Drei Töchter und ein Hochzeitsfall
Eine Mutter mit Mission: Drei Töchter brauchen einen Mann ...
Eine Mutter, die viel Zeit hat. Drei Töchter, die keinen Mann haben. Und eine Mission mit viel Leidenschaft: Maggie Ryan will ihre Töchter unter die Haube bringen. Was kein...
Eine Mutter, die viel Zeit hat. Drei Töchter, die keinen Mann haben. Und eine Mission mit viel Leidenschaft: Maggie Ryan will ihre Töchter unter die Haube bringen. Was kein...
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Produktinformationen zu „Drei Töchter und ein Hochzeitsfall “
Eine Mutter mit Mission: Drei Töchter brauchen einen Mann ...
Eine Mutter, die viel Zeit hat. Drei Töchter, die keinen Mann haben. Und eine Mission mit viel Leidenschaft: Maggie Ryan will ihre Töchter unter die Haube bringen. Was kein Problem sein sollte, schließlich sind alle drei klasse, aber unglaublich widerspenstig. Gelegenheit macht Liebe, denkt sich Maggie und überrascht Grace, Anna und Sarah immer wieder mit neuen Herren der Schöpfung. Aber Liebe kann man nicht erzwingen, und am Ende hält vielleicht doch das Schicksal die Fäden in der Hand ...
Eine Mutter, die viel Zeit hat. Drei Töchter, die keinen Mann haben. Und eine Mission mit viel Leidenschaft: Maggie Ryan will ihre Töchter unter die Haube bringen. Was kein Problem sein sollte, schließlich sind alle drei klasse, aber unglaublich widerspenstig. Gelegenheit macht Liebe, denkt sich Maggie und überrascht Grace, Anna und Sarah immer wieder mit neuen Herren der Schöpfung. Aber Liebe kann man nicht erzwingen, und am Ende hält vielleicht doch das Schicksal die Fäden in der Hand ...
Klappentext zu „Drei Töchter und ein Hochzeitsfall “
Eine Mutter mit Mission: Drei Töchter brauchen einen Mann ...Eine Mutter, die viel Zeit hat. Drei Töchter, die keinen Mann haben. Und eine Mission mit viel Leidenschaft: Maggie Ryan will ihre Töchter unter die Haube bringen. Was kein Problem sein sollte, schließlich sind alle drei klasse, aber unglaublich widerspenstig. Gelegenheit macht Liebe, denkt sich Maggie und überrascht Grace, Anna und Sarah immer wieder mit neuen Herren der Schöpfung. Aber Liebe kann man nicht erzwingen, und am Ende hält vielleicht doch das Schicksal die Fäden in der Hand ...
Eine Mutter mit Mission: Drei Töchter brauchen einen Mann ...Eine Mutter, die viel Zeit hat. Drei Töchter, die keinen Mann haben. Und eine Mission mit viel Leidenschaft: Maggie Ryan will ihre Töchter unter die Haube bringen. Was kein Problem sein sollte, schließlich sind alle drei klasse, aber unglaublich widerspenstig. Gelegenheit macht Liebe, denkt sich Maggie und überrascht Grace, Anna und Sarah immer wieder mit neuen Herren der Schöpfung. Aber Liebe kann man nicht erzwingen, und am Ende hält vielleicht doch das Schicksal die Fäden in der Hand ...
Lese-Probe zu „Drei Töchter und ein Hochzeitsfall “
Drei Töchter und ein Hochzeitsfall von Marita Conlon-McKennaAus dem Englischen von Gabriele Werbeck
1
Manchmal schien es Maggie Ryan, als hätte sie ihr ganzes
Leben lang versucht, Dinge zu finden, die zueinander
passen, angefangen bei so einfachen Sachen wie Socken
und Unterwäsche in Schubladen und Wäschekörben über
Platzsets, Tischdekorationen und Speisefolgen, Möbel,
Vorhänge und Kleidung bis zu anspruchsvolleren wie das
richtige Geschenk für jemanden, der ihr nahestand, oder
den Stärken ihrer Kinder gemäße Schulfächer und Hobbys.
Das war ihr meistens gelungen. Was zueinanderpassende
Paare anging, sah die Sache ein bisschen anders aus,
weil das gerne kompliziert wurde. Aber sie hatte ein Talent
darin, Menschen zusammenzubringen, und es machte ihr
viel Freude. Als sie an das Sonntagsessen dachte, zu dem
sich heute ihre Familie und einige Freunde um ihren inzwischen
recht angejahrten Esstisch versammeln würden,
stahl sich ein Lächeln auf ihre Lippen.
Ein Blick aus dem Fenster auf die eleganten georgianischen
Backsteinhäuser, die einen schönen Hintergrund
zu den blühenden Sträuchern und Blumenrabatten des
Pleasant Square bildeten, ließ sie erneut lächeln. Was für
ein passender Name, dachte sie, der von alten Einfamilienhäusern
gesäumte historische Platz zwischen Leeson
Street und Ranelagh, an dem sie seit zweiunddreißig Jahren
wohnte, war tatsächlich ein hübsches Fleckchen. Hier,
gegenüber dem Osttor des Parks mit einem wunderbaren
Ausblick auf Bäume und Blumen, hatten Leo und sie eine
Familie gegründet und ihre Kinder großgezogen.
... mehr
Der Platz an sich war weder besonders groß noch besonders
beeindruckend, dennoch zählte er zu den begehrtesten
Adressen in ganz Dublin, und die Häuser ringsum galten
als architektonische Schmuckstücke. Seit vielen Generationen
erfreuten sich die Bewohner des Platzes an dem kleinen
Park mit seinen von Eichen, Eschen, Buchen und Kastanien
gesäumten Wegen. In den letzten einhundertfünfzig
Jahren hatte der Pleasant Square sein Aussehen kaum verändert,
und Maggie konnte sich nicht vorstellen, irgendwo anders zu wohnen.
Sie warf einen Blick auf das »Verkauft«-Schild vor Nummer
29 auf der gegenüberliegenden Seite. Sie musste zugeben,
dass sie neugierig war, wer das Haus der O'Connors
gekauft hatte. Vor zwei Wochen war es versteigert worden,
und im Monat davor waren Scharen von Architekturinteressierten,
potentiellen Käufern und neugierigen Nachbarn
herbeigeströmt, um das zweistöckige Haus zu besichtigen.
Die Immobilienpreise in Dublin hatten mittlerweile astronomische
Höhen erreicht, und wenn so nahe der Innenstadt
ein altes Haus mit besonderem Flair zum Verkauf angeboten
wurde, weckte das natürlich reges Interesse. Ungeachtet
seines etwas heruntergekommenen Zustandes, hatte
es für ein Vermögen den Besitzer gewechselt, und es ging
das Gerücht, der Käufer sei sehr wohlhabend, ein reicher
Investor. Wer auch immer dieser geheimnisvolle Mann
sein mochte, er hatte eine kluge Entscheidung getroffen!
Sie erinnerte sich daran, wie sie als Braut in dieses Haus,
die Nummer 23, eingezogen war. Leo Ryan hatte es sich
nicht nehmen lassen und sie auf seinen kräftigen Armen
über die Schwelle getragen, und dann waren sie die Treppe
hinauf in das riesige Schlafzimmer gerannt und hatten die
nächsten Stunden in dem großen, breiten Bett verbracht,
noch immer etwas verwundert darüber, dass sie jetzt Mann
und Frau waren und offiziell miteinander schlafen durften.
Die Zimmer des Hauses waren jahrelang einzeln vermietet
gewesen und in einem ziemlich schlechten Zustand,
als sie es besichtigten, aber Leo, der ein Händchen für so
etwas hatte, hatte gleich gewusst, was sich daraus machen
ließe. Im Lauf der Zeit hatten sie das Haus in seinen ursprünglichen
Zustand zurückversetzt, dünne Trennwände,
Waschbecken und zweiflammige Gasherde herausgerissen,
grell gemusterte Teppichböden und Linoleum durch Parkett
ersetzt, den originalen Stuck restauriert und unter den
hässlichen Verschalungen in Wohnzimmer und Esszimmer
wunderschöne Kamine freigelegt. Nach und nach hatten
sie in gemeinsamer, harter Arbeit ein Haus voller schäbiger
möblierter Zimmer in ein behagliches Heim verwandelt,
in dem sie ihre drei Töchter großzogen.
Jetzt waren die Mädchen erwachsen. Grace, Anna und
Sarah waren unabhängige junge Frauen, gescheit, hübsch,
freundlich und großherzig, wie man es sich von seinen
Töchtern nur wünschen konnte. Sie war stolz auf jede von
ihnen, auch wenn sie vom Wesen her völlig verschieden
waren. Grace war Architektin und ging ganz und gar in
ihrem Beruf auf, Anna hatte sich der Literatur und der
Universität verschrieben, und Sarah war noch auf der Suche
nach ihrem Platz im Leben, in dem sich derzeit alles
um ihre fünfjährige Tochter Evie drehte, die auch der Augenstern
ihrer Großmutter war. Maggie liebte ihre Töchter
von ganzem Herzen, allerdings musste sie zugeben, dass deren
Singledasein sie ein wenig beunruhigte.
Manchmal wünschte sie, sie könnte die Zeit anhalten,
die Uhr zurückdrehen, Leo wieder lebendig machen,
wünschte, er wäre wieder an ihrer Seite, die Kinder noch
einmal klein. Aber offenbar konnte nichts so bleiben, wie
es war: dass Detta und Tom O'Connor sich entschieden
hatten, ihr Haus zu verkaufen und nach England zu ziehen,
um näher bei ihrem Sohn Cormac und seiner Familie
zu sein, war nur ein weiteres Beispiel dafür. Bald würde
ein neuer Nachbar in das alte georgianische Haus einziehen.
Es war albern von ihr, deswegen zu jammern und
Trübsal zu blasen. Reiß dich zusammen, ermahnte sie sich,
es wartete eine Menge Arbeit auf dich. Sie hatte zu einem
Essen für Detta und Tom eingeladen, bevor die beiden in
der kommenden Woche den anstrengenden Umzug nach
Bath in Angriff nahmen. Die beiden hatten eine schöne
Abschiedsfeier im Kreis ihrer Freunde vor ihrem Wegzug
vom Pleasant Square weiß Gott verdient.
Sie holte die Sonntagszeitung herein, die vor der Tür
lag, und ging damit zurück in die warme Küche, um sie bei
einem Becher frisch aufgebrühtem Kaffee und zwei Scheiben
Vollkorntoast mit Honig rasch zu überfliegen, bevor
sie zur Zehnuhrmesse ging. Nach ihrer Heimkehr würde
sie die riesige Lammkeule, die sie bei ihrem Metzger John
Flanagan gekauft hatte, zusammen mit ein paar Rosmarinzweigen
aus dem Garten ins Rohr schieben und sich
dann an die übrigen Vorbereitungen für das Mittagessen
machen.
2
Anna kuschelte sich in ihr warmes Bett und zog die Decke
über den Kopf, um die gemeine Welt auszublenden, die
darauf wartete, dass sie aus ihrem Kokon aus Schlaf, Alkohol
und Tagträumen kroch. Ihr Mund, ihre Zunge und
ihre Kehle fühlten sich an, als dienten sie als Nährboden
für irgendeine merkwürdige pelzige Bakterienkultur, und
sie wünschte, sie hätte heute Nacht so viel Voraussicht besessen,
ein Glas Wasser neben ihr Bett zu stellen. Sie beäugte
ihren Wecker und den dünnen Streifen Tageslicht,
der durch einen Spalt zwischen den schweren dunkelbraunen
Vorhängen fiel. Es war bereits Mittag.
Warum tat sie sich das an? Warum verschwendete sie
ihre Zeit damit, auf eine dieser grässlichen Studentenpartys
in einer überfüllten Wohnung in Temple Bar zu gehen,
wo man die laute Musik überschreien musste, alle schwarz
angezogen waren, billigen Rotwein tranken, über Theaterstücke
diskutierten und einen auf intellektuell machten?
Warum waren ihre Studenten eigentlich alle gleich?
Sie hätte mehr Verstand beweisen und früh gehen sollen,
wie sie es auch vorgehabt hatte - der Höflichkeit halber
kurz vorbeischauen und dann ein Taxi nach Hause nehmen,
statt bis vier Uhr morgens über die Situation am Abbey
Theatre zu diskutieren und darüber, ob ein Stück den
Broadway anpeilen oder es gleich aufgeben sollte. Sie musste
verrückt sein, sich an einem Samstagabend mit einem
Haufen Zwanzigjähriger über die komplizierten Einflüsse
auf die Struktur des irischen Dramas zu unterhalten. Es war
einfach lächerlich. Sie hatte gehofft, dass Philip auftau-
chen würde, nur um dann gegen Mitternacht als Antwort
auf ihre SMS zu erfahren, dass er das Wochenende in Kilkenny
verbrachte und dort einen Theater-Workshop leitete,
was er leider vergessen hatte, ihr gegenüber zu erwähnen.
Philip Flynn war ihr Kollege im Fachbereich Anglistik
des Trinity College, und da sie beide solo waren, hatte
sich eine etwas eigenartige Beziehung zwischen ihnen
entwickelt. Sie teilten eine Leidenschaft für Theater und
Literatur, und deshalb besuchten sie oft gemeinsam Vorstellungen
und gingen hinterher etwas essen oder ein Glas
Wein trinken. Ein-oder zweimal war es passiert, dass sie zu
später Stunde in beschwipstem Zustand romantische Anwandlungen
überkamen, aber irgendwie hatte ihr Verstand
immer die Oberhand behalten und sie davor bewahrt, alles
zu verderben. Philip war ein interessanter Mann, und
auch wenn andere ihn für selbstbezogen, wenn nicht sogar
selbstgefällig, und etwas übertrieben hielten, konnte
sie seine Leidenschaft für Lyrik und Theater, die dem zugrunde
lag, nachvollziehen. Trotzdem wäre es nett gewesen,
wenn er sie angerufen und es ihr erspart hätte, sich zur
Idiotin zu machen!
Sie stöhnte, starrte an die Wand und wünschte, dieser
Tag wäre schon vorbei, noch bevor er richtig begonnen
hatte. Am liebsten hätte sie sich ausschließlich ihrem
Brummschädel gewidmet und sich für den Rest des
Tages unter der Bettdecke verkrochen, aber dummerweise
hatte sie ihrer Mutter versprochen, zum Mittagessen
zu ihr zu kommen. Wenn sie einfach fernblieb,
würde Maggie Ryan ihr eine Suchmannschaft auf den
Hals hetzen, das hieß, eine ihrer Schwestern würde bei
ihr aufkreuzen, ihr eine Standpauke halten und mitbekommen,
was für ein Chaos bei ihr herrschte - und das
war etwas, was sie unter allen Umständen vermeiden wollte.
Vorsichtig streckte sie ihre Arme und Beine und wälzte
sich langsam aus dem Bett. Sie sah sicher grauenhaft aus,
jedenfalls fühlte sie sich so. Schritt für Schritt tatstete sie
sich an der Wand entlang und tappte ins Bad. Ihre lockigen
braunen Haare waren so zerzaust, dass selbst der unerschrockenste
Friseur sie nicht angefasst hätte, ihre Sommersprossen
stachen aus ihrem blassen Gesicht hervor und
unter ihren Augen hing diese blöde natürliche Wimpertusche,
die sie unbedingt hatte ausprobieren müssen. Sie
spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und als das nichts
half, schleppte sie sich in die Bettdecke gewickelt in die
Küche, um sich Kaffee und eine Scheibe Toast zu machen,
offenbar brauchte sie dringend ein paar Kohlenhydrate
und Koffein. Sie hatte löslichen Kaffee und eine halbvolle
Packung Milch, aber für das knochentrockene Brot lohnte
es sich nicht mehr, den Toaster anzuwerfen. Verzweifelt
durchforstete sie Küchenregale und Kühlschrank nach etwas
Essbarem und war hin-und hergerissen zwischen einer
halben Packung Cracker und einem Pecannussriegel.
Sie entschied sich für die Cracker mit Butter und einer
Scheibe Edamer, auf die sie noch einen Klecks Erdnussbutter
schmierte, die nicht mehr ganz frisch aussah, auch
wenn sie das Haltbarkeitsdatum noch nicht überschritten hatte.
Jetzt noch eine heiße Dusche, und in etwa einer Stunde
würde sie sich dann vielleicht allmählich wieder wie ein
Mensch fühlen, dachte sie. Zwischen den Zeitungen und
Büchern, die sich auf ihrem Küchentisch stapelten, wühlte
sie nach dem neuen Gedichtband einer grandiosen russischen
Lyrikerin, die in Irland lebte. Irgendwo hier musste er sein
... Ah! Sie zog ihn hervor und stieß einen zufriedenen
Seufzer aus, der Kaffee tat seine Wirkung. Dann
machte sie es sich in ihrem Sessel bequem und begann zu lesen.
3
Auf den Straßen herrschte sonntägliche Stille, wie Grace
bei einem Blick aus dem Fenster ihrer Wohnung auf die
Spencer Docks feststellte. Barfuß und in ihren anthrazitfarbenen
Seidenmorgenmantel gehüllt, hörte sie die Kirchenglocken
die Gläubigen in die Messe rufen und beobachtete
ein Ruderboot, das zu ihren Füßen über das Wasser glitt,
die Mannschaft, perfekt aufeinander abgestimmt, hob und
senkte rhythmisch die Ruder. Ein schöner Sonntagmorgen,
trocken und klar und kaum eine Wolke am Himmel.
Die Kaffeemaschine lief, und durch die Wohnung wehte
der Duft von frischem Toast. Sie öffnete den Kühlschrank:
Eier, ja, Speck, nein, das hieß, es würde Rührei zum Frühstück
geben. Sie nahm drei Eier aus dem Fach und verklepperte
sie zusammen mit etwas Butter in einer kleinen
Kasserolle. Die cremige Masse war schon fast gestockt, als
Shane in die Küche kam.
Sie blinzelte überrascht, weil er bereits angezogen war
und sie eigentlich vorgehabt hatte, gemeinsam mit ihm im
Bett zu frühstücken. Offensichtlich hatte er auch geduscht,
seine blonden Haar klebten feucht an seiner Stirn, als er
sich zu ihr beugte und ihr einen Kuss gab.
»Hm, das riecht gut«, sagte er und ließ sich auf einen
der Küchenstühle sinken.
Sie schaufelte Rührei auf seinen Teller und reichte ihm
die Kaffeekanne und die Butter.
»Ich bin am Verhungern«, erklärte er und fing an zu essen,
als sie sich neben ihn setzte.
Die Eier waren genau richtig. Es gab nichts Schlimmeres,
als zu kurz oder zu lange gegartes Rührei. Dafür
brauchte man eindeutig Fingerspitzengefühl, dachte sie,
als sie einen Bissen nahm.
»Warum bist du denn schon angezogen?«, fragte sie.
»Hab Verschiedenes zu erledigen«, erwiderte er und bestrich
eine weitere Scheibe Toast mit Butter. »Johnny hat
mich gestern Abend angerufen. Drüben in Howth findet
ein Sonderverkauf von Golfschlägern statt. Wir wollten
hinfahren und sie uns mal ansehen und anschließend vielleicht
eine Runde spielen. Sieht aus, als würde das Wetter halten.«
»Meine Mutter erwartet uns um halb drei zum Mittagessen«,
erinnerte sie ihn.
»Tut mir leid, Grace, aber das schaffe ich nicht.«
Er klang kein bisschen so, als täte es ihm leid, und als
sie sein attraktives Gesicht musterte, wurde ihr klar, dass
er von vornherein nicht vorgehabt hatte, den Tag mit ihr
zu verbringen.
»Sie wird enttäuscht sein«, sagte sie, bemüht, ihren Ärger
zu verbergen, »sie hat ziemlich viele Leute eingeladen.«
»Eben.« Er lachte und griff nach der Kaffeekanne.
»Dann ist es ja nicht weiter schlimm.«
Am liebsten hätte sie gesagt: Pfeif auf Johnny, pfeif auf
Golf. Pfeif auf das Mittagessen bei meiner Mutter. Warum
können wir heute nicht einfach hierbleiben, aufs Wasser
sehen und uns einen schönen Tag machen. Aber sie tat es nicht.
»War ein toller Abend gestern«, sagte er und steckte
sich ein Stück Toast mit Rührei in den Mund. Er hatte
Butter an der Lippe, der Stoff seiner beigefarbenen Cordhose
strich an ihrem glatten, gebräunten Bein entlang.
Grace schwieg und dachte an das teure Essen im Peploe's
am St Stephen's Green gestern Abend. Das Restaurant
war brechend voll gewesen, und sie konnten von Glück
sagen, dass sie noch einen Tisch bekommen hatten. Sie
hatten stundenlang miteinander geredet, sich alberne Geschichten
erzählt und mit verrückten Ideen zu beeindrucken versucht.
»Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob die Irish Coffees
so eine gute Idee waren.«
»Na klar«, sagte er mit Nachdruck.
Sie musste lachen, als sie daran dachte, wie sie sich auf
den Rücksitz des Taxis plumpsen und schnurstracks nach
Hause hatten fahren lassen. Shane hielt sie die ganze Fahrt
über an sich gedrückt, und dann waren sie die Treppe hinaufgerannt,
und sie hatte zu Sade barfuß mit ihm getanzt,
und später hatten sie auf dem Balkon gesessen und den
Mond betrachtet. Eine zutiefst romantische Liebesnacht,
Shane war zärtlich gewesen, hatte sie zum Lachen gebracht
und in den Armen gehalten, bis sie eingeschlafen war.
»Sehen wir uns später?«, fragte sie, ohne ihn anzusehen,
und stand auf, um frischen Kaffee zu machen.
»Ich schick dir eine SMS. Hängt von Johnny ab und wie
lange wir brauchen. Vielleicht gehen wir noch schnell auf
ein Steak ins Clubhaus. Auf mich brauchst du keine Rücksicht
zu nehmen, in Ordnung?«
Es war nicht in Ordnung, aber sie verkniff sich eine Bemerkung,
weil sie nicht als nörgelnde, völlig auf ihn fixierte Frau erscheinen wollte.
»Ich lass es dich wissen, falls ich später noch kommen
kann. Wenn nicht, sehen wir uns morgen.«
»Gut.« Sie setzte ein strahlendes Lächeln auf und verteilte
etwas Marmelade auf einer Scheibe goldbraunem Toast.
Er strich ihr über die zerzausten schulterlangen blonden
Haare, dann beugte er sich zu ihr und gab ihr einen
Kuss. Er schmeckte nach Kaffee und Zucker, seine Haut
und seine Haare rochen nach ihrem teuren Duschgel von Jo Malone.
»Danke fürs Frühstück und alles andere«, sagte er und
küsste sie noch einmal, bevor er nach Jackett, Brieftasche
und Schlüssel griff.
Sie widerstand dem Drang, einen Streit vom Zaun zu
brechen, begleitete ihn zur Tür und sah ihm zu, wie er auf
den Aufzug wartete.
Später saß sie eine Ewigkeit da und dachte über ihre Beziehung
nach, während ihr Kaffee kalt wurde. Unten am
Fluss kreischten die Möwen, ein Kormoran kreiste über
dem Wasser und suchte die Wellen ab, unerschrocken
stürzte er sich immer wieder in die Fluten, als wollte er
nach einem versunkenen Schatz tauchen. Shane schwang
jetzt vermutlich irgendwo einen Golfschläger, völlig ahnungslos,
dass sie sich über ihn geärgert hatte. Es war albern.
Er hatte nichts gesagt oder getan, um sie zu verletzen.
Es war eher das, was er nicht getan hatte, was ungesagt
geblieben war.
Sie waren jetzt seit neun Monaten zusammen. Das hieß
natürlich nicht, dass er ihr gehörte, aber sie hätte sich gewünscht,
dass er genauso gern mit ihr zusammen war wie
sie mit ihm. Im Büro hatten sie ständig miteinander zu tun,
und so hatte ihre Beziehung auch begonnen. Aber außer
halb des Büros war es anders: Hier mussten sie sich die Zeit
füreinander nehmen, ganz gleich, wie voll ihre Terminkalender
waren oder an wie vielen Projekten sie arbeiteten.
Sie war bereit, für ihre Beziehung auf anderes zu verzichten,
aber ob Shane O'Sullivan es auch war, dessen war sie
sich nicht sicher.
Sie warf einen Blick auf ihre Uhr und merkte plötzlich,
dass es bereits nach Mittag war und die Sonne hell ins
Zimmer schien. Sie konnte für den Rest des Tages hier sitzen
bleiben und Trübsal blasen, oder sie konnte sich anziehen
und einen kurzen Spaziergang am Sandymount Strand
machen, bevor sie zum Mittagessen zu ihrer Mutter fuhr.
Der Gedanke an ein gemütliches Sonntagsessen war verlockend.
4
Sarah stand in der Schlafzimmertür und betrachtete ihr
schlafendes Kind: Evies lange dunkle Wimpern auf der hellen
Haut, die zerzausten schwarzen Haare, das Lächeln auf
ihren Lippen. Manchmal raubte es ihr schier den Atem, sie
nur anzusehen. Ihre Tochter war unglaublich schön.
»Mummy, schaust du mir zu?«, fragte eine verschlafene Stimme.
»Klar«, erwiderte sie, kletterte zu Evie ins Bett und wickelte
die pinkfarbene Patchworkdecke um sie beide.
»Warum?«
»Weil ich dich lieb habe, und wenn du schläfst und
träumst, schneidest du lauter lustige Grimassen.«
»Was für welche denn?«
Neben ihrer Tochter zusammengerollt, zeigte sie es ihr,
und Evie kicherte laut.
»Ich habe von einem Hund geträumt«, sagte sie langsam,
und ihre blauen Augen begannen zu leuchten.
»Einem großen weißen Hund mit einem weichen Fell und
einer schwarzen Schnauze ...«
»Was für ein schöner Traum«, sagte Sarah. Evie befand
sich gerade in der Hundephase. Sarah hatte sämtliche Elternzeitschriften
durchforstet, aber nirgendwo stand, was
man mit einem Kind tat, das sich so sehnlich einen Hund
wünschte, dass es sogar davon träumte.
»Er heißt Snowy.«
Sarah konnte sich im Moment einfach keinen Hund
und die Kosten für das Futter, die Impfungen und den Tierarzt
leisten. Evie wusste nicht, wie schlecht es um ihre Finanzen
bestellt war und dass ihnen ein hungriger Hund da
gerade noch gefehlt hätte.
»Irgendwann kriegen wir einen Hund, Schätzchen«,
versprach sie, »nur nicht gleich.«
»Wann?«
Manchmal wünschte sie, Evie wäre nicht so aufgeweckt.
»Na ja, wir können uns keinen Hund zulegen, solange
Granny noch ihren Kater Podge hat. Er ist inzwischen
sehr alt und langsam, und es wäre nicht nett, wenn
er zusehen muss, wie ein junger Hund im Haus und im
Garten herumspringt. Es würde ihm sicher Angst machen.
Der Hund würde ihn bestimmt anbellen und jagen, und
ich fürchte, der arme alte Podge würde sich nicht einmal
mehr auf einen Baum retten können. Es wäre gemein. Verstehst du das?
»Ja, Mummy.« Evie nickte und ließ schwer enttäuscht die Schultern hängen.
»Jetzt guck nicht wie drei Tage Regenwetter«, zog Sarah
sie auf. »Granny kocht heute ein tolles Essen für uns,
und Grace und Anna und Oscar von nebenan kommen auch.«
»Darf ich mein rosa Kleid und die neue rosa Strumpfhose
anziehen?«, bettelte Evie und hopste aufgeregt im Bett auf und ab.
»Natürlich, aber dann musst du nach dem Frühstück baden
und Haare waschen«, feilschte Sarah und wurde von
ihrer Tochter mit Küssen überhäuft, bevor sie aus dem Bett sprang.
Lächelnd sah Sarah ihr nach, wie sie aus dem Zimmer hüpfte.
Es war schon komisch, dass das vermeintlich Schlimmste,
was ihr widerfahren konnte, sich als das Beste entpuppt
hatte. Als sie mit neunzehn und mitten im Studium gemerkt
hatte, dass sie schwanger war, war ihr das als Katastrophe
erschienen. Ein Baby war das Letzte, was sie wollte,
aber jetzt - na ja, jetzt konnte sie sich ein Leben ohne Evie
nicht mehr vorstellen.
Sie war wahnsinnig verliebt gewesen in Maurizio, einen
italienischen Austauschstudenten zwei Semester über ihr.
Maurizio kam aus Mailand und studierte an ihrem College
ein Semester Medientechnologie. Er war klein, dunkelhaarig
und umwerfend attraktiv, und er hatte sie gefragt, ob
sie ihm zeigen könnte, wie der störrische College-Kopierer
funktionierte, was damit endete, dass sie ihm dabei half,
die ganze Seminararbeit zu kopieren. Er revanchierte sich
mit der Einladung zu einer Tasse Kaffee und einem Sandwich
im Studentencafé. Maurizio erklärte ihr, die irischen
Frauen seien die wunderbarsten Geschöpfe auf der ganzen
Welt. Sarah hatte ihm natürlich geglaubt. Sie hatte nur
noch ihn im Kopf gehabt. Als sie ihm gesagt hatte, dass sie
ein Kind bekämen, hatte er sie gebeten, mit ihm nach Italien
zu gehen - sie könnte in einem Studentenwohnheim
in Mailand wohnen und ihr Kunst-und Design-Studium
an der dortigen Uni abschließen.
»Warte, bis das Kind auf der Welt ist«, hatten ihre Eltern ihr geraten.
Sarah, gerührt von ihrer Hilfsbereitschaft und Liebe und
der Zusicherung, sie und ihr Kind finanziell zu unterstützen,
hatte sich damit einverstanden erklärt.
Maurizio war nach Mailand zurückgekehrt und hatte
sein Studium fortgesetzt. Zur Geburt von Evie kam er für
drei Tage nach Dublin. Evie hatte seine dunklen, beinahe
schwarzen Haare und langen Wimpern geerbt und, so
vermutete Sarah, auch sein italienisches Temperament,
aber was die blauen Augen, das herzförmige Gesicht und
die blasse irische Haut anging, war sie das Ebenbild ihrer
Mutter. Anfangs hatte Maurizio ihr Geld geschickt, und
sie hatte eine Woche in Italien verbracht, um seine Eltern
kennenzulernen. Es war eine einzige Katastrophe gewesen.
Sein Vater war kränklich, die Wohnung der Carluccis lag
im zehnten Stock eines Hochhauses mitten in Mailand und
war kleiner, als sie gedacht hatte - wenn Evie nachts schrie
und gefüttert werden musste, wachte die ganze Familie auf
und wahrscheinlich noch die halbe Nachbarschaft dazu.
Erschöpft war sie nach Hause zurückgekehrt. Maurizio
kam in diesem Sommer gerade mal fünf Tage nach Dublin,
um seine Tochter zu sehen. Er schrieb an seiner Magisterarbeit,
war im Begriff, nach Rom zu ziehen, schmiedete
hochfliegende Zukunftspläne. Sarah wurde klar, dass sie
und Evie darin nicht vorkamen. Es hatte keinen Streit und
keine bösen Worte gegeben, sie waren einfach getrennte
1. Auflage
Deutsche Erstveröffentlichung August 2010
bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe
Random House GmbH, München.
Copyright © 2008 by Marita Conlon-McKenna
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2010
by Verlagsgruppe Random House GmbH
Umschlaggestaltung: © HildenDesign, München, unter
Verwendung eines Motivs von bpowelldesign / iStockphoto
Redaktion: Andrea Stumpf
NB . Herstellung: sam
Satz: DTP Service Apel, Hannover
Druck und Einband: GGP Media GmbH, Pößneck
Printed in Germany
ISBN: 978-3-442-37444-1
www.blanvalet.de
Der Platz an sich war weder besonders groß noch besonders
beeindruckend, dennoch zählte er zu den begehrtesten
Adressen in ganz Dublin, und die Häuser ringsum galten
als architektonische Schmuckstücke. Seit vielen Generationen
erfreuten sich die Bewohner des Platzes an dem kleinen
Park mit seinen von Eichen, Eschen, Buchen und Kastanien
gesäumten Wegen. In den letzten einhundertfünfzig
Jahren hatte der Pleasant Square sein Aussehen kaum verändert,
und Maggie konnte sich nicht vorstellen, irgendwo anders zu wohnen.
Sie warf einen Blick auf das »Verkauft«-Schild vor Nummer
29 auf der gegenüberliegenden Seite. Sie musste zugeben,
dass sie neugierig war, wer das Haus der O'Connors
gekauft hatte. Vor zwei Wochen war es versteigert worden,
und im Monat davor waren Scharen von Architekturinteressierten,
potentiellen Käufern und neugierigen Nachbarn
herbeigeströmt, um das zweistöckige Haus zu besichtigen.
Die Immobilienpreise in Dublin hatten mittlerweile astronomische
Höhen erreicht, und wenn so nahe der Innenstadt
ein altes Haus mit besonderem Flair zum Verkauf angeboten
wurde, weckte das natürlich reges Interesse. Ungeachtet
seines etwas heruntergekommenen Zustandes, hatte
es für ein Vermögen den Besitzer gewechselt, und es ging
das Gerücht, der Käufer sei sehr wohlhabend, ein reicher
Investor. Wer auch immer dieser geheimnisvolle Mann
sein mochte, er hatte eine kluge Entscheidung getroffen!
Sie erinnerte sich daran, wie sie als Braut in dieses Haus,
die Nummer 23, eingezogen war. Leo Ryan hatte es sich
nicht nehmen lassen und sie auf seinen kräftigen Armen
über die Schwelle getragen, und dann waren sie die Treppe
hinauf in das riesige Schlafzimmer gerannt und hatten die
nächsten Stunden in dem großen, breiten Bett verbracht,
noch immer etwas verwundert darüber, dass sie jetzt Mann
und Frau waren und offiziell miteinander schlafen durften.
Die Zimmer des Hauses waren jahrelang einzeln vermietet
gewesen und in einem ziemlich schlechten Zustand,
als sie es besichtigten, aber Leo, der ein Händchen für so
etwas hatte, hatte gleich gewusst, was sich daraus machen
ließe. Im Lauf der Zeit hatten sie das Haus in seinen ursprünglichen
Zustand zurückversetzt, dünne Trennwände,
Waschbecken und zweiflammige Gasherde herausgerissen,
grell gemusterte Teppichböden und Linoleum durch Parkett
ersetzt, den originalen Stuck restauriert und unter den
hässlichen Verschalungen in Wohnzimmer und Esszimmer
wunderschöne Kamine freigelegt. Nach und nach hatten
sie in gemeinsamer, harter Arbeit ein Haus voller schäbiger
möblierter Zimmer in ein behagliches Heim verwandelt,
in dem sie ihre drei Töchter großzogen.
Jetzt waren die Mädchen erwachsen. Grace, Anna und
Sarah waren unabhängige junge Frauen, gescheit, hübsch,
freundlich und großherzig, wie man es sich von seinen
Töchtern nur wünschen konnte. Sie war stolz auf jede von
ihnen, auch wenn sie vom Wesen her völlig verschieden
waren. Grace war Architektin und ging ganz und gar in
ihrem Beruf auf, Anna hatte sich der Literatur und der
Universität verschrieben, und Sarah war noch auf der Suche
nach ihrem Platz im Leben, in dem sich derzeit alles
um ihre fünfjährige Tochter Evie drehte, die auch der Augenstern
ihrer Großmutter war. Maggie liebte ihre Töchter
von ganzem Herzen, allerdings musste sie zugeben, dass deren
Singledasein sie ein wenig beunruhigte.
Manchmal wünschte sie, sie könnte die Zeit anhalten,
die Uhr zurückdrehen, Leo wieder lebendig machen,
wünschte, er wäre wieder an ihrer Seite, die Kinder noch
einmal klein. Aber offenbar konnte nichts so bleiben, wie
es war: dass Detta und Tom O'Connor sich entschieden
hatten, ihr Haus zu verkaufen und nach England zu ziehen,
um näher bei ihrem Sohn Cormac und seiner Familie
zu sein, war nur ein weiteres Beispiel dafür. Bald würde
ein neuer Nachbar in das alte georgianische Haus einziehen.
Es war albern von ihr, deswegen zu jammern und
Trübsal zu blasen. Reiß dich zusammen, ermahnte sie sich,
es wartete eine Menge Arbeit auf dich. Sie hatte zu einem
Essen für Detta und Tom eingeladen, bevor die beiden in
der kommenden Woche den anstrengenden Umzug nach
Bath in Angriff nahmen. Die beiden hatten eine schöne
Abschiedsfeier im Kreis ihrer Freunde vor ihrem Wegzug
vom Pleasant Square weiß Gott verdient.
Sie holte die Sonntagszeitung herein, die vor der Tür
lag, und ging damit zurück in die warme Küche, um sie bei
einem Becher frisch aufgebrühtem Kaffee und zwei Scheiben
Vollkorntoast mit Honig rasch zu überfliegen, bevor
sie zur Zehnuhrmesse ging. Nach ihrer Heimkehr würde
sie die riesige Lammkeule, die sie bei ihrem Metzger John
Flanagan gekauft hatte, zusammen mit ein paar Rosmarinzweigen
aus dem Garten ins Rohr schieben und sich
dann an die übrigen Vorbereitungen für das Mittagessen
machen.
2
Anna kuschelte sich in ihr warmes Bett und zog die Decke
über den Kopf, um die gemeine Welt auszublenden, die
darauf wartete, dass sie aus ihrem Kokon aus Schlaf, Alkohol
und Tagträumen kroch. Ihr Mund, ihre Zunge und
ihre Kehle fühlten sich an, als dienten sie als Nährboden
für irgendeine merkwürdige pelzige Bakterienkultur, und
sie wünschte, sie hätte heute Nacht so viel Voraussicht besessen,
ein Glas Wasser neben ihr Bett zu stellen. Sie beäugte
ihren Wecker und den dünnen Streifen Tageslicht,
der durch einen Spalt zwischen den schweren dunkelbraunen
Vorhängen fiel. Es war bereits Mittag.
Warum tat sie sich das an? Warum verschwendete sie
ihre Zeit damit, auf eine dieser grässlichen Studentenpartys
in einer überfüllten Wohnung in Temple Bar zu gehen,
wo man die laute Musik überschreien musste, alle schwarz
angezogen waren, billigen Rotwein tranken, über Theaterstücke
diskutierten und einen auf intellektuell machten?
Warum waren ihre Studenten eigentlich alle gleich?
Sie hätte mehr Verstand beweisen und früh gehen sollen,
wie sie es auch vorgehabt hatte - der Höflichkeit halber
kurz vorbeischauen und dann ein Taxi nach Hause nehmen,
statt bis vier Uhr morgens über die Situation am Abbey
Theatre zu diskutieren und darüber, ob ein Stück den
Broadway anpeilen oder es gleich aufgeben sollte. Sie musste
verrückt sein, sich an einem Samstagabend mit einem
Haufen Zwanzigjähriger über die komplizierten Einflüsse
auf die Struktur des irischen Dramas zu unterhalten. Es war
einfach lächerlich. Sie hatte gehofft, dass Philip auftau-
chen würde, nur um dann gegen Mitternacht als Antwort
auf ihre SMS zu erfahren, dass er das Wochenende in Kilkenny
verbrachte und dort einen Theater-Workshop leitete,
was er leider vergessen hatte, ihr gegenüber zu erwähnen.
Philip Flynn war ihr Kollege im Fachbereich Anglistik
des Trinity College, und da sie beide solo waren, hatte
sich eine etwas eigenartige Beziehung zwischen ihnen
entwickelt. Sie teilten eine Leidenschaft für Theater und
Literatur, und deshalb besuchten sie oft gemeinsam Vorstellungen
und gingen hinterher etwas essen oder ein Glas
Wein trinken. Ein-oder zweimal war es passiert, dass sie zu
später Stunde in beschwipstem Zustand romantische Anwandlungen
überkamen, aber irgendwie hatte ihr Verstand
immer die Oberhand behalten und sie davor bewahrt, alles
zu verderben. Philip war ein interessanter Mann, und
auch wenn andere ihn für selbstbezogen, wenn nicht sogar
selbstgefällig, und etwas übertrieben hielten, konnte
sie seine Leidenschaft für Lyrik und Theater, die dem zugrunde
lag, nachvollziehen. Trotzdem wäre es nett gewesen,
wenn er sie angerufen und es ihr erspart hätte, sich zur
Idiotin zu machen!
Sie stöhnte, starrte an die Wand und wünschte, dieser
Tag wäre schon vorbei, noch bevor er richtig begonnen
hatte. Am liebsten hätte sie sich ausschließlich ihrem
Brummschädel gewidmet und sich für den Rest des
Tages unter der Bettdecke verkrochen, aber dummerweise
hatte sie ihrer Mutter versprochen, zum Mittagessen
zu ihr zu kommen. Wenn sie einfach fernblieb,
würde Maggie Ryan ihr eine Suchmannschaft auf den
Hals hetzen, das hieß, eine ihrer Schwestern würde bei
ihr aufkreuzen, ihr eine Standpauke halten und mitbekommen,
was für ein Chaos bei ihr herrschte - und das
war etwas, was sie unter allen Umständen vermeiden wollte.
Vorsichtig streckte sie ihre Arme und Beine und wälzte
sich langsam aus dem Bett. Sie sah sicher grauenhaft aus,
jedenfalls fühlte sie sich so. Schritt für Schritt tatstete sie
sich an der Wand entlang und tappte ins Bad. Ihre lockigen
braunen Haare waren so zerzaust, dass selbst der unerschrockenste
Friseur sie nicht angefasst hätte, ihre Sommersprossen
stachen aus ihrem blassen Gesicht hervor und
unter ihren Augen hing diese blöde natürliche Wimpertusche,
die sie unbedingt hatte ausprobieren müssen. Sie
spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und als das nichts
half, schleppte sie sich in die Bettdecke gewickelt in die
Küche, um sich Kaffee und eine Scheibe Toast zu machen,
offenbar brauchte sie dringend ein paar Kohlenhydrate
und Koffein. Sie hatte löslichen Kaffee und eine halbvolle
Packung Milch, aber für das knochentrockene Brot lohnte
es sich nicht mehr, den Toaster anzuwerfen. Verzweifelt
durchforstete sie Küchenregale und Kühlschrank nach etwas
Essbarem und war hin-und hergerissen zwischen einer
halben Packung Cracker und einem Pecannussriegel.
Sie entschied sich für die Cracker mit Butter und einer
Scheibe Edamer, auf die sie noch einen Klecks Erdnussbutter
schmierte, die nicht mehr ganz frisch aussah, auch
wenn sie das Haltbarkeitsdatum noch nicht überschritten hatte.
Jetzt noch eine heiße Dusche, und in etwa einer Stunde
würde sie sich dann vielleicht allmählich wieder wie ein
Mensch fühlen, dachte sie. Zwischen den Zeitungen und
Büchern, die sich auf ihrem Küchentisch stapelten, wühlte
sie nach dem neuen Gedichtband einer grandiosen russischen
Lyrikerin, die in Irland lebte. Irgendwo hier musste er sein
... Ah! Sie zog ihn hervor und stieß einen zufriedenen
Seufzer aus, der Kaffee tat seine Wirkung. Dann
machte sie es sich in ihrem Sessel bequem und begann zu lesen.
3
Auf den Straßen herrschte sonntägliche Stille, wie Grace
bei einem Blick aus dem Fenster ihrer Wohnung auf die
Spencer Docks feststellte. Barfuß und in ihren anthrazitfarbenen
Seidenmorgenmantel gehüllt, hörte sie die Kirchenglocken
die Gläubigen in die Messe rufen und beobachtete
ein Ruderboot, das zu ihren Füßen über das Wasser glitt,
die Mannschaft, perfekt aufeinander abgestimmt, hob und
senkte rhythmisch die Ruder. Ein schöner Sonntagmorgen,
trocken und klar und kaum eine Wolke am Himmel.
Die Kaffeemaschine lief, und durch die Wohnung wehte
der Duft von frischem Toast. Sie öffnete den Kühlschrank:
Eier, ja, Speck, nein, das hieß, es würde Rührei zum Frühstück
geben. Sie nahm drei Eier aus dem Fach und verklepperte
sie zusammen mit etwas Butter in einer kleinen
Kasserolle. Die cremige Masse war schon fast gestockt, als
Shane in die Küche kam.
Sie blinzelte überrascht, weil er bereits angezogen war
und sie eigentlich vorgehabt hatte, gemeinsam mit ihm im
Bett zu frühstücken. Offensichtlich hatte er auch geduscht,
seine blonden Haar klebten feucht an seiner Stirn, als er
sich zu ihr beugte und ihr einen Kuss gab.
»Hm, das riecht gut«, sagte er und ließ sich auf einen
der Küchenstühle sinken.
Sie schaufelte Rührei auf seinen Teller und reichte ihm
die Kaffeekanne und die Butter.
»Ich bin am Verhungern«, erklärte er und fing an zu essen,
als sie sich neben ihn setzte.
Die Eier waren genau richtig. Es gab nichts Schlimmeres,
als zu kurz oder zu lange gegartes Rührei. Dafür
brauchte man eindeutig Fingerspitzengefühl, dachte sie,
als sie einen Bissen nahm.
»Warum bist du denn schon angezogen?«, fragte sie.
»Hab Verschiedenes zu erledigen«, erwiderte er und bestrich
eine weitere Scheibe Toast mit Butter. »Johnny hat
mich gestern Abend angerufen. Drüben in Howth findet
ein Sonderverkauf von Golfschlägern statt. Wir wollten
hinfahren und sie uns mal ansehen und anschließend vielleicht
eine Runde spielen. Sieht aus, als würde das Wetter halten.«
»Meine Mutter erwartet uns um halb drei zum Mittagessen«,
erinnerte sie ihn.
»Tut mir leid, Grace, aber das schaffe ich nicht.«
Er klang kein bisschen so, als täte es ihm leid, und als
sie sein attraktives Gesicht musterte, wurde ihr klar, dass
er von vornherein nicht vorgehabt hatte, den Tag mit ihr
zu verbringen.
»Sie wird enttäuscht sein«, sagte sie, bemüht, ihren Ärger
zu verbergen, »sie hat ziemlich viele Leute eingeladen.«
»Eben.« Er lachte und griff nach der Kaffeekanne.
»Dann ist es ja nicht weiter schlimm.«
Am liebsten hätte sie gesagt: Pfeif auf Johnny, pfeif auf
Golf. Pfeif auf das Mittagessen bei meiner Mutter. Warum
können wir heute nicht einfach hierbleiben, aufs Wasser
sehen und uns einen schönen Tag machen. Aber sie tat es nicht.
»War ein toller Abend gestern«, sagte er und steckte
sich ein Stück Toast mit Rührei in den Mund. Er hatte
Butter an der Lippe, der Stoff seiner beigefarbenen Cordhose
strich an ihrem glatten, gebräunten Bein entlang.
Grace schwieg und dachte an das teure Essen im Peploe's
am St Stephen's Green gestern Abend. Das Restaurant
war brechend voll gewesen, und sie konnten von Glück
sagen, dass sie noch einen Tisch bekommen hatten. Sie
hatten stundenlang miteinander geredet, sich alberne Geschichten
erzählt und mit verrückten Ideen zu beeindrucken versucht.
»Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob die Irish Coffees
so eine gute Idee waren.«
»Na klar«, sagte er mit Nachdruck.
Sie musste lachen, als sie daran dachte, wie sie sich auf
den Rücksitz des Taxis plumpsen und schnurstracks nach
Hause hatten fahren lassen. Shane hielt sie die ganze Fahrt
über an sich gedrückt, und dann waren sie die Treppe hinaufgerannt,
und sie hatte zu Sade barfuß mit ihm getanzt,
und später hatten sie auf dem Balkon gesessen und den
Mond betrachtet. Eine zutiefst romantische Liebesnacht,
Shane war zärtlich gewesen, hatte sie zum Lachen gebracht
und in den Armen gehalten, bis sie eingeschlafen war.
»Sehen wir uns später?«, fragte sie, ohne ihn anzusehen,
und stand auf, um frischen Kaffee zu machen.
»Ich schick dir eine SMS. Hängt von Johnny ab und wie
lange wir brauchen. Vielleicht gehen wir noch schnell auf
ein Steak ins Clubhaus. Auf mich brauchst du keine Rücksicht
zu nehmen, in Ordnung?«
Es war nicht in Ordnung, aber sie verkniff sich eine Bemerkung,
weil sie nicht als nörgelnde, völlig auf ihn fixierte Frau erscheinen wollte.
»Ich lass es dich wissen, falls ich später noch kommen
kann. Wenn nicht, sehen wir uns morgen.«
»Gut.« Sie setzte ein strahlendes Lächeln auf und verteilte
etwas Marmelade auf einer Scheibe goldbraunem Toast.
Er strich ihr über die zerzausten schulterlangen blonden
Haare, dann beugte er sich zu ihr und gab ihr einen
Kuss. Er schmeckte nach Kaffee und Zucker, seine Haut
und seine Haare rochen nach ihrem teuren Duschgel von Jo Malone.
»Danke fürs Frühstück und alles andere«, sagte er und
küsste sie noch einmal, bevor er nach Jackett, Brieftasche
und Schlüssel griff.
Sie widerstand dem Drang, einen Streit vom Zaun zu
brechen, begleitete ihn zur Tür und sah ihm zu, wie er auf
den Aufzug wartete.
Später saß sie eine Ewigkeit da und dachte über ihre Beziehung
nach, während ihr Kaffee kalt wurde. Unten am
Fluss kreischten die Möwen, ein Kormoran kreiste über
dem Wasser und suchte die Wellen ab, unerschrocken
stürzte er sich immer wieder in die Fluten, als wollte er
nach einem versunkenen Schatz tauchen. Shane schwang
jetzt vermutlich irgendwo einen Golfschläger, völlig ahnungslos,
dass sie sich über ihn geärgert hatte. Es war albern.
Er hatte nichts gesagt oder getan, um sie zu verletzen.
Es war eher das, was er nicht getan hatte, was ungesagt
geblieben war.
Sie waren jetzt seit neun Monaten zusammen. Das hieß
natürlich nicht, dass er ihr gehörte, aber sie hätte sich gewünscht,
dass er genauso gern mit ihr zusammen war wie
sie mit ihm. Im Büro hatten sie ständig miteinander zu tun,
und so hatte ihre Beziehung auch begonnen. Aber außer
halb des Büros war es anders: Hier mussten sie sich die Zeit
füreinander nehmen, ganz gleich, wie voll ihre Terminkalender
waren oder an wie vielen Projekten sie arbeiteten.
Sie war bereit, für ihre Beziehung auf anderes zu verzichten,
aber ob Shane O'Sullivan es auch war, dessen war sie
sich nicht sicher.
Sie warf einen Blick auf ihre Uhr und merkte plötzlich,
dass es bereits nach Mittag war und die Sonne hell ins
Zimmer schien. Sie konnte für den Rest des Tages hier sitzen
bleiben und Trübsal blasen, oder sie konnte sich anziehen
und einen kurzen Spaziergang am Sandymount Strand
machen, bevor sie zum Mittagessen zu ihrer Mutter fuhr.
Der Gedanke an ein gemütliches Sonntagsessen war verlockend.
4
Sarah stand in der Schlafzimmertür und betrachtete ihr
schlafendes Kind: Evies lange dunkle Wimpern auf der hellen
Haut, die zerzausten schwarzen Haare, das Lächeln auf
ihren Lippen. Manchmal raubte es ihr schier den Atem, sie
nur anzusehen. Ihre Tochter war unglaublich schön.
»Mummy, schaust du mir zu?«, fragte eine verschlafene Stimme.
»Klar«, erwiderte sie, kletterte zu Evie ins Bett und wickelte
die pinkfarbene Patchworkdecke um sie beide.
»Warum?«
»Weil ich dich lieb habe, und wenn du schläfst und
träumst, schneidest du lauter lustige Grimassen.«
»Was für welche denn?«
Neben ihrer Tochter zusammengerollt, zeigte sie es ihr,
und Evie kicherte laut.
»Ich habe von einem Hund geträumt«, sagte sie langsam,
und ihre blauen Augen begannen zu leuchten.
»Einem großen weißen Hund mit einem weichen Fell und
einer schwarzen Schnauze ...«
»Was für ein schöner Traum«, sagte Sarah. Evie befand
sich gerade in der Hundephase. Sarah hatte sämtliche Elternzeitschriften
durchforstet, aber nirgendwo stand, was
man mit einem Kind tat, das sich so sehnlich einen Hund
wünschte, dass es sogar davon träumte.
»Er heißt Snowy.«
Sarah konnte sich im Moment einfach keinen Hund
und die Kosten für das Futter, die Impfungen und den Tierarzt
leisten. Evie wusste nicht, wie schlecht es um ihre Finanzen
bestellt war und dass ihnen ein hungriger Hund da
gerade noch gefehlt hätte.
»Irgendwann kriegen wir einen Hund, Schätzchen«,
versprach sie, »nur nicht gleich.«
»Wann?«
Manchmal wünschte sie, Evie wäre nicht so aufgeweckt.
»Na ja, wir können uns keinen Hund zulegen, solange
Granny noch ihren Kater Podge hat. Er ist inzwischen
sehr alt und langsam, und es wäre nicht nett, wenn
er zusehen muss, wie ein junger Hund im Haus und im
Garten herumspringt. Es würde ihm sicher Angst machen.
Der Hund würde ihn bestimmt anbellen und jagen, und
ich fürchte, der arme alte Podge würde sich nicht einmal
mehr auf einen Baum retten können. Es wäre gemein. Verstehst du das?
»Ja, Mummy.« Evie nickte und ließ schwer enttäuscht die Schultern hängen.
»Jetzt guck nicht wie drei Tage Regenwetter«, zog Sarah
sie auf. »Granny kocht heute ein tolles Essen für uns,
und Grace und Anna und Oscar von nebenan kommen auch.«
»Darf ich mein rosa Kleid und die neue rosa Strumpfhose
anziehen?«, bettelte Evie und hopste aufgeregt im Bett auf und ab.
»Natürlich, aber dann musst du nach dem Frühstück baden
und Haare waschen«, feilschte Sarah und wurde von
ihrer Tochter mit Küssen überhäuft, bevor sie aus dem Bett sprang.
Lächelnd sah Sarah ihr nach, wie sie aus dem Zimmer hüpfte.
Es war schon komisch, dass das vermeintlich Schlimmste,
was ihr widerfahren konnte, sich als das Beste entpuppt
hatte. Als sie mit neunzehn und mitten im Studium gemerkt
hatte, dass sie schwanger war, war ihr das als Katastrophe
erschienen. Ein Baby war das Letzte, was sie wollte,
aber jetzt - na ja, jetzt konnte sie sich ein Leben ohne Evie
nicht mehr vorstellen.
Sie war wahnsinnig verliebt gewesen in Maurizio, einen
italienischen Austauschstudenten zwei Semester über ihr.
Maurizio kam aus Mailand und studierte an ihrem College
ein Semester Medientechnologie. Er war klein, dunkelhaarig
und umwerfend attraktiv, und er hatte sie gefragt, ob
sie ihm zeigen könnte, wie der störrische College-Kopierer
funktionierte, was damit endete, dass sie ihm dabei half,
die ganze Seminararbeit zu kopieren. Er revanchierte sich
mit der Einladung zu einer Tasse Kaffee und einem Sandwich
im Studentencafé. Maurizio erklärte ihr, die irischen
Frauen seien die wunderbarsten Geschöpfe auf der ganzen
Welt. Sarah hatte ihm natürlich geglaubt. Sie hatte nur
noch ihn im Kopf gehabt. Als sie ihm gesagt hatte, dass sie
ein Kind bekämen, hatte er sie gebeten, mit ihm nach Italien
zu gehen - sie könnte in einem Studentenwohnheim
in Mailand wohnen und ihr Kunst-und Design-Studium
an der dortigen Uni abschließen.
»Warte, bis das Kind auf der Welt ist«, hatten ihre Eltern ihr geraten.
Sarah, gerührt von ihrer Hilfsbereitschaft und Liebe und
der Zusicherung, sie und ihr Kind finanziell zu unterstützen,
hatte sich damit einverstanden erklärt.
Maurizio war nach Mailand zurückgekehrt und hatte
sein Studium fortgesetzt. Zur Geburt von Evie kam er für
drei Tage nach Dublin. Evie hatte seine dunklen, beinahe
schwarzen Haare und langen Wimpern geerbt und, so
vermutete Sarah, auch sein italienisches Temperament,
aber was die blauen Augen, das herzförmige Gesicht und
die blasse irische Haut anging, war sie das Ebenbild ihrer
Mutter. Anfangs hatte Maurizio ihr Geld geschickt, und
sie hatte eine Woche in Italien verbracht, um seine Eltern
kennenzulernen. Es war eine einzige Katastrophe gewesen.
Sein Vater war kränklich, die Wohnung der Carluccis lag
im zehnten Stock eines Hochhauses mitten in Mailand und
war kleiner, als sie gedacht hatte - wenn Evie nachts schrie
und gefüttert werden musste, wachte die ganze Familie auf
und wahrscheinlich noch die halbe Nachbarschaft dazu.
Erschöpft war sie nach Hause zurückgekehrt. Maurizio
kam in diesem Sommer gerade mal fünf Tage nach Dublin,
um seine Tochter zu sehen. Er schrieb an seiner Magisterarbeit,
war im Begriff, nach Rom zu ziehen, schmiedete
hochfliegende Zukunftspläne. Sarah wurde klar, dass sie
und Evie darin nicht vorkamen. Es hatte keinen Streit und
keine bösen Worte gegeben, sie waren einfach getrennte
1. Auflage
Deutsche Erstveröffentlichung August 2010
bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe
Random House GmbH, München.
Copyright © 2008 by Marita Conlon-McKenna
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2010
by Verlagsgruppe Random House GmbH
Umschlaggestaltung: © HildenDesign, München, unter
Verwendung eines Motivs von bpowelldesign / iStockphoto
Redaktion: Andrea Stumpf
NB . Herstellung: sam
Satz: DTP Service Apel, Hannover
Druck und Einband: GGP Media GmbH, Pößneck
Printed in Germany
ISBN: 978-3-442-37444-1
www.blanvalet.de
... weniger
Autoren-Porträt von Marita Conlon-McKenna
Marita Conlon-McKenna wurde 1956 in Dublin geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie teils in Dublin, teils in einem Dorf an der irischen Küste. Der Plan, Schriftstellerin zu werden, hatte sich schon lange in ihr festgesetzt. 'Folgt immer dem Fluss', der erste Teil der irischen Familiensaga, erhielt den renommierten 'International Reading Association Children's Book Award'. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und vier Kindern in Dublin und schreibt an weiteren Kinder- und Jugendbüchern.
Bibliographische Angaben
- Autor: Marita Conlon-McKenna
- 2010, 445 Seiten, Maße: 11,6 x 18,1 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Gabriele Werbeck
- Übersetzer: Gabriele Werbeck
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442374448
- ISBN-13: 9783442374441
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