Die Oger, 3 Bände im Paket
"Die Oger", "Der Rubin der Oger" und "Blutiger Winter"
- Die Oger: Oger sind dumm! Sehr dumm sogar. Doch durch Magie kann sich vieles ändern.
Mogda ist ein Oger. Schon immer war er schwer von Begriff und führte ein einfältiges Dasein, das vornehmlich aus...
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Produktinformationen zu „Die Oger, 3 Bände im Paket “
- Die Oger: Oger sind dumm! Sehr dumm sogar. Doch durch Magie kann sich vieles ändern.
Mogda ist ein Oger. Schon immer war er schwer von Begriff und führte ein einfältiges Dasein, das vornehmlich aus Fressen und Schlafen bestand.
Eines Tages jedoch überfällt er einen Magier und erbeutet ein seltsames Amulett. Als er sich das Schmuckstück arglos überstreift, ist plötzlich alles anders als zuvor. Denn das Amulett besitzt magische Kräfte und verleiht Mogda etwas, das ihm bislang völlig fremd war: Intelligenz. - Der Rubin der Oger: Ein riesiger Rubin, eine uralte Prophezeiung und ein Oger, wie er mutiger nicht sein kann.
Tief unter dem Gebirge ihrer neuen Heimat bauen die Oger roten Marmor ab, mit dem sie Handel treiben. Eines Tages finden sie einen gewaltigen Rubin. Der Edelstein weckt nicht nur die Habgier der verbündeten Zwerge, auch ein geheimnisvoller Fremder interessiert sich sehr für ihn.
Mit gutem Grund, denn der Stein birgt ein Geheimnis. Ein Geheimnis, das nur der kluge Oger Mogda zu lüften vermag. - Blutiger Winter: "Anführer müssen schlau sein. Deshalb haben die Oger keine." Feldherr aus Nelbor
Im Lande Nelbor kommt kein Kind mehr zur Welt. Menschen, Oger und Orks – alle drohen auszusterben. Um das Rätsel zu ergründen, bräuchte man vor allem eines: einen prachtvollen Helden mit blitzender Rüstung und überragender Intelligenz. Stattdessen zieht der dicke Oger Mogda los. Man sagt zwar, Oger seien hässlich wie die Nacht und dumm wie Stroh. Mogda jedoch ist nur hässlich wie die Nacht.
PHANTASTIK-COUCH.DE
Lese-Probe zu „Die Oger, 3 Bände im Paket “
Die Oger von Stephan RussbültProlog
Auszug aus der Enzyklopaedia Mystica
Aufzeichnungen des Hofmagiers und Gelehrten der Universität zu Turmstein, Rodasan Libricus
Über die Rassen Nelbors
Oger:
... mehr
Die Oger sind eine Rasse von riesenhaften Barbaren mit menschenähnlichem Aussehen. Ihre geistigen Fähigkeiten sind äußerst beschränkt, und ihr Umgang miteinander ist derb und oft gewalttätig. Oger sind grobschlächtig, scheuen das Wasser und die körperliche Reinigung und verhalten sich gegenüber allen anderen Rassen sehr feindselig. Ihre Kleidung ist auf das Nötigste beschränkt und lässt auf ein mangelndes Schamgefühl schließen. Zum Zweck der Vermehrung bilden männliche und weibliche Oger meist in vorgeschrittenem Alter eine kurzfristige Partnerschaft, die mit der Geburt des Nachwuchses endet. Durch ihre körperlichen Attribute - sie sind bis zu zehn Fuß groß und wiegen mehr als achthundert Pfund - sind sie äußerst gefährlich. Die Bekämpfung von einzelnen Exemplaren in derNähe von Siedlungen sollte nur durch gut ausgebildete Krieger erfolgen. Ihre Bewaffnung besteht meist aus simplen Waffen wie Keulen, deren Wirkung man dennoch nicht unterschätzen sollte, da sie mit ungeheurer Wucht geführt werden.
Oger jagen alles, was für sie als Nahrung verwertbar sein könnte. Sie stehlen Vieh und Haustiere, vergreifen sich aber auch an Kornspeichern, wenn sie Hunger leiden. Entgegen allen Gerüchten konnte bislang nicht bestätigt werden, dass Oger ihresgleichen verspeisen oder je einen Menschen zum Zweck des Verzehrs getötet haben.
Die meisten Oger beherrschen unsere Sprache nur bruchstückhaft, und eine Verständigung mit ihnen ist nur schwer möglich.
Weibliche Oger sind recht selten und äußerst scheu. Sie verschanzen sich hoch oben in den Bergen und hüten die Jungen, bis diese ausgewachsen sind, was ungefähr nach fünf Jahren der Fall ist.
Viele Oger sind recht behäbig. Durch ihre unkontrollierte Nahrungsaufnahme und ihre ausgeprägte Abneigung gegen jede Art von überflüssiger Bewegung leiden sie oft unter Fettleibigkeit.
Versuche, sie in Gefangenschaft zu einfacher körperlicher Arbeit anzuleiten, sind bislang gescheitert.
Sie huldigen dem Gott Tabal, wie andere bösartige Völker auch.
Nachtrag:
Einige Jahre später sollte diese Charakterisierung vollständig überarbeitet werden. Noch später entschloss man sich, den Text über Oger komplett aus den Büchern zu streichen und lieber über Rassen zu berichten, die es nicht als Sport betrachteten, Gelehrte über Stadtmauern zu werfen.
1
Jäger und Gejagte
»Trödel nicht so rum. Was machst du da eigentlich?«
»Ich suche Spuren, damit wir nicht in eine Falle laufen.«
»Bist du besoffen? Die Füße dieses Viehs sind so groß wie Schweinetröge, man kann seine Spuren gar nicht übersehen. Außerdem, hast du schon mal gehört, dass eins von diesen Biestern jemandem eine Falle gestellt hat?«
Der kleinere der beiden Männer zuckte mit den Schultern und zog verlegen mit seinem Fuß Linien am Boden.
Der andere schüttelte den Kopf und wandte sich ab, um die Verfolgung fortzusetzen. »Los, komm schon, du Schwachkopf«, brummte er und setzte sich in Bewegung.
Es war früher Nachmittag, und die Sonne stand an einem strahlend blauen Himmel. Dennoch ließ die Kühle dieses Herbsttages erahnen, dass ein strenger Winter bevorstand.
Die Spur, der die beiden Jäger folgten, verlief auf einem Wildpfad. Der Wald wurde hier immer dichter, und die Laubbäume wichen großen Nadelbäumen, die dem Wald den Namen Tannenverlies eingebracht hatten. Nach einer weiteren Meile erreichten die Tannen eine Höhe von bis zu vierzig Schritt und standen so dicht zusammen, dass kaum noch Tageslicht auf den Waldboden fiel.
Die beiden Gefährten waren bereits seit vier Stunden auf der Spur ihrer Beute, und langsam machte sich ihre Erschöpfung bemerkbar. Sie machten Rast, um sich mit Wasser und einigen Bissen Dörrfleisch zu stärken.
»Häng deinen Bogen an eine Astgabel. Wir holen ihn auf dem Rückweg wieder ab. Er wird uns hier im Dickicht nur stören«, sagte der größere der beiden Jäger, der das Kommando hatte.
»Meinst du nicht, es wäre besser, ihn aus der Entfernung zu erledigen, als sich zu nah an ihn heranzuwagen?«
»Nein, denn mein Plan war es ja, ihn ins Dickicht zu treiben, damit seine Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist und wir leichtes Spiel haben. Aber wenn du einen besseren Vorschlag hast, dann nur heraus damit. Allerdings hört dir sowieso keiner zu. Besser wäre es noch, du würdest das Maul ganz halten, denn sonst muss ich Trebor sagen, dass du es leider nicht geschafft hast.«
»Warum hat er wohl das Schaf von Meister Trebor mitnehmen wollen?«, fragte der kleinere Jäger nach einiger Zeit. »Und was soll ich bitte schön nicht geschafft haben?«
»Die Rückkehr, du Schwachkopf«, kam prompt die Antwort, gefolgt von einer hart geschlagenen Geraden.
Der kleine Mann klappte zusammen. Seine Beine sackten weg und vollführten eine Drehung, sodass er beinahe im Schneidersitz landete. Er hob die Hände vor sein Gesicht und drückte die Nasenflügel zusammen, aus denen langsam Blut sickerte. Die routinierte Geste bewies, dass dies nicht die erste schlagfertige Antwort auf eine nicht allzu kluge Frage gewesen war, die er bekommen hatte.
Sein Begleiter stand einfach da und richtete seine Kleidung. Nach wenigen Augenblicken erhob sich der jüngere wieder. Seine Nase hörte rasch auf zu bluten. Gerade wollte er seinen Gefährten an die Schulter tippen und ihn fragen, ob er vielleicht einen Lappen hätte, doch er hielt in der Bewegung inne und nahm schließlich seinen Ärmel und ein bisschen Spucke zu Hilfe, um sein Gesicht zu säubern. Schweigend setzten sie ihren Weg fort.
Nachdem sie noch eine Weile gelaufen waren, brach der Anführer das Schweigen seinerseits und fragte: »Tut es noch weh? Du musst einfach disziplinierter werden, wenn du so ein Vieh jagen willst. Das ist hier kein Picknick. Jeder Fehler kann tödlich sein.«
»Ja«, lautete die knappe Antwort.
Der größere Mann blickte sich um und nickte seinem Kollegen aufmunternd zu. »Hier ist ein gutes Versteck für die Bögen.«
Sie hingen beide ihre Langbögen an einen Ast und folgten in leicht gebückter Haltung weiter der Spur ihrer Beute. Die Fußabdrücke waren im Waldboden gut zu erkennen, aber auch die abgebrochenen Zweige waren ein unübersehbarer Wegweiser. Das Sonnenlicht drang nur noch schemenhaft durch das Geäst und verschlechterte die Sicht der Verfolger enorm.
»Kann er eigentlich im Dunkeln sehen?«
»Ja, sicher«, erwiderte der Anführer gereizt, »er kann nur nichts erkennen, weil alles schwarz ist.«
Die Bäume in diesem Teil des Waldes waren gigantisch. Viele waren über fünfzig Schritt hoch und maßen fast zwei Schritt im Durchmesser. Hier konnten die Männer wieder aufrecht gehen und mussten nur ab und zu einigen Ästen ausweichen.
Als der Anführer sich wieder nach vorn wandte, traf ihn ein zurückschnellender Ast von der Dicke eines kräftigen Oberarms am Kopf. Sein halb geöffneter Mund erleichterte es dem Ast, eine hübsche Zahl Vorderzähne auszuschlagen und ihn zu Boden zu werfen. Hinter dem Stamm schnellte ein riesiger Arm hervor und packte den noch auf den Beinen stehenden kleineren Mann am Gürtel und schlug ihn mit voller Kraft gegen den Baum.
Er hatte dem Aufprall nichts entgegenzusetzen. Die Luft wurde ihm aus den Lungen gepresst, und ein furchtbares Krachen der Knochen war zu vernehmen. Er sank ebenfalls zu Boden.
Jetzt wurden die Äste des Baumes zur Seite gedrückt, und der Oberkörper einer riesigen menschenähnlichen Kreatur kam zum Vorschein. Das Geschöpf war ungefähr neun Fuß groß. Sein Kopf war etwas nach vorn gestreckt, und die Gliedmaßen schienen zu lang für seinen mächtigen Körper zu sein. Insgesamt machte es einen kämpferischen und auf jeden Fall brutalen Eindruck. Das breite Kinn und die vorgeschobenen Augenbrauenwülste ließen das Wesen nicht allzu intelligent aussehen.
Mit einem Schritt stand es über seinen beiden Verfolgern und beendete den Kampf mit einem nachlässig ausgeführten Vorhand- und einem Rückhandschlag.
Das Letzte, was die beiden Männer hörten, war: »Bin kein Vieh - bin Mogda ... bin Oger. «
2
Das Duell
Ohne eine Verschnaufpause einzulegen, machte Mogda sich daran, seine beiden kürzlich verstorbenen Widersacher zu untersuchen. Er vermutete bei ihnen zwar nichts zu essen, aber er wusste, dass Menschen meist kleine Metallplättchen oder lustige bunte Steine bei sich trugen, mit denen er bei den Orks gute Tauschgeschäfte machen konnte. Er verstand zwar nicht, warum die Orks sich so darüber freuten, aber wer begriff schon, was einem Ork gefiel? Mit den Waffen der Menschen konnte er hingegen nicht viel anfangen, dafür waren sie einfach zu zierlich und zerbrachen viel zu leicht in seinen Fäusten.
Nachdem er seine Untersuchung beendet hatte, warf er sich den kleineren Mann über die Schulter, und den anderen zog er einfach am Fußgelenk hinter sich her. Ihm war klar, dass der Rückweg dadurch deutlich länger dauern würde, besonders in diesem Dickicht. Aber er hoffte darauf, dass die beiden Toten dem alten Mann im Turm so viel Angst einjagten, dass er flüchten würde, und Mogda sich in Ruhe seine Schafe schnappen konnte.
Er musste die Schafe unbedingt haben, denn der kommende Winter würde sicher noch härter werden, als der im letzten Jahr. Langes Jagen gefiel ihm nicht, denn es war schwierig, sich an ein Reh auf Keulenreichweite heranzupirschen, wenn man fast fünfhundert Pfund wog, im Schleichen eine Niete war und roch wie eine Herde Orks nach einer wilden Hetzjagd. Da war das Mitnehmen von Vieh aus irgendwelchen Pferchen oder Scheunen doch viel bequemer ... wenn man nicht auf solche störrischen Einsiedler wie den Alten im Turm traf, die den Tod eines Schafes gleich mit dem Tod eines Ogers vergelten wollten. Mogda blieb jedoch keine Wahl, er musste zu dem Turm zurückkehren, um sich Nahrung zu beschaffen. Ein harter Winter, nichts zu essen und keine passende Höhle konnten auch für einen Oger das Ende bedeuten.
Tatsächlich war der Rückweg mit den beiden Toten mühselig. Ihre Ausrüstung scheuerte an seinem nackten Oberkörper. Er wunderte sich, wie er es schon oft getan hatte, über die Gewohnheiten der Menschen. Sie zogen sich unbequeme Metallrüstungen an, die sie im Kampf mehr einschränkten als schützten. Und was diesen Schild anging ... Er mochte vielleicht die Sonne abhalten oder einem Koboldpfeil trotzen, aber einer Ogerkeule würde er sicher nicht widerstehen. Im Gegenteil, Mogda hatte immer das Gefühl, wenn er den Schild in der Mitte traf, wurden die Leute dahinter noch ein Stück weiter wegkatapultiert. Und Menschen so wie dieser hier, der seinen Schild auch noch polierte, waren für ihn so etwas wie laufende Zielscheiben. Durch den Schild hatte er seine beiden Verfolger im Wald schon frühzeitig bemerkt. Und wenn der Schild sie nicht verraten hätte, dann sicher ihr dauerndes Gerede. Er hatte zwar in seinem Leben noch nicht so viele Menschen bekämpft und hielt sich, wenn möglich, auch von ihren Siedlungen fern, aber alle Menschen, die er gesehen und beobachtet hatte, redeten die ganze Zeit. Von einem, den er letztes Jahr erschlagen hatte, war er sogar während des ganzen Kampfes beschimpft worden, was zugegebenermaßen nicht sehr lang gewesen war. Aber zumindest kannte Mogda jetzt den Ausdruck »warzengesichtiges Monster«. Und schließlich hatte er trotzdem das Pferd bekommen, das der Mensch nicht hatte hergeben wollen.
Für ihn war ein Pferd ein Vorrat von zwei Wochen, obwohl er Schafe lieber mochte.
Der Oger war noch zehn Schritt vom Rand der Lichtung entfernt. Die Sonne hatte eine blutrote Farbe angenommen und verschwand gerade hinter den Baumwipfeln. Der Turm, den Mogda beobachtete, warf einen langen Schatten in seine Richtung, den er nutzen würde, um sich dem Gebäude zu nähern. Er wartete noch ein paar Minuten, dann wurde im Inneren des Turms ein Licht entzündet.
Das war genau der richtige Moment. Mogda stand auf. Er hatte noch immer den einen Menschen geschultert, und den anderen zog er hinter sich her. Mogda wollte dem Alten die Toten in seine Behausung werfen und sich dann mit zwei Schafen auf den Weg in die Berge machen. Den Alten zu töten, empfand er als unnütz.
Das Gras der Lichtung war von den Schafen gleichmäßig kurz gefressen. Die Tiere grasten im Moment auf der anderen Seite des Turms. Mogda wollte ihnen lieber aus dem Weg gehen, weil er wusste, wie Tiere auf ihn reagierten. Sie würden ihn durch ihr ängstliches Blöken bestimmt verraten, und den Alten vielleicht dazu veranlassen, etwas Unbedachtes zu tun.
Mogda schritt den kleinen Pfad entlang, direkt auf die Tür des zwölf Schritt hohen Steinturms zu. Kurz bevor er den Eingang erreichte, hörte er die Stimme des Alten: »Na, habt ihr ihm eine Lektion erteilt? Ich hatte schon befürchtet, dass er euch abgehängt hat und vor euch zurückkommt, um sich doch noch ein paar Schafe zu holen. Was ist? Kommt rein und macht euch sauber.«
Der Alte hatte wohl das Scheppern der Rüstungen gehört und vermutete nun, dass seine Kameraden heimkehrten. Auf gewisse Weise stimmte das ja auch, nur brachten sie noch einen Überraschungsgast mit.
Mogda wollte die Tür nicht unbedingt auftreten, da sein Gleichgewicht von dem Körper über seiner Schulter beeinträchtigt wurde. Also bückte er sich leicht nach vorn und drückte den kleinen Türgriff nach unten, der durch den Druck der Ogerhand ein wenig an Form verlor. Er schob die Tür auf und sah den Alten, der ihm den Rücken zuwandte und in einem Topf rührte, der über dem Feuer im Kamin hing.
»Wie ist es, habt ihr nach der erfolgreichen Jagd ein wenig Hunger? ... Dann setzt euch«, brummelte der Mann.
»Eher nicht«, knurrte Mogda.
Meister Trebor fuhr herum und ließ dabei den Löffel in die Suppe fallen. Der Anblick des geduckt in der Tür stehenden Ogers erschreckte ihn so sehr, dass er zurückwich und sich dabei die linke Hand an dem großen, gusseisernen Topf verbrannte. Auf seiner Miene wechselten sich Erstaunen, Schmerz und Wut ab. Dann hob er die Arme wie ein Gefangener, der sich ergeben will, und murmelte dabei einige unverständliche, leicht melancholisch klingende Worte. Aus seinen Fingerspitzen zuckten kleine hellblaue Blitze hervor, die sich einen Schritt vor ihm zu bündeln begannen und in einem ansehnlichen Blitzstrahl weitergeleitet wurden. Der Blitz zuckte unmissverständlich auf Mogda zu, der nur mit offenem Mund dastand und staunte.
Der Oger hatte zwar schon oft von Menschen gehört, die zaubern konnten, war aber noch nie einem begegnet. Er hatte keine Ahnung, was man alles mit Zaubern bewirken konnte, aber dieser hier ließ nur einen Schluss zu: Schmerzen und Tod. Dennoch wurde der Spruch so schnell gewirkt, dass er keine Zeit hatte, um zu reagieren. So stand er nur da und gaffte, doppelt so groß und nur halb so intelligent wie Trebor ... wenn überhaupt.
Der Blitz traf Mogda in der Körpermitte. Doch anstatt den Oger zu grillen, wurde er von dem funkelnden Schild des Toten reflektiert und zurück in den Raum geworfen. Er schlug knapp neben Meister Trebor in den Suppenkessel ein. Die Suppe stieg daraus auf wie ein Geysir und regnete auf den Magier nieder, der verzweifelt zu schreien begann. Das Gebrüll ging aber rasch im ohrenbetäubenden Krachen des nochmals abgelenkten Blitzes unter. Der Lichtstrahl fuhr senkrecht unter die metallene Wendeltreppe, lief zickzackförmig im Geländer nach unten, entlud sich am Treppenpfosten und durchquerte den Raum. Grollend raste der Blitz eine Handbreit über den Tisch hinweg und entzündete umherstehende Phiolen und Tiegel, um dann noch einmal an einer Metallkiste abgelenkt zu werden. Kurz darauf fand der Energiestrom sein Ziel. Meister Trebor streckte sich, als ob eine riesige unsichtbare Hand ihn um die Taille gepackt hatte und ihn zerdrückte. Kleine Blitze teilten sich und tanzten zwischen seinen Gliedmaßen hin und her. Die heiße Suppe auf seinem Körper verdampfte in Sekundenschnelle und hüllte ihn in eine für Mogdas Nase nicht unappetitliche Dampfwolke. Dann fiel der Magier zu Boden, und Ruhe kehrte ein.
Der Oger starrte durch die offen stehende Tür. Er musste das Bild erst einen Augenblick auf sich wirken lassen, um zu begreifen, was geschehen war. Sein Blick wanderte immer wieder den Irrweg des Blitzes ab.
Nach einer Weile hob er die Mundwinkel und entblößte seine Hauer. Das Schmunzeln wurde schnell zu einem Prusten und dann zu einem schallenden Gelächter, was seinem Gesicht nicht unbedingt ein freundlicheres Aussehen verlieh. Diese überschwängliche Freude rührte zum einen daher, dass der Blitz ihn nicht getötet hatte, zum anderen aus dem Begreifen der Tatsache, auf welch komplizierte Art und Weise der alte Mann sich selbst gerichtet hatte.
Mogda ging geduckt durch die Türöffnung und löschte mit bloßer Hand erst einmal die entstandenen Feuer auf dem Tisch. Ihm fiel auf, dass sich die Härchen auf seinen Armen aufgestellt hatten und einen lustigen Tanz vollführten, wenn er mit der Hand in einigem Abstand darüberstrich. Genauer gesagt benahm sich seine komplette Körperbehaarung merkwürdig. Er fuhr mit der Hand über seine Stirn und stellte fest, dass sich sein Kopfhaar, das zu vielen Zöpfen geflochten war, eigenartig buschig anfühlte. Außerdem kribbelte es in seinen Fingern bei jeder Berührung.
Die kühle Abendbrise drang in den Raum und verwehte den Geruch nach angebranntem Eintopf, der noch in der Luft hing. Mogda begann damit, den Turm zu durchsuchen. Die meisten Dinge auf dem Tisch waren zerstört oder in den Augen eines Ogers nutzlos. Die Wände waren bis zur dritten Etage voll mit Büchern, die für Mogda keinen Wert besaßen. Sonst gab es kaum Einrichtungsgegenstände, nur ein Bett und zwei Stühle, die Mogda auch nicht gebrauchen konnte, da er keine Kinder hatte.
Plötzlich fiel ihm ein Funkeln ins Auge, ausgehend vom Hals des Magiers. Er beugte sich über den schwelenden Körper und zog den Kragen des dunkelblauen Umhangs zur Seite. Darunter kam eine stabile Kette mit einem hellblauen Stein als Anhänger zum Vorschein. Der Stein war groß und glitzerte verführerisch. Mogda zog dem Magier die Kette über den Kopf. Die würde er behalten und sich umhängen. Der Alte war zwar nicht gerade ein Drache, und auch sonst kein weithin gefürchtetes Untier, aber immerhin ein Zauberer, den er besiegt hatte und dessen Schatz ihm nun rechtmäßig zustand. Er freute sich über seine Beute, aber auch darüber, dass niemand dem Kampf beigewohnt hatte. Sonst wäre der Spott doch wieder auf seine Kosten gegangen.
Mogda hielt das Schmuckstück vor seine Augen, um abzuschätzen, ob die Kette über seinen Kopf passte. Er versuchte es, und mit ein wenig Anstrenung bekam er sie über den Kopf. Als die Kette endlich über sein Kinn rutschte, und der blaue Stein seine Brust berührte, fühlte Mogda plötzlich einen brennenden Schmerz in seinem Schädel. Das Stechen war schier unaushaltbar. Er trommelte mit den Fäusten auf den Boden und zuckte unkontrolliert mit den Beinen, unfähig, auch nur eine koordinierte Bewegung auszuführen. Sein Brüllen hätte selbst einem erzürnten Bären alle Ehre gemacht. Die Schmerzen wurden so unerträglich, dass Mogda sich zusammenkrümmte, die Sinne verlor und ohnmächtig am Boden liegen blieb, während der blaue Stein im Schein des Kaminfeuers funkelte.
...
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Die Oger sind eine Rasse von riesenhaften Barbaren mit menschenähnlichem Aussehen. Ihre geistigen Fähigkeiten sind äußerst beschränkt, und ihr Umgang miteinander ist derb und oft gewalttätig. Oger sind grobschlächtig, scheuen das Wasser und die körperliche Reinigung und verhalten sich gegenüber allen anderen Rassen sehr feindselig. Ihre Kleidung ist auf das Nötigste beschränkt und lässt auf ein mangelndes Schamgefühl schließen. Zum Zweck der Vermehrung bilden männliche und weibliche Oger meist in vorgeschrittenem Alter eine kurzfristige Partnerschaft, die mit der Geburt des Nachwuchses endet. Durch ihre körperlichen Attribute - sie sind bis zu zehn Fuß groß und wiegen mehr als achthundert Pfund - sind sie äußerst gefährlich. Die Bekämpfung von einzelnen Exemplaren in derNähe von Siedlungen sollte nur durch gut ausgebildete Krieger erfolgen. Ihre Bewaffnung besteht meist aus simplen Waffen wie Keulen, deren Wirkung man dennoch nicht unterschätzen sollte, da sie mit ungeheurer Wucht geführt werden.
Oger jagen alles, was für sie als Nahrung verwertbar sein könnte. Sie stehlen Vieh und Haustiere, vergreifen sich aber auch an Kornspeichern, wenn sie Hunger leiden. Entgegen allen Gerüchten konnte bislang nicht bestätigt werden, dass Oger ihresgleichen verspeisen oder je einen Menschen zum Zweck des Verzehrs getötet haben.
Die meisten Oger beherrschen unsere Sprache nur bruchstückhaft, und eine Verständigung mit ihnen ist nur schwer möglich.
Weibliche Oger sind recht selten und äußerst scheu. Sie verschanzen sich hoch oben in den Bergen und hüten die Jungen, bis diese ausgewachsen sind, was ungefähr nach fünf Jahren der Fall ist.
Viele Oger sind recht behäbig. Durch ihre unkontrollierte Nahrungsaufnahme und ihre ausgeprägte Abneigung gegen jede Art von überflüssiger Bewegung leiden sie oft unter Fettleibigkeit.
Versuche, sie in Gefangenschaft zu einfacher körperlicher Arbeit anzuleiten, sind bislang gescheitert.
Sie huldigen dem Gott Tabal, wie andere bösartige Völker auch.
Nachtrag:
Einige Jahre später sollte diese Charakterisierung vollständig überarbeitet werden. Noch später entschloss man sich, den Text über Oger komplett aus den Büchern zu streichen und lieber über Rassen zu berichten, die es nicht als Sport betrachteten, Gelehrte über Stadtmauern zu werfen.
1
Jäger und Gejagte
»Trödel nicht so rum. Was machst du da eigentlich?«
»Ich suche Spuren, damit wir nicht in eine Falle laufen.«
»Bist du besoffen? Die Füße dieses Viehs sind so groß wie Schweinetröge, man kann seine Spuren gar nicht übersehen. Außerdem, hast du schon mal gehört, dass eins von diesen Biestern jemandem eine Falle gestellt hat?«
Der kleinere der beiden Männer zuckte mit den Schultern und zog verlegen mit seinem Fuß Linien am Boden.
Der andere schüttelte den Kopf und wandte sich ab, um die Verfolgung fortzusetzen. »Los, komm schon, du Schwachkopf«, brummte er und setzte sich in Bewegung.
Es war früher Nachmittag, und die Sonne stand an einem strahlend blauen Himmel. Dennoch ließ die Kühle dieses Herbsttages erahnen, dass ein strenger Winter bevorstand.
Die Spur, der die beiden Jäger folgten, verlief auf einem Wildpfad. Der Wald wurde hier immer dichter, und die Laubbäume wichen großen Nadelbäumen, die dem Wald den Namen Tannenverlies eingebracht hatten. Nach einer weiteren Meile erreichten die Tannen eine Höhe von bis zu vierzig Schritt und standen so dicht zusammen, dass kaum noch Tageslicht auf den Waldboden fiel.
Die beiden Gefährten waren bereits seit vier Stunden auf der Spur ihrer Beute, und langsam machte sich ihre Erschöpfung bemerkbar. Sie machten Rast, um sich mit Wasser und einigen Bissen Dörrfleisch zu stärken.
»Häng deinen Bogen an eine Astgabel. Wir holen ihn auf dem Rückweg wieder ab. Er wird uns hier im Dickicht nur stören«, sagte der größere der beiden Jäger, der das Kommando hatte.
»Meinst du nicht, es wäre besser, ihn aus der Entfernung zu erledigen, als sich zu nah an ihn heranzuwagen?«
»Nein, denn mein Plan war es ja, ihn ins Dickicht zu treiben, damit seine Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist und wir leichtes Spiel haben. Aber wenn du einen besseren Vorschlag hast, dann nur heraus damit. Allerdings hört dir sowieso keiner zu. Besser wäre es noch, du würdest das Maul ganz halten, denn sonst muss ich Trebor sagen, dass du es leider nicht geschafft hast.«
»Warum hat er wohl das Schaf von Meister Trebor mitnehmen wollen?«, fragte der kleinere Jäger nach einiger Zeit. »Und was soll ich bitte schön nicht geschafft haben?«
»Die Rückkehr, du Schwachkopf«, kam prompt die Antwort, gefolgt von einer hart geschlagenen Geraden.
Der kleine Mann klappte zusammen. Seine Beine sackten weg und vollführten eine Drehung, sodass er beinahe im Schneidersitz landete. Er hob die Hände vor sein Gesicht und drückte die Nasenflügel zusammen, aus denen langsam Blut sickerte. Die routinierte Geste bewies, dass dies nicht die erste schlagfertige Antwort auf eine nicht allzu kluge Frage gewesen war, die er bekommen hatte.
Sein Begleiter stand einfach da und richtete seine Kleidung. Nach wenigen Augenblicken erhob sich der jüngere wieder. Seine Nase hörte rasch auf zu bluten. Gerade wollte er seinen Gefährten an die Schulter tippen und ihn fragen, ob er vielleicht einen Lappen hätte, doch er hielt in der Bewegung inne und nahm schließlich seinen Ärmel und ein bisschen Spucke zu Hilfe, um sein Gesicht zu säubern. Schweigend setzten sie ihren Weg fort.
Nachdem sie noch eine Weile gelaufen waren, brach der Anführer das Schweigen seinerseits und fragte: »Tut es noch weh? Du musst einfach disziplinierter werden, wenn du so ein Vieh jagen willst. Das ist hier kein Picknick. Jeder Fehler kann tödlich sein.«
»Ja«, lautete die knappe Antwort.
Der größere Mann blickte sich um und nickte seinem Kollegen aufmunternd zu. »Hier ist ein gutes Versteck für die Bögen.«
Sie hingen beide ihre Langbögen an einen Ast und folgten in leicht gebückter Haltung weiter der Spur ihrer Beute. Die Fußabdrücke waren im Waldboden gut zu erkennen, aber auch die abgebrochenen Zweige waren ein unübersehbarer Wegweiser. Das Sonnenlicht drang nur noch schemenhaft durch das Geäst und verschlechterte die Sicht der Verfolger enorm.
»Kann er eigentlich im Dunkeln sehen?«
»Ja, sicher«, erwiderte der Anführer gereizt, »er kann nur nichts erkennen, weil alles schwarz ist.«
Die Bäume in diesem Teil des Waldes waren gigantisch. Viele waren über fünfzig Schritt hoch und maßen fast zwei Schritt im Durchmesser. Hier konnten die Männer wieder aufrecht gehen und mussten nur ab und zu einigen Ästen ausweichen.
Als der Anführer sich wieder nach vorn wandte, traf ihn ein zurückschnellender Ast von der Dicke eines kräftigen Oberarms am Kopf. Sein halb geöffneter Mund erleichterte es dem Ast, eine hübsche Zahl Vorderzähne auszuschlagen und ihn zu Boden zu werfen. Hinter dem Stamm schnellte ein riesiger Arm hervor und packte den noch auf den Beinen stehenden kleineren Mann am Gürtel und schlug ihn mit voller Kraft gegen den Baum.
Er hatte dem Aufprall nichts entgegenzusetzen. Die Luft wurde ihm aus den Lungen gepresst, und ein furchtbares Krachen der Knochen war zu vernehmen. Er sank ebenfalls zu Boden.
Jetzt wurden die Äste des Baumes zur Seite gedrückt, und der Oberkörper einer riesigen menschenähnlichen Kreatur kam zum Vorschein. Das Geschöpf war ungefähr neun Fuß groß. Sein Kopf war etwas nach vorn gestreckt, und die Gliedmaßen schienen zu lang für seinen mächtigen Körper zu sein. Insgesamt machte es einen kämpferischen und auf jeden Fall brutalen Eindruck. Das breite Kinn und die vorgeschobenen Augenbrauenwülste ließen das Wesen nicht allzu intelligent aussehen.
Mit einem Schritt stand es über seinen beiden Verfolgern und beendete den Kampf mit einem nachlässig ausgeführten Vorhand- und einem Rückhandschlag.
Das Letzte, was die beiden Männer hörten, war: »Bin kein Vieh - bin Mogda ... bin Oger. «
2
Das Duell
Ohne eine Verschnaufpause einzulegen, machte Mogda sich daran, seine beiden kürzlich verstorbenen Widersacher zu untersuchen. Er vermutete bei ihnen zwar nichts zu essen, aber er wusste, dass Menschen meist kleine Metallplättchen oder lustige bunte Steine bei sich trugen, mit denen er bei den Orks gute Tauschgeschäfte machen konnte. Er verstand zwar nicht, warum die Orks sich so darüber freuten, aber wer begriff schon, was einem Ork gefiel? Mit den Waffen der Menschen konnte er hingegen nicht viel anfangen, dafür waren sie einfach zu zierlich und zerbrachen viel zu leicht in seinen Fäusten.
Nachdem er seine Untersuchung beendet hatte, warf er sich den kleineren Mann über die Schulter, und den anderen zog er einfach am Fußgelenk hinter sich her. Ihm war klar, dass der Rückweg dadurch deutlich länger dauern würde, besonders in diesem Dickicht. Aber er hoffte darauf, dass die beiden Toten dem alten Mann im Turm so viel Angst einjagten, dass er flüchten würde, und Mogda sich in Ruhe seine Schafe schnappen konnte.
Er musste die Schafe unbedingt haben, denn der kommende Winter würde sicher noch härter werden, als der im letzten Jahr. Langes Jagen gefiel ihm nicht, denn es war schwierig, sich an ein Reh auf Keulenreichweite heranzupirschen, wenn man fast fünfhundert Pfund wog, im Schleichen eine Niete war und roch wie eine Herde Orks nach einer wilden Hetzjagd. Da war das Mitnehmen von Vieh aus irgendwelchen Pferchen oder Scheunen doch viel bequemer ... wenn man nicht auf solche störrischen Einsiedler wie den Alten im Turm traf, die den Tod eines Schafes gleich mit dem Tod eines Ogers vergelten wollten. Mogda blieb jedoch keine Wahl, er musste zu dem Turm zurückkehren, um sich Nahrung zu beschaffen. Ein harter Winter, nichts zu essen und keine passende Höhle konnten auch für einen Oger das Ende bedeuten.
Tatsächlich war der Rückweg mit den beiden Toten mühselig. Ihre Ausrüstung scheuerte an seinem nackten Oberkörper. Er wunderte sich, wie er es schon oft getan hatte, über die Gewohnheiten der Menschen. Sie zogen sich unbequeme Metallrüstungen an, die sie im Kampf mehr einschränkten als schützten. Und was diesen Schild anging ... Er mochte vielleicht die Sonne abhalten oder einem Koboldpfeil trotzen, aber einer Ogerkeule würde er sicher nicht widerstehen. Im Gegenteil, Mogda hatte immer das Gefühl, wenn er den Schild in der Mitte traf, wurden die Leute dahinter noch ein Stück weiter wegkatapultiert. Und Menschen so wie dieser hier, der seinen Schild auch noch polierte, waren für ihn so etwas wie laufende Zielscheiben. Durch den Schild hatte er seine beiden Verfolger im Wald schon frühzeitig bemerkt. Und wenn der Schild sie nicht verraten hätte, dann sicher ihr dauerndes Gerede. Er hatte zwar in seinem Leben noch nicht so viele Menschen bekämpft und hielt sich, wenn möglich, auch von ihren Siedlungen fern, aber alle Menschen, die er gesehen und beobachtet hatte, redeten die ganze Zeit. Von einem, den er letztes Jahr erschlagen hatte, war er sogar während des ganzen Kampfes beschimpft worden, was zugegebenermaßen nicht sehr lang gewesen war. Aber zumindest kannte Mogda jetzt den Ausdruck »warzengesichtiges Monster«. Und schließlich hatte er trotzdem das Pferd bekommen, das der Mensch nicht hatte hergeben wollen.
Für ihn war ein Pferd ein Vorrat von zwei Wochen, obwohl er Schafe lieber mochte.
Der Oger war noch zehn Schritt vom Rand der Lichtung entfernt. Die Sonne hatte eine blutrote Farbe angenommen und verschwand gerade hinter den Baumwipfeln. Der Turm, den Mogda beobachtete, warf einen langen Schatten in seine Richtung, den er nutzen würde, um sich dem Gebäude zu nähern. Er wartete noch ein paar Minuten, dann wurde im Inneren des Turms ein Licht entzündet.
Das war genau der richtige Moment. Mogda stand auf. Er hatte noch immer den einen Menschen geschultert, und den anderen zog er hinter sich her. Mogda wollte dem Alten die Toten in seine Behausung werfen und sich dann mit zwei Schafen auf den Weg in die Berge machen. Den Alten zu töten, empfand er als unnütz.
Das Gras der Lichtung war von den Schafen gleichmäßig kurz gefressen. Die Tiere grasten im Moment auf der anderen Seite des Turms. Mogda wollte ihnen lieber aus dem Weg gehen, weil er wusste, wie Tiere auf ihn reagierten. Sie würden ihn durch ihr ängstliches Blöken bestimmt verraten, und den Alten vielleicht dazu veranlassen, etwas Unbedachtes zu tun.
Mogda schritt den kleinen Pfad entlang, direkt auf die Tür des zwölf Schritt hohen Steinturms zu. Kurz bevor er den Eingang erreichte, hörte er die Stimme des Alten: »Na, habt ihr ihm eine Lektion erteilt? Ich hatte schon befürchtet, dass er euch abgehängt hat und vor euch zurückkommt, um sich doch noch ein paar Schafe zu holen. Was ist? Kommt rein und macht euch sauber.«
Der Alte hatte wohl das Scheppern der Rüstungen gehört und vermutete nun, dass seine Kameraden heimkehrten. Auf gewisse Weise stimmte das ja auch, nur brachten sie noch einen Überraschungsgast mit.
Mogda wollte die Tür nicht unbedingt auftreten, da sein Gleichgewicht von dem Körper über seiner Schulter beeinträchtigt wurde. Also bückte er sich leicht nach vorn und drückte den kleinen Türgriff nach unten, der durch den Druck der Ogerhand ein wenig an Form verlor. Er schob die Tür auf und sah den Alten, der ihm den Rücken zuwandte und in einem Topf rührte, der über dem Feuer im Kamin hing.
»Wie ist es, habt ihr nach der erfolgreichen Jagd ein wenig Hunger? ... Dann setzt euch«, brummelte der Mann.
»Eher nicht«, knurrte Mogda.
Meister Trebor fuhr herum und ließ dabei den Löffel in die Suppe fallen. Der Anblick des geduckt in der Tür stehenden Ogers erschreckte ihn so sehr, dass er zurückwich und sich dabei die linke Hand an dem großen, gusseisernen Topf verbrannte. Auf seiner Miene wechselten sich Erstaunen, Schmerz und Wut ab. Dann hob er die Arme wie ein Gefangener, der sich ergeben will, und murmelte dabei einige unverständliche, leicht melancholisch klingende Worte. Aus seinen Fingerspitzen zuckten kleine hellblaue Blitze hervor, die sich einen Schritt vor ihm zu bündeln begannen und in einem ansehnlichen Blitzstrahl weitergeleitet wurden. Der Blitz zuckte unmissverständlich auf Mogda zu, der nur mit offenem Mund dastand und staunte.
Der Oger hatte zwar schon oft von Menschen gehört, die zaubern konnten, war aber noch nie einem begegnet. Er hatte keine Ahnung, was man alles mit Zaubern bewirken konnte, aber dieser hier ließ nur einen Schluss zu: Schmerzen und Tod. Dennoch wurde der Spruch so schnell gewirkt, dass er keine Zeit hatte, um zu reagieren. So stand er nur da und gaffte, doppelt so groß und nur halb so intelligent wie Trebor ... wenn überhaupt.
Der Blitz traf Mogda in der Körpermitte. Doch anstatt den Oger zu grillen, wurde er von dem funkelnden Schild des Toten reflektiert und zurück in den Raum geworfen. Er schlug knapp neben Meister Trebor in den Suppenkessel ein. Die Suppe stieg daraus auf wie ein Geysir und regnete auf den Magier nieder, der verzweifelt zu schreien begann. Das Gebrüll ging aber rasch im ohrenbetäubenden Krachen des nochmals abgelenkten Blitzes unter. Der Lichtstrahl fuhr senkrecht unter die metallene Wendeltreppe, lief zickzackförmig im Geländer nach unten, entlud sich am Treppenpfosten und durchquerte den Raum. Grollend raste der Blitz eine Handbreit über den Tisch hinweg und entzündete umherstehende Phiolen und Tiegel, um dann noch einmal an einer Metallkiste abgelenkt zu werden. Kurz darauf fand der Energiestrom sein Ziel. Meister Trebor streckte sich, als ob eine riesige unsichtbare Hand ihn um die Taille gepackt hatte und ihn zerdrückte. Kleine Blitze teilten sich und tanzten zwischen seinen Gliedmaßen hin und her. Die heiße Suppe auf seinem Körper verdampfte in Sekundenschnelle und hüllte ihn in eine für Mogdas Nase nicht unappetitliche Dampfwolke. Dann fiel der Magier zu Boden, und Ruhe kehrte ein.
Der Oger starrte durch die offen stehende Tür. Er musste das Bild erst einen Augenblick auf sich wirken lassen, um zu begreifen, was geschehen war. Sein Blick wanderte immer wieder den Irrweg des Blitzes ab.
Nach einer Weile hob er die Mundwinkel und entblößte seine Hauer. Das Schmunzeln wurde schnell zu einem Prusten und dann zu einem schallenden Gelächter, was seinem Gesicht nicht unbedingt ein freundlicheres Aussehen verlieh. Diese überschwängliche Freude rührte zum einen daher, dass der Blitz ihn nicht getötet hatte, zum anderen aus dem Begreifen der Tatsache, auf welch komplizierte Art und Weise der alte Mann sich selbst gerichtet hatte.
Mogda ging geduckt durch die Türöffnung und löschte mit bloßer Hand erst einmal die entstandenen Feuer auf dem Tisch. Ihm fiel auf, dass sich die Härchen auf seinen Armen aufgestellt hatten und einen lustigen Tanz vollführten, wenn er mit der Hand in einigem Abstand darüberstrich. Genauer gesagt benahm sich seine komplette Körperbehaarung merkwürdig. Er fuhr mit der Hand über seine Stirn und stellte fest, dass sich sein Kopfhaar, das zu vielen Zöpfen geflochten war, eigenartig buschig anfühlte. Außerdem kribbelte es in seinen Fingern bei jeder Berührung.
Die kühle Abendbrise drang in den Raum und verwehte den Geruch nach angebranntem Eintopf, der noch in der Luft hing. Mogda begann damit, den Turm zu durchsuchen. Die meisten Dinge auf dem Tisch waren zerstört oder in den Augen eines Ogers nutzlos. Die Wände waren bis zur dritten Etage voll mit Büchern, die für Mogda keinen Wert besaßen. Sonst gab es kaum Einrichtungsgegenstände, nur ein Bett und zwei Stühle, die Mogda auch nicht gebrauchen konnte, da er keine Kinder hatte.
Plötzlich fiel ihm ein Funkeln ins Auge, ausgehend vom Hals des Magiers. Er beugte sich über den schwelenden Körper und zog den Kragen des dunkelblauen Umhangs zur Seite. Darunter kam eine stabile Kette mit einem hellblauen Stein als Anhänger zum Vorschein. Der Stein war groß und glitzerte verführerisch. Mogda zog dem Magier die Kette über den Kopf. Die würde er behalten und sich umhängen. Der Alte war zwar nicht gerade ein Drache, und auch sonst kein weithin gefürchtetes Untier, aber immerhin ein Zauberer, den er besiegt hatte und dessen Schatz ihm nun rechtmäßig zustand. Er freute sich über seine Beute, aber auch darüber, dass niemand dem Kampf beigewohnt hatte. Sonst wäre der Spott doch wieder auf seine Kosten gegangen.
Mogda hielt das Schmuckstück vor seine Augen, um abzuschätzen, ob die Kette über seinen Kopf passte. Er versuchte es, und mit ein wenig Anstrenung bekam er sie über den Kopf. Als die Kette endlich über sein Kinn rutschte, und der blaue Stein seine Brust berührte, fühlte Mogda plötzlich einen brennenden Schmerz in seinem Schädel. Das Stechen war schier unaushaltbar. Er trommelte mit den Fäusten auf den Boden und zuckte unkontrolliert mit den Beinen, unfähig, auch nur eine koordinierte Bewegung auszuführen. Sein Brüllen hätte selbst einem erzürnten Bären alle Ehre gemacht. Die Schmerzen wurden so unerträglich, dass Mogda sich zusammenkrümmte, die Sinne verlor und ohnmächtig am Boden liegen blieb, während der blaue Stein im Schein des Kaminfeuers funkelte.
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Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
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Autoren-Porträt von Stephan Russbült
Stephan Russbült wurde 1966 in Rendsburg in Schleswig-Holstein geboren. Er absolvierte eine Lehre als Großhandelskaufmann, studierte dann Betriebswirtschaftslehre und arbeitet heute als leitender Angestellter. Aus seiner langjährigen Begeisterung für Fantasy-Rollenspiele erwuchs auch seine Leidenschaft, Geschichten zu Papier zu bringen. Stephan Russbült lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in der Nähe von Husum.
Bibliographische Angaben
- Autor: Stephan Russbült
- 1559 Seiten, Maße: 13,2 x 20,9 cm, Gebunden
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3868009582
- ISBN-13: 9783868009583
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