Die Pharaonin der Freiheit
Roman
Im Norden Ägyptens herrschen die Hyksos mit unvorstellbarer Brutalität. Ahotep, die stolze Königin von Theben, will mit ihrem geliebten Mann Seqen das Land zurückerobern. Der Preis dafür ist hoch.
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Produktinformationen zu „Die Pharaonin der Freiheit “
Im Norden Ägyptens herrschen die Hyksos mit unvorstellbarer Brutalität. Ahotep, die stolze Königin von Theben, will mit ihrem geliebten Mann Seqen das Land zurückerobern. Der Preis dafür ist hoch.
Klappentext zu „Die Pharaonin der Freiheit “
Im Norden Ägyptens herrschen die Hyksos noch immer mit unvorstellbarer Brutalität. Ahotep, die stolze Königin von Theben, hat zwar einen Teil ihres Landes zurückerobert - aber zu welch furchtbarem Preis? Ihr geliebter Mann Seqen kehrte tot aus der Schlacht zurück, und ihr älterer Sohn Kamose fiel einem mysteriösen Giftanschlag zum Opfer. Schweren Herzens übernimmt Ahotep erneut die Macht und bereitet ihren Zweitgeborenen, Ahmose, darauf vor, Pharao zu werden. Während sich die Königin auf den Weg nach Kreta macht, um den sagenhaften König Minos für ihren Feldzug gegen die Hyksos zu gewinnen, rüsten sich die Ägypter für die alles entscheidende Schlacht. Letztlich aber ist es allein der charismatischen Herrscherin und ihrer magischen Verbindung zu den Göttern Amun und Maat zu verdanken, dass sich das ägyptische Reich nach Jahrzehnten der Fremdherrschaft zu neuer Pracht und Größe aufschwingen kann ...
Lese-Probe zu „Die Pharaonin der Freiheit “
Nummer 1790 würde es nicht schaffen.Großfuß steckte bis über die Ohren im Dreck und hatte keine Lust mehr zu leben. Nach Jahren im Lager von Sharuhen in Palästina hatte er seine letzten Kraftreserven aufgebraucht.
Sharuhen war ein wichtiger Stützpunkt im Hinterland der Hyksos, die seit über einem Jahrhundert Ägypten besetzt hielten. Ihre Hauptstadt hatten sie in Auaris, im Nildelta, eingerichtet. König Apophis, ihr Regent, verließ sich nicht nur auf sein Heer und seine Ordnungskräfte im Inneren, um seine grausame Herrschaft aufrechtzuerhalten. Er hatte einen verführerischen Gedanken des Großschatzmeisters Khamudi, seines treuesten Gefährten, der auch als seine rechte Hand fungierte, aufgegriffen und am Fuß der Festung von Sharuhen ein Lager errichten lassen. Das ganze Gebiet war von Sümpfen durchzogen, in denen Menschen nicht lange leben konnten, ohne todkrank zu werden. Im Winter blies ein eisiger Wind, während im Sommer die Sonne mörderisch heiß vom Himmel brannte. Und es wimmelte von Stechmücken.
"Bitte, steh doch auf", bat Nummer 2501 flehentlich, ein Schreiber von etwa dreißig Jahren, der binnen drei Monaten zehn Kilo Gewicht verloren hatte."Ich kann nicht mehr... Lass mich."
"Wenn du jetzt nicht aufstehst, Großfuß, wirst du sterben. Und du wirst deine Kühe nie wieder sehen."
Großfuß wollte sterben, aber noch größer war sein Wunsch, seine Tiere wieder zu sehen. Niemand konnte besser mit ihnen umgehen als er.
Wie viele andere hatte auch er den Hyksos anfangs Glauben geschenkt. "Lasst eure abgemagerten Herden auf den fruchtbareren Weiden des Nordens grasen!", hatten sie die Bauern aufgefordert. "Wenn sie dann stark und fett geworden sind, kehrt ihr nach Hause zurück."
Doch die Hyksos hatten die Herden gestohlen; sie hatten die Hirten getötet, die es gewagt hatten, sich gegen ihr Vorgehen zu stellen, und die Übrigen in das Todeslager von Sharuhen gesteckt.
Nie würde Großfuß ihnen verzeihen, dass sie ihn von seinen Kühen getrennt hatten.
... mehr
Zwangsarbeit hätte er hingenommen, lange Märsche durch verschlammtes Überschwemmungsgebiet, weniger Geld - doch nicht das.
Nummer 1790 kam schwankend auf die Beine.
Wie seine Leidensgenossen hatte er das schreckliche Verfahren der Brandmarkung über sich ergehen lassen müssen, in Gegenwart aller Gefangenen, die gezwungen worden waren zuzusehen. Wer die Augen abwendete oder schloss, wurde sofort hingerichtet.
Großfuß spürte noch immer den entsetzlichen Schmerz des rot glühenden Eisens, das sich in seine Haut eingebrannt hatte. Je mehr man schrie, desto länger dauerte die Folter. Und etliche der Verletzten waren an Infektionen gestorben. Im Lager von Sharuhen gab es weder Ärzte noch Wundheiler; Kranke wurden nicht versorgt. Wenn er nicht so widerstandsfähig gewesen wäre, natürliche Magerkeit und die Gewohnheit mitgebracht hätte, sich mit wenig zu begnügen, wäre der Bauer schon vor langer Zeit zugrunde gegangen. Leute, die mehr brauchten, hielten nicht länger als ein paar Monate durch.
"Hier, nimm ein wenig trockenes Brot."
Großfuß schlug das großzügige Geschenk seines Freundes nicht aus. Dieser Mann war verurteilt worden, weil er ein Loblied an Pharao Sesostris in seinem Haus aufbewahrt hatte. Ein Nachbar hatte ihn verraten. Er war als gefährlicher Verschwörer bezeichnet und sogleich verschleppt worden. König Apophis, der selbst ernannte Pharao, duldete nicht den kleinsten Hinweis auf die glorreiche Vergangenheit Ägyptens.
Ein kleines Mädchen näherte sich den beiden Männern.
"Habt ihr nicht etwas zu essen für mich? Ich habe solchen Hunger!"
Großfuß schämte sich, weil er den Brotkanten so schnell verschlungen hatte.
"Haben dir die Wächter heute deinen Anteil nicht gegeben?"
"Sie haben mich vergessen."
"Hat deine Mama sie nicht zurückgerufen?"
"Meine Mama ist heute Nacht gestorben."
Das Mädchen machte sich wieder auf den Weg zum Leichnam seiner Mutter. Niemand konnte irgendetwas für es tun. Wenn einer der Gefangenen sich um es kümmern würde, würde man das Mädchen umso eher den Soldaten der Festung ausliefern, das wussten alle.
"Da kommen neue Gefangene", sagte der Schreiber.
Das schwere Holztor des Lagers hatte sich geöffnet.
Eine hoch gewachsene Frau mit riesigen Händen schlug mit einem Stock auf die alten Männer ein, die kaum noch gehen konnten.
Einer von ihnen brach mit zertrümmertem Schädel zusammen. Die anderen versuchten, schneller zu gehen, um den Schlägen zu entgehen, doch den Folterknechten der Hyksos entging am Ende niemand.
Die Kräftigsten unter ihnen standen zögernd wieder auf. Sie wunderten sich, dass sie noch am Leben waren, und bereiteten sich schon auf weitere Misshandlungen vor. Doch nach den Schlägen begnügten sich die Hyksos mit höhnischen Blicken.
"Willkommen in Sharuhen!", rief Aberia, die Frau mit den brutalen Händen. "Hier werdet ihr endlich lernen zu gehorchen. Wer noch lebt, begräbt die Toten und säubert das Lager!" Sie sah sich um. "Es sieht hier ja aus wie in einem Schweinestall!"
Für einen Hyksos, der Schweine hasste und kein Schweinefleisch aß, konnte es keine schlimmere Beleidigung geben.
Großfuß und der Schreiber beeilten sich, den Befehlen nachzukommen, denn sie wussten, dass Aberia es gern sah, wenn die Verschleppten ihren guten Willen zeigten. Wer einen Befehl nicht mit Eifer ausführte, wurde hingerichtet.
Mit den Händen hoben sie Gräben aus, in die sie die Leichen legten, ohne Totengebet, ohne irgendeine Zeremonie zum Wohl der Verstorbenen. Großfuß richtete lediglich ein stummes Gebet an die Göttin Hathor, die die Seelen der Gerechten aufnahm und sich in einer Kuh verkörperte, dem schönsten aller Geschöpfe.
"Morgen ist Neumond", bemerkte Aberia mit grausamem Lächeln, bevor sie das Lager verließ.
Einer der alten Männer, die gerade eingetroffen waren, trat auf Großfuß zu. "Können wir reden?"
"Jetzt, wo sie weg ist, ja."
"Warum interessiert sich diese Teufelin für den Mond?"
"Weil sie sich jedes Mal, wenn der Mond neu geboren wird, einen Gefangenen aussucht, den sie vor den Augen der anderen langsam erdrosselt."
Mit seinem gebeugten Rücken ließ sich der Alte zwischen Nummer 1790 und Nummer 2501 nieder.
"Was ist das, diese Zahlen auf euren Armen?"
"Das ist unsere Gefangenennummer", antwortete der Schreiber. "Von morgen an werden auch die Neuankömmlinge gebrandmarkt."
"Das heißt, dass... mehr als zweitausend Unglückliche schon hierher verschleppt worden sind?"
"Viel mehr", sagte Großfuß. "Denn viele der Gefangenen sind schwer gefoltert worden und gestorben, bevor man ihnen die Nummer aufbrennen konnte."
Der alte Mann ballte die Fäuste.
"Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben", erklärte er mit unerwarteter Energie.
"Wozu sich noch etwas vormachen?", fragte der Schreiber.
"Weil die Hyksos immer weniger Selbstvertrauen haben. In den Städten des Deltas und in Memphis schließt sich der Widerstand zusammen!"
"Die Ordnungskräfte des Königs werden mit dem Widerstand bald aufräumen!"
"Sie haben immer mehr zu tun, glaub mir!"
"Es gibt so viele Spitzel... Keiner entkommt den Maschen des großen Netzes."
"Ich habe mit meinen eigenen Händen einen Papyrusverkäufer getötet, der den Hyksos eine Frau angezeigt hat, nur weil sie sich ihm verweigerte. Er war jung und viel stärker als ich. Aber ich habe doch noch genug Kraft aufgebracht, um diesen Unhold zu töten, und ich bereue es nicht. Ganz allmählich wird das Volk begreifen, dass nur alles noch schlimmer wird, wenn man sich den Hyksos beugt. Ihr König will alle Ägypter auslöschen und unser Land mit seinen Leuten besiedeln. Sie wollen sich alles unter den Nagel reißen, was wir besitzen, unsere Häuser, unseren Grund, und sie wollen unsere Seelen zerstören."
"Genau das ist auch der Zweck dieses Lagers", stellte der Schreiber mit brüchiger Stimme fest.
"Apophis vergisst, dass Ägypten wirklich allen Grund zur Hoffnung hat", sagte der Alte erregt.
Großfuß' Herz begann schneller zu schlagen.
"Die Königin der Freiheit!", fuhr der Alte fort. "Sie ist unsere Hoffnung. Nie wird sie aufhören, sich gegen Apophis zur Wehr zu setzen."
"Es ist den thebanischen Truppen nicht gelungen, Auaris zu erobern", rief ihnen der Schreiber in Erinnerung, "und Pharao Kamose ist tot. Königin Ahotep trauert und vergräbt sich in ihrer Stadt. Früher oder später werden die Hyksos über Theben herfallen, und dann gehört es ihnen."
"Du irrst dich! Königin Ahotep hat schon so viele Wunder vollbracht... Nie wird sie aufhören zu kämpfen!"
"Königin Ahotep ist nur noch eine Legende. Niemand wird es schaffen, die Macht der Hyksos zu brechen, und niemand wird je aus diesem Lager herauskommen, von dem die Thebaner nie etwas erfahren."
"Ich", sagte Großfuß, "ich habe Vertrauen. Die Königin der Freiheit wird es möglich machen, dass ich eines Tages meine Kühe wieder sehe."
"Während wir warten", empfahl Nummer 2501, "sollten wir besser unser Gefängnis sauber machen. Sonst schlagen sie uns wieder mit ihren Stöcken."
Von den Neuankömmlingen waren vier in der Nacht gestorben. Großfuß hatte sie gerade beerdigt, als Aberia wiederkam.
"Schnell, schnell", sagte der Bauer zu dem alten Mann, der ihm geholfen hatte. "Wir müssen uns in ordentlichen Reihen vor ihr aufstellen!"
"Ich habe solche Schmerzen, hier, in der Brust... Ich kann mich kaum noch bewegen."
"Wenn du nicht aufrecht stehst, schlägt Aberia dich tot."
"Dieses Vergnügen gönne ich ihr nicht... Vor allem, mein Freund, gilt es, die Hoffnung zu bewahren."
Der alte Mann stieß ein lautes Röcheln aus.
Sein Herz hatte aufgehört zu schlagen.
Großfuß beeilte sich, die anderen zu erreichen, die schon ordentlich aufgereiht vor Aberia standen. Sie überragte die Mehrzahl der Gefangenen um Haupteslänge.
"Ich möchte mich wieder einmal vergnügen", erklärte sie, "und ich weiß, dass ihr alle ungeduldig darauf wartet, die Nummer des Glücklichen zu erfahren, den ich mir als Helden unserer kleinen Feierlichkeit erwählen werde."
Mit lustvoller Gier ließ sie ihren Blick über die Verschleppten schweifen. Hier hielt sie die alleinige Macht über Leben und Tod dieser Männer in Händen, das wusste sie.
Doch als ob dieses Wissen ihr noch nicht genügte, schritt sie langsam die Reihen ab, bis sie vor einem noch jungen Mann stehen blieb, dessen Glieder von einem unbeherrschbaren Zittern ergriffen wurden.
"Du, Nummer 2501", sagte Aberia.
Nummer 1790 kam schwankend auf die Beine.
Wie seine Leidensgenossen hatte er das schreckliche Verfahren der Brandmarkung über sich ergehen lassen müssen, in Gegenwart aller Gefangenen, die gezwungen worden waren zuzusehen. Wer die Augen abwendete oder schloss, wurde sofort hingerichtet.
Großfuß spürte noch immer den entsetzlichen Schmerz des rot glühenden Eisens, das sich in seine Haut eingebrannt hatte. Je mehr man schrie, desto länger dauerte die Folter. Und etliche der Verletzten waren an Infektionen gestorben. Im Lager von Sharuhen gab es weder Ärzte noch Wundheiler; Kranke wurden nicht versorgt. Wenn er nicht so widerstandsfähig gewesen wäre, natürliche Magerkeit und die Gewohnheit mitgebracht hätte, sich mit wenig zu begnügen, wäre der Bauer schon vor langer Zeit zugrunde gegangen. Leute, die mehr brauchten, hielten nicht länger als ein paar Monate durch.
"Hier, nimm ein wenig trockenes Brot."
Großfuß schlug das großzügige Geschenk seines Freundes nicht aus. Dieser Mann war verurteilt worden, weil er ein Loblied an Pharao Sesostris in seinem Haus aufbewahrt hatte. Ein Nachbar hatte ihn verraten. Er war als gefährlicher Verschwörer bezeichnet und sogleich verschleppt worden. König Apophis, der selbst ernannte Pharao, duldete nicht den kleinsten Hinweis auf die glorreiche Vergangenheit Ägyptens.
Ein kleines Mädchen näherte sich den beiden Männern.
"Habt ihr nicht etwas zu essen für mich? Ich habe solchen Hunger!"
Großfuß schämte sich, weil er den Brotkanten so schnell verschlungen hatte.
"Haben dir die Wächter heute deinen Anteil nicht gegeben?"
"Sie haben mich vergessen."
"Hat deine Mama sie nicht zurückgerufen?"
"Meine Mama ist heute Nacht gestorben."
Das Mädchen machte sich wieder auf den Weg zum Leichnam seiner Mutter. Niemand konnte irgendetwas für es tun. Wenn einer der Gefangenen sich um es kümmern würde, würde man das Mädchen umso eher den Soldaten der Festung ausliefern, das wussten alle.
"Da kommen neue Gefangene", sagte der Schreiber.
Das schwere Holztor des Lagers hatte sich geöffnet.
Eine hoch gewachsene Frau mit riesigen Händen schlug mit einem Stock auf die alten Männer ein, die kaum noch gehen konnten.
Einer von ihnen brach mit zertrümmertem Schädel zusammen. Die anderen versuchten, schneller zu gehen, um den Schlägen zu entgehen, doch den Folterknechten der Hyksos entging am Ende niemand.
Die Kräftigsten unter ihnen standen zögernd wieder auf. Sie wunderten sich, dass sie noch am Leben waren, und bereiteten sich schon auf weitere Misshandlungen vor. Doch nach den Schlägen begnügten sich die Hyksos mit höhnischen Blicken.
"Willkommen in Sharuhen!", rief Aberia, die Frau mit den brutalen Händen. "Hier werdet ihr endlich lernen zu gehorchen. Wer noch lebt, begräbt die Toten und säubert das Lager!" Sie sah sich um. "Es sieht hier ja aus wie in einem Schweinestall!"
Für einen Hyksos, der Schweine hasste und kein Schweinefleisch aß, konnte es keine schlimmere Beleidigung geben.
Großfuß und der Schreiber beeilten sich, den Befehlen nachzukommen, denn sie wussten, dass Aberia es gern sah, wenn die Verschleppten ihren guten Willen zeigten. Wer einen Befehl nicht mit Eifer ausführte, wurde hingerichtet.
Mit den Händen hoben sie Gräben aus, in die sie die Leichen legten, ohne Totengebet, ohne irgendeine Zeremonie zum Wohl der Verstorbenen. Großfuß richtete lediglich ein stummes Gebet an die Göttin Hathor, die die Seelen der Gerechten aufnahm und sich in einer Kuh verkörperte, dem schönsten aller Geschöpfe.
"Morgen ist Neumond", bemerkte Aberia mit grausamem Lächeln, bevor sie das Lager verließ.
Einer der alten Männer, die gerade eingetroffen waren, trat auf Großfuß zu. "Können wir reden?"
"Jetzt, wo sie weg ist, ja."
"Warum interessiert sich diese Teufelin für den Mond?"
"Weil sie sich jedes Mal, wenn der Mond neu geboren wird, einen Gefangenen aussucht, den sie vor den Augen der anderen langsam erdrosselt."
Mit seinem gebeugten Rücken ließ sich der Alte zwischen Nummer 1790 und Nummer 2501 nieder.
"Was ist das, diese Zahlen auf euren Armen?"
"Das ist unsere Gefangenennummer", antwortete der Schreiber. "Von morgen an werden auch die Neuankömmlinge gebrandmarkt."
"Das heißt, dass... mehr als zweitausend Unglückliche schon hierher verschleppt worden sind?"
"Viel mehr", sagte Großfuß. "Denn viele der Gefangenen sind schwer gefoltert worden und gestorben, bevor man ihnen die Nummer aufbrennen konnte."
Der alte Mann ballte die Fäuste.
"Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben", erklärte er mit unerwarteter Energie.
"Wozu sich noch etwas vormachen?", fragte der Schreiber.
"Weil die Hyksos immer weniger Selbstvertrauen haben. In den Städten des Deltas und in Memphis schließt sich der Widerstand zusammen!"
"Die Ordnungskräfte des Königs werden mit dem Widerstand bald aufräumen!"
"Sie haben immer mehr zu tun, glaub mir!"
"Es gibt so viele Spitzel... Keiner entkommt den Maschen des großen Netzes."
"Ich habe mit meinen eigenen Händen einen Papyrusverkäufer getötet, der den Hyksos eine Frau angezeigt hat, nur weil sie sich ihm verweigerte. Er war jung und viel stärker als ich. Aber ich habe doch noch genug Kraft aufgebracht, um diesen Unhold zu töten, und ich bereue es nicht. Ganz allmählich wird das Volk begreifen, dass nur alles noch schlimmer wird, wenn man sich den Hyksos beugt. Ihr König will alle Ägypter auslöschen und unser Land mit seinen Leuten besiedeln. Sie wollen sich alles unter den Nagel reißen, was wir besitzen, unsere Häuser, unseren Grund, und sie wollen unsere Seelen zerstören."
"Genau das ist auch der Zweck dieses Lagers", stellte der Schreiber mit brüchiger Stimme fest.
"Apophis vergisst, dass Ägypten wirklich allen Grund zur Hoffnung hat", sagte der Alte erregt.
Großfuß' Herz begann schneller zu schlagen.
"Die Königin der Freiheit!", fuhr der Alte fort. "Sie ist unsere Hoffnung. Nie wird sie aufhören, sich gegen Apophis zur Wehr zu setzen."
"Es ist den thebanischen Truppen nicht gelungen, Auaris zu erobern", rief ihnen der Schreiber in Erinnerung, "und Pharao Kamose ist tot. Königin Ahotep trauert und vergräbt sich in ihrer Stadt. Früher oder später werden die Hyksos über Theben herfallen, und dann gehört es ihnen."
"Du irrst dich! Königin Ahotep hat schon so viele Wunder vollbracht... Nie wird sie aufhören zu kämpfen!"
"Königin Ahotep ist nur noch eine Legende. Niemand wird es schaffen, die Macht der Hyksos zu brechen, und niemand wird je aus diesem Lager herauskommen, von dem die Thebaner nie etwas erfahren."
"Ich", sagte Großfuß, "ich habe Vertrauen. Die Königin der Freiheit wird es möglich machen, dass ich eines Tages meine Kühe wieder sehe."
"Während wir warten", empfahl Nummer 2501, "sollten wir besser unser Gefängnis sauber machen. Sonst schlagen sie uns wieder mit ihren Stöcken."
Von den Neuankömmlingen waren vier in der Nacht gestorben. Großfuß hatte sie gerade beerdigt, als Aberia wiederkam.
"Schnell, schnell", sagte der Bauer zu dem alten Mann, der ihm geholfen hatte. "Wir müssen uns in ordentlichen Reihen vor ihr aufstellen!"
"Ich habe solche Schmerzen, hier, in der Brust... Ich kann mich kaum noch bewegen."
"Wenn du nicht aufrecht stehst, schlägt Aberia dich tot."
"Dieses Vergnügen gönne ich ihr nicht... Vor allem, mein Freund, gilt es, die Hoffnung zu bewahren."
Der alte Mann stieß ein lautes Röcheln aus.
Sein Herz hatte aufgehört zu schlagen.
Großfuß beeilte sich, die anderen zu erreichen, die schon ordentlich aufgereiht vor Aberia standen. Sie überragte die Mehrzahl der Gefangenen um Haupteslänge.
"Ich möchte mich wieder einmal vergnügen", erklärte sie, "und ich weiß, dass ihr alle ungeduldig darauf wartet, die Nummer des Glücklichen zu erfahren, den ich mir als Helden unserer kleinen Feierlichkeit erwählen werde."
Mit lustvoller Gier ließ sie ihren Blick über die Verschleppten schweifen. Hier hielt sie die alleinige Macht über Leben und Tod dieser Männer in Händen, das wusste sie.
Doch als ob dieses Wissen ihr noch nicht genügte, schritt sie langsam die Reihen ab, bis sie vor einem noch jungen Mann stehen blieb, dessen Glieder von einem unbeherrschbaren Zittern ergriffen wurden.
"Du, Nummer 2501", sagte Aberia.
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Autoren-Porträt von Christian Jacq
Christian Jacq, geboren 1947 bei Paris, promovierte in Ägyptologie an der Sorbonne. Für seine wissenschaftlichen Publikationen wurde er von der Académie française ausgezeichnet. Im Zuge seiner Forschung gründete er das Institut Ramses, das sich insbesondere der Erhaltung gefährdeter Baudenkmäler der Antike widmet. Er schreibt erfolgreiche historische Romane.
Bibliographische Angaben
- Autor: Christian Jacq
- 2003, 1, 350 Seiten, Maße: 14,5 x 22 cm, Leinen, Deutsch
- Aus d. Französ. v. Anne Spielmann
- Verlag: Limes
- ISBN-10: 3809024791
- ISBN-13: 9783809024798
Rezension zu „Die Pharaonin der Freiheit “
"Christian Jacq lässt den Leser eintauchen in ein märchenhaftes Ägypten, das sich verzweifelt gegen seinen Untergang wehrt." (France Dimanche)"Jacqs Erfolgsrezept: Der Leser taucht ein in eine farbenprächtige Welt voller Geheimnisse und Symbole." (L'Express)
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