Der Wächter
"Absolut Furcht erregend: eine rasante Mischung aus Mord, Geheimnis und Intelligenz."
The New York Daily News
"Amerikas Spannungsautor Nummer Eins eroberte mit seinem neuesten Roman sofort die Spitze der Bestsellerlisten. Die Jagd auf einen sadistischen Verbrecher führt in die Abgründe des Bösen - und "zu einem großartigen Showdown. Ein Lesegenuss."
People Magazine
"Dean Koontz ist ein Meister unserer dunkelsten Träume." The Times
Der Wächter von Dean Koontz
LESEPROBE
1
Nachdem der Apfel halbiert wordenwar, hatte man die
Hälften mit grobem schwarzem Fadenwieder zusammengenäht.
Die zehn scharf hervortretendenStiche waren
gleichmäßig verteilt; jeder Knotenwar mit chirurgischer Präzision
gebunden.
Die Obstsorte - Red Delicious - hatte womöglich eine bestimmte
Bedeutung. Da alle Botschaften inForm von Gegenständen
und Bildern gekommen waren, nie inWorten, konnte
jede Einzelheit die Aussage desAbsenders nuancieren wie
Adjektive und Interpunktion einenText.
Wahrscheinlich hatte man diesenApfel jedoch ausgewählt,
weil er unreif war. WeicheresFruchtfleisch hätte der Nadel wohl
selbst dann nicht standgehalten,wenn jeder Stich behutsam
gesetzt worden wäre.
Der Apfel lag auf dem Schreibtischvon Ethan Trumans Arbeitszimmer
und harrte einer genauerenUntersuchung. Daneben
stand die schwarze Schachtel, in derer verpackt gewesen
war und die nun nur noch zerfetztesschwarzes Seidenpapier
enthielt. Die Anhaltspunkte, die siezu bieten hatte, waren
bereits zum Vorschein gekommen:keine.
Ethans Erdgeschosswohnung lag imWestflügel der Villa und
bestand aus dem Arbeitszimmer, einemSchlafzimmer, einem
Bad und einer Küche. Durch die biszum Boden reichenden
Fenster bot sich ein klarer Blickauf eine unwirkliche Umgebung.
Der frühere Bewohner hatte dasArbeitszimmer wohl als
Wohnzimmer bezeichnet undentsprechend möbliert. Ethan
hatte zu wenig Bedarf anWohnlichkeit, um ihr ein ganzes Zimmer
zu widmen.
Mit einer Digitalkamera hatte er vordem Öffnen eine Aufnahme
von der schwarzen Schachtel gemacht.Auch den Red
Delicious hatte er fotografiert, aus dreiunterschiedlichen Blickwinkeln.
Offenbar hatte man den Apfelaufgeschnitten, um in der
Mitte irgendein Objektunterzubringen. Irgendetwas in Ethan
sträubte sich jedoch dagegen, dieFäden einfach aufzuschneiden,
um einen Blick auf den möglichenInhalt zu werfen.
Sein jahrelanger Dienst in derMordkommission hatte ihn in
mancher Hinsicht abgehärtet. DerAnblick extremer Gewalttätigkeit,
dem er dabei allzu oft ausgesetztgewesen war, hatte
ihn allerdings auch empfindlichgemacht.
Er war erst siebenunddreißig, dochseine Laufbahn bei der
Polizei war schon beendet. Trotzdemwaren seine Instinkte
scharf geblieben, und er neigteweiterhin zu düsteren Erwartungen.
Eine Windbö rüttelte an denFenstern; leise klopften Regentropfen
an die Scheiben.
Ethan nahm das träge Unwetter zumVorwand, den Apfel
vorerst liegen zu lassen und langsamzum nächsten Fenster zu
treten.
Rahmen, Pfosten, Sprossen - bis aufdie Scheiben war alles an
den Fenstern der weiträumigen Villaaus Bronze gefertigt. Die
Wind und Wetter ausgesetztenOberflächen hatten sich mit
einer hübschen, grünfleckigen Patinaüberzogen. Im Innern
behielt die Bronze dank sorgfältigerPflege ihre dunkle, rotbraune
Farbe.
Jede einzelne Fensterscheibe war mitgeschliffenen Kanten
ausgestattet. Selbst in den Räumen,die schon immer zum
Reich der Dienstboten gezählt hattenwie die Spül- und die
Waschküche, hatte der Architektfacettierte Fenster vorgesehen.
Obwohl diese einstige Residenz einesFilmmagnaten in den
letzten Jahren derWeltwirtschaftskrise entstanden war, gab es
von der Eingangshalle bis zumhintersten Winkel des letzten
Flurs nicht den mindesten Hinweis,dass diesem Umstand
irgendwelche Einschränkungen desBaubudgets geschuldet
worden waren.
Selbst wenn Stahlträger durchhingen,Motten an der Auslage
von Modegeschäften nagten undNeuwagen im Ausstellungsraum
rosteten, weil die Kundenausblieben, florierte die
Filmindustrie. In schlechten wie inguten Zeiten war offenbar
zweierlei absolut unentbehrlich:Nahrung und Illusionen.
Der Blick durch die hohen Fensterdes Arbeitszimmers sah
aus wie die gemalte Kulisse einesKinofilms, wie eine jener
kunstvollen zweidimensionalenSzenen, die durch das täuschende
Auge der Kamera überzeugend dieLandschaft eines
fernen Planeten darstellen konntenoder einen so vollkommenen
Ort auf dieser Erde, wie ihn dieWirklichkeit nie zugelassen
hätte.
Grüner als die Wiesen des GartensEden erstreckte sich vor
dem Haus eine weite Rasenfläche, inder kein Unkraut und kein
dürres Hälmchen störte. Diemajestätischen Wipfel gewaltiger
Steineichen und die melancholischherabhängenden Äste von
Himalajazedern, alle makellosgewachsen, schimmerten silbern
im leichten Dezemberregen.
Durch Wasserfäden, fein wieEngelshaar, sah Ethan in der
Ferne die letzte Biegung derEinfahrt. Vom Regen spiegelblank
poliert, führten die graugrünenPflastersteine aus Quarzit zu
dem reich verzierten Bronzetor inder Mauer des Anwesens.
In der vergangenen Nacht hatte derunerwünschte Besucher
sich dem Tor zu Fuß genähert. Da erwahrscheinlich vermutet
hatte, dass die Barriere mitSensoren ausgerüstet war, die beim
Erklimmen Alarm gegeben hätten,hatte er das Päckchen über
die geschwungene Oberkante des Torshinweg auf die Einfahrt
geschleudert.
Die Schachtel mit dem Apfel war mitLuftpolsterfolie umwickelt
und in eine weiße Plastiktütegesteckt worden, um sie
vor schlechtem Wetter zu schützen.An die Tüte hatte man eine
rote Geschenkschleife geheftet, umzu verhindern, dass der
Inhalt für Abfall gehalten wurde.
David Ladman,einer der beiden Wachleute der Nachtschicht,
hatte die Sendung um 3.56 Uhrentdeckt. Vorsichtig hatte er die
Tüte aufgehoben und sie in seinDienstzimmer im Gärtnerhaus
hinter der Villa getragen.
Anschließend hatten Dave und seinKollege Tom Mack das
Päckchen mit einem Fluoroskop durchleuchtet, um festzustellen,
ob Drähte oder andere metallischeBestandteile auf einen
Sprengkörper oder eine mittels Federauszulösende Höllenmaschine
hinwiesen.
© Verlagsgruppe Random House
Übersetzung: Bernhard Kleinschmidt
Autoren-Porträtvon Dean Koontz
Dean Koontz wurde 1945 in Everett, Pennsylvania, geboren.Nach dem Besuch des Colleges wurde er zunächst Lehrer. Koontz unterrichteteKinder aus sozial schwachen Verhältnissen. Bereits während dieser Zeitversuchte sich Koontz als Autor, aber immer nur in der Freizeit und an denWochenenden. Irgendwann machte ihm seine Frau Gerda, die er 1966 geheiratethatte, das Angebot, ihn fünf Jahre lang finanziell zu unterstützen. In dieserZeit sollte er seine schriftstellerische Karriere so weit vorantreiben, dassbeide davon leben können. Es gelang.
Heute ist Dean Koontz einer der meistgelesenen Autorenweltweit, übersetzt in 38 Sprachen. Neben zahllosen Spitzenplatzierungen aufder Bestsellerliste der New York Times landeteKoontz auch in anderen Ländern Nummer-eins-Hits, zum Beispiel in Japan oderSchweden. Pro Jahr werden ca. 17 Millionen Exemplare von Koontz Büchernverkauft, die Gesamtauflage liegt bei über 200 Millionen Exemplaren. Die New York Times pries seine Bücher alspsychologisch komplex und meisterlich geschrieben. Auch in Deutschland hat DeanKoontz eine große Fangemeinde. Koontz bietet atemlose Spannung zwischen Horror,Fantasy und Thriller und spielt mit den Ängsten der Leser. Er gilt als ein Master of Suspense.
Dem Erfolg ging harte Arbeit voraus. Koontz hatte Ärger mitVerlagen, die ihm zustehende Honorare nicht zahlen wollten. Er musste unterPseudonymen schreiben. Auch mit den Verfilmungen seiner späteren Erfolge warKoontz nie so richtig zufrieden. Oft wichen sie ihm einfach zu stark von derliterarischen Vorlage ab.
Seinen ersten großen Erfolg, Flüstern in der Nacht",landete er 1981, 16 Jahre nach seiner ersten Erzählung. Zum Glück für seineFans: Der heute in Orange County, Kalifornien, lebende Koontz ist eindisziplinierter Autor. Er soll 70 bis 80 Stunden in der Woche mit dem Schreibenverbringen. Für atemlose Spannung dürfte also auch weiterhin gesorgt sein.
- Autor: Dean R. Koontz
- 2005, 735 Seiten, Maße: 14,3 x 22,1 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Kleinschmidt, Bernhard
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453012070
- ISBN-13: 9783453012073
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