Die Offensive / Scarecrow Bd.2
'Ein Geheimlabor in der Wüste von Utah: Wissenschaftler entwickeln im Auftrag der Regierung einen wichtigen Impfstoff. Doch der ist auch für den Feind interessant, der seine Handlanger längst in das Labor eingeschleust hat. Als der US-Präsident die Anlage...
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Klappentext zu „Die Offensive / Scarecrow Bd.2 “
'Ein Geheimlabor in der Wüste von Utah: Wissenschaftler entwickeln im Auftrag der Regierung einen wichtigen Impfstoff. Doch der ist auch für den Feind interessant, der seine Handlanger längst in das Labor eingeschleust hat. Als der US-Präsident die Anlage inspiziert, beginnen die feindlichen Kräfte ihren hinterhältigen Angriff. Captain Shane Schofield und seine Elitetruppe versuchen mit allen Mitteln, sie zu stoppen und die Menschheit vor einem tödlichen Virus zu retten.
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Die Offensive von Matthew ReillyProlog
Schutztrakt
Bundesstrafanstalt Leavenworth
Leavenworth, Kansas
20. Januar, 12.00 Uhr
Es war sein letzter Wunsch.
Er wollte die feierliche Amtseinführung im Fernsehen mitverfolgen.
Zwar verschob sich der Flug nach Terre Haute dadurch um eine Stunde, doch andererseits - so dachten jedenfalls die zuständigen Beamten in Leavenworth - sollte man einem Verurteilten seinen letzten Wunsch nicht abschlagen.
Der Fernsehapparat warf ein flackerndes Licht auf die Betonwände der Zelle. Monotone Stimmen drangen aus den Lautsprechern:
»... Ich schwöre feierlich ...«
»... Ich schwöre feierlich ...«
»... dass ich das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika treulich wahrnehmen ...«
Der Gefangene blickte gebannt auf den Bildschirm.
Und dann breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus - obwohl er kaum noch zwei Stunden zu leben hatte.
Auf seinem Gefängnishemd stand: »T-77«.
Er war 59 Jahre alt, hatte ein wettergegerbtes Gesicht und fettiges, streng zurückgekämmtes schwarzes Haar. Trotz seines Alters war er ein großer, kräftiger Mann mit einem kräftigen Nacken und breiten Schultern. Die dunklen, blitzenden Augen zeugten von seiner Intelligenz. Er
war in Baton Rouge, Louisiana, geboren, und das hörte man an seiner Aussprache.
Bis vor kurzem war er im T-Trakt untergebracht gewesen, der den von anderen Häftlingen bedrohten Insassen vorbehalten war
Vor zwei Wochen hatte man ihn jedoch im Verlegungstrakt - auch Abflughalle genannt - einquartiert, ein Spezialtrakt für die zum Tode verurteilten Haftlinge. Von dort werden sie nach Indiana ins Bundesgefängnis Terre Haute gebracht, wo sie die Giftspritze erwartet.
... mehr
Leavenworth war ursprünglich ein Fort aus dem Bürgerkrieg und ist nun ein Hochsicherheitsgefängnis. Folglich sitzen dort nur jene Gefangenen ein, die gegen Bundesgesetze verstoßen haben - also Gewaltverbrecher, ausländische Spione und Terroristen, Mafiabosse sowie Gesetzesbrecher, Verräter und Deserteure der amerikanischen Streitkräfte.
In der Haftanstalt herrschen äußerst brutale Bedingungen. Armeedeserteure werden regelmäßig verprügelt oder bekommen den Buchstaben »D« auf die Stirn gebrannt. Ausländische Spione haben das Gerücht verbreitet, dass manchen Gefangenen dort Körperteile abgetrennt wurden, wie zum Beispiel den vier Terroristen aus dem Mittleren Osten, die wegen des Bomben-anschlags auf das World Trade Centre im Jahr 1993 verurteilt worden waren.
Die grausamste Behandlung aber ist einer besonderen Gruppe von Gefangenen vorbehalten, den Verrätern.
Es scheint so, als ob die Insassen von Leavenworth - darunter zahlreiche unehrenhaft aus der Armee entlassene Ex-Soldaten - ungeachtet ihrer Verbrechen ihrem Land einen tiefen Respekt entgegenbringen. Verräter werden nämlich zumeist schon in den ersten drei Tagen der Haft umgebracht.
William Anson Cole etwa war Analytiker bei der CIA und hatte Informationen über eine bevorstehende Operation der SEAL-Einsatzgruppen der Navy an die chinesische Regierung verkauft. Dies hatte zur Gefangennahme, Folterung und Ermordung aller sechs Soldaten geführt, die an der Operation beteiligt waren. Zwei Tage nach seiner Einlieferung in Leavenworth war Cole tot in seiner Zelle aufgefunden worden. Sein Rektum war aufgrund mehrfacher Penetration mit einem Billardstock eingerissen. Außerdem hatte man ihn gefesselt und ihn mit einem Stuhlbein stranguliert, was zweifellos an eine chinesische Foltermethode erinnern sollte, bei der der Gefangene mit einem Bambusstab erwürgt wird.
Der Gefangene T-77 saß wegen Mordes in Leavenworth ein. Genauer gesagt hatte er zwei höhere Navy-Offiziere ermorden lassen - ein Verbrechen, auf das der amerikanischen Militarrechtsprechung gemäß die Todesstrafe steht. Da die beiden getöteten Navy-Offiziere den Generalstabschefs als Berater zugeordnet gewesen waren, hatte sich der Gefangene T-77 zudem des Verrats schuldig gemacht. Des Hochverrats.
Aufgrund dessen - und wegen seines früheren hohen militärischen Rangs - war er im T-Trakt eingeliefert worden.
Doch nicht einmal im T-Trakt ist ein Häftling sicher. T-77 war während seines kurzen Aufenthalts mehrmals verprügelt worden, zweimal dermaßen schwer, dass seine Verletzungen Bluttransfusionen nötig machten.
Eigentlich hieß er Charles Samson Russel, und in seinem früheren Leben war er Drei-Sterne-Lieutenant General bei der US Air Force gewesen, Rufzeichen »Caesar«.
Er hatte einen IQ von 182 und war ein brillanter Offizier. Ausgestattet mit einem systematischen, messerscharfen Verstand war er der perfekte Kommandant.
Aufgrund dieser Eigenschaften erhielt er auch sein Rufzeichen.
Vor allem aber zeichnete er sich durch ein Wesensmerkmal aus. Er hatte Geduld.
Die beiden Männer im Fernsehen - der Präsident des obersten Bundesgerichts und der zukünftige Präsident - beendeten soeben ihr Duett. Sie standen im winterlichen Sonnenschein am Portikus des Kapitols. Der frisch gewählte Präsident hatte die Hand auf die Bibel gelegt.
.... und deren Verfassung ....
.... und deren Verfassung ....
»... nach besten Kräften bewahren, beschützen und verteidigen werde, so wahr mir Gott helfe.«
»... nach besten Kräften bewahren, beschützen und verteidigen werde, so wahr mir Gott helfe.«
Fünfzehn Jahre, dachte Caesar.
Fünfzehn Jahre lang hatte er gewartet.
Und jetzt war es endlich soweit.
Leicht war es nicht gewesen. Mehrfach hatte es Pannen gegeben - einer hatte es sogar bis zur Wahl des Vizepräsidentschaftskandidaten gebracht, war dann aber doch knapp gescheitert. Vier weitere waren bis zur Vorwahl in New Hampshire gekommen, hatten es dann aber nicht geschafft, sich von ihrer Partei aufstellen zu lassen.
Außerdem gab es natürlich immer Leute, die sich aus der Politik zurückzogen, bevor man ihre Eignung zum Präsidentenamt auch nur ernsthaft auf die Probe gestellt hatte, so wie dieser Woolf zum Beispiel. Das erhöhte zwar die Kosten, doch darauf kam es letztlich nicht an. Auch Senator Woolf hatte einem guten Zweck gedient.
Aber jetzt ...
Jetzt war alles anders.
Er hatte es geschafft.
Seine Theorie gründete auf einer ganz simplen Tatsache.
In den vergangenen vierzig Jahren gehörten mit zwei Ausnahmen sämtliche amerikanischen Präsidenten einem von zwei ausgesprochen elitären Clubs an: entweder dem der Gouverneure oder dem der Senatoren.
Kennedy, Johnson und Nixon waren Senatoren gewesen, bevor sie Präsidenten wurden. Carter, Reagan, Clinton und Bush Junior waren zuvor Gouverneure gewesen. George Bush Senior und Gerald Ford waren die einzigen Ausnahmen: Bush gehörte dem Repräsentantenhaus an, nicht dem Senat, und Fords Aufstieg ins Präsidentenamt folgte einer eigenen Dynamik.
Wie General Charles Russel außerdem herausgefunden hatte, waren einflussreiche Männer gesundheitlich äußerst anfällig.
Ihr exzessiver Lebenswandel - viel Stress, ständig auf Reisen, zu wenig Bewegung - forderte häufig Tribut von ihrem Körper.
Doch während es nahezu unmöglich war, den Sender in den Herzmuskel eines amtierenden Präsidenten einzupflanzen, war es in Anbetracht der beschränkten Auswahl an Kandidaten - eben Senatoren und Gouverneure - denkbar, ihn zu implantieren, bevor der Kandidat Präsident wurde.
Die Statistik sprach für sich selbst.
Zweiundvierzig Prozent der US-Senatoren waren während ihrer Amtszeit an der Gallenblase operiert worden, denn übergewichtige Männer in mittleren Jahren leiden häufig an Gallensteinen.
Von den verbleibenden achtundfünfzig Prozent mussten sich genau vier während ihrer politischen Karriere keiner Operation unterziehen.
Operationen an Nieren und Leber wurden sehr häufig durchgeführt. Dazu kamen noch einige Bypass-Operationen - dabei war es besonders leicht, das Gerat zu implantieren - und Probleme mit der Prostata.
Und dann war da noch der vorliegende Fall.
In der zweiten Hälfte seiner Amtsperiode hatte der Gouverneur eines großen Bundesstaates im Südwesten über Schmerzen in der Brust und über Atemnot geklagt. Die Untersuchung durch einen Arzt des Luftwaffenstützpunkts am Rande von Houston hatte eine Schädigung des linken Lungenflügels aufgrund übermäßigen Rauchens ergeben.
Bei einem gelungenen Eingriff, der die Verwendung modernster Glasfaserkameras und ultrakleiner, so genannter nanotechnischer chirurgischer Instrumente notwendig machte, hatte man die Lungentätigkeit wiederhergestellt und dem Gouverneur geraten, das Rauchen aufzugeben.
Was der Gouverneur allerdings nicht wusste, war, dass der Chirurg der Air Force ein zweites nanotechnisches Gerat - einen stecknadelkopfgroßen Sender - an der Außenwand seines Herzens angebracht hatte.
Der Sender bestand aus zum Teil löslichem Plastik, einem halborganischen Material, das sich im Laufe der Zeit mit dem Herzgewebe des Gouverneurs verbinden sollte. Am Ende würde der Sender nur noch einem harmlosen Blutgerinnsel ähneln, sodass er gegen die Entdeckung durch Röntgenuntersuchungen oder Ähnliches gefeit wäre. Ein größeres beziehungsweise anders beschaffenes Gerat wäre bei der ersten gründlichen Untersuchung des angehenden Präsidenten entdeckt worden, und dazu durfte es natürlich nicht kommen.
Als letzte Vorsichtsmal3nahme setzte man das Teil »kalt« ein. Das Wanzen-Aufspürsystem des Weißen Hauses, AXS-7, hatte das Funksignal nämlich augenblicklich gemeldet.
Einschalten würde man den Sender erst später, wenn es so weit war.
Wie üblich wurde zum Schluss der geglückten Lungenoperation noch ein Gipsabguss der rechten Hand des Gouverneurs angefertigt.
Zehn Minuten nach der Fernsehübertragung kamen die Wärter.
An Händen und Füßen gefesselt wurde General Charles Caesar Russel aus der Zelle zum wartenden Flugzeug geführt.
Der Flug nach Indiana verlief ohne Zwischenfälle, genauso wie der Gang zum Injektionsraum.
In der Videoaufzeichnung sah man ihn später wie Christus in der Horizontalen auf dem Injektionstisch liegen. An Armen und Beinen mit Lederriemen gefesselt weigerte sich der Gefangene, die Sterbesakramente zu empfangen. Er verzichtete auf ein Abschiedswort und außerte auch keinerlei Bedauern über seine Verbrechen. Vielmehr sagte er während der Vorbereitungen für die Injektion kein einziges Wort. Dies entsprach Russels Verhalten in der gesamten Zeit nach der Verhandlung. Da er keinen Einspruch eingelegt hatte, ließ seine Hinrichtung nicht Lange auf sich warten.
Die Richter des Militärgerichts, die ihn zum Tode verurteilten, hatten erklärt, sein Verbrechen sei derart verabscheuungswürdig, dass er das Gefängnis keinesfalls lebend verlassen werde.
Sie hatten Recht behalten.
Am 20. Januar um 15.37 Uhr wurde die Hinrichtung vollzogen. Erst wurden fünfzig Milligramm Natriumthiopental injiziert, das den Verurteilten bewusstlos machte, dann zehn Milligramm Pancuroniumbromid, das die Atmung zum Stillstand brachte, und schließlich zwanzig Milligramm Kaliumchlorid, das Russels Herz lahmte.
Drei Minuten später, um 15.40 Uhr, wurde Lieutenant General Charles Samson Russel vom Coroner von Terre Haute für tot erklärt.
Da der General keine lebenden Verwandten hatte, wurde sein Leichnam von Angehörigen der US Air Force abtransportiert, damit er unverzüglich eingeäschert werden konnte.
Um 15.32 Uhr - zwölf Minuten, nachdem er offiziell für tot erklärt worden war, raste ein Notarztwagen durch die Straßen von Terre Haute. Im Innern drückte man dem toten General zwei Defibrillator-Elektroden auf die Brust.
»Schock!«, rief einer der Mediziner der Air Force.
Als der erste Stromstoß durch den Körper des Generals jagte, verkrampfte er sich.
Beim dritten passierte es.
Auf dem EKG-Monitor an der Wand erschien ein kleiner Zacken.
Der Herzschlag des Generals hatte wieder eingesetzt. Kurz darauf schlug sein Herz regelmäßig.
Wie General Russel wusste, setzt der Tod ein, wenn das Herz den Körper nicht mehr mit Sauerstoff versorgt. Die Atmung reichert das Blut mit Sauerstoff an, und das Herz verteilt das Blut im Körper.
Der Vorrat an mit Sauerstoff übersättigtem Blut, der in Russels Adern kreiste, hatte ihn während dieser entscheidenden zwölf Minuten am Leben erhalten. Es handelte sich um Blut, dem man mit Hilfe eines biotechnischen Verfahrens sauerstoffreiche rote Blutkörperchen hinzugefügt und das in der Zwischenzeit Russels Gehirn sowie seine lebenswichtigen Organe mit Sauerstoff versorgt hatte. Und das, obwohl sein Herz nicht mehr schlug. Das Blut hatte man dem General mit den zwei Transfusionen verabreicht, die nach den bedauerlichen Zwischenfällen in Leavenworth notwendig geworden waren.
Übersetzung: Norbert Stöbe
© Copyright by Ullstein TB Verlags
Leavenworth war ursprünglich ein Fort aus dem Bürgerkrieg und ist nun ein Hochsicherheitsgefängnis. Folglich sitzen dort nur jene Gefangenen ein, die gegen Bundesgesetze verstoßen haben - also Gewaltverbrecher, ausländische Spione und Terroristen, Mafiabosse sowie Gesetzesbrecher, Verräter und Deserteure der amerikanischen Streitkräfte.
In der Haftanstalt herrschen äußerst brutale Bedingungen. Armeedeserteure werden regelmäßig verprügelt oder bekommen den Buchstaben »D« auf die Stirn gebrannt. Ausländische Spione haben das Gerücht verbreitet, dass manchen Gefangenen dort Körperteile abgetrennt wurden, wie zum Beispiel den vier Terroristen aus dem Mittleren Osten, die wegen des Bomben-anschlags auf das World Trade Centre im Jahr 1993 verurteilt worden waren.
Die grausamste Behandlung aber ist einer besonderen Gruppe von Gefangenen vorbehalten, den Verrätern.
Es scheint so, als ob die Insassen von Leavenworth - darunter zahlreiche unehrenhaft aus der Armee entlassene Ex-Soldaten - ungeachtet ihrer Verbrechen ihrem Land einen tiefen Respekt entgegenbringen. Verräter werden nämlich zumeist schon in den ersten drei Tagen der Haft umgebracht.
William Anson Cole etwa war Analytiker bei der CIA und hatte Informationen über eine bevorstehende Operation der SEAL-Einsatzgruppen der Navy an die chinesische Regierung verkauft. Dies hatte zur Gefangennahme, Folterung und Ermordung aller sechs Soldaten geführt, die an der Operation beteiligt waren. Zwei Tage nach seiner Einlieferung in Leavenworth war Cole tot in seiner Zelle aufgefunden worden. Sein Rektum war aufgrund mehrfacher Penetration mit einem Billardstock eingerissen. Außerdem hatte man ihn gefesselt und ihn mit einem Stuhlbein stranguliert, was zweifellos an eine chinesische Foltermethode erinnern sollte, bei der der Gefangene mit einem Bambusstab erwürgt wird.
Der Gefangene T-77 saß wegen Mordes in Leavenworth ein. Genauer gesagt hatte er zwei höhere Navy-Offiziere ermorden lassen - ein Verbrechen, auf das der amerikanischen Militarrechtsprechung gemäß die Todesstrafe steht. Da die beiden getöteten Navy-Offiziere den Generalstabschefs als Berater zugeordnet gewesen waren, hatte sich der Gefangene T-77 zudem des Verrats schuldig gemacht. Des Hochverrats.
Aufgrund dessen - und wegen seines früheren hohen militärischen Rangs - war er im T-Trakt eingeliefert worden.
Doch nicht einmal im T-Trakt ist ein Häftling sicher. T-77 war während seines kurzen Aufenthalts mehrmals verprügelt worden, zweimal dermaßen schwer, dass seine Verletzungen Bluttransfusionen nötig machten.
Eigentlich hieß er Charles Samson Russel, und in seinem früheren Leben war er Drei-Sterne-Lieutenant General bei der US Air Force gewesen, Rufzeichen »Caesar«.
Er hatte einen IQ von 182 und war ein brillanter Offizier. Ausgestattet mit einem systematischen, messerscharfen Verstand war er der perfekte Kommandant.
Aufgrund dieser Eigenschaften erhielt er auch sein Rufzeichen.
Vor allem aber zeichnete er sich durch ein Wesensmerkmal aus. Er hatte Geduld.
Die beiden Männer im Fernsehen - der Präsident des obersten Bundesgerichts und der zukünftige Präsident - beendeten soeben ihr Duett. Sie standen im winterlichen Sonnenschein am Portikus des Kapitols. Der frisch gewählte Präsident hatte die Hand auf die Bibel gelegt.
.... und deren Verfassung ....
.... und deren Verfassung ....
»... nach besten Kräften bewahren, beschützen und verteidigen werde, so wahr mir Gott helfe.«
»... nach besten Kräften bewahren, beschützen und verteidigen werde, so wahr mir Gott helfe.«
Fünfzehn Jahre, dachte Caesar.
Fünfzehn Jahre lang hatte er gewartet.
Und jetzt war es endlich soweit.
Leicht war es nicht gewesen. Mehrfach hatte es Pannen gegeben - einer hatte es sogar bis zur Wahl des Vizepräsidentschaftskandidaten gebracht, war dann aber doch knapp gescheitert. Vier weitere waren bis zur Vorwahl in New Hampshire gekommen, hatten es dann aber nicht geschafft, sich von ihrer Partei aufstellen zu lassen.
Außerdem gab es natürlich immer Leute, die sich aus der Politik zurückzogen, bevor man ihre Eignung zum Präsidentenamt auch nur ernsthaft auf die Probe gestellt hatte, so wie dieser Woolf zum Beispiel. Das erhöhte zwar die Kosten, doch darauf kam es letztlich nicht an. Auch Senator Woolf hatte einem guten Zweck gedient.
Aber jetzt ...
Jetzt war alles anders.
Er hatte es geschafft.
Seine Theorie gründete auf einer ganz simplen Tatsache.
In den vergangenen vierzig Jahren gehörten mit zwei Ausnahmen sämtliche amerikanischen Präsidenten einem von zwei ausgesprochen elitären Clubs an: entweder dem der Gouverneure oder dem der Senatoren.
Kennedy, Johnson und Nixon waren Senatoren gewesen, bevor sie Präsidenten wurden. Carter, Reagan, Clinton und Bush Junior waren zuvor Gouverneure gewesen. George Bush Senior und Gerald Ford waren die einzigen Ausnahmen: Bush gehörte dem Repräsentantenhaus an, nicht dem Senat, und Fords Aufstieg ins Präsidentenamt folgte einer eigenen Dynamik.
Wie General Charles Russel außerdem herausgefunden hatte, waren einflussreiche Männer gesundheitlich äußerst anfällig.
Ihr exzessiver Lebenswandel - viel Stress, ständig auf Reisen, zu wenig Bewegung - forderte häufig Tribut von ihrem Körper.
Doch während es nahezu unmöglich war, den Sender in den Herzmuskel eines amtierenden Präsidenten einzupflanzen, war es in Anbetracht der beschränkten Auswahl an Kandidaten - eben Senatoren und Gouverneure - denkbar, ihn zu implantieren, bevor der Kandidat Präsident wurde.
Die Statistik sprach für sich selbst.
Zweiundvierzig Prozent der US-Senatoren waren während ihrer Amtszeit an der Gallenblase operiert worden, denn übergewichtige Männer in mittleren Jahren leiden häufig an Gallensteinen.
Von den verbleibenden achtundfünfzig Prozent mussten sich genau vier während ihrer politischen Karriere keiner Operation unterziehen.
Operationen an Nieren und Leber wurden sehr häufig durchgeführt. Dazu kamen noch einige Bypass-Operationen - dabei war es besonders leicht, das Gerat zu implantieren - und Probleme mit der Prostata.
Und dann war da noch der vorliegende Fall.
In der zweiten Hälfte seiner Amtsperiode hatte der Gouverneur eines großen Bundesstaates im Südwesten über Schmerzen in der Brust und über Atemnot geklagt. Die Untersuchung durch einen Arzt des Luftwaffenstützpunkts am Rande von Houston hatte eine Schädigung des linken Lungenflügels aufgrund übermäßigen Rauchens ergeben.
Bei einem gelungenen Eingriff, der die Verwendung modernster Glasfaserkameras und ultrakleiner, so genannter nanotechnischer chirurgischer Instrumente notwendig machte, hatte man die Lungentätigkeit wiederhergestellt und dem Gouverneur geraten, das Rauchen aufzugeben.
Was der Gouverneur allerdings nicht wusste, war, dass der Chirurg der Air Force ein zweites nanotechnisches Gerat - einen stecknadelkopfgroßen Sender - an der Außenwand seines Herzens angebracht hatte.
Der Sender bestand aus zum Teil löslichem Plastik, einem halborganischen Material, das sich im Laufe der Zeit mit dem Herzgewebe des Gouverneurs verbinden sollte. Am Ende würde der Sender nur noch einem harmlosen Blutgerinnsel ähneln, sodass er gegen die Entdeckung durch Röntgenuntersuchungen oder Ähnliches gefeit wäre. Ein größeres beziehungsweise anders beschaffenes Gerat wäre bei der ersten gründlichen Untersuchung des angehenden Präsidenten entdeckt worden, und dazu durfte es natürlich nicht kommen.
Als letzte Vorsichtsmal3nahme setzte man das Teil »kalt« ein. Das Wanzen-Aufspürsystem des Weißen Hauses, AXS-7, hatte das Funksignal nämlich augenblicklich gemeldet.
Einschalten würde man den Sender erst später, wenn es so weit war.
Wie üblich wurde zum Schluss der geglückten Lungenoperation noch ein Gipsabguss der rechten Hand des Gouverneurs angefertigt.
Zehn Minuten nach der Fernsehübertragung kamen die Wärter.
An Händen und Füßen gefesselt wurde General Charles Caesar Russel aus der Zelle zum wartenden Flugzeug geführt.
Der Flug nach Indiana verlief ohne Zwischenfälle, genauso wie der Gang zum Injektionsraum.
In der Videoaufzeichnung sah man ihn später wie Christus in der Horizontalen auf dem Injektionstisch liegen. An Armen und Beinen mit Lederriemen gefesselt weigerte sich der Gefangene, die Sterbesakramente zu empfangen. Er verzichtete auf ein Abschiedswort und außerte auch keinerlei Bedauern über seine Verbrechen. Vielmehr sagte er während der Vorbereitungen für die Injektion kein einziges Wort. Dies entsprach Russels Verhalten in der gesamten Zeit nach der Verhandlung. Da er keinen Einspruch eingelegt hatte, ließ seine Hinrichtung nicht Lange auf sich warten.
Die Richter des Militärgerichts, die ihn zum Tode verurteilten, hatten erklärt, sein Verbrechen sei derart verabscheuungswürdig, dass er das Gefängnis keinesfalls lebend verlassen werde.
Sie hatten Recht behalten.
Am 20. Januar um 15.37 Uhr wurde die Hinrichtung vollzogen. Erst wurden fünfzig Milligramm Natriumthiopental injiziert, das den Verurteilten bewusstlos machte, dann zehn Milligramm Pancuroniumbromid, das die Atmung zum Stillstand brachte, und schließlich zwanzig Milligramm Kaliumchlorid, das Russels Herz lahmte.
Drei Minuten später, um 15.40 Uhr, wurde Lieutenant General Charles Samson Russel vom Coroner von Terre Haute für tot erklärt.
Da der General keine lebenden Verwandten hatte, wurde sein Leichnam von Angehörigen der US Air Force abtransportiert, damit er unverzüglich eingeäschert werden konnte.
Um 15.32 Uhr - zwölf Minuten, nachdem er offiziell für tot erklärt worden war, raste ein Notarztwagen durch die Straßen von Terre Haute. Im Innern drückte man dem toten General zwei Defibrillator-Elektroden auf die Brust.
»Schock!«, rief einer der Mediziner der Air Force.
Als der erste Stromstoß durch den Körper des Generals jagte, verkrampfte er sich.
Beim dritten passierte es.
Auf dem EKG-Monitor an der Wand erschien ein kleiner Zacken.
Der Herzschlag des Generals hatte wieder eingesetzt. Kurz darauf schlug sein Herz regelmäßig.
Wie General Russel wusste, setzt der Tod ein, wenn das Herz den Körper nicht mehr mit Sauerstoff versorgt. Die Atmung reichert das Blut mit Sauerstoff an, und das Herz verteilt das Blut im Körper.
Der Vorrat an mit Sauerstoff übersättigtem Blut, der in Russels Adern kreiste, hatte ihn während dieser entscheidenden zwölf Minuten am Leben erhalten. Es handelte sich um Blut, dem man mit Hilfe eines biotechnischen Verfahrens sauerstoffreiche rote Blutkörperchen hinzugefügt und das in der Zwischenzeit Russels Gehirn sowie seine lebenswichtigen Organe mit Sauerstoff versorgt hatte. Und das, obwohl sein Herz nicht mehr schlug. Das Blut hatte man dem General mit den zwei Transfusionen verabreicht, die nach den bedauerlichen Zwischenfällen in Leavenworth notwendig geworden waren.
Übersetzung: Norbert Stöbe
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Autoren-Porträt von Matthew Reilly
Der Australier Matthew Reilly wurde 1974 geboren und studierte Jura an der Universität von New South Wales. Sein erster Roman Ice Station hat sich weltweit über fünf Millionen Mal verkauft. Mit Der Tempel und Showdown avancierte Reilly zum Bestsellerautor. Seine Bücher wurden in über 20 Sprachen übersetzt. Weitere Informationen finden Sie unter: www.matthewreilly.comNorbert Stöbe, geboren 1953 in Troisdorf, begann schon als Chemiestudent zu schreiben. Neben seiner Tätigkeit als Chemiker am Institut Textilchemie und Makromolekulare Chemie der RWTH Aachen begann er zudem als Übersetzer zu arbeiten. Norbert Stöbe ist einer der bekanntesten deutschen Science-Fiction-Schriftsteller. Für seine Romane wurde er bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Norbert Stöbelebt als freier Autor und Übersetzer in Stolberg-Dorff.
Bibliographische Angaben
- Autor: Matthew Reilly
- 2013, 557 Seiten, Maße: 12 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10: 3548285929
- ISBN-13: 9783548285924
- Erscheinungsdatum: 13.09.2013
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