Die Geister schweigen
Violeta macht in Barcelona im prächtigen Stadtpalast ihres Großvaters, des berühmten Malers Amadeo Lax, eine unheimliche Entdeckung. Sie führt nicht nur zu den verborgenen Leidenschaften und tragischen Verwicklungen ihrer Familie,...
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Produktinformationen zu „Die Geister schweigen “
Violeta macht in Barcelona im prächtigen Stadtpalast ihres Großvaters, des berühmten Malers Amadeo Lax, eine unheimliche Entdeckung. Sie führt nicht nur zu den verborgenen Leidenschaften und tragischen Verwicklungen ihrer Familie, sondern auch zu einem unaussprechlichen Geheimnis.
Klappentext zu „Die Geister schweigen “
"Es gibt nur eine Möglichkeit, eine Frau festzuhalten: indem man sie malt." Im prächtigen Stadtpalast ihres Großvaters, des berühmten Malers Amadeo Lax, macht die junge Kunsthistorikerin Violeta eine unheimliche Entdeckung. Bei den Restaurierungsarbeiten stößt man auf einen zugemauerten Raum, der etwas Furchtbares offenbart. Was ist geschehen mit den Frauen ihrer Familie? Was flüstern die Wände des Familiensitzes? Sie sind Zeugen all der großen Ambitionen, verborgenen Leidenschaften, tragischen Verwicklungen und eines unaussprechlichen Geheimnisses.
Ein mitreißender Roman über vier Generationen von Frauen: Care Santos schiebt die Vorhänge der Zeit beiseite und nimmt uns mit auf die Reise durch das aufregendste Jahrhundert Barcelonas, der stolzen Stadt zwischen Meer und Moderne. Der Bestseller von einer der meistgelesenen Autorinnen Spaniens, der mit diesem Roman der internationale Durchbruch gelang.
Lese-Probe zu „Die Geister schweigen “
Die Geister schweigen von Care Santos1
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»Eines Tages erzähle ich alles, woran ich mich erinnern kann, und dann werden sich die Toten in ihren Gräbern umdrehen«, flüsterte Concha einmal ihrer geliebten Aurora zu.
Das Leben bot ihr nicht allzu viele Gelegenheiten, ausführlich zu Wort zu kommen. Aber vielleicht war dies nicht der einzige Grund, warum Concha manche Erinnerung für sich behielt.
Sie erzählte beispielsweise nie, dass Doña Maria del Roser Golorons, Witwe des Don Rodolfo Lax, am 24. Dezember 1932 nach dem Neun-Uhr-Gottesdienst in der Iglesia del Belén fast den gesamten Tag mit einem Besuch im berühmten Warenhaus El Siglo zubrachte. Die Señora hielt sich sehr lange in der Abteilung für Kinderwäsche im zweiten Stockwerk auf, wo sie die komplette Ausstattung für ihren ersten Enkel erstand, der im nächsten Frühling auf die Welt kommen sollte: Windeln aus Mull, umhäkelte Wickeltücher, Hemdchen aus Batist und aus Kattun und noch ein halbes Dutzend Unterröcke mit englischen Stickereien und Rüschen (für den Fall, dass der Enkel eine Enkelin würde). In der Spielwarenabteilung wählte sie ein hüpfendes Hündchen aus, das große Bewunderung hervorrief, ein Steckenpferd aus Holz sowie eine kleine Kutsche aus Blech mitsamt Pferdegespann. Dann suchte sie die Korbwarenabteilung auf, um ein Lauflern-Wägelchen zu erwerben, ein Wiegen-Nestchen mit Wollquasten sowie eine Wiege aus Weidengeflecht mit Himmel, die aber so teuer war wie eine aus Edelholz. Die Freude der Señora darüber, das erste Kind ihres Erstgeborenen, Amadeo, und seiner von ihr so geliebten Frau Teresa auszustatten, spiegelte sich in dem Ausmaß ihrer Anschaffungen wieder.
»Heutzutage sind Kinder anspruchsvoller als früher, sie benötigen mehr Sachen«, rechtfertigte sie sich.
Bevor sie weiterging, blieb sie vor einem zweistöckigen Puppenhaus stehen, das zehn Peseten kostete. Concha befürchtete einen Moment, dieser Anblick könnte bei ihrer Señora schlimmste Erinnerungen an ihre so früh verstorbene Violeta wecken, aber dann vernahm sie überrascht: »Das ist mein Weihnachtsgeschenk für deine Tochter. Meinst du, es gefällt ihr?«
Eine junge Frau in der eleganten schwarzen Uniform des Warenhauses lächelte den beiden Frauen von der anderen Seite einer hölzernen Ladentheke aus zu.
Concha führte ihre Lippen zum Ohr von Doña Maria del Roser und flüsterte: »Señora, ich habe keine Tochter. Vielleicht meinen Sie ja Laia, die Tochter von Vicenta, der Köchin.«
»Ja, genau, das hübsche Mädchen mit dem lebhaften Blick!« Die Señora wirkte begeistert, doch dann verdüsterte sich ihre Miene wieder. »Nein, das ist keine gute Idee. Ich glaube nicht, dass sich das Mädchen noch für Puppenhäuser interessiert.«
»Laia ist zwölf Jahre alt«, erwiderte Concha, »und sie hat niemals eines gehabt. Ich glaube, es würde ihr sehr gefallen.«
»Nein, nein, nein.« Die Señora verwarf die Idee, als wäre sie ihr sehr lästig, und ging weiter; das Puppenhaus war längst vergessen.
In der Abteilung mit Kochgeschirr bestand sie darauf, dass ihre treue Begleiterin die Auswahl treffen solle. Denn das war gewissermaßen Conchas Rolle, der Grund für deren Anwesenheit. In den Augen von Doña Maria del Roser war Concha eine Art allwissende Beraterin, die Hellseherin bevorstehender Bedürfnisse und selbst Katastrophen, die sich mit entsprechenden Einkäufen abmildern ließen. In Wahrheit war es jedoch Teresa, die neue Hausherrin, die die Hausangestellte drängte, ihre Schwiegermutter nicht eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
Also war Concha nicht nur deren Gesellschafterin und Hilfe - denn Doña Maria del Rosers Gesundheit war schon äußerst angeschlagen -, sondern sie sorgte auch dafür, dass der fortgeschrittene geistige Verfall der Matriarchin keine weiteren Unannehmlichkeiten für die Familie mit sich brachte.
Vor einem eifrigen Verkäufer, der die Kochtöpfe und Kasserollen mit einem Stolz präsentierte, als ginge es um wertvollste Seiden- und Organzastoffe, kniff Doña Maria del Roser die Augen zusammen, winkte Concha herbei und sagte: »Wähl du aus, das hier ist dein Bereich.«
Man hat nie erfahren, ob ihre mangelhaften Hauswirtschaftskenntnisse nur vorgetäuscht waren, wenn auch Concha stets vermutete, dass die Señora mehr davon verstand, als sie zeit ihres Lebens zugab. Höchstwahrscheinlich beruhte ihre diesbezügliche Verwirrung eher auf mangelndem Interesse als auf Unfähigkeit. Die Krankheit konnte diese Zweifel auch nicht ausräumen.
An diesem Tag blickte Doña Maria del Roser prüfend auf eine Pfanne, deren Boden ihr ein Zerrbild ihrer Person wiedergab, und meinte: »Wir brauchen davon mindestens ein Dutzend, das stimmt doch, Conchita?«
Ohne genau zu wissen, wie, gelang es Concha, dass sie nur zwei davon kauften. Der Señora hatten es zudem zwei weitere Pfannen sowie vier Kasserollen in unterschiedlichen Größen angetan, alle aus Eisen mit blauem Email und von allerbester Qualität. Tatsächlich benötigten sie keines dieser Utensilien, in den Küchen gab es mehr als genug davon. Aber die Señora verstand nicht, wie man El Siglo verlassen konnte, ohne wenigstens zehn Peseten in der Abteilung für Kochgeschirr im Erdgeschoss ausgegeben zu haben.
»Kochtöpfe sind mir lieber als Brillanten«, pflegte sie verschmitzt zu sagen, als sie noch Herrin ihrer geistigen Fähigkeiten war.
Doch an dem Tag setzte sie sich in den Kopf, dass sie für das Haus unbedingt einen kompletten Satz Kristallgläser benötigten, der mehr als hundert Peseten kostete, und fügte diesen Posten ohne mit der Wimper zu zucken zu den bisherigen Einkäufen hinzu. Dann ging sie in die Abteilung mit Damenmode für die letzte Anprobe einer Abendrobe, die sie in Auftrag gegeben hatte; auf diese Rechnung setzte sie noch ein halbes Dutzend Batistunterröcke und zwei bestickte Mieder. Maria del Roser Golorons war zu eigenständig, um sich von irgendetwas zur Sklavin machen zu lassen, und schon gar nicht von der Mode. Ihr Leben lang hatte sie für ihre Kleidung Kriterien wie Sauberkeit, Bequemlichkeit und angemessene Farben angelegt, aber kurz vor dem letzten Akt ihres Leben bestand sie darauf, wieder zu Röcken mit Tournüre und Schleppe zurückzukehren, die über die Fliesen fegten.
»Bei einer eleganten Dame darf man nur die Spitzen ihrer Schuhe sehen«, stellte sie in entschiedenem Tonfall vor dem verzweifelten Blick der Schneiderin fest, die soeben Skizzen des Dernier Cri aus Paris gezeigt hatte: Mäntel mit einem einzigen Ärmel, die die Kundin als ebenso befremdlich empfand wie die Bezeichnung, die die Warenhausangestellte dafür verwendete: »asymmetrisch«.
»Diesen Franzosen fällt auch nichts mehr ein, womit sie uns beschwindeln können«, sagte sie nur und wandte sich anderen Dingen zu.
Concha folgte ihr auf dem Fuß durch das bis oben angefüllte Warenhaus. Sie war glücklich wie ein kleines Mädchen. Seit dem Jahr, in dem Violeta blutjung gestorben war, hatte Concha die Señora nicht so begeistert bei den Weihnachtsvorbereitungen erlebt. Sicherlich trug die bevorstehende Geburt des Enkels viel zu ihrer guten Laune bei. Dank diesem Umstand schien das Haus ein wenig wie in vergangenen Zeiten zu erstrahlen - den Zeiten, in denen das Schweigen noch nicht dauerhaft eingekehrt war.
Nach ihren Einkäufen wollte Maria del Roser sich ein wenig in dem Café des Warenhauses ausruhen. Sie nahm Platz in einem der Lehnstühle, ordnete ihre Röcke und bat Concha, ihr aus dem Lektüresaal eine Modezeitschrift zu besorgen - »aber bloß keine aus Frankreich«. Dann bestellte sie für sich ein Glas frisches Wasser und eine kleine Portion Kroketten und äußerte den Wunsch, den Besitzer von El Siglo zu begrüßen, wie immer, wenn sie das Warenhaus besuchte.
»Jetzt setz dich schon, Conchita, und mach mich nicht nervös«, sagte sie und deutete auf den anderen Stuhl am Tisch.
Don Octavio Conde kam so eilfertig und galant wie immer, als Doña Maria del Roser gerade die zweite Krokette verspeiste.
»Wie ist das Wohlergehen der Familie? Gut?«, fragte er, während er sich vorbeugte, um der von ihm hochverehrten älteren Dame die Hand zu küssen.
»Stellen Sie sich vor, was für ein Pech es gibt«, antwortete sie, »soeben erfahre ich, dass die arme Conchita keine Kinder hat.«
»Also, in meinem Alter sollte ich wohl eher Enkel haben«, scherzte die Gesellschafterin, die den Geschäftsmann kannte, seit dieser ein Schuljunge war. Dann flüsterte sie ihrer Señora ins Ohr: »Das ist Don Octavio. Es wird ihn verwundern, wenn Sie ihn siezen.«
Octavio lächelte verständnisvoll, allerdings kräuselte er angespannt seine Lippen und konnte eine gewisse Unruhe oder vielleicht sogar Traurigkeit nicht verhehlen, als er die Mutter seines besten Freundes ansah.
»Conchita ist fast wie eine Mutter für uns alle«, stellte er fest. »Und sie wird es auch für die nächste Generation sein, die nun unterwegs ist.«
»Ja, so ist es«, erwiderte Maria del Roser mit verlorenem Blick, bevor sie sich wieder zusammennahm. »Woher wissen Sie das?«
Octavio blickte erschrocken auf. Sein Mienenspiel war kaum wahrnehmbar, nur geschulte Augen wie die von Concha hätten es erkennen können.
»Ihr Sohn und ich sind seit der Schulzeit Freunde. Wir haben uns im Jesuiteninternat von Sarrià kennengelernt. Sie wissen schon« - Octavio bemühte sich amüsant zu wirken, aber sein Lachen klang gezwungen -, »die Härte des Kasernenlebens ist eine großartige Herausforderung, um Freundschaften zu schmieden.«
»Ach, ja, das Internat« - Maria del Roser verdrehte bei diesen Worten die Augen und setzte sich bequemer, indem sie unter den Röcken ihre Beine überschlug. »Die Sonntagsbesuche haben mir immer so gut gefallen«, seufzte sie wehmütig.
»Ja, wir haben die Sonntage auch geliebt«, sprach Octavio weiter, »aber ich fürchte, wir hatten andere Gründe dafür: Sobald die Familien ankamen, wurden aus den Priestern plötzlich menschliche Wesen. Ach, was haben wir Amadeo beneidet, als er sich von ihnen befreien konnte! Er war immer klüger als wir alle. Und das ist er immer noch, zweifellos.«
Dieses heikle Thema musste sie unbedingt beenden, daher gab Maria del Roser dem Gespräch eine andere Richtung. Sie sprach nicht gern über die Jahre, in denen ihr Sohn Schüler bei den Jesuiten in Sarrià gewesen war.
»Ja, klug ist er schon«, murmelte sie, während sie an ihrer Krokette knabberte. »Schade, dass er so unzugänglich geworden ist. Finden Sie nicht? Worüber haben wir eigentlich gerade gesprochen? Ach so. Feiern Sie Weihnachten mit der Familie?«
»Leider nein«, erwiderte Octavio, während er sich mit einer nervösen Geste die Hände rieb, die für ihn ungewöhnlich war. »Ich breche bereits morgen nach New York auf und werde dort meinen eigenen Geschäften nachgehen.«
Maria del Roser riss ihre Augen so weit auf, dass ihre Stirn sich wie ein Akkordeon faltete. Doch Concha wirkte noch überraschter.
»Nach New York? Für längere Zeit?«, fragte die Gesellschafterin.
»Ich weiß es noch nicht. Das hängt allein davon ab, wie sich die Dinge entwickeln.« Octavio wechselte sofort das Thema und improvisierte eine Entschuldigung. »Es war mir ein Vergnügen, Sie zu sehen, Doña Maria del Roser. Bitte verzeihen Sie mir, aber ich muss noch viele Vorbereitungen treffen.«
»Natürlich, natürlich, wir haben vollstes Verständnis«, sagte Concha.
Maria del Roser reagierte nicht auf die überraschenden Neuigkeiten, die sie soeben erhalten hatten.
»Bestellen Sie Ihren Eltern schöne Grüße von mir«, sprach sie weiter, gemäß der logischen Abfolge von Abschiedsfloskeln, die seit jeher in ihrem Kopf gespeichert war. »Ich sehe Sie nach den Feiertagen wieder, wenn wir das Körbchen für den Enkel kaufen. Seine Geburt wird im ... Conchita, wann kommt mein Enkel auf die Welt?«
»Im Mai, Señora.«
»Meine arme Schwiegertochter hatte bereits eine Fehlgeburt, wissen Sie das? Aber diesmal verläuft alles bestens, Gott sei Dank.«
Concha wurde es bei diesen intimen Enthüllungen allmählich unbehaglich zumute. Auch Octavio Conde wirkte mit der Wendung, die das Gespräch nahm, nicht sonderlich glücklich. Begierig, endlich gehen zu können, küsste er Maria del Roser erneut die Hand, verbeugte sich vor Concha und wies den Kellner an, die Rechnung der beiden auf Kosten des Hauses zu setzen.
Kaum war Octavio außer Sicht, machte sich auf dem Gesicht von Maria del Roser großer Verdruss breit.
»Wir haben gar nicht daran gedacht, ihn zu fragen, ob es seiner Frau besser geht. Wir sind ganz schön unhöflich.«
»Señora, Don Octavio ist Junggeselle. Sie meinen bestimmt Doña Cecilia Gómez del Olmo, seine Mutter«, wandte Concha vorsichtig ein, worauf ihre Señora zustimmend nickte. »Die Arme ist schon vor Jahren gestorben.«
»Wirklich? Und, hat ihr Mann noch einmal geheiratet?«
»Nein, Señora. Don Eduardo Conde ist der Erinnerung an seine verstorbene Frau immer treu geblieben. Bis zu seinem Tod, aber der ist auch schon lange her.«
Maria del Roser runzelte die Stirn.
»Also, Conchita, wir kommen nur noch durcheinander.«
Sie gingen ein paar Schritte, aber ehe sie den Fahrstuhl erreichten, blieb die ältere Dame wieder stehen. Ein Angestellter in einer dunkelroten Livree öffnete die Tür, damit sie einsteigen konnten.
»Wie soll mein Enkel noch einmal heißen, Conchita? Ich vergesse es andauernd«, fragte sie, während sie ihre Röcke in den Lift bugsierte.
»Modesto, Señora. Wenn es ein Junge wird. Und wenn es ein Mädchen wird, wissen sie es noch nicht«, sagte Concha voller Angst. Voller Angst vor dem schlafenden Schmerz, der jeden Moment aufwachen kann.
»Mir würde Violeta gefallen«, sagte die Matriarchin. »Es muss so bald wie möglich wieder eine Violeta in der Familie geben.« Der Schmerz schlief, stellte Concha beruhigt fest.
»Jetzt wollen sie doch tatsächlich meinem Enkel einen Namen wie für einen Liftboy geben!«, knurrte Maria del Roser, ungeachtet des Warenhausangestellten vor ihnen. »Weißt du, warum sie einen derart scheußlichen Namen ausgesucht haben? Es gibt doch so schöne Heiligennamen!«
»Zu Ehren des Malers, der Ihren Sohn unterrichtet hat, Señora.«
Dieses Gespräch hatten sie schon ein Dutzend Mal geführt. Aber die Wiederholung hinterließ bei keiner der beiden nachhaltigen Eindruck.
»Ach so, stimmt. Mein Sohn ist ja Künstler. Ich glaube, er malt gar nicht mal so schlecht.«
»Natürlich nicht, Señora. Er ist sehr erfolgreich, und er wird sehr geschätzt«, bestätigte Concha mit mütterlichem Stolz.
Hinter den beiden nahm ein riesiges Werbeplakat fast die gesamte Seitenwand des Aufzugs ein. Es zeigte eine junge Dame in Abendrobe, und in einer Ecke stach der Name des Künstlers in einem großen schwarzen Schriftzug hervor: Amadeo Lax. Das Bild sollte die Kunden anlocken, so wie vor einem Dutzend Jahren, als es bereits für das Warenhaus als Werbung diente.
»Ist dir heute Octavio nicht auch etwas merkwürdig vorgekommen? Nicht richtig er selbst, oder?«, fragte Maria del Roser plötzlich.
Concha hatte den gleichen Eindruck gewonnen. Sie führte dies auf die Nervosität vor der Reise zurück, die ihnen Don Octavio gerade angekündigt hatte.
»Wenn mein Sohn so viel Einsatz bei der Führung der Fabriken seines Vaters und seines Großvaters gezeigt hätte, dann wären wir jetzt keine armen Leute«, äußerte die Señora plötzlich, ehe sie voller Elan rief: »Wir steigen hier aus, junger Mann! Gehen Sie zur Seite!«
Concha trat mit puterrotem Gesicht aus dem Aufzug. Maria del Roser stieg ohne weitere Umstände aus, von irgendeiner Eile getrieben, die nur in ihrem Kopf existierte.
»Señora, Sie sind nicht arm«, erwiderte die Gesellschafterin, sobald der Liftboy außer Hörweite war. »Sie sind nur nicht mehr ganz so reich wie vormals.«
»Vor was?« Auf der Stirn von Maria del Roser erschienen einige parallele, feine Falten.
»Vor der Krise. Man sagt, dass sie die ganze Welt betrifft, nicht nur die Menschen in Barcelona. Die einen mehr, die anderen weniger, aber alle haben dabei verloren.«
»Nein, Conchita, lass dich nicht täuschen. Die wirklich Reichen verlieren fast niemals etwas. Die verlieren vielleicht ein wenig von ihrer Schamlosigkeit, denn bei so vielen Anarchisten darf man sich nichts anmerken lassen. Kennst du etwa einen Anarchisten?«
»Nein, Señora, keinen einzigen.«
»Das ist auch besser. Mach so weiter. Anarchisten gehen nur in Häuser und stehlen einem die Teppiche. Und dann zünden sie alles an. Aber zuerst geht es ihnen um die Teppiche. Sie lieben Teppiche.« Doña Maria del Roser schrak zusammen.
»Aber was schwatzen wir denn hier vor uns hin? Wir müssen nach Hause, Conchita. Haben wir alles, was wir brauchen? Denk scharf nach.«
»Ja, Señora.«
»Bist du sicher, dass nichts fehlt? Vielleicht noch irgendein Kochtopf für das Essen morgen?«
»Nein, Señora. Wir haben genügend Kochtöpfe.«
»Bist du dir da sicher?«
»Ganz sicher, Señora.«
»Dann weiß ich gar nicht, was wir hier eigentlich machen.«
Etwas schleppend, aber mit dem für sie typischen eleganten Schritt trat Doña Maria del Roser auf die Straße hinaus. Julián wartete auf den Ramblas, ein paar Meter weiter, am Steuer des Citroën. Als er die Frauen herauskommen sah, stieg er schnell aus dem Auto, um die hintere Wagentür zu öffnen und der Matriarchin seinen Arm anzubieten, damit sie besser einsteigen konnte. Dann, wenn auch mit weniger Elan, tat er das Gleiche bei Concha. Die beiden klammerten sich mit mehr Nachdruck an den Arm des altgedienten Fahrers, als es die Höflichkeit gebot. Für die beiden Frauen, die schon über sechzig Jahre alt waren, war es kein leichtes Unterfangen, sich in dieses moderne Gefährt zu zwängen, und noch weniger, da ihre einzige Hilfe ein fast siebzigjähriger Fahrer war.
Die Señora saß schließlich auf ihrem Platz und schnaufte. Concha folgte ihr, und Julián seufzte, vermutlich vor Erleichterung, dass das Einstiegsmanöver ohne weitere Zwischenfälle erfolgt war und er wieder an seinen Posten hinter dem Steuer zurückkehren konnte.
Sobald der Motor zu brummen begann, sagte die Señora mit einem letzten Blick auf die hellerleuchteten Türen des Warenhauses: »Die Kroketten sind mir nicht bekommen, Conchita. Ich habe hier etwas ... «
Dabei deutete sie auf ihren Magen, der von dem Korsett eingezwängt war.
»Wir fahren nach Hause, Felipe«, ordnete sie dann an. »Das ist keine Uhrzeit, zu der sich anständige Damen auf der Straße aufhalten.«
Der alte Fahrer war keineswegs beleidigt, dass die Señora sich nicht an seinen Namen erinnerte. Er fühlte sich eher geschmeichelt, weil sie ihn mit dem Namen seines Vaters anredete, der sein Leben im Dienst des ersten Señor Lax auf dem Kutschbock zugebracht hatte, beflissen und ruhig, wie es sich für gutes Personal geziemt. Julián hatte Don Rodolfo zu dessen Lebzeiten so vergöttert, wie er ihn nach seinem Tod in Erinnerung behielt, und in letzter Zeit war er dankbar, dass die Señora mit ihrem zerstreuten Gedächtnis diesen großartigen Mann wieder zum Leben erweckte.
Über der Markise des Haupteingangs von El Siglo wünschte eine Puppenfamilie mit einem Schild Fröhliche Weihnachten. Die Schaufenster waren hell erleuchtet. In der größten Auslage drehte eine elektrische Eisenbahn mit Waggons, die mit winzigen Geschenkpaketen überladen waren, ununterbrochen ihre Runden. Ganz in der Nähe sang jemand ein Weihnachtslied. Durch die großen Drehtüren gingen die Leute ein und aus.
Der Citroën fuhr die beliebteste Straße der Stadt in Richtung Meer hinunter. Die Señora schloss die Augen. Concha ließ sich von der heiteren Feststimmung anstecken, von dem letzten Sonnenschimmer an diesem eisigen Tag, von dem fröhlichen Treiben auf den Straßen. Sie betrachtete die reichgestalteten Ornamente in der Fassade des Sitzes der Compañía de Tabacos de Filipinas, und sie bekreuzigte sich, als sie an der Iglesia del Belén vorbeifuhren, der sie, wie so viele Barcelonesen, am Morgen ihren obligatorischen Jahresbesuch abgestattet hatte. Sie sah in der Ferne die Stände der Blumenhändler und verspürte ein wenig Sehnsucht nach den Zeiten, in denen kein Motorknattern die Blumen gestört hatte. Liebend gern wäre sie ausgestiegen, um einen Strauß Margeriten zu kaufen, der Lieblingsblume von Doña Maria del Roser, aber sie waren in Eile und konnten sich nicht länger aufhalten.
Als sie auf Höhe der Calle Portaferissa ankamen, wendete der Wagen, um in die entgegengesetzte Richtung zu fahren, vorbei am Palacio Moja, bei dem die Fensterläden offen standen, als hätte jemand beschlossen, die edlen Gemächer zu lüften. Genau wie Concha war dies auch einem Fußgänger aufgefallen, der einfach stehengeblieben war und neugierig zu den Gemälden und Deckenmedaillons des Palastes hochblickte. Die Kurve riss die Señora aus ihren Träumen.
»Hast du daran gedacht, die Maultiere zu wechseln?«, fragte sie. »Ich will nicht noch mehr Zeit verlieren.«
»Automobile benötigen keine Maultiere mehr, Señora. Das macht jetzt alles der Motor.«
Der Wagen war eine Laune von Don Rodolfo gewesen. Vor fast drei Jahrzehnten hatte der Señor den Auftrag erteilt, ihn in Frankreich zu erwerben, angeregt durch eine Reklame, in der es hieß: »Citroën mit Karosserie in eleganter Limousine-Torpedo-Ausführung«. Kein fortschrittlicher Geist hätte so einer Beschreibung widerstehen können. Dieser Citroën war eines der ersten Autos in der Stadt - das Kennzeichen trug die Ziffer vier - und wurde so bewundert, dass anfangs die Passanten beim Vorbeifahren applaudierten.
»Verlass dich nicht darauf und schau nach dem Maultier ...«, mahnte die Señora, ehe sie den Kopf auf die Brust fallen ließ und wieder in tiefen Schlaf fiel.
Beim Teatro Coliseum wurde für den Abend des Weihnachtsfeiertages die Galavorstellung eines Films mit Harold Lloyd angekündigt. Einige Leute warteten neben dem Kartenschalter; nur wenige Meter weiter waren mehrere Herren heftig gestikulierend in ein lautes Gespräch verwickelt. Concha seufzte gelangweilt: So viel Enthusiasmus konnte nur der Katalanismus oder die Wirtschaftskrise hervorrufen. Ihr schien, dass sich die Männer in dieser weichen und anregenden Sprache unterhielten, die sich gleichermaßen dafür eignet, Republiken auszurufen wie Melonen zu verkaufen, doch sie mutmaßte, dass die Herren das erste Thema diskutierten.
Als die Zeit für das Mittagessen längst verstrichen war, kamen sie in dem prächtigen Familiensitz an. Früher wäre der Señora so eine Nachlässigkeit nicht unterlaufen. Festgelegte Uhrzeiten wurden peinlich genau eingehalten und bildeten das Räderwerk, mit dessen Hilfe die Familie Lax garantiert funktionierte. Um Viertel nach acht wurde gefrühstückt, zwischen zwölf und halb zwei ging man spazieren, pünktlich um zwei Uhr gab es das Mittagessen, der Rosenkranz wurde abends um sieben Uhr gebetet - mittwochs eine Viertelstunde später -, und anschließend gab es Abendessen. All das bot keinen Raum für irgendwelche Abweichungen. Mittwochs hielt die Señora ihre Treffen in der Bibliothek ab, donnerstags wurden Gäste empfangen, und sonntags besuchten alle die Zwölf-Uhr-Messe in der Iglesia de la Concepción, deren Pfarrer, Padre Eudaldo, üblicherweise danach mit der Familie zu Mittag aß. So verstrich beständig eine Woche nach der anderen, bis Weihnachten, die Karwoche und Ostern oder die Sommerfrische diese Routine unterbrachen.
An jenem 24. Dezember bat die Señora, ihr nur einen Tee auf ihr Zimmer zu bringen, und zog sich zurück, ohne jemanden zu begrüßen. Ihr Sohn Amadeo hatte am Esstisch auf sie gewartet - den geraden Rücken gegen die gepolsterte Lehne gepresst. Er begann zu essen, als er es leid war, der Suppe beim Erkalten zuzusehen, und war äußerst verärgert. Teresa, seine Frau, versuchte ihre Schwiegermutter mit deren Krankheit zu entschuldigen. Aber nicht nur deswegen verlief die Mahlzeit der Eheleute gedämpft und freudlos. Und schweigsam.
Am Nachmittag brachten mehrere Boten des Warenhauses die Einkäufe, die sorgfältig verpackt waren. Das Personal verstaute sie einstweilen in dem Lagerraum neben der Vorratskammer, ehe weitere Anweisungen dafür erteilt wurden. In der Küche herrschte wegen der Vorbereitungen für das Essen am nächsten Tag hektisches Treiben. Das Abendessen am Weihnachtsabend hingegen stellte für die Familie keine besondere Tradition dar: Alle Vorbereitungen galten dem Mittagessen am ersten Weihnachtsfeiertag.
Maria del Roser verließ den gesamten Nachmittag nicht mehr ihre Gemächer. Später rief sie nach Antonia, die ihr beim Zubettgehen helfen sollte. Die Angestellte, die erst vor vier Jahren mit Teresa in den Haushalt gekommen war, verließ das Zimmer mit vor Schreck verzerrtem Gesicht und sagte, sie habe die Señora noch nie dermaßen verwirrt und mit so vielen absurden Einfällen erlebt.
»Ich werde verrückt, wenn ich ihr noch eine Minute länger zuhöre«, fügte Antonia hinzu.
Daraufhin kümmerte sich Teresa um alles. Sie entschuldigte die Kammerfrau und übernahm selbst hingebungsvoll deren Aufgabe. Sie betrat das Zimmer ihrer Schwiegermutter wie ein Arzt, den man zu einem Notfall gerufen hatte. Kurz darauf kam sie wieder heraus und fragte nach Concha. Ihre Hände und ihre Stimme zitterten, als sie sie fragte: »Conchita, um der Liebe Gottes willen, weißt du, wo der Schlüssel zu Violetas Zimmer aufbewahrt wird?«
»Oh je! Nein, Señora. Ich glaube, wir haben ihn schon vor Jahren verloren, an dem Tag, als ... « Concha hielt inne und dachte erneut an den schlummernden Schmerz, den kein ausgesprochenes Wort wecken darf, ehe sie erklärte: »Ihre Schwiegermutter hat ihn in Händen gehabt, um die Tür endgültig zu verschließen. Seit jenem Tag habe ich ihn nie wieder gesehen.«
Teresa ließ sich von diesen Worten nicht entmutigen.
»Dann bewahrt sie selbst ihn irgendwo auf. Sie ist davon überzeugt, dass er sich unter ihrem Bett befindet und fordert mich andauernd auf, ihn zu suchen. Sie sagt, dass sie ihn in der Hand halten will«, berichtete Teresa. »Ich habe ihre Bitte befolgt und danach gesucht, aber dort ist nichts. Nicht einmal Staub.«
»Die Señora ist ein bisschen verrückt, das wissen Sie ebenso gut wie ich. Außerdem, Sie sollten sich nicht bücken«, warnte
Concha Teresa mit Blick auf deren noch kaum gewölbten Bauch.
»Das ist mehr als eine kleine Verrücktheit, Conchita. Ich habe sie noch nie in einer so schlechten Verfassung erlebt. Gerade hat sie mich darum gebeten, Juan kommen zu lassen. Sie sagt, dass sie ihren Sohn sehen möchte, ehe sie stirbt. Mir ist angst und bange. Weißt du, ob Amadeo zu Hause ist?«
Concha schüttelte den Kopf. Sie hatte Amadeo mit dem Rolls Royce wegfahren sehen, und zwar ohne den Fahrer. Er hatte selbst am Steuer gesessen. Und selbstverständlich wusste niemand, zu welcher Uhrzeit er gedachte heimzukommen. Wie immer.
»Conchita, du musst mir helfen«, bat Teresa.
»Glauben Sie, die Señora will in Violetas Zimmer gehen?«, wagte Concha zu fragen. »Allein die Vorstellung versetzt mich in Angst und Schrecken. Das wäre gefährlich für sie. Bedenken Sie doch, dort befindet sich alles noch in seinem alten Zustand.«
Teresas Blick war traurig. Unter ihren Augen zeichneten sich blaue Schatten ab. Sie führte ihre Hände zum Unterleib und krümmte den Rücken vor Erschöpfung.
»Wir müssen unbedingt diesen Schlüssel auftreiben«, sagte sie, »oder sie wird die ganze Nacht nicht schlafen können. Er muss doch irgendwo zu finden sein!«
Teresa rekrutierte aus dem Personal einen Suchtrupp und ließ ihn das ganze Haus bis in den letzten Winkel auf den Kopf stellen. Der Schlüssel war immer noch nicht aufgetaucht, als Amadeo um Viertel nach neun so elegant und kühl wie immer nach Hause kam. Teilnahmslos sah er sich kurz um, rief nach Conchita und bat darum, ihm das Abendessen in seinem Atelier zu servieren. Dann stolperte er über den kleinen Vorsprung unten an der Marmortreppe und strauchelte, ehe er die Treppe hochging.
Als Teresa erfuhr, dass ihr Mann zu Hause war, ging sie ins Atelier hinauf, um ihm von den Vorkommnissen zu berichten und um Erlaubnis zu bitten, seinen Bruder kommen zu lassen.
Kurz darauf kam sie mit feuchten Augen wieder hinunter. Concha erwartete sie ungeduldig unten am Treppenabsatz. »Dürfen wir Padre Juan anrufen?«
Teresa schüttelte den Kopf.
»Das habe ich befürchtet«, flüsterte die altgediente Hausangestellte mit grimmiger Miene.
Eine halbe Stunde später ging Laia - die Zwölfjährige war der Schlüsselsuche schnell überdrüssig geworden und von ihrer Mutter in die Küche geschickt worden - die Treppe zur Mansarde hoch und balancierte dabei ein Tablett, das reichlich mit Speisen bestückt war.
Teresa suchte weiterhin unermüdlich nach dem Schlüssel und ließ sich dabei weder von der Teilnahmslosigkeit ihres Ehemannes noch von ihrer eigenen Verzagtheit mitreißen. Concha forderte Teresa mehrfach auf, zu Bett zu gehen, und versprach ihr, mit dem Personal weiterzusuchen. Aber auch diesmal wollte die junge Señora nicht auf sie hören.
»Sie sollten sich nicht so anstrengen«, warnte Concha und fixierte erneut den Bauch der jungen Señora mit ihrem Blick. »Ich würde es mir niemals verzeihen, wenn Ihnen das Gleiche passiert wie letztes Frühjahr.«
»Mir wird schon nichts passieren«, erwiderte Teresa und lächelte sanft. »Ich bin schon im vierten Monat. Der Arzt hat mir gesagt, dass diesmal alles gut läuft.«
Vor einiger Zeit bereits hatte Teresa gelernt, die Beharrlichkeit zu ihrer stärksten Waffe zu machen.
Der Schlüssel tauchte schließlich gegen elf Uhr nachts auf, und zwar in dem Sekretär, der bei der älteren Señora in dem Vorzimmer stand, das ihr zuweilen als kleiner Privatsalon diente. Die triumphale Entdeckung machte Teresa, und als sie ihrer Schwiegermutter den Schlüssel überreichte, griff diese fest danach und auch nach der Hand, die ihn hielt.
»Bleib noch einen Augenblick, Teresa«, bat Maria del Roser resolut, »und sorg dafür, dass die anderen verschwinden.«
Ihre Zusammenkunft zog sich fast eine Stunde hin. Als Teresa das Zimmer von Doña Maria del Roser wieder verließ, hatte sie gerötete Augen und kreidebleiche Wangen. Sie schlief ohne zu essen ein. Der Tee und das Hefegebäck, die Antonia auf dem Tisch in ihrem Salon angerichtet hatte, waren noch am nächsten Tag unangetastet.
Die Nacht verlief in absoluter Ruhe. Nicht einmal der Nachtwächter ging an dem imposanten Eingangsportal des Hauses vorbei. Vielleicht war es diese große Stille, die, wie es heißt, großen Katastrophen vorausgeht.
In den folgenden Stunden, am Weihnachtsfeiertag 1932, ereigneten sich drei schreckliche Dinge: Maria del Roser Golorons verstarb in den frühen Morgenstunden in ihrem Bett, ihr Sohn Amadeo Lax verbrachte zum ersten Mal einen Teil der Nacht im Zimmer von Laia, der zwölfjährigen Tochter der Köchin, und am Morgen brannte das Warenhaus Grandes Almacenes El Siglo nieder.
...
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012
»Eines Tages erzähle ich alles, woran ich mich erinnern kann, und dann werden sich die Toten in ihren Gräbern umdrehen«, flüsterte Concha einmal ihrer geliebten Aurora zu.
Das Leben bot ihr nicht allzu viele Gelegenheiten, ausführlich zu Wort zu kommen. Aber vielleicht war dies nicht der einzige Grund, warum Concha manche Erinnerung für sich behielt.
Sie erzählte beispielsweise nie, dass Doña Maria del Roser Golorons, Witwe des Don Rodolfo Lax, am 24. Dezember 1932 nach dem Neun-Uhr-Gottesdienst in der Iglesia del Belén fast den gesamten Tag mit einem Besuch im berühmten Warenhaus El Siglo zubrachte. Die Señora hielt sich sehr lange in der Abteilung für Kinderwäsche im zweiten Stockwerk auf, wo sie die komplette Ausstattung für ihren ersten Enkel erstand, der im nächsten Frühling auf die Welt kommen sollte: Windeln aus Mull, umhäkelte Wickeltücher, Hemdchen aus Batist und aus Kattun und noch ein halbes Dutzend Unterröcke mit englischen Stickereien und Rüschen (für den Fall, dass der Enkel eine Enkelin würde). In der Spielwarenabteilung wählte sie ein hüpfendes Hündchen aus, das große Bewunderung hervorrief, ein Steckenpferd aus Holz sowie eine kleine Kutsche aus Blech mitsamt Pferdegespann. Dann suchte sie die Korbwarenabteilung auf, um ein Lauflern-Wägelchen zu erwerben, ein Wiegen-Nestchen mit Wollquasten sowie eine Wiege aus Weidengeflecht mit Himmel, die aber so teuer war wie eine aus Edelholz. Die Freude der Señora darüber, das erste Kind ihres Erstgeborenen, Amadeo, und seiner von ihr so geliebten Frau Teresa auszustatten, spiegelte sich in dem Ausmaß ihrer Anschaffungen wieder.
»Heutzutage sind Kinder anspruchsvoller als früher, sie benötigen mehr Sachen«, rechtfertigte sie sich.
Bevor sie weiterging, blieb sie vor einem zweistöckigen Puppenhaus stehen, das zehn Peseten kostete. Concha befürchtete einen Moment, dieser Anblick könnte bei ihrer Señora schlimmste Erinnerungen an ihre so früh verstorbene Violeta wecken, aber dann vernahm sie überrascht: »Das ist mein Weihnachtsgeschenk für deine Tochter. Meinst du, es gefällt ihr?«
Eine junge Frau in der eleganten schwarzen Uniform des Warenhauses lächelte den beiden Frauen von der anderen Seite einer hölzernen Ladentheke aus zu.
Concha führte ihre Lippen zum Ohr von Doña Maria del Roser und flüsterte: »Señora, ich habe keine Tochter. Vielleicht meinen Sie ja Laia, die Tochter von Vicenta, der Köchin.«
»Ja, genau, das hübsche Mädchen mit dem lebhaften Blick!« Die Señora wirkte begeistert, doch dann verdüsterte sich ihre Miene wieder. »Nein, das ist keine gute Idee. Ich glaube nicht, dass sich das Mädchen noch für Puppenhäuser interessiert.«
»Laia ist zwölf Jahre alt«, erwiderte Concha, »und sie hat niemals eines gehabt. Ich glaube, es würde ihr sehr gefallen.«
»Nein, nein, nein.« Die Señora verwarf die Idee, als wäre sie ihr sehr lästig, und ging weiter; das Puppenhaus war längst vergessen.
In der Abteilung mit Kochgeschirr bestand sie darauf, dass ihre treue Begleiterin die Auswahl treffen solle. Denn das war gewissermaßen Conchas Rolle, der Grund für deren Anwesenheit. In den Augen von Doña Maria del Roser war Concha eine Art allwissende Beraterin, die Hellseherin bevorstehender Bedürfnisse und selbst Katastrophen, die sich mit entsprechenden Einkäufen abmildern ließen. In Wahrheit war es jedoch Teresa, die neue Hausherrin, die die Hausangestellte drängte, ihre Schwiegermutter nicht eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
Also war Concha nicht nur deren Gesellschafterin und Hilfe - denn Doña Maria del Rosers Gesundheit war schon äußerst angeschlagen -, sondern sie sorgte auch dafür, dass der fortgeschrittene geistige Verfall der Matriarchin keine weiteren Unannehmlichkeiten für die Familie mit sich brachte.
Vor einem eifrigen Verkäufer, der die Kochtöpfe und Kasserollen mit einem Stolz präsentierte, als ginge es um wertvollste Seiden- und Organzastoffe, kniff Doña Maria del Roser die Augen zusammen, winkte Concha herbei und sagte: »Wähl du aus, das hier ist dein Bereich.«
Man hat nie erfahren, ob ihre mangelhaften Hauswirtschaftskenntnisse nur vorgetäuscht waren, wenn auch Concha stets vermutete, dass die Señora mehr davon verstand, als sie zeit ihres Lebens zugab. Höchstwahrscheinlich beruhte ihre diesbezügliche Verwirrung eher auf mangelndem Interesse als auf Unfähigkeit. Die Krankheit konnte diese Zweifel auch nicht ausräumen.
An diesem Tag blickte Doña Maria del Roser prüfend auf eine Pfanne, deren Boden ihr ein Zerrbild ihrer Person wiedergab, und meinte: »Wir brauchen davon mindestens ein Dutzend, das stimmt doch, Conchita?«
Ohne genau zu wissen, wie, gelang es Concha, dass sie nur zwei davon kauften. Der Señora hatten es zudem zwei weitere Pfannen sowie vier Kasserollen in unterschiedlichen Größen angetan, alle aus Eisen mit blauem Email und von allerbester Qualität. Tatsächlich benötigten sie keines dieser Utensilien, in den Küchen gab es mehr als genug davon. Aber die Señora verstand nicht, wie man El Siglo verlassen konnte, ohne wenigstens zehn Peseten in der Abteilung für Kochgeschirr im Erdgeschoss ausgegeben zu haben.
»Kochtöpfe sind mir lieber als Brillanten«, pflegte sie verschmitzt zu sagen, als sie noch Herrin ihrer geistigen Fähigkeiten war.
Doch an dem Tag setzte sie sich in den Kopf, dass sie für das Haus unbedingt einen kompletten Satz Kristallgläser benötigten, der mehr als hundert Peseten kostete, und fügte diesen Posten ohne mit der Wimper zu zucken zu den bisherigen Einkäufen hinzu. Dann ging sie in die Abteilung mit Damenmode für die letzte Anprobe einer Abendrobe, die sie in Auftrag gegeben hatte; auf diese Rechnung setzte sie noch ein halbes Dutzend Batistunterröcke und zwei bestickte Mieder. Maria del Roser Golorons war zu eigenständig, um sich von irgendetwas zur Sklavin machen zu lassen, und schon gar nicht von der Mode. Ihr Leben lang hatte sie für ihre Kleidung Kriterien wie Sauberkeit, Bequemlichkeit und angemessene Farben angelegt, aber kurz vor dem letzten Akt ihres Leben bestand sie darauf, wieder zu Röcken mit Tournüre und Schleppe zurückzukehren, die über die Fliesen fegten.
»Bei einer eleganten Dame darf man nur die Spitzen ihrer Schuhe sehen«, stellte sie in entschiedenem Tonfall vor dem verzweifelten Blick der Schneiderin fest, die soeben Skizzen des Dernier Cri aus Paris gezeigt hatte: Mäntel mit einem einzigen Ärmel, die die Kundin als ebenso befremdlich empfand wie die Bezeichnung, die die Warenhausangestellte dafür verwendete: »asymmetrisch«.
»Diesen Franzosen fällt auch nichts mehr ein, womit sie uns beschwindeln können«, sagte sie nur und wandte sich anderen Dingen zu.
Concha folgte ihr auf dem Fuß durch das bis oben angefüllte Warenhaus. Sie war glücklich wie ein kleines Mädchen. Seit dem Jahr, in dem Violeta blutjung gestorben war, hatte Concha die Señora nicht so begeistert bei den Weihnachtsvorbereitungen erlebt. Sicherlich trug die bevorstehende Geburt des Enkels viel zu ihrer guten Laune bei. Dank diesem Umstand schien das Haus ein wenig wie in vergangenen Zeiten zu erstrahlen - den Zeiten, in denen das Schweigen noch nicht dauerhaft eingekehrt war.
Nach ihren Einkäufen wollte Maria del Roser sich ein wenig in dem Café des Warenhauses ausruhen. Sie nahm Platz in einem der Lehnstühle, ordnete ihre Röcke und bat Concha, ihr aus dem Lektüresaal eine Modezeitschrift zu besorgen - »aber bloß keine aus Frankreich«. Dann bestellte sie für sich ein Glas frisches Wasser und eine kleine Portion Kroketten und äußerte den Wunsch, den Besitzer von El Siglo zu begrüßen, wie immer, wenn sie das Warenhaus besuchte.
»Jetzt setz dich schon, Conchita, und mach mich nicht nervös«, sagte sie und deutete auf den anderen Stuhl am Tisch.
Don Octavio Conde kam so eilfertig und galant wie immer, als Doña Maria del Roser gerade die zweite Krokette verspeiste.
»Wie ist das Wohlergehen der Familie? Gut?«, fragte er, während er sich vorbeugte, um der von ihm hochverehrten älteren Dame die Hand zu küssen.
»Stellen Sie sich vor, was für ein Pech es gibt«, antwortete sie, »soeben erfahre ich, dass die arme Conchita keine Kinder hat.«
»Also, in meinem Alter sollte ich wohl eher Enkel haben«, scherzte die Gesellschafterin, die den Geschäftsmann kannte, seit dieser ein Schuljunge war. Dann flüsterte sie ihrer Señora ins Ohr: »Das ist Don Octavio. Es wird ihn verwundern, wenn Sie ihn siezen.«
Octavio lächelte verständnisvoll, allerdings kräuselte er angespannt seine Lippen und konnte eine gewisse Unruhe oder vielleicht sogar Traurigkeit nicht verhehlen, als er die Mutter seines besten Freundes ansah.
»Conchita ist fast wie eine Mutter für uns alle«, stellte er fest. »Und sie wird es auch für die nächste Generation sein, die nun unterwegs ist.«
»Ja, so ist es«, erwiderte Maria del Roser mit verlorenem Blick, bevor sie sich wieder zusammennahm. »Woher wissen Sie das?«
Octavio blickte erschrocken auf. Sein Mienenspiel war kaum wahrnehmbar, nur geschulte Augen wie die von Concha hätten es erkennen können.
»Ihr Sohn und ich sind seit der Schulzeit Freunde. Wir haben uns im Jesuiteninternat von Sarrià kennengelernt. Sie wissen schon« - Octavio bemühte sich amüsant zu wirken, aber sein Lachen klang gezwungen -, »die Härte des Kasernenlebens ist eine großartige Herausforderung, um Freundschaften zu schmieden.«
»Ach, ja, das Internat« - Maria del Roser verdrehte bei diesen Worten die Augen und setzte sich bequemer, indem sie unter den Röcken ihre Beine überschlug. »Die Sonntagsbesuche haben mir immer so gut gefallen«, seufzte sie wehmütig.
»Ja, wir haben die Sonntage auch geliebt«, sprach Octavio weiter, »aber ich fürchte, wir hatten andere Gründe dafür: Sobald die Familien ankamen, wurden aus den Priestern plötzlich menschliche Wesen. Ach, was haben wir Amadeo beneidet, als er sich von ihnen befreien konnte! Er war immer klüger als wir alle. Und das ist er immer noch, zweifellos.«
Dieses heikle Thema musste sie unbedingt beenden, daher gab Maria del Roser dem Gespräch eine andere Richtung. Sie sprach nicht gern über die Jahre, in denen ihr Sohn Schüler bei den Jesuiten in Sarrià gewesen war.
»Ja, klug ist er schon«, murmelte sie, während sie an ihrer Krokette knabberte. »Schade, dass er so unzugänglich geworden ist. Finden Sie nicht? Worüber haben wir eigentlich gerade gesprochen? Ach so. Feiern Sie Weihnachten mit der Familie?«
»Leider nein«, erwiderte Octavio, während er sich mit einer nervösen Geste die Hände rieb, die für ihn ungewöhnlich war. »Ich breche bereits morgen nach New York auf und werde dort meinen eigenen Geschäften nachgehen.«
Maria del Roser riss ihre Augen so weit auf, dass ihre Stirn sich wie ein Akkordeon faltete. Doch Concha wirkte noch überraschter.
»Nach New York? Für längere Zeit?«, fragte die Gesellschafterin.
»Ich weiß es noch nicht. Das hängt allein davon ab, wie sich die Dinge entwickeln.« Octavio wechselte sofort das Thema und improvisierte eine Entschuldigung. »Es war mir ein Vergnügen, Sie zu sehen, Doña Maria del Roser. Bitte verzeihen Sie mir, aber ich muss noch viele Vorbereitungen treffen.«
»Natürlich, natürlich, wir haben vollstes Verständnis«, sagte Concha.
Maria del Roser reagierte nicht auf die überraschenden Neuigkeiten, die sie soeben erhalten hatten.
»Bestellen Sie Ihren Eltern schöne Grüße von mir«, sprach sie weiter, gemäß der logischen Abfolge von Abschiedsfloskeln, die seit jeher in ihrem Kopf gespeichert war. »Ich sehe Sie nach den Feiertagen wieder, wenn wir das Körbchen für den Enkel kaufen. Seine Geburt wird im ... Conchita, wann kommt mein Enkel auf die Welt?«
»Im Mai, Señora.«
»Meine arme Schwiegertochter hatte bereits eine Fehlgeburt, wissen Sie das? Aber diesmal verläuft alles bestens, Gott sei Dank.«
Concha wurde es bei diesen intimen Enthüllungen allmählich unbehaglich zumute. Auch Octavio Conde wirkte mit der Wendung, die das Gespräch nahm, nicht sonderlich glücklich. Begierig, endlich gehen zu können, küsste er Maria del Roser erneut die Hand, verbeugte sich vor Concha und wies den Kellner an, die Rechnung der beiden auf Kosten des Hauses zu setzen.
Kaum war Octavio außer Sicht, machte sich auf dem Gesicht von Maria del Roser großer Verdruss breit.
»Wir haben gar nicht daran gedacht, ihn zu fragen, ob es seiner Frau besser geht. Wir sind ganz schön unhöflich.«
»Señora, Don Octavio ist Junggeselle. Sie meinen bestimmt Doña Cecilia Gómez del Olmo, seine Mutter«, wandte Concha vorsichtig ein, worauf ihre Señora zustimmend nickte. »Die Arme ist schon vor Jahren gestorben.«
»Wirklich? Und, hat ihr Mann noch einmal geheiratet?«
»Nein, Señora. Don Eduardo Conde ist der Erinnerung an seine verstorbene Frau immer treu geblieben. Bis zu seinem Tod, aber der ist auch schon lange her.«
Maria del Roser runzelte die Stirn.
»Also, Conchita, wir kommen nur noch durcheinander.«
Sie gingen ein paar Schritte, aber ehe sie den Fahrstuhl erreichten, blieb die ältere Dame wieder stehen. Ein Angestellter in einer dunkelroten Livree öffnete die Tür, damit sie einsteigen konnten.
»Wie soll mein Enkel noch einmal heißen, Conchita? Ich vergesse es andauernd«, fragte sie, während sie ihre Röcke in den Lift bugsierte.
»Modesto, Señora. Wenn es ein Junge wird. Und wenn es ein Mädchen wird, wissen sie es noch nicht«, sagte Concha voller Angst. Voller Angst vor dem schlafenden Schmerz, der jeden Moment aufwachen kann.
»Mir würde Violeta gefallen«, sagte die Matriarchin. »Es muss so bald wie möglich wieder eine Violeta in der Familie geben.« Der Schmerz schlief, stellte Concha beruhigt fest.
»Jetzt wollen sie doch tatsächlich meinem Enkel einen Namen wie für einen Liftboy geben!«, knurrte Maria del Roser, ungeachtet des Warenhausangestellten vor ihnen. »Weißt du, warum sie einen derart scheußlichen Namen ausgesucht haben? Es gibt doch so schöne Heiligennamen!«
»Zu Ehren des Malers, der Ihren Sohn unterrichtet hat, Señora.«
Dieses Gespräch hatten sie schon ein Dutzend Mal geführt. Aber die Wiederholung hinterließ bei keiner der beiden nachhaltigen Eindruck.
»Ach so, stimmt. Mein Sohn ist ja Künstler. Ich glaube, er malt gar nicht mal so schlecht.«
»Natürlich nicht, Señora. Er ist sehr erfolgreich, und er wird sehr geschätzt«, bestätigte Concha mit mütterlichem Stolz.
Hinter den beiden nahm ein riesiges Werbeplakat fast die gesamte Seitenwand des Aufzugs ein. Es zeigte eine junge Dame in Abendrobe, und in einer Ecke stach der Name des Künstlers in einem großen schwarzen Schriftzug hervor: Amadeo Lax. Das Bild sollte die Kunden anlocken, so wie vor einem Dutzend Jahren, als es bereits für das Warenhaus als Werbung diente.
»Ist dir heute Octavio nicht auch etwas merkwürdig vorgekommen? Nicht richtig er selbst, oder?«, fragte Maria del Roser plötzlich.
Concha hatte den gleichen Eindruck gewonnen. Sie führte dies auf die Nervosität vor der Reise zurück, die ihnen Don Octavio gerade angekündigt hatte.
»Wenn mein Sohn so viel Einsatz bei der Führung der Fabriken seines Vaters und seines Großvaters gezeigt hätte, dann wären wir jetzt keine armen Leute«, äußerte die Señora plötzlich, ehe sie voller Elan rief: »Wir steigen hier aus, junger Mann! Gehen Sie zur Seite!«
Concha trat mit puterrotem Gesicht aus dem Aufzug. Maria del Roser stieg ohne weitere Umstände aus, von irgendeiner Eile getrieben, die nur in ihrem Kopf existierte.
»Señora, Sie sind nicht arm«, erwiderte die Gesellschafterin, sobald der Liftboy außer Hörweite war. »Sie sind nur nicht mehr ganz so reich wie vormals.«
»Vor was?« Auf der Stirn von Maria del Roser erschienen einige parallele, feine Falten.
»Vor der Krise. Man sagt, dass sie die ganze Welt betrifft, nicht nur die Menschen in Barcelona. Die einen mehr, die anderen weniger, aber alle haben dabei verloren.«
»Nein, Conchita, lass dich nicht täuschen. Die wirklich Reichen verlieren fast niemals etwas. Die verlieren vielleicht ein wenig von ihrer Schamlosigkeit, denn bei so vielen Anarchisten darf man sich nichts anmerken lassen. Kennst du etwa einen Anarchisten?«
»Nein, Señora, keinen einzigen.«
»Das ist auch besser. Mach so weiter. Anarchisten gehen nur in Häuser und stehlen einem die Teppiche. Und dann zünden sie alles an. Aber zuerst geht es ihnen um die Teppiche. Sie lieben Teppiche.« Doña Maria del Roser schrak zusammen.
»Aber was schwatzen wir denn hier vor uns hin? Wir müssen nach Hause, Conchita. Haben wir alles, was wir brauchen? Denk scharf nach.«
»Ja, Señora.«
»Bist du sicher, dass nichts fehlt? Vielleicht noch irgendein Kochtopf für das Essen morgen?«
»Nein, Señora. Wir haben genügend Kochtöpfe.«
»Bist du dir da sicher?«
»Ganz sicher, Señora.«
»Dann weiß ich gar nicht, was wir hier eigentlich machen.«
Etwas schleppend, aber mit dem für sie typischen eleganten Schritt trat Doña Maria del Roser auf die Straße hinaus. Julián wartete auf den Ramblas, ein paar Meter weiter, am Steuer des Citroën. Als er die Frauen herauskommen sah, stieg er schnell aus dem Auto, um die hintere Wagentür zu öffnen und der Matriarchin seinen Arm anzubieten, damit sie besser einsteigen konnte. Dann, wenn auch mit weniger Elan, tat er das Gleiche bei Concha. Die beiden klammerten sich mit mehr Nachdruck an den Arm des altgedienten Fahrers, als es die Höflichkeit gebot. Für die beiden Frauen, die schon über sechzig Jahre alt waren, war es kein leichtes Unterfangen, sich in dieses moderne Gefährt zu zwängen, und noch weniger, da ihre einzige Hilfe ein fast siebzigjähriger Fahrer war.
Die Señora saß schließlich auf ihrem Platz und schnaufte. Concha folgte ihr, und Julián seufzte, vermutlich vor Erleichterung, dass das Einstiegsmanöver ohne weitere Zwischenfälle erfolgt war und er wieder an seinen Posten hinter dem Steuer zurückkehren konnte.
Sobald der Motor zu brummen begann, sagte die Señora mit einem letzten Blick auf die hellerleuchteten Türen des Warenhauses: »Die Kroketten sind mir nicht bekommen, Conchita. Ich habe hier etwas ... «
Dabei deutete sie auf ihren Magen, der von dem Korsett eingezwängt war.
»Wir fahren nach Hause, Felipe«, ordnete sie dann an. »Das ist keine Uhrzeit, zu der sich anständige Damen auf der Straße aufhalten.«
Der alte Fahrer war keineswegs beleidigt, dass die Señora sich nicht an seinen Namen erinnerte. Er fühlte sich eher geschmeichelt, weil sie ihn mit dem Namen seines Vaters anredete, der sein Leben im Dienst des ersten Señor Lax auf dem Kutschbock zugebracht hatte, beflissen und ruhig, wie es sich für gutes Personal geziemt. Julián hatte Don Rodolfo zu dessen Lebzeiten so vergöttert, wie er ihn nach seinem Tod in Erinnerung behielt, und in letzter Zeit war er dankbar, dass die Señora mit ihrem zerstreuten Gedächtnis diesen großartigen Mann wieder zum Leben erweckte.
Über der Markise des Haupteingangs von El Siglo wünschte eine Puppenfamilie mit einem Schild Fröhliche Weihnachten. Die Schaufenster waren hell erleuchtet. In der größten Auslage drehte eine elektrische Eisenbahn mit Waggons, die mit winzigen Geschenkpaketen überladen waren, ununterbrochen ihre Runden. Ganz in der Nähe sang jemand ein Weihnachtslied. Durch die großen Drehtüren gingen die Leute ein und aus.
Der Citroën fuhr die beliebteste Straße der Stadt in Richtung Meer hinunter. Die Señora schloss die Augen. Concha ließ sich von der heiteren Feststimmung anstecken, von dem letzten Sonnenschimmer an diesem eisigen Tag, von dem fröhlichen Treiben auf den Straßen. Sie betrachtete die reichgestalteten Ornamente in der Fassade des Sitzes der Compañía de Tabacos de Filipinas, und sie bekreuzigte sich, als sie an der Iglesia del Belén vorbeifuhren, der sie, wie so viele Barcelonesen, am Morgen ihren obligatorischen Jahresbesuch abgestattet hatte. Sie sah in der Ferne die Stände der Blumenhändler und verspürte ein wenig Sehnsucht nach den Zeiten, in denen kein Motorknattern die Blumen gestört hatte. Liebend gern wäre sie ausgestiegen, um einen Strauß Margeriten zu kaufen, der Lieblingsblume von Doña Maria del Roser, aber sie waren in Eile und konnten sich nicht länger aufhalten.
Als sie auf Höhe der Calle Portaferissa ankamen, wendete der Wagen, um in die entgegengesetzte Richtung zu fahren, vorbei am Palacio Moja, bei dem die Fensterläden offen standen, als hätte jemand beschlossen, die edlen Gemächer zu lüften. Genau wie Concha war dies auch einem Fußgänger aufgefallen, der einfach stehengeblieben war und neugierig zu den Gemälden und Deckenmedaillons des Palastes hochblickte. Die Kurve riss die Señora aus ihren Träumen.
»Hast du daran gedacht, die Maultiere zu wechseln?«, fragte sie. »Ich will nicht noch mehr Zeit verlieren.«
»Automobile benötigen keine Maultiere mehr, Señora. Das macht jetzt alles der Motor.«
Der Wagen war eine Laune von Don Rodolfo gewesen. Vor fast drei Jahrzehnten hatte der Señor den Auftrag erteilt, ihn in Frankreich zu erwerben, angeregt durch eine Reklame, in der es hieß: »Citroën mit Karosserie in eleganter Limousine-Torpedo-Ausführung«. Kein fortschrittlicher Geist hätte so einer Beschreibung widerstehen können. Dieser Citroën war eines der ersten Autos in der Stadt - das Kennzeichen trug die Ziffer vier - und wurde so bewundert, dass anfangs die Passanten beim Vorbeifahren applaudierten.
»Verlass dich nicht darauf und schau nach dem Maultier ...«, mahnte die Señora, ehe sie den Kopf auf die Brust fallen ließ und wieder in tiefen Schlaf fiel.
Beim Teatro Coliseum wurde für den Abend des Weihnachtsfeiertages die Galavorstellung eines Films mit Harold Lloyd angekündigt. Einige Leute warteten neben dem Kartenschalter; nur wenige Meter weiter waren mehrere Herren heftig gestikulierend in ein lautes Gespräch verwickelt. Concha seufzte gelangweilt: So viel Enthusiasmus konnte nur der Katalanismus oder die Wirtschaftskrise hervorrufen. Ihr schien, dass sich die Männer in dieser weichen und anregenden Sprache unterhielten, die sich gleichermaßen dafür eignet, Republiken auszurufen wie Melonen zu verkaufen, doch sie mutmaßte, dass die Herren das erste Thema diskutierten.
Als die Zeit für das Mittagessen längst verstrichen war, kamen sie in dem prächtigen Familiensitz an. Früher wäre der Señora so eine Nachlässigkeit nicht unterlaufen. Festgelegte Uhrzeiten wurden peinlich genau eingehalten und bildeten das Räderwerk, mit dessen Hilfe die Familie Lax garantiert funktionierte. Um Viertel nach acht wurde gefrühstückt, zwischen zwölf und halb zwei ging man spazieren, pünktlich um zwei Uhr gab es das Mittagessen, der Rosenkranz wurde abends um sieben Uhr gebetet - mittwochs eine Viertelstunde später -, und anschließend gab es Abendessen. All das bot keinen Raum für irgendwelche Abweichungen. Mittwochs hielt die Señora ihre Treffen in der Bibliothek ab, donnerstags wurden Gäste empfangen, und sonntags besuchten alle die Zwölf-Uhr-Messe in der Iglesia de la Concepción, deren Pfarrer, Padre Eudaldo, üblicherweise danach mit der Familie zu Mittag aß. So verstrich beständig eine Woche nach der anderen, bis Weihnachten, die Karwoche und Ostern oder die Sommerfrische diese Routine unterbrachen.
An jenem 24. Dezember bat die Señora, ihr nur einen Tee auf ihr Zimmer zu bringen, und zog sich zurück, ohne jemanden zu begrüßen. Ihr Sohn Amadeo hatte am Esstisch auf sie gewartet - den geraden Rücken gegen die gepolsterte Lehne gepresst. Er begann zu essen, als er es leid war, der Suppe beim Erkalten zuzusehen, und war äußerst verärgert. Teresa, seine Frau, versuchte ihre Schwiegermutter mit deren Krankheit zu entschuldigen. Aber nicht nur deswegen verlief die Mahlzeit der Eheleute gedämpft und freudlos. Und schweigsam.
Am Nachmittag brachten mehrere Boten des Warenhauses die Einkäufe, die sorgfältig verpackt waren. Das Personal verstaute sie einstweilen in dem Lagerraum neben der Vorratskammer, ehe weitere Anweisungen dafür erteilt wurden. In der Küche herrschte wegen der Vorbereitungen für das Essen am nächsten Tag hektisches Treiben. Das Abendessen am Weihnachtsabend hingegen stellte für die Familie keine besondere Tradition dar: Alle Vorbereitungen galten dem Mittagessen am ersten Weihnachtsfeiertag.
Maria del Roser verließ den gesamten Nachmittag nicht mehr ihre Gemächer. Später rief sie nach Antonia, die ihr beim Zubettgehen helfen sollte. Die Angestellte, die erst vor vier Jahren mit Teresa in den Haushalt gekommen war, verließ das Zimmer mit vor Schreck verzerrtem Gesicht und sagte, sie habe die Señora noch nie dermaßen verwirrt und mit so vielen absurden Einfällen erlebt.
»Ich werde verrückt, wenn ich ihr noch eine Minute länger zuhöre«, fügte Antonia hinzu.
Daraufhin kümmerte sich Teresa um alles. Sie entschuldigte die Kammerfrau und übernahm selbst hingebungsvoll deren Aufgabe. Sie betrat das Zimmer ihrer Schwiegermutter wie ein Arzt, den man zu einem Notfall gerufen hatte. Kurz darauf kam sie wieder heraus und fragte nach Concha. Ihre Hände und ihre Stimme zitterten, als sie sie fragte: »Conchita, um der Liebe Gottes willen, weißt du, wo der Schlüssel zu Violetas Zimmer aufbewahrt wird?«
»Oh je! Nein, Señora. Ich glaube, wir haben ihn schon vor Jahren verloren, an dem Tag, als ... « Concha hielt inne und dachte erneut an den schlummernden Schmerz, den kein ausgesprochenes Wort wecken darf, ehe sie erklärte: »Ihre Schwiegermutter hat ihn in Händen gehabt, um die Tür endgültig zu verschließen. Seit jenem Tag habe ich ihn nie wieder gesehen.«
Teresa ließ sich von diesen Worten nicht entmutigen.
»Dann bewahrt sie selbst ihn irgendwo auf. Sie ist davon überzeugt, dass er sich unter ihrem Bett befindet und fordert mich andauernd auf, ihn zu suchen. Sie sagt, dass sie ihn in der Hand halten will«, berichtete Teresa. »Ich habe ihre Bitte befolgt und danach gesucht, aber dort ist nichts. Nicht einmal Staub.«
»Die Señora ist ein bisschen verrückt, das wissen Sie ebenso gut wie ich. Außerdem, Sie sollten sich nicht bücken«, warnte
Concha Teresa mit Blick auf deren noch kaum gewölbten Bauch.
»Das ist mehr als eine kleine Verrücktheit, Conchita. Ich habe sie noch nie in einer so schlechten Verfassung erlebt. Gerade hat sie mich darum gebeten, Juan kommen zu lassen. Sie sagt, dass sie ihren Sohn sehen möchte, ehe sie stirbt. Mir ist angst und bange. Weißt du, ob Amadeo zu Hause ist?«
Concha schüttelte den Kopf. Sie hatte Amadeo mit dem Rolls Royce wegfahren sehen, und zwar ohne den Fahrer. Er hatte selbst am Steuer gesessen. Und selbstverständlich wusste niemand, zu welcher Uhrzeit er gedachte heimzukommen. Wie immer.
»Conchita, du musst mir helfen«, bat Teresa.
»Glauben Sie, die Señora will in Violetas Zimmer gehen?«, wagte Concha zu fragen. »Allein die Vorstellung versetzt mich in Angst und Schrecken. Das wäre gefährlich für sie. Bedenken Sie doch, dort befindet sich alles noch in seinem alten Zustand.«
Teresas Blick war traurig. Unter ihren Augen zeichneten sich blaue Schatten ab. Sie führte ihre Hände zum Unterleib und krümmte den Rücken vor Erschöpfung.
»Wir müssen unbedingt diesen Schlüssel auftreiben«, sagte sie, »oder sie wird die ganze Nacht nicht schlafen können. Er muss doch irgendwo zu finden sein!«
Teresa rekrutierte aus dem Personal einen Suchtrupp und ließ ihn das ganze Haus bis in den letzten Winkel auf den Kopf stellen. Der Schlüssel war immer noch nicht aufgetaucht, als Amadeo um Viertel nach neun so elegant und kühl wie immer nach Hause kam. Teilnahmslos sah er sich kurz um, rief nach Conchita und bat darum, ihm das Abendessen in seinem Atelier zu servieren. Dann stolperte er über den kleinen Vorsprung unten an der Marmortreppe und strauchelte, ehe er die Treppe hochging.
Als Teresa erfuhr, dass ihr Mann zu Hause war, ging sie ins Atelier hinauf, um ihm von den Vorkommnissen zu berichten und um Erlaubnis zu bitten, seinen Bruder kommen zu lassen.
Kurz darauf kam sie mit feuchten Augen wieder hinunter. Concha erwartete sie ungeduldig unten am Treppenabsatz. »Dürfen wir Padre Juan anrufen?«
Teresa schüttelte den Kopf.
»Das habe ich befürchtet«, flüsterte die altgediente Hausangestellte mit grimmiger Miene.
Eine halbe Stunde später ging Laia - die Zwölfjährige war der Schlüsselsuche schnell überdrüssig geworden und von ihrer Mutter in die Küche geschickt worden - die Treppe zur Mansarde hoch und balancierte dabei ein Tablett, das reichlich mit Speisen bestückt war.
Teresa suchte weiterhin unermüdlich nach dem Schlüssel und ließ sich dabei weder von der Teilnahmslosigkeit ihres Ehemannes noch von ihrer eigenen Verzagtheit mitreißen. Concha forderte Teresa mehrfach auf, zu Bett zu gehen, und versprach ihr, mit dem Personal weiterzusuchen. Aber auch diesmal wollte die junge Señora nicht auf sie hören.
»Sie sollten sich nicht so anstrengen«, warnte Concha und fixierte erneut den Bauch der jungen Señora mit ihrem Blick. »Ich würde es mir niemals verzeihen, wenn Ihnen das Gleiche passiert wie letztes Frühjahr.«
»Mir wird schon nichts passieren«, erwiderte Teresa und lächelte sanft. »Ich bin schon im vierten Monat. Der Arzt hat mir gesagt, dass diesmal alles gut läuft.«
Vor einiger Zeit bereits hatte Teresa gelernt, die Beharrlichkeit zu ihrer stärksten Waffe zu machen.
Der Schlüssel tauchte schließlich gegen elf Uhr nachts auf, und zwar in dem Sekretär, der bei der älteren Señora in dem Vorzimmer stand, das ihr zuweilen als kleiner Privatsalon diente. Die triumphale Entdeckung machte Teresa, und als sie ihrer Schwiegermutter den Schlüssel überreichte, griff diese fest danach und auch nach der Hand, die ihn hielt.
»Bleib noch einen Augenblick, Teresa«, bat Maria del Roser resolut, »und sorg dafür, dass die anderen verschwinden.«
Ihre Zusammenkunft zog sich fast eine Stunde hin. Als Teresa das Zimmer von Doña Maria del Roser wieder verließ, hatte sie gerötete Augen und kreidebleiche Wangen. Sie schlief ohne zu essen ein. Der Tee und das Hefegebäck, die Antonia auf dem Tisch in ihrem Salon angerichtet hatte, waren noch am nächsten Tag unangetastet.
Die Nacht verlief in absoluter Ruhe. Nicht einmal der Nachtwächter ging an dem imposanten Eingangsportal des Hauses vorbei. Vielleicht war es diese große Stille, die, wie es heißt, großen Katastrophen vorausgeht.
In den folgenden Stunden, am Weihnachtsfeiertag 1932, ereigneten sich drei schreckliche Dinge: Maria del Roser Golorons verstarb in den frühen Morgenstunden in ihrem Bett, ihr Sohn Amadeo Lax verbrachte zum ersten Mal einen Teil der Nacht im Zimmer von Laia, der zwölfjährigen Tochter der Köchin, und am Morgen brannte das Warenhaus Grandes Almacenes El Siglo nieder.
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© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012
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Autoren-Porträt von Care Santos
Care Santos, 1970 in Barcelona geboren, ist Journalistin und Autorin von zahlreichen Büchern, von denen einige bereits in etliche Sprachen übersetzt wurden. Sie hat bereits mehrere spanische Literaturpreise gewonnen und war zuletzt für den Premio Primavera de Novela 2007 nominiert.
Bibliographische Angaben
- Autor: Care Santos
- 2012, 2, 536 Seiten, Maße: 15,4 x 21,9 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Karg, Stefanie
- Übersetzer: Stefanie Karg
- Verlag: FISCHER Krüger
- ISBN-10: 3810519456
- ISBN-13: 9783810519450
Rezension zu „Die Geister schweigen “
"Diesen Roman liest man nicht nur, man erfährt ihn mit allen Sinnen." El Cultural
"Ein schillerndes Fresko Barcelonas, das an Zafóns Schatten des Windes erinnert, und eine wunderbare Familiensaga." El Periódico
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