard Carters Haus in der Wüste, dann, nur eine Meile davon entfernt, das Haus, in dem ich mit Frances wohnte. Es war kurz vor dem Ersten Weltkrieg vom Metropolitan Museum of Art für die Archäologen gebaut worden, die für das Museum in Ägypten waren und nach der unglaublichen Entdeckung des Grabs von Tutanchamun nicht selten auch für Lord Carnarvon und Ho- ward Carter arbeiteten.
Das Metropolitan House - das eher unter dem Namen »Amerikanisches Haus« bekannt war - bildete damals den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens im Tal. Hier wurden Gerüchte in die Welt gesetzt und Intrigen geschmiedet. Die Fotos, die ich zu der Zeit gemacht habe, können kaum seine ungeheure Größe oder seine herrliche Abgeschiedenheit vermitteln. Es schaute direkt auf die Wüste mit den Thebanischen Bergen, hinter deren kargen Gipfeln sich das Tal der Könige verbarg. Da ich die Fotos aus allzu großer Nähe aufgenommen hatte, sah man nur zusammenhanglose Mauerteile, Fragmente von Fenstern und Segmente von Kuppeln. Zudem waren die Fotos klein, oft schlecht belichtet oder leicht verwackelt - und doch ließen sie eine längst verlorene Welt wiederauferstehen. Der Lärm, den die Erinnerung mit sich brachte, war so laut, dass ich mich wunderte, dass Dr. Fong nichts hörte. Schweigend reichte ich ihm das Album hinüber. Wie sehr die Toten die Lebenden doch bedrängten, wie aufdringlich sie waren!
»Faszinierend«, sagte Dr. Fong und blätterte rasch weiter. »Allerdings muss ich gestehen, dass mir die Kleidung der damaligen Archäologen noch immer unbegreiflich ist. Weit über dreißig Grad im Schatten - wobei es im Tal noch heißer war, ganz zu schweigen von den mörderischen Temperaturen in Tuts Grab -, und sie laufen in Tweedanzügen und Westen herum und tragen Fliegen um den Hals. Wie haben sie das nur ausgehalten? Ist das dort Lord Carnarvon?«
»Ja.«
»Der Hut kam mir irgendwie bekannt vor. Den kann man ja praktisch nicht übersehen.«
»Den trug er immer.«
»Tatsächlich? Das muss ich mir notieren. Damit sieht er aus wie ein Glücksspieler auf einem Mississippi-Dampfer. War Carnarvon eigentlich ein Dandy? Oder vielleicht eitel? Würden Sie ihn als autokratisch bezeichnen?«
»Er konnte den englischen Lord herauskehren, wenn es ihm dienlich war, aber meistens war er sehr zurückhaltend. Zielt Ihre Frage darauf ab, dass ich ihn beschreibe?«
»Ich denke schon, ja.«
»Er war ... liebenswürdig.«
Schweigen trat ein. Das Band sirrte leise vor sich hin. Bald ließ Dr. Fong Anzeichen von Ungeduld erkennen. »Das ist alles? Liebenswürdig? « Er starrte auf das Foto. »Und wer ist das junge Mädchen neben ihm? Es ist ziemlich schwer, auf den Bildern die Menschen zu erkennen - die Hübsche am Arm von Howard Carter?« »Das ist Lady Evelyn Herbert, Lord Carnarvons Tochter. Sie hat ihren Vater immer nach Ägypten begleitet, wie Sie ja sicher wissen.«
»Ach ja, klar. Okay.« Dr. Fong schaute auf seine Uhr und blätterte die Seite um. An einem Gruppenfoto blieb er hängen. Eine Schar Archäologen lehnte an der Steinwand vor dem Eingang des Grabs von Tutanchamun. Plötzlich wurde er munter. »Ah, die kenne ich fast alle. Das da sind die Männer vom Metropolitan Museum. Herbert Winlock zum Beispiel - der dahinten mit der hohen Stirn und der extravaganten Fliege, nicht wahr? Den kann man ja wohl kaum übersehen. Ich bewundere ihn sehr, ein großartiger Archäologe und zudem ein begnadeter Schriftsteller. Und da ist Mace. Und Lythgoe. Und der Mann mit der Kniehose ist Harry Burton, oder? Was für ein Fotograf! Unglaublich, wie er es geschafft hat, unter so miesen Bedingungen so gute Bilder zu machen. In Tuts Grab war ja kaum Platz, und die Lichtverhältnisse waren desaströs. Schlichtweg bewundernswert. « Als ich nichts sagte, wirkte er plötzlich wieder verwirrt. »Sie kennen doch Burtons Fotos, oder?«
»Ich war dabei, als er sie gemacht hat. Insofern, ja.«
»Und die Leute hier?« Er hatte wieder eine Seite umgeblättert, betrachtete die Bilder und schüttelte den Kopf. »Nein, die kenne ich nicht. Auf diesem Foto kommt mir niemand bekannt vor.«
Ich beugte mich über den Tisch, um das Foto, das er meinte, in Augenschein zu nehmen. Es war auf der Treppe vor dem Amerikanischen Haus aufgenommen worden. Mrs Lythgoe, die älteste Ehefrau der anwesenden, sprach mit einem Diener. Die Frau von Harry Burton, Minnie, trug ein langes wollenes Gewand, das ihre Hüften betonte. Helen Winlock, die ich damals schon lieb gewonnen hatte, machte eine Geste, an die ich mich noch gut erinnere, weil sie so typisch für sie war. Offenbar hatte sie mal wieder irgendetwas verloren, wonach sie nun suchte, ihre Brille, ihre Wasserfarben oder auch ein Kind.
»Ehefrauen«, sagte ich. »In den ersten Jahren wohnten sie alle im Metropolitan House. Viele Archäologen nahmen ihre Familie mit nach Ägypten.«
Dr. Fong starrte auf das Bild. Mrs Winlock und die Frauen der anderen Metropolitan-Mitarbeiter verdienten genau zwanzig Sekunden seiner Aufmerksamkeit, dann blätterte er um. »Und wer sind diese beiden Kinder?«
»Das dunkelhaarige Mädchen rechts ist Frances, die Tochter der Winlocks.«
»Und links?«
»Das bin ich.«
Schweigen trat ein. Schließlich murmelte Dr. Fong: »Sie sehen - nun, das hätte ich nicht gedacht ... Ihre Haare, was ist denn damit passiert?«
»Ich war rekonvaleszent. Eine lange Geschichte, die Sie sicher nicht interessiert.«
»Tut mir leid, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Ich war einfach nur überrascht. Sie sehen so ...«
»Ich weiß, wie ich aussah, Dr. Fong.« Ich langte hinüber, nahm ihm das Album aus der Hand und reichte ihm ein anderes. »Lassen Sie mich Ihnen die Bilder zeigen, die ich von den Pyramiden gemacht habe«, sagte ich freundlich. »Die werden Sie interessieren. Die meisten Menschen sind von ihnen absolut fasziniert. Eine verlorene Welt, Dr. Fong.« Wenn verblichene, unscharfe Pyramidenfotos aus dem Jahr 1922 ihn nicht vertreiben würden, dann wusste ich auch nicht weiter. Meiner Erfahrung nach wirkten sie als das perfekte Schlafmittel. Erging man sich dann noch in betulichen Anekdoten und versprach damit ewige Langeweile, fiel den meisten Besuchern unweigerlich ein, dass sie noch eine dringende Verabredung hatten.
Es dauerte keine fünf Minuten, dann sah Dr. Fong erneut auf die Uhr. Nach weiteren fünf kramte er sein Blackberry hervor, schaute aufs Display und erklärte schließlich, er müsse leider sofort aufbrechen, er habe schon eine Besprechung verpasst, weil es so überaus interessant sei, meinen Erinnerungen zu lauschen. Meine Schilderungen seien von unschätzbarem Wert für ihn, diese Begegnung sei ein Privileg, er melde sich demnächst noch einmal, da er das Gefühl habe, ich hätte noch viel zu erzählen, aber jetzt müsse er leider wirklich sofort los.
Ein voller Erfolg. Innerhalb weniger Minuten eilte Dr. Fong die Vortreppe hinunter, und ich konnte die Tür hinter ihm schließen. Ich blieb im eiskalten Vorraum stehen. Es war noch Nachmittag, aber an einem bedeckten Januartag, wenn Schnee in der Luft lag, war mein Haus immer in ein ewiges, grabähnliches Dämmerlicht getaucht. Man konnte regelrecht spüren, wie sich die Geister in ihm versammelten. Sie waren mit meinem Haus mittlerweile genauso vertraut wie ich und liebten es, sich hier zusammenzurotten, vorzugsweise an der Treppe. Im Moment schienen sie friedlicher Stimmung zu sein, aber das war nicht immer so.
Als ich ins Wohnzimmer zurückkehrte, spürte ich auch dort eine Art Aufregung. Irgendetwas - vielleicht Dr. Fongs Fragen, vielleicht auch die Fotos - hatte die Ruhe gestört. Eine elektrische Spannung lag in der Luft, scharf wie ein Peitschenhieb.
4
Ein Lebewohl den Pyramiden ...«, sagte Miss Mack, als wir in die Kutsche stiegen. Hassan knallte einmal mit der Peitsche, und schon waren wir wieder in unseren Zimmern im Shepheard Hotel, exakt nach Plan. Die Lüftungsgitter wurden geschlossen, die Deckenventilatoren angeschaltet, die Laken zurückgeschlagen, und um meinen Körper wurde das schützende Moskitonetz drapiert. Miss Mack erklärte, sich in ihr Zimmer zurückziehen zu wollen, um Tagebuch zu schreiben. Sie hatte literarische Ambitionen und wollte eines Tages ihre Memoiren über ihre ägyptischen Abenteuer verfassen - insgeheim hoffte ich, dass es nie dazu kommen würde. »Und du ruhst dich schön aus, Lucy, damit du zu Tee und Ballett wieder frisch bist.«
An den meisten Nachmittagen quälte ich mich, so müde ich auch sein mochte, schlaflos durch die zwangsverordneten Ruhepausen. Ich versuchte zu lesen - Die Schatzinsel, Gedichte von Tennyson, dem Lieblingsschriftsteller meiner Mutter -, schrieb Tagebuch oder lag einfach da, starrte an die Decke und schaute dem unaufhaltsamen Kreisen des Ventilators zu. Doch an jenem Tag fiel ich sofort in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Ich schlief sogar so fest, dass die unumstößliche Vier-Uhr-Grenze, die für die Teilnahme am Tee auf der Terrasse des Shepheard Hotels galt, längst vorbei war, als ich aufwachte. Falls Miss Mack es bedauerte, dass wir die Gelegenheit zur conversazione verpasst hatten, wusste sie es gut zu verbergen.
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2014 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Autoren-Porträt von Sally Beauman
Sally Beauman studierte in Cambridge Literaturwissenschaft und arbeitete danach als Journalistin für viele angesehene Zeitschriften in England und Amerika, unter anderem für die "New York Times" und den "Observer", für "Vogue" und "Harper's Bazar". Heute widmet sie sich ganz der Schriftstellerei. Sally Beauman lebt mit ihrer Familie in London.
Bibliographische Angaben
- Autor: Sally Beauman
- 2014, 701 Seiten, Maße: 12,7 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Claudia Franz
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442481090
- ISBN-13: 9783442481095
- Erscheinungsdatum: 21.04.2014
Rezension zu „Beauman, S: Die fernen Tage “
"Wunderschön geschriebener, unvergesslicher Lesestoff um miteinander verknüpfte Schicksale, die spannungsreichen Entdeckungen im Tal der Könige und die berührende Geschichte der Heldin Lucy." The Sunday Times
Kommentar zu "Beauman, S: Die fernen Tage"
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