Das Ticket zum Glück
Brendon Burchard hat durch einen Autounfall, den er überlebt hat, seine persönliche, goldene "Eintrittskarte ins Glück" erhalten.
Mary liegt im Krankenhaus und ringt um ihr Leben. Doch sie hat eine letzte Bitte an...
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Produktinformationen zu „Das Ticket zum Glück “
Brendon Burchard hat durch einen Autounfall, den er überlebt hat, seine persönliche, goldene "Eintrittskarte ins Glück" erhalten.
Mary liegt im Krankenhaus und ringt um ihr Leben. Doch sie hat eine letzte Bitte an ihren Verlobten. Er soll einen Brief zu einem stillgelegten Vergnügungspark bringen, an dem vor Jahren ihr Bruder ums Leben kam. Er ist zunächst etwas irritiert, doch er erfüllt Mary ihren Wunsch und macht sich auf den Weg. Kaum hat er das Eingangstor passiert, erwacht der verlassene Park zum Leben. Und Marys Verlobter begegnet Henry, der ihn auf einer magischen Reise zu sich selbst begleitet.
Lese-Probe zu „Das Ticket zum Glück “
Das Ticket zum Glück von Brendon Burchard1
Der Umschlag
Ich stand im Badezimmer vor dem Spiegel und rasierte mich. Im Wohnzimmer lief der Fernseher, und plötzlich hörte ich den Sprecher sagen: »Wir unterbrechen dieses Programm für neue Meldungen zum Verschwinden von Mary Higgins.«
Ich ließ den Rasierer fallen, band mir ein Handtuch um und rannte ins Wohnzimmer. auf der linken Bildhälfte war Mary zu sehen.
Der Nachrichtensprecher verkündete mit unbewegter Miene: »Miss Higgins, die vor vierzig Tagen auf mysteriöse Weise verschwand, wurde wie verlautet gefunden ...« O Gott. Ich war auf das Schlimmste gefasst. »... ein Officer der Highway Patrol vom Clark County sagt, Mary Higgins wurde ...«
Das Telefon klingelte, und ich hechtete mich darauf, ohne den Bildschirm aus den Augen zu lassen. »... vor fünfzehn Minuten ins Krankenhaus gebracht, wo sie ...« Ich grapschte den Hörer.
Es war Marys Mutter, Linda, und sie redete so schnell, dass ich sie kaum verstand.
»Sprich langsamer, Linda«, sagte ich. »Was ist passiert?«
»... Wir sind hier bei ihr ... du musst sofort herkommen ... sie haben sie gefunden ... Sie haben Mary gefunden!« Ich starrte auf Marys Gesicht im Fernseher.
»Gott, Linda«, keuchte ich. »Es kommt grade in den Nachrichten. Ist alles in Ordnung?« »Wir sind im Krankenhaus. Du musst herkommen ... jetzt gleich!« »Linda, geht es Mary gut?« »Komm einfach so schnell du kannst. Zimmer 410. Beeil dich!«
Dann war die Leitung tot. als ich in die Eingangshalle des Krankenhauses gerannt kam, blendete mich Scheinwerferlicht. Eine Horde Reporter umzingelte mich, hielt mir Kameras und Mikrofone vors Gesicht und bombardierte mich mit Fragen.
»In welchem Zustand befindet sich Mary?« ... »Wissen Sie, was
... mehr
passiert ist?« ... »Haben Sie mit ihren Eltern gesprochen?« Nie zuvor habe ich mich so über den Anblick einer Krankenschwester gefreut. Eine stämmige Frau in weißer Schwesterntracht drängte sich durch die Menge und packte mich am arm.
»Lassen Sie den Mann zufrieden!«, befahl sie. »Weg da, Sie!« Sie zog mich mit sich und schob die Meute beiseite wie ein Football-Spieler. Sie schubste mich in den Fahrstuhl, bedeutete mir stumm »vierter Stock« und sorgte dafür, dass mir keiner folgte.
Ich drückte den Knopf, neben dem zu meinem Entsetzen »Intensivstation« stand. Die Türen schlossen sich, und das Geschrei der Reporter verstummte. Es roch nach Desinfektionsmitteln, und ich dachte wieder daran, wie sehr ich Krankenhäuser hasste. Bilder meines Großvaters und meiner Mutter tauchten vor meinem inneren Auge auf. Bitte lass es nicht so sein, dachte ich.
Die Tür ging auf. Ich trat zu dem Empfangstresen, an dem eine Krankenschwester saß. »Ma'am, ich suche Zimmer 410, ich bin ...«
»Ich weiß«, sagte sie. »Den Flur entlang, den ersten Gang rechts, fünfte Tür links.«
Ich lief los, bevor sie den Satz zu Ende gebracht hatte. Als ich um die Ecke bog, erblickte ich Marys Eltern. Jim hielt die weinende Linda in den Armen. Ein Arzt sprach leise auf sie ein. In angemessenem Abstand stand Detective Kershaw, der Leiter der Vermisstenabteilung, und starrte auf seine Füße.
Ich holte tief Luft und versuchte mich zu beruhigen. Bevor ich auf Marys Eltern zuging, erteilte ich mir den stummen Befehl, stark zu sein.
Jim sah mich zuerst und flüsterte Linda etwas zu. Sie löste sich von ihm, wischte sich die Tränen ab und blickte mich mit schmerzvoller Miene an. O nein, dachte ich. Bitte nicht ... mein Gesicht fühlte sich starr an. »Linda, lebt sie?«
Kershaw saß mir gegenüber, fummelte an seinem Notizblock herum und schaute immer wieder auf eines dieser grässlichen Seestücke, die überall in Wartezimmern zu hängen scheinen. Er wusste vermutlich, dass ich ihm eine verpassen würde, wenn er mich direkt ansah.
Kleinlaut sagte er: »Hören Sie, ich habe Ihnen Unrecht getan ich gebe es zu. Als wir Mary gefunden haben, war klar, dass Sie nichts mit ihrem Verschwinden zu tun hatten.«
»Wird auch Zeit, dass Sie das kapieren, Sie ...«
»Eh, langsam, nur die Ruhe«, entgegnete Kershaw und hob abwehrend die Hände. »Ich weiß, dass Sie außer sich sind. Aber wie ich schon sagte, habe ich nur meine Arbeit getan. Sie können mir nicht vorwerfen, dass ich auf den Gedanken gekommen bin, Sie könnten etwas mit ...«
Ich war immer noch wütend und gab keinen Ton von mir. »Nun gut«, sagte Kershaw. »Ich verstehe Sie ja. Lassen Sie uns noch einmal von vorne anfangen und uns in Ruhe unterhalten wie zwei Menschen, die einfach nur erfahren wollen, wie Mary auf dieser Straße landete. Ich weiß, dass Sie das schon x-mal berichtet haben, aber könnten Sie mir noch mal von dem letzten Treffen mit ihr erzählen? Könnten Sie wiedergeben, was Mary gesagt hat? Da wir nun wissen, wo sie am Ende gelandet ist, lässt sich vielleicht ein Hinweis in Ihrem letzten Gespräch entdecken.«
Unser letztes »Gespräch«, muss ich zu meiner Schande gestehen, war ein ausgewachsener Krach. Als ich daran dachte, wäre ich vor Scham und Reue am liebsten im Erdboden versunken.
Wir waren in der Küche und schrien uns an. Mary hatte sich wieder in eine ihrer »Wir-müssen-unser-Leben-ändern«-Stimmungen reingesteigert.
Immer derselbe Streit seit sechs Monaten, jeden Abend nach dem Essen. Sie hatte es satt, dass ich mich nach der Arbeit vor den Fernseher setzte, dass ich ewig so »distanziert« war, dass ich zynisch war, dass sie sich hilflos fühlte, dass wir ein Leben führten, das ihrer Meinung nach weit unter unserer Würde war. Und sie hatte es satt, das alles sattzuhaben, sagte sie.
»Wir saufen hier ab«, sagte sie. »Im Trübsinn und in unserer Negativität.« Das war ihre Lieblingsformel im Gefecht: »Negativität«.
»Immerhin haben wir noch Negativität, um drin abzusaufen«, erwiderte ich. »Andere Leute haben gar nichts zu saufen.« Normalerweise brachte so ein Spruch sie aus dem Tritt und beruhigte sie; ich beherrschte eigentlich die Kunst, sie zum Lachen zu bringen, sodass man das Thema wechseln konnte. aber diesmal funktionierte der Trick nicht.
Sie fing an zu weinen. nach einer Weile blickte sie auf und sagte: »Ich glaube, ich werde übers Wochenende wegfahren ... ich wollte dich eigentlich bitten mitzukommen, aber ich glaube, du bist noch nicht bereit dafür.« Noch nie zuvor hatte sie sich so ernsthaft angehört.
»Wo willst du hin?«, fragte ich. »Wofür bin ich nicht bereit?« Sie zögerte und sagte dann: »Etwas zu ändern.« Nicht schon wieder, dachte ich und machte mich auf die Litanei gefasst, die ich mir schon seit Monaten anhören musste: Sitz nicht auf der Couch rum. Stell das Bier weg. Hör auf, Trübsal zu blasen. Sei offener. Erzähl mir, was los ist mit dir. Das war typisch Mary.
Sie versuchte ständig, mich zu erziehen, mir ihre Lebensvorstellungen aufzuzwingen, mich zu jemandem zu machen, der ich nicht war ein vergnügter weicher Trottel.
»Wieso hörst du nicht auf, ständig an mir herumzuerziehen? Ich brauche keine zweite Mutter, und ich brauche niemanden, der von mir verlangt, dass ich mich ändern soll. Lass mich einfach leben, wie ich will.«
»Aber du lebst ja gar nicht wirklich!«, schrie Mary. »Du versteckst dich vor dem Leben. Jeden Abend hockst du vor dem Fernseher und versuchst zu vergessen, dass dein Leben ein Reinfall ist.«
Jetzt war es raus. Ich starrte sie schockiert an. Sie blickte zu Boden, ihre langen Wimpern ruhten fast auf ihren Wangen. Dann seufzte sie erschöpft.
»Wie ich gerade sagte: Du bist nicht reif, dich zu verändern. Aber ich bin es. Und ich breche jetzt auf. Ein Freund hat mich an einen Ort eingeladen, an dem sich mein Leben vielleicht ändern wird. Er sagte, es sei ein magischer Ort, anregend und hilfreich, ein Ort, an dem meine Träume Wirklichkeit werden könnten.«
»Oh, toll, Schatz, du fährst nach Disneyland!«
»Es ist mir ernst. Ich gehe jetzt.« Ich lachte, weil ich ihr nicht glaubte.
»Grüß Micky Maus schön«, sagte ich.
Mary starrte mich mit aufgerissenen Augen an, dann feuerte sie ihre Kaffeetasse in die Spüle, wo sie zu Bruch ging, schnappte sich ihren Schlüsselbund vom Küchentresen und steuerte zur Tür.
Dann sagte sie noch: »Ich habe gehört, dass dieser Ort Wunder wirken kann. Für meine geistige Gesundheit und unsere Beziehung kann ich dir nur raten, darauf zu hoffen.«
Sie knallte die Tür hinter sich zu. Mir lag noch auf der Zunge zu sagen: »Vorsicht, Tür schlägt zurück«, aber ich ließ es zum Glück bleiben.
Das lag nun vierzig Tage zurück. Ich hatte Kershaw keine Einzelheiten von dem Streit erzählt die gingen ihn nichts an. Außerdem hatte ich zu einem Polizisten etwa so viel Vertrauen wie zu einem Gebrauchtwagenhändler. Ich wusste, dass er mich vorab verurteilen würde, wenn er erfuhr, dass wir uns vor Marys Verschwinden gestritten hatten.
»Ganz recht«, sagte ich zu Kershaw und erhob mich. »Wir haben das alles x-mal besprochen, und ich habe nichts hinzuzufügen.«
Ich wandte mich ab und ging zu Jim, der draußen im Flur beim Kaffeeautomaten stand.
»Nun gut«, sagte Kershaw hinter mir. »Wir erfahren wohl, was Mary zugestoßen ist, wenn sie ... falls sie aufwacht.« Jim hielt mir einen Kaffee hin.
»Hier, bitte«, sagte er. Er gehörte gewiss nicht zu den Männern, die leicht weinen, aber seine Augen waren rot.
Und ich trug die Schuld an alldem.
»Jim ... es tut mir so leid ...«
Er hob die Hand. »nicht doch«, sagte er leise. »Dich trifft keine Schuld. Vergiss Kershaw und diesen Quatsch in den Medien. Du hättest nichts tun können. Mach dir das bitte klar. Linda und ich sind überzeugt davon. Was auch zwischen euch vorgefallen ist: Wir wissen, dass du nicht schuld bist an ihrem Verschwinden. Und du bist auch nicht schuld daran, dass sie da drin liegt.«
Seine Stimme brach, und er blickte zur Tür von Marys Zimmer. »Ich bete nur immer wieder und wünschte mir, unsere kleine Mary könnte die Augen aufschlagen und uns erzählen, was in diesen vierzig Tagen passiert ist. Ich wünschte, sie könnte uns sagen, dass ... alles gut ist.«
Tränen strömten ihm übers Gesicht.
Ich spürte, wie mich jemand an der Schulter rüttelte, und schlug die Augen auf. Vor mir kniete Marys Arzt. »Muss eingeschlafen sein«, sagte ich matt.
»Das macht nichts«, erwiderte er. »Aber Mary ist jetzt bei Bewusstsein, und ich weiß nicht, wie lange dieser Zustand anhält. Sie ist sehr angegriffen, und wir wissen nicht, ob sie ...« Er schüttelte den Kopf. »Sie hat nach Ihnen gefragt.« Ich wollte aufspringen, vergaß aber, dass ich im Wartezimmer quer über vier Stühlen lag, und krachte auf mein Steißbein.
Übersetzung: Kai Andersen
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg
»Lassen Sie den Mann zufrieden!«, befahl sie. »Weg da, Sie!« Sie zog mich mit sich und schob die Meute beiseite wie ein Football-Spieler. Sie schubste mich in den Fahrstuhl, bedeutete mir stumm »vierter Stock« und sorgte dafür, dass mir keiner folgte.
Ich drückte den Knopf, neben dem zu meinem Entsetzen »Intensivstation« stand. Die Türen schlossen sich, und das Geschrei der Reporter verstummte. Es roch nach Desinfektionsmitteln, und ich dachte wieder daran, wie sehr ich Krankenhäuser hasste. Bilder meines Großvaters und meiner Mutter tauchten vor meinem inneren Auge auf. Bitte lass es nicht so sein, dachte ich.
Die Tür ging auf. Ich trat zu dem Empfangstresen, an dem eine Krankenschwester saß. »Ma'am, ich suche Zimmer 410, ich bin ...«
»Ich weiß«, sagte sie. »Den Flur entlang, den ersten Gang rechts, fünfte Tür links.«
Ich lief los, bevor sie den Satz zu Ende gebracht hatte. Als ich um die Ecke bog, erblickte ich Marys Eltern. Jim hielt die weinende Linda in den Armen. Ein Arzt sprach leise auf sie ein. In angemessenem Abstand stand Detective Kershaw, der Leiter der Vermisstenabteilung, und starrte auf seine Füße.
Ich holte tief Luft und versuchte mich zu beruhigen. Bevor ich auf Marys Eltern zuging, erteilte ich mir den stummen Befehl, stark zu sein.
Jim sah mich zuerst und flüsterte Linda etwas zu. Sie löste sich von ihm, wischte sich die Tränen ab und blickte mich mit schmerzvoller Miene an. O nein, dachte ich. Bitte nicht ... mein Gesicht fühlte sich starr an. »Linda, lebt sie?«
Kershaw saß mir gegenüber, fummelte an seinem Notizblock herum und schaute immer wieder auf eines dieser grässlichen Seestücke, die überall in Wartezimmern zu hängen scheinen. Er wusste vermutlich, dass ich ihm eine verpassen würde, wenn er mich direkt ansah.
Kleinlaut sagte er: »Hören Sie, ich habe Ihnen Unrecht getan ich gebe es zu. Als wir Mary gefunden haben, war klar, dass Sie nichts mit ihrem Verschwinden zu tun hatten.«
»Wird auch Zeit, dass Sie das kapieren, Sie ...«
»Eh, langsam, nur die Ruhe«, entgegnete Kershaw und hob abwehrend die Hände. »Ich weiß, dass Sie außer sich sind. Aber wie ich schon sagte, habe ich nur meine Arbeit getan. Sie können mir nicht vorwerfen, dass ich auf den Gedanken gekommen bin, Sie könnten etwas mit ...«
Ich war immer noch wütend und gab keinen Ton von mir. »Nun gut«, sagte Kershaw. »Ich verstehe Sie ja. Lassen Sie uns noch einmal von vorne anfangen und uns in Ruhe unterhalten wie zwei Menschen, die einfach nur erfahren wollen, wie Mary auf dieser Straße landete. Ich weiß, dass Sie das schon x-mal berichtet haben, aber könnten Sie mir noch mal von dem letzten Treffen mit ihr erzählen? Könnten Sie wiedergeben, was Mary gesagt hat? Da wir nun wissen, wo sie am Ende gelandet ist, lässt sich vielleicht ein Hinweis in Ihrem letzten Gespräch entdecken.«
Unser letztes »Gespräch«, muss ich zu meiner Schande gestehen, war ein ausgewachsener Krach. Als ich daran dachte, wäre ich vor Scham und Reue am liebsten im Erdboden versunken.
Wir waren in der Küche und schrien uns an. Mary hatte sich wieder in eine ihrer »Wir-müssen-unser-Leben-ändern«-Stimmungen reingesteigert.
Immer derselbe Streit seit sechs Monaten, jeden Abend nach dem Essen. Sie hatte es satt, dass ich mich nach der Arbeit vor den Fernseher setzte, dass ich ewig so »distanziert« war, dass ich zynisch war, dass sie sich hilflos fühlte, dass wir ein Leben führten, das ihrer Meinung nach weit unter unserer Würde war. Und sie hatte es satt, das alles sattzuhaben, sagte sie.
»Wir saufen hier ab«, sagte sie. »Im Trübsinn und in unserer Negativität.« Das war ihre Lieblingsformel im Gefecht: »Negativität«.
»Immerhin haben wir noch Negativität, um drin abzusaufen«, erwiderte ich. »Andere Leute haben gar nichts zu saufen.« Normalerweise brachte so ein Spruch sie aus dem Tritt und beruhigte sie; ich beherrschte eigentlich die Kunst, sie zum Lachen zu bringen, sodass man das Thema wechseln konnte. aber diesmal funktionierte der Trick nicht.
Sie fing an zu weinen. nach einer Weile blickte sie auf und sagte: »Ich glaube, ich werde übers Wochenende wegfahren ... ich wollte dich eigentlich bitten mitzukommen, aber ich glaube, du bist noch nicht bereit dafür.« Noch nie zuvor hatte sie sich so ernsthaft angehört.
»Wo willst du hin?«, fragte ich. »Wofür bin ich nicht bereit?« Sie zögerte und sagte dann: »Etwas zu ändern.« Nicht schon wieder, dachte ich und machte mich auf die Litanei gefasst, die ich mir schon seit Monaten anhören musste: Sitz nicht auf der Couch rum. Stell das Bier weg. Hör auf, Trübsal zu blasen. Sei offener. Erzähl mir, was los ist mit dir. Das war typisch Mary.
Sie versuchte ständig, mich zu erziehen, mir ihre Lebensvorstellungen aufzuzwingen, mich zu jemandem zu machen, der ich nicht war ein vergnügter weicher Trottel.
»Wieso hörst du nicht auf, ständig an mir herumzuerziehen? Ich brauche keine zweite Mutter, und ich brauche niemanden, der von mir verlangt, dass ich mich ändern soll. Lass mich einfach leben, wie ich will.«
»Aber du lebst ja gar nicht wirklich!«, schrie Mary. »Du versteckst dich vor dem Leben. Jeden Abend hockst du vor dem Fernseher und versuchst zu vergessen, dass dein Leben ein Reinfall ist.«
Jetzt war es raus. Ich starrte sie schockiert an. Sie blickte zu Boden, ihre langen Wimpern ruhten fast auf ihren Wangen. Dann seufzte sie erschöpft.
»Wie ich gerade sagte: Du bist nicht reif, dich zu verändern. Aber ich bin es. Und ich breche jetzt auf. Ein Freund hat mich an einen Ort eingeladen, an dem sich mein Leben vielleicht ändern wird. Er sagte, es sei ein magischer Ort, anregend und hilfreich, ein Ort, an dem meine Träume Wirklichkeit werden könnten.«
»Oh, toll, Schatz, du fährst nach Disneyland!«
»Es ist mir ernst. Ich gehe jetzt.« Ich lachte, weil ich ihr nicht glaubte.
»Grüß Micky Maus schön«, sagte ich.
Mary starrte mich mit aufgerissenen Augen an, dann feuerte sie ihre Kaffeetasse in die Spüle, wo sie zu Bruch ging, schnappte sich ihren Schlüsselbund vom Küchentresen und steuerte zur Tür.
Dann sagte sie noch: »Ich habe gehört, dass dieser Ort Wunder wirken kann. Für meine geistige Gesundheit und unsere Beziehung kann ich dir nur raten, darauf zu hoffen.«
Sie knallte die Tür hinter sich zu. Mir lag noch auf der Zunge zu sagen: »Vorsicht, Tür schlägt zurück«, aber ich ließ es zum Glück bleiben.
Das lag nun vierzig Tage zurück. Ich hatte Kershaw keine Einzelheiten von dem Streit erzählt die gingen ihn nichts an. Außerdem hatte ich zu einem Polizisten etwa so viel Vertrauen wie zu einem Gebrauchtwagenhändler. Ich wusste, dass er mich vorab verurteilen würde, wenn er erfuhr, dass wir uns vor Marys Verschwinden gestritten hatten.
»Ganz recht«, sagte ich zu Kershaw und erhob mich. »Wir haben das alles x-mal besprochen, und ich habe nichts hinzuzufügen.«
Ich wandte mich ab und ging zu Jim, der draußen im Flur beim Kaffeeautomaten stand.
»Nun gut«, sagte Kershaw hinter mir. »Wir erfahren wohl, was Mary zugestoßen ist, wenn sie ... falls sie aufwacht.« Jim hielt mir einen Kaffee hin.
»Hier, bitte«, sagte er. Er gehörte gewiss nicht zu den Männern, die leicht weinen, aber seine Augen waren rot.
Und ich trug die Schuld an alldem.
»Jim ... es tut mir so leid ...«
Er hob die Hand. »nicht doch«, sagte er leise. »Dich trifft keine Schuld. Vergiss Kershaw und diesen Quatsch in den Medien. Du hättest nichts tun können. Mach dir das bitte klar. Linda und ich sind überzeugt davon. Was auch zwischen euch vorgefallen ist: Wir wissen, dass du nicht schuld bist an ihrem Verschwinden. Und du bist auch nicht schuld daran, dass sie da drin liegt.«
Seine Stimme brach, und er blickte zur Tür von Marys Zimmer. »Ich bete nur immer wieder und wünschte mir, unsere kleine Mary könnte die Augen aufschlagen und uns erzählen, was in diesen vierzig Tagen passiert ist. Ich wünschte, sie könnte uns sagen, dass ... alles gut ist.«
Tränen strömten ihm übers Gesicht.
Ich spürte, wie mich jemand an der Schulter rüttelte, und schlug die Augen auf. Vor mir kniete Marys Arzt. »Muss eingeschlafen sein«, sagte ich matt.
»Das macht nichts«, erwiderte er. »Aber Mary ist jetzt bei Bewusstsein, und ich weiß nicht, wie lange dieser Zustand anhält. Sie ist sehr angegriffen, und wir wissen nicht, ob sie ...« Er schüttelte den Kopf. »Sie hat nach Ihnen gefragt.« Ich wollte aufspringen, vergaß aber, dass ich im Wartezimmer quer über vier Stühlen lag, und krachte auf mein Steißbein.
Übersetzung: Kai Andersen
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg
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Bibliographische Angaben
- Autor: Brendon Burchard
- 288 Seiten, Maße: 13,5 x 21,5 cm, Hochw. Broschur mit Klappeinb.
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3868003819
- ISBN-13: 9783868003819
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