Das abartige Artefakt / Die große Erzferkelprophezeiung Bd.2
Roman
Nachdem der Untergang von Zwerg und Zwergeszwerg abgewendet zu sein scheint, will der Große Verwalter seine Macht im Reich der Zwerge sichern. Statt der versprochenen Reformen bekommt das Eherne Imperium jedoch erst einmal einen Geheimdienst ... und dann...
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Nachdem der Untergang von Zwerg und Zwergeszwerg abgewendet zu sein scheint, will der Große Verwalter seine Macht im Reich der Zwerge sichern. Statt der versprochenen Reformen bekommt das Eherne Imperium jedoch erst einmal einen Geheimdienst ... und dann einen zweiten und einen dritten. Zwerge bespitzeln Zwerge, die von Zwergen bespitzelt werden. Unterdessen erscheint dem Hohepriester eine Manifestation des Ewigen Schmieds selbst - ein sprechender Stein, der ihm offenbart, wie das Unheil der Erzferkelprophezeiung verhindert werden kann. Doch dafür muss der größte aller Meisterdiebe aus den Schieferkerkern befreit werden. Ein Fall für den Schicksalszwerg!
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Das abartige Artefakt – die große Erzferkelprophezeiung. (Band 2) von Christian von AsterKapitel 1
In dem einige Steinschlinger den Geist aufgeben, alles etwas teurer wird als erwartet und ausserdem ein paar fallen ausgetrickst werden.
Bragk Nattergriff drehte den Kopf und warf einen Blick auf die kleine Sanduhr, die in einem Metallgestell an seinem Handschuh hing. Während die letzten Körnchen durch die Verengung in ihrer Mitte rieselten, hielt er den Atem an und drückte sich, nur von vier Steinschlingern gehalten, enger an die kalte Decke des Ganges. Die Mäuler der augenlosen Käfer hafteten fest am Fels. Dann, genau in dem Moment, als die Sanduhr abgelaufen war, tauchten unter ihm zwei bewaffnete Zwerge auf. Sie durchschritten den Gang und verschwanden wenig später hinter der nächsten Biegung, ohne ihn bemerkt zu haben. Der Meisterdieb atmete auf und drehte die Sanduhr um. Die Wachen waren Mitglieder der freiwilligen Felswehr. Seit die Stählerne Garde, ihre ehrenvollen und ruhmreichen Vorgänger, im Zuge einer heimtückischen Verschwörung ausnahmslos ums Leben gekommen war, hatte sich einiges geändert. Nun patrouillierte die freiwillige Felswehr in den Gängen des Ehernen Imperiums. Die neue Leibgarde des Großen Verwalters. Verbissene Zwerge, Angehörige aller ehrbaren Stämme, bereit, alles zu tun, um jede erdenkliche Bedrohung vom Ehernen Imperium und seinem Herrn abzuwenden. Zumindest theoretisch. Sie waren auf der Suche nach Möglichkeiten, um sich zu beweisen. Und da wäre ihnen ein diebischer Zwerg gerade recht gekommen. Es würde nicht leicht werden, sie zu umgehen. Unter den Stählernen Garden hatte Nattergriff Helfer gehabt. Er hatte sein erbeutetes Gold stets vorausschauend angelegt und jahrelang Informanten, Schlüsselschmiede und Wachtposten gleichermaßen gut bezahlt. Hier ein paar Kiesel Gold, dort
... mehr
ein Fässchen Feiertagsbier. Am Ende hatte mehr als die Hälfte der Gardisten in seiner Schuld gestanden. Ohne dass sie voneinander gewusst hätten. Und dann, mit einem Schlag, war alles vorbei gewesen. Mit einem Schlag waren sie alle in die Hohe Höhle eingezogen , um dort fortan ihr Bier mit den Göttern zu trinken . Kürzlich hatte er noch einmal nachgerechnet, was ihn dieser Spaß über die Jahre gekostet hatte. Das Ergebnis war alles andere als vergnüglich gewesen. Vor allem für einen Zwerg, der es gewohnt war, Kosten und Nutzen gegeneinander abzuwägen. Er hatte geflucht. Laut und viel. Und schließlich war er zu einem Schluss gekommen: Wenn er selbst einmal den Weg alles Zwergischen beschritt und in die Hohe Höhle einging, dann würde er bei den Stählernen Garden jeden Gefallen einfordern, den er ihnen einmal getan hatte. Mit Zins und Zinseszins. In welcher Währung auch immer. Inzwischen hatte Nattergriff sich wieder auf seine eigentlichen Fähigkeiten besonnen. Denn im Leben eines Meisterdiebes war Bestechung allenfalls das Gewürz in der Pilzsuppe. Das eherne Stemmeisen der Bestechung hatte ihm so viele Türen und Truhen geöffnet, dass er darüber beinahe die Handhabung seiner Nachschlüssel verlernt hatte. Dabei dauerte es verdammt lange, bis man eine Schlüsselschrecke so weit trainiert hatte, dass sie mit ihren Beinchen ein Schloss zu knacken vermochte. Aber als er sie jetzt, nach langer Zeit, wieder einmal hervorgeholt hatte, war die Hälfte seiner Schlüsselschrecken verhungert gewesen, und die restlichen hatten versucht, ihn zu beißen. Vielleicht war es gut, dass er sich wieder einmal auf seine Fingerfertigkeit verlassen musste. Denn tatsächlich war er sogar ein wenig fett geworden. Einige seiner meisterhaften Verkleidungen waren ihm inzwischen zu eng geworden, und das Kissen, das er für das Kostüm Fetter Zwerg gebraucht hatte, musste bloß noch halb so groß sein. Den Rest übernahm sein eigener Bauch. Zumindest sein Felsnesselumhang passte noch. Der grobe Stoff war im Zwielicht der Gänge die bestmögliche Tarnung. Er wirkte wie grober, unbehauener Fels und gestattete es seinem Träger, zu einem Teil der Wände zu werden. Der Meisterdieb schaute auf die Sanduhr. Bis zur Rückkehr der Patrouille blieben ihm noch ein paar Schläge Zeit. Er schloss die linke Faust fester um den kalten Körper des Steinschlingers. Mit einem leisen Ploppen löste sich dessen rundes, zahnloses Maul von der Felsdecke. Nattergriff schob den Arm nach vorn und drückte den dunkelblauen Käfer wieder an die Decke, wo dieser sich erneut festsaugte. An der Stelle, wo der Speichel des Tiers den Stein angelöst hatte, blieb nur ein leicht verfärbter Abdruck seines Mauls zurück. Der Dieb bewegte zunächst den Steinschlinger in seiner rechten Faust, dann nacheinander die an seinen Füßen. Er hatte die Beine der Tiere mit dünnen, starken Lederschnüren sorgfältig an Handschuhen und Stiefeln festgeknotet, sodass sie sicher saßen. Der Meisterdieb hätte sich in jeder Höhe auf sie verlassen können. Zumindest auf die abgerichteten Steinschlinger, die er einstmals besessen hatte. Aber die waren fort gewesen, als er nach all der Zeit wieder ihren Käfig geöffnet hatte. Sie hatten sich durch die Rückwand gefressen und waren einfach abgehauen. Die ganze Bestecherei hatte ihn ziemlich aus der Übung gebracht. Er hatte die Leute immer nur bezahlt, anstatt sie auszutricksen. Dabei war er der Beste. Das sagte man jedenfalls allenthalben. Und wahrscheinlich stimmte es auch. Die Legenden zwergischer Meisterdiebe waren allerdings dünn gesät. Und von den wenigen, die kursierten, handelte der größte Teil eben vom großartigen Nattergriff, der sein Handwerk von keinem Geringeren als Schnappsagk Silberkies gelernt hatte, seinem Oheim, dem Vater aller Gauner, dem Ahnherrn des Zwergischen Zwielichts . Silberkies zufolge unterschied ein Dieb sich kaum von einem ehrlichen Schürfbruder. Statt aus Felswänden baute er das Gold lediglich aus den Taschen seiner Mitzwerge ab, wofür es aber mindestens ebenso gutes Werkzeug, Talent, Geduld und Meisterschaft wie für ein ehrliches Handwerk brauchte. Sein Antrag, deshalb alle Gauner des Imperiums in einer ehrbaren Gilde zu vereinen, war beim Großen Verwalter allerdings auf taube Ohren gestoßen. Nicht zuletzt, weil Silberkies und seine Leute ihm kurz zuvor, während des smaragdenen Zeitalters, als Beweis ihrer Kunstfertigkeit die Insignien seiner Macht – die Krone vom Anfang der Zeiten, das Hammerzepter der Altvorderen und den Humpen der Götter – aus der innersten Schatzkammer gestohlen hatten. Der Große Verwalter war davon so beeindruckt gewesen, dass er die Stählerne Garde ausgeschickt hatte, um den be dingt geheimen Unterschlupf der Diebe zu stürmen und das gesamte ehrbare Diebespack samt Silberkies in die Felsverliese von Vorrngarth zu werfen. Dort war Schnappsagk Silberkies irgendwann am graugrünen Bartspliss gestorben, und die restlichen Diebe, die noch am Leben waren, beschäftigten sich seit fünfhundert Jahren damit, die Schlösser ihrer Fußfesseln zu knacken. Bragk Nattergriff war damals nicht unter den Verdammten von Vorrngarth gewesen. Ebenso wenig wie sein Bruder Felsigk Klammgluth. Und das hatte nicht nur etwas mit Glück zu tun gehabt. Nattergriff war ein vorausschauender Zwerg. Und war es immer gewesen. Ebenso wie Klammgluth hatte er gewusst, was Silberkies und seinen Leuten drohte. Darüber aber sprach er nur ungern. Zumal er ohnehin nur selten sprach. Und seltener noch ohne Verkleidung. Die meisten seiner wenigen Gespräche führte er als ein anderer. Denn er war der Zwerg mit den tausend Bärten, der Erste Erhabene Entwender, der beste Dieb des Ehernen Imperiums, eine lebende Legende. Und er war fett geworden … Das merkten auch die Steinschlinger. Diese hier waren nicht ausreichend trainiert. Er hatte sie erst vor wenigen Schichten gefangen und sie noch nicht an sein Gewicht gewöhnen können. Ohne dass der Dieb ihn gedrückt hätte, löste sich einer der Käfer plötzlich mit leisem Schmatzen von der Decke und hing nunmehr leblos in der Hand des Meisterdiebes. Nattergriff presste einen kaum hörbaren Fluch zwischen den Zähnen hervor. Aus dem angrenzenden Gang hörte er bereits die energischen Schritte der zurückkehrenden Felswehrgardisten. Er drückte sich eng an die Decke und versuchte sich so leicht wie möglich zu machen. Doch es nutzte nichts. Im nächsten Moment hörte er ein schmatzendes Geräusch an seinem linken Fuß. Der zweite Steinschlinger hing schlaff von seinem Stiefel herab, sodass Nattergriffs Gewicht jetzt bloß noch von den beiden übrig gebliebenen Tiere gehalten wurde. Verzweifelt blickte sich der Dieb um, auf der Suche nach Halt. Mit einem leisen Ploppen löste sich der nächste Käfer. Nattergriff schloss die Augen. Dann folgte der letzte Steinschlinger dem Beispiel seiner Artgenossen, und der Meisterdieb stürzte in den Gang hinab. Als die beiden Felswehrgardisten hinter der Biegung ein lautes Rumpeln vernahmen, packten sie ihre Äxte fester und beschleunigten ihren Schritt. Dies war womöglich der erste Ernstfall ihrer jungen Karriere, eine einmalige Möglichkeit, ihre Loyalität gegenüber dem Verwalter zu beweisen und sich ihren ersten Hammer zu verdienen. Und dafür waren sie nur allzu bereit. Die Felswehr war jung, und die Aufstiegschancen waren immens. Es brauchte Helden, Hauptmänner und Generäle. Da konnte es nicht schaden, sich ein wenig hervorzutun. Zumindest, solange es nicht allzu gefährlich war. Als die beiden Zwerge nun in voller Rüstung und mit erhobenen Stahlschleudern um die Ecke bogen, hätten sie es sogar mit einer kleineren Übermacht von Trollen aufgenommen. Wenn die Trolle nicht allzu groß waren, jedenfalls. Die aber sollte ihnen nicht vergönnt sein. Stattdessen fanden sie am Boden des Ganges den Kadaver eines riesigen geplatzten Rumpelkäfers. Das erklärte den Lärm freilich. Die Tiere brüteten ihre Nachkommenschaft im Inneren ihres Körpers aus und platzten, wenn diese schließlich schlüpfte, mit einem lauten Knall. Das sah also nicht nach einem Karriereschub aus. Die beiden Gardisten verfluchten das Käferpack, schulterten ihre Äxte und setzten ihren Rundgang fort. Eng an die Wand gepresst atmete Bragk Nattergriff unter seinem Felsnesselumhang auf. Der Trick mit dem toten Rumpelkäfer war einer der ersten, die er von Silberkies gelernt hatte. Und da die Gardisten das tote Tier nicht weiter beachtet hatten, konnte er es nun wieder einsammeln und zurück in seinen Beutel stopfen. Über kurz oder lang würde er allerdings einen neuen Käfer brauchen. Der hier hatte bloß noch vier Beine. Und wenn jemand genauer hinsah, konnte das schon gewaltige Probleme bereiten. Hastig band der Meisterdieb die toten Steinschlinger von seinen Stiefeln und Handschuhen los und verstaute sie zusammen mit dem Rumpelkäferkadaver in seinem Rucksack. Diebstahl bedeutete Investition. Da ließ sich nichts machen. Das war eines der ältesten Gesetze überhaupt. Aber das, was ihn am Ende dieses Raubzugs erwartete, war jeden erdenklichen Aufwand wert. Der große Borngroll. Der Kriegshammer des ersten Verwalters der Zwergenheit. Sicher, im Vergleich zum Undenkbaren war es kaum mehr als eine Fingerübung. Das Undenkbare wartete auf ihn am Grunde des Imperiums, am Ende des gemeinen Ganges, in der kryptischen Kammer. Niemand außer ihm würde es wagen, dorthin vorzudringen. Denn er war der letzte wahre Meisterdieb des Imperiums. Doch für die Herausforderung des Undenkbaren war er noch nicht bereit. Heute würde er erst einmal den großen Borngroll stehlen, das vielleicht bedeutendste „Nachschlagewerk“ der Zwergengeschichte. Hunderte Jahre hatte der Hammer als verschollen gegolten und war in Vergessenheit geraten, und nun hatte Nattergriff erfahren, wer ihn besaß: Khnarff Lehmstich, einer der drei Erzfürsten des Stahls, ein Sammler zwergischer Antiquitäten , der in seiner Schließhöhle allerlei Schätze vom Anbeginn der Zeiten aufbewahrte. Er tauschte gutes Gold gegen altes Gerümpel und galt bei den meisten Zwergen als verrückt. Für einen Dieb wie Nattergriff aber war ein solcher Sammler vor allem praktisch. Man konnte bei ihm einen ganzen Haufen Zeug auf einmal mitnehmen. Wenn man erst einmal drin war. Und das war wiederum alles andere als einfach. Denn aufgrund seiner guten Verbindungen zum Großen Verwalter wurde Lehmstichs Schatzkammer nicht nur von der freien Felswehr bewacht, sondern war darüber hinaus mit einigen der besten bekannten Fallen gesichert. Aber Bragk Nattergriff hatte im Laufe seines Lebens beinahe jede bekannte Falle kennengelernt. Sein Körper war eine Bibliothek der Narben, und auf seine verbliebenen acht Finger achtete er beinahe genauso gut wie auf sein Gold. Beinahe. Der große Borngroll wäre ihm unter Umständen noch einmal zwei Finger wert gewesen. Oder zumindest einen … Nachdenklich betrachtete er seinen dreifingrigen rechten Handschuh, drehte dann die Sanduhr um, schulterte seinen Lederrucksack und schlich im Schutz der Felsnessel an der Wand entlang weiter. Hinter der nächsten Biegung verjüngte sich der Gang und endete kurz darauf vor einer massiven, mit zwei Schlössern gesicherten Tür. Der Zugang zu Lehmstichs Schließhöhle … Nattergriff eilte zur Tür hinüber und betrachtete die Schlösser. Hervorragend. Es war eine Schließvorrichtung aus dem porphyrenen Zeitalter, mindestens sechshundert Jahre alt. Der Verarbeitung nach wahrscheinlich von Eisengerbern hergestellt, den traditionellen Schlüsselschmieden des Großen Verwalters. Seit Generationen schmiedeten sie die Schlösser seiner Truhen, Türen und Schränke. Die Ungilde der Diebe hatte also genügend Zeit gehabt, ihre Schwächen herauszufinden. Nattergriff öffnete eine kleine Gürteltasche und zog eine graugrüne Schlüsselschrecke hervor. Die Tiere waren schwer zu bekommen und noch schwerer abzurichten. Diese hier hatte ihn zwei Brocken Gold und ein gutes Dutzend Schichten Arbeit gekostet. Aber Diebstahl war eben Investition. Als das Insekt ans Licht kam, hob es zwei seiner sechs dünnen Panzerglieder an die tiefschwarzen Facettenaugen und streckte seinen langen, harten Körper zu voller Länge aus. Schlüsselschrecken waren die besten Nachschlüssel, die man sich vorstellen konnte. Sie erledigten die meiste Arbeit allein, vermochten ein Schloss innerhalb kürzester Zeit zu knacken und lebten überwiegend von Maden. Zumindest, solange man sie fütterte … Bragk Nattergriff schob das Insekt vorsichtig in das obere Schlüsselloch. Kaum dass sein glänzender Hinterleib darin verschwunden war, begann es im Inneren des Schlosses leise zu klicken. Die Schlüsselschrecke begann den Mechanismus abzulaufen. Bolzen um Bolzen. Schließlich schoben sich zwei Fühler aus dem Schlüsselloch. Das Tier steckte seinen Kopf heraus und glotzte ihn an. Nattergriff lächelte zufrieden. Er zog die Schrecke heraus, führte ihren Körper in das darunterliegende Schloss ein und hörte, wie sie sich in seinem Inneren zu bewegen begann. Und dann hörte er noch etwas anderes. Die Wachen! Aber das konnte doch nicht sein … Er warf einen Blick auf die Sanduhr. Die Wachen müssteneigentlich noch gut einen halben Gang entfernt sein! Ein Schweißtropfen lief unter seinem Helm hervor, als er sich zu dem Schlüsselloch hinabbeugte und im Inneren etwas zu erkennen versuchte. Er sah die Beine der Schlüsselschrecke rotieren und hörte ein leises Klicken. Einmal. Ein weiteres Mal. Die Stimmen der Wachen kamen näher. Ein klassisches Eisengerberschloss hatte vier Schließbolzen. Es klickte ein drittes Mal. Nattergriff sah die Schatten der Wachen um die Biegung herum auftauchen. Mit einem stummen Fluch eilte er zur Wand und zog sich den Tarnmantel über den Helm. Sie kamen tatsächlich zu früh! Bei der Stählernen Garde hätte es so etwas nicht gegeben. Und dann sah er sie. Durch die grobe Struktur des Stoffes konnte er sie deutlich erkennen. Zwei junge Kurzbärte, die beinahe noch Schale im Bart hatten . Beide trugen die martialische schwarz-rote Uniform der Felswehr, Helme mit Visier und zwei geladene Stahlschleudern unter dem Arm. Es war noch nicht lange her, dass diese Waffen geächtet gewesen waren und dem obersten zwergischen Gesetz zufolge nur gegen Trolle oder Echsen eingesetzt werden durften. Nun aber, da sich durch die Verschwörung des Neuen Stahls Zwerge gegen Zwerge gewendet hatten, war der Große Verwalter vorsichtig geworden. Er wollte Macht demonstrieren. Einschüchtern. Jeden etwaigen Aufruhr im Keim ersticken. Und dafür schickte er nun Kurzbärte mit Schusswaffen durch die Gänge. Für einen anständigen Dieb war das kein Vergnügen. Vor einer Axt lief es sich weit besser davon als vor stählernen Kugeln. Zumal diese beiden mit einer Axt nicht den Hauch einer Chance gegen ihn gehabt hätten. Doch stattdessen trugen sie Stahlschleudern. Ein weiteres Mal hielt Bragk Nattergriff den Atem an. Sie kamen tatsächlich bis an die Tür. Einer der beiden war keinen Bart von ihm entfernt. Nur nicht atmen, dachte Nattergriff, nur nicht atmen. Ein zweiter Schweißtropfen lief ihm über die Stirn. Der Wachtposten zog eine Pfeife hervor, stopfte sie gemächlich und wandte sich dann an seinen Kollegen. „Sag mal, hast du eigentlich auch gewettet?“ „Natürlich! Dieser Fazzgadt ist schließlich Teil des Schicksalszwergs . Es wäre idiotisch, nicht auf ihn zu setzen. Schließlich sind die Götter selbst auf seiner Seite …“ Nattergriff verdrehte die Augen. Die Arena. Wenn Zwerge ihr Gold nicht mit ehrlicher Arbeit verdienen wollten, dann wetteten sie. Im Gegensatz zu anständigem Diebstahl war das allerdings wirklich ein schmutziges Geschäft. Er war oft genug selbst in der Arena angetreten. Dort wurde dreckiges Gold gewaschen, wurden verbotene Substanzen genommen und Wettkämpfe manipuliert. Und dabei hatte das Zwergische Zwielicht oder besser das, was aus ihm geworden war, die Finger im Spiel. Sollten sie nur wetten. Irgendwann gewannen sie, konnten sich eine Zeit lang besseren Tabak und besseres Bier leisten, und dann war der Zauber auch schon wieder vorbei. Nattergriff hatte höhere Ziele. Der Wachzwerg hatte etwas Zunder und einen Feuerstein
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Autoren-Porträt von Christian Von Aster
Christian von Aster, geboren 1973, studierte Germanistik und Kunst, um sich schließlich Bühne, Film und Schreiben zuzuwenden.
Bibliographische Angaben
- Autor: Christian Von Aster
- 2008, 1. Aufl., 384 Seiten, Maße: 12,7 x 18,1 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 380258158X
- ISBN-13: 9783802581588
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