Die verkaufte Braut
Prag 1618: Von einem Tag auf den anderen wird Karola Kusenius aus ihrem wohlbehüteten Zuhause gerissen. Ihr Vater hat Haus und Hof beim Würfelspiel verloren und dazu auch noch seine Tochter in einem Vertrag an den Lebemann Christoph Sahrenburg...
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Produktinformationen zu „Die verkaufte Braut “
Prag 1618: Von einem Tag auf den anderen wird Karola Kusenius aus ihrem wohlbehüteten Zuhause gerissen. Ihr Vater hat Haus und Hof beim Würfelspiel verloren und dazu auch noch seine Tochter in einem Vertrag an den Lebemann Christoph Sahrenburg überschrieben. Statt sie zu heiraten, will der aber nur ihren Besitz an sich bringen und sie zu seiner Magd machen. Um die Ehre der Sahrenburg und die von Karola zu retten, fasst sein Stiefbruder Matthias einen kühnen Plan: Er wird sie zur Frau nehmen. Doch nicht nur der aufflammende Dreißigjährige Krieg droht ihre Pläne zu durchkreuzen, sondern auch eine teuflische Intrige seiner Stiefmutter Maria.
Lese-Probe zu „Die verkaufte Braut “
Die verkaufte Braut von Tiana Faber1
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Die Dämmerung legte sich über Prag wie ein dunkelgefärbtes Tuch. Dichter Nebel stieg an diesem kalten, ungemütlichen Apriltag von der Moldau auf und kroch langsam, ganz langsam durch die Gassen der Altstadt, bis er alles in ein trübes Grau getaucht hatte.
Karola Kusenius fröstelte. Sie wagte einen flüchtigen Blick aus dem Fenster ihrer Stube und setzte sich hastig zurück an den eichenen Tisch. Vor ihr lagen ein Skizzenblock und die Rötelstifte, die der Vater ihr einst von einer Reise nach Rom mitgebracht hatte. Nicht ohne Stolz betrachtete sie das Gewand, das sie an diesem Nachmittag gezeichnet hatte. Wie schön es aussah!
Es war das zweite Kleid, das sie jemals zu Papier gebracht hatte. Das erste, das trug sie bereits fertig genäht am Leib. Es war entstanden aus Karolas Abneigung gegen die üppig bauschenden Röcke, die direkt unter der Brust begannen und in denen jede Frau aussah, als stecke sie im gespreizten Gefieder eines Riesenvogels.
Tereza, ihre Magd, hatte zwar gemault und sich zunächst geweigert, ihrem Schützling ein Gewand mit einer derart unschicklich tief angesetzten Taille zu schneidern.
»Aber ich bin es leid, Kleider zu tragen, die so entsetzlich viel Stoff haben, dass sie mich wie eine Schwangere aussehen lassen«, hatte sie der Magd zu erklären versucht. Murrend hatte Tereza sich schließlich darangemacht, es zu nähen, dabei aber heimlich wieder ein paar Lagen Stoff mehr als von Karola vorgesehen hinzugegeben. Auf den ersten Blick fiel es dem ungeübten Auge gar nicht auf, worin sich dieses Kleid von denen unterschied, die man zurzeit in der Stadt trug. Nur die Silhouette war ein wenig schmaler als bei den anderen, und Karola fühlte sich darin wesentlich wohler als in den herkömmlichen Gewändern.
Wieder schaute sie auf ihren Entwurf und nahm hier und da noch eine kleine Änderung vor. Wie sie es liebte, Kleider zu entwerfen! Trotzdem konnte sie sich an diesem frühen Aprilabend nicht mehr so recht auf ihre Arbeit konzentrieren. Immer wieder schweiften ihre Gedanken zu ihrem Vater. Schließlich legte sie den Rötelstift aus der Hand und begab sich voller Sorge noch einmal zum Fenster. Wenn er nur endlich heimkommen würde. Er hatte ihr erzählt, dass er noch einen Auftraggeber auf der Kleinseite, der Stadt drüben auf der anderen Seite der Moldau, aufsuchen müsste. Den Habsburger Martin von Hohenberg, der gleich links hinter der Karlsbrücke in einem prächtigen Palast wohnte. Karola hatte ihren Vater ein paar Mal dorthin begleitet und war überwältigt gewesen von der Pracht der von ihm gestalteten Fassade. Sie betete, dass der Vater ihr die Wahrheit gesagt hatte. Dass er wirklich bei dem Grafen war. Karola wollte es ihm ja nur zu gern glauben, aber es fiel ihr schwer. Warum war er zur Arbeit gegangen, ohne sein Werkzeug mitzunehmen? Vater hat sich verändert in letzter Zeit, ging ihr durch den Kopf. Er lacht nicht mehr so viel wie früher, und er unterhält mich kaum noch mit seinen fröhlichen Scherzen. Nein, er wirkt regelrecht bedrückt. Und wenn ihr Vater das Haus verließ, dann sah es aus, als würde er sich heimlich fortschleichen. Seit ein paar Monaten verschwand er manchmal für mehrere Stunden, und sie wusste nicht, wohin.
Bisher hatte er es stets geschafft, vor Einbruch der Dunkelheit nach Hause zurückzukehren. Aber heute? Der Nebel wurde immer dichter.
Karola erzitterte bei dem Gedanken, dass ihm etwas zugestoßen sein könnte, denn schon so mancher Bürger war in den nächtlichen Straßen ausgeraubt und umgebracht worden. Das hatte der Vater ihr erzählt. Sie wollte sich lieber nicht vorstellen, wie er sterbend in einer Gasse lag, allein und ohne Hilfe. Seit dem Tod der Mutter hatte sie ständig Angst um ihn.
Ihr war kalt, und sie zog ihre wärmende Schaube über das Kleid. Nein, sie würde es nicht aushalten, hier einfach nur zu warten. Sie würde ihm entgegeneilen. Sie kannte ja den Weg. Sie würde ihn auch im Dunkeln und bei Nebel finden. Aber hatte ihr der Vater nicht ausdrücklich untersagt, auch nur einen Fuß in die Gasse zu setzen, sobald der Tag vorüber war? »Warum?«, hatte sie gefragt. Ihr Vater hatte geseufzt, bevor er ihr unwirsch geantwortet hatte: »Hör auf, immer warum zu fragen! Nach Einbruch der Dämmerung wirst du nicht ohne Begleitung durch die Gassen gehen. Die Nacht in den Gassen gehört den liederlichen Frauenzimmern!« Als sie nachgefragt hatte, was er damit meinte, hatte der Vater gesagt, das müsse ihr Warnung genug sein. Mehr brauche ein Mädchen wie sie nicht zu wissen. Karola hatte sich daraufhin an Tereza gewandt. Die Magd hatte sich zunächst geziert, aber dann hatte sie ihr eindringlich versichert, dass das höchste Gut einer jeder braven Frau ihre Jungfräulichkeit sei. Und auf jenes Gut lauerten in den nächtlichen dunklen Gassen Gefahren. Karola hatte nicht lockergelassen. »Was für Gefahren? Du sprichst in Rätseln!« Tereza hatte sie einen »neunmalklugen Quälgeist« genannt und ihr schließlich zögernd erklärt, dass es Männer gäbe, die sich dieses Gut einfach nähmen. Und dass die liederlichen Frauenzimmer ihre Unschuld feilböten wie die Marktfrauen ihr Obst.
Damals hatte Tereza ihr Angst gemacht. Aber heute? Sie war schließlich schon erwachsen, warum sollte sie sich fürchten? Entschlossen ergriff sie ihre warme Haube, um das Haar zu bedecken. Sie wollte das Haus schon eilig verlassen, als ihr einfiel, dass Tereza sie bestimmt nicht gehen lassen und auch nicht zögern würde, ihren Schützling mit Gewalt zurückzuhalten. Die Magd war klein und rundlich, doch sie hatte mehr Kraft in den Armen, als man ihr zutraute. Also musste Karola erst einmal herausfinden, ob sich die Magd in Hörweite befand.
Karola vermutete Tereza in der Küche und rief nach ihr, doch sie bekam keine Antwort. Wenn sie auf mein Rufen nicht antwortet, wird sie gar nicht hören, dass ich das Haus verlasse, frohlockte Karola zunächst, aber dann beunruhigte sie der Gedanke mit einem Mal zutiefst. Tereza hörte immer alles. Wenn ihr nun etwas geschehen war? Wenn sie so leblos am Boden lag wie Karolas Mutter damals vor sechs Jahren?
Auf Zehenspitzen schlich Karola zur Küche und warf einen Blick hinein. Tereza hockte auf einem Schemel neben dem Ofen, den Kopf vornübergebeugt, und schnarchte leise. Karola musste unwillkürlich grinsen. Tereza hatte die besten Ohren der Welt, aber wenn sie schlief, dann war sie durch nichts mehr zu wecken. Karola legte der Magd das Tuch, das zu Boden gefallen war, fürsorglich um die Schultern. Plötzlich fiel ihr wieder ein denkwürdiges Gespräch zwischen ihrem Vater und der Magd ein, das sie neulich heimlich mitgehört hatte, als sie unbeobachtet hinter dem Ofen gehockt hatte. Voller Sorge hatte ihr Vater zu Tereza gesagt: »Sie ist wunderschön, aber so uneitel. Sie merkt nicht einmal, wie die Leute auf ihr Haar starren, das wie Seide glänzt.« Tereza hatte daraufhin lamentiert: »Ach, sie wird der armen Herrin immer ähnlicher. Dieser herzförmige Mund, diese ebenmäßige Haut und diese klaren grünen Augen.«
»Darum mache ich mir ja solche Sorgen«, hatte ihr Vater heftig erwidert. » Sie strahlt nur so vor Sinnlichkeit. Manchmal wünschte ich, sie wäre schon einem Mann versprochen und könnte bald in dessen Haus leben.«
Diese Worte ihres Vaters brachten Karola auf eine Idee. Vorsichtig nahm sie Terezas kratziges Tuch an sich, zog ihre Schaube aus und legte sie der Magd um die Schultern. Mit dem Tuch in der Hand begab sie sich in Terezas Kammer und kleidete sich dort bis auf die Unterröcke aus. Vom Schemel griff sie sich Terezas ungleich schlichtere Kleidung zum Wechseln und kleidete sich Stück für Stück in deren Röcke aus grobem Stoff samt dem Mieder und der Bluse. Zum Abschluss band sie sich das braune Tuch um und zog es so weit nach vorne, dass ihr Gesicht fast ganz verhüllt war. So würde man in ihr auf den ersten Blick gewiss kein junges Mädchen erkennen.
In der Kleidung ihrer Magd verließ Karola schließlich unbemerkt das Haus und eilte mit gesenktem Kopf die Lange Gasse entlang. Entschlossen schlug sie den Weg nach links ein. Nach wenigen Schritten erreichte sie den Marktplatz, der menschenleer vor ihr lag. Bald würde sie an der Karlsbrücke sein, doch dann verlor Karola für einen Augenblick die Orientierung. Nach links, ich muss nach links, glaubte sie. Entschlossen bog sie in eine breite Gasse ein.
Sie zog das Wolltuch noch weiter ins Gesicht und sah sich um. Sie war mutterseelenallein unterwegs. Kein Mensch außer ihr schien sich an diesem unwirtlichen Abend allzu weit vom heimischen Feuer zu entfernen. Bis auf sie und ihren Vater. Was war das? Die breite Gasse endete plötzlich, und sie konnte nur nach rechts abbiegen. Sie ging schneller und fand sich nun in einer engen, dunklen Gasse wieder. Plötzlich wusste sie nicht mehr, wo sie war. Sie konnte ihren Atem unter dem Tuch rasseln hören. War sie doch in die falsche Richtung gegangen? Hinaus aus der Stadt? Die Stadtmauer, die sich gespenstisch aus dem Nebel erhob, ließ darauf schließen, dass sie sich bei den Fleischbänken befand. Das war mit Sicherheit der falsche Weg. Sie blieb abrupt stehen, lauschte, kehrte hastig um und begann zu laufen. Ihr Herz klopfte wild. Plötzlich lichtete sich der Nebel ein wenig. Sie wollte schon erleichtert aufatmen, doch in diesem Augenblick ahnte sie, dass die Gefahr noch nicht gebannt war.
Die beiden Männer, die ihr entgegenkamen, sahen alles andere als vertrauenerweckend aus. Solche zerlumpten Gestalten hatte Karola noch niemals zuvor zu Gesicht bekommen. Nicht einmal auf den Märkten. Was sollte sie tun? Sich umdrehen und weglaufen? Die Männer würden sie bestimmt einholen. Am besten, sie ging rasch weiter. Vielleicht würden die Kerle sie gar nicht beachten.
Ein eiskalter Schauer durchfuhr sie, als zwei Paar trübe Augen sie anstarrten. »Bitte, lass sie vorbeigehen, o Herr!«, murmelte sie, aber ihre Gebete wurden nicht erhört.
»Schau mal, das Vögelchen! «, rief der eine und stellte sich ihr in den Weg. Er roch nach Schwarzbier. »Was verlangst du, wenn du uns alle beide mitnimmst?«
Karola würgte unter ihrem Wolltuch und wandte den Kopf ab. Sie würde einfach nicht antworten. Vielleicht ließen die Gestalten sie dann ja in Ruhe.
»Bist du stumm, oder sind wir dir etwa nicht gut genug?«, fragte der andere, ein düsterer Kerl mit dunklem Bart und stechendem Blick. Er trat auf sie zu, schubste sie gegen eine Hauswand und griff ihr mit einer Hand um die Taille.
Karola schrie laut auf. Der Mann zog seine Hand erschrocken weg, aber dann griff er brutal nach dem Wolltuch und zerrte es ihr vom Kopf. Die finsteren Gesellen starrten sie an wie ein Wunder. Der eine streckte seine Zunge heraus und leckte sich die Lippen. Der andere tat es ihm gleich.
»Bitte, lasst mich gehen«, flüsterte Karola heiser. Sie zitterte am ganzen Körper. »Ich suche nur meinen Vater ... «
»Deinen Vater ... Was du nicht sagst?«, rief der Düstere aus und stierte sie mit einem Blick an, der Karola starr vor Angst werden ließ.
»Was meinst du, eine Jungfrau kommt nicht alle Tage vorbei«, lachte der andere heiser. Auch in seinem Blick lag etwas, das Karola zutiefst erschreckte.
Nein, das waren keine menschlichen Gesichter mehr, sondern entstellte Fratzen, wie Karola sie manchmal auf Kupferstichen gesehen hatte. Fratzen, wie sie nur der Leibhaftige besaß. Karola schloss die Augen und versuchte zu beten.
»Ich zuerst«, bestimmte der Düstere. »Du hältst so lange Wache. Danach bist du dran.«
Karola spürte, wie sich eine eisige Kälte in ihr ausbreitete. Dieser Mann würde sie töten. Dann merkte sie nur noch, wie sich zwei Lippen grob auf ihre drückten. Karola wurde speiübel. Sie würgte.
»Du kleine Hexe, es nützt dir nichts, wenn du dich wehrst«, raunte der Düstere und versetzte ihr einen Schlag ins Gesicht. Karola spürte, wie ihr Blut in den Mund lief. Bitte, lieber Gott, lass es schnell gehen, flehte sie. Wie hatte der Prediger immer gesagt? Jemand wie du, der kommt in den Himmel. Aber sie war doch noch so jung! Sie dachte an ihren Vater und dass es ihm das Herz brechen würde, als der Düstere grob an ihrer Bluse zu zerren begann. Ihr gellender Schrei durchdrang die Stille der nebligen Nacht. Dann wurde ihr schwarz vor Augen.
2
Friedrich Kusenius schwitzte. Seine Wangen waren vor Anspannung gerötet, als er die zwei Würfel hektisch in seiner Hand schüttelte, um sie dann mit einem Schwung auf den Tisch zu werfen. Mit glänzenden Augen blickte er auf den Wurf. Als könnte er es nicht fassen. Zwei Augen. Die zusammen mit der Eins machten drei Augen. Damit hatte er schon wieder gewonnen.
Seit Stunden saß er bereits in dem düsteren Keller der Schwarzbierbrauerei und spielte im Schein der flackernden Kerzen Quinquenove. Er war in den letzten Runden der Bankhalter gewesen und hatte fast alle Spiele gewonnen. So viel Glück hatte er noch nie gehabt. Es grenzte an ein Wunder, dass er ständig drei oder elf Augen oder Dubletten warf. Vor ihm auf dem Tisch stapelten sich die Joachimsthaler, und Kusenius rieb sich die Hände. Dieses Mal würde er seinen Gewinn mit nach Hause nehmen. Dieses Mal würde er ihn nicht einsetzen und alles wieder verlieren.
Die Burschen, mit denen er dieses Spiel machte, blickten finster drein. Dennoch hatte Kusenius keine Angst vor ihnen. Beim ersten Mal, als er zögernd die morschen Holzstufen in diesen Keller hinuntergestiegen war, da hatte es ihn ein wenig gegraust vor den grobschlächtigen Handwerksburschen mit den struppigen Haaren und den buschigen Brauen, aber sie sahen schlimmer aus, als sie waren. Und selbst wenn es anders wäre, was sollte er tun? Er brauchte dringend Geld, und woher sollte er es nehmen, ohne es zu stehlen? Dabei wäre es ein Leichtes für ihn, Karolas Erbe anzutasten. Schließlich hatte er über das nicht unbeträchtliche Vermögen, das seine Frau Anna ihrer gemeinsamen Tochter hinterlassen hatte, bis zu deren Heirat die volle Verfügungsgewalt. Er aber würde sich eher die Zunge herausreißen und die Hände abhacken lassen, als auch nur einen Taler oder ein Schmuckstück davon anzurühren. Da blieb ihm nur das Spielen an solch zweifelhaften Orten, die er früher niemals im Leben freiwillig betreten hätte. Er schnaufte und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Bei seinem Übergewicht kam er schnell ins Schwitzen. Und dann die Sorge, beim Spiel ertappt zu werden.
Das Glücksspiel um hohe Einsätze war zwar zurzeit in Prag verboten, aber jedermann tat es. Besonders die Adeligen, doch zu den Hinterzimmern in deren Palästen hatte er keinen Zutritt. Er arbeitete zwar für die katholischen Edelmänner, die sich drüben auf der Kleinseite prächtige Paläste hatten erbauen lassen, aber er würde niemals in ihre Kreise gelangen. Schon gar nicht seit Ferdinand der Zweite im letzten Jahr König von Böhmen geworden war. Kusenius hatte das mit großer Besorgnis verfolgt. Der von Jesuiten streng erzogene Ferdinand galt nämlich als übler Protestantenfresser. Und diese Haltung breitete sich wie ein schleichendes Gift auch bei den wohlhabenden Habsburgern auf der Prager Kleinseite aus. Einige langjährige Kunden des Baumeisters wollten sich seit neuestem nicht einmal mehr die Innenräume ihrer Paläste von ihm verschönern lassen. Und doch war es nicht der König, der ihm die größte Angst machte. Es war Marie, die, so befürchtete er, einer brennenden Fackel gleich, nicht eher ruhen würde, bis er, Kusenius, vernichtet war. Er wusste, dass sie überall Stimmung gegen ihn machte. Wahrscheinlich besuchte sie unermüdlich seine besten Kunden, nur um dort verlauten zu lassen, dass es nicht mehr zeitgemäß sei, einen Lutheraner als Stuckateur zu beschäftigen. Sogar sein bester Kunde, der Graf von Hohenberg, hatte neulich bedauernd erklärt, er könne ihn nicht mehr beschäftigen. Er hatte Kusenius zum Abschied noch ein paar Taler in die Hand gedrückt.
Der Baumeister nahm die Würfel in die Hand und stieß einen tiefen Seufzer aus. Wie so oft in letzter Zeit hatte er das Gefühl, dass es ein Fehler gewesen war, sich Annas wegen in Prag niederzulassen. Sofort wurden seine Augen feucht, wie immer, wenn er an seine viel zu früh verstorbene böhmische Frau dachte. Manchmal wünschte er sich nichts sehnlicher, als dort droben im Himmel wieder mit ihr vereint zu sein. Er wischte sich mit dem Ärmel entschlossen über das Gesicht. Jetzt galt es, die bösen Gedanken zu verscheuchen und noch ein paar Taler zu gewinnen, damit Karola nicht merkte, wie es mit dem Geschäft stetig bergab ging.
Er fühlte die Würfel in seiner Hand immer heißer werden. Bitte, Gott, hilf!, dachte er und fragte sich im selben Moment, ob der Herr ihm bei dem verderbten Glücksspiel überhaupt behilflich war. »Bitte, lass es eine Fünf und eine Sechs werden«, murmelte er. Nur noch ein Mal gewinnen! Und dann aufhören. Für immer. Mit diesen Gedanken und einem laut pochenden Herzen ließ er die Würfel mit Schwung über den Tisch rollen. Eine Zwei und - Kusenius hielt den Atem an - noch eine Zwei. Er atmete auf. Auch eine Dublette war dazu geeignet, ihm den Sieg zu bescheren. Kusenius jubelte innerlich, aber er war bemüht, sich seinen Triumph nicht anmerken zu lassen. Das könnten seine Mitspieler womöglich als Hohn empfinden. Da griffen sie bereits mürrisch in ihre Beutel. Mit grimmigen Mienen warfen sie Kusenius die Taler auf den Tisch.
In seiner Begeisterung nahm Friedrich Kusenius nur mit einem flüchtigen Seitenblick die drei feingekleideten Herren wahr, die abseits standen und das Geschehen an dem Spieltisch genau beobachteten. Er wandte sich schon wieder dem Spiel zu, doch dann stutzte er. Sein Herz schlug auf einmal schneller, wusste er doch genau, dass sich Männer wie sie nur aus einem Grund hierher verirrten: Sie waren Spitzel des Königs, die dem »teuflischen Spiel«, wie es die Priester von den Kanzeln predigten, Einhalt gebieten sollten.
Vorsichtig drehte Kusenius sich noch einmal um und zuckte zusammen. Nicht nur, weil er befürchtete, die Männer könnten jeden Augenblick zu ihm kommen und das auf dem Tisch liegende Geld einziehen, sondern auch weil ihm plötzlich so übel im Magen war. Er überlegte fieberhaft, ob er sein Geld an sich nehmen und weglaufen sollte, aber da war es bereits zu spät, denn sie bewegten sich auf den Spieltisch zu und blieben nur wenige Meter davor stehen.
»Wer ist der feine, wohlgenährte Herr dort zwischen all den Ohrfeigengesichtern?«, raunte der größte und stattlichste der drei Männer seinen Freunden in deutscher Sprache zu.
Das Herz des Baumeisters krampfte sich zusammen. Er versuchte, die Fremden nicht anzustarren. Unauffällig behielt er sie aus dem Augenwinkel im Blick, besonders den einen. Er schaut aus wie ein Edelmann mit seinen dunklen Locken und seinem kantigen Gesicht, dachte Kusenius, wenn da nicht diese Augen gewesen wären, die zu engen Schlitzen zusammengekniffen waren und etwas Hinterhältiges ausstrahlten.
»Ich habe euch gefragt, wer der Wohlbeleibte dort ist?«, hakte der Dunkelgelockte an die Adresse seiner Begleiter nach.
Erschrocken drehte sich Kusenius zu den Männern um. Sein Blick und der des Wortführers trafen sich. Kusenius fuhr der Schreck in alle Glieder. In den Augen des Mannes lag die nackte Gier. Kusenius wandte sich hastig ab. »Ich glaube, das ist der Baumeister Kusenius«, antwortete einer der beiden anderen Männer zögernd.
Kusenius spürte, wie seine Hand, in der er die Würfel hielt, feucht und klebrig wurde. So viele pfälzische Baumeister mit einem ähnlich klingenden Namen gab es wohl nicht in der Stadt. Die nächste Frage des Dunkelgelockten ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
»Und? Ist bei ihm etwas zu holen?«
Kusenius, der an der Reihe war, ließ die Würfel los, ohne sie vorher zu schütteln, sie zu beschwören und ohne um Gottes Beistand zu bitten. Wie durch einen Nebel vernahm er die geflüsterten Worte: »Ja, er besitzt ein ansehnliches Haus in der Langen Gasse.«
Der Baumeister schluckte. Er sah sich seinen Wurf nicht einmal an, sondern erstarrte, als einer der Männer lüstern raunte: »Und eine sagenhaft schöne Tochter im heiratsfähigen Alter soll er haben, so sagt man jedenfalls. Ich habe sie noch nie gesehen. Es heißt, er hütet sie wie seinen Augapfel.«
Erst das triumphierende Lachen seiner Mitspieler lenkte Kusenius' Aufmerksamkeit an den Spieltisch zurück. »Das Glück hat unseren gnädigen Herrn verlassen. Das wurde aber auch Zeit«, dröhnte einer der Handwerksburschen und hielt seine behaarte Pranke auf, um seinen Gewinn in Empfang zu nehmen.
Kusenius blickte auf seinen Wurf und weigerte sich, zu glauben, was er sah. Eine Fünf und eine Vier. Damit hätte er als Pointeur gewonnen, nicht aber als Bankhalter. Seine Glückssträhne war vorüber. Das jedenfalls sagte ihm eine warnende innere Stimme. Er sollte auf keinen Fall ein neues Spiel wagen, sondern schnell nach Hause eilen. Vor allem, als der Dunkelgelockte seinem Freund befahl: »Dann geh und hole einen Krug Schwarzbier für unseren erfolgreichen Spieler!«, Kusenius dabei jovial auf die Schulter klopfte und fragte: »Ein Spiel unter Freunden gefällig?«
Auf keinen Fall!, mahnte seine innere Stimme. Verabschiede dich höflich und geh nach Hause. Ja, das würde er tun. Er würde den Herren erklären, dass er bereits mit den Handwerksburschen gespielt hatte. Er setzte zu sprechen an, aber plötzlich spürte er einen stechenden Schmerz in der Schulter. »Ich ... das da ... dort«, stammelte er.
»Ich spiele schon mit denen dort«, brachte er schließlich mühsam hervor. Der Dunkelgelockte grinste, warf jedem der jungen Burschen einen Taler hin und gab ihnen ein Zeichen, dass sie verschwinden sollten. Einer nach dem anderen stand auf und verließ grußlos den Tisch. Kusenius legte sogleich schützend die Hand auf die Taler, die ihm noch geblieben waren, und murmelte: »Ich muss Euch jetzt leider verlassen.« Er war erleichtert, dass er seine Sprache so schnell wiedergefunden hatte. Friedrich, geh, so schnell dich die Füße tragen, riet ihm sein Verstand. Er wollte aufstehen, doch bevor er sich erheben konnte, hatte ihn der Dunkelgelockte bereits grob zurück auf den Schemel gedrückt.
»Ein Spiel nur!«, forderte er in scharfem Ton und lachte.
Dabei dünstete der Fremde bei jedem Wort Schwaden von Starkbier aus.
»Ich möchte gehen«, wiederholte Kusenius schwach. Der angetrunkene Fremde machte ihm Angst. Und dennoch, tief in seinem Innern spürte er die Lust, sich mit ihm am Würfeltisch zu messen. Da war es wieder, dieses gewisse Kribbeln bei dem Gedanken, das Schicksal herauszufordern und zu gewinnen. Nein, verdammt, er sollte gehen, und zwar sofort. Kusenius holte entschlossen seine Geldkatze hervor, um den Gewinn einzustecken.
»Ihr wollt doch nicht, dass man sich morgen überall in der Stadt erzählt, Baumeister Kusenius treibt sich in dunklen Kaschemmen herum und mehrt aus teuflischer Gewinnsucht sein Geld beim verpönten Hasardspiel?«, höhnte der Fremde. Er hob seinen Krug voller Schwarzbier, drückte Kusenius einen zweiten in die Hand und sagte laut: »Auf Euer Wohl!«
Kusenius spürte einen Druck auf seiner Brust, als würde er unter einem Mühlstein zerquetscht. Noch mehr Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Er ahnte, dass jeder Widerstand gegen die Spitzbuben im feinen Zwirn zwecklos wäre. Wenn er doch nur wüsste, wer der Mann war! Dann würde er es ihm mit gleicher Münze heimzahlen und ihm drohen, ihn seinerseits als Glücksspieler anzuschwärzen, aber so?
Kusenius zitterte innerlich. Er redete sich schließlich ein, dass er keine andere Wahl hatte, als mitzuspielen. Die Fremden wirkten gefährlich. Und tief im Innern reizte ihn der Gedanke sogar, die Herausforderung anzunehmen. Einen Sieg gegen diesen überheblichen Kerl nur, dann würde er den Spieltisch als Sieger verlassen und niemals mehr hierher zurückkehren. Wenn er diesen Kerl besiegte, dann würde er das als Zeichen nehmen und die vermaledeiten Würfel niemals mehr anrühren. Er nahm einen großen Schluck von dem schwarzen Gebräu, das er sonst mied wie der Teufel das Weihwasser.
...
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Die Dämmerung legte sich über Prag wie ein dunkelgefärbtes Tuch. Dichter Nebel stieg an diesem kalten, ungemütlichen Apriltag von der Moldau auf und kroch langsam, ganz langsam durch die Gassen der Altstadt, bis er alles in ein trübes Grau getaucht hatte.
Karola Kusenius fröstelte. Sie wagte einen flüchtigen Blick aus dem Fenster ihrer Stube und setzte sich hastig zurück an den eichenen Tisch. Vor ihr lagen ein Skizzenblock und die Rötelstifte, die der Vater ihr einst von einer Reise nach Rom mitgebracht hatte. Nicht ohne Stolz betrachtete sie das Gewand, das sie an diesem Nachmittag gezeichnet hatte. Wie schön es aussah!
Es war das zweite Kleid, das sie jemals zu Papier gebracht hatte. Das erste, das trug sie bereits fertig genäht am Leib. Es war entstanden aus Karolas Abneigung gegen die üppig bauschenden Röcke, die direkt unter der Brust begannen und in denen jede Frau aussah, als stecke sie im gespreizten Gefieder eines Riesenvogels.
Tereza, ihre Magd, hatte zwar gemault und sich zunächst geweigert, ihrem Schützling ein Gewand mit einer derart unschicklich tief angesetzten Taille zu schneidern.
»Aber ich bin es leid, Kleider zu tragen, die so entsetzlich viel Stoff haben, dass sie mich wie eine Schwangere aussehen lassen«, hatte sie der Magd zu erklären versucht. Murrend hatte Tereza sich schließlich darangemacht, es zu nähen, dabei aber heimlich wieder ein paar Lagen Stoff mehr als von Karola vorgesehen hinzugegeben. Auf den ersten Blick fiel es dem ungeübten Auge gar nicht auf, worin sich dieses Kleid von denen unterschied, die man zurzeit in der Stadt trug. Nur die Silhouette war ein wenig schmaler als bei den anderen, und Karola fühlte sich darin wesentlich wohler als in den herkömmlichen Gewändern.
Wieder schaute sie auf ihren Entwurf und nahm hier und da noch eine kleine Änderung vor. Wie sie es liebte, Kleider zu entwerfen! Trotzdem konnte sie sich an diesem frühen Aprilabend nicht mehr so recht auf ihre Arbeit konzentrieren. Immer wieder schweiften ihre Gedanken zu ihrem Vater. Schließlich legte sie den Rötelstift aus der Hand und begab sich voller Sorge noch einmal zum Fenster. Wenn er nur endlich heimkommen würde. Er hatte ihr erzählt, dass er noch einen Auftraggeber auf der Kleinseite, der Stadt drüben auf der anderen Seite der Moldau, aufsuchen müsste. Den Habsburger Martin von Hohenberg, der gleich links hinter der Karlsbrücke in einem prächtigen Palast wohnte. Karola hatte ihren Vater ein paar Mal dorthin begleitet und war überwältigt gewesen von der Pracht der von ihm gestalteten Fassade. Sie betete, dass der Vater ihr die Wahrheit gesagt hatte. Dass er wirklich bei dem Grafen war. Karola wollte es ihm ja nur zu gern glauben, aber es fiel ihr schwer. Warum war er zur Arbeit gegangen, ohne sein Werkzeug mitzunehmen? Vater hat sich verändert in letzter Zeit, ging ihr durch den Kopf. Er lacht nicht mehr so viel wie früher, und er unterhält mich kaum noch mit seinen fröhlichen Scherzen. Nein, er wirkt regelrecht bedrückt. Und wenn ihr Vater das Haus verließ, dann sah es aus, als würde er sich heimlich fortschleichen. Seit ein paar Monaten verschwand er manchmal für mehrere Stunden, und sie wusste nicht, wohin.
Bisher hatte er es stets geschafft, vor Einbruch der Dunkelheit nach Hause zurückzukehren. Aber heute? Der Nebel wurde immer dichter.
Karola erzitterte bei dem Gedanken, dass ihm etwas zugestoßen sein könnte, denn schon so mancher Bürger war in den nächtlichen Straßen ausgeraubt und umgebracht worden. Das hatte der Vater ihr erzählt. Sie wollte sich lieber nicht vorstellen, wie er sterbend in einer Gasse lag, allein und ohne Hilfe. Seit dem Tod der Mutter hatte sie ständig Angst um ihn.
Ihr war kalt, und sie zog ihre wärmende Schaube über das Kleid. Nein, sie würde es nicht aushalten, hier einfach nur zu warten. Sie würde ihm entgegeneilen. Sie kannte ja den Weg. Sie würde ihn auch im Dunkeln und bei Nebel finden. Aber hatte ihr der Vater nicht ausdrücklich untersagt, auch nur einen Fuß in die Gasse zu setzen, sobald der Tag vorüber war? »Warum?«, hatte sie gefragt. Ihr Vater hatte geseufzt, bevor er ihr unwirsch geantwortet hatte: »Hör auf, immer warum zu fragen! Nach Einbruch der Dämmerung wirst du nicht ohne Begleitung durch die Gassen gehen. Die Nacht in den Gassen gehört den liederlichen Frauenzimmern!« Als sie nachgefragt hatte, was er damit meinte, hatte der Vater gesagt, das müsse ihr Warnung genug sein. Mehr brauche ein Mädchen wie sie nicht zu wissen. Karola hatte sich daraufhin an Tereza gewandt. Die Magd hatte sich zunächst geziert, aber dann hatte sie ihr eindringlich versichert, dass das höchste Gut einer jeder braven Frau ihre Jungfräulichkeit sei. Und auf jenes Gut lauerten in den nächtlichen dunklen Gassen Gefahren. Karola hatte nicht lockergelassen. »Was für Gefahren? Du sprichst in Rätseln!« Tereza hatte sie einen »neunmalklugen Quälgeist« genannt und ihr schließlich zögernd erklärt, dass es Männer gäbe, die sich dieses Gut einfach nähmen. Und dass die liederlichen Frauenzimmer ihre Unschuld feilböten wie die Marktfrauen ihr Obst.
Damals hatte Tereza ihr Angst gemacht. Aber heute? Sie war schließlich schon erwachsen, warum sollte sie sich fürchten? Entschlossen ergriff sie ihre warme Haube, um das Haar zu bedecken. Sie wollte das Haus schon eilig verlassen, als ihr einfiel, dass Tereza sie bestimmt nicht gehen lassen und auch nicht zögern würde, ihren Schützling mit Gewalt zurückzuhalten. Die Magd war klein und rundlich, doch sie hatte mehr Kraft in den Armen, als man ihr zutraute. Also musste Karola erst einmal herausfinden, ob sich die Magd in Hörweite befand.
Karola vermutete Tereza in der Küche und rief nach ihr, doch sie bekam keine Antwort. Wenn sie auf mein Rufen nicht antwortet, wird sie gar nicht hören, dass ich das Haus verlasse, frohlockte Karola zunächst, aber dann beunruhigte sie der Gedanke mit einem Mal zutiefst. Tereza hörte immer alles. Wenn ihr nun etwas geschehen war? Wenn sie so leblos am Boden lag wie Karolas Mutter damals vor sechs Jahren?
Auf Zehenspitzen schlich Karola zur Küche und warf einen Blick hinein. Tereza hockte auf einem Schemel neben dem Ofen, den Kopf vornübergebeugt, und schnarchte leise. Karola musste unwillkürlich grinsen. Tereza hatte die besten Ohren der Welt, aber wenn sie schlief, dann war sie durch nichts mehr zu wecken. Karola legte der Magd das Tuch, das zu Boden gefallen war, fürsorglich um die Schultern. Plötzlich fiel ihr wieder ein denkwürdiges Gespräch zwischen ihrem Vater und der Magd ein, das sie neulich heimlich mitgehört hatte, als sie unbeobachtet hinter dem Ofen gehockt hatte. Voller Sorge hatte ihr Vater zu Tereza gesagt: »Sie ist wunderschön, aber so uneitel. Sie merkt nicht einmal, wie die Leute auf ihr Haar starren, das wie Seide glänzt.« Tereza hatte daraufhin lamentiert: »Ach, sie wird der armen Herrin immer ähnlicher. Dieser herzförmige Mund, diese ebenmäßige Haut und diese klaren grünen Augen.«
»Darum mache ich mir ja solche Sorgen«, hatte ihr Vater heftig erwidert. » Sie strahlt nur so vor Sinnlichkeit. Manchmal wünschte ich, sie wäre schon einem Mann versprochen und könnte bald in dessen Haus leben.«
Diese Worte ihres Vaters brachten Karola auf eine Idee. Vorsichtig nahm sie Terezas kratziges Tuch an sich, zog ihre Schaube aus und legte sie der Magd um die Schultern. Mit dem Tuch in der Hand begab sie sich in Terezas Kammer und kleidete sich dort bis auf die Unterröcke aus. Vom Schemel griff sie sich Terezas ungleich schlichtere Kleidung zum Wechseln und kleidete sich Stück für Stück in deren Röcke aus grobem Stoff samt dem Mieder und der Bluse. Zum Abschluss band sie sich das braune Tuch um und zog es so weit nach vorne, dass ihr Gesicht fast ganz verhüllt war. So würde man in ihr auf den ersten Blick gewiss kein junges Mädchen erkennen.
In der Kleidung ihrer Magd verließ Karola schließlich unbemerkt das Haus und eilte mit gesenktem Kopf die Lange Gasse entlang. Entschlossen schlug sie den Weg nach links ein. Nach wenigen Schritten erreichte sie den Marktplatz, der menschenleer vor ihr lag. Bald würde sie an der Karlsbrücke sein, doch dann verlor Karola für einen Augenblick die Orientierung. Nach links, ich muss nach links, glaubte sie. Entschlossen bog sie in eine breite Gasse ein.
Sie zog das Wolltuch noch weiter ins Gesicht und sah sich um. Sie war mutterseelenallein unterwegs. Kein Mensch außer ihr schien sich an diesem unwirtlichen Abend allzu weit vom heimischen Feuer zu entfernen. Bis auf sie und ihren Vater. Was war das? Die breite Gasse endete plötzlich, und sie konnte nur nach rechts abbiegen. Sie ging schneller und fand sich nun in einer engen, dunklen Gasse wieder. Plötzlich wusste sie nicht mehr, wo sie war. Sie konnte ihren Atem unter dem Tuch rasseln hören. War sie doch in die falsche Richtung gegangen? Hinaus aus der Stadt? Die Stadtmauer, die sich gespenstisch aus dem Nebel erhob, ließ darauf schließen, dass sie sich bei den Fleischbänken befand. Das war mit Sicherheit der falsche Weg. Sie blieb abrupt stehen, lauschte, kehrte hastig um und begann zu laufen. Ihr Herz klopfte wild. Plötzlich lichtete sich der Nebel ein wenig. Sie wollte schon erleichtert aufatmen, doch in diesem Augenblick ahnte sie, dass die Gefahr noch nicht gebannt war.
Die beiden Männer, die ihr entgegenkamen, sahen alles andere als vertrauenerweckend aus. Solche zerlumpten Gestalten hatte Karola noch niemals zuvor zu Gesicht bekommen. Nicht einmal auf den Märkten. Was sollte sie tun? Sich umdrehen und weglaufen? Die Männer würden sie bestimmt einholen. Am besten, sie ging rasch weiter. Vielleicht würden die Kerle sie gar nicht beachten.
Ein eiskalter Schauer durchfuhr sie, als zwei Paar trübe Augen sie anstarrten. »Bitte, lass sie vorbeigehen, o Herr!«, murmelte sie, aber ihre Gebete wurden nicht erhört.
»Schau mal, das Vögelchen! «, rief der eine und stellte sich ihr in den Weg. Er roch nach Schwarzbier. »Was verlangst du, wenn du uns alle beide mitnimmst?«
Karola würgte unter ihrem Wolltuch und wandte den Kopf ab. Sie würde einfach nicht antworten. Vielleicht ließen die Gestalten sie dann ja in Ruhe.
»Bist du stumm, oder sind wir dir etwa nicht gut genug?«, fragte der andere, ein düsterer Kerl mit dunklem Bart und stechendem Blick. Er trat auf sie zu, schubste sie gegen eine Hauswand und griff ihr mit einer Hand um die Taille.
Karola schrie laut auf. Der Mann zog seine Hand erschrocken weg, aber dann griff er brutal nach dem Wolltuch und zerrte es ihr vom Kopf. Die finsteren Gesellen starrten sie an wie ein Wunder. Der eine streckte seine Zunge heraus und leckte sich die Lippen. Der andere tat es ihm gleich.
»Bitte, lasst mich gehen«, flüsterte Karola heiser. Sie zitterte am ganzen Körper. »Ich suche nur meinen Vater ... «
»Deinen Vater ... Was du nicht sagst?«, rief der Düstere aus und stierte sie mit einem Blick an, der Karola starr vor Angst werden ließ.
»Was meinst du, eine Jungfrau kommt nicht alle Tage vorbei«, lachte der andere heiser. Auch in seinem Blick lag etwas, das Karola zutiefst erschreckte.
Nein, das waren keine menschlichen Gesichter mehr, sondern entstellte Fratzen, wie Karola sie manchmal auf Kupferstichen gesehen hatte. Fratzen, wie sie nur der Leibhaftige besaß. Karola schloss die Augen und versuchte zu beten.
»Ich zuerst«, bestimmte der Düstere. »Du hältst so lange Wache. Danach bist du dran.«
Karola spürte, wie sich eine eisige Kälte in ihr ausbreitete. Dieser Mann würde sie töten. Dann merkte sie nur noch, wie sich zwei Lippen grob auf ihre drückten. Karola wurde speiübel. Sie würgte.
»Du kleine Hexe, es nützt dir nichts, wenn du dich wehrst«, raunte der Düstere und versetzte ihr einen Schlag ins Gesicht. Karola spürte, wie ihr Blut in den Mund lief. Bitte, lieber Gott, lass es schnell gehen, flehte sie. Wie hatte der Prediger immer gesagt? Jemand wie du, der kommt in den Himmel. Aber sie war doch noch so jung! Sie dachte an ihren Vater und dass es ihm das Herz brechen würde, als der Düstere grob an ihrer Bluse zu zerren begann. Ihr gellender Schrei durchdrang die Stille der nebligen Nacht. Dann wurde ihr schwarz vor Augen.
2
Friedrich Kusenius schwitzte. Seine Wangen waren vor Anspannung gerötet, als er die zwei Würfel hektisch in seiner Hand schüttelte, um sie dann mit einem Schwung auf den Tisch zu werfen. Mit glänzenden Augen blickte er auf den Wurf. Als könnte er es nicht fassen. Zwei Augen. Die zusammen mit der Eins machten drei Augen. Damit hatte er schon wieder gewonnen.
Seit Stunden saß er bereits in dem düsteren Keller der Schwarzbierbrauerei und spielte im Schein der flackernden Kerzen Quinquenove. Er war in den letzten Runden der Bankhalter gewesen und hatte fast alle Spiele gewonnen. So viel Glück hatte er noch nie gehabt. Es grenzte an ein Wunder, dass er ständig drei oder elf Augen oder Dubletten warf. Vor ihm auf dem Tisch stapelten sich die Joachimsthaler, und Kusenius rieb sich die Hände. Dieses Mal würde er seinen Gewinn mit nach Hause nehmen. Dieses Mal würde er ihn nicht einsetzen und alles wieder verlieren.
Die Burschen, mit denen er dieses Spiel machte, blickten finster drein. Dennoch hatte Kusenius keine Angst vor ihnen. Beim ersten Mal, als er zögernd die morschen Holzstufen in diesen Keller hinuntergestiegen war, da hatte es ihn ein wenig gegraust vor den grobschlächtigen Handwerksburschen mit den struppigen Haaren und den buschigen Brauen, aber sie sahen schlimmer aus, als sie waren. Und selbst wenn es anders wäre, was sollte er tun? Er brauchte dringend Geld, und woher sollte er es nehmen, ohne es zu stehlen? Dabei wäre es ein Leichtes für ihn, Karolas Erbe anzutasten. Schließlich hatte er über das nicht unbeträchtliche Vermögen, das seine Frau Anna ihrer gemeinsamen Tochter hinterlassen hatte, bis zu deren Heirat die volle Verfügungsgewalt. Er aber würde sich eher die Zunge herausreißen und die Hände abhacken lassen, als auch nur einen Taler oder ein Schmuckstück davon anzurühren. Da blieb ihm nur das Spielen an solch zweifelhaften Orten, die er früher niemals im Leben freiwillig betreten hätte. Er schnaufte und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Bei seinem Übergewicht kam er schnell ins Schwitzen. Und dann die Sorge, beim Spiel ertappt zu werden.
Das Glücksspiel um hohe Einsätze war zwar zurzeit in Prag verboten, aber jedermann tat es. Besonders die Adeligen, doch zu den Hinterzimmern in deren Palästen hatte er keinen Zutritt. Er arbeitete zwar für die katholischen Edelmänner, die sich drüben auf der Kleinseite prächtige Paläste hatten erbauen lassen, aber er würde niemals in ihre Kreise gelangen. Schon gar nicht seit Ferdinand der Zweite im letzten Jahr König von Böhmen geworden war. Kusenius hatte das mit großer Besorgnis verfolgt. Der von Jesuiten streng erzogene Ferdinand galt nämlich als übler Protestantenfresser. Und diese Haltung breitete sich wie ein schleichendes Gift auch bei den wohlhabenden Habsburgern auf der Prager Kleinseite aus. Einige langjährige Kunden des Baumeisters wollten sich seit neuestem nicht einmal mehr die Innenräume ihrer Paläste von ihm verschönern lassen. Und doch war es nicht der König, der ihm die größte Angst machte. Es war Marie, die, so befürchtete er, einer brennenden Fackel gleich, nicht eher ruhen würde, bis er, Kusenius, vernichtet war. Er wusste, dass sie überall Stimmung gegen ihn machte. Wahrscheinlich besuchte sie unermüdlich seine besten Kunden, nur um dort verlauten zu lassen, dass es nicht mehr zeitgemäß sei, einen Lutheraner als Stuckateur zu beschäftigen. Sogar sein bester Kunde, der Graf von Hohenberg, hatte neulich bedauernd erklärt, er könne ihn nicht mehr beschäftigen. Er hatte Kusenius zum Abschied noch ein paar Taler in die Hand gedrückt.
Der Baumeister nahm die Würfel in die Hand und stieß einen tiefen Seufzer aus. Wie so oft in letzter Zeit hatte er das Gefühl, dass es ein Fehler gewesen war, sich Annas wegen in Prag niederzulassen. Sofort wurden seine Augen feucht, wie immer, wenn er an seine viel zu früh verstorbene böhmische Frau dachte. Manchmal wünschte er sich nichts sehnlicher, als dort droben im Himmel wieder mit ihr vereint zu sein. Er wischte sich mit dem Ärmel entschlossen über das Gesicht. Jetzt galt es, die bösen Gedanken zu verscheuchen und noch ein paar Taler zu gewinnen, damit Karola nicht merkte, wie es mit dem Geschäft stetig bergab ging.
Er fühlte die Würfel in seiner Hand immer heißer werden. Bitte, Gott, hilf!, dachte er und fragte sich im selben Moment, ob der Herr ihm bei dem verderbten Glücksspiel überhaupt behilflich war. »Bitte, lass es eine Fünf und eine Sechs werden«, murmelte er. Nur noch ein Mal gewinnen! Und dann aufhören. Für immer. Mit diesen Gedanken und einem laut pochenden Herzen ließ er die Würfel mit Schwung über den Tisch rollen. Eine Zwei und - Kusenius hielt den Atem an - noch eine Zwei. Er atmete auf. Auch eine Dublette war dazu geeignet, ihm den Sieg zu bescheren. Kusenius jubelte innerlich, aber er war bemüht, sich seinen Triumph nicht anmerken zu lassen. Das könnten seine Mitspieler womöglich als Hohn empfinden. Da griffen sie bereits mürrisch in ihre Beutel. Mit grimmigen Mienen warfen sie Kusenius die Taler auf den Tisch.
In seiner Begeisterung nahm Friedrich Kusenius nur mit einem flüchtigen Seitenblick die drei feingekleideten Herren wahr, die abseits standen und das Geschehen an dem Spieltisch genau beobachteten. Er wandte sich schon wieder dem Spiel zu, doch dann stutzte er. Sein Herz schlug auf einmal schneller, wusste er doch genau, dass sich Männer wie sie nur aus einem Grund hierher verirrten: Sie waren Spitzel des Königs, die dem »teuflischen Spiel«, wie es die Priester von den Kanzeln predigten, Einhalt gebieten sollten.
Vorsichtig drehte Kusenius sich noch einmal um und zuckte zusammen. Nicht nur, weil er befürchtete, die Männer könnten jeden Augenblick zu ihm kommen und das auf dem Tisch liegende Geld einziehen, sondern auch weil ihm plötzlich so übel im Magen war. Er überlegte fieberhaft, ob er sein Geld an sich nehmen und weglaufen sollte, aber da war es bereits zu spät, denn sie bewegten sich auf den Spieltisch zu und blieben nur wenige Meter davor stehen.
»Wer ist der feine, wohlgenährte Herr dort zwischen all den Ohrfeigengesichtern?«, raunte der größte und stattlichste der drei Männer seinen Freunden in deutscher Sprache zu.
Das Herz des Baumeisters krampfte sich zusammen. Er versuchte, die Fremden nicht anzustarren. Unauffällig behielt er sie aus dem Augenwinkel im Blick, besonders den einen. Er schaut aus wie ein Edelmann mit seinen dunklen Locken und seinem kantigen Gesicht, dachte Kusenius, wenn da nicht diese Augen gewesen wären, die zu engen Schlitzen zusammengekniffen waren und etwas Hinterhältiges ausstrahlten.
»Ich habe euch gefragt, wer der Wohlbeleibte dort ist?«, hakte der Dunkelgelockte an die Adresse seiner Begleiter nach.
Erschrocken drehte sich Kusenius zu den Männern um. Sein Blick und der des Wortführers trafen sich. Kusenius fuhr der Schreck in alle Glieder. In den Augen des Mannes lag die nackte Gier. Kusenius wandte sich hastig ab. »Ich glaube, das ist der Baumeister Kusenius«, antwortete einer der beiden anderen Männer zögernd.
Kusenius spürte, wie seine Hand, in der er die Würfel hielt, feucht und klebrig wurde. So viele pfälzische Baumeister mit einem ähnlich klingenden Namen gab es wohl nicht in der Stadt. Die nächste Frage des Dunkelgelockten ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
»Und? Ist bei ihm etwas zu holen?«
Kusenius, der an der Reihe war, ließ die Würfel los, ohne sie vorher zu schütteln, sie zu beschwören und ohne um Gottes Beistand zu bitten. Wie durch einen Nebel vernahm er die geflüsterten Worte: »Ja, er besitzt ein ansehnliches Haus in der Langen Gasse.«
Der Baumeister schluckte. Er sah sich seinen Wurf nicht einmal an, sondern erstarrte, als einer der Männer lüstern raunte: »Und eine sagenhaft schöne Tochter im heiratsfähigen Alter soll er haben, so sagt man jedenfalls. Ich habe sie noch nie gesehen. Es heißt, er hütet sie wie seinen Augapfel.«
Erst das triumphierende Lachen seiner Mitspieler lenkte Kusenius' Aufmerksamkeit an den Spieltisch zurück. »Das Glück hat unseren gnädigen Herrn verlassen. Das wurde aber auch Zeit«, dröhnte einer der Handwerksburschen und hielt seine behaarte Pranke auf, um seinen Gewinn in Empfang zu nehmen.
Kusenius blickte auf seinen Wurf und weigerte sich, zu glauben, was er sah. Eine Fünf und eine Vier. Damit hätte er als Pointeur gewonnen, nicht aber als Bankhalter. Seine Glückssträhne war vorüber. Das jedenfalls sagte ihm eine warnende innere Stimme. Er sollte auf keinen Fall ein neues Spiel wagen, sondern schnell nach Hause eilen. Vor allem, als der Dunkelgelockte seinem Freund befahl: »Dann geh und hole einen Krug Schwarzbier für unseren erfolgreichen Spieler!«, Kusenius dabei jovial auf die Schulter klopfte und fragte: »Ein Spiel unter Freunden gefällig?«
Auf keinen Fall!, mahnte seine innere Stimme. Verabschiede dich höflich und geh nach Hause. Ja, das würde er tun. Er würde den Herren erklären, dass er bereits mit den Handwerksburschen gespielt hatte. Er setzte zu sprechen an, aber plötzlich spürte er einen stechenden Schmerz in der Schulter. »Ich ... das da ... dort«, stammelte er.
»Ich spiele schon mit denen dort«, brachte er schließlich mühsam hervor. Der Dunkelgelockte grinste, warf jedem der jungen Burschen einen Taler hin und gab ihnen ein Zeichen, dass sie verschwinden sollten. Einer nach dem anderen stand auf und verließ grußlos den Tisch. Kusenius legte sogleich schützend die Hand auf die Taler, die ihm noch geblieben waren, und murmelte: »Ich muss Euch jetzt leider verlassen.« Er war erleichtert, dass er seine Sprache so schnell wiedergefunden hatte. Friedrich, geh, so schnell dich die Füße tragen, riet ihm sein Verstand. Er wollte aufstehen, doch bevor er sich erheben konnte, hatte ihn der Dunkelgelockte bereits grob zurück auf den Schemel gedrückt.
»Ein Spiel nur!«, forderte er in scharfem Ton und lachte.
Dabei dünstete der Fremde bei jedem Wort Schwaden von Starkbier aus.
»Ich möchte gehen«, wiederholte Kusenius schwach. Der angetrunkene Fremde machte ihm Angst. Und dennoch, tief in seinem Innern spürte er die Lust, sich mit ihm am Würfeltisch zu messen. Da war es wieder, dieses gewisse Kribbeln bei dem Gedanken, das Schicksal herauszufordern und zu gewinnen. Nein, verdammt, er sollte gehen, und zwar sofort. Kusenius holte entschlossen seine Geldkatze hervor, um den Gewinn einzustecken.
»Ihr wollt doch nicht, dass man sich morgen überall in der Stadt erzählt, Baumeister Kusenius treibt sich in dunklen Kaschemmen herum und mehrt aus teuflischer Gewinnsucht sein Geld beim verpönten Hasardspiel?«, höhnte der Fremde. Er hob seinen Krug voller Schwarzbier, drückte Kusenius einen zweiten in die Hand und sagte laut: »Auf Euer Wohl!«
Kusenius spürte einen Druck auf seiner Brust, als würde er unter einem Mühlstein zerquetscht. Noch mehr Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Er ahnte, dass jeder Widerstand gegen die Spitzbuben im feinen Zwirn zwecklos wäre. Wenn er doch nur wüsste, wer der Mann war! Dann würde er es ihm mit gleicher Münze heimzahlen und ihm drohen, ihn seinerseits als Glücksspieler anzuschwärzen, aber so?
Kusenius zitterte innerlich. Er redete sich schließlich ein, dass er keine andere Wahl hatte, als mitzuspielen. Die Fremden wirkten gefährlich. Und tief im Innern reizte ihn der Gedanke sogar, die Herausforderung anzunehmen. Einen Sieg gegen diesen überheblichen Kerl nur, dann würde er den Spieltisch als Sieger verlassen und niemals mehr hierher zurückkehren. Wenn er diesen Kerl besiegte, dann würde er das als Zeichen nehmen und die vermaledeiten Würfel niemals mehr anrühren. Er nahm einen großen Schluck von dem schwarzen Gebräu, das er sonst mied wie der Teufel das Weihwasser.
...
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Steinerne Furt, 86167 Augsburg
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Autoren-Porträt von Tiana Faber
Tiana Faber lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Sie schrieb bislang Kriminalromane unter ihrem Mädchennamen. "Die verkaufte Braut", der in der Originalausgabe unter dem Titel "Die Tochter des Würfelspielers" bei Rowohlt erschienen ist, ist ihr erster historischer Roman. Bibliographische Angaben
- Autor: Tiana Faber
- 432 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3868009566
- ISBN-13: 9783868009569
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