Der Untergang der Gustloff
Januar 1945: Immer weiterdringt die Rote Armee von Osten kommend auf deutsches Territorium vor und treibt unzählige Flüchtlinge vor sich her. Für viele von ihnen bleibt nur noch eine Möglichkeit, dem Terror auf dem Seeweg über die Ostsee nach Westen, zu...
Als Mängel-Exemplar
nur
Januar 1945: Immer weiterdringt die Rote Armee von Osten kommend auf deutsches Territorium vor und treibt unzählige Flüchtlinge vor sich her. Für viele von ihnen bleibt nur noch eine Möglichkeit, dem Terror auf dem Seeweg über die Ostsee nach Westen, zu entkommen. Als am 30.Januar 1945 die überfüllte "Wilhelm Gustloff", einst ein Vorzeigeschiff des NS-Regimes, in Gotenhafen ablegt, wähnen sich die Flüchtlinge an Bord in Sicherheit. Aber dann gerät die "Gustloff" ins Visier eines Sowjetischen U-Boots. Von Torpedos getroffen, versinkt der Ozeanriese in den eisigen Fluten der Ostsee - Tausende von Menschen finden den Tod.
30. Januar 1945: Die Wilhelm Gustloff , das einstige Vorzeigeschiff des NS-Regimes, legt in Gotenhafen in der Danziger Bucht mit Kurs nach Westen ab. An Bord befinden sich Tausende von Menschen, die sich nach den Entbehrungen einer langen Flucht vor der Roten Armee endlich in Sicherheit wähnen. Doch die Gräuel des Zweiten Weltkrieges sind noch immer nicht überstanden: Von Torpedos eines sowjetischen U-Bootes getroffen, wird die letzte Fahrt der Gustloff jäh beendet.Brillant recherchiert und durch viele Zeitzeugenberichte lässt Bestseller-Autor Guido Knopp die dramatischen Ereignisse noch einmal gegenwärtig werden.
Der Untergang der Gustloff von Guido Knopp
LESEPROBE
Vorwort
DerUntergang der »Wilhelm Gustloff« zählt zu einereuropäischen Tragödie: dem in der öffentlichen Wahrnehmung lange Zeitverdrängten Trauma von Flucht und Vertreibung.
Aus derHeimat zu flüchten, aus dem angestammten Lebensumfeldvertrieben zu werden - für fünfzehn Millionen Deutsche war dies dastraumatische Ereignis ihres Lebens. Am Ende eines Krieges, der gezeigt hat,wozu Menschen fähig sind; eines Krieges, der von deutschem Boden ausgegangenist, den Deutsche aggressiv geführt haben - am Ende dieses Krieges sind auchdeutsche Frauen, Kinder, alte Menschen selbst zu Opfern geworden.
Freilichhatten Flucht und Vertreibung nicht erst begonnen, als am 20. August 1944 einSpähtrupp der Roten Armee östlich von Schillfelde über den Grenzfluss Scheschuppe setzte und der Zweite Weltkrieg Ostpreußenerreichte. Fünf Jahre vorher waren bereits die ersten Polen aus Posen undWestpreußen von Hitlers Helfern vertrieben worden. Drei Jahre vorher hattenbereits Himmlers Schergen von Finnland bis zum Schwarzen Meer eine Blutspur vonmillionenfachem Mord gezogen, um den Wahn vom Lebensraum im Osten zuverwirklichen. All das schlug nun zurück auf Schlesier und Sudetendeutsche,Ostpreußen und Pommern - kostete dreizehn Millionen Menschen die Heimat unddarüber hinaus wohl bis zu zwei Millionen Menschen das Leben.
Die Bilderjener Tage waren unbeschreiblich. Von Panzern überrollte Trecks auf vielenStraßen, ermordete Männer, vergewaltigte Frauen, getötete Kinder, erfroreneBabys - Augenzeugen, die das Grauen überlebten, werden diese Bilder nievergessen können. Es waren keine Täter, an denen sich die Wut der Siegeraustobte - es waren Wehrlose. Vor allem Frauen, Kinder, alte Menschen.
Vieles wäreder Zivilbevölkerung erspart geblieben, hätte man sie rechtzeitig evakuiert.Doch die Menschen durften ihre Dörfer und Städte nicht verlassen. Schließlichwar es zu spät für eine sichere Rettung. Als die Rote Armee binnen weniger Tagedie dünnen deutschen Verteidigungslinien an der Grenze zu Ostpreußen durchbrachund bei Elbing an die Ostseeküste vorstieß, saßenzweieinhalb Millionen Menschen in der Falle. So sammelten sich überall in allerEile Trecks, die zu den Häfen strebten. Zu Fuß, mit Schlitten oder Pferdewagenversuchten die angstvollen Menschen, ein rettendes Schiff zu erreichen. Dochvor den scheinbar sicheren Häfen lag das Haff, eine bis zu zwanzig Kilometerbreite, siebzig Kilometer lange Ostseebucht, die durch eine fünfzig Kilometerlange Landzunge, die Nehrung, von der offenen See getrennt ist. Schon dieÜberquerung des zugefrorenen Haffs war für viele ein Wettlauf mit dem Tod. Inder dunklen Eiswüste kamen sie vom festen Weg ab, verirrten sich und brachenein.
Wer es gleichwohlgeschafft hatte; wer in Ostpreußen und Pommern die brennende Heimat hinter sichließ; wer die Hafenstädte Swinemünde, Danzig oder Pillau lebend erreichte und das Glück besaß, auf eines derübervollen Schiffe zu gelangen, die nun täglich Richtung Westen ablegten,glaubte sich gerettet. Doch der Leidensweg der Menschen war noch nicht zu Ende.
Unter denvielen traurigen Geschichten jener Tage ragt eine besonders hervor - derUntergang der »Wilhelm Gustloff«. Wohl mehr als 9000Menschen kamen um. Über die Hälfte von ihnen waren Kinder. Es war, bedingtalleine durch die Zahl der Opfer, wohl die größte Katastrophe in der Geschichteder Seefahrt. Die »Gustloff« - das war die deutsche»Titanic«.
Am 30.Januar 1945, dem zwölften Jahrestag von Hitlers »Machtergreifung«, trafen um21:09 Uhr drei Torpedos das zum Flüchtlingstransporter umfunktioniertePassagierschiff »Wilhelm Gustloff« - abgefeuert vomsowjetischen U-Boot »S13«. Innerhalb von nur 60 Minuten versank der einstigeStolz von Hitlers »Kraft durch Freude«-Flotte in der Ostsee. Für dieÜberlebenden des Dramas waren es die schlimmsten Stunden ihres Lebens, als sieim eiskalten Wasser um ihr Leben kämpften und mit ansehen mussten, wieAngehörige und Freunde ertranken oder erfroren. Die Bilder dieser Nacht habensie bis heute - über ein halbes Jahrhundert nach der Katastrophe - nichtvergessen: Die Panik, die an Bord des sinkendes Schiffes herrschte;Verzweifelte, die sich und ihre Familien erschossen, um einem qualvollen Tod zuentgehen; andere, die rücksichtslos um einen Platz in einem der wenigenRettungsboote kämpften; aber auch Matrosen, die in diesen Stunden zu Heldenwurden und selbstlos ihr Leben für andere riskierten.
Warum abersank das riesige Schiff binnen kürzester Zeit? Der erste Treffer landete imVorschiff, im Wohntrakt der Stammbesatzung, und richtete dort ein Inferno an.Sofort schlossen sich die Schotten. Für die eingesperrten Soldaten war dies dasTodesurteil. Der zweite Torpedo explodierte knapp unterhalb des trockengelegtenSchwimmbades - die Wassermassen schossen in die höhergelegenenDecks. Für die dort zusammengepferchten Menschen gab es kein Entrinnen. Derdritte Treffer lag mittschiffs, explodierte im Maschinenraum und riss dieBordwand bis zum Deck auf. Schon nach wenigen Minuten neigte sich das Schiffnach vorn und bekam Schlagseite nach links. Bevor die »Gustloff«sank, erstrahlte sie noch einmal in vollem Lichterglanz. Dann erstickte dieOstsee das Geheul der Schiffsirenen und die Todesschreie der Menschen.
Bis heutesind viele Begleitumstände der Katastrophe ungeklärt. Warum wählten dieKapitäne der »Gustloff« eine Fahrroute, die densowjetischen U-Booten bekannt war? Warum fuhr das Schiff ohne Begleitschutz?Was hat es mit dem rätselhaften Funkspruch auf sich, der dazu führte, dassPositionslichter gesetzt wurden, die meilenweit zu sehen waren? War es wirklichSabotage, wie immer wieder behauptet wird?
In Wahrheitwar der Untergang der »Gustloff« eine Verkettung vonunglücklichen Umständen. Eine neben Tausenden von Flüchtlingen an Bordgebrachte U-Boot- Lehrdivision sollte schnellstens nach Westen transportiertwerden, um dort die Ausbildung für den »Endkampf« fortzusetzen - deshalbwarteten die Verantwortlichen der »Gustloff« nichtauf den notwendigen Begleitschutz. Dass in dieser Situation ein Funksprucheintraf, der einen entgegenkommenden deutschen Minenräumverband ankündigte,bestärkte sie in ihrer Entscheidung - tatsächlich wurde ein derartiger Verbandniemals gesichtet. Auf offener See kam die durch einen früheren Torpedotrefferbeschädigte »Gustloff« dann nur langsam voran - undwurde so zu einem leichten Ziel für ihre Verfolger. Als der erste Torpedoschließ- lich die Stammbesatzung des einstigen KdF-Dampfers außer Gefecht setzte, gab es niemanden mehr,der die Rettungsboote noch hätte klarmachen und bedienen können.
Nach mehrals sechzig Jahren äußern sich heute auch ehemalige Besatzungsmitglieder desrussischen U-Bootes »S 13« zu den Ereignissen in jener Nacht. Die Besatzungstand damals unter großem Erfolgsdruck, für Kommandant Alexander Marinesko war es ein Einsatz auf Bewährung. Die Sowjetswussten, dass in der Danziger Bucht Ende Januar 1945 mit verstärktemSchiffsverkehr zu rechnen war, wie ein jüngst entdecktes Dokument im ZentralenMilitär-Marine-Archiv in Gatschina bei Petersburgbeweist: »Das schnelle Vorrücken von Teilen der Roten Armee, insbesondere ineine der operativen Richtungen auf Danzig, wird den Feind zwingen, in dennächsten Tagen die Evakuierung aus dem Raum Königsberg zu beginnen. ImZusammenhang damit ist eine heftige Verstärkung der Bewegungen des Gegners imGebiet der Danziger Bucht zu erwarten«, heißt es darin. Als MarineskoSchraubengeräusche eines großen feindlichen Schiffes gemeldet wurden, ging erzum Angriff über.
Marineskogalt im Westen lange Zeit als skrupelloser Kriegsverbrecher, der wissentlichunschuldige Flüchtlinge ermordet hatte. Der Kommandant des deutschenTorpedobootes »T-36«, Robert Hering, entlastet hingegen seinen sowjetischenKollegen: »C est la guerre«:Die »Gustloff« transportierte Soldaten und hatteGeschütze an Bord. Nach dem Kriegsrecht war der Abschuss demnach nicht zubemängeln.
DerUntergang der »Wilhelm Gustloff« war nicht dieeinzige Schiffskatastrophe in den letzten Kriegswochen. »S13« torpedierte am10. Februar 1945 auch die »Steuben « und versenktedas Schiff mit etwa 4000 Flüchtlingen an Bord. Am 16. April 1945 sank derFrachter »Goya« und riss schätzungsweise 7000 Flüchtlinge aus West- undOstpreußen sowie Soldaten in den Tod. Jüngste Schätzungen gehen von insgesamt rund40000 Menschen aus, die bei der Flucht über die Ostsee den Tod fanden.
DasSchicksal der »Gustloff« noch einmal authentisch vorAugen zu führen - das war höchste Zeit. Denn noch leben manche Zeitzeugen. Nochhaben wir die Chance, ihnen zuzuhören, wenn sie sich erinnern. Als dasvormalige Traumschiff des Dritten Reiches, am Jahrestag von HitlersMachtergreifung in den eisigen Fluten der Ostsee versank, war dies zum einender dramatische Prolog für das Ableben der deutschen Diktatur - doch ebenso diegrausige Parabel für das Leid der deutschen Zivilbevölkerung im Osten: Hitlersletzte Opfer.
© HeyneVerlag
- Autor: Guido Knopp
- 2008, Aktualis. Ausg., 160 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Maße: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Mitarbeit: Dreykluft, Friederike; Greulich, Anja; Redaktion: Sporn, Mario
- Herausgegeben: Mario Sporn
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453620291
- ISBN-13: 9783453620292
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