Der Sushimeister
Roman. Aus d. Amerikan. v. Karsten Singelmann
Wenn die Dämmerung über New York hereinbricht und die Neonreklamen zu nächtlichem Leben erwachen, beginnt für Katsuyuki Ito der Tag. Der Sushikoch kam erst vor kurzem aus Japan nach Amerika und fühlt sich noch immer verloren in der fremden Stadt, wo seine...
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Buch
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Der Sushimeister “
Wenn die Dämmerung über New York hereinbricht und die Neonreklamen zu nächtlichem Leben erwachen, beginnt für Katsuyuki Ito der Tag. Der Sushikoch kam erst vor kurzem aus Japan nach Amerika und fühlt sich noch immer verloren in der fremden Stadt, wo seine Kunst nicht geschätzt und seine Kultur nicht verstanden wird. Geblieben sind ihm allein die Erinnerungen an zu Hause, an seine verstorbene Frau und seinen Sohn. Bis er die Kellnerin Mariane kennen lernt, die wie er in der Großstadt gestrandet ist. Auf der Flucht vor ihren eigenen Dämonen, weckt sie einen vagen Beschützerinstinkt in Ito, der sich bald in erotische Anziehung und echte Zuneigung verwandelt. Gemeinsam begeben sich die beiden auf einen Streifzug durch die Nächte von Manhattan - ein außergewöhnliches Paar, getrieben von der Angst vor Nähe und der Sehnsucht nach Geborgenheit. Von dem Hunger nach Sex und nach Liebe. Und der vagen Aussicht auf Erlösung.
Klappentext zu „Der Sushimeister “
Wenn die Dämmerung über New York hereinbricht und die Neonreklamen zu nächtlichem Leben erwachen, beginnt für Katsuyuki Ito der Tag. Der Sushikoch kam erst vor kurzem aus Japan nach Amerika und fühlt sich noch immer verloren in der fremden Stadt, wo seine Kunst nicht geschätzt und seine Kultur nicht verstanden wird. Geblieben sind ihm allein die Erinnerungen an zu Hause, an seine verstorbene Frau und seinen Sohn.Bis er die Kellnerin Mariane kennen lernt, die wie er in der Großstadt gestrandet ist. Auf der Flucht vor ihren eigenen Dämonen, weckt sie einen vagen Beschützerinstinkt in Ito, der sich bald in erotische Anziehung und echte Zuneigung verwandelt. Gemeinsam begeben sich die beiden auf einen Streifzug durch die Nächte von Manhattan - ein außergewöhnliches Paar, getrieben von der Angst vor N"He und der Sehnsucht nach Geborgenheit. Von dem Hunger nach Sex und nach Liebe. Und der vagen Aussicht auf Erlösung.Lese-Probe zu „Der Sushimeister “
Karotten, 1 KisteKopfsalat, 2 Kisten
Schalotten, 2 Kasten
Schweinefleisch, Rippenstücke, 10 Pfd.
Fisch - Thun, 2
Sardine, 1
Gelbschwanz, 1
Anemonenfisch, 3
Garnelen, 4 Kasten
Tintenfisch, 1
Flunder, 3
Reis, 1 Sack
Sake, mittlere Qualität, 3 Kasten
Listen sind Leben.
Zum Beispiel:
Katsuyuki Ito schreibt seit zweiundvierzig Jahren in Kurzschrift.
Immer das Gleiche, manchmal ändert sich eine Zahl (vielleicht ein Thunfisch weniger, ein paar mehr Flundern, der Reis reicht noch einen Tag lang).
Faltet den Umschlag der Telefonrechnung auf seinem weichen Bauch. Holt einen Kugelschreiber aus der Kasse (Bing!). Tinte ist ausgelaufen. Er wischt ihn mit einer Papierserviette ab und schreibt auf. Alles, was er morgen im Restaurant braucht, mit Mengenangaben. Eine Liste toter, dem Meer entrissener Wesen, die täglich in Eis gebettet angeliefert werden.
Alles, was er braucht.
Denn Mr. Ito ist ein Meister der fein geschnittenen Formen, Shokunin.
Anders gesagt: ein hervorragender Sushikoch.
Die Liste ist krakelig anzuschauen. Schriftzeichen.
Er hört auf zu schreiben, benutzt das metallene Endstück als Zahnstocherersatz und starrt aus dem Fenster, auf die Straße, wo Geschäftsleute im fahlen gelblichen Nachmittagslicht vorbeilaufen.
Kalt draußen. Immer noch.
Karret dlausse. Immelnoch.
Er sagt es sich laut vor, auf Englisch. Um die Worte einzuüben, wie ein Schauspieler.
Auch etwas, das er braucht, etwas, das man zu den Gästen sagt. Um mit ihnen zu plaudern.
Zu der jungen Marketingdirektorin im knitterigen grauen Kostüm mit den angeklebten orangenen Nägeln, die seltsam gebogen und glänzend über ihre Finger hinausragen, und die Hallo, hallo, das Übliche, bitte murmelt, soll heißen: zwei California Rolls und ein Glas eisgekühlten weißen Zinfandel, sagt er Karret dlausse immelnoch, und sie lächelt und meint Das kann man wohl sagen, und zu dem Männertrio aus einer Firma ein paar Häuser weiter, die eine Windböe von draußen mitbringen,
... mehr
als sie hereinplatzen, nach Gewürzen und Metall riechend, jeder mit einem dicken Goldring an den haarigen Fingern klopfen sie auf die Glasvitrine der Theke und rufen in ausgelassener Feierabendstimmung Alles klar, Ito? Ito?
Karret dlausse. Immelnoch.
Und ob. Arschkalt. Gelächter breitet sich wie eine mächtige kalte Welle aus.
Ein anderer Punkt ist die Einsamkeit. Er erwartet keine Wunder.
Wenn er spricht, sind es die abgehackten Brocken eines Kleinkinds. Hallo, Wiedersehen, ja, danke, bitte, oh, gut. Aber insgeheim gehen ihm Haikus von Basho und einzelne Sätze aus der Geschichte vom Prinzen Genji durch den Kopf, über das Betrachten des Mondes, über Weidenlaub und herbstliche Dämmerung, unterbrochen von Gedanken an kulinarische Spezialitäten. Das Bild, wie er vor Sonnenaufgang auf dem Fischmarkt mit Hilfe einer Taschenlampe den Fettgehalt von Thunfischfleisch beurteilt, gefolgt von dem Haiku-Bild auf einem dürren Ast. Die Gedanken wirbeln herum wie schimmernde Fischschuppen, die man in den Ausguss spült, allerdings wurden sie vorher gut durchgesiebt. Irgendwo sind orangene Kegel aufgestellt, eine Sperre. Er hält inne, errötet. Seine Gedanken purzeln ihm als Gestammel von der Zunge, und dementsprechend wird er behandelt, man redet mit ihm wie mit einem neuen, ahnungslosen Kollegen, wie mit einem zu groß geratenen Baby, und obwohl er ein alter Hase ist, begleitet ihn ein Gefühl der Scham und des Unbehagens durch den Tag.
Er denkt:
Aimiu to
Omou kokoro wa
Matsura naru
Kagami no kami ya
Sora ni miruramu
(Sich wieder zu begegnen / Ist mein Wunsch / Der Spiegelgott / Bei Matsura / Kann es im Himmel sehen), sagt aber: bitte, gute Appetit, während er einem wartenden Gast einen kleinen Teller mit in Scheiben geschnittenem Tintenfisch reicht.
Also, der Mann, der da seine Liste aufstellt, ist fix und fertig. Kann sich niemandem verständlich machen. Ist ein verstaubtes Ausstellungsstück. An ihm nagt das vertraute Gefühl der Scham, er kommt sich ausgeschlossen vor, während er die dämliche Liste herunterkritzelt und dabei an Die Geschichte vom Prinzen Genji denkt, an die Stelle, wo Murasaki Shikibu schreibt: Sie begaben sich alle auf die Brücke und setzten ihr betrunkenes Gelärme fort.
Ich bin immer auf der Brücke, denkt Ito, ich bin immer am Rand, das betrunkene Gelärme findet anderswo statt.
Warten auf den Abend, auf den Andrang hungriger Menschen. Gefangen in einer modernen Form höfischer Rituale. Das allabendliche Verzieren der Speisen. Die Zeit vor dem betrunkenen Gelärme, der Vernichtung all dessen, was er so sorgfältig zubereitet.
1 Kiste Karotten
2 Kasten Kopfsalat
2 Kisten Frühlingszwiebeln
Anfangs ist Ito durch die Hintertür gegangen -
Damals in Nihon, als er achtzehn war, in blauen Baumwollhosen und mit struppigen Haaren. Ein Schleier von Pickeln auf seinen Wangen verlieh ihm die rosige Färbung permanenter Verlegenheit. Katsu-chan! oder he du da, Neuer! tönte es ihm bei der Arbeit entgegen, raue, rauchige Grunzlaute.
Fegen, Katsuchan! Vom Chefkoch wurde ihm ein Besen in die Hand gedrückt. Die Kollegen huschten wie auf Rädern an ihm vorbei. Der junge Ito fegte, schüchtern und unbeholfen. Große Mengen Reis, schmutzige Gemüsespäne, Staub, vertrocknete Fleischstücke, Fischschuppen, Knochen, Papier, jeden Tag eine andere Mischung. Aus Langeweile erfand er Geschichten zu diesem Abfall. Eines Tages fegt er die silbrigen Thunfischschuppen des Morgens zusammen, und begleitet vom beständigen Wisch-wusch seines Besens denkt er:
Ein Thunfisch fand seinen Weg nach Tokio. Er war groß und silbrig. Er lag auf den kalten Holzleisten, zusammen mit hunderten von anderen kalten hellen Fischleibern, ausgeweidet, die Haut an den Rändern des Einschnitts gewellt und hart wie eine Schale. Um fünf Uhr morgens wurde er an einen Koch verkauft, der sein ganzes Geld dafür hergab. Er nickte dem Auktionator zu, der neben ihm auf dem Holzpodest stand und pausenlos redete. Der Thunfisch hatte dreizehn Monate lang ungestüm das Meer durchschwommen und lag jetzt kopflos da, Taschenlampen leuchteten in einen Schlitz in der Schwanzflosse. Die Wahl des Kochs fällt auf einen Fisch mit besonders rosigem Fleisch, Toro, ein Blick auf den Farbton genügt, und er weiß, ob der Fisch mit einem Netz oder einer Angel gefangen wurde. Er kennt auch den genauen Fettanteil in jeder einzelnen Partie des Fleisches. Er spießt ihn auf seinen Fischhaken und wirft ihn auf seinen Karren, rollt ihn holpernd zu seinem Lieferwagen, zündet sich im Schutz seiner gewölbten Hand eine Zigarette an, fährt dann mit dem kleinen Wagen durch die finsteren Straßen der frisch gewaschenen Stadt. Zu Hause angekommen, holen seine Lehrlinge den Fisch von der Ladefläche, die das Fischblut mattgrau gefärbt hat.
Vom umliegenden Land strömen die Lkws herein, während das Licht das kalte Blau der Dämmerung verliert. In der Ecke brennen Feuer, lassen Zederngeruch von auseinander gerissenen Fischkisten aufsteigen. Ein alter Bauer fährt einen Lastwagen mit offener Ladefläche. Auch er ist seit drei Uhr morgens auf, seine alte Frau, mit der er seit vierzig Jahren verheiratet ist, hat ihn mit ihrem spitzen Ellbogen angestupst, und zu seiner Überraschung war sie nackt. Sie haben sich langsam geliebt, während das Licht ins Zimmer kroch und der nussige Geruch des Frühstücksreises sich ausbreitete. Er bewegte sich in seiner alten Frau, die ihm drei Söhne geboren hat, und dachte nicht an Liebe, sondern an gebratenen Fisch, Reis, eingelegtes Gemüse und Tee. Es fühlte sich in seiner Frau weich und schlaff an, aber auch er war alt und schlaff, und es war etwa zwei Jahre her, seit er zuletzt in ihr gewesen war, und sie waren beide dankbar, dass alles klappte und dass sie, die Frau, ihre Traurigkeit für eine Weile überwunden hatte, eine Traurigkeit, die sich an den meisten Tagen wie eine Decke über sie legte, eine seltsame Sache, doch jetzt wirkte ihr Blick warm und glücklich, sie war nackt zu ihm gekommen, so vertraut, kurz vor dem Morgengrauen, als die nächtlichen Feuer verglühten, als die Müllwagen draußen vorbeipolterten, und während er sich langsam im Halbdunkel bewegte, hörte er noch das Klappern und Klirren ihrer Stoßstangen auf der unebenen Straße.
Gestern haben sie zehn Scheffel Karotten geerntet, vielleicht ist sie deswegen so glücklich, zehn Scheffel orange glänzender Stäbe aus der dunklen Erde, jede einzelne ganz gerade und makellos, keine Knicke oder Knoten wie im letzten Jahr, und zweifellos hatte die Seetangmixtur dazu beigetragen, tagelang hatte die Frau sie gekocht und gerührt, sie frühmorgens dann in Eimern zu den Beeten getragen, sein alter Rücken hatte geknarrt, die Haut an den Knochen gescheuert, aber es hatte sich gelohnt, nun konnte er heute Morgen zehn Scheffel Karotten auf die staubige Straße bringen, seine Frau hielt ihn in ihren zittrigen Armen und lächelte, er würde unterwegs eine Packung Winstons rauchen, im Laster auf dem Weg zum Markt, er würde Radio hören und bei ein paar alten Liedern mitsingen, er würde eine kleine gegrillte Makrele auf Reis essen und sich später noch ein Bento bei einem fliegenden Händler kaufen, und eine unbeschreibliche Gelassenheit würde ihn erfüllen, weil das Leben sich schlicht einfach so darstellte, wie es sein soll. Der Koch hält, nachdem er den Thunfisch geholt hat, noch beim Gemüsemarkt und nimmt ein paar von diesen Karotten mit (sehr süß und zart, preist sie der Verkäufer an),
Schweinefleisch, Rippenstücke, 10 Pfd.
und zur gleichen Zeit schneidet in einem verdreckten Laden, in dem Tücher von der Decke herabhängen, ein Schlachter Schweinefleisch in Scheiben, direkt gegenüber von dem Restaurant, wo der junge Ito arbeitet und beim Fegen alles beobachten kann, hinten sitzen beleibte Männer, spielen Karten, essen gebratenes Schweinefleisch und reden über die Huren im Süden der Stadt, die erstaunliche Dinge tun, es riecht nach Schweinefleisch, jeder hier schätzt Schweineknochen mit ihrem festen Fleisch mehr als dürre Fischgräten, alle haben sie weiche, schwabbelige Bäuche, wie aus Schweinefett, sie diskutieren, unterbrochen von gelegentlichen Lachsalven, die feinen Unterschiede zwischen den Huren, bei denen sie letzte Nacht waren, welche war jünger, kleiner, welche hatte sternförmige Brustwarzen, aber einer der jüngeren Schweinemetzger, letzten Herbst erst hat er geheiratet (Ito sieht ihn, wie er, die Metzgerschürze umgebunden, aus dem Fenster schaut), leidet, während er das Fleisch kaut, er hört den anderen zu, kennt die Huren, von denen die Rede ist, sie haben westliche Namen - Candy, Dawn, Melinda -, er hat sie in der Bar gesehen, in die sie immer gehen, hat sich Sake aus kleinen Bechern in den Rachen geschüttet, ist dann nach Hause zu seiner puppenhaften Frau gekommen, sie stand still vor ihm, der Morgenrock verhüllte ihren köstlichen Körper, er hat sich mit aller Macht in sie hineingestoßen, und ihn ängstigt, was er kürzlich im Lagerraum getan hat, wo die abgeschabten, säuerlich riechenden Schweinerümpfe im Dunkeln liegen, wo sich matschiges Schweinefett hartnäckig an die Schuhsohlen heftet, ein Ort, an dem er einen Metzgerkollegen gepackt hat (den Kleinen mit dem dunkelroten Mund, der den Fleischwolf bedient), seinen bloßen Hintern berührt, seinen harten Penis genommen und ihn sich in den Mund gesteckt hat, die Spitze ist bis in seine Kehle gedrungen, so dass er würgen musste, es war ein unbeschreibliches Vergnügen, der tote Geruch von Schweinefett und Fleisch, der brackige Strom des Samens, und der verwirrende Schmerz, den er spürt, denn er mag seine Frau, ihr gemeinsames Heim, die Küche mit dem kleinen Reiskocher, den hübschen Metallkessel, den sie geschenkt bekommen haben, den rot bezogenen Futon, ihre winzigen Elfenbeinfüße, alles so reizend, so angenehm, wie wenn man in einem sonnigen Eckchen ein Buch liest, wie ein Knäuel Katzen, die sich in einem Sessel aneinander schmiegen, wie eine leckere Suppe an einem kalten Tag, vergänglich, zerstörbar.
Die Haut um die Augen des Schweinemetzgers sieht aus wie voller Teeflecken.
(All das entspringt Itos einfallsreichem Geist, während er fegt. Er sieht den Metzger immer noch aus dem Fenster schauen. Er kennt seinen Namen, Ken, von der kleinen Kanji-Schrift auf seiner Arbeitsjacke. Der junge Ito hat noch mehr zu fegen.)
Fisch - Thunfisch 2
Sardine 1
Gelbschwanz 1
Anemonenfisch 3
Krabben 4 Kasten
Tintenfisch 1
Flunder 3
Jung Itos Gedanken flattern zurück zu dem alten Karottenbauern, wie er sich nach einem langen Tag mit seinem Karottengeld auf den Rückweg macht, der Laster braucht Benzin, also tankt er ihn auf, er kauft ein Pfund O-Toro, fetten Thunfisch der höchsten Qualitätsstufe, blassrosa, in Papier eingewickelt, neben einen Eisblock geschoben. Keine Würmer. Ein guter Fischhändler hat gelernt, die Fischscheiben gegen das Licht zu halten, und erkennt die verräterischen dunklen Stellen in dem gesprenkelten Fleisch, dessen feine Maserung an Holz erinnert, und schneidet den Wurm mit der Spitze eines scharfen Messers heraus, und der Fleck verschwindet, aber die schlechten Händler tun das nicht, der Wurm bleibt verborgen, man isst ihn, und dann liegt er in der warmen Magenhöhle und wächst, ernährt sich von Vorverdautem, wächst weiter, schiebt sich in die feuchten Gedärme, verzehrt sie, lässt Risse und Beschwerden entstehen, bis man eines Tages einen unbeschreiblichen Schmerz spürt, sich krümmt und tot umfällt, ein leerer, ausgehöhlter Torso.
Bei O-Toro ist noch bemerkenswert, dass das O eine Höflichkeitssilbe ist, die sonst für Heilige und Herrscher verwendet wird und hier die erstklassige Qualität der glänzenden Brocken beschreibt, das samtene Fett, das an den Lippen haften bleibt.
In den USA wird derselbe Thunfisch, der Blauflossenthun, als Katzenfutter gefangen. Die Fischer vor der Küste von Maine stellen überrascht fest, dass sich ihre Angelrute biegt und sie fast zerbricht, und mit aller Kraft hieven sie einen silbernen, riesengroßen Fisch auf den nassen und glitzernden Boden des Bootes, ein kühles, würdevolles Ungeheuer mit gebogenen Flossen und winzigen Katzenzähnen in dem scheinbar gähnenden Maul. Seine Augen sind runde Brocken aus Stahl und Kohlenstoff, dazwischen durchsichtige Schichten, das archaische Glimmern eines unterirdischen Instinkts, eines flüchtigen Begreifens der Lage.
Angewidert lassen sie ihn zurückgleiten. Zu schwer und sperrig, um ihn zum Fischmarkt zu schaffen, wo müde Männer in Overalls und steifen Gummihandschuhen Zigaretten rauchen, umringt von Pappkartons mit schmutzigem Eis, von einem Meer aus gefrorenen Blöcken zwischen den dicken Bleiwänden der begehbaren Kühlschränke, wo Kisten mit Garnelen und Tintenfischen stehen, Männer, die riesige Fische am Schwanz hinter sich herziehen und unleserliche Quittungen auf ihren unordentlichen, staubigen, von Papieren überquellenden Schreibtischen kritzeln. Draußen ist die Dämmerung steif und cyanblau, Lastwagen kommen herein und fahren ab. Feuer brennen in rostigen Fässern, und die Männer stehen dort beisamen, um sich die Finger zu wärmen, die aus fingerlosen Handschuhen herausragen. Der Katzenfuttermarkt ist zusammengebrochen, sagen sie, der schwere Thunfisch würde allenfalls zwanzig Dollar einbringen, und das bei dem großen Aufwand, ihn einzuholen.
Auf der anderen Seite der Meere, in kühleren Gewässern, jenseits des Pazifiks, da ist dieser Thunfisch eine Wertanlage, eine Rente, ein Mercedes. Eine Unze Thunfisch ist so viel wert wie eine Unze Gold.Der alte Karottenbauer hat gerade "Holiday" von Madonna zu Ende gehört, mit statischen Störungen, in seinem Laster, als er bei seinem kleinen Haus ankommt. Es wird Abend. Er zieht den O-Toro heraus und dann seinen Beutel, er ist todmüde, fühlt sich steinalt, die Gesichtshaut hart wie ein steif gewordener Arbeitshandschuh. Seine alte Frau begrüßt ihn mit einem leisen Hallo, Dampf umgibt ihr Gesicht, während sie in einem Topf mit Fischbällchen und Misosuppe rührt. Sie hat einen langen, braunen Hals, wie eine Schildkröte. Er tritt hinter sie und küsst sie unerwartet auf den Nacken. Eine nie dagewesene Kühnheit. Sie verbrennt sich die Hand, er tritt verlegen von einem Fuß auf den anderen. Der O-Toro fällt zu Boden, sie fragt, was ist das, er erklärt es ihr. Sie freut sich, hat einen solchen Leckerbissen seit vielen Jahren nicht mehr gegessen. Ihre Hand ruht für einen Moment auf seiner Wange. Es wird Nacht. (Der Chef des jungen Ito löscht die Lichter im Restaurant. Sagt Ito, er soll nach Hause gehen. Zwei Jahre ist er jetzt dort, und morgen wird er lernen, Reis zu kochen, der Beginn seines Aufstiegs zum Shokunin.)
Karret dlausse. Immelnoch.
Und ob. Arschkalt. Gelächter breitet sich wie eine mächtige kalte Welle aus.
Ein anderer Punkt ist die Einsamkeit. Er erwartet keine Wunder.
Wenn er spricht, sind es die abgehackten Brocken eines Kleinkinds. Hallo, Wiedersehen, ja, danke, bitte, oh, gut. Aber insgeheim gehen ihm Haikus von Basho und einzelne Sätze aus der Geschichte vom Prinzen Genji durch den Kopf, über das Betrachten des Mondes, über Weidenlaub und herbstliche Dämmerung, unterbrochen von Gedanken an kulinarische Spezialitäten. Das Bild, wie er vor Sonnenaufgang auf dem Fischmarkt mit Hilfe einer Taschenlampe den Fettgehalt von Thunfischfleisch beurteilt, gefolgt von dem Haiku-Bild auf einem dürren Ast. Die Gedanken wirbeln herum wie schimmernde Fischschuppen, die man in den Ausguss spült, allerdings wurden sie vorher gut durchgesiebt. Irgendwo sind orangene Kegel aufgestellt, eine Sperre. Er hält inne, errötet. Seine Gedanken purzeln ihm als Gestammel von der Zunge, und dementsprechend wird er behandelt, man redet mit ihm wie mit einem neuen, ahnungslosen Kollegen, wie mit einem zu groß geratenen Baby, und obwohl er ein alter Hase ist, begleitet ihn ein Gefühl der Scham und des Unbehagens durch den Tag.
Er denkt:
Aimiu to
Omou kokoro wa
Matsura naru
Kagami no kami ya
Sora ni miruramu
(Sich wieder zu begegnen / Ist mein Wunsch / Der Spiegelgott / Bei Matsura / Kann es im Himmel sehen), sagt aber: bitte, gute Appetit, während er einem wartenden Gast einen kleinen Teller mit in Scheiben geschnittenem Tintenfisch reicht.
Also, der Mann, der da seine Liste aufstellt, ist fix und fertig. Kann sich niemandem verständlich machen. Ist ein verstaubtes Ausstellungsstück. An ihm nagt das vertraute Gefühl der Scham, er kommt sich ausgeschlossen vor, während er die dämliche Liste herunterkritzelt und dabei an Die Geschichte vom Prinzen Genji denkt, an die Stelle, wo Murasaki Shikibu schreibt: Sie begaben sich alle auf die Brücke und setzten ihr betrunkenes Gelärme fort.
Ich bin immer auf der Brücke, denkt Ito, ich bin immer am Rand, das betrunkene Gelärme findet anderswo statt.
Warten auf den Abend, auf den Andrang hungriger Menschen. Gefangen in einer modernen Form höfischer Rituale. Das allabendliche Verzieren der Speisen. Die Zeit vor dem betrunkenen Gelärme, der Vernichtung all dessen, was er so sorgfältig zubereitet.
1 Kiste Karotten
2 Kasten Kopfsalat
2 Kisten Frühlingszwiebeln
Anfangs ist Ito durch die Hintertür gegangen -
Damals in Nihon, als er achtzehn war, in blauen Baumwollhosen und mit struppigen Haaren. Ein Schleier von Pickeln auf seinen Wangen verlieh ihm die rosige Färbung permanenter Verlegenheit. Katsu-chan! oder he du da, Neuer! tönte es ihm bei der Arbeit entgegen, raue, rauchige Grunzlaute.
Fegen, Katsuchan! Vom Chefkoch wurde ihm ein Besen in die Hand gedrückt. Die Kollegen huschten wie auf Rädern an ihm vorbei. Der junge Ito fegte, schüchtern und unbeholfen. Große Mengen Reis, schmutzige Gemüsespäne, Staub, vertrocknete Fleischstücke, Fischschuppen, Knochen, Papier, jeden Tag eine andere Mischung. Aus Langeweile erfand er Geschichten zu diesem Abfall. Eines Tages fegt er die silbrigen Thunfischschuppen des Morgens zusammen, und begleitet vom beständigen Wisch-wusch seines Besens denkt er:
Ein Thunfisch fand seinen Weg nach Tokio. Er war groß und silbrig. Er lag auf den kalten Holzleisten, zusammen mit hunderten von anderen kalten hellen Fischleibern, ausgeweidet, die Haut an den Rändern des Einschnitts gewellt und hart wie eine Schale. Um fünf Uhr morgens wurde er an einen Koch verkauft, der sein ganzes Geld dafür hergab. Er nickte dem Auktionator zu, der neben ihm auf dem Holzpodest stand und pausenlos redete. Der Thunfisch hatte dreizehn Monate lang ungestüm das Meer durchschwommen und lag jetzt kopflos da, Taschenlampen leuchteten in einen Schlitz in der Schwanzflosse. Die Wahl des Kochs fällt auf einen Fisch mit besonders rosigem Fleisch, Toro, ein Blick auf den Farbton genügt, und er weiß, ob der Fisch mit einem Netz oder einer Angel gefangen wurde. Er kennt auch den genauen Fettanteil in jeder einzelnen Partie des Fleisches. Er spießt ihn auf seinen Fischhaken und wirft ihn auf seinen Karren, rollt ihn holpernd zu seinem Lieferwagen, zündet sich im Schutz seiner gewölbten Hand eine Zigarette an, fährt dann mit dem kleinen Wagen durch die finsteren Straßen der frisch gewaschenen Stadt. Zu Hause angekommen, holen seine Lehrlinge den Fisch von der Ladefläche, die das Fischblut mattgrau gefärbt hat.
Vom umliegenden Land strömen die Lkws herein, während das Licht das kalte Blau der Dämmerung verliert. In der Ecke brennen Feuer, lassen Zederngeruch von auseinander gerissenen Fischkisten aufsteigen. Ein alter Bauer fährt einen Lastwagen mit offener Ladefläche. Auch er ist seit drei Uhr morgens auf, seine alte Frau, mit der er seit vierzig Jahren verheiratet ist, hat ihn mit ihrem spitzen Ellbogen angestupst, und zu seiner Überraschung war sie nackt. Sie haben sich langsam geliebt, während das Licht ins Zimmer kroch und der nussige Geruch des Frühstücksreises sich ausbreitete. Er bewegte sich in seiner alten Frau, die ihm drei Söhne geboren hat, und dachte nicht an Liebe, sondern an gebratenen Fisch, Reis, eingelegtes Gemüse und Tee. Es fühlte sich in seiner Frau weich und schlaff an, aber auch er war alt und schlaff, und es war etwa zwei Jahre her, seit er zuletzt in ihr gewesen war, und sie waren beide dankbar, dass alles klappte und dass sie, die Frau, ihre Traurigkeit für eine Weile überwunden hatte, eine Traurigkeit, die sich an den meisten Tagen wie eine Decke über sie legte, eine seltsame Sache, doch jetzt wirkte ihr Blick warm und glücklich, sie war nackt zu ihm gekommen, so vertraut, kurz vor dem Morgengrauen, als die nächtlichen Feuer verglühten, als die Müllwagen draußen vorbeipolterten, und während er sich langsam im Halbdunkel bewegte, hörte er noch das Klappern und Klirren ihrer Stoßstangen auf der unebenen Straße.
Gestern haben sie zehn Scheffel Karotten geerntet, vielleicht ist sie deswegen so glücklich, zehn Scheffel orange glänzender Stäbe aus der dunklen Erde, jede einzelne ganz gerade und makellos, keine Knicke oder Knoten wie im letzten Jahr, und zweifellos hatte die Seetangmixtur dazu beigetragen, tagelang hatte die Frau sie gekocht und gerührt, sie frühmorgens dann in Eimern zu den Beeten getragen, sein alter Rücken hatte geknarrt, die Haut an den Knochen gescheuert, aber es hatte sich gelohnt, nun konnte er heute Morgen zehn Scheffel Karotten auf die staubige Straße bringen, seine Frau hielt ihn in ihren zittrigen Armen und lächelte, er würde unterwegs eine Packung Winstons rauchen, im Laster auf dem Weg zum Markt, er würde Radio hören und bei ein paar alten Liedern mitsingen, er würde eine kleine gegrillte Makrele auf Reis essen und sich später noch ein Bento bei einem fliegenden Händler kaufen, und eine unbeschreibliche Gelassenheit würde ihn erfüllen, weil das Leben sich schlicht einfach so darstellte, wie es sein soll. Der Koch hält, nachdem er den Thunfisch geholt hat, noch beim Gemüsemarkt und nimmt ein paar von diesen Karotten mit (sehr süß und zart, preist sie der Verkäufer an),
Schweinefleisch, Rippenstücke, 10 Pfd.
und zur gleichen Zeit schneidet in einem verdreckten Laden, in dem Tücher von der Decke herabhängen, ein Schlachter Schweinefleisch in Scheiben, direkt gegenüber von dem Restaurant, wo der junge Ito arbeitet und beim Fegen alles beobachten kann, hinten sitzen beleibte Männer, spielen Karten, essen gebratenes Schweinefleisch und reden über die Huren im Süden der Stadt, die erstaunliche Dinge tun, es riecht nach Schweinefleisch, jeder hier schätzt Schweineknochen mit ihrem festen Fleisch mehr als dürre Fischgräten, alle haben sie weiche, schwabbelige Bäuche, wie aus Schweinefett, sie diskutieren, unterbrochen von gelegentlichen Lachsalven, die feinen Unterschiede zwischen den Huren, bei denen sie letzte Nacht waren, welche war jünger, kleiner, welche hatte sternförmige Brustwarzen, aber einer der jüngeren Schweinemetzger, letzten Herbst erst hat er geheiratet (Ito sieht ihn, wie er, die Metzgerschürze umgebunden, aus dem Fenster schaut), leidet, während er das Fleisch kaut, er hört den anderen zu, kennt die Huren, von denen die Rede ist, sie haben westliche Namen - Candy, Dawn, Melinda -, er hat sie in der Bar gesehen, in die sie immer gehen, hat sich Sake aus kleinen Bechern in den Rachen geschüttet, ist dann nach Hause zu seiner puppenhaften Frau gekommen, sie stand still vor ihm, der Morgenrock verhüllte ihren köstlichen Körper, er hat sich mit aller Macht in sie hineingestoßen, und ihn ängstigt, was er kürzlich im Lagerraum getan hat, wo die abgeschabten, säuerlich riechenden Schweinerümpfe im Dunkeln liegen, wo sich matschiges Schweinefett hartnäckig an die Schuhsohlen heftet, ein Ort, an dem er einen Metzgerkollegen gepackt hat (den Kleinen mit dem dunkelroten Mund, der den Fleischwolf bedient), seinen bloßen Hintern berührt, seinen harten Penis genommen und ihn sich in den Mund gesteckt hat, die Spitze ist bis in seine Kehle gedrungen, so dass er würgen musste, es war ein unbeschreibliches Vergnügen, der tote Geruch von Schweinefett und Fleisch, der brackige Strom des Samens, und der verwirrende Schmerz, den er spürt, denn er mag seine Frau, ihr gemeinsames Heim, die Küche mit dem kleinen Reiskocher, den hübschen Metallkessel, den sie geschenkt bekommen haben, den rot bezogenen Futon, ihre winzigen Elfenbeinfüße, alles so reizend, so angenehm, wie wenn man in einem sonnigen Eckchen ein Buch liest, wie ein Knäuel Katzen, die sich in einem Sessel aneinander schmiegen, wie eine leckere Suppe an einem kalten Tag, vergänglich, zerstörbar.
Die Haut um die Augen des Schweinemetzgers sieht aus wie voller Teeflecken.
(All das entspringt Itos einfallsreichem Geist, während er fegt. Er sieht den Metzger immer noch aus dem Fenster schauen. Er kennt seinen Namen, Ken, von der kleinen Kanji-Schrift auf seiner Arbeitsjacke. Der junge Ito hat noch mehr zu fegen.)
Fisch - Thunfisch 2
Sardine 1
Gelbschwanz 1
Anemonenfisch 3
Krabben 4 Kasten
Tintenfisch 1
Flunder 3
Jung Itos Gedanken flattern zurück zu dem alten Karottenbauern, wie er sich nach einem langen Tag mit seinem Karottengeld auf den Rückweg macht, der Laster braucht Benzin, also tankt er ihn auf, er kauft ein Pfund O-Toro, fetten Thunfisch der höchsten Qualitätsstufe, blassrosa, in Papier eingewickelt, neben einen Eisblock geschoben. Keine Würmer. Ein guter Fischhändler hat gelernt, die Fischscheiben gegen das Licht zu halten, und erkennt die verräterischen dunklen Stellen in dem gesprenkelten Fleisch, dessen feine Maserung an Holz erinnert, und schneidet den Wurm mit der Spitze eines scharfen Messers heraus, und der Fleck verschwindet, aber die schlechten Händler tun das nicht, der Wurm bleibt verborgen, man isst ihn, und dann liegt er in der warmen Magenhöhle und wächst, ernährt sich von Vorverdautem, wächst weiter, schiebt sich in die feuchten Gedärme, verzehrt sie, lässt Risse und Beschwerden entstehen, bis man eines Tages einen unbeschreiblichen Schmerz spürt, sich krümmt und tot umfällt, ein leerer, ausgehöhlter Torso.
Bei O-Toro ist noch bemerkenswert, dass das O eine Höflichkeitssilbe ist, die sonst für Heilige und Herrscher verwendet wird und hier die erstklassige Qualität der glänzenden Brocken beschreibt, das samtene Fett, das an den Lippen haften bleibt.
In den USA wird derselbe Thunfisch, der Blauflossenthun, als Katzenfutter gefangen. Die Fischer vor der Küste von Maine stellen überrascht fest, dass sich ihre Angelrute biegt und sie fast zerbricht, und mit aller Kraft hieven sie einen silbernen, riesengroßen Fisch auf den nassen und glitzernden Boden des Bootes, ein kühles, würdevolles Ungeheuer mit gebogenen Flossen und winzigen Katzenzähnen in dem scheinbar gähnenden Maul. Seine Augen sind runde Brocken aus Stahl und Kohlenstoff, dazwischen durchsichtige Schichten, das archaische Glimmern eines unterirdischen Instinkts, eines flüchtigen Begreifens der Lage.
Angewidert lassen sie ihn zurückgleiten. Zu schwer und sperrig, um ihn zum Fischmarkt zu schaffen, wo müde Männer in Overalls und steifen Gummihandschuhen Zigaretten rauchen, umringt von Pappkartons mit schmutzigem Eis, von einem Meer aus gefrorenen Blöcken zwischen den dicken Bleiwänden der begehbaren Kühlschränke, wo Kisten mit Garnelen und Tintenfischen stehen, Männer, die riesige Fische am Schwanz hinter sich herziehen und unleserliche Quittungen auf ihren unordentlichen, staubigen, von Papieren überquellenden Schreibtischen kritzeln. Draußen ist die Dämmerung steif und cyanblau, Lastwagen kommen herein und fahren ab. Feuer brennen in rostigen Fässern, und die Männer stehen dort beisamen, um sich die Finger zu wärmen, die aus fingerlosen Handschuhen herausragen. Der Katzenfuttermarkt ist zusammengebrochen, sagen sie, der schwere Thunfisch würde allenfalls zwanzig Dollar einbringen, und das bei dem großen Aufwand, ihn einzuholen.
Auf der anderen Seite der Meere, in kühleren Gewässern, jenseits des Pazifiks, da ist dieser Thunfisch eine Wertanlage, eine Rente, ein Mercedes. Eine Unze Thunfisch ist so viel wert wie eine Unze Gold.Der alte Karottenbauer hat gerade "Holiday" von Madonna zu Ende gehört, mit statischen Störungen, in seinem Laster, als er bei seinem kleinen Haus ankommt. Es wird Abend. Er zieht den O-Toro heraus und dann seinen Beutel, er ist todmüde, fühlt sich steinalt, die Gesichtshaut hart wie ein steif gewordener Arbeitshandschuh. Seine alte Frau begrüßt ihn mit einem leisen Hallo, Dampf umgibt ihr Gesicht, während sie in einem Topf mit Fischbällchen und Misosuppe rührt. Sie hat einen langen, braunen Hals, wie eine Schildkröte. Er tritt hinter sie und küsst sie unerwartet auf den Nacken. Eine nie dagewesene Kühnheit. Sie verbrennt sich die Hand, er tritt verlegen von einem Fuß auf den anderen. Der O-Toro fällt zu Boden, sie fragt, was ist das, er erklärt es ihr. Sie freut sich, hat einen solchen Leckerbissen seit vielen Jahren nicht mehr gegessen. Ihre Hand ruht für einen Moment auf seiner Wange. Es wird Nacht. (Der Chef des jungen Ito löscht die Lichter im Restaurant. Sagt Ito, er soll nach Hause gehen. Zwei Jahre ist er jetzt dort, und morgen wird er lernen, Reis zu kochen, der Beginn seines Aufstiegs zum Shokunin.)
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Autoren-Porträt von Nani Power
Nani Power wuchs in Virginia auf und ging in Vermont, Washington und Paris zur Schule. Sie kann auf ein breites Spektrum an Berufserfahrungen zurückblicken, unter anderem als Angestellte bei einem Partyservice, Kindermädchen, Hilfskraft in einem Krankenhaus, Sandwichverkäuferin an den Stränden von Rio und als Sushiköchin in einem japanischen Restaurant. Mittlerweile lebt die Autorin mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in Virginia.Bibliographische Angaben
- Autor: Nani Power
- 2002, 1, 319 Seiten, Maße: 14 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Arkana
- ISBN-10: 3442309417
- ISBN-13: 9783442309412
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