Die ewige Zweite
Warum die Macht den Frauen immer eine Nasenlänge voraus ist
Kosmetik ist alles, was 30 Jahre Frauenbewegung bewirkt haben: Im selben Moment, da Frauen in einem bestimmten Bereich Führungspositionen übernehmen, entweicht die Macht. Das gilt für die Bildung, es gilt für die Politik.
Ein provozierendes Buch über Frauen und Macht.
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Produktinformationen zu „Die ewige Zweite “
Kosmetik ist alles, was 30 Jahre Frauenbewegung bewirkt haben: Im selben Moment, da Frauen in einem bestimmten Bereich Führungspositionen übernehmen, entweicht die Macht. Das gilt für die Bildung, es gilt für die Politik.
Ein provozierendes Buch über Frauen und Macht.
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Stammtisch und KaffeekränzchenWie funktionieren "männliche" und "weibliche" Formen der Selbstorganisation? Was unterscheidet Stammtische von Kaffeekränzchen, wenn man sie als Idealtypen betrachtet, wie funktionieren Männerrunden im Gegensatz zu Frauenrunden, wenn man sie als Bausteine geschlechtsspezifischer Kontakt- und Kommunikationsnetzwerke begreift?
Das zentrale Unterscheidungsmerkmal dürfte die Orientierung nach innen sein, die für Frauengruppen typisch ist. Zwar sind auch männliche Stammtische geschlossene Gesellschaften, zu denen nicht jeder Zugang hat, doch findet sich hier eine spezifische Art der Außenorientierung, die für Frauengruppen eher untypisch ist. Die Rede von Frauen- und Männergruppen ist sicherlich stark vereinfachend, und es lassen sich sowohl in der Gegenwart als auch im historischen Rückblick Beispiele finden, die diese Deutung widerlegen. Man denke in diesem Zusammenhang nur an die Salons großbürgerlicher oder adeliger Damen, die wichtige Orte des kulturellen und sozialen Austauschs und der Politik waren. Auch läßt sich ein als typisch weiblich stilisierbares Strukturmuster der Frauengruppe in sogenannten Männergruppen nachweisen, deren wesentliches Thema die Reflexion der eigenen Beschaffenheit als Mann ist. Männer treffen sich dort, um sich ihrer Identität als Mann zu vergewissern, sie kritisch zu hinterfragen und letztlich an einer politisch korrekten Perfektionierung ihrer Rolle als Vater, Ehemann und Mensch zu arbeiten. Oft geschieht das unter der Perspektive, die eigenen weiblichen Anteile zu entdecken und zu kultivieren.
Doch läßt sich durch die Überzeichnung der Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Sozialformen deutlich machen, wie informelle männliche Machtkartelle entstehen können. Wer je auf dem Dorf gelebt hat und dort am Stammtisch gesessen hat, wer das ambivalente Vergnügen hatte, an den Treffen einer der traditionellen Studentenverbindungen oder sonst einer exklusiven männlichen Runde teilzunehmen, kennt
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den Unterschied zwischen Innen- und Außenorientierung. In grober Stilisierung könnte man sagen: Männer tun sich zusammen, um ihre Ressourcen und Kontakte zum eigenen Vorteil zu nutzen, Frauen treffen sich, um sich gegenseitig der Gemeinsamkeit ihrer Situation zu versichern oder sich für verallgemeinerbare Anliegen zu engagieren. Diese Orientierung kann man selbst bei solchen Gruppierungen finden, die explizit politische Anliegen vertreten. "Mütter gegen Atomkraft" nannte sich eine prominente Gruppierung, die nach dem Unfall im Atomkraftwerk in Tschernobyl in der Öffentlichkeit auftrat. Die Art, in der hier ein politisches Anliegen präsentiert wurde, erscheint plausibel: Mütter engagieren sich - im Namen der Gesundheit ihrer Kinder - gegen eine bestimmte Technologie. Kann man sich vorstellen, daß unter einem ähnlichen geschlechtsdifferenzierenden Etikett eine Bewegung entsteht, etwa "Männer gegen Tierversuche" oder "Väter für das Tempolimit auf Autobahnen"?
Wer auf dem Dorf den kurzen Weg zu einer Baugenehmigung oder sonst einem Verwaltungsakt der Gemeindebehörden sucht, der ist gut beraten, wenn er seine Stammtischbrüder konsultiert. Entweder sitzt der entsprechende Bedienstete mit am Tisch, oder einer der Anwesenden kennt den richtigen Mann und kann den informellen Kontakt herstellen. Männer verstehen es, die Stärke schwacher Verbindungen zu nutzen. Männerbünde, seien es Professorenrunden, Golf- oder Tennisclubs, Studentenverbindungen, Lions- oder Rotary-Clubs, sind immer Variationen der prototypischen Form des Stammtischs. Man trifft sich in exklusiven Runden, um Informationen auszutauschen, die eigenen Kontakte zur Verfügung zu stellen und die der anderen zum eigenen Vorteil zu nutzen. Dies geschieht unter Ausschluß der allgemeinen Öffentlichkeit, und so lassen sich Strategien entwickeln, die nur deshalb funktionieren, weil sie nicht jedermann bekannt sind.
Schon Immanuel Kant hatte das Kriterium der Öffentlichkeit zum Prüfstein legitimer Politik gemacht: Nur etwas, dem alle zustimmen können, habe die Qualität, um es zum allgemeinen Gesetz zu erheben. Männerrunden unterlaufen genau dieses Prinzip. Sie einigen sich auf Strategien, die nur für die Anwesenden von Vorteil sind und die meist nicht am allgemeinen Interesse orientiert sind. Die Logik von Frauengruppen ist hier vollkommen anders. Etwas verkürzt könnte man sagen: Frauen haben eine "beste Freundin", der sie sich anvertrauen, aber das sprichwörtliche Kaffeekränzchen als soziale Form ist für Frauen nicht der Boden, auf dem dauerhafte und vor allen Dingen nützliche Kontaktnetzwerke wachsen.
Soziale Zusammenschlüsse von Frauen sind, wenn man so will, in erster Linie identitäts- und erst in zweiter Linie strategieorientiert. Ihr Anliegen ist es, die individuell erfahrene Lebenssituation als gemeinsame zu konstruieren. Frauengruppen haben für ihre Mitglieder die Funktion der Bestätigung und Reflexion. Sie entwickeln sich eher wie Selbsterfahrungsgruppen und nicht wie strategische Seilschaften. Wenn sie eine Außenwirkung entfalten, dann häufig im Sinne eines symbolischen Appells: Seht her, das ist unser Problem als Frauen, Mütter, Ehegattin, Alleinerziehende, doppelt Belastete, Lesbe oder Berufstätige! Unser Anliegen ist verallgemeinerungsfähig, jeder sollte uns zustimmen! Hier herrscht die Hoffnung auf die Kraft der Einsicht, eine schwache Kraft, verglichen mit den Strategien der Männer. Mit Botschaften dieser Art treten Frauengruppen an die Öffentlichkeit in der Hoffnung, dort zunächst Gehör und Anerkennung und dann Unterstützung für ihr Anliegen zu finden. Ihr einziges Druckmittel ist der zwanglose Zwang des guten Arguments oder die moralische Nötigung.
Während Frauen die Vorderbühne besetzen, haben Männer an ihren Stammtischen in der Kulisse schon längst die Fäden gezogen. Es entbehrt dabei nicht einer gewissen Ironie, wenn Frauen versuchen, männliche Strukturmuster zu kopieren und öffentlich dazu aufrufen, dem männlichen Modell der "old boys' networks" nachzueifern. Dieses Modell funktioniert nämlich nur, weil es unter Ausschluß der Öffentlichkeit operiert. Ebenso könnte man versuchen, durch öffentliche Aufrufe mafiose Strukturen wie die Omertà, die Verpflichtung zur Verschwiegenheit gegenüber Außenstehenden, durch Anzeigen und Aufrufe in der Zeitung zu etablieren.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Verlag Droemer Knaur
Wer auf dem Dorf den kurzen Weg zu einer Baugenehmigung oder sonst einem Verwaltungsakt der Gemeindebehörden sucht, der ist gut beraten, wenn er seine Stammtischbrüder konsultiert. Entweder sitzt der entsprechende Bedienstete mit am Tisch, oder einer der Anwesenden kennt den richtigen Mann und kann den informellen Kontakt herstellen. Männer verstehen es, die Stärke schwacher Verbindungen zu nutzen. Männerbünde, seien es Professorenrunden, Golf- oder Tennisclubs, Studentenverbindungen, Lions- oder Rotary-Clubs, sind immer Variationen der prototypischen Form des Stammtischs. Man trifft sich in exklusiven Runden, um Informationen auszutauschen, die eigenen Kontakte zur Verfügung zu stellen und die der anderen zum eigenen Vorteil zu nutzen. Dies geschieht unter Ausschluß der allgemeinen Öffentlichkeit, und so lassen sich Strategien entwickeln, die nur deshalb funktionieren, weil sie nicht jedermann bekannt sind.
Schon Immanuel Kant hatte das Kriterium der Öffentlichkeit zum Prüfstein legitimer Politik gemacht: Nur etwas, dem alle zustimmen können, habe die Qualität, um es zum allgemeinen Gesetz zu erheben. Männerrunden unterlaufen genau dieses Prinzip. Sie einigen sich auf Strategien, die nur für die Anwesenden von Vorteil sind und die meist nicht am allgemeinen Interesse orientiert sind. Die Logik von Frauengruppen ist hier vollkommen anders. Etwas verkürzt könnte man sagen: Frauen haben eine "beste Freundin", der sie sich anvertrauen, aber das sprichwörtliche Kaffeekränzchen als soziale Form ist für Frauen nicht der Boden, auf dem dauerhafte und vor allen Dingen nützliche Kontaktnetzwerke wachsen.
Soziale Zusammenschlüsse von Frauen sind, wenn man so will, in erster Linie identitäts- und erst in zweiter Linie strategieorientiert. Ihr Anliegen ist es, die individuell erfahrene Lebenssituation als gemeinsame zu konstruieren. Frauengruppen haben für ihre Mitglieder die Funktion der Bestätigung und Reflexion. Sie entwickeln sich eher wie Selbsterfahrungsgruppen und nicht wie strategische Seilschaften. Wenn sie eine Außenwirkung entfalten, dann häufig im Sinne eines symbolischen Appells: Seht her, das ist unser Problem als Frauen, Mütter, Ehegattin, Alleinerziehende, doppelt Belastete, Lesbe oder Berufstätige! Unser Anliegen ist verallgemeinerungsfähig, jeder sollte uns zustimmen! Hier herrscht die Hoffnung auf die Kraft der Einsicht, eine schwache Kraft, verglichen mit den Strategien der Männer. Mit Botschaften dieser Art treten Frauengruppen an die Öffentlichkeit in der Hoffnung, dort zunächst Gehör und Anerkennung und dann Unterstützung für ihr Anliegen zu finden. Ihr einziges Druckmittel ist der zwanglose Zwang des guten Arguments oder die moralische Nötigung.
Während Frauen die Vorderbühne besetzen, haben Männer an ihren Stammtischen in der Kulisse schon längst die Fäden gezogen. Es entbehrt dabei nicht einer gewissen Ironie, wenn Frauen versuchen, männliche Strukturmuster zu kopieren und öffentlich dazu aufrufen, dem männlichen Modell der "old boys' networks" nachzueifern. Dieses Modell funktioniert nämlich nur, weil es unter Ausschluß der Öffentlichkeit operiert. Ebenso könnte man versuchen, durch öffentliche Aufrufe mafiose Strukturen wie die Omertà, die Verpflichtung zur Verschwiegenheit gegenüber Außenstehenden, durch Anzeigen und Aufrufe in der Zeitung zu etablieren.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Verlag Droemer Knaur
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Autoren-Porträt von Reinhard Kreissl
Reinhard Kreissl, 1952 in München geboren, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Wiener Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie. Der habilitierte Soziologe lehrte und forschte an verschiedenen Universitäten in Deutschland, USA und Australien.
Bibliographische Angaben
- Autor: Reinhard Kreissl
- 2000, 1, 224 Seiten, Maße: 12,5 x 19,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: DROEMER KNAUR
- ISBN-10: 3426272059
- ISBN-13: 9783426272053
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