Drei Zeichen sind ein Wort
Im Sommer 1923 wird die 16-jährige Leonie Lasker in Südfrankreich mit einer eigentümlichen Mission betraut: Ihre Urgroßmutter hat Visionen von ungeheurem Leid, das den Juden widerfahren wird. Sie bittet Leonie, die drei goldenen Buchstaben des hebräischen...
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Produktinformationen zu „Drei Zeichen sind ein Wort “
Im Sommer 1923 wird die 16-jährige Leonie Lasker in Südfrankreich mit einer eigentümlichen Mission betraut: Ihre Urgroßmutter hat Visionen von ungeheurem Leid, das den Juden widerfahren wird. Sie bittet Leonie, die drei goldenen Buchstaben des hebräischen Wortes für Wahrheit zu finden, die auf ihre in Berlin, Wien und Spanien lebenden Brüder verteilt wurden. Bei den Verwandten in Berlin, die ein kleines Theater betreiben, verliebt sich Leonie in den Schauspieler Schlomo. Doch bald wird das Theater zum Angriffsziel des immer mächtigeren braunen Mobs. Ab 10 Jahren.
Lese-Probe zu „Drei Zeichen sind ein Wort “
PROLOG / Unerträglich heiß ist es heute Abend im Theater am Gendarmenmarkt. Letzte Vorstellung vor der Sommerpause. Vor vollem Haus, wie immer. Man gibt »Wilhelm Tell« von Schiller. / Gerade hat es das erste Mal zum Ende der Pause geklingelt. Aber die Besucher begeben sich nur zögernd wieder zu ihren Plätzen. Draußen auf der Freitreppe, wo man in die laue Nacht hinaustreten konnte, und auf dem Platz davor, dem weiträumigen Gendarmenmarkt, ging doch wenigstens ein Lüftchen. Und auch jetzt noch unternimmt der eine oder der andere einen Abstecher zum Büfett im Foyer, um vor Beginn des letzten Aktes schnell ein Gläschen Kühles hinunterzustürzen. / Leonie Lasker kann so etwas nicht bezahlen. Das Geld reicht immer nur für den billigsten Platz, und darum muss sie sich jetzt auch sofort einen Weg bahnen durch die plaudernden Gruppen, die da noch auf den Gängen herumstehen. Sie muss nämlich nach ganz oben, wo sie einen Stehplatz hat. Einen guten Stehplatz. Und wenn sie die ganzen Treppen hoch ist bis zum Rang, klingelt es bestimmt schon zum letzten Mal. / Unten ist das Treppenhaus mit Marmor verkleidet und die Stufen sind mit rotem Teppich belegt. Je höher man kommt, desto schlichter wird es hier im Haus. Nur gestrichene Wände und nackte Stufen. Aber das ist für Leonie nicht wichtig. Hauptsache, sie ist drin in der Vorstellung und kann alles auf der Bühne ganz genau verfolgen. Von schlechten Plätzen kann sie ein Lied singen. Stehplätze, Sitze an der Seite, wo man nur unter den unmöglichsten Verrenkungen gerade mal einen Teil der Bühne sieht; manchmal gelingt es ihr auch, sich an den Schließerinnen vorbeizuschleichen und nach einem unbesetzten Sitz in einer Loge oder im Parkett Ausschau zu halten (immer in Gefahr, entdeckt und hinausbefördert zu werden). / Es ist nun einmal so. Als Tochter eines arbeitslosen Vaters kann sie sich nichts Besseres leisten. / Aber Theater ist ihr Leben. / Oben auf dem Rang, dicht unter der Decke, ist es natürlich am heißesten. Trotzdem hat sie
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heute Glück: Ihr Platz ist direkt an der Brüstung, und sie kann sich sogar vorbeugen, ohne jemand anderem die Sicht zu nehmen. Und falls ihr die Beine zu sehr schmerzen, kann sie sich für einen Moment auf die Stufen neben sich setzen, wenn ihre Lieblingsschauspieler gerade einmal nicht auf der Bühne sind. / Wie oft hat sie den »Tell« in der Inszenierung von Jessner, dem gefeierten Regisseur, schon gesehen? Sechsmal, achtmal? Sie kennt inzwischen jede Geste, jede Nuance der Darsteller. Und den Text weiß sie ohnehin auswendig. / Nun lehnt sie am Geländer der Galerie, an ihrem Platz, und sieht hinunter in den Zuschauerraum, der sich langsam mit schwatzenden und lachenden Menschen füllt, blickt sich um. Die Kronleuchter, die schön gegliederten Wände des Saals, geschmückt mit Reliefs von Lorbeer, Masken, Instrumenten, der rote Plüsch der Sitze, der Geruch nach Puder und Parfüm, der in der Luft hängt all das erfüllt sie mit einer knisternden Spannung, mit einer Vorfreude, die sich jedes Mal wieder einstellt, wenn sie im Theater ist. Ihrem Ort. / Der letzte Akt des »Tell« ist ihr besonders lieb. Wenn die Geschichte von der Befreiung der Schweizer, von der Verschwörung der Eidgenossen gegen die österreichische Fremdherrschaft zu ihrem Höhepunkt kommt. Wenn der tyrannische Landvogt von dem Schützen Tell erschossen wird. Wenn das Land seine Freiheit feiert. / Auf der Bühne spielt die Creme de la Creme, die besten Schauspieler Berlins oder sogar ganz Deutschlands? Bassermann gibt den Tell, er spielt ihn nachdenklich und heldisch zugleich, Eduard von Winterstein den Stauffacher, den Kopf der Verschwörung, und Fritz Kortner, Leonies Lieblingsschauspieler, einen unglaublich fiesen und funkelnd kalten Landvogt. (Sie hat schon ein paarmal nach der Vorstellung am Bühnenausgang auf Kortner gewartet und ist ihm mit klopfendem Herzen ein paar Straßenzüge nachgelaufen, wenn er zu Fuß in die Nacht ging. Ihn anzusprech
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Autoren-Porträt von Waldtraut Lewin
Waldtraut Lewin, geboren 1937, studierte Germanistik und Theaterwissenschaft in Berlin und arbeitete als Opernübersetzerin, Dramaturgin und Regisseurin zunächst am Landestheater Halle und dann am Volkstheater Rostock. Seit 1978 lebt sie als freischaffende Autorin von Romanen, Hörspielen und Drehbüchern, für die sie zahlreiche Auszeichnungen erhielt.
Bibliographische Angaben
- Autor: Waldtraut Lewin
- Altersempfehlung: 12 - 15 Jahre
- 2007, 414 Seiten, Maße: 14,5 x 21,9 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: cbj
- ISBN-10: 3570130789
- ISBN-13: 9783570130780
Rezension zu „Drei Zeichen sind ein Wort “
Gabriele Hoffmann, Harry & Pooh 2007/2008"Mirjam Pressler und Waldtraut Lewin dürften sich wohl kaum abgesprochen haben, wenn jetzt beide gleichzeitig einen Roman über den ""Golem"" geschrieben haben, nachdem es zu dieser faszinierenden mythischen Figur des Judentums lange kein Buch für Jugendliche gegeben hat. Beide Autorinnen sind alles andere als Märchenerzählerinnen, und doch nehmen sie für diese Bücher eine Idee zu Hilfe, die scheinbar gar nicht in die jetzige Zeit passt. Es muss doch was dran sein, wenn die beiden ernsthaftesten, literarisch integersten Autorinnen sich diesem Thema zuwenden. Es geht dabei auch nicht nur um eine Lehmfigur, die als Schutzmann jüdische Menschen vor Übergriffen entfesselter Verbrecher oder in Pogromsituationen beistehen soll, sondern es geht um das Wort ""emet"". Übersetzt bedeutet es Wahrheit, aber auch Festigkeit, Zuverlässigkeit, Beständigkeit, Treue, und im Hebräischen besteht dieser Begriff aus drei Zeichen, Alef, Mem, Taw. Und diese drei Zeichen haben für gläubige jüdische Menschen magische Kraft. Auf einen Zettel geschrieben können sie den Golem dazu erwecken, seinen Dienst zu tun: die Todfeinde seiner Schutzbefohlenen zu vernichten. Nur wer in größter Not ist, wünscht sich einen entsprechenden Freund, und wer diese beiden Bücher liest, kann begreifen, warum im Laufe der 2000-jährigen Geschichte jüdischer Emigration der Wunsch, den Golem zu wecken, so sehnsuchtsvoll lebendig bleibt. Waltraut Lewin erzählt von dem jungen hoffnungsvollen Mädchen Leonie im Jahre 1923 in Berlin. Schauspielerin will sie werden, sie liebt die Literatur, das Theater, das Leben, und sie hat keine Ahnung davon, dass sie Jüdin ist. Der Vater hat es nicht nur verschwiegen, er selbst ist sogar von Hitlers Ideen überzeugt, den Antisemitismus der Nazis verdrängt er für sich erfolgreich. Aber es gibt eine
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Familie. In Spanien leben Verwandte, und eine Großtante hat visionäre Fähigkeiten: Sie sieht in ihren Träumen Menschen brennen - Juden brennen, und sie beschließt nicht widerstandslos abzuwarten, sondern aktiv dagegen zu kämpfen, sie will einen Golem schaffen. Dazu braucht sie die heiligen Buchstaben, die goldenen Zeichen, die die Wahrheit Gottes belegen. Leonie soll die Botin sein, sie soll die Zauberzeichen finden und nach Spanien bringen. Dieser Auftrag wird für Leonie nicht nur eine Mutprobe, sondern auch die Chance, das Leben nicht nur an der Oberfläche zu genießen und vom noch besseren Leben zu träumen, sondern die Liebe zu finden. Diese Liebe personifiziert durch den strahlenden Theaterhelden Schlomo, verlangt ebenfalls nach Wahrheit und Treue, den göttlichen Tugenden, die in dieser Beziehung lebendig werden und damit für Leonie auch die Kraft spenden, ihre Aufgabe zu erfüllen. Auch Waltraut Lewin hat mit diesem historischen Roman, trotz der mythischen Figur, die darin eine zentrale Rolle spielt, der Flucht vieler Leser in Fantasystories eine klare Abfuhr erteilt. Sie erzählt atemlos spannend, aber sie packt ihre Leser auch ganz direkt bei ihrer Verantwortung für das ganz reale Leben. Es reicht nicht, nur träumend Märchenwelten zu retten, es wird Zeit aufzuwachen, die konkreten Gefahren zu erkennen und endlich zu handeln, denn nur wir selbst können der ""gute"", der lebensbejahende Golem sein."
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