Das kann ich auch!
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Das kann ich auch! von Christian Saehrendt und Steen T. Kittl
LESEPROBE
Das Kunstpublikum -
kokscool und hilflos
Das Publikum steht mitdem Rücken zur Kunst und schaut möglichst schlau drein. Allenfalls beiläufigschweifen die Blicke über die Werke, sie suchen zielsicher den bereitgestelltenWein und das Finger Food. Der individualistische Dresscode wirkt in seinerzwanghaften Vielfalt uniform. Es ist alles dabei: vom Architektenlook mitschwarzer Wolle von oben bis unten inklusive Glatze und eckiger Brille, überden bei Künstlern seit langem beliebten Look mit Second-Hand-Anzug, weißenTurnschuhen und Struwwelpeter-Frisur bis hin zur Freizeitkleidung mit urbanenAkzenten wie Pullunder in Argylemuster oder Barbourjacken. Crossdressing gehtimmer: edel und schlampig im Mix. DDR-Trainingsjacke und Prada, Escada Sportund H&M, Irokesenschnitt und Nadelstreifensakko mindestens von Boss. Männersollten Fliegen aus Furnierholz, Krawatten mit Sternzeichenmotiven oderBaskenmützen vermeiden, Frauen kommen besser nicht in Outfits, die den Verdachtaufkommen lassen, es gehe später noch zu einer Halloweenparty. AufstrebendeKünstler sollten zwecks Wiedererkennung immer das gleiche tragen: »Aha, derMann mit der Trainingsjacke!« Oder stets in schmutzigen Arbeitsklamottenauftreten: »Ein Arbeitstier!« - »Der Wahnsinnige!« Vor dandyhafter Eleganz istzu warnen, das muss gekonnt sein! Abschreckendes Beispiel ist hier GeorgBaselitz, der mit himbeerrotem Anzug bisweilen den Charme eines neureichenGebrauchtwagenhändlers versprüht. Schlimm treibt es auch manch andererMalerkollege seiner Generation, wo Spitzbart, Ludenklunker oder Gehstöcke mitSilberknauf en vogue sind.
Und was spielt sich inden Köpfen der oft so selbstbewusst wirkenden Vernissagengäste ab? Oft ist esschlicht panische Angst, etwas Falsches zu sagen, zu tragen oder zu tun. Immerwieder verleiht dieser Umstand Kunstereignissen etwas Gespenstisches. »Ich saßvor einem Publikum, von dem ich den Eindruck hatte, man könne mit einem Hammerdrauf hauen, ohne dass sich auch nur irgendetwas bewegen würde. Man gratuliertemir im Anschluss, ich sei der Einzige gewesen, bei dem die Leute nicht wortlosweggegangen wären. Das gusseiserne Dastehen war die höchstmögliche Form desZuspruchs gewesen«, kommentierte der Autor Peter Glaser einen Kunstevent inBerlin. Die kokainkühle Arroganz im Gesicht, die angstbesetzte Coolness undApathie des intellektuellen Kunstpublikums strahlen wahrlich keine Freude aus.Muss man da wirklich dabei sein?
© DuMont Verlag
- Autoren: Christian Saehrendt , Steen T. Kittl
- 2009, 248 Seiten, 56 Schwarz-Weiß-Abbildungen, Maße: 13,1 x 21 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: DUMONT BUCHVERLAG
- ISBN-10: 3832177590
- ISBN-13: 9783832177591
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